L 19 R 55/11

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 R 599/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 55/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 07.12.2010 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung und weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.

Der 1953 geborene Kläger hat eine Lehre als Möbeltischler absolviert und war anschließend durchgehend bei seinem Ausbildungsbetrieb versicherungspflichtig beschäftigt. Im Jahr 2003 wurde beim Kläger das Vorliegen einer koronaren Herzerkrankung festgestellt, die mit einem Stent versorgt wurde, ohne dass ein Herzinfarkt erfolgt war. Seit dem 24.10.2007 bestand Arbeitsunfähigkeit infolge einer erneuten akuten Herzerkrankung.

Ein im Januar 2008 gestellter Rentenantrag wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 26.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2008 abgelehnt. Das hiergegen vor dem Sozialgericht Würzburg unter dem Az. S 8 R 482/08 geführte Klageverfahren wurde nach Einholung eines Terminsgutachtens von Dr. R. vom 24.03.2009 durch Rücknahme beendet.

Am 16.06.2009 stellte der Kläger bei der Beklagten erneut einen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente wegen seiner Herzbeschwerden, seines Rückens und einer Zuckererkrankung. Die Beklagte holte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. S. vom 12.08.2009 sowie ein internistisch/kardiologisches Gutachten von Frau Dr. H. vom 23.09.2009 ein. Beide Gutachter kamen zu dem Ergebnis, dass der Kläger zwar seine letzte Tätigkeit als Schubladenbauer in der Möbelindustrie nicht mehr ausüben könne, jedoch für den allgemeinen Arbeitsmarkt noch ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen vorliege.

Die Beklagte lehnte daraufhin mit streitgegenständlichem Bescheid vom 01.10.2009 einen Rentenanspruch ab. Der hiergegen am 09.10.2009 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2009 als unbegründet zurückgewiesen. Eine Rente nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - komme nicht in Betracht, da der Kläger Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Auch eine Rente nach § 240 SGB VI komme nicht in Betracht, da der Kläger nach Auskunft seines letzten Arbeitgebers nur als angelernter Arbeitnehmer tätig gewesen sei und sich somit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen müsse. Die Benennung eines Verweisungsberufs sei nicht erforderlich.

Hiergegen hat der Kläger am 03.11.2009 Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben. Zur Begründung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf hingewiesen, dass der Kläger zwischenzeitlich in der Klinik Bad N. in stationärer psychosomatischer Behandlung gewesen und hieraus am 09.06.2009 als arbeitsunfähig entlassen worden sei. Bei ihm sei Berufsschutz anzuerkennen, da er eine Berufsausbildung als Schreiner absolviert habe, als Schreiner von der Ausbildungsfirma auch übernommen worden und durchgehend dort tätig gewesen sei. Er sei auch als Schreiner entlohnt worden und genieße somit Facharbeiterschutz, so dass es durchaus entscheidend sei, dass die Gutachter im Verwaltungsverfahren zu der Ansicht gelangt seien, dass er diese Tätigkeit nicht mehr ausüben könne. Für eventuelle Verweisungstätigkeiten fehle dem Kläger jedoch infolge der psychischen Erkrankung die notwendige Umstellungsfähigkeit.

Das Sozialgericht hat nach Beiziehung ärztlicher Befundberichte ein internistisches Gutachten von Dr. D. eingeholt, der am 05.10.2010 zu folgenden Diagnosen gelangt ist:
- Koronare Herzerkrankung; 1-Gefäß-Erkrankung; Zustand nach PTCA und 2-fach Stent RCA 11/03; Kontrollangiographisch 80 %ige Stenose eines kleinen rechtsventrikulären Seitenastes und hämodynamisch nicht-relevante 20-30 %ige RCA-Stenose im Stent bei normaler linksventrikulärer Herzfunktion
- Diabetes mellitus Typ IIa
- Beginnende diabetische Neuropathie ohne wesentliche Funktionseinschränkung und ohne quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens
- Hypercholesterinämie
- Anpassungsstörung mit depressiver Verarbeitung
- Rezidivierendes LWS- und HWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen ohne Wurzelreizsymptomatik

