L 6 U 4801/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 1923/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 4801/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine richtungsgebende Verschlimmerung eines vorbestehenden degenerativen Vorschadens kann dann in Betracht kommen, wenn der Sachverständige erst eine durch das Unfallereignis aktivierte Arthrose beschrieben hat. Es muss dann durch die traumatische Gewalteinwirkung zu ersten und verstärkt aufgetretenen Beschwerden gekommen sein. Dabei ist für die Beurteilung der Kausalität das Unfallereignis selbst (kein alltägliches Ereignis,) aber auch der prognostizierte Zeitpunkt des Auftretens von Beschwerden von Bedeutung. Wenn aufgrund der bis dahin ausgeübten, körperlich belastenden Tätigkeit kein Anhalt dafür besteht, dass die Vorschädigung eine Ausprägung hatte, aufgrund derer jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu der selben Zeit zu der Beschwerdesymptomatik geführt hätte, so besteht kein Anlass zu der Annahme, die Beschwerden wären auch ohne den Unfall zu der selben Zeit eingetreten, was zu Lasten des insoweit beweispflichtigen Unfallversicherungsträgers geht.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 11. September 2012 teilweise aufgehoben sowie der Bescheid vom 21. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2010 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. für die Zeit vom 1. Mai bis 2. September 2006 zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin 1/10 ihrer außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente streitig.

Die am 09.04.1955 in der Ukraine geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt, arbeitete zunächst als Näherin, lebte dann für einige Jahre in Kasachstan und war dort als Fabrikarbeiterin beschäftigt und kehrte dann in die Ukraine zurück, wo sie in einer Pelzfabrik arbeitete. Nach ihrer Übersiedlung ins Bundesgebiet im Jahr 1991 war sie zunächst arbeitslos, ab dem Jahr 1994 arbeitete sie als Reinigungskraft im S. J.-Krankenhaus in F.

Am 03.03.2006 rutschte die Klägerin um 06:50 Uhr auf dem Weg zur Arbeit auf dem Krankenhausgelände auf Glatteis aus, während sie in der rechten Hand einen Schirm hielt. Sie fiel auf das rechte Kniegelenk und mit angelegtem Arm auf die rechte Schulter. Nachdem sie von der Stationsschwester mit Eisanwendungen und Salben versorgt worden war, ging sie ihrer Arbeit nach, beendete diese jedoch früher und suchte nachmittags den Durchgangsarzt Dr. S. auf. Dort gab sie an, auf dem Weg zur Arbeit auf Glatteis ausgerutscht und auf das rechte Kniegelenk gestürzt zu sein. Dr. S. stellte an Befunden ein druckschmerzhaftes Hämatom praepatellar rechts, eine freie Beweglichkeit des rechten Kniegelenkes, kein intraarterieller Erguss, keine Bakerzyste, negative Meniskuszeichen, eine feste Bandführung, eine gute Beweglichkeit des Hüftgelenkes und Schmerzen im Bereich der Kniekehle bei Überstreckung fest. Der Röntgenbefund zeigte eine Verschmälerung des medialen Gelenkspaltes, keine Fraktur und einen ansonsten normalen knöchernen Befund. Dr. S. diagnostizierte eine Prellung der Patella und verordnete lokale Eisbehandlung sowie Salbenverbände und gab an, die Klägerin sei arbeitsfähig. In dem Zwischenbericht vom 09.03.2006 wurde vermerkt, sie habe über Schmerzen am medialen Gelenkspalt geklagt. In diesem Bereich liege eine leichte Schwellung vor, kein intraarterieller Erguss, keine Überstreckung, die Meniskuszeichen medial seien positiv, lateral negativ und es liege keine Bakerzyste vor. Diagnostiziert wurde der Verdacht auf eine Innenmeniskusläsion rechts und es wurde eine kernspintomographische Untersuchung (MRT) veranlasst.

Der MRT-Bericht vom 13.03.2006 beschrieb eine fortgeschrittene Varusgonarthrose mit höhergradigen umschriebenen und flächenhaften Defekten am hyallnen Gelenkknorpel des medialen tibio-femoralen Kompartiementes, aber auch femoro-patellar, einen hochgradigen degenerativen Innenmeniskusschaden mit großen Mazerationsfeldern insbesondere im Hinterhorn. Eindeutige darüber hinausgehende frische traumatische Veränderungen seien nicht dargestellt, insbesondere auch kein Gelenkerguss und kein Contusionsödem. Allerdings fänden sich diskrete subcorticale reaktive Veränderungen im Sinne von beginnenden Geröllzystenbildungen an den medialen Condylen und ein geringes Kapselödem ventro-medial. Hier könne eine diskrete Kapselzerrung vorliegen oder eine Entzündungsreaktion im Sinne einer sogenannten traumatisch aktivierten Gonarthrose. Die Kreuz- und Kollateralbänder seien intakt, es liege kein Hinweis auf eine frische Ruptur von Meniskus oder Bandstrukturen vor.

Dr. M., Facharzt für Orthopädie, diagnostizierte bei der Klägerin am 15.03.2006 eine aktivierte Gonarthrose rechts bei Druckschmerz am medialen Gelenkspalt, mäßigem intraarteriellen Erguss, festem Bandapparat und Extension/Flexion des rechten Kniegelenkes von 0/0/110°. Er ordnete eine Behandlung zu Lasten der AOK an. In dem Zwischenbericht vom 23.03.2006 vermerkte er, die Klägerin habe angegeben vor dem Unfall nie Kniebeschwerden gehabt zu haben.

Nach der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. vom 26.04.2006, wonach die Prellung abgeheilt und die Beschwerden auf die Arthrose zurück zu führen seien, so dass die jetzige Behandlung zu Lasten der Krankenkasse zu erfolgen habe, teilte die Beklagte Dr. M. mit Schreiben vom 10.05.2006 mit, dass die Behandlung weiter zu Lasten der AOK durchzuführen sei, da die Klägerin lediglich eine inzwischen vollständig abgeheilte Prellung der Kniescheibe erlitten habe, die noch bestehenden Beschwerden auf die Gonarthrose zurückzuführen und daher unfallunabhängig seien. Dies wurde der Klägerin in einem Telefonat am 25.08.2006 eröffnet. In dem Unfallfragebogen der AOK gab die Klägerin am 08.06.2006 an, sie sei bei Schneeglätte auf die rechte Körperseite ausgerutscht, habe sich dabei am rechten Knie verletzt und, wie jetzt festgestellt, habe sie auch an der rechten Schulter einen Muskelriss.

Am 19.05.2006 erfolgte ein MRT der rechten Schulter. In dem MRT-Bericht wurden eine Komplettruptur der Supra- und Infraspinatussehne mit Retraktion der Sehnenstümpfe, eine deutliche Atrophie des Supraspinatusmuskelbauches sowie eine mäßige Atrophie des Infraspinatusmuskelbauches bei erhaltener Subscapularissehne und Labrum, ein entsprechendes Höhertreten des Humeruskopfes, ein deutlich kommunizierender Erguss in der Bursa und im Gelenkraum und eine enthesiopathische Zystenbildung am Tuberculum majus beschrieben.

