Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 10 AS 464/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 31/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 11/15 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 9. Juli 2012 wird zurückgewiesen. Die während des Berufungsverfahrens erhobene Klage wird abgewiesen. Kosten auch des Verfahrens vor dem Landessozialgericht sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt unter Fortführung eines auf die Bescheidung eines Widerspruchs gerichteten Klageverfahrens die Feststellung, dass das Verfahren durch angenommenes Anerkenntnis in der Hauptsache erledigt ist und die Feststellung, dass die Beklagte den Widerspruch des Klägers ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Frist beschieden habe.
Dem Kläger wurden mit Bescheid vom 12. Oktober 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, Arbeitslosengeld II, für den Zeitraum von Oktober 2011 bis März 2012 gewährt. Dabei hat sie Zuschüsse zu den Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers nicht berücksichtigt. Am 20. Oktober 2011 erhob der Kläger dagegen Widerspruch und machte die Gewährung von Zuschüssen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in monatlicher Höhe von etwas mehr als EUR monatlich für den Sechsmonatszeitraum von Oktober 2011 bis März 2012 geltend. Die Beklagte erließ den Änderungsbescheid vom 27. Dezember 2011 und gewährte die Beitragszuschüsse zu den Versicherungen.
Der Kläger erhob am 20. Januar 2012 Untätigkeitsklage. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 27. Februar 2012 den Widerspruchsbescheid erteilt. Nach Erlass des Änderungsbescheides sei der Widerspruch nicht mehr begründet. Den Erlass des Widerspruchsbescheides hat der anwaltlich vertretene Kläger als Anerkenntnis angenommen, zudem eine Erledigungserklärung und eine Umdeutung der Prozesserklärung ausdrücklich abgelehnt.
Mit Gerichtsbescheid vom 9. Juli 2012 hat das Sozialgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Für die Klage fehle nach Erledigung das Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger habe die erforderliche Erledigungserklärung nicht abgegeben. Ein Anerkenntnis sei nicht abgegeben worden, weil die Beklagte eine solche Prozesserklärung nicht geäußert habe. Auf den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18. Juli 2012 sowohl die mündliche Verhandlung beantragt wie auch Berufung eingelegt. Mit dem Beschluss vom 20. September 2012 hat das Sozialgericht den Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung abgelehnt, weil dieser Rechtsbehelf angesichts der Berufungsfähigkeit der Beschwer nicht statthaft sei. Der Kläger verfolgt die Berufung weiter.
Der Kläger beantragt,
a) festzustellen, dass das Verfahren durch angenommenes Anerkenntnis in der Hauptsache erledigt ist, b) im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage festzustellen, dass die Beklagte den Widerspruch der Klägerseite ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden hat.
Die Beklagte hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 124 Abs 2, 155 Abs 3, 4 SGG erklärt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze und den Akteninhalt gemäß § 136 Abs 2 SGG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann gemäß §§ 124 Abs 2, 155 Abs 3, 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben.
Berufung und Klage haben keinen Erfolg. Die noch verfolgten Feststellungsklagen sind jeweils unzulässig.
Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens war eine auf Erlass einer Widerspruchsentscheidung gerichtete Untätigkeitsklage. Diese war im Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts unzulässig, weil eine entsprechende Behördenentscheidung vorlag und damit durch Erledigung der Hauptsache ein Rechtsschutzinteresse nicht mehr bestand. Dies hat das Sozialgericht zutreffend erkannt. Dabei ist es unerheblich, ob auf den Änderungsbescheid oder den Widerspruchsbescheid abgestellt wird. Im Berufungsverfahren hat der Kläger die Klage jedoch auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. Dies ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung entsprechend § 131 Abs 1 Satz 3 SGG zulässig (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer: SGG, 11. Aufl., § 88 RdNr 11 mwN, insbesondere auf BSGE 73, 244, 245f), stellt keine Klageänderung i.S.d. § 99 SGG dar (Leitherer ebd § 99 RdNr 3a) und kann grundsätzlich auch noch im Berufungsverfahren erfolgen.
Die Erklärung des Klägers, er nehme das durch Erlass des Bescheides konkludent erklärte Anerkenntnis der Beklagten an, hat die Untätigkeitsklage nicht erledigt. Diese bestand fort, so dass eine Umstellung in eine Fortsetzungsfeststellungsklage grundsätzlich in Betracht kam.
Der Kläger hat eine Untätigkeitsklage im Sinne von § 88 SGG sowohl ausdrücklich der Bezeichnung nach als auch seinem Begehren entsprechend, Verurteilung der Beklagten zum Erlass einer Entscheidung auf seinen Widerspruch, erhoben. Nach § 88 Abs 1 Satz 1 SGG ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig, wenn ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann (Satz 2). Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären (Satz 3). Das gleiche gilt nach § 88 Abs 2 SGG, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.