Trotz der bestehenden Gesundheitsstörungen sei der Kläger noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen zu verrichten. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Schubladenbauer in der Möbelindustrie könne der Kläger nicht mehr verrichten. Auch sei ihm eine Tätigkeit als Hausmeister eher nicht zuzumuten, unter besonderer Berücksichtigung der vom Kläger beschriebenen Schwindelattacken. Die Tätigkeit als einfacher Pförtner könne er grundsätzlich ausüben. Einschränkungen bestünden lediglich, wenn Nachtschichttätigkeiten erforderlich seien. Gegenüber den genannten Rentenbegutachtungen sei eher von einer Verbesserung der Situation auszugehen. Es sei dem Kläger gelungen, seinen damals noch bestehenden Alkoholabusus einzustellen bzw. zu reduzieren. Auch sei offensichtlich durch die ambulante Psychotherapie eine gewisse Stabilisierung eingetreten, so dass bei dem zweiten stationären Aufenthalt in der Psychosomatischen Klinik als Folge der Rentenantragsablehnung nur noch von einer mittelgradigen Depression ausgegangen worden sei, die sich im Verlauf der stationären Behandlung und nach Entlassung - auch durch Entwicklung einer gewissen Zukunftsperspektive - deutlich verbessert habe. Die qualitative Minderung der Erwerbsfähigkeit sei mit der Erstdiagnose der koronaren Herzerkrankung im Jahr 2003 eingetreten. Die körperlichen Einschränkungen müssten als dauerhaft angesehen werden, während die psychische Gesamtsituation durch die ambulante Psychotherapie verbesserungsfähig sei. Es werde dringend angeraten, ein stationäres Heilverfahren in einer psychosomatischen Fachklinik durchzuführen, um eine weitere Chronifizierung des psychischen Leidens zu vermeiden. Der Sachverständige Dr. D. wies in dem Gutachten ausdrücklich darauf hin, dass sowohl in körperlicher Hinsicht als auch in psychischer Hinsicht eine Verdeutlichungstendenz beim Kläger unzweifelhaft festzustellen gewesen sei.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers übersandte mit Schriftsatz vom 26.10.2010 ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MdK) Bayern vom 14.04.2010, in dem festgestellt worden war, dass der Kläger auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch über ein weniger als dreistündiges Leistungsvermögen verfüge. Es liege eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vor. Ferner wurde ein Entlassungsbericht der Psychosomatischen Klinik Bad N. über den stationären Aufenthalt vom 25.01. bis 15.02.2010 übersandt.

Das SG hat sodann mit Urteil vom 07.12.2010 die Klage gegen den Bescheid vom 01.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2009 als unbegründet abgewiesen. Aufgrund des eingeholten Gutachtens von Dr. D. stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB VI habe. Auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI komme nicht in Betracht. Der Kläger habe sich vom Ausbildungsberuf gelöst, er habe nach Auskunft seines Arbeitgebers nur eine angelernte Tätigkeit ausgeübt, so dass er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei. Selbst wenn man einen Berufsschutz als angelernter Arbeiter im oberen Bereich annehmen wolle, sei der Kläger im Zweifel auf eine Tätigkeit als Pförtner verweisbar.

Zur Begründung der hiergegen am 17.01.2011 zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung trägt der Prozessbevollmächtigte des Klägers vor, dass der Kläger zwar nach wie vor ein Arbeitsverhältnis habe, bei seinem bisherigen Arbeitgeber aber nicht mehr tätig sein könne, weil keine innerbetrieblichen Umsetzungsmöglichkeiten vorhanden seien. Der Kläger habe seinen Krankengeldanspruch ausgeschöpft und sei seit drei Jahren durchgehend arbeitsunfähig. Er müsse deshalb Rente erhalten. Die Klagerücknahme in dem Verfahren vor dem SG Würzburg im Jahr 2008 sei erfolgt, weil damals die weitere Inanspruchnahme von anderen Sozialleistungen (Krankengeld) sinnvoller (höher) gewesen sei. Im Übrigen habe der Kläger bei seinem Arbeitgeber immer die Tätigkeit eines gelernten Schreiners ausgeübt, so dass ihm entsprechender Berufsschutz zuerkannt werden müsse. Das SG habe insoweit keine Ermittlungen angestellt. Auch die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers seien nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Der Senat hat Befundberichte des behandelnden Hausarztes des Klägers, Dr. E., sowie der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. F. beigezogen und vom behandelnden Internisten Dr. K. angefordert. In den von Dr. E. mit übersandten Fremdbefunden waren u.a. auch Berichte der Neurologischen Dr. W. sowie ein Bericht über einen stationären Aufenthalt des Klägers vom 08.11.2010 bis 17.11.2010 im Krankenhaus G-Stadt, nachdem er bei einem Arztbesuch einen Kreislaufkollaps erlitten hatte, enthalten. Am Tag der Entlassung hat danach der Kläger berichtet, dass er zurzeit eine belastende private Situation wegen eines Gerichtstermins bezüglich der Genehmigung seiner Rente habe. Er sei schon in psychologischer Behandlung und werde sich bei seiner Psychologin in nächster Zeit wieder vorstellen.

