Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 31 AS 2875/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AS 2209/14 B ER und L 12 AS 2210/14 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 22.11.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag der Antragsteller auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin K aus F für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Dies ist dann der Fall, wenn dem Antragsteller ohne eine solche Anordnung schwere, unzumutbare und nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG, Beschluss vom 25.10.1988, 2 BvR 174/88). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) von dem jeweiligen Antragsteller glaubhaft gemacht werden, § 86b SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO. Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist. Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht noch nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Es genügt jedoch, dass diese Möglichkeit unter mehreren relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (BSG, Beschluss vom 8.8.2001, B 9 V 23/01 B). Die mit einer einstweiligen Anordnung auf die Durchführung einer Maßnahme in der Regel zugleich verbundene Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache erfordert darüber hinaus erhöhte Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und des Grundes, da der einstweilige Rechtsschutz trotz des berechtigten Interesses des Rechtsuchenden an unaufschiebbaren gerichtlichen Entscheidungen nicht zu einer Vorverlagerung der Entscheidung in das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes führen soll. Erforderlich ist mithin das Vorliegen einer gegenwärtigen und dringenden Notlage, die eine sofortige Entscheidung unumgänglich macht. Eine solche besondere Eilbedürftigkeit, die den Anordnungsgrund kennzeichnet, ist nur zu bejahen, wenn dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechte droht, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfG Beschluss v. 16.05.1995, 1 BvR 1087/91).
Soweit es um die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz geht, müssen die Gerichte die Sach- und Rechtslage abschließend prüfen bzw. wenn dies nicht möglich ist, auf der Basis einer Folgenabwägung auf Grundlage der bei summarischer Prüfung bekannten Sachlage entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, 830ff mit weiteren Nachweisen, Keller in Mayer Ladewig u.a., SGG, 10. Auflage, § 86b Rn. 29a). Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über den einschlägigen Antrag (vgl z.B. Keller in Meyer-Ladewig u.a., 10.Aufl., § 86b Rn 42).
Die Antragsteller haben hier das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht, denn ein Leistungsanspruch nach dem SGB II ist nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen. Ob ein Anordnungsgrund vorhanden ist, kann der Senat dahinstehen lassen.
Vom Leistungsbezug ausgenommen sind nach der Vorschrift des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und deren Familienangehörige.
Vorliegend beruft sich die Antragstellerin zu 1) auch allein auf das Aufenthaltsrecht aus dem Zweck der Arbeitssuche nach Art 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 EU. Das Aufenthaltsrecht ist jedoch nicht ausreichend glaubhaft gemacht. So hat die Antragstellerin zu 1) eine tatsächliche Verbindung zum inländischen Arbeitsmarkt nicht aufgebaut. Sie ist nach ihren Angaben bereits im Januar 2014 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Seitdem war sie weder als Arbeitnehmerin noch als Selbstständige tätig, noch hat sie sich auf Arbeitssuche begeben. Vielmehr hat die anwaltlich vertretene Antragstellerin zu 1) trotz eines entsprechenden Vorhalts des Ausgangsgerichts im angefochtenen Beschluss vom 22.11.2014 nicht einmal im Beschwerdeverfahren behauptet, sie beabsichtige, eine berufliche Tätigkeit aufzunehmen. Ein sich aus einem anderen Grund ergebendes Aufenthaltsrecht ist ebenfalls nicht ersichtlich und wird von den Antragstellern auch nicht behauptet.
Nach Auffassung des Senats ist die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II auch auf EU-Bürger, bei denen wie bei der Antragstellerin zu 1) ein Aufenthaltsrecht zum Zwecke der Arbeitssuche nie bestanden hat oder fortgefallen ist und kein anderes Aufenthaltsrecht feststellbar ist, anwendbar (vgl. insofern z.B. LSG Niedersachsen- Bremen, Beschluss vom 24. Juli 2014, L 15 AS 202/14 B ER, Hessisches LSG, Beschluss vom 14.10.2009, L 7 AS 166/09 B, aA LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013, L 19 AS 129/13).
Die Gegenansicht weist zunächst auf den Wortlaut der Vorschrift und fordert sogar zum Teil, dass der Leistungsausschluss nur greife, wenn das Aufenthaltsrecht des Ausländers zur Arbeitssuche positiv festgestellt werden könne (vgl. z.B. LSG NRW, Urteil vom 05.05.2014 L 19 AS 430/13). Die Vorschrift könne nicht dahingehend erweiternd ausgelegt werden, dass der Leistungsausschluss "erst Recht" für EU-Ausländer ohne materielles Aufenthaltsrecht gelten müsse. Als Ausnahmevorschrift zur Leistungsberechtigung müsse § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II vielmehr eng ausgelegt werden. Die Voraussetzungen für einen methodisch zulässigen "erst Recht"-Schluss seien zudem nicht erfüllt, da eine planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage nicht vorlägen.
