Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 17 AS 3688/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 5229/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 9. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung eines Mietkautionsdarlehens in Höhe von 1.700 Euro und zur Gewährung höherer Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung ab 01.11.2014, außerdem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung eines noch zu benennenden Rechtsanwalts.
Der 1968 geborene schwerbehinderte Antragsteller ist zur Fortbewegung auf die Nutzung eines Rollstuhls angewiesen, lediglich kurze Gehstrecken kann er mit großer Mühe unter Zuhilfenahme zweier Achselstützen zurücklegen. Bis zur Trennung von seiner Ehefrau bezog er zunächst in Bedarfsgemeinschaft mit dieser, seither als Alleinstehender Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Antragsgegner. Ab Februar 2014 minderte er die Miete seiner damaligen Wohnung im Hinblick auf geltend gemachte Mängel. Am 14.05.2014 erhob hierauf der ehemalige Vermieter des Antragstellers Räumungsklage.
Am 11.06.2014 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner die Zusicherung für den Umzug in eine neue Wohnung in der B. Dies lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 11.06.2014 ab. Die Kosten der Wohnung seien nicht angemessen. Am 12.06.2014 schloss der Antragsteller gleichwohl mit der Baugenossenschaft F. (im Folgenden: Vermieter) einen Nutzungsvertrag über die Wohnung in der B. mit Wirkung ab 15.06.2014 und zog in die Wohnung ein. Es handelt sich dabei um eine Wohnung mit einer Wohnfläche von 79,24 m², bestehend aus 2 Zimmern, Küche, Bad mit WC, Abstellraum, Diele, Balkon, Kellerraum und Tiefgaragen-Stellplatz. Die Nutzungsgebühr beträgt für den Antragsteller - da er die Voraussetzungen für eine Förderung der Erzdiözese Freiburg erfüllt - 861,14 Euro (651,14 Euro Grundnutzungsgebühr, 60 Euro Nutzungsgebühr für die Garage, 150 Euro Vorauszahlungen für Betriebskosten einschließlich Heizkosten). Laut Anlage zum Mietvertrag war der Antragsteller zur Begründung einer Mitgliedschaft in der Genossenschaft und dem Erwerb von 10 Geschäftsanteilen zu je 160 Euro und der Entrichtung einer Beitrittsgebühr von 100 Euro (insgesamt 1.700 Euro) vor Bezug der Wohnung verpflichtet.
Mit Änderungsbescheid vom 15.07.2014 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller für die Zeit ab 01.06.2014 bis 31.10.2014 monatliche Leistungen in Höhe von 1.006,83 Euro (391 Euro Regelbedarf und 615,83 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung). Hierbei berücksichtigte der Antragsgegner neben der mietvertraglich geschuldeten Vorauszahlung für die Betriebs- einschließlich Heizkosten in voller Höhe (150 Euro) und der Nutzungsgebühr für die Garage in voller Höhe (60 Euro) nur eine Grundmiete von 405,83 Euro. Diesen Betrag errechnete er aus einer als angemessen erachteten Wohnfläche von 60 m², einem Quadratmeterpreis von 5,59 Euro zuzüglich eines Zuschlags in Höhe von 21 v.H. wegen der Lage der Wohnung in K. Mit seinem Widerspruch hiergegen machte der Antragsteller geltend, Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 675,60 Euro seien "das Mindeste". Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2014 zurück. Klage hiergegen erhob der Antragsteller nicht.
Den Antrag des Antragstellers vom 25.07.2014 auf Gewährung eines Darlehens in Höhe von 1.700 Euro als erforderliche Kaution lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 01.08.2014 ab, den Widerspruch hiergegen wies er mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2014 zurück. Auch hiergegen erhob der Antragsteller keine Klage.
Auf den Fortzahlungsantrag des Antragstellers vom 20.10.2014 bewilligte der Antragsgegner ihm mit Bescheid vom 18.11.2014 Leistungen für die Zeit vom 01.11.2014 bis 31.10.2015 in gleicher Höhe (1.006,83 Euro monatlich) weiter.
Am 27.11.2014 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Mannheim (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sein Ziel sei die Verpflichtung des Antragsgegners, ihm darlehensweise eine Kaution in Höhe von 1.700 Euro für die aktuelle Wohnung zu gewähren. Ferner bitte er um Gewährung eines höheren Betrages als die bewilligten 615,83 Euro für Unterkunfts- und Heizungskosten. Er hat auf bisherige Bemühungen um eine Einigung mit dem Antragsgegner verwiesen und angegeben, über keine Ersparnisse oder finanzielle Reserven zu verfügen.
Der Antragsteller hat eine schriftliche Aufforderung seines Vermieters vom 30.10.2014 zur umgehenden Zahlung des ausstehenden Betrages von 1.700 Euro für die Geschäftsanteile vorgelegt. Am 03.12.2014 hat er bei seinem Vermieter den Betrag von 1.700 Euro für die Geschäftsanteile einschließlich Eintrittsgebühr gezahlt.
