L 11 KR 5232/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 5246/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5232/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22.11.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung aus der Kapitalzahlung einer Direktlebensversicherung seit 01.08.2009.

Der 1948 geborene Kläger ist aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Firma R., M. St., W., in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert. Seine früherer Arbeitgeber schloss im Jahr 1977 bei der Alte L., Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit, einen Lebensversicherungsvertrag im Rahmen betrieblicher Altersversorgung in Form einer Direktversicherung zu Gunsten des Klägers als versicherte Person ab. Als Beginn der Versicherung wurde der 01.01.1978 und als "obligatorische Auflösung" ein Lebensalter von 60 Jahren vereinbart. Während der Vertragslaufzeit gab es drei Versicherungsnehmerwechsel: Ab 01.04.1981 war die Firma C. GmbH, F. (bis 31.12.1983) Versicherungsnehmerin. Im Zeitraum vom 01.01.1984 bis 31.12.1985 war der Kläger Versicherungsnehmer; während diese Zeitraums entrichtete er auch die Beiträge in Höhe von 2.773.20 EUR selbst. Ab 01.01.1986 bis zum 01.01.2009 (Ablaufzeitpunkt) war die Firma R., M. St. Versicherungsnehmerin. Aufgrund der Beiträge, die der Kläger als Versicherungsnehmer entrichtete, ergab sich ein Anteil in Höhe 5.881,07 EUR an der Ablaufleistung. Die Gesamtablaufleistung zum 01.01.2009 betrug 91.156,59 EUR. In den Zeiträumen, in denen die Arbeitgeber Versicherungsnehmer waren, war der Kläger unwiderruflich bezugsberechtigt. Für den Todesfall waren - in dieser Reihenfolge - der überlebende Ehegatte, die Kinder, die Eltern und die Erben bezugsberechtigt. Der Kläger war bis zum 31.07.2009 bei der DAK kranken- und pflegeversichert. Nachdem es Meinungsverschiedenheiten wegen der Berücksichtigung der Kapitalleistung aus der Direktlebensversicherung gab (vgl den Parallelfall L 11 KR 5232/12), wechselte er zu den Beklagten und ist dort seit 01.08.2009 kranken- bzw pflegeversichert.

Am 05.08.2009 erhielten die Beklagten eine Mitteilung der DAK, wonach die Alte L. Lebensversicherung dem Kläger die Ablaufleistung aus einer Kapitaldirektversicherung ausgezahlt habe. Der Kläger habe am 01.01.2009 einen Betrag in Höhe von 91.156,59 EUR erhalten.

Mit Bescheid vom 10.08.2009 machten die Beklagten mit Wirkung ab dem 01.08.2009 Beiträge zur Krankenversicherung iHv monatlich 113,19 EUR und Beiträge zur Pflegeversicherung iHv monatlich 16,71 EUR geltend. Die ausgezahlte Kapitalleistung aus der betrieblichen Altersversorgung stelle eine für zehn Jahre beitragspflichtige Einnahme dar. 1/120 des Gesamtbetrages (monatlich 759,64 EUR) gelte als Ausgangswert für die Beitragsberechnung.

Hiergegen legte der Kläger am 19.08.2009 Widerspruch ein. Nachdem das Widerspruchsverfahren zunächst ruhend gestellt worden war, nahm die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 29.04.2011 auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss v 28.09.2010, 1 BvR 1660/08) Bezug; nach derzeitigem Sachstand komme eine Abhilfe im Widerspruchsverfahren nicht in Betracht. Hiergegen hat der Kläger sinngemäß Widerspruch eingelegt.

Im Juli 2011 teilte die Alte L. Lebensversicherung AG den Beklagten mit, dass die Direktversicherung 1977 durch die Firma W. G. zu Gunsten des Klägers als Arbeitnehmer beantragt und mit Wirkung vom 01.01.1978 abgeschlossen worden sei. Während der Vertragslaufzeit habe es drei Versicherungsnehmerwechsel gegeben, zum 01.04.1981 auf die Firma C. GmbH, F. (bis 31.12.1983), im Zeitraum vom 01.01.1984 bis 31.12.1985 sei der Kläger selbst Versicherungsnehmer gewesen, anschließend ab 01.01.1986 bis 01.01.2009 die Firma R., M. St. Aufgrund der zwischenzeitlichen Versicherungsnehmereigenschaft des Klägers würden auf die Direktversicherung eine Ablaufleistung in Höhe von 85.275,52 EUR und auf die private Beitragszahlung eine Ablaufleistung 5.881,07 EUR entfallen.