Weder nach Erlass des Änderungsbescheides noch nach Erteilung des Widerspruchsbescheides hat der Kläger, wie § 88 Abs 1 Satz 3 SGG dies ausdrücklich für die Fälle der Fristsetzung nach Satz 2 vorsieht, die Hauptsache für erledigt erklärt.
Ist die Untätigkeitsklage nach Ablauf der Sperrfrist (im Falle eines Widerspruches von drei Monaten) erhoben und ergeht ein Bescheid (im Falle eines Widerspruches ein Abhilfebescheid), der dem Widerspruch stattgibt, oder ein Widerspruchsbescheid, einerlei ob vom Gericht eine Frist gesetzt worden ist oder nicht, ist die Hauptsache für erledigt zu erklären. Die einseitige Erledigungserklärung des Klägers ist dabei ausreichend, denn das SGG gibt dem Kläger auch die Möglichkeit, seine Klage einseitig (§ 102 SGG) mit der Folge zurückzunehmen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Gibt der Kläger eine solche Erledigungserklärung nicht ab (und nimmt auch seine Untätigkeitsklage nicht zurück), ist die Klage als unzulässig abzuweisen, weil kein Rechtsschutzbedürfnis mehr gegeben ist, denn den mit der Untätigkeitsklage begehrten Bescheid hat er erhalten. Der Kläger kann allerdings zur Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG übergehen (Leitherer ebd § 88 RdNr 11). Der Kläger kann aber auch innerhalb der Klagefrist des § 87 Abs. 1 SGG zur Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage übergehen, wenn ein (für ihn ungünstiger) Widerspruchsbescheid ergangen ist (Leitherer ebd RdNr 12a). Sieht man die Untätigkeitsklage des § 88 SGG nicht ausschließlich als eine Bescheidungsklage an (so jedoch die g.h.M.: vgl. Leitherer ebd RdNr. 9b) oder ist der Kläger ausnahmsweise nicht auf eine (reine) Bescheidungsklage beschränkt, kann der Kläger, auch ohne dass eine Klageänderung vorläge, seine Untätigkeitsklage auf eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage umstellen. Macht der Kläger davon keinen Gebrauch, wird also die Untätigkeitsklage weiterverfolgt, ist sie mangels Rechtsschutzbedürfnisses ebenfalls als unzulässig abzuweisen, denn den mit der Untätigkeitsklage begehrten Bescheid hat er erhalten.
Eine Erledigungserklärung liegt nicht vor. Der Kläger hat ausdrücklich erklärt, eine solche nicht abgeben zu wollen. Die Untätigkeitsklage ist auch nicht in anderer Weise durch eine Prozesserklärung des Klägers in der Hauptsache erledigt worden.
Ein angenommenes Anerkenntnis i.S.d. § 101 Abs 2 SGG liegt nicht vor. Es fehlt bereits an einem Anerkenntnis.
§ 101 Abs 2 SGG bestimmt, dass das angenommene Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.
Beim Anerkenntnis handelt es sich um eine Prozesshandlung, die den Anforderungen an eine solche genügen muss (Leitherer a.a.O., § 101 RdNr 21). Eine Prozesshandlung ist eine vom Willen getragene Erklärung, die als prozessgestaltende Betätigung auf einen bestimmten Erfolg gerichtet ist; eine solche Erklärung kann auch durch schlüssiges Verhalten geäußert werden (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer: SGG, 11. Aufl., vor § 60 RdNr 10 und 11a). Das Anerkenntnis stellt das im Wege einseitiger Erklärung gegebene uneingeschränkte Zugeständnis dar, dass der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch besteht. Es ist gegenüber dem Gericht, nicht gegenüber dem Kläger abzugeben. Ob ein Anerkenntnis gewollt ist, ist durch Auslegung zu ermitteln (Leitherer a.a.O. § 101 RdNr 20 und 21 mwN).
Die Annahme des Anerkenntnisses ist gleichfalls Prozesshandlung. Sie muss vom Kläger erklärt werden (Leitherer ebd RdNr 22). Als Prozesshandlung muss sie gegenüber dem Gericht abgegeben werden. Ob eine Annahme vorliegt, kann sich mittels Auslegung ergeben.
Die Beklagte hat ein Anerkenntnis zum mit der Klage geltend gemachten Anspruch weder ausdrücklich noch durch schlüssiges Verhalten abgegeben.
Weder die Erteilung des Widerspruchsbescheides, noch die Mitteilung der Beklagten gegenüber dem Sozialgericht, dass der auch an den Klägerbevollmächtigten versandt wurde, stellen ein Anerkenntnis dar. Noch weniger gilt dies für den noch im Widerspruchsverfahren erteilten Änderungsbescheid, der in der Sache einen Abhilfebescheid darstellt.
Der Erlass des Widerspruchsbescheides kann nicht als Anerkenntnis ausgelegt werden. Es handelt sich – bezogen auf den Prozessgegenstand - um die Vornahme einer tatsächlichen, das Prozessbegehren erfüllenden Handlung und damit prozessrechtlich um einen Realakt und nicht um eine prozessuale Willenserklärung.
