L 3 AL 2249/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 754/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 2249/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 30. April 2014 abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Dauer der von der Beklagten festgestellten Sperrzeiten und die damit verbundene Aufhebung der Bewilligungen sowie Erstattung von Arbeitslosengeld streitig.

Der am 11.04.1988 geborene und zuletzt in Österreich in der Gastronomie tätig gewesene Kläger meldete sich am 17.04.2012 arbeitslos. In dem von ihm unter dem 04.05.2012 ausgefüllten und unterschriebenen Formantrag versicherte er, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis erhalten zu haben. Darin ist unter anderem ausgeführt, dass eine Sperrzeit eintrete, wenn der Arbeitslose eine von seiner Agentur für Arbeit angebotene Arbeit ablehne oder nicht antreten oder durch sein Verhalten das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses vereitele, wobei der Eintritt einer Sperrzeit bewirkt, dass ihm Arbeitslosengeld für die Dauer von zwölf Wochen – bei besonderen Tatbeständen drei oder sechs Wochen – nicht gezahlt werden könne. Daraufhin bewilligte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosengeld in Höhe von 23,69 EUR täglich unter Zugrundelegung eines Bemessungsentgelts in Höhe von 56,93 EUR täglich, der Lohnsteuerklasse 1 und eines Leistungssatzes von 67 % für die Dauer von 252 Tagen.

Der Kläger erhielt von der Beklagten am 03.05.2012 einen Vermittlungsvorschlag für eine Beschäftigung als Koch beim Hofgut A. H. & D. B. GmbH Restaurant (Hofgut A.) und mit Schreiben vom 10.05.2012 einen Vermittlungsvorschlag für eine Beschäftigung bei der Gaststätte M3 C. D. (Gaststätte M3). Das Hofgut A. und die Gaststätte M3 teilten unter dem 25.05.2012 und 26.05.2012 mit, der Kläger habe sich nicht gemeldet beziehungsweise nicht beworben. Hierzu mit Schreiben vom 31.05.2012 und 08.06.2012 zur Stellungnahme aufgefordert, teilte der Kläger der Beklagten unter dem 14.06.2012 und 18.06.2012 mit, er habe die Vermittlungsvorschläge nicht erhalten oder sie seien in ein von ihm entsorgtes Werbeprospekt gerutscht. Er bitte, dies zu entschuldigen. Mit Schreiben vom 29.06.2012 erhielt der Kläger einen Vermittlungsvorschlag für eine Beschäftigung als Koch bei der E. Service GmbH Personalabteilung (E. Service). Die E. Service teilte unter dem 24.07.2012 mit, der Kläger habe sich nicht gemeldet bzw. nicht beworben. Hierzu mit Schreiben vom 03.08.2012 zur Stellungnahme aufgefordert, hat sich der Kläger nicht geäußert. Die drei Vermittlungsvorschläge waren jeweils mit einer Rechtsfolgenbelehrung versehen, in der ausgeführt wurde, es trete eine Sperrzeit ein, wenn der Kläger ohne wichtigen Grund die ihm angebotene Beschäftigung nicht annehme oder nicht antrete oder das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses durch sein Verhalten verhindere, beispielsweise indem er sich nicht vorstelle. Die Sperrzeit dauere längstens zwölf Wochen, aber nur drei Wochen bei erstmaligem versicherungswidrigen Verhalten und sechs Wochen bei dem zweiten versicherungswidrigen Verhalten.

Mit Bescheid vom 20.08.2012 führte die Beklagte aus, in der Zeit vom 05.05.2012 bis zum 25.05.2012 sei eine Sperrzeit eingetreten. Während dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld werde vom 05.05.2012 bis zum 25.05.2012 ganz aufgehoben. Das zu Unrecht gezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von 497,49 EUR sei vom Kläger zu erstatten. Ihm sei am 03.05.2012 eine Beschäftigung als Koch bei dem Hofgut A. angeboten worden. Dieses Arbeitsangebot habe den Grundsätzen einer sachgerechten Arbeitsvermittlung entsprochen. Die Arbeit sei dem Kläger deshalb zuzumuten. Trotz Belehrung über die Rechtsfolgen habe der Kläger keinen Kontakt zu dem Arbeitgeber aufgenommen. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines wichtigen Grundes hierfür seien nicht zu erkennen. Die Sperrzeit dauere drei Wochen, weil es sich um das erste versicherungswidrige Verhalten handele.

Mit weiterem Bescheid vom 20.08.2012 führte die Beklagte aus, in der Zeit vom 26.05.2012 bis zum 06.07.2012 sei eine Sperrzeit eingetreten. Während dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld werde vom 26.05.2012 bis zum 06.07.2012 ganz aufgehoben. Das zu Unrecht gezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von 971,29 EUR sei zu erstatten. Dem Kläger sei am 10.05.2012 eine Beschäftigung als Koch bei der Gaststätte M3 angeboten worden. Dieses Arbeitsangebot habe den Grundsätzen einer sachgerechten Arbeitsvermittlung entsprochen. Die Arbeit sei dem Kläger deshalb zuzumuten. Trotz Belehrung über die Rechtsfolgen habe der Kläger keinen Kontakt zu dem Arbeitgeber aufgenommen. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines wichtigen Grundes hierfür seien nicht zu erkennen. Die Sperrzeit dauere sechs Wochen, weil es sich um das zweite versicherungswidrige Verhalten handele.