Mit Bescheid des Versorgungsamtes D-Stadt vom 14.06.2012 wurde dem Kläger aufgrund eines Verschlimmerungsantrages ab dem 19.03.2012 ein Grad der Behinderung von 60 wegen einer Verschlimmerung des Diabetesleidens zuerkannt, das jetzt einmal täglich insulinpflichtig geworden war.

Der Senat hat ein internistisches Gutachten von Dr. C. eingeholt, der am 16.01.2013 zu folgenden Diagnosen gelangt ist:

1. Aus internistischer Sicht:
- Koronare Herzerkrankung mit Zustand nach PTCA und 2-fach Stentimplantation 11/03
- Arterielle Hypertonie
- Diabetes mellitus Typ 2
- Hypercholesterinämie
- Nutriv-toxischer Leberparenchymschaden
2. Aus orthopädischer Sicht:
- Degenerative Wirbelsäulenerkrankung
3. Aus nervenärztlicher Sicht:
- Anpassungsstörung mit depressiver Verarbeitung
4. Aus HNO-ärztlicher Sicht:
- Mittelgradige Presbyakusis links
- Hochgradig kombinierte Schwerhörigkeit mit Tinnitus rechts

Die Gesundheitsstörungen auf internistischem und orthopädischem Fachgebiet würden die Leistungsfähigkeit für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt allenfalls mittelgradig einschränken. Leichte Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen im Wechsel sowie in geschlossenen Räumen würden zumutbar erscheinen, die auch in dem bisherigen Berufsumfeld des Klägers innerhalb eines Schreinereibetriebes anfallen dürften. Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken, Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, an Maschinen und am Fließband sollten vermieden werden. Die Wegefähigkeit des Klägers sei gegeben. Anders stelle sich die Situation im Hinblick auf die psychische Störung des Klägers dar. Die vorliegenden Arztberichte stünden in Diskrepanz zu den zitierten Sachverhalten des Gutachtens von Dr. S. von August 2009. In der Zusammenschau müsse davon ausgegangen werden, dass es im bisherigen Verlauf nicht gelungen sei, den Kläger zu motivieren, einer Berufstätigkeit nachzugehen und es wohl auch zukünftig nicht gelingen werde, den Kläger von seinem Rentenbegehren abzubringen. Mit einer Verschlimmerung der depressiven Störung müsse gerechnet werden, eventuell sogar mit dem Auftreten von fremd- und eigenaggressivem Verhalten. Die Erkrankung verlaufe bekannterweise in Schüben und sei bereits mehrfach durch die Ablehnung eines Rentenbegehrens verschlimmert worden. In dieser Hinsicht müsse seines Erachtens von einer Erwerbsunfähigkeit des Klägers ausgegangen werden, da bisherige Therapieansätze keine Verhaltensänderung gezeigt hätten. Insbesondere sei auch nach dem letzten Aufenthalt in der psychosomatischen Klinik kein Minijob angetreten worden, zu dem sich der Kläger wohl im Entlassungsgespräch habe motivieren lassen. Darüber hinaus erscheine der Kläger durch die wiederholte Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit sowie durch die Einschätzung seiner betreuenden Psychotherapeutin Frau F. Bestätigung im Hinblick auf seine Arbeits- bzw. Erwerbsunfähigkeit zu erhalten. Weitere differenzierte Äußerungen zu diesem psychiatrischen Krankheitsbild stünden ihm aber als klinisch tätiger internistischer Oberarzt nicht zu. Das Ergebnis einer noch anstehenden erneuten Heilbehandlung in einer Psychosomatischen Klinik bleibe abzuwarten. Wie der langjährige Verlauf zeige, werde spätestens nach einer erneuten Ablehnung des Rentenantrags bzw. des Widerspruchsverfahrens mit einer erneuten Dekompensation ("Ausflippen" in den Worten des Klägers) zu rechnen sein. Eine grundlegende Verhaltensänderung könne seines Erachtens nicht erwartet werden, da der Kläger in seiner Meinung, nicht mehr arbeiten zu können, durch sein betreuendes Umfeld bestärkt werde und ihm zudem noch ein Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von 60 ausgestellt worden sei.