Die prozessuale Willenserklärung ist eine Willensäußerung, die auf die Erzielung einer konkreten prozessrechtlichen Rechtsfolge gerichtet ist. Realakte sind Handlungen, an welche die Rechtsordnung unabhängig von einem entsprechenden Willen des Handelnden Rechtsfolgen knüpft. Im Gegensatz zu den Willenserklärungen, bei denen der Rechtserfolg eintritt, weil er gewollt ist, schließen sich an Realakte die Rechtswirkungen an, gleichgültig ob sie vom Handelnden gewollt oder nicht gewollt sind. Realakt und Willenserklärung schließen mithin einander gegenseitig aus (vgl. BSG, Urteil vom 23.10.2003, B 4 RA 27/03 R; Beschluss vom 27.06.2012, B 6 KA 65/11 B).
Die Erteilung eines Widerspruchsbescheides, auch wenn sie inhaltlich als Verwaltungsakt selbstverständlich eine Erklärung darstellt, ist prozessrechtlich schlicht die Erfüllung des prozessualen Begehrens, das bei der Untätigkeitsklage eben auf Abgabe einer Behördenerklärung gerichtet ist, und daher prozessrechtlich als tatsächliche Handlung ein Realakt, nicht jedoch prozessuale Willenserklärung und somit keine Prozesshandlung. Die mit der Erteilung des Widerspruchsbescheides eintretende Rechtsfolge, der Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses des Klägers für die Untätigkeitsklage durch die Erfüllung des prozessualen Verlangens, tritt tatsächlich ein, ohne dass dieser Effekt vom Willen der Behörde abhängig wäre.
Mithin kann in der Erteilung des Widerspruchsbescheides, ohne zu den Gründen der Untätigkeit etwas vorzutragen, ebenfalls kein Anerkenntnis enthalten sein. Stellt die Erteilung des Widerspruchsbescheides schon keine prozessuale Willenserklärung dar, kann eine solche erst recht nicht in einem Schweigen, insbesondere zu den Gründen der Untätigkeit, enthalten sein.
Ungeachtet dessen wurde der Widerspruchsbescheid unmittelbar gegenüber dem Kläger bzw. seinem Prozessbevollmächtigten erteilt, so dass ein Anerkenntnis schon deswegen ausscheidet, weil die Handlung nicht gegenüber dem Gericht vorgenommen worden ist. Die Mitteilung des Erlasses des Widerspruchsbescheides "zur Kenntnis" an das Sozialgericht enthielt keine prozessuale Erklärung gegenüber dem Gericht, sondern hatte ebenfalls reinen tatsächlichen Charakter, nämlich die bloße Kenntnisverschaffung beim Sozialgericht über Aspekte der tatsächlichen Entwicklung, die Bezug zum Streitgegenstand hatten. Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte damit eine unmittelbare Folge für das Prozessrechtsverhältnis setzen wollte. Sie hat noch nicht einmal eine Rechtsansicht zum Fortbestand der Klageforderung geäußert.
Fehlt es somit an einem Anerkenntnis der Beklagten, kann die vom Kläger erklärte Annahme eines nicht existierenden Anerkenntnisses den Rechtsstreit in der Hauptsache, also den mit der Untätigkeitsklage geltend gemachten Anspruch, nicht nach § 101 Abs 2 SGG erledigt haben.
Die rechtlich unwirksame Annahmeerklärung des Klägers ist vorliegend auch nicht als Klagerücknahme auslegungsfähig.
Eine Klagerücknahme braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden. Sie ist auch konkludent möglich. Allerdings muss die Klagerücknahme eindeutig sein (BSG, Urteil vom 12.06.1992, 11 RAr 139/90). Bei Unklarheit muss das Gericht für eine eindeutige Erklärung sorgen (Leitherer a.a.O., § 102 RdNr 7b). Ebenso wie die Annahme eines Anerkenntnisses ist die Klagerücknahme (bzw. die einseitige Erledigungserklärung) Prozesshandlung und auf die Erledigung der Hauptsache gerichtet. Beide Rechtsinstitute unterscheiden sich dabei lediglich darin, dass dieser Erfolg im letztgenannten Fall durch eine einseitige Willenserklärung herbeigeführt wird, während im erstgenannten Fall eine zuvor geäußerte inhaltlich übereinstimmende Erklärung des Prozessgegners erforderlich ist. Angesichts dessen stehen regelmäßig der Auslegung einer unwirksamen Annahme eines Anerkenntnisses in eine wirksame Klagerücknahme (bzw. einseitige Erledigungserklärung) keine Bedenken entgegen.