Die Beklagten haben sodann mit Änderungsbescheid vom 11.08.2011 (Bl 54 Verwaltungsakte) eine Neuberechnung der Beiträge vorgenommen und nur noch den Arbeitgeberanteil in Höhe von 85.275,52 EUR der Beitragsbemessung zu Grunde gelegt. Monatlich seien als 1/120 statt 759,64 EUR nur 710, 63 EUR zu berücksichtigen.

Hiergegen erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers zwei gesonderte Widersprüche, gerichtet jeweils an die Beklagte zu 1) und zu 2). Mit Widerspruchsbescheid vom 22.09.2011 wurden die Widersprüche gegen die Bescheide vom 10.08.2009 und 11.08.2011 und das Hinweisschreiben vom 29.04.2011 als unbegründet zurückgewiesen (Bl 71 Verwaltungsakte).

Gegen diese (eine) Widerspruchsentscheidung der Beklagten hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers sechs Klageverfahren beim Sozialgericht Freiburg (SG) anhängig gemacht; jeweils getrennt gegen die Bescheide vom 10.08.2009 und 11.08.2011 und das Schreiben vom 29.04.2011, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.09.2011 und jeweils getrennt nach Kranken- und Pflegeversicherung gegen die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2). Er hat behauptet, ein "unglaubliches Verwaltungswirrwarr" sei "wegen der nicht gradlinigen Anwendung des Verfahrensrechts" durch die Beklagte entstanden. Mit Beschluss vom 19.07.2012 hat das SG alle Klageverfahren zusammengeführt und unter dem Az S 5 KR 5246/11 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Da sich alle sechs Klagen gegen den Widerspruchsbescheid vom 22.09.2011 richteten und es in allen Klagen um denselben Lebenssachverhalt gehe, sei eine Verbindung geboten.

Zur Begründung hat der Kläger vorgebracht, die Beitragsbemessung sei rechtswidrig. Arbeitgeber und Versicherungsnehmer sei die Ehefrau gewesen, weshalb der Sachverhalt nicht mit den üblicherweise von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen vergleichbar sei. Versicherungsnehmereigenschaft im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedeute nicht, dass der Kläger die Beiträge selber bezahlt haben müsse.

Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.

Mit Urteil vom 22.11.2012 hat das SG die Klagen abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Soweit sich die Klage gegen das Hinweisschreiben vom 29.04.2011 richte, sei sie unzulässig, da kein Verwaltungsakte vorliege. Der Bescheid vom 11.08.2011 sei nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens geworden, weshalb schon die hiergegen gesondert erhobenen Widersprüche unzulässig gewesen seien. Im Übrigen sei die Beitragsbemessung zutreffend erfolgt.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 29.11.2012 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Urteil des SG hat der Kläger am 17.12.2012 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Es bestehe "zwischen der Ehefrau und dem Kläger eine vermögensrechtliche Identität". Es liege eine Ehegatten-Innengesellschaft vor. Er sei von § 181 BGB befreit gewesen und habe selbst mit eigenem Namen für die Firmen seiner Ehefrau unterschrieben. Er sei damit selbst Versicherungsnehmer gewesen. Auch wenn seine Ehefrau als Betriebsinhaberin Versicherungsnehmerin gewesen sei, sei zu berücksichtigen, dass er ihr die Beiträge Monat für Monat ausgeglichen habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 22.11.2012 und den Bescheid der Beklagten zu 1) und zu 2) vom 10.08.2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 11.08.2011 sowie den Bescheid vom 29.04.2011, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.09.2011 aufzuheben.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nehmen auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats, die beigezogene Akte aus dem Verfahren L 11 KR 5239/11 sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegten Berufungen des Klägers sind statthaft und zulässig, aber unbegründet.

Die Berufung ist, soweit sie das Schreiben der Beklagten vom 29.04.2011 betrifft, schon deshalb unbegründet, weil insoweit die Klage unzulässig ist. Das LSG muss außer der Zulässigkeit der Berufung auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen des angegriffenen Urteils prüfen. Alle Sachentscheidungsvoraussetzungen der ersten Instanz mit Ausnahme der persönlichen Prozessvoraussetzungen - Beteiligtenfähigkeit (§ 70 SGG), Prozessfähigkeit (§§ 71, 72 SGG), Postulationsfähigkeit (§ 73 SGG) - werden in der Berufungsinstanz zu Voraussetzungen der Begründetheit (Urteile des Senats 07.08.2013, 28.04.2009, L 11 KR 2930/06, beide veröffentlicht in juris; Bernsdorff in Hennig SGG § 157 RdNr. 41). Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass das Hinweisschreiben vom 29.04.2011 kein Verwaltungsakt und eine Anfechtungsklage mithin unzulässig ist. Der Senat nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.