Mit Änderungsbescheid vom 20.08.2012 führte die Beklagte aus, der Kläger erhalte wegen der dreiwöchigen Sperrzeit vom 05.05.2012 bis zum 25.05.2012 und während der sechswöchigen Sperrzeit vom 26.05.2012 bis zum 06.07.2012 kein Arbeitslosengeld und sodann vom 07.07.2012 bis zum 02.01.2013 Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 23,69 EUR.

Mit Bescheid vom 07.09.2012 führte die Beklagte aus, in der Zeit vom 07.07.2012 bis zum 28.09.2012 sei eine Sperrzeit eingetreten. Während dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld werde vom 07.07.2012 bis zum 28.09.2012 ganz aufgehoben. Das zu Unrecht gezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von 1.302,95 EUR sei vom Kläger zu erstatten. Ihm sei am 29.06.2012 eine Beschäftigung als Koch bei der E. Service angeboten worden. Dieses Angebot habe den Grundsätzen einer sachgerechten Arbeitsvermittlung entsprochen. Die Arbeit sei dem Kläger deshalb zuzumuten. Trotz Belehrung über die Rechtsfolgen habe der Kläger keinen Kontakt zu dem Arbeitgeber aufgenommen. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines wichtigen Grundes hierfür. Die Sperrzeit dauere 12 Wochen, weil es sich um das dritte versicherungswidrige Verhalten handele. Der Erstattungsbetrag werde in voller Höhe gegen seine Ansprüche aufgerechnet.

Mit Änderungsbescheid vom 07.09.2012 führte die Beklagte aus, der Kläger erhalte wegen der zwölfwöchigen Sperrzeit vom 07.07.2012 bis zum 28.09.2012 kein Arbeitslosengeld und sodann vom 29.09.2012 bis zum 01.01.2013 Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 23,69 EUR.

Mit Bescheid vom 20.11.2012 führte die Beklage aus, der Anspruch auf Arbeitslosengeld sei erloschen, da der Kläger erneut Anlass für den Eintritt einer Sperrzeit gegeben habe. Die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld werde daher ab 18.10.2012 ganz aufgehoben. Der Kläger sei der Aufforderung, sich am 17.10.2012 zu melden, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachgekommen und habe hierfür auch keinen wichtigen Grund mitgeteilt. Die Sperrzeit dauere eine Woche. Damit habe der Kläger Anlass zum Eintritt von Sperrzeiten mit einer Gesamtdauer von mindestens 21 Wochen gegeben. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden.

Am 19.12.2012 erhob der Kläger Widerspruch. Er führte aus, er habe am 13.12.2012 eine Vollstreckungsankündigung in Bezug auf Vorgänge vom 20.08.2012 erhalten. Er habe erst mit dieser Vollstreckungsankündigung Kenntnis von den Bescheiden erhalten. Die Bescheide seien ihm nicht bekannt gegeben worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 01.03.2013 änderte die Beklagte den Sperrzeitbescheid vom 07.09.2012 dahingehend ab, dass der Erstattungsbetrag nicht aufgerechnet werde, sondern vom Kläger direkt zu zahlen sei. Im Übrigen wurden die gegen die Bescheide vom 20.08.2012 und 07.09.2012 erhobenen Widersprüche als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger am 27.03.2012 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben.

Das SG hat den Rechtsstreit am 06.11.2013 mit den Beteiligten erörtert. Der Kläger hat ausgeführt, der Vermittlungsvorschlag bezüglich des Hofguts A. habe er so nicht in der Hand gehabt. Er habe von der Sachbearbeiterin der Beklagten immer wieder etwas anderes zum Unterschreiben bekommen. Von dem Vermittlungsvorschlag der Gaststätte M3 wisse er auch nichts. Bei der E. Service habe er sich schon vorher beworben. Er müsse das wohl theoretisch bekommen haben. Er habe das dann aber nicht weiter verfolgt. Die als Zeugin gehörte Sachbearbeiterin der Beklagten, F., hat ausgeführt, der Vermittlungsvorschlag bezüglich des Hofguts A. habe sie am 03.05.2012 persönlich ausgehändigt, der Vermittlungsvorschlag bezüglich der Gaststätte M3 habe ein Kollege am 10.05.2012 postalisch zugesandt und der Vermittlungsvorschlag bezüglich der E. Service habe eine Kollegin erstellt und am 29.06.2012 postalisch zugesandt. Nach ihrer Kenntnis habe es sich um Vermittlungsvorschläge mit Rechtsfolgenbelehrung gehandelt. Der Kläger hat ausgeführt, es habe durchaus Probleme mit der Zustellung gegeben. Er habe einmal einen Brief für jemanden bekommen, der unter einer anderen Hausnummer gewohnt habe. Er habe auch einmal einen großen Umschlag beim Nachbarn im Briefkasten gesehen, der an ihn adressiert gewesen sei. Sie hätten früher eine Kiste im Haus für Zeitungen und Wochenblätter gehabt. Er habe irgendwann einmal erlebt, dass ihm aus einer Zeitung ein Brief herausgefallen sei. Wenn man das nicht rechtzeitig bemerke, wäre das früher auch entsorgt worden.