Dies gilt allerdings eingeschränkt, wenn ein rechtskundig vertretener Kläger eine bestimmte Art einer Erklärung wählt, mit der das damit verfolgte Ziel nicht erreicht werden kann. Dies gilt insbesondere bei einem durch einen Rechtsanwalt vertretenen Kläger, denn es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass einem Rechtsanwalt die Unterschiede zwischen der Annahme eines Anerkenntnisses und einer Klagerücknahme (bzw. einer einseitigen Erledigungserklärung) und insbesondere auch § 88 Abs. 1 Satz 3 SGG, wonach nach Erlass des Widerspruchsbescheides die Hauptsache für erledigt zu erklären ist, bekannt sind. Weicht ein solcher Kläger mit der von ihm gewählten Art der Erklärung von der üblichen bzw. der im Gesetz vorgesehenen Erklärung ab, kann nicht ohne Weiteres unterstellt werden, es handele sich dabei um ein (unbeachtliches) Versehen. Vielmehr ist, wenn mit der gewählten Art der Erklärung das vom Kläger ersichtlich angestrebte Ziel nicht zu erreichen ist, bei einer solchen Unklarheit eine eindeutige Erklärung zur Klarstellung herbeizuführen. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass ein solcher Kläger, aus welchen Gründen auch immer, nur die von ihm gewählte Erklärung, vorliegend also die Annahme des Anerkenntnisses, nicht jedoch eine andere Erklärung, nämlich eine Klagerücknahme (bzw. eine einseitige Erledigungserklärung), hat abgeben wollen. Solange diese Unklarheit besteht, ist die Auslegung einer unwirksamen Annahme eines Anerkenntnisses in eine Klagerücknahme (bzw. einseitige Erledigungserklärung) mangels Eindeutigkeit ausgeschlossen. Kein Spielraum für eine Auslegung verbleibt, wenn der rechtskundig vertretene Kläger seine Erklärung von vornherein oder klarstellend später mit der Bestimmung versieht, dass eine andere Auslegung oder ein Umdeutung ausgeschlossen würden.
Im vorliegenden Fall hat der Rechtsanwalt des Klägers ausdrücklich ein "konkludent erklärtes Anerkenntnis" angenommen und ebenfalls ausdrücklich erklärt, eine Erledigungserklärung nicht abzugeben und einer Umdeutung zu widersprechen. Damit ist einer Auslegung als Erledigungserklärung oder Klagerücknahme der Boden entzogen. Unter diesen Umständen fehlt es an einer wirksamen prozessbeendenden Erklärung, so dass der Rechtsstreit nicht beendet wurde. Ob der Kläger davon ausgeht, dass der Rechtsstreit beendet sei, ist unerheblich, denn allein eine unzutreffende Rechtsansicht darüber führt noch nicht zur Beendigung eines Verfahrens. Die Untätigkeitsklage war damit weiterhin anhängig und konnte im Grundsatz auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt werden.
Allerdings ist auch die Fortsetzungsfeststellungsklage unzulässig. Das insofern erforderliche Feststellungsinteresse ist nicht behauptet oder sonst ersichtlich. Dass eine Sachentscheidung nicht innerhalb der Sperrfrist des § 88 Abs 2 SGG getroffen wurde, ist nicht einmal behauptet. Es ist auch sonst nicht erkennbar, inwieweit ein berechtigtes Interesse entsprechend § 131 Abs 1 Satz 3 SGG an der Feststellung bestehen könnte. Zu einer Wiederholungsgefahr, irgendwelchen Amtshaftungsansprüchen, einem tiefgreifenden Eingriff in ein Grundrecht oder einem Rehabilitierungsinteresse ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich.
Schließlich sei angemerkt, dass im Übrigen der ursprünglich erhobenen Untätigkeitsklage bereits die Klagebefugnis nach § 54 Abs 2 Satz 2 und Abs 2 SGG gefehlt haben dürfte, denn bereits bei Klageerhebung lag durch Erlass des Änderungsbescheides keine vom Kläger behauptete Beschwer mehr vor. Die Untätigkeitsklage nach § 88 SGG ist Fall der Verpflichtungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1 Var. 2 SGG. Diese ist nach § 54 Abs 1 Satz 2 SGG nur zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch die Unterlassung eines Verwaltungsaktes beschwert zu sein. Welche Beschwer nach Erteilung des Änderungsbescheides noch verblieben oder auch nur denkbar sein soll, wurde nicht vorgetragen.
Die vor dem Senat mit Schreiben vom 13. April 2014 vorgenommene Erweiterung der Klage ist unzulässig. Die nunmehr auch verfolgte Feststellungsklage, die Beendigung des Rechtsstreites durch angenommenes Anerkenntnis festzustellen, war nicht Gegenstand der Entscheidung des Sozialgerichts. Sie kann deshalb nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens sein. Als erweiterte Klage ist sie unzulässig. Die Beklagte hat sich zwar auf die Klägeänderung eingelassen. Diese ist indes nicht zulässig, weil ein Feststellungsinteresse gemäß § 55 SGG nicht behauptet oder sonst ersichtlich ist. Abgesehen davon bestünde der behauptete Feststellungsanspruch schon aus den oben stehenden Gründen nicht, weil der Rechtsstreit nicht durch angenommenes Anerkenntnis erledigt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG und entspricht der Erfolglosigkeit der Rechtsverfolgung durch den Kläger.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt unter Fortführung eines auf die Bescheidung eines Widerspruchs gerichteten Klageverfahrens die Feststellung, dass das Verfahren durch angenommenes Anerkenntnis in der Hauptsache erledigt ist und die Feststellung, dass die Beklagte den Widerspruch des Klägers ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Frist beschieden habe.
