L 11 R 2447/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 1753/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2447/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 25.04.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit von der Beklagten.

Der 1951 geborene Kläger schloss am 30.09.1968 eine Ausbildung zum Mechaniker ab und war bis 1969 in diesem Beruf beschäftigt. Das bis dahin bestehende versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis als Mechaniker hat der Kläger selbst gekündigt. Seit 1969 geht er einer Tätigkeit als Holzschnitzer nach. Die Arbeit verrichtete er im elterlichen Betrieb; ab 1975 war der Betrieb als Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisiert, Gesellschafter waren der Kläger und sein Vater. Von 1998 bis 2000 pflegte der Kläger seine im Jahr 2000 verstorbene Mutter. Ab 2005 bis 2010 pflegte er seinen im Dezember 2010 verstorbenen Vater. Der Kläger hatte vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt. Vom 01.01.1984 bis 30.04.2005 ist jeder Monat mit Pflichtbeiträgen oder freiwilligen Beiträgen belegt.

Am 13.10.1998 stellte der Kläger erstmals einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Nachdem der Kläger nicht zu einem von der Beklagten anberaumten ärztlichen Untersuchungstermin erschienen war, wurde der Antrag mit Bescheid vom 25.02.1999 unter Hinweis auf den Grundsatz der objektiven Beweislast abgelehnt. Den hiergegen am 17.03.1999 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.1999 als unbegründet zurück. Gegen den Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 07.09.1999 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Mit Urteil vom 10.10.2000 wurde die Klage abgewiesen (S 6 RJ 2699/99). Die hiergegen eingelegte Berufung wurde vom Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) mit Beschluss vom 22.11.2001 zurückgewiesen (L 3 RJ 106/01). Mit Beschluss vom 28.01.2002 verwarf das Bundessozialgericht die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers (B 13 RJ 291/01 B). Gegenüber dem BSG hatte sich die Beklagte bereit erklärt, ein Schreiben des Klägers vom 05.02.2002 als einen Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu werten. Mit Bescheid vom 13.06.2002 wurde der Antrag - erneut unter Bezugnahme auf den Grundsatz der objektiven Beweislast - abgelehnt. Der hiergegen am 19.06.2002 erhobene Widerspruch wurde mit bestandskräftig gewordenen Widerspruchsbescheid vom 11.09.2002 zurückgewiesen.

Am 21.12.2011 stellte der Kläger einen neuerlichen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Dabei gab er unter anderem an, täglich zweieinhalb Stunden zu arbeiten. Als die Erwerbsminderung begründender Leistungsfall wurde ein "Stromunfall" im August 1992 genannt. Mit Bescheid vom 16.03.2012 wurde der Antrag von der Beklagten abgelehnt. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Mit Schreiben vom 30.03.2012 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 30.01.2013 erneut darauf hingewiesen hatte, dass er sich nicht im Stande sehe, an einer amtsärztlichen Begutachtung mitzuwirken, wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2013 als unbegründet zurückgewiesen.

Am 16.04.2013 hat der Kläger hiergegen Klage zum SG erhoben. Aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei er nicht in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten. Soweit die Beklagte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente verneint habe, sei darauf hinzuweisen, dass für die ab 2004 notwendige Pflege seines Vaters Pflichtbeitragszeiten zu berücksichtigen seien. Er habe seinen Vater wöchentlich 23,5 Stunden rentenwirksam gepflegt.

Das SG hat Beweis erhoben durch Befragung des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Sch ... Dieser teilte mit, dass er den Patienten seit 1993 durchgehend hausärztlich behandle. Zwischen 1993 und 2002 sei die Behandlung monatlich erfolgt. Danach sei die Behandlung durchschnittlich ein Mal pro Quartal erfolgt. Eine stationäre Behandlung sei durch ihn nie veranlasst worden. Auch eine Überweisung an einen Facharzt sei nicht erfolgt. Die Leistungsfähigkeit im bisherigen Beruf sei in der eigenen Werkstatt unter drei Stunden pro Tag. Auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei er nur unter drei Stunden täglich leistungsfähig. Der Schwerpunkt der Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit liege in der verringerten nervlichen Belastbarkeit, der Stressintoleranz und der Labilität bzw dem Leistungsrückgang bei zeitlich fixierten Anforderungen.

Das SG hat daraufhin bei Dr. St., Facharzt für Neurologie und für Psychiatrie/Psychotherapie, ein nervenärztliches Gutachten nach Aktenlage eingeholt. Dieser hat mitgeteilt, dass eine Einschränkung der körperlichen und geistigen Kräfte nicht festgestellt werden könne. Der Kläger könne einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehen. Beim Kläger sei von einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt an fünf Tagen pro Woche auszugehen.

Mit Gerichtsbescheid vom 25.04.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hätten letztmalig bei einem Leistungsfall im April 2007 vorgelegen. Hiervon könne allerdings aufgrund der medizinischen Beweisergebnisse nicht zur notwendigen Überzeugung des Gerichts ausgegangen werden. Das Gericht stützte sich im Wesentlichen auf das im gerichtlichen Verfahren eingeholte Gutachten von Dr. St. Dieser habe im Rahmen seines Gutachtens nach Aktenlage festgestellt, dass eine neurologische bzw psychische Störung von Krankheitswert ausgeschlossen werden könne. Da das Gutachten nachvollziehbar und überzeugend sei, sei die Klage abzuweisen. Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 26.04.2014 zugestellt worden.

Hiergegen richtet sich die beim SG am 26.05.2014 eingelegte Berufung, welche dem LSG am 04.06.2014 vorgelegt worden ist. Zur Begründung trägt der Kläger vor, dass das Gutachten von Dr. St. untauglich sei. Dr Sch. betreue ihn bereits langjährig, weshalb seiner Einschätzung zu folgen sei. Aus einer fehlenden stationären oder fachärztlichen Behandlung dürften keine für ihn negativen Schlussfolgerungen gezogen werden. Er könne täglich allenfalls zwischen zwei und drei Stunden eine Arbeitsleistung erbringen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 25.04.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung ab 01.12.2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 16.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Artikel 1 Nr 12 RVV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554).

Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbs-minderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbs-minderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflicht-beiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3).

Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise Erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, dass dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung sind bei dem Kläger nicht erfüllt. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger im März 2006 noch mehr als sechs Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen konnte und deshalb nicht erwerbsgemindert war. Nach diesem Zeitpunkt sind aber die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt, so dass die Gewährung der begehrten Erwerbsminderungsrente nicht in Betracht kommt.

Ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 25.09.2014 ist der Zeitraum vom 01.01.1984 bis 31.08.1996 mit freiwilligen Beitragszeiten durchgängig belegt. Vom 15.09.1996 bis 27.04.2000 sind sodann Pflichtbeitragszeiten für Pflegetätigkeiten ausgewiesen. Ab 01.05.2000 sind sodann durchgängig bis 31.03.2004 erneut freiwillige Beitragszeiten enthalten. Hieran schließen sich vom 01.04.2004 bis 30.04.2005 Pflichtbeitragszeiten an. Damit sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs 2 Nr 2 iVm Abs 4 SGB VI letztmalig bei einem Leistungsfall im April 2002 erfüllt, da entgegen der Annahme des SG lediglich Pflichtbeitragszeiten zu berücksichtigen sind. Der Senat nimmt insoweit auf den im Berufungsverfahren vorgelegten Versicherungsverlauf Bezug.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, wonach Pflichtbeitragszeiten für die Pflege seines Vaters zwischen 2005 und 2010 zu berücksichtigen seien, da weder eine Versicherungspflicht vorliegt noch Beiträge abgeführt wurden (§ 55 SGB VI). Nach § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI sind versicherungspflichtig Personen in der Zeit, in der sie einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 des Elften Buches nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat. Der zeitliche Aufwand der Grundpflege für den Vater des Klägers lag ab 2005 bei täglich 47 Minuten. Dies ergibt sich aus dem Unterlagen im Verfahren S 5 P 2570/06, in welchem der Anspruch und Umfang auf Pflegeleistungen streitig war. Aufgrund der sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Arztes hat das SG im Gerichtsbescheid vom 29.09.2008 den genannte Umfang im Bereich der Grundpflege und eine hauswirtschaftlich notwendige Versorgung von über 44 Minuten angenommen. Den Nachweis der hauswirtschaftlichen Versorgung von täglich 73 Minuten hat der Kläger nicht erbracht, weshalb die zeitliche Grenze von 14 Stunden wöchentlich nicht überschritten wird. Allein der pauschale Vortrag des Klägers hinsichtlich einer notwendigen Versorgung von 23,5 Stunden genügt hierfür nicht. Auch der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. Sch. im Verfahren S 5 P 2570/06 kann ein Umfang der hauswirtschaftlichen Versorgung von 73 Minuten täglich nicht entnommen werden. Zwar hat sich der Gesundheitszustand des Vaters des Klägers kurz vor seinem Tod im Dezember 2010 verschlechtert Der konkrete Umfang der Verschlechterung konnte jedoch nicht mehr konkretisiert werden. Im Übrigen wäre eine Verschlechterung nach dem Urteil des SG aber vorliegend auch ohne Relevanz, da zwischen dem Urteil des SG und dem Tod des Karl Eberhardt keine 36 Monate liegen und daher die Voraussetzungen des § 43 Abs 2 Nr 2 iVm Abs 4 SGB VI durch Pflegeversicherungszeiten nicht mehr erfüllt werden können.

Da der Kläger die Voraussetzungen des § 241 Abs 2 SGB VI erfüllt, genießt er Bestandsschutz, weshalb die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen hat, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen über den April 2002 hinaus bis 31.03.2006 erfüllt sind. Gemäß § 241 Abs 2 SGB VI sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit nicht erforderlich, wenn der Versicherte vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt hat und jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit mit Beitragszeiten belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit vor dem 01.01.1984 eingetreten ist.

Der Kläger hat die allgemeine Wartezeit ausweislich des Versicherungsverlaufs vor dem 01.01.1984 erfüllt. Sämtliche Monate vom 01.01.1984 bis 30.04.2005 sind auch mit Beitragszeiten (freiwillige Beitragszeiten oder Pflichtbeitragszeiten) belegt. Gemäß § 197 SGB VI ist für die Kalendermonate bis zum 31.03.2006 eine freiwillige Beitragszahlung noch zulässig gewesen, so dass eine Belegung durch Anwartschaftserhaltungszeiten bis März 2006 nicht erforderlich wäre. Der Leistungsfall müsste damit aber spätestens im März 2006 eingetreten sein. Bei einem späterer Leistungsfall wären die versicherungsrechtliche Voraussetzung nicht erfüllt, da die Erwerbsminderung nicht aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (zB Arbeitsunfall, Wehr- oder Zivilbeschäftigung; § 53 SGB VI).

Sind damit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig im März 2006 erfüllt, so ist eine maßgebliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers zu diesem Zeitpunkt zur Überzeugung des Senats nicht gegeben. Der Kläger war in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten von Dr. St. aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Danach lagen beim Kläger keine gesundheitlichen Einschränkungen vor, die einer leichten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr pro Tag entgegenstehen. Zwar verkennt das Gericht keineswegs, dass Dr. Sch. als behandelnder Hausarzt die Leistungsfähigkeit des Klägers unter drei Stunden sieht. Seine Leistungseinschätzung ist jedoch sozialmedizinisch nicht überzeugend. So benennt er selbst keine entsprechenden Einschränkungen, die den Schluss auf eine quantitative Leistungseinschränkung zulassen. Gleichzeitig ist der Auskunft von Dr. Sch. zu entnehmen, dass ab 2002 nur noch eine vierteljährliche Konsultation wegen verschiedener Körperbeschwerden wie Schwindel, Sprachstörungen, Angst, Muskelzittern, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit und Geräuschempfindlichkeit erfolgten. Ein unregelmäßiger Herzschlag, Herzrhythmusstörungen wurden bereits im L.-Krankenhaus 1992 als harmlos eingestuft.

Die gesamten verfügbaren medizinischen Fakten erlauben es nicht, auf nervenärztlichem Gebiet eine nachvollziehbar begründete Diagnose zu stellen. Es kann weder eine Angststörung noch eine somatoforme Schmerzstörung angenommen werden. Auch eine Depression oder eine Psychose lässt sich nicht feststellen. Die Kriterien für eine Störung von Krankheitswert sind nicht erfüllt. Dr. St. weist nicht nur hierauf zutreffend hin, sondern auch auf die Tatsache, dass sich der Kläger durchgehend nur bei Dr. Sch. vorgestellt hat. Menschen mit Angststörungen, Depressionen oder auch somatoformen Schmerzstörungen mit entsprechendem Schweregrad weisen in der Regel einen so hohen Leidensdruck auf, dass diese professionelle Behandlungsmaßnahmen und zahlreiche Abklärungen etc in Anspruch nehmen. Da entsprechende Konsultationen nicht erfolgt sind, kann ein entsprechender Leidensdruck beim Kläger vorliegend nicht angenommen werden. Der Senat verkennt nicht, dass die Pflege seines Vaters, der (auch) aufgrund einer kriegsbedingten Hirnverletzung gesundheitlich beeinträchtigt war, für den Kläger über Jahre hinweg eine erhebliche Belastung war. Die Weigerung des Klägers, sich durch einen Sachverständigen untersuchen zu lassen, macht es den Gerichten aber nicht möglich, Krankheiten oder Behinderungen beim Kläger festzustellen, die zu einer Erwerbsminderung führen könnten.

Der Kläger hat schließlich auch kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI). Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist, dass der Kläger vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Zwar ist der Kläger vor dem Stichtag geboren. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen lägen aber auch hier letztmalig am 31.03.2006 vor. Zu diesem Zeitpunkt ist nicht nur ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes gegeben, sondern auch keine qualitativen Leistungseinschränkungen feststellbar. Auch hierauf hat Dr. St. in seinem Gutachten nach Auswertung der medizinischen Befundunterlagen nachvollziehbar und schlüssig hingewiesen. Eine Berufsunfähigkeit scheidet aus diesem Grund aus. Außerdem hat der Kläger seine Tätigkeit als Mechaniker aufgegeben, um eine Arbeit als Holzschnitzer im elterlichen Betrieb aufzunehmen. Dadurch hat er sich von seiner früheren Tätigkeit als Facharbeiter gelöst.

Ist damit ein Leistungsfall bis März 2006 nicht nachgewiesen, so sieht der Senat im Übrigen auch keine Anhaltspunkte für einen Leistungsfall nach März 2006. So ergibt sich aus den medizinischen Unterlagen keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes, so dass von einem durchgehenden Leistungsvermögens von über 6 Stunden ohne qualitative Leistungseinschränkungen auszugehen ist. Unabhängig vom Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen kommt daher auch unter diesem Gesichtspunkt die Zuerkennung der begehrten Rente wegen Erwerbsminderung nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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