Auf Anfrage des SG hat die E. Service mit Schreiben vom 12.11.2013 mitgeteilt, eine Bewerbung des Klägers liege nicht vor. Unter dem 09.12.2013 hat sie ausgeführt, es sei sehr ungewöhnlich, dass ihre Hotelleitung ein Vorstellungsgespräch geführt haben solle, ohne dass vorher eine schriftliche Kontaktaufnahme vorgelegen hätte. Hierzu hat der Kläger dargelegt, es habe sich damals nicht um ein vereinbartes Vorstellungsgespräch gehandelt. Es habe sich vielmehr um eine Blindbewerbung gehandelt, indem er sich mit seinen Unterlagen dort persönlich vorgestellt habe.

Mit Urteil vom 30.04.2014 hat das SG die Bescheide der Beklagten vom 20.08.2012 und 07.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2013 dahingehend abgeändert, dass Sperrzeiten vom 05.05.2012 bis zum 25.05.2012, vom 26.05.2012 bis zum 15.06.2012 und vom 04.07.2012 bis zum 24.07.2012 eingetreten seien. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, wegen der fehlenden Bewerbung beziehungsweise Vorstellung auf die Vermittlungsvorschläge Hofgut A., Gaststätte M3 und E. Service seien Sperrzeiten eingetreten. Es bestehe die Überzeugung, dass dem Kläger die Vermittlungsvorschläge zugegangen seien. Bezüglich des Vermittlungsvorschlages Hofgut A. ergebe sich dies aus der Aussage der bei der Beklagten tätigen Sachbearbeiterin F. im Erörterungstermin in Verbindung mit ihrem Vermerk vom 03.05.2012 über die persönliche Aushändigung an diesem Tag. Die weiteren Vermittlungsvorschläge seien dem Kläger, wie sich aus den Vermerken aus der Leistungsakte und der Aussage der Sachbearbeiterin F. ergebe, postalisch zugesandt worden. Nachdem der Kläger auf die Anhörungen zunächst teilweise mit dem Hinweis reagiert habe, die Schreiben seien möglicherweise auch in ein Werbeprospekt gerutscht, so dass sie versehentlich entsorgt worden seien, und ein Postrücklauf in Bezug auf die Vermittlungsvorschläge ausweislich der Leistungsakte der Beklagten nicht erfolgt sei, sei davon auszugehen, dass ein ordnungsgemäßer Zugang der Vermittlungsvorschläge im Briefkasten des Klägers erfolgt sei. Der Vortrag des Klägers über Probleme mit der Postzustellung ändere hieran nichts. Für die Trennung von Zeitungen und Werbeprospekten gegenüber anderen Briefen in seinem persönlichen Briefkasten und die sorgfältige Herausnahme der Post sei aber der Kläger selbst verantwortlich. Der Vortrag des Klägers, er habe die drei hier streitgegenständlichen Vermittlungsvorschläge nicht bekommen, sei auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass für den Vermittlungsvorschlag Hofgut A. sogar eine persönliche Übergabe am 03.05.2012 durch Vermerk und Zeugenaussage belegt sei, nicht nachvollziehbar. Der Kläger habe sich auf die ihm ausweislich der in der Leistungsakte befindlichen Details zu den jeweiligen Vermittlungsvorschlägen zumutbaren Vermittlungsvorschlägen nicht beworben. Dies gelte auch in Bezug auf die E. Service. Aufgrund der im Gerichtsverfahren erfolgten Auskünfte der E. Service sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger sich auf die im Vermittlungsvorschlag vom 29.06.2012 genannte Stelle bereits zuvor beworben habe. Weitere Ermittlungen seien insoweit nicht vorzunehmen, nachdem der Kläger nicht konkret angegeben habe, bei welcher Person er vorgesprochen haben wolle. Die Vermittlungsvorschläge beinhalteten nach den entsprechenden Nachdrucken beziehungsweise den Informationen zum Vermittlungsvorschlag in der Leistungsakte der Beklagten ferner die notwendigen Rechtsfolgenbelehrungen. Die Bescheide der Beklagten seien jedoch insoweit rechtswidrig, als durch die Beklagte bezüglich der Vermittlungsvorschläge Gaststätte M3 und E. Service ein zweites beziehungsweise drittes versicherungswidriges Verhalten zugrunde gelegt worden sei. Denn nach dem Urteil des SG Kassel vom 07.11.2012 - S 7 AL 214/10 -, das auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 09.11.2010 - B 4 AS 27/10 - Bezug genommen habe, sei Grund der längeren Sperrzeiten bei zweitem beziehungsweise drittem versicherungswidrigem Verhalten die Warnfunktion durch die erste und wegen eines gleichen Verhaltens festgestellte Sperrzeit. Da hier jedoch die Feststellung der Sperrzeiten erst nach dem letzten streitgegenständlichen Vermittlungsvorschlag vom 29.06.2012 erfolgt sei, sei diese Warnfunktion nicht gegeben. Damit sei nicht von einem zweiten beziehungsweise dritten versicherungswidrigen Verhalten derselben Art auszugehen. Eingetreten seien daher jeweils dreiwöchige Sperrzeiten. Die Feststellung des Sperrzeitbeginns bezüglich der ersten Sperrzeit sei rechtmäßig mit dem 05.05.2012 erfolgt, nachdem der Kläger sich auf die persönliche Aushändigung des Vermittlungsvorschlages am 03.05.2012 nicht beworben habe. Die erste Sperrzeit dauere vom 05.05.2012 bis zum 25.05.2012. Beginn der zweiten dreiwöchigen Sperrzeit in Bezug auf den mit Schreiben vom 10.05.2012 übersandten Vermittlungsvorschlag sei, wie von der Beklagen zutreffend festgestellt worden sei, im Anschluss an die erste Sperrzeit, somit am 26.05.2012. Diese Sperrzeit ende daher am 15.06.2012. In Bezug auf den Vermittlungsvorschlag E. Service sei festzustellen, dass dieser Vermittlungsvorschlag per Post übersandt worden sei. Es sei von einem Zugang am 02.07.2012, damit von einem Ereignistag am 03.07.2012 auszugehen, so dass die entsprechende Sperrzeit am 04.07.2012 begonnen und am 24.07.2012 geendet habe. Soweit die Bescheide über die Feststellung von Sperrzeiten rechtmäßig seien, sei auch die Entscheidung über die Aufhebung und Erstattung von Arbeitslosengeld rechtmäßig. Die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld seien für die entsprechenden Zeiträume weggefallen. Die Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit lägen vor. Denn eine etwaige Unkenntnis über den Wegfall der Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld für die genannten Zeiträume beruhe jedenfalls auf grober Fahrlässigkeit. Die Beklagte habe auch die Anhörungen durchgeführt und die relevanten Fristen eingehalten. Damit seien die bereits erbrachten Leistungen zu erstatten. Berechnungsfehler bezüglich des Rückforderungsbetrages seien nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.