Am 27.06.2006 wurde durch Dr. L. eine Arthroskopie der rechten Schulter durchgeführt. Dr. L. führte in dem Operationsbericht aus, die lange Bicepssehne und die Subscapularissehne seien zum Teil gerissen, bei ausgeprägter Synovitis mit zottig veränderter Gelenkinnenhaut, die Supra- und Infraspinatussehne seien komplett abgerissen und deutlich retrahiert, Osteophyten seien abgetragen und große Teile der Bursa entfernt worden, die Restrotatorenmanschette sei entsprechend mobilisiert worden, sie sei von außergewöhnlich schlechter Qualität und mehrfach wieder eingerissen, so dass ein vollständiger Verschluss der Manschette nicht mehr möglich sei.

Am 29.08.2006 trug die Klägerin bei der Beklagten vor, sowohl die Beschwerden im Knie, als auch an der Schulter seien durch den seinerzeitigen Sturz am 03.03.2006 bedingt, es seien antragsgemäß Leistungen zu gewähren. In Fragebögen der Beklagten gab die Klägerin am 19.10.2006 an, sie sei ausgerutscht und auf das rechte Knie und weiter auf die rechte Schulter gefallen. Den Regenschirm, den sie in der rechten Hand gehalten habe, habe sie beim Fallen auf die Seite geworfen. Der Fuß sei nicht fixiert gewesen. Es sei zu einer gewaltsamen Verdrehung des Kniegelenks nach rechts gekommen. Sie habe das Kniegelenk danach noch teilweise belasten können. Ihr Ehemann habe sie zum Arzt gefahren. Sie habe bereits früher Verletzungen/Erkrankungen an der betroffenen Schulter gehabt und sei deswegen in Behandlung gewesen.

Die Beklagte holte bei Prof. Dr. W. ein orthopädisches Gutachten ein. Dieser führte nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 08.01.2007 aus, die Klägerin habe geäußert, seit etwa drei bis vier Jahren Schmerzen in der rechten Schulter zu haben. Sie sei deswegen mit konservativen Maßnahmen sowie medikamentös behandelt worden, im Jahr 2003 in einem Heilverfahren gewesen und auch vor dem Jahr 2006 wiederholt krankgeschrieben worden, Kniebeschwerden habe sie vor dem 03.03.2006 keine gehabt. Im rechten Knie habe sie nach dem Sturz gleich starke Schmerzen verspürt und das Gelenk sei angeschwollen. Später habe sich auch an der Innenseite des Kniegelenkes ein Bluterguss gezeigt. Gleich nach dem Sturz habe sie auch Schulterschmerzen gehabt, diese seien jedoch nicht so schlimm gewesen. Prof. Dr. W. kam zu der Bewertung, dass sich aufgrund der Unfallmechanik ausschließen lasse, dass die Veränderungen an der Rotatorenmanschette verletzungsbedingt seien, weil es durch eine direkte Krafteinwirkung auf die Schulter nicht zu einer Zerreißung der Rotatorenmanschette kommen könne, dies sei nur durch eine Zugbeanspruchung möglich. Auch der kernspintomographische Befund vom 19.05.2006 spreche gegen einen Unfallzusammenhang, denn es handle sich bei den festgestellten Veränderungen eindeutig um alte und es gebe keine Hinweiszeichen für eine erst etwa zehn Wochen alte Schulterverletzung. Auch nach der Symptomatologie sei davon auszugehen, dass sich über einen längeren Zeitraum hinweg ein Defekt der Rotatorenmanschette mit Kontinuitätsunterbrechung der Supra- und Infraspinatussehne entwickelt habe. Nach dem Operationsbericht von Dr. L. vom 27.06.2006 hätten sich nicht nur an der Rotatorenmanschette, sondern auch am Schultergelenk selbst erhebliche krankhafte Veränderungen im Sinne einer Omarthrose, also eines Gelenkverschleißes, gefunden. Ausdrücklich sei vermerkt worden, dass die Supra- und Infraspinatussehne von "außergewöhnlich schlechter Qualität" gewesen sei, also stark ausgeprägte krankhafte Veränderungen im Sinne einer sogenannten Tendopathie aufgewiesen habe. Nach eigenen Angaben leide die Klägerin schon seit etwa 2003 unter immer wieder auftretenden rechtsseitigen Schulterbeschwerden, daher spreche auch die Schulteranamnese gegen einen Unfallzusammenhang. Die überlassenen Röntgenaufnahmen aus den Jahren 2002 und 2003 zeigten die typischen indirekten Hinweiszeichen für eine Erkrankung der Rotatorenmanschette. Zusammenfassend sei nicht wahrscheinlich, dass sich die Klägerin am 03.03.2006 eine Verletzung der rechten Schulter zugezogen habe. Nach den Angaben der Klägerin sei es am 03.03.2006 zu einer direkten Krafteinwirkung von vorn auf das Kniegelenk gekommen. Dem entspreche, dass im Durchgangsarztbericht vom 03.03.2006 eine Kniescheibenprellung beschrieben worden sei. Es habe sich damals ein druckschmerzafter Bluterguss (Hämatom) an der Vorderseite des Knies über der Kniescheibe gefunden. Ein Kniegelenkserguss sei nicht vorhanden und die Beweglichkeit bei negativen Meniskuszeichen und stabiler Bandführung am Kniegelenk sei frei gewesen. Es gebe somit keine Hinweise für eine Verletzung des Kniegelenkes selbst. Dem Bericht von Dr. S. vom 09.03.2006 sei zu entnehmen, dass die Klägerin über Schmerzen am inneren Kniegelenksspalt geklagt habe und auch Hinweise für einen Innenmeniskusschaden am rechten Kniegelenk bestanden hätten. Zwischen dem 03.03.2006 und dem 09.03.2006 sei es zu einem Symptomwandel gekommen. Die Symptome der abgelaufenen Knieprellung seien abgeklungen und die Symptomatik sei dann bestimmt worden durch die Zeichen einer Innenmeniskusschädigung. Der vermutete Innenmeniskusschaden habe sich bei der kernspintomographischen Untersuchung bestätigt. Laut dem Befundbericht seien ausschließlich degenerative Veränderungen mit zum Teil fortgeschrittenen Schäden an den Gelenkflächen und am Innen- und Außenmeniskus festgestellt worden. Ausdrücklich vermerkt worden sei, dass es keine Hinweiszeichen für eine zurückliegende frischere Verletzung des Kniegelenkes gebe. Dem entsprechend habe Dr. M. am 15.03.2006 eine aktivierte Gonathrose festgestellt. Der Unfall sei nicht wesentlich mitwirkende Teilursache der Beschwerden an dem rechten Knie.