Der Bescheid vom 11.08.2011 ist, wie das SG ebenso zutreffend ausgeführt hat, nach § 86 SGG Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens geworden, weshalb schon die hiergegen gesondert erhobenen Widersprüche unzulässig gewesen sind.

Der Bescheid der Beklagten vom 10.08.2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 11.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.09.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Arbeitgeberanteil in Höhe von 85.275,52 EUR der erhaltenen Kapitalleistung in Höhe von 91.156,59 EUR ist von den Beklagten zu Recht zur Beitragsbemessung herangezogen worden.

Der Umfang der Beitragspflicht zur KV und PV beurteilt sich nach dem Versichertenstatus in dem Zeitpunkt, für den Beiträge erhoben werden. Der Kläger ist als gegen Arbeitsentgelt Beschäftigter nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V versicherungspflichtig in der gesetzlichen KV und in der sozialen PV (§ 20 Abs 1 Satz 1 SGB XI). Bei versicherungspflichtigen Beschäftigten werden nach § 226 Abs 1 S 1 SGB V der Beitragsbemessung zugrunde gelegt (1.) das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, (2.) der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, (3.) der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) und (4.) das Arbeitseinkommen, soweit es neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungsbezügen erzielt wird. Versicherungspflichtige tragen (§ 250 Abs 1 Nr 1 SGB V) und zahlen (§ 252 Abs 1 Satz 1 SGB V) die aus den Versorgungsbezügen zu entrichtenden Beiträge selbst.

Als Versorgungsbezüge gelten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, Renten der betrieblichen Altersversorgung (vgl § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V). Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalles vereinbart oder zugesagt worden, gilt 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate (§ 229 Abs 1 Satz 3 SGB V). Zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung gehören auch Renten, die – wie hier – aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung gezahlt werden. Um eine Direktversicherung handelt es sich, wenn für die betriebliche Altersversorgung eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen wird und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistung des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind. Sie ist dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie – wie vorliegend (vgl Bl 19 Senatsakte) die Versorgung des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Alter, bei Invalidität oder Tod bezweckt, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen soll. Unerheblich ist, ob der Abschluss nach Auffassung aller Beteiligten allein zur Ausnutzung der steuerlich anerkannten und begünstigten Gestaltungsmöglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung erfolgt ist. Der hinreichende Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistungen aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit des Arbeitnehmers für die Qualifizierung als beitragspflichtige Einnahme der betrieblichen Altersversorgung ist bei einer solchen für die betriebliche Altersversorgung typischen Versicherungsart der Direktversicherung gegeben (BSG 13.09.2006, B 12 KR 5/06 R, SozR 4-2500 § 229 Nr 4; B 12 KR 1/06 R und B 12 KR 17/06 R; weiterführend BSG 12.11.2008, B 12 KR 9/08 R und 10/08 R, SozR 4-2500 § 229 Nr 6; zuletzt BSG 30.03.2011, B 12 KR 24/09 R, SozR 4-2500 § 229 Nr 13 und 16/10 R, BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr 12; BSG 25.04.2012, B 12 KR 26/10 R, SozR 4-2500 § 229 Nr 16).