Hiergegen hat die Beklagte am 20.05.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Soweit das SG die Auffassung vertrete, dass nur dann von einem zweiten beziehungsweise dritten versicherungswidrigen Verhalten derselben Art ausgegangen werden könne, wenn sie bereits einen ersten beziehungsweise zweiten Pflichtenverstoß im Sinne einer Sanktionsfolgeentscheidung festgestellt beziehungsweise den Kläger hierüber in Kenntnis gesetzt habe, so sei dem entgegen zu treten. Sie sei, ebenso wie das LSG Sachsen-Anhalt in seinem Urteil vom 19.05.2011 - L 2 AL 20/09 -, der Auffassung, dass der Wortlaut des § 159 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht verlange, dass sie bereits einen ersten beziehungsweise zweiten Pflichtenverstoß im Sinne einer Sanktionsfolgeentscheidung festgestellt beziehungsweise dem Kläger hierüber in Kenntnis gesetzt haben müsse. Vielmehr habe der Gesetzgeber mit diesen Regelungen über die Abstufungen der Dauer der Sperrzeiten den durch die Rechtsprechung erhobenen Anforderungen nach einer verhältnismäßigen Folge von Pflichtverletzungen bereits hinreichend Rechnung getragen. Sie vertrete deshalb die Auffassung, dass eine nochmalige Warnung der Arbeitslosen vor der Regelung zu den Folgen von wiederholten Pflichtenverstößen durch Bescheide oder sonstige Hinweise weder gesetzlich vorgeschrieben noch aus Verhältnismäßigkeitsgründen notwendig sei. Soweit das SG offenbar die Auffassung vertrete, dass es einer Warnfunktion durch die erste wegen eines gleichen Verhaltens festgestellte Sperrzeit deshalb bedürfe, um dem Kläger Gelegenheit zur Verhaltensänderung zu geben, könne dem nicht zugestimmt werden. Vielmehr sei die vom SG als notwendig erachtete Warnung bereits durch die Rechtsfolgenbelehrungen der jeweiligen Vermittlungsvorschläge herbeigeführt worden. Auch vorliegend sei dem Kläger bereits durch die Rechtsfolgenbelehrungen der Vermittlungsvorschläge hinreichend deutlich vor Augen geführt worden, welche Sanktionen ihm drohten, wenn er die jeweiligen zumutbaren Vermittlungsvorschläge in der Weise ablehne, dass er die angebotene Beschäftigung als Koch nicht annehme oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch sein Verhalten verhindere. Des Weiteren spreche für dieses Ergebnis auch die Regelung des § 161 Abs. 1 Nr. 2 SGB III, wonach nur für das Erlöschen des Anspruchs, also für die schärfste Rechtsfolge mehrerer Pflichtverletzungen, eine schriftliche Bescheidung über die Sperrzeiten notwendig sei. Ferner werde wegen der weiteren Voraussetzungen, wann eine Sperrzeit eintrete, auf das "Merkblatt für Arbeitslose, ihre Rechte - ihre Pflichten" verwiesen, dessen Erhalt und Kenntnisnahme der Kläger mit seinem Antrag auf Arbeitslosengeld bestätigt habe. Auch hieraus hätte der Kläger leicht entnehmen können, dass beim Leistungsbezug eine Sperrzeit eintrete, wenn er eine angebotene Arbeit ablehne. Sofern der Kläger trotz der ausführlichen Rechtsfolgenbelehrungen nicht gewusst haben sollte, dass bei Ablehnung der ihm unterbreiteten Vermittlungsvorschläge die festgesetzten Sperrzeiten mit den daran geknüpften Rechtsfolgen einträten, wäre seine Unkenntnis als grob fahrlässig zu bewerten, weil er die gebotene Sorgfalt in besonders schwerem Maße dadurch verletzt hätte, dass er ohne Rückfrage oder Information schlicht untätig geblieben sei. Ferner sei zu beachten, dass die vom SG zitierte Entscheidung des BSG vom 09.11.2010 - B 4 AS 27/10 - zu § 31 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) alter Fassung ergangen sei und zudem dort die Besonderheit gelte, dass im Unterschied zu einer Sperrzeit die Sanktion nicht kraft Gesetzes eintrete.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 30. April 2014 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des SG für zutreffend. Die Sanktionen im Sozialversicherungsrecht seien Maßnahmen, die darauf abzielten, den Sozialversicherungsnehmer zur Einhaltung seiner Pflichten anzuhalten. Sie hätten damit eine Warnfunktion. Diese Warnfunktion gehe über die bloße Belehrung gemäß der Rechtsfolgenbelehrung hinaus und habe eine eigene Bedeutung. Der Sozialversicherer habe es durch eine entsprechend rasche Bearbeitung in der Hand, Sanktionen kurzfristig nach dem sanktionierten Ereignis festzusetzen und somit dafür zu sorgen, dass der Sozialversicherungsnehmer bei einem weiteren Ereignis bereits gewarnt sei und damit eine umfangreichere Sanktion ausgelöst werden könne. Verzichte der Sozialversicherer auf diese Möglichkeit, so seien weitere Sanktionen eben wieder als Erst-Sanktion aufzufassen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte, nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Urteils des SG vom 30.04.2014, mit dem auf die isolierte Anfechtungsklage des Klägers nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG die Sperrzeit- und Änderungsbescheide (zur rechtlichen Einheit vergleiche Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 05.08.1999 - B 7 AL 14/99 R - juris) der Beklagten vom 20.08.2012 und 07.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2013 insoweit abgeändert worden sind, dass Sperrzeiten im Ergebnis nur vom 05.05.2012 bis zum 15.06.2012 und vom 04.07.2012 bis zum 24.07.2012 statt vom 05.05.2012 bis zum 28.09.2012 eingetreten sind.