Dieser Ansicht schließt sich der erkennende Senat nicht an. Er geht vielmehr davon aus, dass Wortlaut und Aufbau der Norm darauf hindeuten, dass der Gesetzgeber mit der Vorschrift alle EU-Bürger vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausschließen wollte, die nicht über zusätzliche Aufenthaltsrechte als die des bis zu drei-monatigen Aufenthaltes oder des Aufenthaltes zur Arbeitsplatzsuche verfügen. Dafür spricht insbesondere Sinn und Zweck der Norm, eine unangemessene Belastung der sozialen Sicherungssysteme zu verhindern. Dieser Zweck gebietet es gerade, die nicht erwerbstätigen EU-Bürger, die nicht einmal zum Zweck der Arbeitssuche eingereist sind, und die nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung verfügen, in den Leistungsausschluss mit einzubeziehen (vgl. Greiser in juris-PK SGB XII, 2. Aufl. 2014 Anhang zu § 23 Rn 15.4). Die Anwendung des SGB II auf diese Ausländer ist vor dem Hintergrund, dass die Leistungen nicht nur zur Unterhaltssicherung sondern auch zur Integration in den Arbeitsmarkt dienen, systemwidrig (so auch LSG NRW Beschluss vom 03.12.2014, L 2 AS 1623/14 B ER).
Europarechtliche Bedenken gegen die Anwendung des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1. S. 2 Nr. 2 SGB II hinsichtlich Personen, bei denen ein Aufenthaltsrecht zum Zwecke der Arbeitssuche nie bestanden hat oder fortgefallen ist und kein anderes Aufenthaltsrecht feststellbar ist, bestehen nicht. Der Senat schließt sich insofern der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union, EuGH in Sachen Dano, Urteil vom 11.11.2014, C-333/13 an.
Der EuGH stellt in der vorgenannten Entscheidung zunächst heraus, dass sich grundsätzlich jeder Unionsbürger, d.h. auch die Antragsteller, auf das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit nach Art. 18 AEUV berufen können. Dabei wird das in Art. 18 AEUV in allgemeiner Weise niedergelegte Diskriminierungsverbot in Art. 24 der Richtlinie 2004/38 für Unionsbürger konkretisiert, die wie die Antragsteller von ihrer Freiheit Gebrauch machen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu bewegen und aufzuhalten. Allerdings können sich nicht erwerbstätige Unionsbürger, wie die Antragsteller, die ihren Wohnsitz seit mehr als drei Monaten in Deutschland haben, nicht auf Arbeitssuche sind und nicht in das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik eingereist sind um dort zu arbeiten, nicht auf das Diskriminierungsverbot in Art. 24 der Richtlinie 2004/38 berufen. Eine entsprechende einschränkende Auslegung leitet der EuGH aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 ab. Danach steht erwerbstätigen Personen auch bei einem Aufenthalt von mehr als drei Monaten ein Aufenthaltsrecht im Aufnahmemitgliedstaat zu, ohne dass sie weitere Voraussetzungen erfüllen müssten. Dagegen wird in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie von nicht erwerbstätigen Personen verlangt, dass sie über ausreichende eigene Existenzmittel verfügen. Damit sei festzustellen, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 nicht erwerbstätige Unionsbürger daran hindern solle, das System der sozialen Sicherheit des Aufnahmemitgliedstaats zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts in Anspruch zu nehmen. Dementsprechend müsse es dem Aufnahmemitgliedstaat möglich sein, durch eine einfach gesetzliche Regelung solche EU-Bürger von Leistungen wie dem SGB II auszuschließen.
Die Antragsteller verfügen aber nach ihren Angaben nicht über ausreichende Existenzmittel. Deshalb beantragen sie Leistungen nach dem SGB II. Sie können sich jedoch nicht auf das Diskriminierungsverbot in Art 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 berufen.
Mangels Erfolgsaussichten ist zudem die Entscheidung, der Antragstellerin Prozesskostenhilfe zu verwehren, nicht zu beanstanden (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 S. 1 ZPO. Dementsprechend kommt auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung von § 193 SGG bzw. geht auf § 127 Abs. 4 ZPO zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Beschluss findet nicht statt (§ 177 SGG).
