L 9 U 2539/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 2398/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 2539/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV; im Folgenden BK 2108) sowie die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund einer solchen BK.

Der 1970 geborene Kläger war von Juni 1995 an mit Unterbrechungen bei verschiedenen Arbeitgebern vorwiegend mit Gipsarbeiten beschäftigt. Ab 08.06.2012 war er arbeitsunfähig. Der Chirurg Dr. B. erstattete am 21.12.2012 bei der Beklagten eine ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit. Der Kläger leide an Rückenschmerzen, seit Juli 2012 sei ein Bandscheibenvorfall L4/5 rechts bekannt. Die Beschwerden seien erstmals 2005 aufgetreten mit Verschlechterung 2008 und jetzt 2012. In Betracht komme eine BK 2108 (Bandscheibenleiden). Der Kläger sei seit 17 Jahren als Bauarbeiter mit drei bis vier Stunden in gebückter Haltung arbeitstäglich beschäftigt gewesen. Dr. B. legte einen Befundbericht der Fachärztin für Radiologie Dr. P. vom 13.07.2012 über die MR der Lendenwirbelsäule nativ vom 12.07.2012 vor, in dem diese einen Bandscheibenprolaps im Bereich L4/5 diagnostiziert. Die entsprechenden Bilder reichte der Kläger bei der Beklagten auf CD ein. Der Beratungsarzt der Beklagten Dr. K. gelangte in einer Stellungnahme vom 07.02.2013 zu dem Ergebnis, dass kein Prolaps, sondern nur eine Protrusion vorliege. Auch sei der klinische Befund nicht passend zum MRT-Befund. Dem folgend lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.03.2013 die Anerkennung einer BK ab. Bei dem Kläger bestehe keine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Berufskrankheiten-Liste, Ansprüche auf Leistungen bestünden daher nicht. Dies gelte auch für Maßnahmen, die geeignet seien, dem Entstehen einer Berufskrankheit entgegenzuwirken.

Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2013 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 09.07.2013 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Seine Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule seien durch die Ausübung seines Berufs hervorgerufen worden.

Das SG hat den behandelnden Arzt des Klägers, Dr. B., schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. Er hat angegeben, den Kläger andauernd zu behandeln. Am 05.04.2013 sei eine erneute Kernspintomographie erfolgt, dabei habe sich im Wesentlichen ein unveränderter Status gefunden. Während in der beratungsärztlichen Stellungnahme von einer Protrusion ausgegangen werde, laute der MRT-Befund auf einen Prolaps. Den Befundbericht der Fachärztin für Radiologie Dr. P. vom 05.04.2013 hat Dr. B. mit vorgelegt, außerdem den Entlassungsbericht der Rehaklinik am K. über eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme des Klägers dort vom 13.02. bis 13.03.2013.

Nach Auswertung dieser Unterlagen gelangte Dr. K. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 02.01.2014 wie zuvor zu dem Ergebnis, dass entgegen der Diagnosestellung der Radiologin Dr. P. kein Bandscheibenprolaps, sondern im Bewegungssegment L4/5 eine klassische Bandscheibenprotrusion vorliege. Auf beiden vorliegenden MR-Serien vom 12.07.2012 und 05.04.2013 sei der Befund identisch erkennbar. Es ergebe sich für die Bewegungssegmente L1/2, L2/3, L3/4 und L4/5 keine Chondrose. Im Bewegungssegment L5/S1 sei man am Übergang zur erstgradigen Chondrose. Eine Begleitspondylose liege nicht vor. Er gehe nach wie vor davon aus, dass die Konstellation nach D2 vorliege und somit ein Ursachenzusammenhang nicht wahrscheinlich sei. Des Weiteren würden die im MRT festgestellten Befunde die Beschwerdesymptomatik im Bereich der Lendenwirbelsäule nicht hinreichend erklären.