Dem Kläger wurden mit Bescheid vom 12. Oktober 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, Arbeitslosengeld II, für den Zeitraum von Oktober 2011 bis März 2012 gewährt. Dabei hat sie Zuschüsse zu den Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers nicht berücksichtigt. Am 20. Oktober 2011 erhob der Kläger dagegen Widerspruch und machte die Gewährung von Zuschüssen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in monatlicher Höhe von etwas mehr als EUR monatlich für den Sechsmonatszeitraum von Oktober 2011 bis März 2012 geltend. Die Beklagte erließ den Änderungsbescheid vom 27. Dezember 2011 und gewährte die Beitragszuschüsse zu den Versicherungen.
Der Kläger erhob am 20. Januar 2012 Untätigkeitsklage. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 27. Februar 2012 den Widerspruchsbescheid erteilt. Nach Erlass des Änderungsbescheides sei der Widerspruch nicht mehr begründet. Den Erlass des Widerspruchsbescheides hat der anwaltlich vertretene Kläger als Anerkenntnis angenommen, zudem eine Erledigungserklärung und eine Umdeutung der Prozesserklärung ausdrücklich abgelehnt.
Mit Gerichtsbescheid vom 9. Juli 2012 hat das Sozialgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Für die Klage fehle nach Erledigung das Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger habe die erforderliche Erledigungserklärung nicht abgegeben. Ein Anerkenntnis sei nicht abgegeben worden, weil die Beklagte eine solche Prozesserklärung nicht geäußert habe. Auf den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18. Juli 2012 sowohl die mündliche Verhandlung beantragt wie auch Berufung eingelegt. Mit dem Beschluss vom 20. September 2012 hat das Sozialgericht den Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung abgelehnt, weil dieser Rechtsbehelf angesichts der Berufungsfähigkeit der Beschwer nicht statthaft sei. Der Kläger verfolgt die Berufung weiter.
Der Kläger beantragt,
a) festzustellen, dass das Verfahren durch angenommenes Anerkenntnis in der Hauptsache erledigt ist, b) im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage festzustellen, dass die Beklagte den Widerspruch der Klägerseite ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden hat.
Die Beklagte hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 124 Abs 2, 155 Abs 3, 4 SGG erklärt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze und den Akteninhalt gemäß § 136 Abs 2 SGG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann gemäß §§ 124 Abs 2, 155 Abs 3, 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben.
Berufung und Klage haben keinen Erfolg. Die noch verfolgten Feststellungsklagen sind jeweils unzulässig.
Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens war eine auf Erlass einer Widerspruchsentscheidung gerichtete Untätigkeitsklage. Diese war im Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts unzulässig, weil eine entsprechende Behördenentscheidung vorlag und damit durch Erledigung der Hauptsache ein Rechtsschutzinteresse nicht mehr bestand. Dies hat das Sozialgericht zutreffend erkannt. Dabei ist es unerheblich, ob auf den Änderungsbescheid oder den Widerspruchsbescheid abgestellt wird. Im Berufungsverfahren hat der Kläger die Klage jedoch auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. Dies ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung entsprechend § 131 Abs 1 Satz 3 SGG zulässig (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer: SGG, 11. Aufl., § 88 RdNr 11 mwN, insbesondere auf BSGE 73, 244, 245f), stellt keine Klageänderung i.S.d. § 99 SGG dar (Leitherer ebd § 99 RdNr 3a) und kann grundsätzlich auch noch im Berufungsverfahren erfolgen.
Die Erklärung des Klägers, er nehme das durch Erlass des Bescheides konkludent erklärte Anerkenntnis der Beklagten an, hat die Untätigkeitsklage nicht erledigt. Diese bestand fort, so dass eine Umstellung in eine Fortsetzungsfeststellungsklage grundsätzlich in Betracht kam.
Der Kläger hat eine Untätigkeitsklage im Sinne von § 88 SGG sowohl ausdrücklich der Bezeichnung nach als auch seinem Begehren entsprechend, Verurteilung der Beklagten zum Erlass einer Entscheidung auf seinen Widerspruch, erhoben. Nach § 88 Abs 1 Satz 1 SGG ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig, wenn ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann (Satz 2). Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären (Satz 3). Das gleiche gilt nach § 88 Abs 2 SGG, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.
Weder nach Erlass des Änderungsbescheides noch nach Erteilung des Widerspruchsbescheides hat der Kläger, wie § 88 Abs 1 Satz 3 SGG dies ausdrücklich für die Fälle der Fristsetzung nach Satz 2 vorsieht, die Hauptsache für erledigt erklärt.