Die Beklagte holte bei dem Praxisnachfolger von Dr. M., Dr. S., Unterlagen und Röntgenbilder bei, so unter anderem den Bericht über eine 3-Phasen-Skelettzintigraphie vom 11.05.2006 (AC-Gelenksarthrose beidseits, Ansatztendinose (nicht Tendinitis) im Humeruskopf rechts lateral gelegen, keine wesentliche Omarthrose, massive, geringgradig entzündlich aktivierte, medialbetonte Gonarthrose rechts, degenerative Veränderungen der Metatarsalgelenke (Lisfranc) beidseits, Hallux valgus beidseits).

Prof. Dr. W. gab nach Auswertung der Unterlagen einschließlich der Röntgenaufnahmen von Dr. S. vom 03.03.2006 in einer ergänzenden Stellungnahme vom 12.04.2007 an, die Röntgenbilder zeigten eine deutliche Höhenminderung des inneren Kniegelenkspalts mit vermehrter Sklerosierung der Gelenkfläche des Schienbeinkopfes. Die Gelenkflächen seien wellig konturiert. Aus dem Röntgenbefund ergebe sich, dass am rechten Kniegelenk degenerative Veränderungen im Sinne einer medialen Gonarthrose vorhanden gewesen seien. Es hätten bereits zum Unfallzeitpunkt krankhafte Veränderungen am rechten Kniegelenk im Sinne einer medialen Gonarthrose und degenerative Veränderungen am Innen- und Außenmeniskus (sogenannte Meniskopathie) vorgelegen. Nach den ärztlichen Berichten seien die Symptome der Knieprellung innerhalb weniger Tage abgeheilt. Ab dem 09.03.2006 hätten die Krankheitszeichen der unfallunabhängigen Veränderungen am rechten Kniegelenk ganz im Vordergrund gestanden.

Mit Bescheid vom 10.05.2007 lehnte die Beklagte die Übernahme der Behandlungskosten ab dem 09.03.2006 ab. Die Klägerin habe sich am 03.03.2006 eine Prellung zugezogen, ab dem 09.03.2006 sei eine Behandlung nicht mehr wegen der Prellung des rechten Kniegelenkes erforderlich gewesen. Vielmehr hätten die erheblichen degenerativen Veränderungen des rechten Kniegelenkes im Sinne einer medialen Gonarthrose und die erheblichen krankhaften Veränderungen an den Weichteilen der rechten Schulter mit Rotatorenmanschettendefekt behandelt werden müssen, die nicht auf den Unfall zurückzuführen seien. Der hiergegen eingelegte Widerspruch, der im Wesentlichen damit begründet wurde, dass die krankhaften Veränderungen erst durch den Unfall "aktiviert" zu Beschwerden geworden seien, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2007 zurückgewiesen. Bei der Verletzung der Rotatoren-manschette handle es sich um eine schicksalhafte Erkrankung ohne Zusammenhang mit dem Ereignis vom 03.03.2006. Die Klägerin leide an einer Kniegelenksarthrose, die durch den Arbeitsunfall weder verursacht, noch dauernd oder richtunggebend verschlimmert worden sei. Die Anlage sei so leicht ansprechbar, das auch jedes andere, ähnlich gelagerte Ereignis die Beschwerden zur gleichen Zeit oder in naher Zukunft hätte auslösen können.

Im Rahmen der hiergegen am 24.08.2007 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage (Az.: S 9 U 4563/07) holte das SG sachverständige Zeugenaussagen behandelnder Ärzte ein. Der Orthopäde Dr. Q. gab in seiner Stellungnahme vom 24.09.2007 unter anderem an, es sei eine Operation des rechten Kniegelenkes in Form einer Gelenkspiegelung mit Innenmeniskusteilentfernung erfolgt, dabei habe sich eine erhebliche Arthrose vor allen Dingen des innenseitigen Gelenkbereiches gezeigt. Bei den degenerativen Veränderungen der Schulter und des Kniegelenkes werde es im weiteren Verlauf wahrscheinlich immer wieder zu auftretenden Beschwerden und Fortführen der degenerativen Verhältnisse kommen. Der Orthopäde Dr. N. führte in seiner Stellungnahme vom 22.11.2007 an Diagnosen ein chronisches Schmerzsyndrom, Grad III nach Gerbershagen, eine deutliche Fibromyalgiesymptomatik, einen Verdacht auf eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine mittelgradige depressive Episode, ein pseudoradikuläres LWS-Syndrom beidseits, eine deutliche Irritation des Ligamentum Iliolumbale beidseits und eine deutliche muskuläre Dysbalance sowie ab dem 02.07.2007 einen mäßigen Reizzustand beider Kniegelenke bei Chondropathia patellae auf. Der Neurochirurg Dr. S. teilte in seiner Stellungnahme vom 21.12.2007 die Diagnose Schulterarmschmerzen rechts unklarer Genese mit.

Prof. Dr. S. vertrat in seinem vom SG eingeholten orthopädischen Gutachten nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 07.05.2008 die Auffassung, ein Unfallzusammenhang mit den rechtsseitigen Schulterbeschwerden sei unwahrscheinlich. Das geschilderte und dokumentierte Unfallereignis sei nicht geeignet, zu einer Rotatorenmanschettenruptur zu führen und davon ausgehende Beschwerden zu verstärken. Im D-Arztbericht sei kein entsprechender Befund aufgeführt und aus Befundberichten seien Vorschäden an der rechten Schulter bekannt. Beim Sturz sei es bestenfalls zu einer Prellung der rechten Schultervorderseite gekommen. Eine wesentliche richtunggebende Verschlimmerung der arthrotischen Veränderungen sei weder im Bereich der rechten Schulter noch am rechten Kniescheibengelenk zu erkennen. Dass es zu einer erheblichen Gewalteinwirkung auf die rechte Kniescheibe gekommen sei, verdeutliche der im D-Arztbericht beschriebene praepatellare Bluterguss. Erfahrungsgemäß erforderten traumabedingte Beschwerden von Seiten vorbestehender degenerativer Veränderungen eine mindestens sechswöchige Behandlungsdauer. Er schlage vor, die Behandlung mit dem 30.04.2006 zu beenden. Ursächlich auf das Ereignis vom 03.03.2006 zurückzuführen sei die vorübergehende Verschlimmerung einer Arthrose im rechten Kniescheibengelenk aufgrund der direkten Gewalteinwirkung auf das Kniescheibengelenk mit unfallbedingtem vorübergehendem rechtsseitigem Kniefunktionsschmerz. Unfallbedingte Rückwirkungen auf das Cervical- und Lumbalsyndrom sowie die Fußveränderungen seien nicht begründbar. Auch das chronische Schmerzsyndrom sei schon davor behandlungsbedürftig gewesen. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätze er vom 03.03. bis 30.04.2006 auf 100 von Hundert (v. H.), vom 01.05. bis 02.09.2006 auf 20 v. H. und ab 03.09.2006 auf unter 10 v. H.