Das SG hat ein fachorthopädisch/unfallchirurgisches Gutachten bei Dr. P. eingeholt. Unter dem 26.02.2014 teilte er mit, der Kläger leide im Bereich der Lendenwirbelsäule an einem myogenen Reizsyndrom ohne Funktionseinschränkungen und ohne radikuläre Ausfälle bei radiologisch kongenital schmaler angelegtem Bandscheibenraum L5/S1 und kernspintomographisch nachgewiesener Protrusion im Segment L4/5 sowie diskreter Protrusion L5/S1. Das altersentsprechend zu erwartende Ausmaß überschreitende degenerative Veränderungen seien bei dem Kläger radiologisch überhaupt nicht und kernspintomographisch nur in dem Segment L4/5 nachweisbar. Belastungsadaptive Reaktionen der Wirbelkörperabschlussplatten in Form spondylotischer Randkantenausziehungen und Verbreiterungen bestünden in keinem Segment der Lendenwirbelsäule. Wesentliche Funktionseinschränkungen bestünden nicht. Es liege eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule im Segment L4/5, deutlich geringer ausgeprägt auch im Segment L5/S1 vor. In der zu diesem Thema zwischenzeitlich zahlreich erschienenen Literatur werde zur Anerkennung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule durchweg das Vorliegen eines typischen Verteilungsmusters der Verschleißveränderungen gefordert. Ausgehend von der biomechanischen Tatsache, dass die auf die Bandscheiben einwirkenden Kräfte im Segment L5/S1 am stärksten ausgeprägt seien, in dem darüber liegenden Segment L4/5 etwas geringer, in dem noch weiter entfernt davon gelegenen Segment L3/4 wiederum etwas geringer, könne von einer belastungsbedingten Entstehung in diesem Bereich der Lendenwirbelsäule vorliegender Veränderungen dann ausgegangen werden, wenn die Befunde im Wesentlichen diesem Muster folgten. Die Lokalisation der bildtechnisch nachweisbaren Veränderungen korreliere nicht mit der beruflichen Exposition. Nicht die Veränderung der Bandscheibensegmente L4/5 sei für die Beschwerden des Klägers verantwortlich, sondern ein offensichtlicher Reizzustand der Facettengelenke. Aus medizinischer Sicht sei das Vorliegen einer berufsbedingten Bandscheibenerkrankung im Sinne der BK 2108 nicht wahrscheinlich zu machen.

Mit Gerichtsbescheid vom 04.06.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die durchgeführte Beweiserhebung bestätige die Entscheidung der Beklagten. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. P., denen sich die Kammer nach kritischer Prüfung anschließe, lägen die Voraussetzungen der Anerkennung der geltend gemachten BK nicht vor. Aufgrund dessen habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung.

Hiergegen richtet sich die am 12.06.2014 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung macht er geltend, er habe aufgrund der Krankheit seinen Beruf verloren. Es sei ihm von verschiedenen Ärzten und der Agentur für Arbeit bestätigt worden, dass er den Beruf nicht weiter ausüben könne. Er sei sich auch sicher, dass die Krankheit durch seinen Beruf verursacht sei. Er habe lange Zeit als Gipser gearbeitet.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. Juni 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 8. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2013 zu verurteilen, bei ihm eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen sowie ihm Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, der Kläger verkenne, dass die umfassende Untersuchung und Begutachtung im sozialgerichtlichen Verfahren eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule im Sinne der BK 2108 schlüssig und nachvollziehbar nicht zu belegen vermocht habe. Es werde nicht in Frage gestellt, dass der Kläger an Rückenbeschwerden leide. Diese seien aber nicht Folge einer Berufskrankheit.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung des Klägers ist zulässig, §§ 143, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet.