Der Senat hat des Weiteren ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten von Dr. H. eingeholt, der am 14.10.2013 zu folgenden Diagnosen gelangt ist:

1. Verdacht auf rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig allenfalls leichte Episode, DD Dysthymia
2. Koronare Herzerkrankung mit Z.n. PTCA und 2-fach Stent-Implantation 11/03
3. Diabetes mellitus Typ II mit Verdacht auf diabetische Polyneuropathie leichten Grades
4. Degenerative Wirbelsäulenerkrankung ohne radikuläre Symptomatik

Der Kläger könne trotz dieser gesundheitlichen Einschränkungen aus neurologisch-psychiatrischer Sicht sowohl die Tätigkeit eines Schreiners in der Möbelfertigung als auch leichte und mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch vollschichtig verrichten. Auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet lägen keine Gesundheitsstörungen vor, welche eine Tätigkeit nicht mehr noch mindestens sechs Stunden ermöglichen würden. Zu vermeiden seien nervlich belastende Tätigkeiten, beispielsweise Tätigkeiten unter Zeitdruck, im Akkord, in der Nachtschicht, am Fließband sowie insbesondere Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsbereichen, beispielsweise auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr. Körperlich schwere Tätigkeiten z.B. Tragen von schweren Lasten ohne Hilfsmittel, seien sicherlich ebenfalls nicht geeignet. Darüber hinaus ergäben sich körperliche Einschränkungen im Wesentlichen aus den internistischen Gesundheitsstörungen. Diesbezüglich sei auf die entsprechenden Vorgutachten zu verweisen. Einschränkungen bestünden zweifellos hinsichtlich der Leistungsmotivation. Diese sei jedoch nicht krankheits- bzw. störungsbedingt, sondern durchaus sehr bewusstseinsnah. Darüber hinaus seien sichere Einschränkungen der Merk- und Konzentrationsfähigkeit, des Verantwortungsbewusstseins und der Gewissenhaftigkeit, der Selbstständigkeit des Denkens und Handelns, des Beurteilungsvermögens, des Reaktionsvermögens und der Umstellungsfähigkeit, der praktischen Anstelligkeit und Findigkeit, der Ausdauer und der Anpassungsfähigkeit an den technischen Wandel nicht nachweisbar. Die Wegefähigkeit des Klägers sei ebenfalls gegeben. Beigefügt war dem Gutachten ein Entlassungsbericht der Psychosomatischen Klinik Bad N. über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 27.06.2013 bis 25.07.2013. Hierin war als besonderer Hinweis enthalten, dass die akute Belastungssituation sich durch die unklare Rentensituation des Klägers ergebe, der diese Unsicherheiten nach seinem Herzinfarkt depressiv ausagiere. Die Prognose einer Genesung könnte im Hinblick auf eine rasche Begutachtung des Patienten und eine klare Entscheidung hinsichtlich seines Rentenbegehrens einen positiven Einfluss auf den therapeutischen Prozess haben.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 07.12.2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 01.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger aufgrund seines Rentenantrags vom 16.06.2009 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung und weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 07.12.2010 zurückzuweisen.

Bezüglich der Einzelheiten wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten, die Akten des Versorgungsamtes D-Stadt mit dem Az: 1 541 526/0, die Akten des Sozialgerichts Würzburg aus dem Verfahren S 8 R 482/08 sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.