Ist die Untätigkeitsklage nach Ablauf der Sperrfrist (im Falle eines Widerspruches von drei Monaten) erhoben und ergeht ein Bescheid (im Falle eines Widerspruches ein Abhilfebescheid), der dem Widerspruch stattgibt, oder ein Widerspruchsbescheid, einerlei ob vom Gericht eine Frist gesetzt worden ist oder nicht, ist die Hauptsache für erledigt zu erklären. Die einseitige Erledigungserklärung des Klägers ist dabei ausreichend, denn das SGG gibt dem Kläger auch die Möglichkeit, seine Klage einseitig (§ 102 SGG) mit der Folge zurückzunehmen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Gibt der Kläger eine solche Erledigungserklärung nicht ab (und nimmt auch seine Untätigkeitsklage nicht zurück), ist die Klage als unzulässig abzuweisen, weil kein Rechtsschutzbedürfnis mehr gegeben ist, denn den mit der Untätigkeitsklage begehrten Bescheid hat er erhalten. Der Kläger kann allerdings zur Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG übergehen (Leitherer ebd § 88 RdNr 11). Der Kläger kann aber auch innerhalb der Klagefrist des § 87 Abs. 1 SGG zur Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage übergehen, wenn ein (für ihn ungünstiger) Widerspruchsbescheid ergangen ist (Leitherer ebd RdNr 12a). Sieht man die Untätigkeitsklage des § 88 SGG nicht ausschließlich als eine Bescheidungsklage an (so jedoch die g.h.M.: vgl. Leitherer ebd RdNr. 9b) oder ist der Kläger ausnahmsweise nicht auf eine (reine) Bescheidungsklage beschränkt, kann der Kläger, auch ohne dass eine Klageänderung vorläge, seine Untätigkeitsklage auf eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage umstellen. Macht der Kläger davon keinen Gebrauch, wird also die Untätigkeitsklage weiterverfolgt, ist sie mangels Rechtsschutzbedürfnisses ebenfalls als unzulässig abzuweisen, denn den mit der Untätigkeitsklage begehrten Bescheid hat er erhalten.
Eine Erledigungserklärung liegt nicht vor. Der Kläger hat ausdrücklich erklärt, eine solche nicht abgeben zu wollen. Die Untätigkeitsklage ist auch nicht in anderer Weise durch eine Prozesserklärung des Klägers in der Hauptsache erledigt worden.
Ein angenommenes Anerkenntnis i.S.d. § 101 Abs 2 SGG liegt nicht vor. Es fehlt bereits an einem Anerkenntnis.
§ 101 Abs 2 SGG bestimmt, dass das angenommene Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.
Beim Anerkenntnis handelt es sich um eine Prozesshandlung, die den Anforderungen an eine solche genügen muss (Leitherer a.a.O., § 101 RdNr 21). Eine Prozesshandlung ist eine vom Willen getragene Erklärung, die als prozessgestaltende Betätigung auf einen bestimmten Erfolg gerichtet ist; eine solche Erklärung kann auch durch schlüssiges Verhalten geäußert werden (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer: SGG, 11. Aufl., vor § 60 RdNr 10 und 11a). Das Anerkenntnis stellt das im Wege einseitiger Erklärung gegebene uneingeschränkte Zugeständnis dar, dass der mit der Klage geltend gemachte prozessuale Anspruch besteht. Es ist gegenüber dem Gericht, nicht gegenüber dem Kläger abzugeben. Ob ein Anerkenntnis gewollt ist, ist durch Auslegung zu ermitteln (Leitherer a.a.O. § 101 RdNr 20 und 21 mwN).
Die Annahme des Anerkenntnisses ist gleichfalls Prozesshandlung. Sie muss vom Kläger erklärt werden (Leitherer ebd RdNr 22). Als Prozesshandlung muss sie gegenüber dem Gericht abgegeben werden. Ob eine Annahme vorliegt, kann sich mittels Auslegung ergeben.
Die Beklagte hat ein Anerkenntnis zum mit der Klage geltend gemachten Anspruch weder ausdrücklich noch durch schlüssiges Verhalten abgegeben.
Weder die Erteilung des Widerspruchsbescheides, noch die Mitteilung der Beklagten gegenüber dem Sozialgericht, dass der auch an den Klägerbevollmächtigten versandt wurde, stellen ein Anerkenntnis dar. Noch weniger gilt dies für den noch im Widerspruchsverfahren erteilten Änderungsbescheid, der in der Sache einen Abhilfebescheid darstellt.
Der Erlass des Widerspruchsbescheides kann nicht als Anerkenntnis ausgelegt werden. Es handelt sich – bezogen auf den Prozessgegenstand - um die Vornahme einer tatsächlichen, das Prozessbegehren erfüllenden Handlung und damit prozessrechtlich um einen Realakt und nicht um eine prozessuale Willenserklärung.