Soweit der Kläger neben der Feststellung des Vorliegens der BK 2108 die Gewährung von Leistungen im gesetzlichen Umfang begehrt, ist seine Klage bereits unzulässig. Soweit die Beklagte im Bescheid vom 08.03.2013 zusätzlich ausgeführt hat, Ansprüche auf Leistungen (aus der gesetzlichen Unfallversicherung) bestünden nicht, hat es sich um keine Entscheidung über konkrete Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Behandlungskosten, Verletztengeld, -rente etc.) gehandelt. Denn die Beklagte hat vor dem Hintergrund der Nichtanerkennung einer BK insofern keine nähere Prüfung hinsichtlich konkreter Leistungen, die bei Anerkennung einer BK zu gewähren wären, vorgenommen. Ein entsprechendes Begehren bezüglich solcher "Leistungen" ist somit unzulässig (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 45/03 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 2 und Urteil vom 30.10.2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 25; ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, s. Urteil vom 14.05.2013 - L 9 U 2557/10 -).

Soweit der Kläger die Anerkennung seiner Rückenbeschwerden als BK 2108 begehrt, hat das SG die Klage zutreffend als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 08.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat zutreffend festgestellt, dass bei dem Kläger die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2108 nicht vorliegen und damit auch kein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung besteht.

Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen versursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind, wobei sie auch bestimmen kann, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung der das Wiederaufleben der Krankheiten ursächlich waren oder sein können. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber mit Erlass der Anlage 1 zur BKV, die eine Liste der Berufskrankheiten enthält, Gebrauch gemacht.

Bei der vorliegend streitigen BK 2108 handelt es sich um eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Für die Anerkennung dieser BK muss bei dem Versicherten eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule vorliegen, die durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Arbeit in extremer Rumpfbeugehaltung entstanden ist. Die Erkrankung muss den Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten herbeigeführt haben, und der Versicherte darf eine solche Tätigkeit tatsächlich nicht mehr ausüben. Für das Vorliegen des Tatbestandes der BK ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung und zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung erforderlich. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht (BSG, Urteil vom 31.05.2005 - B 2 U 12/04 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 2 m.w.N.).

In Anwendung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen der hier streitigen BK nicht vor. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK (langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder langjährige Arbeit in extremer Rumpfbeugehaltung) erfüllt sind. Denn es fehlt jedenfalls an einem im Rechtssinne wahrscheinlichen Ursachenzusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit des Klägers und den bei ihm vorliegenden Wirbelsäulenveränderungen.

Die Frage, ob es ein belastungskonformes Schadensbild gibt, aus dessen Vorhandensein auf die Mitursächlichkeit körperlicher Belastungen für die Entstehung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule und aus dessen Fehlen umgekehrt auf eine anderweitige Verursachung geschlossen werden kann, zielt auf die Existenz entsprechender medizinischer Erfahrungssätze. Ob solche Erfahrungssätze existieren, ist unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde nach dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu beantworten (BSG, Urteil vom 09.06.2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2007 § 8 Nr. 17 m.w.N.). Als aktueller Erkenntnisstand sind solche durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse anzusehen, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also, von vereinzelten, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, Konsens besteht. Der aktuelle Erkenntnisstand ist in den Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung aus dem Jahr 2005 (vgl. Trauma und Berufskrankheit, Heft 3/2005, Springer Medizin Verlag, S. 211 ff.) niedergelegt. Die Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung entsprechen weiterhin dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft (vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteile vom 22.09.2014 - L 1 U 2690/12 - und vom 17.02.2014 - L 1 U 3036/13 -; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.03.2014 - L 3 U 105/10 - UV-Recht Aktuell 2014, 516 und LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11.07.2013 - L 6 U 59/11 - NZS 2013, 901 mit zustimmender Anmerkung von Dahm, in: juris PR-SozR 22/2013 Anm. 5). Sie geben diesen mit dem Inhalt wieder, den an der Erarbeitung beteiligte Sachverständige in Übereinstimmung mit der Textauslegung als maßgeblich bezeichnen.