Dr. K. brachte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme hiergegen vor, nachdem weder im D-Arztbericht vom 03.03.2006 noch im Zwischenbericht vom 09.03.2006 Befunde mitgeteilt worden seien, die das Kniescheibengelenk beträfen und auch die später durchgeführten Untersuchungen zu keinem Zeitpunkt einen verletzungsspezifischen Befund im Bereich des Femuropatellargelenkes nachgewiesen hätten, könne der Argumentation von Prof. Dr. S., dass von einer vorübergehenden Verschlimmerung der Arthrose im rechten Kniescheibengelenk auszugehen sei, nicht gefolgt werden, wie auch nicht der angenommenen MdE. Ohne Nachweis eines verletzungsspezifischen intraarticulären Befundes könne der erhobene Befund nicht als unfallbedingt angesehen werden. Gefolgt werden könne dem Vorschlag, unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 30.04.2006 anzuerkennen. Prof. Dr. S. erwiderte hierzu in einer ergänzenden Stellungnahme, es sei unzweifelhaft, dass nach dem Unfall retropatellare Beschwerden bestanden hätten. Es sei hinreichend bekannt, dass geeignete Traumen in der Lage seien, Beschwerden von Seiten vorbestehender, vorher stummer arthrotischer Veränderungen auszulösen und zu einer Verschlimmerung der Arthrose zu führen.

In der mündlichen Verhandlung am 22.10.2009 schlossen die Beteiligten den Vergleich, dass die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 10.05.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2007 Arbeitsunfähigkeit und medizinische Behandlungsbedürftigkeit infolge des Arbeitsunfalls vom 03.03.2006 bis einschließlich 30.04.2006 anerkenne, die Klägerin die Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen des Arbeitsunfalls beantrage und die Beklagte diesen Antrag unverzüglich verbescheide.

Nachdem Dr. K. in einer weiteren Stellungnahme erläuterte, dass in der unfallnah durchgeführten kernspintomographischen Untersuchung des rechten Kniegelenkes kein Knochenödem habe nachgewiesen werden können und damit eine Traumatisierung des Femuropatellargelenkes auszuschließen sei und eine Verschlimmerung nur vorliegen könne, wenn die Gesundheitsstörung bereits vor Eintritt des Versicherungsfalles als klinisch manifester, mit objektivierbaren Veränderungen verbundener Krankheitszustand, nachweisbar vorhanden gewesen sei, wurde mit Bescheid vom 21.01.2010 der Unfall als Arbeitsunfall anerkannt. Ein Anspruch auf Rente bestehe nicht. Die Erwerbsfähigkeit sei über die 26. Woche nach Eintritt des Arbeitsunfalls nicht um wenigstens 20 v. H. gemindert. Die Prellung des rechten Kniegelenkes sei folgenlos ausgeheilt.

Hiergegen legte die Klägerin am 04.02.2010 Widerspruch ein, der damit begründet wurde, sie sei mittlerweile noch dreimal operiert worden, ihr Gesundheitszustand habe sich verschlechtert. Vorgelegt wurde ein Bescheid vom 28.07.2009 über die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 70 seit 23.03.2009 und des Merkzeichens G. Unter Funktionsbeeinträchtigungen wurde unter anderem eine Kniegelenksendoprothese rechts, eine Funktionsbehinderung des linken Kniegelenkes und eine Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks, operiert, aufgeführt. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die noch vorliegenden Beschwerden seien nicht Folgen der Prellung des rechten Kniegelenkes. Diese sei bis zum 30.04.2006 folgenlos ausgeheilt, es bestehe keine rentenberechtigende MdE. Dagegen hat die Klägerin am 13.04.2010 beim SG mit der Begründung, die vorliegenden Beschwerden seien ausschließlich Folge der beim Unfall erlittenen Verletzungen und rechtfertigten allein aufgrund des Unfalls und seiner Folgen eine MdE von mehr als 20 v. H., Klage erhoben.

Zur weiteren Aufklärung hat das SG Dr. S. schriftlich als sachverständigen Zeugen einvernommen. Er hat in seiner Stellungnahme vom 11.01.2011 insbesondere angegeben, bei starker Gonarthrose rechts sei am 07.03.2009 eine prothetische Versorgung durchgeführt worden. Seine Befunde und Schlussfolgerungen würden nicht von dem Gutachten von Prof. Dr. S. abweichen. Beigefügt hat er den Operationsbericht vom 16.03.2009 (der Röntgenbefund finde sich bestätigt, medial Knochenglatzen, lateral patello-femoral mäßige degenerative Veränderungen, die Patella selbst sei nur wenig verändert, überstehende Osteophyten seien abgetragen worden).

Mit Urteil vom 11.09.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach den überzeugenden Feststellungen von Prof. Dr. S. sei es zwar bei dem Unfall vom 03.03.2006 zu einer erheblichen Gewalteinwirkung auf die rechte Kniescheibe gekommen. Wenn nach einer sechswöchigen Behandlungsdauer röntgenologisch kein rasches Fortschreiten der degenerativen Veränderungen zu erkennen sei, müsse davon ausgegangen werden, dass eine weiter erforderliche Behandlung nicht den Unfallfolgen, sondern der vorbestehenden degenerativen Veränderung zuzurechnen sei. Nach dem 30.04.2006 seien die Beschwerden nicht mehr den Unfallfolgen zuzurechnen.

Hiergegen hat die Klägerin am 19.11.2012 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und ausgeführt, die über den 30.04.2006 hinaus bestehenden Beschwerden stellten Unfallfolgen dar. Es sei durchaus ein rasches Fortschreiten der degenerativen Veränderungen zu erkennen. Die Beschwerden seien durch den Unfall nicht nur ausgelöst worden, sondern hätten an Intensität zugenommen. Es seien Operationen am verletzten Kniegelenk und der rechten Schulter durchgeführt worden.

Die Klägerin beantragt sachdienlich gefasst,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 11. September 2012 aufzuheben, den Bescheid vom 21. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2010 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihr eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 40 v. H. zu gewähren, hilfsweise ein Sachverständigengutachten hinsichtlich der Unfallfolgen und ihrer Beschwerden einzuholen, welches auf sämtliche seit dem Unfall durchgeführte Behandlungen und Beschwerden eingeht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat sie vorgebracht, die Gutachten von Prof. Dr. W. und Prof. Dr. S. belegten nachvollziehbar, dass die Beschwerden und Veränderungen im Bereich der rechten Schulter nicht auf den Arbeitsunfall zurückzuführen seien. Es handle sich um degenerative Veränderungen, die durch das Ereignis weder verursacht, noch dauernd oder richtunggebend verschlimmert worden seien. Durch den Sturz auf das Knie sei es zu einer folgenlos ausgeheilten Prellung des Kniegelenkes gekommen. Traumatische Kniebinnenschäden seien durch die MRT-Untersuchung ausgeschlossen worden.

Die frühere Berichterstatterin hat am 23.07.2013 die Sach- und Rechtslage im Rahmen einer nicht-öffentlichen Sitzung mit den Beteiligten erörtert.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die Gerichtsakte des Verfahrens S 9 U 4563/07 am SG und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Das SG hat die Klage teilweise zu Unrecht abgewiesen, denn der angegriffene Bescheid vom 21.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2010 ist teilweise rechtswidrig und verletzt die Klägerin insoweit in ihren Rechten. Sie hat infolge des Arbeitsunfalls vom 03.03.2006 Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente für die Zeit vom 01.05. bis 02.09.2006.