Entscheidungsgründe:


Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht mit Urteil vom 07.12.2010 einen Anspruch des Klägers auf Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB VI abgelehnt. Auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI steht dem Kläger nicht zu.

Gemäß § 43 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens
6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen auf internistischem, orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet noch in der Lage ist, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat stützt hierbei seine Überzeugung auf die eingeholten Gutachten von Dr. C. auf internistischem Fachgebiet sowie von Dr. H. auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet.

Dr. C. hat in seinem Gutachten vom 16.01.2013 ausführlich dargelegt, dass die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers auf internistischem und orthopädischem Fachgebiet lediglich zu qualitativen Leistungseinschränkungen führen. Unzweifelhaft hat der Kläger seit dem Jahr 2003 eine koronare Herzerkrankung, die infolge der damals durchgeführten Intervention mit Stent-Setzung gut behandelt ist und auch von den Folgewirkungen her wohl optimal therapiert wird. So hat Dr. C. eine Echokardiographie mit unauffälligem Befund durchgeführt. Die medikamentöse Einstellung des Bluthochdrucks sei sehr gut. Es bestünden keinerlei Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Klägers, insbesondere kein Anhalt für eine Herzinsuffizienz, während der Kläger allerdings hier über eine bei Belastung schnell auftretende Luftnot klage, die jedoch nicht objektivierbar sei. Es hätte sich auch keinerlei Anhalt für eine irgendwie geartete chronisch-obstruktive Lungenerkrankung ergeben. Die Fettstoffwechselstörung erscheine durch die Blutfett senkende Therapie befriedigend eingestellt. Gleiches gelte für den Diabetes mellitus, dessen Gesamtsituation sich allein durch die Notwendigkeit einer einmaligen Insulingabe täglich nicht verschlechtert habe. Spätfolgen der Diabeteserkrankung wie etwa eine diabetische Retinopathie oder eine diabetische Nephropathie ließen sich nicht feststellen. Allenfalls könnte ein leicht pelziges Gefühl im Bereich der rechten Hand und in beiden Beinen, das der Kläger angibt, als beginnende diabetische Polyneuropathie interpretiert werden, die allerdings noch nicht zu einer wesentlichen Einschränkung des Allgemeinzustandes des Klägers geführt habe. Die demonstrativ vorgebrachte Lähmung der rechten Hand bzw. des rechten Armes erscheine nicht glaubhaft, da der Kläger einerseits eine normale Handbeschwielung aufweise, andererseits beim Binden der Schuhe keinerlei Beeinträchtigung zeige. Im Gangbild zeige sich der Kläger zwar etwas verlangsamt in den Bewegungsabläufen, keineswegs aber schwankend oder unsicher. Gehhilfen würden nicht benötigt. Auch das orthopädische Krankheitsbild im Sinne einer degenerativen Wirbelsäulenerkrankung führe lediglich zu qualitativen Leistungseinschränkungen. Die degenerative Wirbelsäulenerkrankung erscheine durch konsequente konservative Maßnahmen beherrschbar, die bislang aber nicht durchgeführt worden seien.