Nach den Konsensempfehlungen zeichnet sich das typische Krankheitsbild der BK 2108 aus durch ein sogenanntes belastungskonformes Verteilungsmuster der Erkrankung an der Wirbelsäule. Art, Ausprägung und Lokalisation des Krankheitsbildes müssen der spezifischen Einwirkung bzw. der beruflichen Exposition entsprechen. Der nach dem anzuwendenden BK-Tatbestand mit einer bestimmten Einwirkung korrespondierende Wirbelsäulenabschnitt muss besonders betroffen sein. Für die BK 2108 ist hierbei in der Regel ein von oben nach unten in der Ausprägung zunehmender Befund erforderlich, weil sich Belastungen durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeuge bzw. Heben schwerer Lasten insbesondere in den LWS-Segmenten L5/S1 und L4/5 niederschlagen.

Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Der Senat schließt sich, ebenso wie bereits das SG, den zutreffenden Ausführungen im Gutachten des Sachverständigen Dr. P. vom 26.02.2014 an, dessen Beurteilung anhand der vorgenommenen Befunderhebung und Diagnosestellung nachvollziehbar, schlüssig und überzeugend ist. Danach leidet der Kläger im Bereich der Lendenwirbelsäule an einem myogenen Reizsyndrom ohne Funktionseinschränkungen und ohne radikuläre Ausfälle bei radiologisch kongenital schmaler angelegtem Bandscheibenraum L5/S1 und kernspintomographisch nachgewiesener Protrusion im Segment L4/5 sowie diskreter Protrusion L5/S1. Das altersentsprechend zu erwartende Ausmaß überschreitende degenerative Veränderungen sind bei dem Kläger radiologisch überhaupt nicht und kernspintomographisch nur in dem Segment L4/5 nachweisbar. Belastungsadaptive Reaktionen der Wirbelkörperabschlussplatten in Form spondylotischer Randkantenausziehungen und Verbreiterungen bestehen in keinem Segment der Lendenwirbelsäule. Wesentliche Funktionseinschränkungen bestehen ebenfalls nicht. Damit liegt zwar eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule des Klägers im Segment L4/5 und deutlich geringer ausgeprägt auch im Segment L5/S1 vor. Es besteht aber kein besonderes Verteilungsmuster der Bandscheibenerkrankung mit einer Zunahme der Veränderungen von oben nach unten, wie es durch langjährige Belastung der Lendenwirbelsäule durch Heben oder Tragen schwerer Lasten oder langjährige Arbeit in extremer Rumpfbeugehaltung entstehen könnte. Die Ausprägung des Schadens ist lediglich im Sinne von Protrusionen gegeben, ein Prolaps liegt nicht vor. Zur Überzeugung des Senats ist damit nicht eine der in den Konsensempfehlungen definierten Befundkonstellationen gegeben, bei denen ein Zusammenhang als wahrscheinlich eingestuft wird, sondern die Befundkonstellation D2 (Protrusion ohne Begleitspondylose), bei der ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich ist. Unter Beachtung dieser Beurteilungskriterien ist das beim Kläger vorliegende Schadensbild nicht hinreichend wahrscheinlich durch seine berufliche Tätigkeit verursacht.

Daraus, dass die Radiologin Dr. P. und ihr folgend der behandelnde Orthopäde Dr. B. aufgrund der gleichen MRT-Aufnahmen zur Diagnose eines Bandscheibenprolaps im Bereich L 4/5 gelangten, ergibt sich nichts Abweichendes. Denn Dr. P. hat insoweit für den Senat nachvollziehbar und schlüssig in Übereinstimmung mit der beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. K. unter Auswertung der von Dr. P. gefertigten Aufnahmen dargelegt, dass es sich nicht um einen Prolaps, sondern lediglich eine Protrusion im Segment L4/5 handelt.

Es fehlt somit an den in den Konsensempfehlungen geforderten Erkrankungen, die nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen bei einer beruflich bedingten Verursachung zu erwarten sind. Demgemäß sind die Veränderungen der Lendenwirbelsäule des Klägers nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die Erwerbstätigkeit des Klägers zurückzuführen. Eine BK 2108 kann nicht festgestellt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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