Mit Beschluss vom 09.12.2014 hat das SG den Antrag des Antragstellers abgelehnt. Soweit die darlehensweise Gewährung des Geschäftsanteils von 1.700 Euro geltend gemacht werde, sei der Antrag unbegründet, da kein Anordnungsgrund vorliege. Eine Eilbedürftigkeit und damit ein Anordnungsgrund könne nur im Fall einer gegenwärtig bestehenden Notlage angenommen werden. Dies sei beim Antragsteller nicht (mehr) der Fall, nachdem er den geschuldeten Geschäftsanteil in Höhe von 1.700 Euro in vollem Umfang beglichen habe. Ob ein Anordnungsanspruch bestanden habe, könne offen bleiben, nachdem die Ablehnung des entsprechenden Antrags durch den Antragsgegner bestandskräftig geworden sei (Bescheid vom 01.08.2014, Widerspruchsbescheid vom 26.08.2014). Soweit der Antragsteller höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung ab 01.11.2014 geltend mache, sei ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Als Notlage käme insoweit der drohende Verlust der Wohnung bei fristlosem Kündigungsrecht des Vermieters in Betracht. Aus den Akten und dem Vorbringen des Antragstellers ergäben sich jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass und gegebenenfalls in welcher Höhe bereits Mietrückstände aufgelaufen seien und eine (fristlose) Kündigung des Nutzungsvertrages konkret drohe. Ergänzend sei der Antragsteller darauf hinzuweisen, dass der Antrag auf einstweiligen Rechtschutz nicht als Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.11.2014 gelte.
Am 12.12.2014 hat der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.11.2014 eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.
Gegen den Beschluss des SG vom 09.12.2014 richtet sich die am 15.12.2014 beim SG eingelegte Beschwerde des Antragstellers, mit der er gleichzeitig auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung eines noch zu benennenden Rechtsanwalts begehrt. Zur Begründung trägt er vor, er müsse aufgrund einer im Kindesalter erlittenen Kinderlähmung mit Folgeschäden die meiste Zeit zuhause verbringen. Seine Beine seien nicht in der Lage, sich selbständig warm zu halten. Er sei zuhause ausschließlich mit dem Rollstuhl beweglich und außerhalb der Wohnung nur wenige Meter mit Hilfe von Achselstützen. Die Miete seiner alten Wohnung habe bereits Ende 2013 940 Euro inklusive Parkplatz betragen. Die Wohnung sei undicht und nicht warm zu bekommen gewesen, außerdem sei sie von Schimmel betroffen gewesen. Nach einer Mietminderung Anfang 2014 habe er die Räumungsklage erhalten. Nicht nur die Klage, sondern auch gesundheitliche Gründe hätten ihn zum Auszug aus der alten Wohnung gezwungen. Von Ende 2013 bis Juni 2014 habe er mehrmals versucht, die Kostenübernahme für eine neue Wohnung durch den Antragsgegner zu erreichen. Wohnungen, die seiner Behinderung gerecht würden, seien schwer zu finden und schnell weg gewesen. Vertragsschluss für die neue Wohnung sei der 12.06.2014 gewesen, bereits am 10.06.2014 habe er beim Antragsgegner den Antrag auf Kostenübernahme gestellt. Die neue Wohnung koste mit 861,14 Euro ca. 80 Euro weniger als die alte. Im Jahr 2011 habe er sich in einer vergleichbaren Situation befunden, hier habe er im Rahmen eines Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes erreicht, dass er sich zunächst das Geld für die erste Miete und Kaution ausleihen und dies später vom Antragsgegner erstattet erhalten sollte. Diesen Ablauf stelle er sich auch aktuell vor. Nachdem sein Vermieter ihm mehrfach mit der Kündigung gedroht habe, wenn er nicht letztmals bis 28.11.2014 "das Geld" zahle, habe er am 27.11.2014 den Antrag beim SG gestellt und sich am 03.12.2014 das Geld kurzfristig ausgeliehen und sofort an den Vermieter gezahlt. Es handle sich sehr wohl um eine Notlage, da ihm das Geld nicht zur Verfügung gestanden und er sich durch dieses Vorgehen noch mehr verschuldet habe. Ihm stehe nicht nur eine Wohnfläche von 60 m², sondern von 75 m² zu. Zu den 60 m² Wohnfläche "als Rollstuhlfahrer" müssten zusätzlich 15 m² für eine Pflegeperson zur Verfügung gestellt werden. Richtig berechnet müsse der Antragsgegner bei einer Fläche von 75 m² einen Quadratmeterpreis von 6,81 Euro (Mietspiegel der Stadt Heidelberg, Baujahrklassen ab 2000) zugrunde legen. Soweit man die Baujahrklassen 1970 bis 1979 zu Grunde legen würde, obwohl damals die Barrierefreiheit keine Rolle gespielt habe, seien ihm zumindest eine Grundmiete von 507,29 Euro (75 m² x 5,59 Euro + 21% Zuschlag) sowie Heizkosten und Betriebskosten von jeweils 112,50 Euro (75 m² x 1,50 Euro) sowie die Kosten für den Parkplatz in Höhe von 60 Euro zu gewähren. Es könne nicht angehen, dass er sein Pflegegeld aufbrauchen müsse, um damit seine Wohnkosten zu decken. Das Pflegegeld sei für Zuwendungen an die Pflegekräfte gedacht, um die Verwahrlosung der zu pflegenden Person zu verhindern.