Die prozessuale Willenserklärung ist eine Willensäußerung, die auf die Erzielung einer konkreten prozessrechtlichen Rechtsfolge gerichtet ist. Realakte sind Handlungen, an welche die Rechtsordnung unabhängig von einem entsprechenden Willen des Handelnden Rechtsfolgen knüpft. Im Gegensatz zu den Willenserklärungen, bei denen der Rechtserfolg eintritt, weil er gewollt ist, schließen sich an Realakte die Rechtswirkungen an, gleichgültig ob sie vom Handelnden gewollt oder nicht gewollt sind. Realakt und Willenserklärung schließen mithin einander gegenseitig aus (vgl. BSG, Urteil vom 23.10.2003, B 4 RA 27/03 R; Beschluss vom 27.06.2012, B 6 KA 65/11 B).
Die Erteilung eines Widerspruchsbescheides, auch wenn sie inhaltlich als Verwaltungsakt selbstverständlich eine Erklärung darstellt, ist prozessrechtlich schlicht die Erfüllung des prozessualen Begehrens, das bei der Untätigkeitsklage eben auf Abgabe einer Behördenerklärung gerichtet ist, und daher prozessrechtlich als tatsächliche Handlung ein Realakt, nicht jedoch prozessuale Willenserklärung und somit keine Prozesshandlung. Die mit der Erteilung des Widerspruchsbescheides eintretende Rechtsfolge, der Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses des Klägers für die Untätigkeitsklage durch die Erfüllung des prozessualen Verlangens, tritt tatsächlich ein, ohne dass dieser Effekt vom Willen der Behörde abhängig wäre.
Mithin kann in der Erteilung des Widerspruchsbescheides, ohne zu den Gründen der Untätigkeit etwas vorzutragen, ebenfalls kein Anerkenntnis enthalten sein. Stellt die Erteilung des Widerspruchsbescheides schon keine prozessuale Willenserklärung dar, kann eine solche erst recht nicht in einem Schweigen, insbesondere zu den Gründen der Untätigkeit, enthalten sein.
Ungeachtet dessen wurde der Widerspruchsbescheid unmittelbar gegenüber dem Kläger bzw. seinem Prozessbevollmächtigten erteilt, so dass ein Anerkenntnis schon deswegen ausscheidet, weil die Handlung nicht gegenüber dem Gericht vorgenommen worden ist. Die Mitteilung des Erlasses des Widerspruchsbescheides "zur Kenntnis" an das Sozialgericht enthielt keine prozessuale Erklärung gegenüber dem Gericht, sondern hatte ebenfalls reinen tatsächlichen Charakter, nämlich die bloße Kenntnisverschaffung beim Sozialgericht über Aspekte der tatsächlichen Entwicklung, die Bezug zum Streitgegenstand hatten. Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte damit eine unmittelbare Folge für das Prozessrechtsverhältnis setzen wollte. Sie hat noch nicht einmal eine Rechtsansicht zum Fortbestand der Klageforderung geäußert.
Fehlt es somit an einem Anerkenntnis der Beklagten, kann die vom Kläger erklärte Annahme eines nicht existierenden Anerkenntnisses den Rechtsstreit in der Hauptsache, also den mit der Untätigkeitsklage geltend gemachten Anspruch, nicht nach § 101 Abs 2 SGG erledigt haben.
Die rechtlich unwirksame Annahmeerklärung des Klägers ist vorliegend auch nicht als Klagerücknahme auslegungsfähig.
Eine Klagerücknahme braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden. Sie ist auch konkludent möglich. Allerdings muss die Klagerücknahme eindeutig sein (BSG, Urteil vom 12.06.1992, 11 RAr 139/90). Bei Unklarheit muss das Gericht für eine eindeutige Erklärung sorgen (Leitherer a.a.O., § 102 RdNr 7b). Ebenso wie die Annahme eines Anerkenntnisses ist die Klagerücknahme (bzw. die einseitige Erledigungserklärung) Prozesshandlung und auf die Erledigung der Hauptsache gerichtet. Beide Rechtsinstitute unterscheiden sich dabei lediglich darin, dass dieser Erfolg im letztgenannten Fall durch eine einseitige Willenserklärung herbeigeführt wird, während im erstgenannten Fall eine zuvor geäußerte inhaltlich übereinstimmende Erklärung des Prozessgegners erforderlich ist. Angesichts dessen stehen regelmäßig der Auslegung einer unwirksamen Annahme eines Anerkenntnisses in eine wirksame Klagerücknahme (bzw. einseitige Erledigungserklärung) keine Bedenken entgegen.