Die Berufung der Beklagten ist erfolgreich. Denn sie hat zu Recht eine Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld wegen Sperrzeiten vom 05.05.2012 bis zum 28.09.2012 vorgenommen.

Rechtsgrundlagen für die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld und der damit verbundenen Pflicht zur Erstattung von Arbeitslosengeld aufgrund nachträglich eingetretener Sperrzeiten sind § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 4, Abs. 4 und § 50 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III und § 159 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2, Satz 3, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 SGB III.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Nach § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X in Verbindung mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X kann die Behörde einen Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nur innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen aufheben, welche eine solche Aufhebung für die Vergangenheit rechtfertigen. Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser gemäß § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben.

Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X bereits erbrachte Leistungen zu erstatten.

Eine wesentliche Veränderung in den Verhältnissen im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat im Falle des Klägers mit dem Eintritt von Sperrzeiten wegen versicherungswidrigen Verhaltens vorgelegen, weil diese gemäß § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB III zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führten.

Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch nach § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB III für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt nach § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III vor, wenn die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert. Nach § 159 Abs. 1 Satz 3 SGB III hat die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen. Die Sperrzeit beginnt nach § 159 Abs. 2 Satz 1 SGB III mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung beträgt nach § 159 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB III im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen, nach § 159 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen und nach § 159 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB III in den übrigen Fällen zwölf Wochen.