Die Verbeitragung von Kapitalzahlungen der betrieblichen Altersversorgung (einmaliger Versorgungsbezug) verstößt nach Ansicht des erkennenden Senats nicht gegen Verfassungsrecht (vgl zuletzt Entscheidungen vom 01.03.2011, L 11 KR 2421/09, juris, vom 29.09.2011, L 11 KR 2026/10; vom 26.06.2012, L 11 KR 408/11; vom 23.01.2013, L 11 KR 3371/12; vom 12.03.2013, L 11 KR 1029/11; vom 14.05.2013, L 11 KR 46080/11; vom 25.06.2013, L 11 KR 4271/12, vom 17.03.2014, L 11 KR 3839/13 und vom 24.06.2014, L 11 KR 5461/13). Der Senat schließt sich weiterhin der ständigen Rechtsprechung des BSG an (Urteile vom 12.11.2008, B 12 KR 6/08 R, B 12 KR 9/08 R und B 12 KR 10/08 R, jeweils mwN; zuletzt Urteile vom 30.03.2011, B 12 KR 24/09 R und 16/10 R, und vom 25.04.2012, B 12 KR 26/10 R, aaO) und den Entscheidungen des BVerfG (Beschlüsse vom 04.04.2008, 1 BvR 1924/07 und vom 06.09.2010, 1 BvR 739/08, SozR 4-2500 § 229 Nr 10). Eine verfassungs- oder europarechtswidrige Ungleichbehandlung des Klägers bzw eine Verletzung von Vertrauenstatbeständen liegt nicht vor. Die vom BSG vorgenommene Typisierung, wonach auch die nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses teilweise arbeitnehmerfinanzierte Direktversicherung, bei welcher der Arbeitgeber Versicherungsnehmer ist, einen Versorgungsbezug im Sinne des § 229 SGB V bildet, ist mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar (BVerfG 06.09.2010, 1 BvR 739/08, juris). Ein Verstoß gegen Grundrechte ergibt sich auch dann nicht, wenn der Versorgungsbezug aus bereits zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogenem Arbeitsentgelt finanziert worden ist (BVerfG 06.09.2010, 1 BvR 739/08, juris). Im Beschluss vom 28.09.2010 (1 BvR 1660/08, juris) hat das BVerfG noch einmal bestätigt, dass die Einbeziehung der nicht wiederkehrenden Versorgungsleistungen in die Beitragspflicht nach § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V grundsätzlich weder gegen die wirtschaftliche Handlungsfreiheit iVm dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes noch gegen Art 14, 2 Abs 1 und 3 Abs 1 GG verstößt.

Einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG sieht das BVerfG nur dann, wenn auch diejenigen Kapitalleistungen der Beitragspflicht unterworfen werden, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat (Beschluss vom 28.09.2010, 1 BvR 1660/08, SozR 4-2500 § 229 Nr 11). Das BVerfG stellt nicht nur auf die Tragung der Versicherungsprämien durch den Mitarbeiter ab, sondern darauf, dass bei Direktversicherungen durch das Einrücken des Mitarbeiters in die Stellung des Versicherungsnehmers der institutionelle Rahmen der Betriebsrente verlassen wird (BVerfG 28.09.2010, 1 BvR 1660/08, aaO; BVerfG 14.04.2011, 1 BvR 2123/08, juris). Dies haben die Beklagten nunmehr beachtet, indem die auf der eigenen Versicherungsleistung des Klägers beruhenden Auszahlungen nicht zur Beitragserhebung herangezogen werden, sondern nur den Arbeitgeberanteil in Höhe von 85.275,52 EUR. Die streitgegenständliche Verbeitragung der Kapitalzahlungen in den Bescheiden vom 14.06.2013 hält den verfassungsrechtlichen Vorgaben stand.

Soweit der Kläger sinngemäß geltend macht, er habe unter Befreiung von § 181 BGB für die Firma R. handeln dürfen, mag das zutreffen, ändert aber nichts an den jeweiligen Versicherungsnehmereigenschaften. Der Kläger hat - für den Vertragspartner ersichtlich - als Vertreter für die Firma R. unterschreiben dürfen. Seine Erklärung hat gegen den Vertretenen und nicht gegen ihn selbst gewirkt (§ 164 Abs 1 Satz 1 BGB). Dass sein Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervorgetreten sei, so dass ein Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht käme (§ 164 Abs 2 BGB), ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Im Gegenteil war für den Vertragspartner, die Alte L. Versicherung AG stets ersichtlich und hat sich sogar gesondert bestätigen lassen, dass der Kläger in Befreiung von § 181 BGB nur als Vertreter der Firma R. handelt und dass die Firma R. ab 01.01.1986 Versicherungsnehmer war (vgl Bl 27, 31 Senatsakte).

Ebenso irrelevant ist der Vortrag des Klägers, er habe seiner Ehefrau die Beiträge stets rückerstattet. Solange der Arbeitgeber Versicherungsnehmer ist, spielt es keine Rolle, ob der Arbeitnehmer die Prämien zahlt (BSG 30.03.2011, B 12 KR 24/09 R, SozR 4-2500 § 229 Nr 13 Rn 22; BVerfG 06.09.2010, 1 BvR 739/08, NZS 2011, 463).

Einwände gegen die Berechnung der Beiträge werden nicht erhoben. Die Beklagten haben die von der Alten L. Lebensversicherung mitgeteilte Kapitalzahlung in Höhe des Arbeitgeberanteils von 85.275,52 EUR, zugrunde gelegt. Ein Hundertzwanzigstel dieser Kapitalleistung ist 710, 63 EUR. Unter Ansatz der jeweiligen Beitragssätze (§ 241 SGB V, § 55 SGB XI) errechnen sich die von der Kläger zu zahlenden Beiträge zur KV und PV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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