Dies gilt allerdings eingeschränkt, wenn ein rechtskundig vertretener Kläger eine bestimmte Art einer Erklärung wählt, mit der das damit verfolgte Ziel nicht erreicht werden kann. Dies gilt insbesondere bei einem durch einen Rechtsanwalt vertretenen Kläger, denn es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass einem Rechtsanwalt die Unterschiede zwischen der Annahme eines Anerkenntnisses und einer Klagerücknahme (bzw. einer einseitigen Erledigungserklärung) und insbesondere auch § 88 Abs. 1 Satz 3 SGG, wonach nach Erlass des Widerspruchsbescheides die Hauptsache für erledigt zu erklären ist, bekannt sind. Weicht ein solcher Kläger mit der von ihm gewählten Art der Erklärung von der üblichen bzw. der im Gesetz vorgesehenen Erklärung ab, kann nicht ohne Weiteres unterstellt werden, es handele sich dabei um ein (unbeachtliches) Versehen. Vielmehr ist, wenn mit der gewählten Art der Erklärung das vom Kläger ersichtlich angestrebte Ziel nicht zu erreichen ist, bei einer solchen Unklarheit eine eindeutige Erklärung zur Klarstellung herbeizuführen. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass ein solcher Kläger, aus welchen Gründen auch immer, nur die von ihm gewählte Erklärung, vorliegend also die Annahme des Anerkenntnisses, nicht jedoch eine andere Erklärung, nämlich eine Klagerücknahme (bzw. eine einseitige Erledigungserklärung), hat abgeben wollen. Solange diese Unklarheit besteht, ist die Auslegung einer unwirksamen Annahme eines Anerkenntnisses in eine Klagerücknahme (bzw. einseitige Erledigungserklärung) mangels Eindeutigkeit ausgeschlossen. Kein Spielraum für eine Auslegung verbleibt, wenn der rechtskundig vertretene Kläger seine Erklärung von vornherein oder klarstellend später mit der Bestimmung versieht, dass eine andere Auslegung oder ein Umdeutung ausgeschlossen würden.
Im vorliegenden Fall hat der Rechtsanwalt des Klägers ausdrücklich ein "konkludent erklärtes Anerkenntnis" angenommen und ebenfalls ausdrücklich erklärt, eine Erledigungserklärung nicht abzugeben und einer Umdeutung zu widersprechen. Damit ist einer Auslegung als Erledigungserklärung oder Klagerücknahme der Boden entzogen. Unter diesen Umständen fehlt es an einer wirksamen prozessbeendenden Erklärung, so dass der Rechtsstreit nicht beendet wurde. Ob der Kläger davon ausgeht, dass der Rechtsstreit beendet sei, ist unerheblich, denn allein eine unzutreffende Rechtsansicht darüber führt noch nicht zur Beendigung eines Verfahrens. Die Untätigkeitsklage war damit weiterhin anhängig und konnte im Grundsatz auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt werden.
Allerdings ist auch die Fortsetzungsfeststellungsklage unzulässig. Das insofern erforderliche Feststellungsinteresse ist nicht behauptet oder sonst ersichtlich. Dass eine Sachentscheidung nicht innerhalb der Sperrfrist des § 88 Abs 2 SGG getroffen wurde, ist nicht einmal behauptet. Es ist auch sonst nicht erkennbar, inwieweit ein berechtigtes Interesse entsprechend § 131 Abs 1 Satz 3 SGG an der Feststellung bestehen könnte. Zu einer Wiederholungsgefahr, irgendwelchen Amtshaftungsansprüchen, einem tiefgreifenden Eingriff in ein Grundrecht oder einem Rehabilitierungsinteresse ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich.
Schließlich sei angemerkt, dass im Übrigen der ursprünglich erhobenen Untätigkeitsklage bereits die Klagebefugnis nach § 54 Abs 2 Satz 2 und Abs 2 SGG gefehlt haben dürfte, denn bereits bei Klageerhebung lag durch Erlass des Änderungsbescheides keine vom Kläger behauptete Beschwer mehr vor. Die Untätigkeitsklage nach § 88 SGG ist Fall der Verpflichtungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1 Var. 2 SGG. Diese ist nach § 54 Abs 1 Satz 2 SGG nur zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch die Unterlassung eines Verwaltungsaktes beschwert zu sein. Welche Beschwer nach Erteilung des Änderungsbescheides noch verblieben oder auch nur denkbar sein soll, wurde nicht vorgetragen.
Die vor dem Senat mit Schreiben vom 13. April 2014 vorgenommene Erweiterung der Klage ist unzulässig. Die nunmehr auch verfolgte Feststellungsklage, die Beendigung des Rechtsstreites durch angenommenes Anerkenntnis festzustellen, war nicht Gegenstand der Entscheidung des Sozialgerichts. Sie kann deshalb nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens sein. Als erweiterte Klage ist sie unzulässig. Die Beklagte hat sich zwar auf die Klägeänderung eingelassen. Diese ist indes nicht zulässig, weil ein Feststellungsinteresse gemäß § 55 SGG nicht behauptet oder sonst ersichtlich ist. Abgesehen davon bestünde der behauptete Feststellungsanspruch schon aus den oben stehenden Gründen nicht, weil der Rechtsstreit nicht durch angenommenes Anerkenntnis erledigt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG und entspricht der Erfolglosigkeit der Rechtsverfolgung durch den Kläger.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
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