Die Voraussetzungen für den Eintritt von Sperrzeiten wegen Arbeitsablehnung liegen beim Kläger vor. Dies hat das SG in dem allein vom Beklagten angegriffenen Urteil ausführlich dargelegt. Der Kläger hat sich nicht auf die Vermittlungsvorschläge Hofgut A. vom 03.05.2012, Gaststätte M3 vom 10.05.2012 und Vinzenz Service vom 29.06.2012 beworben, was sich aus den aktenkundigen Stellungnahmen dieser Arbeitgeber vom 25.05.2012, 26.05.2012, 24.07.2012, 12.11.2013 und 09.12.2013 sowie des Klägers vom 14.06.2012 und 18.06.2012 ergibt. Er hat damit das Zustandekommen von Beschäftigungsverhältnissen bei diesen Arbeitgebern verhindert. Die Vermittlungsvorschläge sind ausreichend konkret gewesen und haben die Arbeitgeber und die Art der Tätigkeit als Koch benannt. Sie haben auch den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Arbeitsvermittlung entsprochen und sind dem Kläger zumutbar gewesen. Die Vermittlungsvorschläge sind auch jeweils mit einer hinreichenden Rechtsfolgenbelehrung versehen worden. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die fehlenden Bewerbungen des Klägers für die Verlängerung der Arbeitslosigkeit ursächlich gewesen sind, weil davon auszugehen ist, dass die Arbeitgeber auch tatsächlich Arbeitnehmer gesucht haben. Der Kläger hat auch keine wichtigen Gründe gehabt, sich nicht zu bewerben. Dass die Vermittlungsvorschläge dem Kläger tatsächlich zugegangen sind, entnimmt der Senat ebenso wie das SG der im Erörterungstermin erfolgten Aussage der bei der Beklagten tätigen Sachbearbeiterin F. und den aktenkundigen Vermerken über die am 03.05.2012 erfolgte persönliche Übergabe sowie die am 10.05.2012 und 29.06.2012 erfolgten postalischen Übersendungen sowie fehlender Vermerke über etwaige diesbezügliche Postrückläufe wegen nicht erfolgter Zustellung. Dass der Vortrag des Klägers über Probleme mit der Postzustellung hieran nichts ändert, da er für die Trennung von Zeitungen und Werbeprospekten gegenüber anderen Briefen in seinem persönlichen Briefkasten und die sorgfältige Herausnahme der Post selbst verantwortlich ist, hat das SG zutreffend dargelegt.

Abgesehen hiervon weist der Senat darauf hin, dass aufgrund dessen, dass gegen das Urteil des SG der Kläger keine Berufung erhoben und die Beklagte nur in Bezug auf die Dauer der ab 26.05.2012 beginnenden Sperrzeit wegen der Arbeitsablehnung betreffend die Gaststätte M3 und der Sperrzeit wegen der Arbeitsablehnung betreffend die Vinzenz Service Berufung erhoben hat, die Bescheide der Beklagten insoweit, als sie eine Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld aufgrund jedenfalls dreiwöchiger Sperrzeiten wegen der Ablehnung des Vermittlungsvorschlags Hofgut A. vom 05.05.2012 bis zum 25.05.2012, wegen der Ablehnung des Vermittlungsvorschlags Gaststätte M3 ab 26.05.2012 und des Vermittlungsvorschlags Vinzenz Service ab 04.07.2012 verfügt hat, ohnehin bestandskräftig geworden sind.

Entgegen der Ansicht des SG bemisst sich die Dauer der am 26.05.2012 begonnenen Sperrzeit wegen der Ablehnung des Vermittlungsvorschlags Gaststätte M3 auf sechs statt drei Wochen und damit bis zum 06.07.2012 sowie der am 07.07.2012 begonnenen Sperrzeit wegen der Ablehnung des Vermittlungsvorschlags Vinzenz Service auf zwölf statt sechs Wochen und damit bis zum 28.09.2012.

Denn nach § 159 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB III beläuft sich eine Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung nur bei erstmaligem versicherungswidrigen Verhalten in Form einer Arbeitsablehnung auf drei Wochen. Es handelt sich aber bei der Ablehnung des Vermittlungsvorschlags Gaststätte M3 nicht um ein erstmaliges versicherungswidriges Verhalten dieser Art, sondern um ein zweites eine sechswöchige Sperrzeit begründendes versicherungswidriges Verhalten dieser Art im Sinne des § 159 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III, und bei der Ablehnung des Vermittlungsvorschlags Vinzenz Service ebenfalls nicht um ein erstmaliges versicherungswidriges Verhalten dieser Art, sondern - da es sich dabei auch nicht um ein zweites versicherungswidriges Verhalten dieser Art handelt - um einen eine zwölfwöchige Sperrzeit begründenden übrigen Fall im Sinne des § 159 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 SGB III.

Dies ergibt sich schon aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 159 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III. Dieser verlangt gerade nicht, dass die Beklagte bereits einen ersten Pflichtenverstoß im Sinne einer Sanktionsfolgeentscheidung festgestellt beziehungsweise den Kläger hierüber in Kenntnis gesetzt haben muss, um bei einem weiteren Pflichtenverstoß von einem "zweiten versicherungswidrigen Verhalten" im Sinne des § 159 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III ausgehen zu dürfen (ebenso LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.05.2011 - L 2 AL 20/09 - juris).

Andere Schlussfolgerungen sind auch nicht aus den gesetzgeberischen Motiven zu ziehen. Danach soll sich die Sperrzeitdauer bei Arbeitsablehnung allein nach der Anzahl der "versicherungswidrigen Verhaltensweisen" richten. Um den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu wahren, soll sich die Dauer der Sperrzeit danach richten, ob es sich um das "erste, zweite oder dritte versicherungswidrige Verhalten" handelt (zu § 144 Abs. 4 Satz 1 SGB III alter Fassung: BT-Drucksache 16/10810, S. 38). Der Gesetzgeber hat damit nicht an zuvor festgestellte Sperrzeiten, sondern nur an zuvor erfolgte versicherungswidrige Verhalten angeknüpft.

Zwar ist im Zusammenhang mit der ähnlichen Problematik im Sanktionensystem des SGB II höchstrichterlich entschieden worden, dass es zu einer (weiteren) Absenkung des Arbeitslosengeldes II bei wiederholten Meldeversäumnissen im Sinne des § 31 Abs. 3 Satz 3 SGB II in der Fassung bis zum 31.12.2010 (Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 - BGBl. I 1706) mit einem jeweils erhöhten Absenkungsbetrag einer vorangegangenen entsprechenden Feststellung eines gegebenenfalls weiteren Meldeversäumnisses mit einem Absenkungsbetrag der niedrigeren Stufe bedurft hat. Zwar ergebe sich dies nicht bereits aus dem Wortlaut dieser Vorschrift; jedoch sprächen der systematische Zusammenhang sowie der Sinn und Zweck der Regelung dafür, eine jeweils (weitere) wiederholte Pflichtverletzung mit einem erhöhten Absenkungsbetrag nur dann anzunehmen, wenn eine vorangegangene Pflichtverletzung jeweils mit einem Absenkungsbescheid der niedrigeren Stufe sanktioniert und dem Hilfebedürftigen zugestellt worden sei (BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 4 AS 27/10 R - juris Rz. 19). Daraufhin hat aber der Gesetzgeber lediglich die Regelungen im SGB II dahingehend geändert, dass nach § 31a Abs. 1 Satz 4 SGB II in der Fassung ab 01.04.2012 (Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuchs vom 24.03.2011 - BGBl. I 453) eine wiederholte Pflichtverletzung nur vorliegt, wenn bereits zuvor eine Minderung "festgestellt" wurde. Hätte der Gesetzgeber diese Überlegungen des BSG auch in das Sanktionensystem des SGB III umfassend übertragen wollen, hätte er nach Ansicht des Senats auch eine dementsprechende Neufassung des § 144 Abs. 4 Satz 1 SGB III in der Fassung bis zum 31.03.2012 oder des § 159 Abs. 4 Satz 1 SGB III in der Fassung ab 01.04.2012 regeln können, was aber nicht geschehen ist. Demgegenüber hat der Gesetzgeber nur für das Erlöschen des Anspruchs von Arbeitslosengeld wegen Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt mindestens 21 Wochen in § 147 Abs. 1 Nr. 2 SGB III in der Fassung bis zum 31.03.2012 beziehungsweise in § 161 Abs. 1 Nr. 2 SGB III in der Fassung ab 01.04.2012 (Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 - BGBl. I 2854) geregelt, dass der oder die Arbeitslose über den Eintritt der Sperrzeiten "schriftliche Bescheide" erhalten haben muss. Nach alledem ist die oben zitierte Rechtsprechung des BSG auf die Regelung des § 159 Abs. 4 Satz 1 SGB III nicht zu übertragen (anderer Ansicht: SG Kassel, Urteil vom 07.11.2012 - S 7 AL 214/10 - juris).

Eine nochmalige Warnung der Arbeitslosen vor der Regelung zu den Folgen von wiederholten Pflichtenverstößen durch Bescheide oder sonstige Hinweise der Beklagten hält der Senat auch nicht für erforderlich. Denn der Arbeitslose wird bereits mit jedem Vermittlungsvorschlag in den beigefügten Rechtsfolgenbelehrungen über die Dauer der Sperrzeiten genügend aufgeklärt. Dies ist auch vorliegend in den Vermittlungsvorschlägen Hofgut A., Gaststätte M3 und Vinzenz Service geschehen, indem in den enthaltenen Rechtsfolgenbelehrungen unter anderem ausgeführt worden ist, dass die Sperrzeit längstens zwölf Wochen, aber nur drei Wochen bei erstmaligem versicherungswidrigen Verhalten und sechs Wochen bei dem zweiten versicherungswidrigen Verhalten dauere. Damit erhalten die Arbeitslosen genügend Gelegenheit zur Verhaltensänderung Der Senat hält es daher nicht für notwendig, dem Arbeitslosen durch Erlass eines Bescheides sicheres Wissen über den tatsächlichen Eintritt einer dreiwöchigen Sperrzeit zu verschaffen, bevor eine erhöhte Sperrzeit von sechs oder zwölf Wochen eintreten kann (andere Ansicht: Valgolio in Voelzke und andere, SGB III, 2. Auflage 2012, § 159 Rz. 481; Winkler in Gagel SGB II/SGB III, § 159 SGB III Rz. 369). Ungeachtet dessen wäre schon unklar, wie dieses sichere Wissen herbeigeführt werden soll, also ob bereits der Zugang einer solchen ersten Sperrzeitentscheidung oder erst deren Bestandskraft genügen soll. Sicheres Wissen um den Eintritt einer Sperrzeit würde erst durch eine bestandskräftige Regelung herbeigeführt werden, was gegebenenfalls erst nach Ausschöpfung des Rechtswegs der Fall sein könnte. Damit eröffnet sich aber die Problematik, dass für eine längere Schwebezeit keine verschärften Sperrzeitentscheidungen möglich wären (ebenso LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.05.2011 - L 2 AL 20/09 - juris).