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Antragsgegner unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Mannheim vom 9. Dezember 2014 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ein Darlehen über 1.700 Euro sowie ihm ab 1. November 2014 höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er trägt vor, mit dem durch den Antragsteller bereits geleisteten Betrag von 1.700 Euro an den Vermieter bestehe keine Notwendigkeit für eine Darlehensgewährung mehr. Auch für die Berücksichtigung höherer Kosten der Unterkunft und Heizung bleibe kein Raum. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb dem Antragsteller eine Wohnfläche bis zu 75 m² zustehen solle. Dem Antragsteller sei durch mehrjährigen Leistungsbezug bekannt, unter welchen Voraussetzungen eine neue Wohnung angemietet werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte des Antragsgegners - Band V- Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustandes geht (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG), nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (vgl. z.B. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 01.08.2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17.08.2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr stehen beide in einer Wechselbeziehung zueinander, nach der die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 11. Aufl., § 86b Rn. 27 m.w.N). Wäre eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Wäre eine Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann (Keller a.a.O. Rn. 29 m.w.N.). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 13.10.2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 06.09.2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - jeweils Juris, jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG).
Vor diesem Hintergrund hat das SG im vorliegenden Fall zu Recht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
1. Soweit der Antragsteller die Gewährung höherer Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung geltend macht, hat das SG zutreffend das Vorliegen eines Anordnungsgrundes verneint. Zwar sind insoweit, wie bereits oben ausgeführt, keine übersteigerten Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu stellen; die möglichen Folgen einer Ablehnung des einstweiligen Rechtschutzes sind auch unter Berücksichtigung der existenzsichernden Wirkung der Leistungen für Unterkunft und Heizung und der besonderen Situation des auf einen Rollstuhl angewiesenen schwerbehinderten Antragstellers im Hinblick auf Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG zu würdigen. Vor diesem Hintergrund bedarf es anlässlich des vorliegenden Verfahrens keiner Entscheidung, ob ein Anordnungsgrund im Bereich der Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung erst dann besteht, wenn eine Räumungsklage anhängig ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 10.09.2014 - L 7 AS 1385/14 B ER - und vom 23. Oktober 2013 – L 12 AS 1449/13 B - , LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Juli 2012 – L 18 AS 1867/12 B - jeweils Juris, jeweils m.w.N.) oder ob die erforderliche Eilbedürftigkeit einer Entscheidung bereits dann erfüllt sein kann, wenn das Bestehen einer Kündigungslage glaubhaft gemacht ist (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.07.2014 - L 10 AS 1393/14 B ER). Denn beides ist hier nicht der Fall.
Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung kann nach § 543 Abs. 3 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) ein nicht unerheblicher Mietrückstand bzw. ein Rückstand von zwei Monatsmieten sein. Eine ordentliche Kündigung setzt nach § 573 Abs. 1 BGB ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses voraus. Ein solches liegt nach Abs. 2 Nr. 1 der Regelung bei einer nicht nur unerheblichen Pflichtverletzung vor, welche im Falle des Zahlungsverzugs nicht angenommen wird, wenn der Rückstand eine Monatsmiete nicht übersteigt und zudem die Verzugsdauer weniger als einen Monat beträgt (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 - VIII ZR 107/12 - Juris). Hiernach ist eine Kündigungslage vorliegend nicht gegeben und droht auch derzeit nicht. Der Antragsteller hat nicht einmal vorgetragen, dass irgendwelche Mietrückstände bestünden oder drohten. Obwohl das SG im angefochtenen Beschluss ausdrücklich bereits auf diesen Umstand seine Entscheidung gestützt hat, hat der Antragsteller auch mit seiner Beschwerde weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass er bislang die vertraglich geschuldete Miete nicht vollständig an den Vermieter gezahlt habe. Er hat ausschließlich eine Zahlungsaufforderung des Vermieters hinsichtlich der Geschäftsanteile vorgelegt. Etwaige Rückstände hinsichtlich der laufenden Miete ergeben sich aus dem Schreiben des Vermieters vom 17.11.2014 gerade nicht. Auf eine Kündigungslage wird in dem Schreiben ausdrücklich nur im Hinblick auf die noch fehlende Mitgliedschaft in der Genossenschaft hingewiesen. Dieses Schreiben hat sich durch die zwischenzeitliche Einzahlung der Geschäftsanteile erledigt.