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Dies ist dann der Fall, wenn dem Antragsteller ohne eine solche Anordnung schwere, unzumutbare und nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BVerfG, Beschluss vom 25.10.1988, 2 BvR 174/88). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) von dem jeweiligen Antragsteller glaubhaft gemacht werden, § 86b SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO. Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist. Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht noch nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Es genügt jedoch, dass diese Möglichkeit unter mehreren relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (BSG, Beschluss vom 8.8.2001, B 9 V 23/01 B). Die mit einer einstweiligen Anordnung auf die Durchführung einer Maßnahme in der Regel zugleich verbundene Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache erfordert darüber hinaus erhöhte Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und des Grundes, da der einstweilige Rechtsschutz trotz des berechtigten Interesses des Rechtsuchenden an unaufschiebbaren gerichtlichen Entscheidungen nicht zu einer Vorverlagerung der Entscheidung in das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes führen soll. Erforderlich ist mithin das Vorliegen einer gegenwärtigen und dringenden Notlage, die eine sofortige Entscheidung unumgänglich macht. Eine solche besondere Eilbedürftigkeit, die den Anordnungsgrund kennzeichnet, ist nur zu bejahen, wenn dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechte droht, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfG Beschluss v. 16.05.1995, 1 BvR 1087/91).
Soweit es um die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz geht, müssen die Gerichte die Sach- und Rechtslage abschließend prüfen bzw. wenn dies nicht möglich ist, auf der Basis einer Folgenabwägung auf Grundlage der bei summarischer Prüfung bekannten Sachlage entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, 830ff mit weiteren Nachweisen, Keller in Mayer Ladewig u.a., SGG, 10. Auflage, § 86b Rn. 29a). Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über den einschlägigen Antrag (vgl z.B. Keller in Meyer-Ladewig u.a., 10.Aufl., § 86b Rn 42).
Die Antragsteller haben hier das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht, denn ein Leistungsanspruch nach dem SGB II ist nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen. Ob ein Anordnungsgrund vorhanden ist, kann der Senat dahinstehen lassen.
Vom Leistungsbezug ausgenommen sind nach der Vorschrift des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und deren Familienangehörige.
Vorliegend beruft sich die Antragstellerin zu 1) auch allein auf das Aufenthaltsrecht aus dem Zweck der Arbeitssuche nach Art 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 EU. Das Aufenthaltsrecht ist jedoch nicht ausreichend glaubhaft gemacht. So hat die Antragstellerin zu 1) eine tatsächliche Verbindung zum inländischen Arbeitsmarkt nicht aufgebaut. Sie ist nach ihren Angaben bereits im Januar 2014 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Seitdem war sie weder als Arbeitnehmerin noch als Selbstständige tätig, noch hat sie sich auf Arbeitssuche begeben. Vielmehr hat die anwaltlich vertretene Antragstellerin zu 1) trotz eines entsprechenden Vorhalts des Ausgangsgerichts im angefochtenen Beschluss vom 22.11.2014 nicht einmal im Beschwerdeverfahren behauptet, sie beabsichtige, eine berufliche Tätigkeit aufzunehmen. Ein sich aus einem anderen Grund ergebendes Aufenthaltsrecht ist ebenfalls nicht ersichtlich und wird von den Antragstellern auch nicht behauptet.
Nach Auffassung des Senats ist die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II auch auf EU-Bürger, bei denen wie bei der Antragstellerin zu 1) ein Aufenthaltsrecht zum Zwecke der Arbeitssuche nie bestanden hat oder fortgefallen ist und kein anderes Aufenthaltsrecht feststellbar ist, anwendbar (vgl. insofern z.B. LSG Niedersachsen- Bremen, Beschluss vom 24. Juli 2014, L 15 AS 202/14 B ER, Hessisches LSG, Beschluss vom 14.10.2009, L 7 AS 166/09 B, aA LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013, L 19 AS 129/13).
Die Gegenansicht weist zunächst auf den Wortlaut der Vorschrift und fordert sogar zum Teil, dass der Leistungsausschluss nur greife, wenn das Aufenthaltsrecht des Ausländers zur Arbeitssuche positiv festgestellt werden könne (vgl. z.B. LSG NRW, Urteil vom 05.05.2014 L 19 AS 430/13). Die Vorschrift könne nicht dahingehend erweiternd ausgelegt werden, dass der Leistungsausschluss "erst Recht" für EU-Ausländer ohne materielles Aufenthaltsrecht gelten müsse. Als Ausnahmevorschrift zur Leistungsberechtigung müsse § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II vielmehr eng ausgelegt werden. Die Voraussetzungen für einen methodisch zulässigen "erst Recht"-Schluss seien zudem nicht erfüllt, da eine planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage nicht vorlägen.