Hinzukommt, dass eine Sperrzeit nach § 159 SGB III - im Unterschied etwa zur früheren Rechtslage zu den Sanktionen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende in § 31 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 SGB II in der Fassung bis zum 31.12.2010, wonach Minderung und Wegfall mit Beginn des Kalendermonats eintritt, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes, der die Minderung oder den Wegfall der Leistung feststellt - bereits von Gesetzes wegen eintritt. Rechtstechnisch gesehen vollzieht die Beklagte die Folgen der Sperrzeit lediglich mit ihren - bei laufendem Bezug - aufhebenden Bescheiden nach. Mithin bedarf es keiner konstituierenden Regelung, auf die eine nochmalige Entscheidung zu einer Sperrzeit erst aufbauen könnte, so dass auch aus diesem Grund die zu § 31 Abs. 3 Satz 3 SGB II in der Fassung bis zum 31.12.2010 ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 4 AS 27/10 R - juris Rz. 19) auf die Regelung des § 159 Abs. 4 Satz 1 SGB III nicht zu übertragen ist (ebenso LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.05.2011 - L 2 AL 20/09 - juris).

Letztlich ist die hier gegebene Konstellation auch nicht mit derjenigen vergleichbar, in der von Teilen der Literatur eine Einschränkung des § 159 Abs. 4 Satz 1 SGB III gefordert wird. Eine solche Einschränkung wird teilweise gefordert, wenn dem Arbeitslosen mehrfach derselbe Vermittlungsvorschlag gemacht wird oder gleichzeitig mehrere Vermittlungsvorschläge gemacht werden. Während es sich in der ersten Konstellation nur um ein und dieselbe Ablehnung eines Vermittlungsvorschlags handelt, lässt sich in der zweiten Konstellation bei vollständiger Untätigkeit des Arbeitslosen schon nicht klären, welcher Vermittlungsvorschlag zuerst abgelehnt worden ist beziehungsweise ob überhaupt verschiedene Willensentschlüsse vorliegen (vergleiche hierzu Voelzke in Spellbrink/Eicher, § 12 Rz. 311; Winkler in Gagel SGB II/SGB III § 159 SGB III Rz. 368). Vorliegend hat aber die Beklagte dem Kläger an drei verschiedenen Tagen drei verschiedene Vermittlungsvorschläge unterbreitet, so dass aus Sicht des Senats eine einschränkende Auslegung des § 159 Abs. 4 Satz 1 SGB III nicht geboten erscheint (ebenso LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 19.05.2011 - L 2 AL 20/09 - juris).

Mithin ist es nicht so, dass allein deshalb, weil vorliegend die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld wegen Sperrzeiten erst nach dem letzten streitgegenständlichen Vermittlungsvorschlag vom 29.06.2012 erfolgt ist, die Warnfunktion nicht gegeben wäre. Denn die Warnfunktion wohnt bereits - wie oben dargelegt - den in den Vermittlungsvorschlägen enthaltenen Rechtsfolgenbelehrungen inne.

Daher ist, wie von der Beklagten angenommen, wegen der Ablehnung des Vermittlungsvorschlags Gaststätte M3 eine zweite sechswöchige Sperrzeit im Zeitraum vom 26.05.2012 bis zum 06.07.2012 und wegen der Ablehnung des Vermittlungsvorschlags Vinzenz Service eine dritte zwölfwöchige Sperrzeit im Zeitraum vom 07.07.2012 bis zum 28.09.2012 eingetreten, so dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld für diese Zeit geruht hat.

Die weiteren Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X liegen vor. Der Kläger ist über den möglichen Eintritt der Sperrzeiten mit den Rechtsfolgenbelehrungen informiert worden. Wenn er also nicht gewusst haben sollte, dass die Sperrzeiten eintreten würden, wäre seine Unkenntnis jedenfalls als grob fahrlässig zu bewerten. Denn er hätte in diesem Fall die gebotene Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt. Die Fristen zur Aufhebung der Bewilligung gemäß § 48 Abs. 4 Satz 2 SGB X in Verbindung mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X sind eingehalten. Die Beklagte durfte von der Aufhebung der Bewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit gemäß § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III auch nicht absehen.

Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ihren auf der Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld beruhenden Erstattungsanspruch nach § 50 Abs. 1 SGB X falsch berechnet hätte, hat der Senat nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision wird nicht gemäß § 160 Abs. 2 SGG zugelassen, weil es sich um eine Entscheidung handelt, die auf gesicherter Rechtslage ergeht und keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtskraft
Aus
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