Nach derzeitiger Sachlage hält der Senat es daher nicht für erforderlich, eine vorläufige Regelung des streitigen Rechtsverhältnisses zu treffen, sondern es für unzumutbar, dass der Antragsteller, der am 12.12.2014 im Hinblick auf die gewährten Leistungen für Unterkunft und Heizung Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 18.12.2014 eingelegt hat, den Ausgang der Hauptsache abwartet.
Auch aus der Bezugnahme des Antragstellers auf die vergleichsweise Beendigung eines Verfahrens des einstweiligen Rechtschutzes im Jahr 2011 betreffend seines damals stattgefundenen Umzugs in die vorherige Wohnung ergibt sich nichts anderes. Aus dem knapp vier Jahre zurückliegenden Sachverhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich aktuell in einer Notlage befindet. Im Gegenteil zeigt die vom Antragsteller zur alten Wohnung vorgelegte Aufstellung (Bl. 63 Verwaltungsakte) auf, dass er im Zeitraum von Februar 2011 bis Januar 2014 (bis zur Vornahme einer erheblichen Mietminderung gegenüber dem vorherigen Vermieter), eine Differenz von durchschnittlich ca. 100 Euro monatlich zwischen den laufenden tatsächlichen und den vom Antragsgegner als angemessen übernommenen Kosten der Unterkunft und Heizung in Kauf genommen hat. Dies wirft eher die Frage auf, weshalb es ihm über drei Jahre in der alten Wohnung möglich war, solche von Leistungen des Antragsgegners nicht gedeckte Kosten zu tragen. Auch hat der Antragsteller den Änderungsbescheid vom 15.07.2014, mit dem ihm der Antragsgegner bereits für die Zeit vom 01.06.2014 bis 31.10.2014 Leistungen für Unterkunft und Heizung lediglich in Höhe von 615,83 Euro monatlich bewilligt hat, zunächst nur insoweit angegriffen hat, als er einen Betrag von 675,60 Euro als "das Mindeste" angegeben hat. Nach Zurückweisung des Widerspruchs durch den Antragsgegner hat der Antragsteller diese Entscheidung bestandskräftig werden lassen. Nach derzeitiger Sachlage ist mangels insoweit angegebener Zahlungsrückstände davon auszugehen, dass der Antragsteller bislang in der Lage war, auch die sich nun auf ca. 245 Euro monatlich belaufende Differenz zwischen den laufenden tatsächlichen und den vom Antragsgegner als angemessen übernommenen Kosten der Unterkunft und Heizung zu finanzieren.
2. Soweit der Antragsteller im Hinblick auf den mietvertraglich geschuldeten Kauf von Geschäftsanteilen einschließlich Bearbeitungsgebühr die Gewährung eines Kautionsdarlehens in Höhe von 1.700 Euro begehrt, fehlt es, wie vom SG zutreffend dargelegt, ebenfalls bereits an einem Anordnungsgrund. Der Antragsteller hat den Betrag von 1.700 Euro bereits am 03.12.2014 an seinen Vermieter gezahlt. Angesichts der bereits erfolgten Zahlung an den Vermieter können dem Antragsteller insoweit aus dem Mietverhältnis keine unzumutbaren gegenwärtigen Nachteile drohen. Zwar gibt der Antragsteller mit seiner Beschwerde an, er habe sich das Geld kurzfristig ausgeliehen mit der Option, es nach ein paar Tagen, spätestens jedoch nach Beschluss und Zahlungseingang wieder zurück zu zahlen. Es ist aber weder aus den vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen noch aus seinem Vortrag ersichtlich, von wem er diesen Betrag zu welchen konkreten Rückzahlungskonditionen erlangt hat und dass sich hieraus eine gegenwärtige Notlage ergibt. Eine Rückzahlungsverpflichtung an sich stellt keine solche Notlage dar, da auch gegenüber dem Antragsgegner nur ein Darlehen geltend gemacht wird. Darüber hinaus ist insoweit auch kein Anordnungsanspruch gegeben. Der Antragsgegner hat den Antrag des Antragstellers auf Gewährung eines solchen Darlehens bereits mit Bescheid vom 01.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2014 abgelehnt. Klage hiergegen hat der Antragsteller nicht erhoben, so dass die Entscheidung des Antragsgegners bestandskräftig und damit bindend geworden ist. Damit wäre eine Klage in der Hauptsache wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig und offensichtlich erfolglos.
Damit hat die Beschwerde insgesamt keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist vor diesem Hintergrund mangels Erfolgsaussichten der Beschwerde abzulehnen, § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung eines Mietkautionsdarlehens in Höhe von 1.700 Euro und zur Gewährung höherer Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung ab 01.11.2014, außerdem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung eines noch zu benennenden Rechtsanwalts.
Der 1968 geborene schwerbehinderte Antragsteller ist zur Fortbewegung auf die Nutzung eines Rollstuhls angewiesen, lediglich kurze Gehstrecken kann er mit großer Mühe unter Zuhilfenahme zweier Achselstützen zurücklegen. Bis zur Trennung von seiner Ehefrau bezog er zunächst in Bedarfsgemeinschaft mit dieser, seither als Alleinstehender Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Antragsgegner. Ab Februar 2014 minderte er die Miete seiner damaligen Wohnung im Hinblick auf geltend gemachte Mängel. Am 14.05.2014 erhob hierauf der ehemalige Vermieter des Antragstellers Räumungsklage.
Am 11.06.2014 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner die Zusicherung für den Umzug in eine neue Wohnung in der B. Dies lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 11.06.2014 ab. Die Kosten der Wohnung seien nicht angemessen. Am 12.06.2014 schloss der Antragsteller gleichwohl mit der Baugenossenschaft F. (im Folgenden: Vermieter) einen Nutzungsvertrag über die Wohnung in der B. mit Wirkung ab 15.06.2014 und zog in die Wohnung ein. Es handelt sich dabei um eine Wohnung mit einer Wohnfläche von 79,24 m², bestehend aus 2 Zimmern, Küche, Bad mit WC, Abstellraum, Diele, Balkon, Kellerraum und Tiefgaragen-Stellplatz. Die Nutzungsgebühr beträgt für den Antragsteller - da er die Voraussetzungen für eine Förderung der Erzdiözese Freiburg erfüllt - 861,14 Euro (651,14 Euro Grundnutzungsgebühr, 60 Euro Nutzungsgebühr für die Garage, 150 Euro Vorauszahlungen für Betriebskosten einschließlich Heizkosten). Laut Anlage zum Mietvertrag war der Antragsteller zur Begründung einer Mitgliedschaft in der Genossenschaft und dem Erwerb von 10 Geschäftsanteilen zu je 160 Euro und der Entrichtung einer Beitrittsgebühr von 100 Euro (insgesamt 1.700 Euro) vor Bezug der Wohnung verpflichtet.
Mit Änderungsbescheid vom 15.07.2014 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller für die Zeit ab 01.06.2014 bis 31.10.2014 monatliche Leistungen in Höhe von 1.006,83 Euro (391 Euro Regelbedarf und 615,83 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung). Hierbei berücksichtigte der Antragsgegner neben der mietvertraglich geschuldeten Vorauszahlung für die Betriebs- einschließlich Heizkosten in voller Höhe (150 Euro) und der Nutzungsgebühr für die Garage in voller Höhe (60 Euro) nur eine Grundmiete von 405,83 Euro. Diesen Betrag errechnete er aus einer als angemessen erachteten Wohnfläche von 60 m², einem Quadratmeterpreis von 5,59 Euro zuzüglich eines Zuschlags in Höhe von 21 v.H. wegen der Lage der Wohnung in K. Mit seinem Widerspruch hiergegen machte der Antragsteller geltend, Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 675,60 Euro seien "das Mindeste". Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2014 zurück. Klage hiergegen erhob der Antragsteller nicht.
Den Antrag des Antragstellers vom 25.07.2014 auf Gewährung eines Darlehens in Höhe von 1.700 Euro als erforderliche Kaution lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 01.08.2014 ab, den Widerspruch hiergegen wies er mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2014 zurück. Auch hiergegen erhob der Antragsteller keine Klage.
Auf den Fortzahlungsantrag des Antragstellers vom 20.10.2014 bewilligte der Antragsgegner ihm mit Bescheid vom 18.11.2014 Leistungen für die Zeit vom 01.11.2014 bis 31.10.2015 in gleicher Höhe (1.006,83 Euro monatlich) weiter.
Am 27.11.2014 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Mannheim (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sein Ziel sei die Verpflichtung des Antragsgegners, ihm darlehensweise eine Kaution in Höhe von 1.700 Euro für die aktuelle Wohnung zu gewähren. Ferner bitte er um Gewährung eines höheren Betrages als die bewilligten 615,83 Euro für Unterkunfts- und Heizungskosten. Er hat auf bisherige Bemühungen um eine Einigung mit dem Antragsgegner verwiesen und angegeben, über keine Ersparnisse oder finanzielle Reserven zu verfügen.
Der Antragsteller hat eine schriftliche Aufforderung seines Vermieters vom 30.10.2014 zur umgehenden Zahlung des ausstehenden Betrages von 1.700 Euro für die Geschäftsanteile vorgelegt. Am 03.12.2014 hat er bei seinem Vermieter den Betrag von 1.700 Euro für die Geschäftsanteile einschließlich Eintrittsgebühr gezahlt.
Mit Beschluss vom 09.12.2014 hat das SG den Antrag des Antragstellers abgelehnt. Soweit die darlehensweise Gewährung des Geschäftsanteils von 1.700 Euro geltend gemacht werde, sei der Antrag unbegründet, da kein Anordnungsgrund vorliege. Eine Eilbedürftigkeit und damit ein Anordnungsgrund könne nur im Fall einer gegenwärtig bestehenden Notlage angenommen werden. Dies sei beim Antragsteller nicht (mehr) der Fall, nachdem er den geschuldeten Geschäftsanteil in Höhe von 1.700 Euro in vollem Umfang beglichen habe. Ob ein Anordnungsanspruch bestanden habe, könne offen bleiben, nachdem die Ablehnung des entsprechenden Antrags durch den Antragsgegner bestandskräftig geworden sei (Bescheid vom 01.08.2014, Widerspruchsbescheid vom 26.08.2014). Soweit der Antragsteller höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung ab 01.11.2014 geltend mache, sei ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Als Notlage käme insoweit der drohende Verlust der Wohnung bei fristlosem Kündigungsrecht des Vermieters in Betracht. Aus den Akten und dem Vorbringen des Antragstellers ergäben sich jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass und gegebenenfalls in welcher Höhe bereits Mietrückstände aufgelaufen seien und eine (fristlose) Kündigung des Nutzungsvertrages konkret drohe. Ergänzend sei der Antragsteller darauf hinzuweisen, dass der Antrag auf einstweiligen Rechtschutz nicht als Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.11.2014 gelte.
Am 12.12.2014 hat der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.11.2014 eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.
Gegen den Beschluss des SG vom 09.12.2014 richtet sich die am 15.12.2014 beim SG eingelegte Beschwerde des Antragstellers, mit der er gleichzeitig auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung eines noch zu benennenden Rechtsanwalts begehrt. Zur Begründung trägt er vor, er müsse aufgrund einer im Kindesalter erlittenen Kinderlähmung mit Folgeschäden die meiste Zeit zuhause verbringen. Seine Beine seien nicht in der Lage, sich selbständig warm zu halten. Er sei zuhause ausschließlich mit dem Rollstuhl beweglich und außerhalb der Wohnung nur wenige Meter mit Hilfe von Achselstützen. Die Miete seiner alten Wohnung habe bereits Ende 2013 940 Euro inklusive Parkplatz betragen. Die Wohnung sei undicht und nicht warm zu bekommen gewesen, außerdem sei sie von Schimmel betroffen gewesen. Nach einer Mietminderung Anfang 2014 habe er die Räumungsklage erhalten. Nicht nur die Klage, sondern auch gesundheitliche Gründe hätten ihn zum Auszug aus der alten Wohnung gezwungen. Von Ende 2013 bis Juni 2014 habe er mehrmals versucht, die Kostenübernahme für eine neue Wohnung durch den Antragsgegner zu erreichen. Wohnungen, die seiner Behinderung gerecht würden, seien schwer zu finden und schnell weg gewesen. Vertragsschluss für die neue Wohnung sei der 12.06.2014 gewesen, bereits am 10.06.2014 habe er beim Antragsgegner den Antrag auf Kostenübernahme gestellt. Die neue Wohnung koste mit 861,14 Euro ca. 80 Euro weniger als die alte. Im Jahr 2011 habe er sich in einer vergleichbaren Situation befunden, hier habe er im Rahmen eines Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes erreicht, dass er sich zunächst das Geld für die erste Miete und Kaution ausleihen und dies später vom Antragsgegner erstattet erhalten sollte. Diesen Ablauf stelle er sich auch aktuell vor. Nachdem sein Vermieter ihm mehrfach mit der Kündigung gedroht habe, wenn er nicht letztmals bis 28.11.2014 "das Geld" zahle, habe er am 27.11.2014 den Antrag beim SG gestellt und sich am 03.12.2014 das Geld kurzfristig ausgeliehen und sofort an den Vermieter gezahlt. Es handle sich sehr wohl um eine Notlage, da ihm das Geld nicht zur Verfügung gestanden und er sich durch dieses Vorgehen noch mehr verschuldet habe. Ihm stehe nicht nur eine Wohnfläche von 60 m², sondern von 75 m² zu. Zu den 60 m² Wohnfläche "als Rollstuhlfahrer" müssten zusätzlich 15 m² für eine Pflegeperson zur Verfügung gestellt werden. Richtig berechnet müsse der Antragsgegner bei einer Fläche von 75 m² einen Quadratmeterpreis von 6,81 Euro (Mietspiegel der Stadt Heidelberg, Baujahrklassen ab 2000) zugrunde legen. Soweit man die Baujahrklassen 1970 bis 1979 zu Grunde legen würde, obwohl damals die Barrierefreiheit keine Rolle gespielt habe, seien ihm zumindest eine Grundmiete von 507,29 Euro (75 m² x 5,59 Euro + 21% Zuschlag) sowie Heizkosten und Betriebskosten von jeweils 112,50 Euro (75 m² x 1,50 Euro) sowie die Kosten für den Parkplatz in Höhe von 60 Euro zu gewähren. Es könne nicht angehen, dass er sein Pflegegeld aufbrauchen müsse, um damit seine Wohnkosten zu decken. Das Pflegegeld sei für Zuwendungen an die Pflegekräfte gedacht, um die Verwahrlosung der zu pflegenden Person zu verhindern.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Antragsgegner unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Mannheim vom 9. Dezember 2014 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ein Darlehen über 1.700 Euro sowie ihm ab 1. November 2014 höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er trägt vor, mit dem durch den Antragsteller bereits geleisteten Betrag von 1.700 Euro an den Vermieter bestehe keine Notwendigkeit für eine Darlehensgewährung mehr. Auch für die Berücksichtigung höherer Kosten der Unterkunft und Heizung bleibe kein Raum. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb dem Antragsteller eine Wohnfläche bis zu 75 m² zustehen solle. Dem Antragsteller sei durch mehrjährigen Leistungsbezug bekannt, unter welchen Voraussetzungen eine neue Wohnung angemietet werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte des Antragsgegners - Band V- Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustandes geht (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG), nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (vgl. z.B. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 01.08.2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17.08.2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr stehen beide in einer Wechselbeziehung zueinander, nach der die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 11. Aufl., § 86b Rn. 27 m.w.N). Wäre eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Wäre eine Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann (Keller a.a.O. Rn. 29 m.w.N.). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 13.10.2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 06.09.2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - jeweils Juris, jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG).
Vor diesem Hintergrund hat das SG im vorliegenden Fall zu Recht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
1. Soweit der Antragsteller die Gewährung höherer Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung geltend macht, hat das SG zutreffend das Vorliegen eines Anordnungsgrundes verneint. Zwar sind insoweit, wie bereits oben ausgeführt, keine übersteigerten Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu stellen; die möglichen Folgen einer Ablehnung des einstweiligen Rechtschutzes sind auch unter Berücksichtigung der existenzsichernden Wirkung der Leistungen für Unterkunft und Heizung und der besonderen Situation des auf einen Rollstuhl angewiesenen schwerbehinderten Antragstellers im Hinblick auf Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG zu würdigen. Vor diesem Hintergrund bedarf es anlässlich des vorliegenden Verfahrens keiner Entscheidung, ob ein Anordnungsgrund im Bereich der Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung erst dann besteht, wenn eine Räumungsklage anhängig ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 10.09.2014 - L 7 AS 1385/14 B ER - und vom 23. Oktober 2013 – L 12 AS 1449/13 B - , LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Juli 2012 – L 18 AS 1867/12 B - jeweils Juris, jeweils m.w.N.) oder ob die erforderliche Eilbedürftigkeit einer Entscheidung bereits dann erfüllt sein kann, wenn das Bestehen einer Kündigungslage glaubhaft gemacht ist (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.07.2014 - L 10 AS 1393/14 B ER). Denn beides ist hier nicht der Fall.
Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung kann nach § 543 Abs. 3 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) ein nicht unerheblicher Mietrückstand bzw. ein Rückstand von zwei Monatsmieten sein. Eine ordentliche Kündigung setzt nach § 573 Abs. 1 BGB ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses voraus. Ein solches liegt nach Abs. 2 Nr. 1 der Regelung bei einer nicht nur unerheblichen Pflichtverletzung vor, welche im Falle des Zahlungsverzugs nicht angenommen wird, wenn der Rückstand eine Monatsmiete nicht übersteigt und zudem die Verzugsdauer weniger als einen Monat beträgt (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012 - VIII ZR 107/12 - Juris). Hiernach ist eine Kündigungslage vorliegend nicht gegeben und droht auch derzeit nicht. Der Antragsteller hat nicht einmal vorgetragen, dass irgendwelche Mietrückstände bestünden oder drohten. Obwohl das SG im angefochtenen Beschluss ausdrücklich bereits auf diesen Umstand seine Entscheidung gestützt hat, hat der Antragsteller auch mit seiner Beschwerde weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass er bislang die vertraglich geschuldete Miete nicht vollständig an den Vermieter gezahlt habe. Er hat ausschließlich eine Zahlungsaufforderung des Vermieters hinsichtlich der Geschäftsanteile vorgelegt. Etwaige Rückstände hinsichtlich der laufenden Miete ergeben sich aus dem Schreiben des Vermieters vom 17.11.2014 gerade nicht. Auf eine Kündigungslage wird in dem Schreiben ausdrücklich nur im Hinblick auf die noch fehlende Mitgliedschaft in der Genossenschaft hingewiesen. Dieses Schreiben hat sich durch die zwischenzeitliche Einzahlung der Geschäftsanteile erledigt.
Nach derzeitiger Sachlage hält der Senat es daher nicht für erforderlich, eine vorläufige Regelung des streitigen Rechtsverhältnisses zu treffen, sondern es für unzumutbar, dass der Antragsteller, der am 12.12.2014 im Hinblick auf die gewährten Leistungen für Unterkunft und Heizung Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 18.12.2014 eingelegt hat, den Ausgang der Hauptsache abwartet.
Auch aus der Bezugnahme des Antragstellers auf die vergleichsweise Beendigung eines Verfahrens des einstweiligen Rechtschutzes im Jahr 2011 betreffend seines damals stattgefundenen Umzugs in die vorherige Wohnung ergibt sich nichts anderes. Aus dem knapp vier Jahre zurückliegenden Sachverhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich aktuell in einer Notlage befindet. Im Gegenteil zeigt die vom Antragsteller zur alten Wohnung vorgelegte Aufstellung (Bl. 63 Verwaltungsakte) auf, dass er im Zeitraum von Februar 2011 bis Januar 2014 (bis zur Vornahme einer erheblichen Mietminderung gegenüber dem vorherigen Vermieter), eine Differenz von durchschnittlich ca. 100 Euro monatlich zwischen den laufenden tatsächlichen und den vom Antragsgegner als angemessen übernommenen Kosten der Unterkunft und Heizung in Kauf genommen hat. Dies wirft eher die Frage auf, weshalb es ihm über drei Jahre in der alten Wohnung möglich war, solche von Leistungen des Antragsgegners nicht gedeckte Kosten zu tragen. Auch hat der Antragsteller den Änderungsbescheid vom 15.07.2014, mit dem ihm der Antragsgegner bereits für die Zeit vom 01.06.2014 bis 31.10.2014 Leistungen für Unterkunft und Heizung lediglich in Höhe von 615,83 Euro monatlich bewilligt hat, zunächst nur insoweit angegriffen hat, als er einen Betrag von 675,60 Euro als "das Mindeste" angegeben hat. Nach Zurückweisung des Widerspruchs durch den Antragsgegner hat der Antragsteller diese Entscheidung bestandskräftig werden lassen. Nach derzeitiger Sachlage ist mangels insoweit angegebener Zahlungsrückstände davon auszugehen, dass der Antragsteller bislang in der Lage war, auch die sich nun auf ca. 245 Euro monatlich belaufende Differenz zwischen den laufenden tatsächlichen und den vom Antragsgegner als angemessen übernommenen Kosten der Unterkunft und Heizung zu finanzieren.
2. Soweit der Antragsteller im Hinblick auf den mietvertraglich geschuldeten Kauf von Geschäftsanteilen einschließlich Bearbeitungsgebühr die Gewährung eines Kautionsdarlehens in Höhe von 1.700 Euro begehrt, fehlt es, wie vom SG zutreffend dargelegt, ebenfalls bereits an einem Anordnungsgrund. Der Antragsteller hat den Betrag von 1.700 Euro bereits am 03.12.2014 an seinen Vermieter gezahlt. Angesichts der bereits erfolgten Zahlung an den Vermieter können dem Antragsteller insoweit aus dem Mietverhältnis keine unzumutbaren gegenwärtigen Nachteile drohen. Zwar gibt der Antragsteller mit seiner Beschwerde an, er habe sich das Geld kurzfristig ausgeliehen mit der Option, es nach ein paar Tagen, spätestens jedoch nach Beschluss und Zahlungseingang wieder zurück zu zahlen. Es ist aber weder aus den vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen noch aus seinem Vortrag ersichtlich, von wem er diesen Betrag zu welchen konkreten Rückzahlungskonditionen erlangt hat und dass sich hieraus eine gegenwärtige Notlage ergibt. Eine Rückzahlungsverpflichtung an sich stellt keine solche Notlage dar, da auch gegenüber dem Antragsgegner nur ein Darlehen geltend gemacht wird. Darüber hinaus ist insoweit auch kein Anordnungsanspruch gegeben. Der Antragsgegner hat den Antrag des Antragstellers auf Gewährung eines solchen Darlehens bereits mit Bescheid vom 01.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2014 abgelehnt. Klage hiergegen hat der Antragsteller nicht erhoben, so dass die Entscheidung des Antragsgegners bestandskräftig und damit bindend geworden ist. Damit wäre eine Klage in der Hauptsache wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig und offensichtlich erfolglos.
Damit hat die Beschwerde insgesamt keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist vor diesem Hintergrund mangels Erfolgsaussichten der Beschwerde abzulehnen, § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).
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