Dieser Ansicht schließt sich der erkennende Senat nicht an. Er geht vielmehr davon aus, dass Wortlaut und Aufbau der Norm darauf hindeuten, dass der Gesetzgeber mit der Vorschrift alle EU-Bürger vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausschließen wollte, die nicht über zusätzliche Aufenthaltsrechte als die des bis zu drei-monatigen Aufenthaltes oder des Aufenthaltes zur Arbeitsplatzsuche verfügen. Dafür spricht insbesondere Sinn und Zweck der Norm, eine unangemessene Belastung der sozialen Sicherungssysteme zu verhindern. Dieser Zweck gebietet es gerade, die nicht erwerbstätigen EU-Bürger, die nicht einmal zum Zweck der Arbeitssuche eingereist sind, und die nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung verfügen, in den Leistungsausschluss mit einzubeziehen (vgl. Greiser in juris-PK SGB XII, 2. Aufl. 2014 Anhang zu § 23 Rn 15.4). Die Anwendung des SGB II auf diese Ausländer ist vor dem Hintergrund, dass die Leistungen nicht nur zur Unterhaltssicherung sondern auch zur Integration in den Arbeitsmarkt dienen, systemwidrig (so auch LSG NRW Beschluss vom 03.12.2014, L 2 AS 1623/14 B ER).
Europarechtliche Bedenken gegen die Anwendung des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1. S. 2 Nr. 2 SGB II hinsichtlich Personen, bei denen ein Aufenthaltsrecht zum Zwecke der Arbeitssuche nie bestanden hat oder fortgefallen ist und kein anderes Aufenthaltsrecht feststellbar ist, bestehen nicht. Der Senat schließt sich insofern der Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union, EuGH in Sachen Dano, Urteil vom 11.11.2014, C-333/13 an.
Der EuGH stellt in der vorgenannten Entscheidung zunächst heraus, dass sich grundsätzlich jeder Unionsbürger, d.h. auch die Antragsteller, auf das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit nach Art. 18 AEUV berufen können. Dabei wird das in Art. 18 AEUV in allgemeiner Weise niedergelegte Diskriminierungsverbot in Art. 24 der Richtlinie 2004/38 für Unionsbürger konkretisiert, die wie die Antragsteller von ihrer Freiheit Gebrauch machen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu bewegen und aufzuhalten. Allerdings können sich nicht erwerbstätige Unionsbürger, wie die Antragsteller, die ihren Wohnsitz seit mehr als drei Monaten in Deutschland haben, nicht auf Arbeitssuche sind und nicht in das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik eingereist sind um dort zu arbeiten, nicht auf das Diskriminierungsverbot in Art. 24 der Richtlinie 2004/38 berufen. Eine entsprechende einschränkende Auslegung leitet der EuGH aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 ab. Danach steht erwerbstätigen Personen auch bei einem Aufenthalt von mehr als drei Monaten ein Aufenthaltsrecht im Aufnahmemitgliedstaat zu, ohne dass sie weitere Voraussetzungen erfüllen müssten. Dagegen wird in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie von nicht erwerbstätigen Personen verlangt, dass sie über ausreichende eigene Existenzmittel verfügen. Damit sei festzustellen, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 nicht erwerbstätige Unionsbürger daran hindern solle, das System der sozialen Sicherheit des Aufnahmemitgliedstaats zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts in Anspruch zu nehmen. Dementsprechend müsse es dem Aufnahmemitgliedstaat möglich sein, durch eine einfach gesetzliche Regelung solche EU-Bürger von Leistungen wie dem SGB II auszuschließen.
Die Antragsteller verfügen aber nach ihren Angaben nicht über ausreichende Existenzmittel. Deshalb beantragen sie Leistungen nach dem SGB II. Sie können sich jedoch nicht auf das Diskriminierungsverbot in Art 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 berufen.
Mangels Erfolgsaussichten ist zudem die Entscheidung, der Antragstellerin Prozesskostenhilfe zu verwehren, nicht zu beanstanden (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 S. 1 ZPO. Dementsprechend kommt auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung von § 193 SGG bzw. geht auf § 127 Abs. 4 ZPO zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Beschluss findet nicht statt (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved