Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 37 AS 533/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 966/14 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 29. September 2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller (Ast) begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin (Ageg) zur Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) durch Übernahme von Weiterbildungskosten für die Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten.
Der 1969 geborene Ast, der nach seinen Angaben nach Abschluss der Polytechnischen Oberschule von 1986 bis 1988 erfolgreich eine Ausbildung zum Facharbeiter Heizung/Sanitär durchlief war in diesem Bereich bis 1999 erwerbstätig. Danach folgten Zeiten der Arbeitslosigkeit sowie Tätigkeiten im Wachschutz, als Monteur im Schienenfahrzeugbau /Kundendienstmonteur (Juni 2003 bis Juni 2006) und als Lagerarbeiter/Staplerfahrer (Juli bis September 2006). Nach Absolvierung eines Computerlehrgangs und einer Weiterbildungsmaßnahme mit dem Schwerpunkt Rechnungswesen für Bürokaufleute nahm der Ast am 01. Mai 2007 eine versicherungspflichtige Tätigkeit als Angestellter im Service-/Wartungsbereich (laut § 3 Nr. 1 des Arbeitsvertrages vom 30. April 2007 zur Unterstützung und Entlastung des Kundendienstleiters) bei der GST Gesellschaft für System und Tankanlagentechnik mbH (GST GmbH) in Vollzeit auf. Daneben nahm er vom 15. Oktober 2012 bis zum 11. April 2014 erfolgreich am Lehrgang der Industrie- und Handelskammer (IHK) – Bildungszentrum Cottbus – "Geprüfter Wirtschaftsfachwirt/Geprüfte Wirtschaftsfachwirtin" teil (vgl. Teilnahmebestätigung vom 11. April 2004), der die Teilnehmer zwar auf die IHK-Prüfung "Geprüfter Wirtschaftsfachwirt/ Geprüfte Wirtschaftsfachwirtin" vorbereitete, ohne dass diese Bestandteil des Lehrgangs war bzw. ist.
Ab dem 17. Februar 2012 war der Kläger wegen eines Aderhautmelanoms des linken Auges arbeitsunfähig. Diesbezüglich erfolgte zunächst im Februar 2014 eine Clip-Operation, im März 2014 eine Protonenbestrahlung und am 02. Mai 2014 eine intravitreale Triamcinolon-Injektion (vgl. Bericht des C Centrums für Augenheilkunde vom 03. Mai 2014: Visus bei Entlassung am rechten Auge 1,0 und am linken Auge 0,5). Zwischenzeitlich war beim Ast wegen der Gesundheitsstörung Gewebeneubildung des linken Auges ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 während der Heilungsbewährung festgestellt worden (Bescheid des Landesamtes für Soziales und Versorgung Cottbus vom 09. April 2014). Zudem hatte die GST GmbH mit Schreiben vom 15. März 2014 das mit dem Ast bestehende Arbeitsverhältnis zum 31. Mai 2014 aus betrieblichen Gründen gekündigt.
Am 06. Mai 2014 beantragte der Ast bei der Ageg eine Anschlussheilbehandlung bzw. eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme (Reha) und gab hierbei als zuletzt ausgeübte Tätigkeit "Kaufmann für Bürokommunikation" an. Des Weiteren beantragte er am 11. Juni 2014 die Finanzierung einer Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten durch die Ageg, da ihm bei einem Gespräch bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) in G am 20. Mai 2014 jegliche Unterstützung verweigert und er an den Rententräger verwiesen worden sei. Die Ausbildung finde bei der Polizeidirektion Süd C statt und könne mit dem 2. Lehrjahr bereits am 25. August 2014 beginnen. Zudem bestünde eventuell die Möglichkeit nach Abschluss der Umschulungsmaßnahme bei der Polizei weiterbeschäftigt zu werden.
Die Ageg gewährte dem Ast antragsgemäß vom 07. bis zum 26. Juli 2014 eine medizinische Reha in der H Klinik A(Innere/Onkologie). Dort gab der Ast an, dass im Oktober noch eine Laserung sowie eine künstliche Linse vorgesehen seien. Seine letzte Tätigkeit sei technischer Kaufmann/Administrator Störungsannahme gewesen. Hierbei habe er ganztägig am PC gearbeitet, allgemeine kaufmännische Arbeiten verrichtet. Die Arbeit sei bei künstlichem Licht und ständigem Sitzen erfolgt. Sie sei mit hoher Konzentration, angestrengtem Sehen, Hitze, PKW-Fahrten und Verantwortung verbunden gewesen. Der Ast wurde aus der Reha arbeitsunfähig entlassen, da zwar die körperliche Leistungsfähigkeit gut und die Konzentrationsfähigkeit gebessert, jedoch noch nicht ausreichend gut sei, so dass eine weitere Rekonvaleszenz noch erforderlich sei. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Ast als technischer Kaufmann/Störungsannahme sei nicht leidensgerecht, da diese nach dessen Angaben mit sehr starker Stressbelastung, der Notwendigkeit für hohe Konzentration, sehr hohem Zeitdruck, vielen Dienstreisen, vielen Überstunden und hohen Anforderung an das Sehvermögen verbunden sei. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe und Zugluft, ohne hohen Zeitdruck, ohne hohe Stressbelastung und ohne besonders hohe Anforderungen an das Sehvermögen, zum Beispiel durch ständige Bildschirmarbeit. Eine durch Eigeninitiative des Ast in Aussicht gestellte Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten könne ärztlicherseits befürwortet werden (Reha-Bericht vom 01. August 2014).
Die Ageg zog das Protokoll über die am 10. Juli 2014 in A erfolgte Reha-Fachberatung bei, wonach LTA nicht notwendig erschienen, sowie die medizinische Stellungnahme der H Klinik A für die Reha-Fachberatung vom 08. Juli 2014. Mit Bescheid vom 13. August 2014 lehnte sie die Gewährung von LTA mit der Begründung ab, die Erwerbsfähigkeit des Ast sei nicht erheblich gefährdet oder gemindert, weil dieser in der Lage sei, weiterhin eine Beschäftigung als kaufmännischer Angestellter auszuüben. Hiergegen erhob der Ast am 20. August 2014 Widerspruch.
Am 04. September 2014 hat der Ast beim Sozialgericht C (SG) beantragt, die Ageg im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig bis zur möglichen Bestandskraft des Bescheides vom 13. August 2014, längstens bis zu einer Entscheidung des SG in der Hauptsache, Leistungen zur LTA durch Übernahme der Weiterbildungskosten für die Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten im dualen System beim Oberstufenzentrum II, Mstr., C, sowie beim Polizeipräsidium, Polizeidirektion Süd, J Str., C zu erbringen. Aufgrund der erfolgten Therapien sei er zwischenzeitlich so weit genesen, dass er mit dem linken Auge nur noch ein kleines bisschen verschwommen sehe. Für Oktober 2014 seien noch eine Laserung sowie auch eine künstliche Linse vorgesehen. Er habe seinen ursprünglichen Beruf als Klempner/Installateur aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen. Seine letzte Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter könne er nicht mehr ausüben, da sie durch viele Dienstreisen, Telefonate, Überstunden und Stress gekennzeichnet sei. Die duale Ausbildung als Verwaltungsfachangestellter beginne am 15. September 2014 spätestens jedoch nach Abschluss des ersten Bausteins am 02. Oktober 2014 am Oberstufenzentrum II in C. Das Praktikum bei der Polizeidirektion Süd, C, werde jetzt befristet und nur für maximal 4 Wochen bis zur Entscheidung über die Kostenübernahme im hiesigen Verfahren durchgeführt. Sofern eine Kostenübernahme bestätigt werde, würde ein schriftlicher Ausbildungsvertrag gefertigt und er könnte am Oberstufenzentrum II C die Klasse für Umschüler besuchen, die die Ausbildung im Rahmen der jetzt nur zweijährigen Theorie durchführe. Der Praktikumsvertrag ende am 03. Oktober 2014 und könne bei weiterer Ablehnung nicht fortgesetzt werden. Von Seiten des Arbeitgebers GST sei er zum Sachbearbeiter Service mit kaufmännischen Eigenschaften gemacht worden, allerdings ohne einen Abschluss in diesem Beruf. Daran seien stets und ständig seine Bewerbungsbemühungen gescheitert. Bei ihm liege zumindest eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vor, da er den von ihm zuletzt ausgeübten Beruf als technischer Angestellter aufgrund der Erkrankung des linken Auges nicht mehr ausüben könne. Dies ergebe sich aus dem Reha-Bericht. Die geplante Umschulung baue auch auf eine angemessene Berufserfahrung seinerseits auf. Die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung zum jetzigen Zeitpunkt ergebe sich aus dem – angesichts seines Zustandes bestehenden – dringenden sowie erheblichen Gefährdungspotenzial für die Erwerbsfähigkeit und seinem dringenden Eingliederungsbedarf, seinem Lebensalter, der Dauer der Ausbildung und der Notwendigkeit, ihn so schnell wie möglich dauerhaft wieder in Arbeit einzugliedern (hier nach zwei Jahren), um seinen Lebensunterhalt unabhängig von anderen Leistungen der Sozialsysteme aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten zu können.
Der Ast hat u. a. eine Kurzbeschreibung der Ausbildung zur/m Verwaltungsfachangestellten des Oberstufenzentrum II S, einen am 08. September 2014 vom Ast mit dem Polizeipräsidium, Polizeidirektion Süd C abgeschlossenen Praktikumsvertrag für die Zeit vom 08. September bis zum 03. Oktober 2014 und eine Bestätigung des Polizeipräsidiums Land B, Polizeidirektion Süd C vom 10. September 2014, wonach der Ast die berufspraktische Zeit (Praktikum) während der beabsichtigten Umschulungsmaßnahme im Direktionsstab der Polizeidirektion Süd absolvieren könne, zur Gerichtsakte gereicht.
Die Ageg ist dem entgegen getreten. Selbst wenn der Ast aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als kaufmännischer Angestellter tätig sein könne, was bestritten werde, so hätte er dennoch keinen Anordnungsanspruch auf LTA in Form der Kostenübernahme für eine Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten, da es sich hierbei um eine Ermessensleistung handele. Ihm sei zuzumuten, die Entscheidung über den Widerspruch abzuwarten.
Das SG C hat mit Beschluss vom 29. September 2014 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Einen Anordnungsanspruch i. S. von § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) habe der Ast nicht glaubhaft gemacht. So liege bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen (§§ 9, 10 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)) die Auswahl der erforderlichen Maßnahmen gemäß §§ 13 Abs. 1, 16 SGB VI i. V. mit § 33 Abs. 4 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX), § 39 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) im pflichtgemäßen Ermessen der Ageg. Die Ausübung des Ermessens stehe nicht dem Gericht zu, dieses prüfe die Ermessenentscheidung nur auf die Rechtmäßigkeit der Ausübung. Soweit Ermessensfehler vorlägen, könne das Gericht die Entscheidung der Behörde nur aufheben und diese zur erneuten Entscheidung verpflichten. Anderes gelte nur, wenn eine "Ermessensreduzierung auf Null" vorliege. Dies sei der Fall, wenn nur eine Entscheidung der Behörde rechtmäßig wäre und andere Entscheidungen nicht in Betracht kämen. Anhaltspunkte dafür seien hier nicht ersichtlich. So sei zunächst zu berücksichtigen, dass bei dem Ast Leistungseinschränkungen im Bereich der Stressempfindlichkeit und der Sehfähigkeit vorlägen. Ob diese Einschränkungen mit einer Tätigkeit als Verwaltungsangestellter vereinbar seien und ob sie ggf. einer Umschulung entgegenstünden, sei dem Vortrag des Ast und der Verwaltungsakte nicht zu entnehmen. Hier wären weitere Ermittlungen der Ageg erforderlich. Weiterhin sei nicht ersichtlich, ob im Rahmen von LTA andere Maßnahmen in Frage kämen, die eine erforderliche Eingliederung des Ast ermöglichten. Soweit mehrere Maßnahmen möglich wären, würde der Ageg ein Auswahlermessen zustehen. Damit sei gegenwärtig nicht ersichtlich, dass eine Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten die einzig in Betracht kommende Maßnahme wäre, soweit man das Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen annehme. Damit liege eine "Ermessensreduzierung auf Null" nicht vor, so dass eine Verpflichtung der Ageg zu einer konkreten Maßnahme im Rahmen der LTA durch das Gericht nicht erfolgen könne.
Gegen den ihm am 02. Oktober 2014 zugestellten Beschluss hat der Ast am 30. Oktober 2014 Beschwerde eingelegt und die Stellenausschreibung des Ministerium des Inneren des Landes B für eine Mitarbeiterin/einen Mitarbeiter in der Zentralen Ausländerbehörde in E (Anforderungsprofil: abgeschlossene Berufsausbildung als Kauffrau bzw. Kaufmann für Bürokommunikation oder vergleichbare Ausbildung, mehrjährige Verwaltungserfahrung etc.) sowie das nach dessen Bewerbung an den Ast gerichtete Ablehnungsschreiben vom 17. Oktober 2014, wonach der Ast wegen der fehlenden mehrjährigen Verwaltungserfahrung nicht zum engeren Kreis der Bewerber gehöre, vorgelegt.
Zur Begründung führt er aus, das SG habe übersehen, dass die Ageg bei ihrer Entscheidung überhaupt kein Ermessen ausgeübt habe. Abgesehen davon erscheine die begehrte vorläufige Regelung auch ungeachtet eines möglichen noch verbleibenden Ermessensspielraums notwendig. Dies sei auch aus dem Schutzgedanken des Artikels 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) geboten. Er habe krankheitsbedingt seine ohne Ausbildung durchgeführte berufliche Tätigkeit abbrechen müssen, da er gekündigt worden sei. Die von ihm begehrte Maßnahme ziele darauf ab, ihm möglichst bald den Fortgang seines beruflichen Werdeganges zu ermöglichen. Zumal ihm mit dem zu erwartenden Zeitablauf im Hauptsacheverfahren mit dem Verlust oder der Beeinträchtigung seiner beruflichen Möglichkeiten schwere oder unzumutbare Nachteile drohten, die später nicht oder nur schwerlich wieder gutgemacht werden könnten. Ihm wäre auch noch der Einstieg in das erste Lehrjahr im Januar 2015 möglich. Zu berücksichtigen sei, dass er mit seinem Schwerbehindertenstatus und fehlender Ausbildung bei privaten Arbeitgebern im Umkreis von 50 km seines Wohnortes so gut wie keine Chancen mehr habe. Er sei darauf angewiesen, sich nur bei großen Firmen, die es in seiner Gegend leider nicht gebe bzw. wo es zumindest keine Stellen gebe, oder beim Öffentlichen Dienst zu bewerben. Bei der Polizeidirektion habe er nach dem Ende der Umschulung auch Chancen zur Übernahme, da dort in den nächsten Jahren einige Mitarbeiter in den Ruhestand gehen würden und er sodann voll ausgebildet und eingearbeitet zur Verfügung stünde. Wie der Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg L 14 B 2033/08 AS ER zu entnehmen sei, müssten im Eilverfahren das gesetzgeberische Ziel, das Verfahren zur beruflichen Eingliederung behinderter Menschen zu beschleunigen und das notwendige Zusammenwirken der Rehabilitationsträger im Interesse hilfebedürftiger behinderter Menschen klarer zu regeln, berücksichtigt werden.
Der Ast beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 29. September 2014 aufzuheben und die Ageg im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig bis zur möglichen Bestandskraft einer möglichen Ablehnung von LTA in dem Bescheid vom 13. August 2014, längstens bis zur Entscheidung des Sozialgerichts in der Hauptsache, frühestens ab dem Tag der Antragstellung, LTA durch Übernahme der Weiterbildungskosten für die Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten, hier duales Systems beim Oberstufenzentrum II, Mstr. , C, sowie beim Polizeipräsidium, Polizeidirektion Süd, JStr. , C zu erbringen,
hilfsweise, die Ageg im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm LTA in Form der Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten zu bewilligen,
hilfsweise, die Ageg im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm LTA unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bewilligen.
Die Ageg beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2014 hat die Ageg den Widerspruch des Ast gegen den Bescheid vom 13. August 2014 zurückgewiesen. Der Ast könne mit dem im Reha-Bericht vom 01. August 2014 festgestellten Restleistungsvermögen noch weiterhin seinen bisherigen Beruf als kaufmännischer Angestellter ohne Gefährdung seiner Erwerbsfähigkeit ausüben. Die Tätigkeit eines kaufmännischen Angestellten werde berufskundlich mit keiner außergewöhnlichen hohen Stress-/Zeitdruckbelastung dargestellt. Witterungseinflüsse könnten ausgeschlossen werden. Eine besonders hohe Anforderung an das Sehvermögen durch ständige Bildschirmarbeit werde ebenfalls nicht beschrieben. Daher seien die persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI nicht erfüllt. Die Erwerbsfähigkeit sei nicht wegen Krankheit oder Behinderung gefährdet. Bei der Frage der Gefährdung sei allein auf die gesundheitliche Seite abzustellen, ein fehlender Berufsabschluss sei hierbei unbeachtlich. Die bloße Steigerung der Vermittlungschancen am Arbeitsmarkt falle nicht in den Risikobereich der gesetzlichen Rentenversicherung. Zudem bestünden keine wesentlichen Unterschiede in der Tätigkeit eines kaufmännischen Angestellten und der eines Verwaltungsfachangestellten.
Daraufhin hat der Ast mitgeteilt, dass er Klage beim SG Cottbus erhoben habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der Reha-Akte der Ageg, die bei der Entscheidungsfindung vorlagen, Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerechte, nach § 172 Abs. 1 des SGG statthafte Beschwerde des Ast gegen den Beschluss des SG Cottbus vom 29. September 2014 ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat zu Recht den mit der Beschwerde weiterverfolgten Antrag des Ast abgelehnt, die Ageg im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig LTA durch Übernahme der Weiterbildungskosten für die Umschulung zum Verwaltungsangestellten beim Oberstufenzentrum II C, sowie beim Polizeipräsidium, Polizeidirektion Süd, C zu erbringen, weil die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht vorliegen. Aus denselben Gründen liegen für die im Beschwerdeverfahren vom Ast hilfsweise verfolgten Begehren, die Ageg im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm LTA in Form der Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten bzw. ihm LTA unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bewilligen, die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor.
Nach § 86b Abs. 2 Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierzu hat der betreffende Ast das Bestehen des zu sichernden materiellen Anspruchs (Anordnungsanspruch) sowie die besondere Dringlichkeit des Erlasses der begehrten einstweiligen Anordnung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO)).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist (vgl. hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b Rn. 29).
Es ist bereits der Anordnungsanspruch im Sinne eines materiellen Leistungsanspruchs nicht mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht, vgl. §§ 86b Abs. 2 des SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO.
Die Voraussetzungen der für das Begehren des Antragstellers in Betracht zu ziehenden §§ 9 ff., 16 SGB VI i. V. m. §§ 33 bis 38 SGB IX liegen nach der im vorliegenden Eilverfahren gebotenen und auch nur möglichen summarischen Prüfung nicht vor, und es sind auch unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung keine Umstände für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erkennbar.
Nach § 9 Abs. 2 SGB VI können LTA erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Dabei unterliegt die Entscheidung über die Voraussetzungen, das "ob" der Leistung der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle, während das "wie" der Leistung (vgl. §§ 13, 16 SGB VI i. V. m. §§ 33 ff SGB IX) im pflichtgemäßen Ermessen des Versicherungsträgers steht.
Zwar dürfte hier der Ast die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für LTA i. S. v. § 11 SGB VI erfüllt haben und ein Ausschlussgrund i. S. v. § 12 SGB VI nicht bestehen, jedoch ist derzeit nicht erkennbar, dass der Ast die persönlichen Voraussetzungen i.S.v. § 10 SGB VI erfüllt. Danach ist für jegliche Form von LTA erforderlich, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist (vgl. § 10 Abs. 1 Nr.1 SGB VI) und bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit durch LTA eine Minderung der Erwerbsfähigkeit abgewendet werden kann (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 a) SGB VI) oder die geminderte Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 b) SGB VI). Vorliegend fehlt es schon an hinreichenden Anhaltspunkten für eine erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit. Hinsichtlich des Begriffs der Erwerbsfähigkeit in § 10 SGB VI sind nicht die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung maßgebenden Kriterien anwendbar (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 17. Oktober 2006 – B 5 RJ 15/05 R – und 29. März 2006 - B 13 RJ 37/05 R -, jeweils in Juris). Vielmehr ist unter Erwerbsfähigkeit die Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige (nicht nur kurzfristig ausgeübte) Tätigkeit weiter ausüben zu können (BSG a. a. O.). Daher ist vorliegend für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit auf die zuletzt langjährig von 2007 bis 2014 ausgeübte Tätigkeit des Ast abzustellen. Hierbei handelt es sich um eine kaufmännische Tätigkeit, d.h. um eine Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter (ohne IHK-Abschluss). Dieser Tätigkeit waren auch entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen in Form eines Computerlehrganges sowie einer Weiterbildung mit dem Schwerpunkt Rechnungswesen für Bürokaufleute vorausgegangen. Laut § 3 Nr. 1 des Arbeitsvertrages vom 30. April 2007 war der Ast zur Unterstützung und Entlastung des Kundendienstleiters als Angestellter im Service-/Wartungsbereich von der GST GmbH eingestellt worden. Der Ast selbst hat seine letzte Tätigkeit mal als "Kaufmann für Bürokommunikation" (vgl. Antrag vom 06. Mai 2014 auf Anschlussheilbehandlung bzw. medizinische Reha), mal als "Technischer Kaufmann/Administrator Störungsannahme" (vgl. Lebenslauf vom 10. Juni 2014) bezeichnet. Während der medizinischen Reha bei der H Klinik A hat er darauf hingewiesen, dass er ganztägig am PC gearbeitet und allgemeine kaufmännische Arbeiten verrichtet habe, die mit Verantwortung und Führungsaufgaben sowie vielen Dienstreisen verbunden gewesen seien.
Ausgehend von einer Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter (ohne IHK-Abschluss) ist eine Minderung oder erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Klägers aus Krankheitsgründen derzeit nicht belegbar. Soweit im Reha-Bericht der H Klinik A von einem aufgehobenen Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit ausgegangen wird, wird dies nur mit dem vom Ast für den konkreten Arbeitsplatz geschilderten besonderen Bedingungen (hoher Zeitdruck, hohe Stressbelastung, hohe Anforderung an das Sehvermögen) jedoch nicht unter Heranziehung der auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für diese Tätigkeit typischen Anforderungen begründet. Mit dem dort beschriebenen vollschichtigen Leistungsvermögen des Ast für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe und Zugluft, ohne hohen Zeitdruck, ohne hohe Stressbelastung und ohne besonders hohe Anforderungen an das Sehvermögen kann der Ast jedoch ohne weiteres Tätigkeiten als kaufmännischer Angestellter auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten, da diese – wie auch die von ihm anvisierte Tätigkeit als Verwaltungsfachangestellter – nicht regelhaft mit hohem Zeitdruck, hoher Stressbelastung und besonders hohen Anforderungen an das Sehvermögen verbunden sind. Nicht nachvollziehbar ist die im Reha-Bericht vom 01. August 2014 angenommene Leistungseinschränkung des Ast für (ganztägige) Bildschirmarbeit. So ist nicht erkennbar, dass in der internistisch-onkologisch ausgerichteten Reha augenärztliche Untersuchungen stattgefunden haben. Im Reha-Bericht fehlt es an qualifizierten ophthalmologischen Befunden zu Art und Umfang der Einschränkung der Sehfähigkeit des Ast. Maßgeblich für die Beurteilung der Sehfähigkeit sind nicht allein die bisher nicht konkret festgestellten Einschränkungen am erkrankten und behandelten linken Auge des Ast sondern die auf beiden Augen bestehende Sehfähigkeit unter Berücksichtigung des Aspekts der Gewöhnung bei einer evtl. andauernden teilweisen funktionellen Einäugigkeit. Schließlich verfügt der Ast über einen Visus von 1,0 auf dem rechten Auge (vgl. Bericht des C Centrums für Augenheilkunde vom 03. Mai 2014). Soweit Anfang Mai 2014 für das linke Auge noch ein durch die intravitreale Triamcinolon-Injektion gebesserter Visus von 0,5 berichtet wurde (vgl. Bericht des C Centrums für Augenheilkunde vom 03. Mai 2014), deuten die Angaben des Ast, nur noch ein kleines bisschen verschwommen zu sehen, darauf hin, dass sich die Sehfähigkeit des linken Auges weiter erholt haben dürfte, zumal im Oktober 2014 noch eine Laserbehandlung sowie der Einsatz einer künstlichen Linse geplant waren. Aus der Anerkennung eines GdB von 50 kann vorliegend nicht auf die tatsächliche Sehfähigkeit des Ast geschlossen werden, da nach Entfernung eines malignen Augentumors in den ersten fünf Jahren einer Heilungsbewährung ein GdB von 50 ohne weitere Prüfung der Sehfähigkeit angenommen wird (vgl. Teil B Zif. 4.8 der Anlage 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. September 2008 i. d. F. vom 17. Dezember 2010, BGBl. I 2124). Ob beim Ast wegen der Erkrankung des linken Auges nach Abschluss aller Behandlungsmaßnahmen eine für die Erwerbsfähigkeit als kaufmännischer Angestellter relevante Einschränkung des Sehvermögens vorliegt, kann ohne Beiziehung der Befunde der behandelnden Augenärzte und Durchführung einer augenärztlichen Begutachtung nicht festgestellt werden. Hierbei wäre auch zu berücksichtigen, dass gerade die Bildschirmarbeit technische Ausgleichsmöglichkeiten für Sehfähigkeitseinschränkungen bietet (z. B. durch Vergrößerungssoftware, verbesserte Kontrasteinstellungen etc.) und daher die Frage des Ausschlusses einer ganztägigen Bildschirmarbeit einer besonders sorgfältigen Begründung bedarf.
Da - wie gezeigt - bereits dem Grunde nach kein Anspruch auf Gewährung von LTA besteht, hat der Eilrechtsschutzantrag nicht nur mit seinem Hauptantrag, sondern auch mit seinen Hilfsanträgen keinen Erfolg.
Vorsorglich wird auf Folgendes hingewiesen: Der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vom Ast geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von LTA in Form einer Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten scheitert, wie bereits das SG C dargelegt hat, jedenfalls auch daran, dass die Ageg über eine konkrete Rehabilitationsleistung überhaupt noch nicht entschieden, vielmehr ihre Leistungspflicht bereits wegen Fehlens der persönlichen Voraussetzungen verneint und somit kein vom Gericht zu überprüfendes Ermessen hinsichtlich der näheren Umstände der Rehabilitationsleistung ausgeübt hat. Dem Gericht ist es verwehrt, sein eigenes Ermessen anstelle des vom Versicherungsträger auszuübenden Verwaltungsermessens zu setzen. Eine Verpflichtung der Ageg zur Gewährung der vom Ast begehrten Umschulungsmaßnahme käme vorliegend nur in Betracht, wenn - bei uneingeschränkter Bejahung der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen - eine "Ermessensreduzierung auf Null" gegeben wäre. Erforderlich hierfür ist, dass das Ermessen nur in einem bestimmten Sinne ausgeübt werden kann und jede andere Entscheidung fehlerhaft wäre (siehe hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rn. 28 bis 29). Eine "Ermessensreduzierung auf Null" ist hier nicht erkennbar. So hat der Rentenversicherungsträger im Wege der nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI anzustellenden Einzelfallprüfung unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Teilhabeleistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen. Des Weiteren sind bei der Auswahl der Leistungen gemäß § 16 SGB VI i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB IX Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit des Versicherten sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen zu berücksichtigen. Der vorliegende Sachverhalt gibt schon deshalb nichts für eine Ermessensreduzierung auf Null her, weil der Ast über eine weitere berufliche Qualifizierung verfügt, die es ihm in wesentlich kürzerer Zeit ermöglicht, einen kaufmännischen Berufsabschluss zu erlangen. So hat er erfolgreich den Lehrgang zum "Geprüften Wirtschaftsfachwirt" abgeschlossen und müsste nur noch die entsprechende Prüfung bei der IHK ablegen.
Eine Eilbedürftigkeit, d.h. ein Anordnungsgrund für die einer Vorwegnahme der Hauptsache gleichkommenden Gewährung der begehrten LTA im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, ist ebenfalls nicht gegeben. In einer einstweiligen Anordnung darf nicht unter Ausnutzung der erleichterten Prüfung der Sach- und Rechtslage das Ergebnis eines eventuellen Hauptsacheverfahrens vorweggenommen werden, denn sonst würden die Ast das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Umgehung eines Hauptsacheverfahrens nutzen können, zumal häufig eine Rückabwicklung der Leistungen sich später wirtschaftlich als wenig erfolgversprechend darstellt. Eine Ausnahme von diesem Verbot ist nur dann geboten, wenn ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit für den Erfolg des Begehrens in einem Hauptsacheverfahren besteht und sonst durch den Zeitablauf für den Ast schwere und unzumutbare Nachteile drohen, die später nicht oder nur schwerlich wieder gut gemacht werden könnten (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16. Oktober 2006 – L 12 AL 2002/06 ER -, in Juris m.w.N.). Vorliegend fehlt es bereits an der hierfür geforderten Erfolgsaussicht des Begehrens im Hauptsacheverfahren. Zudem ist nicht ersichtlich, dass ein Abwarten der Entscheidung im Hauptsacheverfahren für den Ast zu einer existenziellen Bedrohung führen könnte. Schwierigkeiten bei der Findung eines neuen Arbeitsplatzes am Wohnort aufgrund der dort angespannten Arbeitsmarktlage reichen noch nicht aus, um eine existenzielle Bedrohung zu begründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde ans Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller (Ast) begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin (Ageg) zur Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) durch Übernahme von Weiterbildungskosten für die Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten.
Der 1969 geborene Ast, der nach seinen Angaben nach Abschluss der Polytechnischen Oberschule von 1986 bis 1988 erfolgreich eine Ausbildung zum Facharbeiter Heizung/Sanitär durchlief war in diesem Bereich bis 1999 erwerbstätig. Danach folgten Zeiten der Arbeitslosigkeit sowie Tätigkeiten im Wachschutz, als Monteur im Schienenfahrzeugbau /Kundendienstmonteur (Juni 2003 bis Juni 2006) und als Lagerarbeiter/Staplerfahrer (Juli bis September 2006). Nach Absolvierung eines Computerlehrgangs und einer Weiterbildungsmaßnahme mit dem Schwerpunkt Rechnungswesen für Bürokaufleute nahm der Ast am 01. Mai 2007 eine versicherungspflichtige Tätigkeit als Angestellter im Service-/Wartungsbereich (laut § 3 Nr. 1 des Arbeitsvertrages vom 30. April 2007 zur Unterstützung und Entlastung des Kundendienstleiters) bei der GST Gesellschaft für System und Tankanlagentechnik mbH (GST GmbH) in Vollzeit auf. Daneben nahm er vom 15. Oktober 2012 bis zum 11. April 2014 erfolgreich am Lehrgang der Industrie- und Handelskammer (IHK) – Bildungszentrum Cottbus – "Geprüfter Wirtschaftsfachwirt/Geprüfte Wirtschaftsfachwirtin" teil (vgl. Teilnahmebestätigung vom 11. April 2004), der die Teilnehmer zwar auf die IHK-Prüfung "Geprüfter Wirtschaftsfachwirt/ Geprüfte Wirtschaftsfachwirtin" vorbereitete, ohne dass diese Bestandteil des Lehrgangs war bzw. ist.
Ab dem 17. Februar 2012 war der Kläger wegen eines Aderhautmelanoms des linken Auges arbeitsunfähig. Diesbezüglich erfolgte zunächst im Februar 2014 eine Clip-Operation, im März 2014 eine Protonenbestrahlung und am 02. Mai 2014 eine intravitreale Triamcinolon-Injektion (vgl. Bericht des C Centrums für Augenheilkunde vom 03. Mai 2014: Visus bei Entlassung am rechten Auge 1,0 und am linken Auge 0,5). Zwischenzeitlich war beim Ast wegen der Gesundheitsstörung Gewebeneubildung des linken Auges ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 während der Heilungsbewährung festgestellt worden (Bescheid des Landesamtes für Soziales und Versorgung Cottbus vom 09. April 2014). Zudem hatte die GST GmbH mit Schreiben vom 15. März 2014 das mit dem Ast bestehende Arbeitsverhältnis zum 31. Mai 2014 aus betrieblichen Gründen gekündigt.
Am 06. Mai 2014 beantragte der Ast bei der Ageg eine Anschlussheilbehandlung bzw. eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme (Reha) und gab hierbei als zuletzt ausgeübte Tätigkeit "Kaufmann für Bürokommunikation" an. Des Weiteren beantragte er am 11. Juni 2014 die Finanzierung einer Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten durch die Ageg, da ihm bei einem Gespräch bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) in G am 20. Mai 2014 jegliche Unterstützung verweigert und er an den Rententräger verwiesen worden sei. Die Ausbildung finde bei der Polizeidirektion Süd C statt und könne mit dem 2. Lehrjahr bereits am 25. August 2014 beginnen. Zudem bestünde eventuell die Möglichkeit nach Abschluss der Umschulungsmaßnahme bei der Polizei weiterbeschäftigt zu werden.
Die Ageg gewährte dem Ast antragsgemäß vom 07. bis zum 26. Juli 2014 eine medizinische Reha in der H Klinik A(Innere/Onkologie). Dort gab der Ast an, dass im Oktober noch eine Laserung sowie eine künstliche Linse vorgesehen seien. Seine letzte Tätigkeit sei technischer Kaufmann/Administrator Störungsannahme gewesen. Hierbei habe er ganztägig am PC gearbeitet, allgemeine kaufmännische Arbeiten verrichtet. Die Arbeit sei bei künstlichem Licht und ständigem Sitzen erfolgt. Sie sei mit hoher Konzentration, angestrengtem Sehen, Hitze, PKW-Fahrten und Verantwortung verbunden gewesen. Der Ast wurde aus der Reha arbeitsunfähig entlassen, da zwar die körperliche Leistungsfähigkeit gut und die Konzentrationsfähigkeit gebessert, jedoch noch nicht ausreichend gut sei, so dass eine weitere Rekonvaleszenz noch erforderlich sei. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Ast als technischer Kaufmann/Störungsannahme sei nicht leidensgerecht, da diese nach dessen Angaben mit sehr starker Stressbelastung, der Notwendigkeit für hohe Konzentration, sehr hohem Zeitdruck, vielen Dienstreisen, vielen Überstunden und hohen Anforderung an das Sehvermögen verbunden sei. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe und Zugluft, ohne hohen Zeitdruck, ohne hohe Stressbelastung und ohne besonders hohe Anforderungen an das Sehvermögen, zum Beispiel durch ständige Bildschirmarbeit. Eine durch Eigeninitiative des Ast in Aussicht gestellte Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten könne ärztlicherseits befürwortet werden (Reha-Bericht vom 01. August 2014).
Die Ageg zog das Protokoll über die am 10. Juli 2014 in A erfolgte Reha-Fachberatung bei, wonach LTA nicht notwendig erschienen, sowie die medizinische Stellungnahme der H Klinik A für die Reha-Fachberatung vom 08. Juli 2014. Mit Bescheid vom 13. August 2014 lehnte sie die Gewährung von LTA mit der Begründung ab, die Erwerbsfähigkeit des Ast sei nicht erheblich gefährdet oder gemindert, weil dieser in der Lage sei, weiterhin eine Beschäftigung als kaufmännischer Angestellter auszuüben. Hiergegen erhob der Ast am 20. August 2014 Widerspruch.
Am 04. September 2014 hat der Ast beim Sozialgericht C (SG) beantragt, die Ageg im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig bis zur möglichen Bestandskraft des Bescheides vom 13. August 2014, längstens bis zu einer Entscheidung des SG in der Hauptsache, Leistungen zur LTA durch Übernahme der Weiterbildungskosten für die Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten im dualen System beim Oberstufenzentrum II, Mstr., C, sowie beim Polizeipräsidium, Polizeidirektion Süd, J Str., C zu erbringen. Aufgrund der erfolgten Therapien sei er zwischenzeitlich so weit genesen, dass er mit dem linken Auge nur noch ein kleines bisschen verschwommen sehe. Für Oktober 2014 seien noch eine Laserung sowie auch eine künstliche Linse vorgesehen. Er habe seinen ursprünglichen Beruf als Klempner/Installateur aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen. Seine letzte Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter könne er nicht mehr ausüben, da sie durch viele Dienstreisen, Telefonate, Überstunden und Stress gekennzeichnet sei. Die duale Ausbildung als Verwaltungsfachangestellter beginne am 15. September 2014 spätestens jedoch nach Abschluss des ersten Bausteins am 02. Oktober 2014 am Oberstufenzentrum II in C. Das Praktikum bei der Polizeidirektion Süd, C, werde jetzt befristet und nur für maximal 4 Wochen bis zur Entscheidung über die Kostenübernahme im hiesigen Verfahren durchgeführt. Sofern eine Kostenübernahme bestätigt werde, würde ein schriftlicher Ausbildungsvertrag gefertigt und er könnte am Oberstufenzentrum II C die Klasse für Umschüler besuchen, die die Ausbildung im Rahmen der jetzt nur zweijährigen Theorie durchführe. Der Praktikumsvertrag ende am 03. Oktober 2014 und könne bei weiterer Ablehnung nicht fortgesetzt werden. Von Seiten des Arbeitgebers GST sei er zum Sachbearbeiter Service mit kaufmännischen Eigenschaften gemacht worden, allerdings ohne einen Abschluss in diesem Beruf. Daran seien stets und ständig seine Bewerbungsbemühungen gescheitert. Bei ihm liege zumindest eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vor, da er den von ihm zuletzt ausgeübten Beruf als technischer Angestellter aufgrund der Erkrankung des linken Auges nicht mehr ausüben könne. Dies ergebe sich aus dem Reha-Bericht. Die geplante Umschulung baue auch auf eine angemessene Berufserfahrung seinerseits auf. Die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung zum jetzigen Zeitpunkt ergebe sich aus dem – angesichts seines Zustandes bestehenden – dringenden sowie erheblichen Gefährdungspotenzial für die Erwerbsfähigkeit und seinem dringenden Eingliederungsbedarf, seinem Lebensalter, der Dauer der Ausbildung und der Notwendigkeit, ihn so schnell wie möglich dauerhaft wieder in Arbeit einzugliedern (hier nach zwei Jahren), um seinen Lebensunterhalt unabhängig von anderen Leistungen der Sozialsysteme aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten zu können.
Der Ast hat u. a. eine Kurzbeschreibung der Ausbildung zur/m Verwaltungsfachangestellten des Oberstufenzentrum II S, einen am 08. September 2014 vom Ast mit dem Polizeipräsidium, Polizeidirektion Süd C abgeschlossenen Praktikumsvertrag für die Zeit vom 08. September bis zum 03. Oktober 2014 und eine Bestätigung des Polizeipräsidiums Land B, Polizeidirektion Süd C vom 10. September 2014, wonach der Ast die berufspraktische Zeit (Praktikum) während der beabsichtigten Umschulungsmaßnahme im Direktionsstab der Polizeidirektion Süd absolvieren könne, zur Gerichtsakte gereicht.
Die Ageg ist dem entgegen getreten. Selbst wenn der Ast aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als kaufmännischer Angestellter tätig sein könne, was bestritten werde, so hätte er dennoch keinen Anordnungsanspruch auf LTA in Form der Kostenübernahme für eine Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten, da es sich hierbei um eine Ermessensleistung handele. Ihm sei zuzumuten, die Entscheidung über den Widerspruch abzuwarten.
Das SG C hat mit Beschluss vom 29. September 2014 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Einen Anordnungsanspruch i. S. von § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) habe der Ast nicht glaubhaft gemacht. So liege bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen (§§ 9, 10 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI)) die Auswahl der erforderlichen Maßnahmen gemäß §§ 13 Abs. 1, 16 SGB VI i. V. mit § 33 Abs. 4 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX), § 39 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) im pflichtgemäßen Ermessen der Ageg. Die Ausübung des Ermessens stehe nicht dem Gericht zu, dieses prüfe die Ermessenentscheidung nur auf die Rechtmäßigkeit der Ausübung. Soweit Ermessensfehler vorlägen, könne das Gericht die Entscheidung der Behörde nur aufheben und diese zur erneuten Entscheidung verpflichten. Anderes gelte nur, wenn eine "Ermessensreduzierung auf Null" vorliege. Dies sei der Fall, wenn nur eine Entscheidung der Behörde rechtmäßig wäre und andere Entscheidungen nicht in Betracht kämen. Anhaltspunkte dafür seien hier nicht ersichtlich. So sei zunächst zu berücksichtigen, dass bei dem Ast Leistungseinschränkungen im Bereich der Stressempfindlichkeit und der Sehfähigkeit vorlägen. Ob diese Einschränkungen mit einer Tätigkeit als Verwaltungsangestellter vereinbar seien und ob sie ggf. einer Umschulung entgegenstünden, sei dem Vortrag des Ast und der Verwaltungsakte nicht zu entnehmen. Hier wären weitere Ermittlungen der Ageg erforderlich. Weiterhin sei nicht ersichtlich, ob im Rahmen von LTA andere Maßnahmen in Frage kämen, die eine erforderliche Eingliederung des Ast ermöglichten. Soweit mehrere Maßnahmen möglich wären, würde der Ageg ein Auswahlermessen zustehen. Damit sei gegenwärtig nicht ersichtlich, dass eine Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten die einzig in Betracht kommende Maßnahme wäre, soweit man das Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen annehme. Damit liege eine "Ermessensreduzierung auf Null" nicht vor, so dass eine Verpflichtung der Ageg zu einer konkreten Maßnahme im Rahmen der LTA durch das Gericht nicht erfolgen könne.
Gegen den ihm am 02. Oktober 2014 zugestellten Beschluss hat der Ast am 30. Oktober 2014 Beschwerde eingelegt und die Stellenausschreibung des Ministerium des Inneren des Landes B für eine Mitarbeiterin/einen Mitarbeiter in der Zentralen Ausländerbehörde in E (Anforderungsprofil: abgeschlossene Berufsausbildung als Kauffrau bzw. Kaufmann für Bürokommunikation oder vergleichbare Ausbildung, mehrjährige Verwaltungserfahrung etc.) sowie das nach dessen Bewerbung an den Ast gerichtete Ablehnungsschreiben vom 17. Oktober 2014, wonach der Ast wegen der fehlenden mehrjährigen Verwaltungserfahrung nicht zum engeren Kreis der Bewerber gehöre, vorgelegt.
Zur Begründung führt er aus, das SG habe übersehen, dass die Ageg bei ihrer Entscheidung überhaupt kein Ermessen ausgeübt habe. Abgesehen davon erscheine die begehrte vorläufige Regelung auch ungeachtet eines möglichen noch verbleibenden Ermessensspielraums notwendig. Dies sei auch aus dem Schutzgedanken des Artikels 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) geboten. Er habe krankheitsbedingt seine ohne Ausbildung durchgeführte berufliche Tätigkeit abbrechen müssen, da er gekündigt worden sei. Die von ihm begehrte Maßnahme ziele darauf ab, ihm möglichst bald den Fortgang seines beruflichen Werdeganges zu ermöglichen. Zumal ihm mit dem zu erwartenden Zeitablauf im Hauptsacheverfahren mit dem Verlust oder der Beeinträchtigung seiner beruflichen Möglichkeiten schwere oder unzumutbare Nachteile drohten, die später nicht oder nur schwerlich wieder gutgemacht werden könnten. Ihm wäre auch noch der Einstieg in das erste Lehrjahr im Januar 2015 möglich. Zu berücksichtigen sei, dass er mit seinem Schwerbehindertenstatus und fehlender Ausbildung bei privaten Arbeitgebern im Umkreis von 50 km seines Wohnortes so gut wie keine Chancen mehr habe. Er sei darauf angewiesen, sich nur bei großen Firmen, die es in seiner Gegend leider nicht gebe bzw. wo es zumindest keine Stellen gebe, oder beim Öffentlichen Dienst zu bewerben. Bei der Polizeidirektion habe er nach dem Ende der Umschulung auch Chancen zur Übernahme, da dort in den nächsten Jahren einige Mitarbeiter in den Ruhestand gehen würden und er sodann voll ausgebildet und eingearbeitet zur Verfügung stünde. Wie der Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg L 14 B 2033/08 AS ER zu entnehmen sei, müssten im Eilverfahren das gesetzgeberische Ziel, das Verfahren zur beruflichen Eingliederung behinderter Menschen zu beschleunigen und das notwendige Zusammenwirken der Rehabilitationsträger im Interesse hilfebedürftiger behinderter Menschen klarer zu regeln, berücksichtigt werden.
Der Ast beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 29. September 2014 aufzuheben und die Ageg im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig bis zur möglichen Bestandskraft einer möglichen Ablehnung von LTA in dem Bescheid vom 13. August 2014, längstens bis zur Entscheidung des Sozialgerichts in der Hauptsache, frühestens ab dem Tag der Antragstellung, LTA durch Übernahme der Weiterbildungskosten für die Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten, hier duales Systems beim Oberstufenzentrum II, Mstr. , C, sowie beim Polizeipräsidium, Polizeidirektion Süd, JStr. , C zu erbringen,
hilfsweise, die Ageg im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm LTA in Form der Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten zu bewilligen,
hilfsweise, die Ageg im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm LTA unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bewilligen.
Die Ageg beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2014 hat die Ageg den Widerspruch des Ast gegen den Bescheid vom 13. August 2014 zurückgewiesen. Der Ast könne mit dem im Reha-Bericht vom 01. August 2014 festgestellten Restleistungsvermögen noch weiterhin seinen bisherigen Beruf als kaufmännischer Angestellter ohne Gefährdung seiner Erwerbsfähigkeit ausüben. Die Tätigkeit eines kaufmännischen Angestellten werde berufskundlich mit keiner außergewöhnlichen hohen Stress-/Zeitdruckbelastung dargestellt. Witterungseinflüsse könnten ausgeschlossen werden. Eine besonders hohe Anforderung an das Sehvermögen durch ständige Bildschirmarbeit werde ebenfalls nicht beschrieben. Daher seien die persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI nicht erfüllt. Die Erwerbsfähigkeit sei nicht wegen Krankheit oder Behinderung gefährdet. Bei der Frage der Gefährdung sei allein auf die gesundheitliche Seite abzustellen, ein fehlender Berufsabschluss sei hierbei unbeachtlich. Die bloße Steigerung der Vermittlungschancen am Arbeitsmarkt falle nicht in den Risikobereich der gesetzlichen Rentenversicherung. Zudem bestünden keine wesentlichen Unterschiede in der Tätigkeit eines kaufmännischen Angestellten und der eines Verwaltungsfachangestellten.
Daraufhin hat der Ast mitgeteilt, dass er Klage beim SG Cottbus erhoben habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der Reha-Akte der Ageg, die bei der Entscheidungsfindung vorlagen, Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerechte, nach § 172 Abs. 1 des SGG statthafte Beschwerde des Ast gegen den Beschluss des SG Cottbus vom 29. September 2014 ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat zu Recht den mit der Beschwerde weiterverfolgten Antrag des Ast abgelehnt, die Ageg im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig LTA durch Übernahme der Weiterbildungskosten für die Umschulung zum Verwaltungsangestellten beim Oberstufenzentrum II C, sowie beim Polizeipräsidium, Polizeidirektion Süd, C zu erbringen, weil die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht vorliegen. Aus denselben Gründen liegen für die im Beschwerdeverfahren vom Ast hilfsweise verfolgten Begehren, die Ageg im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm LTA in Form der Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten bzw. ihm LTA unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bewilligen, die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor.
Nach § 86b Abs. 2 Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierzu hat der betreffende Ast das Bestehen des zu sichernden materiellen Anspruchs (Anordnungsanspruch) sowie die besondere Dringlichkeit des Erlasses der begehrten einstweiligen Anordnung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO)).
Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist (vgl. hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b Rn. 29).
Es ist bereits der Anordnungsanspruch im Sinne eines materiellen Leistungsanspruchs nicht mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht, vgl. §§ 86b Abs. 2 des SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO.
Die Voraussetzungen der für das Begehren des Antragstellers in Betracht zu ziehenden §§ 9 ff., 16 SGB VI i. V. m. §§ 33 bis 38 SGB IX liegen nach der im vorliegenden Eilverfahren gebotenen und auch nur möglichen summarischen Prüfung nicht vor, und es sind auch unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung keine Umstände für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erkennbar.
Nach § 9 Abs. 2 SGB VI können LTA erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Dabei unterliegt die Entscheidung über die Voraussetzungen, das "ob" der Leistung der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle, während das "wie" der Leistung (vgl. §§ 13, 16 SGB VI i. V. m. §§ 33 ff SGB IX) im pflichtgemäßen Ermessen des Versicherungsträgers steht.
Zwar dürfte hier der Ast die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für LTA i. S. v. § 11 SGB VI erfüllt haben und ein Ausschlussgrund i. S. v. § 12 SGB VI nicht bestehen, jedoch ist derzeit nicht erkennbar, dass der Ast die persönlichen Voraussetzungen i.S.v. § 10 SGB VI erfüllt. Danach ist für jegliche Form von LTA erforderlich, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist (vgl. § 10 Abs. 1 Nr.1 SGB VI) und bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit durch LTA eine Minderung der Erwerbsfähigkeit abgewendet werden kann (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 a) SGB VI) oder die geminderte Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 b) SGB VI). Vorliegend fehlt es schon an hinreichenden Anhaltspunkten für eine erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit. Hinsichtlich des Begriffs der Erwerbsfähigkeit in § 10 SGB VI sind nicht die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung maßgebenden Kriterien anwendbar (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 17. Oktober 2006 – B 5 RJ 15/05 R – und 29. März 2006 - B 13 RJ 37/05 R -, jeweils in Juris). Vielmehr ist unter Erwerbsfähigkeit die Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige (nicht nur kurzfristig ausgeübte) Tätigkeit weiter ausüben zu können (BSG a. a. O.). Daher ist vorliegend für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit auf die zuletzt langjährig von 2007 bis 2014 ausgeübte Tätigkeit des Ast abzustellen. Hierbei handelt es sich um eine kaufmännische Tätigkeit, d.h. um eine Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter (ohne IHK-Abschluss). Dieser Tätigkeit waren auch entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen in Form eines Computerlehrganges sowie einer Weiterbildung mit dem Schwerpunkt Rechnungswesen für Bürokaufleute vorausgegangen. Laut § 3 Nr. 1 des Arbeitsvertrages vom 30. April 2007 war der Ast zur Unterstützung und Entlastung des Kundendienstleiters als Angestellter im Service-/Wartungsbereich von der GST GmbH eingestellt worden. Der Ast selbst hat seine letzte Tätigkeit mal als "Kaufmann für Bürokommunikation" (vgl. Antrag vom 06. Mai 2014 auf Anschlussheilbehandlung bzw. medizinische Reha), mal als "Technischer Kaufmann/Administrator Störungsannahme" (vgl. Lebenslauf vom 10. Juni 2014) bezeichnet. Während der medizinischen Reha bei der H Klinik A hat er darauf hingewiesen, dass er ganztägig am PC gearbeitet und allgemeine kaufmännische Arbeiten verrichtet habe, die mit Verantwortung und Führungsaufgaben sowie vielen Dienstreisen verbunden gewesen seien.
Ausgehend von einer Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter (ohne IHK-Abschluss) ist eine Minderung oder erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Klägers aus Krankheitsgründen derzeit nicht belegbar. Soweit im Reha-Bericht der H Klinik A von einem aufgehobenen Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit ausgegangen wird, wird dies nur mit dem vom Ast für den konkreten Arbeitsplatz geschilderten besonderen Bedingungen (hoher Zeitdruck, hohe Stressbelastung, hohe Anforderung an das Sehvermögen) jedoch nicht unter Heranziehung der auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für diese Tätigkeit typischen Anforderungen begründet. Mit dem dort beschriebenen vollschichtigen Leistungsvermögen des Ast für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Gefährdung durch Kälte, Nässe und Zugluft, ohne hohen Zeitdruck, ohne hohe Stressbelastung und ohne besonders hohe Anforderungen an das Sehvermögen kann der Ast jedoch ohne weiteres Tätigkeiten als kaufmännischer Angestellter auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten, da diese – wie auch die von ihm anvisierte Tätigkeit als Verwaltungsfachangestellter – nicht regelhaft mit hohem Zeitdruck, hoher Stressbelastung und besonders hohen Anforderungen an das Sehvermögen verbunden sind. Nicht nachvollziehbar ist die im Reha-Bericht vom 01. August 2014 angenommene Leistungseinschränkung des Ast für (ganztägige) Bildschirmarbeit. So ist nicht erkennbar, dass in der internistisch-onkologisch ausgerichteten Reha augenärztliche Untersuchungen stattgefunden haben. Im Reha-Bericht fehlt es an qualifizierten ophthalmologischen Befunden zu Art und Umfang der Einschränkung der Sehfähigkeit des Ast. Maßgeblich für die Beurteilung der Sehfähigkeit sind nicht allein die bisher nicht konkret festgestellten Einschränkungen am erkrankten und behandelten linken Auge des Ast sondern die auf beiden Augen bestehende Sehfähigkeit unter Berücksichtigung des Aspekts der Gewöhnung bei einer evtl. andauernden teilweisen funktionellen Einäugigkeit. Schließlich verfügt der Ast über einen Visus von 1,0 auf dem rechten Auge (vgl. Bericht des C Centrums für Augenheilkunde vom 03. Mai 2014). Soweit Anfang Mai 2014 für das linke Auge noch ein durch die intravitreale Triamcinolon-Injektion gebesserter Visus von 0,5 berichtet wurde (vgl. Bericht des C Centrums für Augenheilkunde vom 03. Mai 2014), deuten die Angaben des Ast, nur noch ein kleines bisschen verschwommen zu sehen, darauf hin, dass sich die Sehfähigkeit des linken Auges weiter erholt haben dürfte, zumal im Oktober 2014 noch eine Laserbehandlung sowie der Einsatz einer künstlichen Linse geplant waren. Aus der Anerkennung eines GdB von 50 kann vorliegend nicht auf die tatsächliche Sehfähigkeit des Ast geschlossen werden, da nach Entfernung eines malignen Augentumors in den ersten fünf Jahren einer Heilungsbewährung ein GdB von 50 ohne weitere Prüfung der Sehfähigkeit angenommen wird (vgl. Teil B Zif. 4.8 der Anlage 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. September 2008 i. d. F. vom 17. Dezember 2010, BGBl. I 2124). Ob beim Ast wegen der Erkrankung des linken Auges nach Abschluss aller Behandlungsmaßnahmen eine für die Erwerbsfähigkeit als kaufmännischer Angestellter relevante Einschränkung des Sehvermögens vorliegt, kann ohne Beiziehung der Befunde der behandelnden Augenärzte und Durchführung einer augenärztlichen Begutachtung nicht festgestellt werden. Hierbei wäre auch zu berücksichtigen, dass gerade die Bildschirmarbeit technische Ausgleichsmöglichkeiten für Sehfähigkeitseinschränkungen bietet (z. B. durch Vergrößerungssoftware, verbesserte Kontrasteinstellungen etc.) und daher die Frage des Ausschlusses einer ganztägigen Bildschirmarbeit einer besonders sorgfältigen Begründung bedarf.
Da - wie gezeigt - bereits dem Grunde nach kein Anspruch auf Gewährung von LTA besteht, hat der Eilrechtsschutzantrag nicht nur mit seinem Hauptantrag, sondern auch mit seinen Hilfsanträgen keinen Erfolg.
Vorsorglich wird auf Folgendes hingewiesen: Der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vom Ast geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von LTA in Form einer Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten scheitert, wie bereits das SG C dargelegt hat, jedenfalls auch daran, dass die Ageg über eine konkrete Rehabilitationsleistung überhaupt noch nicht entschieden, vielmehr ihre Leistungspflicht bereits wegen Fehlens der persönlichen Voraussetzungen verneint und somit kein vom Gericht zu überprüfendes Ermessen hinsichtlich der näheren Umstände der Rehabilitationsleistung ausgeübt hat. Dem Gericht ist es verwehrt, sein eigenes Ermessen anstelle des vom Versicherungsträger auszuübenden Verwaltungsermessens zu setzen. Eine Verpflichtung der Ageg zur Gewährung der vom Ast begehrten Umschulungsmaßnahme käme vorliegend nur in Betracht, wenn - bei uneingeschränkter Bejahung der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen - eine "Ermessensreduzierung auf Null" gegeben wäre. Erforderlich hierfür ist, dass das Ermessen nur in einem bestimmten Sinne ausgeübt werden kann und jede andere Entscheidung fehlerhaft wäre (siehe hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rn. 28 bis 29). Eine "Ermessensreduzierung auf Null" ist hier nicht erkennbar. So hat der Rentenversicherungsträger im Wege der nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI anzustellenden Einzelfallprüfung unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Teilhabeleistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen. Des Weiteren sind bei der Auswahl der Leistungen gemäß § 16 SGB VI i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB IX Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit des Versicherten sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen zu berücksichtigen. Der vorliegende Sachverhalt gibt schon deshalb nichts für eine Ermessensreduzierung auf Null her, weil der Ast über eine weitere berufliche Qualifizierung verfügt, die es ihm in wesentlich kürzerer Zeit ermöglicht, einen kaufmännischen Berufsabschluss zu erlangen. So hat er erfolgreich den Lehrgang zum "Geprüften Wirtschaftsfachwirt" abgeschlossen und müsste nur noch die entsprechende Prüfung bei der IHK ablegen.
Eine Eilbedürftigkeit, d.h. ein Anordnungsgrund für die einer Vorwegnahme der Hauptsache gleichkommenden Gewährung der begehrten LTA im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, ist ebenfalls nicht gegeben. In einer einstweiligen Anordnung darf nicht unter Ausnutzung der erleichterten Prüfung der Sach- und Rechtslage das Ergebnis eines eventuellen Hauptsacheverfahrens vorweggenommen werden, denn sonst würden die Ast das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Umgehung eines Hauptsacheverfahrens nutzen können, zumal häufig eine Rückabwicklung der Leistungen sich später wirtschaftlich als wenig erfolgversprechend darstellt. Eine Ausnahme von diesem Verbot ist nur dann geboten, wenn ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit für den Erfolg des Begehrens in einem Hauptsacheverfahren besteht und sonst durch den Zeitablauf für den Ast schwere und unzumutbare Nachteile drohen, die später nicht oder nur schwerlich wieder gut gemacht werden könnten (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16. Oktober 2006 – L 12 AL 2002/06 ER -, in Juris m.w.N.). Vorliegend fehlt es bereits an der hierfür geforderten Erfolgsaussicht des Begehrens im Hauptsacheverfahren. Zudem ist nicht ersichtlich, dass ein Abwarten der Entscheidung im Hauptsacheverfahren für den Ast zu einer existenziellen Bedrohung führen könnte. Schwierigkeiten bei der Findung eines neuen Arbeitsplatzes am Wohnort aufgrund der dort angespannten Arbeitsmarktlage reichen noch nicht aus, um eine existenzielle Bedrohung zu begründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde ans Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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