Anspruchsgrundlage für die Gewährung einer Verletztenrente ist § 56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (Abs. 2 Satz der Vorschrift). Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht (Abs. 3 der Vorschrift).

In Ausführung des gerichtlichen Vergleichs vom 22.10.2009 hat die Beklagte den Unfall der Klägerin vom 03.03.2006 als Versicherungsfall gemäß § 7 SGB VII im Sinne eines Arbeitsunfalls mit dem Bescheid vom 21.01.2010 förmlich anerkannt. Einen Anspruch auf Verletztenrente kann die bei der Beklagten versicherte Klägerin aus diesem Arbeitsunfall nur ableiten, wenn aufgrund des durch den Arbeitsunfall erlittenen Gesundheitserstschadens länger, nämlich über die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus, andauernde gesundheitliche Folgeschäden entstanden sind, die mit einer MdE um mindestens 20 v. H. zu bewerten sind. Dies ist zur Überzeugung des Senats nur in dem tenorierten Umfang der Fall.

Die Beklagte hat bereits in dem Bescheid vom 10.05.2007 und dem Widerspruchsbescheid vom 24.07.2007 im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Übernahme von Behandlungskosten festgestellt, dass die Klägerin sich nur eine Prellung des rechten Kniegelenkes zugezogen hat und die Veränderungen des rechten Kniegelenkes und die Veränderungen an der rechten Schulter nicht auf den Unfall zurück zu führen sind. Die Bestandskraft dieses Bescheides infolge des vor dem SG in dem Verfahren S 9 U 4563/07 geschlossenen Vergleichs hat die Beklagte jedoch nicht daran gehindert, mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 21.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2010 den Antrag auf Verletztenrente zu bescheiden und dabei (neu) die Unfallfolgen zu prüfen. Weder der Bescheid vom 10.05.2007 noch der Vergleich vom 22.10.2009 haben über die Unfallfolgen und die Höhe der MdE eine Entscheidung getroffen. Vielmehr sind in dem Bescheid vom 10.05.2007 nur in der Begründung der Entscheidung zu den Behandlungskosten Ausführungen zu Unfallfolgen gemacht worden. Während die versicherte Tätigkeit, die Art und das Ausmaß des Unfallereignisses, der Gesundheitserstschaden und die hierdurch verursachten länger andauernden Unfallfolgen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden müssen, ist für die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität, welche nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen sind, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich vgl. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).

Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftiger Weise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Der wissenschaftliche Erkenntnisstand ist die Grundlage, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen des konkreten Versicherten zu bewerten sind. Bei dieser einzelfallbezogenen Bewertung kann nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten abgestellt werden, aber nicht so wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Aussage, der Versicherte sei so geschützt, wie er die Arbeit antritt, ist ebenfalls diesem Verhältnis von individueller Bewertung auf objektiver, wissenschaftlicher Grundlage zuzuordnen. Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat anhand des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes.

Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Wenn es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen gibt, ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere/n Ursache/n keine überragende Bedeutung hat/haben. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur diese Ursache/n "wesentlich" und damit Ursache/n im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (st. Rspr, vgl. z. B. BSG, Urteil vom 30.01.2007 - B 2 U 23/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 22). Ist die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen, so ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte.

Bei dieser Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne Weiteres zu unterstellen ist. Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache beziehungsweise dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, ferner das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, die Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein.

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung gegebenenfalls in einem oder mehreren Schritten zu prüfende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, vor allem wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Aber es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache das angeschuldigte Ereignis eine Ursache ist oder die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellte versicherte Ursache im naturwissenschaftlichen Sinn automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze steht der Klägerin eine Verletztenrente in dem vom Senat tenorierten Umfang zu, denn die auf den Arbeitsunfall vom 03.03.2006 mit Wahrscheinlichkeit zurückzuführenden Gesundheitsfolgeschäden bedingen eine MdE von mindestens 20 v. H. für die Zeit vom 01.05. bis 02.09.2006 und damit über die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus. Dadurch wird auch die erforderliche Mindestdauer der MdE, die Renten für Minimalzeiten ausschließen soll, bei denen Schäden im Erwerbseinkommen nicht zu erwarten sind (so Ricke, Kasseler Kommentar, § 56 Rn. 3), erreicht. Dies hat der Senat der Auswertung der medizinischen Unterlagen, insbesondere des Gutachtens von Prof. Dr. S., das vom SG im Verfahren auf Verletztengeld (S 9 U 4563/07) eingeholt worden ist, und des von der Beklagten im Verwaltungsverfahren bei Prof. Dr. W. eingeholten Gutachtens, die im Wege des Urkundenbeweis verwertet werden sowie den beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. K., entnommen.

Denn es ist hinreichend wahrscheinlich, dass durch das Ereignis eine richtungsgebende Verschlimmerung der vorbestehenden degenerativen Veränderungen am Kniegelenk eingetreten ist, wie dies bereits am 15.03.2006 der behandelnde Arzt Dr. M. als nunmehr aktivierte Arthrose diagnostiziert hat. In diesem Zusammenhang hat der Sachverständige Prof. Dr. S. für den Senat schlüssig herausgearbeitet, dass es erst durch die traumatische Gewalteinwirkung zu ersten und verstärkt aufgetretenen Gelenkbeschwerden gekommen ist. Dem steht nicht entgegen, dass nach der bildgebenden Diagnostik keine signifikante Verschlimmerung der Retropatellararthrose eingetreten ist, denn auch nach dem MRT-Bericht des Kniegelenks wurde als mögliche Ursache der beginnenden Geröllzystenbildung und des geringen Kapselödems eine Entzündungsreaktion im Sinne einer sogenannten traumatisch aktivierten Gonarthrose angenommen, dies allerdings nicht im Vollbeweis.

Wie der Senat in seinem Urteil vom 21. Juli 2011 (L 6 U 4073/08 - juris) dargelegt hat, ist bei der Beurteilung der Kausalität des Arbeitsunfalls für eine Schmerzsymptomatik bei arthrotischen Veränderungen das Unfallereignis selbst, aber auch der prognostizierte Zeitpunkt des Auftretens von Beschwerden von Bedeutung. Insoweit hat der Sachverständige Prof. Dr. S. zutreffend darauf hingewiesen, dass die Retropatellararthrose vor dem Unfallereignis stumm war, welches auch der Beratungsarzt Dr. K. nicht in Abrede stellt. Die Richtigkeit dieser Einschätzung wird für den Senat auch durch das insoweit blande Vorerkrankungsverzeichnis bestätigt. Deswegen hat auch Prof. Dr. W. festgestellt, dass es keine Hinweiszeichen für eine zurückliegende frischere Verletzung des Kniegelenkes gibt und dem entsprechend hat Dr. M. am 15.03.2006 eine aktivierte Gonathrose festgestellt, also genau den hier streitigen Befund.

Erst nach dem Unfallereignis musste sich die Klägerin wegen der Beschwerden in Behandlung begeben. Dass über den Bluterguss und das Ödem hinaus kein verletzungsspezifischer Befund im Bereich des Kniegelenkes nachgewiesen werden konnte, steht der Anerkennung dieser Schmerzsymptomatik nicht entgegen. Denn wenn tatsächlich - wie von dem Beratungsarzt Dr. K. gefordert - ein verletzungsspezifischer intraartikulärer Befund nach dem Sturzereignis festzustellen gewesen wäre, dann hätte auch eine gravierende Verletzung des Kniegelenks vorgelegen und müsste die Beklagte weit über den vom Sachverständigen Prof. Dr. S. hinaus als angemessen erachteten Zeitraum für die Gewährung einer MdE weitere Leistungen der Beklagten erfolgen, weil nämlich ansonsten ein wesentlich stärkeres Trauma stattgefunden hätte.

Prof. Dr. S. hat demgegenüber für seine Beurteilung der MdE allein auf die typischen retropatellaren Beschwerden der Klägerin abgestellt, die zeitlich erstmals nach dem Unfall aufgetreten sind. Die zeitlich begrenzt anzuerkennende Schmerzsymptomatik ist nach seinen Ausführungen damit zu begründen, dass zwar keine wesentliche, richtungsgebende Verschlimmerung der arthrotischen Veränderungen im Sinne eines Dauerzustandes eingetreten ist, wohl aber für einen Übergangszeitraum, der erfahrungsgemäß nach 6 Monaten abheilt. Das hat der Sachverständige für den Senat nachvollziehbar damit begründet, dass es zu einer direkten erheblichen traumatischen Gewalteinwirkung auf das Kniegelenk gekommen ist, welches erst die Beschwerden ausgelöst hat, was sich ohne Weiteres aus den Behandlungsdaten ergibt. Für die Richtigkeit dieser Beurteilung spricht, dass bereits wenige Stunden nach dem Unfallereignis eine Einblutung am Kniegelenk sichtbar war, was der Senat dem Durchgangsarztbericht entnimmt.

Auch war das Unfallereignis selbst kein alltägliches Ereignis und besteht angesichts des Umstandes, dass die Klägerin ihre kniebelastende Tätigkeit als Reinigungsfrau bis zu dem Unfallereignis beschwerdefrei ausgeübt hat, keinerlei Anhalt dafür, dass diese Schädigung eine Ausprägung hatte, aufgrund derer jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit zu der Beschwerdesymptomatik geführt hätte. Dies geht zu Lasten der insoweit beweisbelasteten Beklagten (so auch Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 1. Juli 2011 - L 8 U 197/11 - juris). Insoweit besteht kein Anlass zu der Annahme, die Beschwerden wären auch ohne den Unfall zu derselben Zeit eingetreten.

Demgegenüber sind weder die Meniskusverletzung noch die Sehnenruptur unfallbedingt, wie dies auch zur Überzeugung des Senats der Sachverständige Prof. Dr. S. in Übereinstimmung mit Prof. Dr. W. wie dem Beratungsarzt Dr. K. dargelegt hat.

So liegt bereits kein zur traumatischen Verletzung des Meniskus geeigneter Unfallhergang vor, denn die Klägerin ist direkt nach vorne auf das rechte Knie gestürzt, was der Senat ihren durchgängigen Angaben entnimmt. Dem steht nicht entgegen, dass sie im Fragebogen der Beklagten zu Knieverletzungen angekreuzt hat, dass es zu einer Verdrehung nach rechts gekommen ist. Denn weder bei ihrer Beschreibung des Unfallablaufs in diesem Fragenbogen noch davor oder danach hat die Klägerin eine Verdrehung des Knies im Zusammenhang mit dem Sturz geschildert. Vielmehr hat sie ansonsten durchgängig einen schlichten Sturz auf das Knie geschildert, der ein nicht geeigneter Unfallhergang ist. Diese Schilderung wird auch durch den am Unfalltag erhobenen Erstbefund gestützt, nachdem ein druckschmerzhaftes Hämatom praepatellar rechts bei freier Beweglichkeit, fehlendem Erguss, fester Bandführung und Schmerzen im Bereich der Kniekehle bei Überstreckung vorgelegen hat. Hinweise auf eine Verdrehung des Kniegelenkes ergeben sich weder aus dem Durchgangsarztbericht noch aus den Angaben der Klägerin bei den Gutachtern.

Nach den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und der herrschenden wissenschaftlich-medizinischen Lehrmeinung ist allen Verletzungsmechanismen, die zu isolierter Zerreißung des Meniskus führen, die Verwindung des gebeugten Kniegelenks gemeinsam (Verwindungstrauma, Drehsturz). Denn ursächlich für den Meniskusriss sind eine passive Rotation des gebeugten Kniegelenks oder eine plötzliche passive Streckung des gebeugten oder rotierten Unterschenkels bei gleichzeitiger Verhinderung der physiologischen Schlussrotation (vgl. Schönberger/ Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., 2010, S. 618). Mit physiologischem Bewegungsablauf im Kniegelenk einhergehende Ereignisse, wie ein Sturz ohne Verdrehung des Kniegelenkes, sind für eine isolierte Schädigung eines altersentsprechenden Meniskus jedoch nicht geeignet. Der Stoß des Kniegelenks an einer Kante im Sinne einer Knieprellung oder der Sturz auf das nach vorn gebeugte Knie sind daher ungeeignete Ereignisabläufe zur Schädigung des Meniskus. Bei diesen Gegebenheiten zerreißt der Meniskus vielmehr nur, wenn degenerative Veränderungen weit fortgeschritten waren, so dass eine unwesentliche Belastung im Sinne eines Gelegenheitsanlasses ausreicht (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 620f.).

Zwar sind keine Behandlungen am rechten Kniegelenk vor dem Unfall dokumentiert, der bereits am Unfalltag erhobene Röntgenbefund zeigt aber degenerative Veränderungen am rechten Kniegelenk in Form einer Verschmälerung des medialen Gelenkspaltes und einer deutlichen Höhenminderung des inneren Kniegelenkspaltes mit vermehrter Sklerosierung der Gelenkfläche des Schienbeinkopfes bei wellig konturierten Gelenkflächen. Der MRT-Befund wenige Tage später beschreibt unter anderem eine fortgeschrittene Varusgonarthrose mit höhergradigen umschriebenen und flächenhaften Defekten am hyallnen Gelenkknorpel des medialen tibio-femoralen Kompartiementes, aber auch femoro-patellar, diskrete subcorticale reaktive Veränderungen im Sinne von beginnenden Geröllzystenbildungen an den medialen Condylen und einen hochgradigen degenerativen Innenmeniskusschaden mit großen Mazerationsfeldern insbesondere im Hinterhorn. Die 3-Phasen-Skelettzintigraphie zehn Wochen nach dem Ereignis weist eine massive medialbetonte Gonarthrose rechts, geringgradig entzündlich aktiviert nach. Aus diesen Befunden folgt, dass zum Unfallzeitpunkt bereits deutliche degenerative Veränderungen in Form einer Gonarthrose wie auch eines Meniskusschadens am rechten Kniegelenk vorgelegen haben. Hinweise auf eine frische Ruptur des Meniskus oder von Bandstrukturen geben die bildgebenden Untersuchungen, wie auch der Erstbefund, hingegen nicht. Insbesondere ist kein Gelenkerguss und kein Contusionsödem beschrieben worden, die Kreuz- und Kollateralbänder waren intakt und es hat am Unfalltag eine freie Beweglichkeit des rechten Kniegelenkes vorgelegen. Daher sprechen der MRT-Befund und der erhobene Erstbefund dagegen, dass es infolge des Sturzes zu einer Schädigung des Innenmeniskus gekommen ist.

Selbst wenn durch den Sturz eine Schädigung des Innenmeniskus vergrößert worden sein sollte, was nach den Befunden nicht hinreichend wahrscheinlich ist, wäre die Verneinung des Zusammenhangs mit dem vorgetragenen Unfallereignis geboten, da es sich dann um den Einriss des zermürbten oder degenerierten Meniskus bei einer gewöhnlichen Bewegung im Sinne eines Gelegenheitsanlasses gehandelt haben würde (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 630).

Auch die Beschwerden an der rechten Schulter sind nicht unfallbedingt. Prof. Dr. W. und Prof. Dr. S. haben in Übereinstimmung mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und der herrschenden wissenschaftlich-medizinischen Lehrmeinung überzeugend dargelegt, dass bereits kein zur traumatischen Rotatorenmanschettenverletzung geeignetes Unfallgeschehen vorgelegen hat. Der Senat hält es daher schon auf der ersten Stufe des naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhangs nicht hinreichend wahrscheinlich, dass das Unfallereignis ursächlich im Sinne der Bedingungstheorie für die erstmals im MRT der rechten Schulter am 19.05.2006 diagnostizierte Rotatorenmanschettenverletzung gewesen ist, vielmehr spricht weit mehr dagegen als dafür. Dabei legt der Senat wiederum die Unfallschilderung der Klägerin dem festgestellten Unfallhergang zugrunde, nämlich einen seitlichen direkten Fall auf die rechte Schulter. Dieser ist nach der unfallmedizinischen Fachliteratur (vgl. Schönberger/Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, a.a.O., S. 413) und der übereinstimmenden Einschätzung der Sachverständigen als Verletzungsmechanismus ungeeignet, weil es durch direkte Krafteinwirkung auf die Schulter (Sturz, Prellung, Schlag) nicht zu einer Zerreißung der Rotatorenmanschette kommen kann. Denn dies ist nur durch Zugbeanspruchung mit unnatürlicher Längendehnung der Supraspinatussehne möglich, da die Rotatorenmanschette durch den knöchernen Schutz der Schulterhöhe (Akromion) und Delta-Muskel gut geschützt ist. Ebenso ist ein Sturz auf den ausgestreckten Arm oder eine fortgeleitete Krafteinwirkung bei seitlicher oder vorwärtsgeführter Armhaltung (Stauchung) ein ungeeigneter Unfallhergang. Zwar sind Schilderungen über Unfallmechanismen generell unzuverlässig, da Aussagen aufgrund begrenzter Wahrnehmungsfähigkeit des Menschen und der Neigung, aus einer einmal eingetretenen Unfallsituation Rückschlüsse auf deren Hergang zu ziehen, nur einen begrenzten Beweiswert haben. Dies gilt umso mehr, als die Fähigkeit des Menschen eingeschränkt ist, retrospektiv hinsichtlich einer völlig überraschend aufgetretenen Unfallsituation Bewegungsabläufe quasi in Einzelbildern darzustellen (vgl. Urteil des Senats vom 18.07.2013 - L 6 U 283/11 – juris). Allerdings handelt es sich vorliegend um die Angabe eines direkten Sturzes auf das Knie und dann ein seitliches Fallen auf die Schulter mit angelegtem Arm und damit um keinen Ereignisablauf mit komplexen Bewegungsabläufen, bei dem es schwer zu ermitteln ist, in welche Richtung, wie, unter welcher Krafteinwirkung der Arm gehalten bzw. verdreht oder gerissen wurde. Daher ist dieser Unfallhergang als gesichert zugrunde zu legen.

Dieser Unfallhergang erklärt auch, dass die Klägerin, die im Winter bei Glatteis und somit mit dickerer Winterkleidung gestürzt ist, zunächst keine Beschwerden an der Schulter angegeben hat, da sie zunächst mit dem Knie auf dem Boden aufgekommen ist und erst danach noch seitlich auf die rechte Schulter gefallen ist. Aufgrund der nicht ausgeprägten Beschwerden ist unfallnah kein Erstbefund erhoben worden, der ausgewertet werden kann. Die fehlende Erhebung eines zeitnahen Erstbefundes spricht vorliegend ebenfalls gegen eine traumatische Rotatorenman-schettenverletzung durch den Sturz. Denn eine traumatische Rotatorenmanschettenverletzung weist üblicherweise ein sofortiges Schmerzmaximum auf, das in den folgenden Wochen abklingt. Schwere und mit einer Zusammenhangstrennung der Rotatorenmanschette einhergehende Verletzungen haben nämlich das Schmerzmaximum in den frühen Tagen und Wochen nach dem Ereignis. Zusammenhangstrennungen der Rotatorenmanschette ohne inneren Bezug zum Unfall können hingegen einen zweiphasigen Schmerzverlauf aufweisen - mit (zweitem) Schmerzmaximum Wochen oder Monate nach dem Unfall, als Ausdruck eines sekundär entstehenden Impingement (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 414 f.). Hinzu kommt, dass die Klägerin auch nicht das Auftreten typischer Erstbefunde einer traumatischen Rotatorenmanschettenverletzung geschildert hat. Weder sind z. B. Symptome einer unmittelbar aufgetretenen Pseudoparalyse mit Kraft- und Funktionsverlust als typischer Erstbefund einer traumatischen Rotatorenmanschettenruptur geschildert worden, noch äußere Verletzungszeichen, wie eine diffuse Schwellung der Schulterweichteile und innerhalb weniger Tage auftretende, lokale und in Bizepsloge und Pektoralregion fortgeleitete Hämatomverfärbung (vgl. Habermeyer/Lichtenberg/Magosch, Schulterchirurgie, 4. Auflage, 2010, S. 844). Insbesondere nachdem es sich um einen massiven Rotatorenmanschettenschaden mit Beteiligung mehrerer Sehnen gehandelt hat, sind solche äußeren Verletzungszeichen bei einer traumatischen Genese jedoch zu erwarten.

Gegen eine traumatische Rotatorenmanschettenverletzung spricht auch, dass bei der Klägerin bereits vor dem Unfallereignis eine Schadensanlage dokumentiert ist. Die Rotatorenmanschette unterliegt im hohen Maße der Degeneration, die zu einer herabgesetzten mechanischen Belastbarkeit führt. Zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr nehmen die "Partialrupturen" zu. Es bestehen inkomplette, meist gelenkseitige Teildefekte und Ausdünnungen des Sehnengewebes. Der symptomlose Defekt bleibt die Ausnahme. Zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr treten die meisten Rotatorenmanschettenschäden mit Krankheitsmerkmalen auf (Behandlungsbedürftig¬keit, Arbeitsunfähigkeit; vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 413).

So war auch die 1955 geborene Klägerin bereits seit Jahren, spätestens seit dem Jahr 2003, wegen Beschwerden an der rechten Schulter in Behandlung und die Röntgenaufnahmen aus den Jahren 2002 und 2003 zeigen bereits degenerative Veränderungen des Schultergelenkes. So weist die Aufnahme vom 12.09.2002 kleine osteophytäre Ausziehungen und eine vermehrt sklerosierte Akromionunterseite und die Aufnahme vom 24.11.2003 kleine osteophytäre Ausziehungen am Unterrand der Schultergelenkflächen auf. Wie Prof. Dr. W. ausgeführt hat, haben sich damit bereits Jahre vor dem Ereignis indirekte Hinweiszeichen für eine Erkrankung der Rotatorenmanschette gezeigt. Bestätigt wird das Vorliegen degenerativer Schäden bereits zum Zeitpunkt des Ereignisses durch die 3-Phasen-Skelettzintigraphie vom 11.05.2006. Denn diese zeigte bereits zehn Wochen nach dem Ereignis den Befund einer AC-Gelenksarthrose beidseits, eine Ansatztendinose im Humeruskopf rechts lateral gelegen und keine wesentliche Omarthrose. Aus diesem Befund ergibt sich auch, dass die Gegenseite ebenfalls von degenerativen Veränderungen in Form einer AC-Gelenksarthrose betroffen ist. Mit der deutlichen Enge in der Bursa und im Gelenkraum und enthesiopathischer Zystenbildung am Tuberculum majus, die sich beim MRT am 19.05.2006 gezeigt haben, werden ebenfalls degenerative Veränderungen beschrieben, die die Rotatorenmanschette schädigen, wie auch im Operationsbericht vom 27.06.2006, der eine Omarthrose rechts diagnostiziert und angibt, dass sich bereits deutliche Knorpelschäden Grad 2 bis 3 im Bereich der Pfanne und im Bereich des Kopfes gezeigt haben. Darüber hinaus wird noch eine ausgeprägte Synovitis mit zottig veränderter Gelenkinnenhaut beschrieben.

Darüber hinaus belegen der MRT-Befund vom 19.05.2006 und der Operationsbericht vom 27.06.2006 ältere degenerative Schäden der Rotatorenmanschette. So weisen die im MRT beschriebene Retraktion der Sehnenstümpfe sowie die deutliche Atrophie des Supraspinatusmuskelbauches und die mäßige Atrophie des Infraspinatusmuskelbauches und das Höhertreten des Humeruskopfes auf eine bereits über 2 ½ Monate zurück liegende Schädigung der Supra- und Infraspinatussehne hin (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 414ff.; Habermeyer/Lichtenberg/Magosch, a.a.O., S. 846). Dr. L. hat im Operationsbericht vom 27.06.2006 eine außergewöhnlich schlechte Qualität der Sehne angegeben, die mehrfach während der Operation wieder gerissen ist, was auf eine massive degenerative Ausdünnung hinweist. Daraus folgt, dass sich aus dem MRT, wie auch dem Operationsbericht deutliche Hinweise auf eine degenerativ geschädigte Rotatorenmanschette ergeben, Hinweise auf eine traumatische Schädigung fehlen jedoch. Hinzu kommt, dass eine komplette Ruptur der Supra- und der Infraspinatussehne mit teilweisem Riss noch der langen Bicepssehne und der Subscapularissehne, wie es sich aus dem Operationsbericht ergibt, gegen eine traumatische Genese spricht, da üblicherweise nicht die verschiedenen Sehnen bei einem Ereignis gleichzeitig Zugbeanspruchungen ausgesetzt sind.

Wie Prof. Dr. S. dargelegt hat, ist auch eine Verschlimmerung der Beschwerden von Seiten der vorbestehenden degenerativen Veränderungen unwahrscheinlich, da die Ventralseite der Schulter durch den bedeckenden Weichteilmantel, der keine Verletzungsspuren zeigte, gut geschützt ist.

Damit ist weder hinreichend wahrscheinlich, dass durch das Unfallereignis eine Rotatorenmanschettenverletzung, noch die degenerativen Veränderungen im Schultergelenk, noch eine richtungweisende Verschlimmerung der vorbestehenden Gesundheitsbeeinträchti-gungen hervorgerufen worden sind.

Sonstige Gesundheitsbeeinträchtigungen, die durch den Sturz hervorgerufen sein könnten, sind nicht ersichtlich. Wie Prof. Dr. S. ausgeführt hat, sind unfallbedingte Rückwirkungen auf das Cervikal- und Lumbalsyndrom sowie die Fußveränderungen nicht begründbar. Auch das chronische Schmerzsyndrom ist bereits schon davor behandlungsbedürftig gewesen.

Die Einholung eines weiteren Gutachtens von Amts wegen, das auf sämtliche seit dem Unfall durchgeführte Behandlungen und Beschwerden der Klägerin eingeht, war nicht geboten. Der Senat erachtet den vorliegenden Sachverhalt für ausreichend aufgeklärt. Es liegen bereits zwei orthopädische Gutachten vor, die im Urkundenbeweis verwertet wurden, die eine Entscheidungsfindung ermöglichen. Liegen bereits mehrere Gutachten (oder fachkundige Angaben) vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten (oder fachkundigen Angaben) grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (BSG, Beschluss vom 01.04.2014 - B 9 V 54/13 B - juris). Dies ist vorliegend nach obigen Ausführungen jedoch nicht der Fall.

Dass die vorübergehende Aktivierung der Arthrose im Knie im Sinne eines unfallbedingten vorübergehenden rechtsseitigen Kniefunktionsschmerz eine MdE von 20 v. H. begründet, hat der Sachverständige Prof. Dr. S. für den Senat nachvollziehbar dargelegt. Denn eine Arthrose begründet je nach Funktionseinschränkung nach der unfallmedizinischen Fachliteratur eine MdE von 10 bis 30 v. H. (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 655).

Ein Anspruch auf Verletztenrente ergibt sich somit für die Klägerin aus dem Unfallereignis vom 03.03.2006 nur für die Zeit vom 01.05. bis 02.09.2006 nach einer MdE von 20 v. H. Danach sind, weil röntgenologisch kein Fortschreiten der degenerativen Veränderungen zu erkennen ist, die weiteren Beschwerden nicht unfall-, sondern anlagebedingt.

Der Berufung war daher teilweise stattzugeben, wobei die Kostenquotelung dem Umfang des Erfolges des klägerischen Begehrens entspricht und auf § 193 Abs. 1 SGG beruht.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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