Soweit Dr. C. sich zum Leistungsvermögen des Klägers auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet geäußert und hier eine mögliche quantitative Einschränkung in den Raum gestellt hat, ist dem nicht zu folgen, da Dr. C. - wie er selbst ausgeführt hat - "klinisch tätiger internistischer Oberarzt" ist und insoweit fachfremd geurteilt hat. Der Senat hat deshalb ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. H. eingeholt, der in seinem Gutachten sowohl aus neurologischer Sicht als auch aus psychiatrischer Sicht zu einem noch mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen sowohl für die Tätigkeit als Schreiner als auch für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen gekommen ist. Wie schon Gutachter vor ihm weist Dr. H. ausdrücklich darauf hin, dass beim Kläger eine extreme Verdeutlichungstendenz bis hin zur Simulation festzustellen gewesen sei. Bei den durchgeführten Testungen wie z.B. dem DemTectest hätten sich erhebliche Hinweise für Aggravation bzw. geringe Mobilisation der tatsächlich vorhandenen Fähigkeiten ergeben. Das Ergebnis des DemTectestes würde einen hochgradigen Demenzverdacht nahelegen, der in keiner Weise mit der tatsächlichen Situation korreliere. In der Selbstbeurteilung des Klägers werde ein außerordentlich hoher Punktwert erzielt, wobei bereits dieses Ergebnis eigentlich für eine Aggravation oder eine Persönlichkeitsstörung spreche. In der Fremdbeurteilung komme hingegen keine sichere depressive Symptomatik zur Darstellung. Vor dem Hintergrund einer auffälligen Biografie des Klägers sei eine gestörte Persönlichkeitsentwicklung durchaus denkbar. Die Schwierigkeit liege im vorliegenden Fall jedoch zum Einen darin, die tatsächliche Befindlichkeit des Klägers zu beurteilen. Zum Anderen erschienen die Berichte über die depressiven Symptome ausgesprochen tendenziell und sehr vordergründig. Die Darstellung depressiver Verstimmungszustände sei sehr eng mit den Ablehnungen seiner Rentenanträge verbunden. Der Kläger habe als Grund für den Rentenantrag eine frühere Empfehlung seines behandelnden Arztes angegeben. Die Frage nach tatsächlichen Einschränkungen und Auswirkungen habe er aber ausgesprochen unkonkret beantwortet. Tatsächliche Beschwerden habe er eigentlich nicht angeben können. Darüber hinaus sei als Grund für die eingeschränkte Belastbarkeit u.a. auch eine zu große Entfernung zwischen Wohnort und infrage kommenden Arbeitsplätzen angegeben worden. Im Grunde hätten bei näherem Nachfragen vom Kläger berichtete Einschränkungen den qualitativen Einschränkungen entsprochen, die schon mehrfach in den Vorgutachten genannt worden seien. Aus psychiatrischer Sicht seien hervorzuheben die Angaben, die der Kläger im Rahmen der Begutachtung bei Dr. D. im Oktober 2010 gemacht habe. Er habe damals angegeben, gelegentlich Stimmen gehört zu haben, diese in der Form des Satzes "Komm mit". Eine derartige Symptomatik lasse sich aus psychiatrischer Sicht im Gesamtbild in keiner Weise nachvollziehen. Es handle sich hier um ein vollkommen untypisches Symptom, welches nicht nur einen Aggravations-, sondern sogar einen Simulationsverdacht erwecke. Die in der psychologischen Testung gefundenen Untersuchungsergebnisse zeigten deutlich eine Bearbeitung der Testaufgaben in Richtung eines vermeintlichen Wunschergebnisses. Das vom Kläger gezeigte Verhalten sei keinesfalls Ausdruck einer klinisch relevanten psychischen Störung. Aus diesem Grund seien therapeutische Ansätze auch nicht erfolgversprechend. Das Verhalten sei durchaus sehr bewusstseinsnah und von einer inneren Überzeugung getragen, die etwaigen Schwierigkeiten bei einer Arbeitsplatzsuche oder der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit bewusst aus dem Wege gehen möchte. Diese bewusste Entscheidung lasse sich naturgemäß therapeutisch nicht korrigieren, könnte allerdings vom Kläger durchaus mit bewusster Willensanstrengung überwunden werden. Der Verzicht hierauf resultiere offensichtlich auch aus einer fehlenden Notwendigkeit, aller Wahrscheinlichkeit nach auch im Rahmen eines sekundären Krankheitsgewinns.

Die Hinweise von Dr. H. auf die Verdeutlichungstendenz, die der Kläger bei der dortigen Begutachtung gezeigt hat, decken sich auch mit den Feststellungen von Dr. D. in dessen Gutachten vom 05.10.2010. Bei Dr. D. hatte der Kläger angegeben, dass er einen 400,00 EUR-Job als Kurierfahrer in Aussicht habe, falls die Rente abgelehnt werde, obwohl er andererseits angab, wegen seiner Schwindelanfälle, die wohl internistisch bedingt seien, nicht mehr Auto fahren zu wollen. Bei Dr. D. hatte der Kläger noch einen ausgefüllten Tagesablauf geschildert: Danach stehe er gegen 7.30 Uhr auf, erledige anschließend Küchen- und Hausarbeiten. Mittags gehe er für 1 - 1 1/2 Stunden spazieren, mit einer Strecke von ca. 3 km. Danach würde er sich hinlegen. Am Nachmittag würde er häufig auch mit der Frau zusammen leichte Arbeiten im Garten verrichten wie Rasenmähen. Abends würde er kochen, wenn die Frau in der Spätschicht sei, anschließend Fernsehen. An Wochenenden mache er zusammen mit seiner Ehefrau gelegentlich kleine Ausflüge wie zur Therme nach Bad K. oder Bad W ... Man habe einen 8tägigen Urlaub im Bayerischen Wald verbracht, man treffe sich noch gelegentlich mit Freunden in einem Restaurant oder in einer Wirtschaft. Hobbys habe er allerdings fast keine mehr. Er sei früher im Gesangverein gewesen, habe dies jedoch wegen Konzentrationsstörungen aufgegeben. Eine wesentliche Einschränkung der Gestaltungs- und Erlebnisfähigkeit des Klägers lässt sich daraus nach Überzeugung des Senats nicht ableiten. Gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. H. hat der Kläger jedoch erklärt, dass er nicht mehr viel mache, er sitze meistens nur noch herum und überlege wie es weiter gehen solle. Er stehe in der Regel um 7 Uhr auf und frühstücke dann, gehe danach etwas spazieren und versuche den Tag rumzubringen. Im Haushalt mache er nur etwas, wenn es ihm einigermaßen gut gehe, dann könne er helfen. Sein früheres Hobby, das Singen im Männerchor, übe er derzeit nicht mehr aus, da er dazu keine Lust mehr habe. Weiter gab der Kläger an, nicht mehr weit laufen zu können. Er könne nur vom Haus bis zur Straße, ca. 10 m, laufen und müsse dann stehen bleiben. Aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten und beigezogenen Befundberichte lässt sich diese vom Kläger dargestellte erhebliche Einschränkung seines Alltags jedoch nicht objektivieren, zumal er andererseits angab, dass er sich über seine beiden Enkel freue, mit diesen spiele und spazieren gehe (rund um den Block) und er auch noch sexuell aktiv sei.

Bei den von Dr. D. durchgeführten Untersuchungen zeigten sich sowohl auf internistischem als auch auf orthopädischem Fachgebiet inkonsistente Verhaltensmuster. Auf internistischem Fachgebiet hat Dr. D. insbesondere auf die völlig unterschiedlichen Belastungserprobungen hingewiesen, bei denen der Kläger maximal eine Belastbarkeit bis 145 Watt ohne Anzeichen einer kardialen Leistungseinschränkung ausgehalten hatte und andererseits bereits nach kurzfristiger Minimalbelastung unter extremer Atemnot litt, die nicht objektiviert werden konnte. Hinsichtlich der orthopädischen Situation hat Dr. D. ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Kläger in der Untersuchungssituation noch ein unsicheres Gangverhalten und die Unfähigkeit gezeigt habe, verschiedene Koordinationsübungen zu verrichten (Hackengang, Zehenstand). Nach Abschluss der Untersuchung sei das Bewegungsverhalten aber völlig ungestört gewesen. Der Kläger sei sogar nach der Untersuchung (offensichtlich beunruhigt über seine verlorene Brieftasche mit Führerschein) zum Gutachter zurückgekehrt, im Gehverhalten zielstrebig und sicher ohne Hinweis auf jegliche Koordinationsbeeinträchtigung. Unzweifelhaft sei gleichwohl, dass der Kläger unter einem beträchtlichen Leidensdruck stehe und aufgrund seiner Erkrankungen in seinem Leistungsvermögen sowohl körperlich als auch psychisch eingeschränkt sei.

Festzuhalten ist, dass alle im Verfahren gehörten Sachverständigen der Auffassung sind, dass der Kläger Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Die von den Sachverständigen genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sind weitgehend vergleichbar. Es muss sich um körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Stellung handeln. Zu vermeiden sind Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung, Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen, Tätigkeiten mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems wie Heben und Tragen von schweren Lasten, häufiges Bücken oder Überkopfarbeit, Arbeiten in Zwangshaltungen und häufiges Steigen. Auch ungünstige äußere Bedingungen sind zu vermeiden. Mit diesem Restleistungsvermögen kann der Kläger nach Überzeugung des Senats Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich verrichten.

Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI kommt vorliegend ebenfalls nicht in Betracht.

Die Regelung des § 240 SGB VI findet auf den Kläger grundsätzlich Anwendung, da er 1953 geboren ist. Nach § 240 Abs 2 SGB VI sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.

Welcher Berufsschutz dem Kläger unter Beachtung des sog. Mehrstufenschemas des BSG (BSGE 55, 45 f.) zukommt, ist vorliegend problematisch. Der Kläger hat erfolgreich eine Ausbildung als Schreiner absolviert und war in seinem Ausbildungsbetrieb durchgehend als Schreiner beschäftigt. Dabei hat sich betriebsintern die Tätigkeit des Klägers allerdings verändert. In der vom SG Würzburg in dem Klageverfahren S 8 R 482/08 eingeholten Arbeitgeberauskunft vom 18.11.2008 war angegeben, dass der Kläger als angelernter Arbeiter in der Schubkastenfertigung am Kommodenband beschäftigt und nach Lohngruppe 2 des Tarifvertrages der Holz- und Kunststoffverarbeitenden Industrie Baden-Württemberg entlohnt worden sei. Bei Aufnahme seiner Tätigkeit sei der Kläger in Lohngruppe 5 eingestuft gewesen. Die Anlernzeit für die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit betrage 2 Wochen. Ausgehend von dieser Tätigkeitsbeschreibung hätte sich der Kläger - wie vom SG Würzburg angenommen - von seiner ursprünglichen Facharbeitertätigkeit gelöst, er hätte nur eine angelernte Tätigkeit ausgeübt und müsste sich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen. Für diesen besteht jedoch noch ein mindestens 6-stündiges Leistungsvermögen. In der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2014 hat der Kläger angegeben, dass er zunächst im Betrieb mit allen anfallenden Arbeiten eines Schreiners betraut gewesen sei. Später sei er dann in die Schubladenfertigung gewechselt, und zwar schon vor seiner Herzerkrankung im Jahr 2003. Danach sei er im Wege der Wiedereingliederung auf diesen Arbeitsplatz zurückgekehrt. Es treffe zwar zu, dass am Kommodenband ungelernte Arbeiter eingesetzt gewesen seien. Er sei jedoch der verantwortliche Schreiner gewesen, der im Zweifelsfalle weitergewusst habe und auch in der Lage gewesen sei, Reparaturen vorzunehmen. Er sei in etwa wie ein Schichtführer tätig gewesen. Vorarbeiter sei er jedoch nicht gewesen. Durch die Änderung der Tarifgruppe habe sich kein Unterschied in seinem Verdienst ergeben. Festzuhalten ist, dass der Kläger nicht als Schichtführer und auch nicht als Vorarbeiter beschäftigt gewesen ist und dass es eine entscheidende Änderung in der tariflichen Einstufung gegeben hat. Ferner ist die Tätigkeit des Schubladenbaus am Kommodenband von der Eigenart der Tätigkeit eine angelernte Tätigkeit, so wie dies der Arbeitgeber des Klägers bestätigt hatte, so dass dem SG in seiner Beurteilung des Berufsschutzes zu folgen ist. Gleichwohl kann im Ergebnis offen bleiben, ob dem Kläger ein weiter reichender Berufsschutz zuzuerkennen wäre, da er nach Einschätzung der gerichtlichen Sachverständigen Dr. D., Dr. C. und Dr. H. auch noch die Tätigkeit eines Schreiners im Umfang von 6 Stunden täglich ausführen könnte, wenn auch unter Beachtung qualitativer Einschränkungen, insbesondere hinsichtlich der Schwere der Tätigkeit und bezüglich Zwangshaltungen. Auch ausgehend von einem Berufsschutz als Facharbeiter lägen deshalb die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI nicht vor, zumal sich dann erst die Frage einer weiteren Verweisbarkeit des Klägers auf angelernte Tätigkeiten stellen würde.

Nach alledem war die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 07.12.2010 als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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