Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
44
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 44 R 599/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 nicht der Rentenversicherungspflicht als Selbständiger unterlegen hat.
Der im Jahre 1953 geborene Kläger ist seit dem 01.09.1986 als selbständiger Physiotherapeut in einer eigenen Praxis tätig. Da er regelmäßig einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt hatte, war er damals als versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung eingestuft worden. In der Zeit vom 01.01.1999 bis 31.03.2006 beschäftigte er Frau D S als Physiotherapeutin. Eine Meldung zur Sozialversicherung war erfolgt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer ordentlichen Kündigung durch den Kläger, nachdem sich Frau D S nach den Angaben des Klägers geschäftsschädigend und wettbewerbswidrig verhalten hatte. In der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.03.2006 wurde auch Frau T L-T1 als versicherungspflichtige Physiotherapeutin für den Kläger tätig. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer fristlosen Kündigung durch den Kläger, nachdem Frau L-T1 nach den Angaben des Klägers Patienten und Patientinnen abgeworben hatte. Darüber hinaus beschäftigte der Kläger Frau N T2, die Mutter von Frau D S, in der Zeit vom 01.04.2003 bis 31.03.2006 als geringfügig beschäftigte Bürohilfe. Das Beschäftigungsverhältnis endete auf Veranlassung von Frau N1 T2, nachdem der Kläger ihrer Tochter gekündigt hatte. In der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2008 arbeitete auch die Ehefrau des Klägers, Frau N2 O, auf geringfügiger Basis in der Praxis mit. Zum 01.09.2008 stellte der Kläger die Physiotherapeutin E N3 als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ein.
Im Jahre 2011 nahm die Beklagte eine Überprüfung der Versicherungspflicht des Klägers vor. Mit Schreiben vom 13.04.2011 teilte sie dem Kläger – nach Auswertung der von ihm eingereichten Unterlagen – mit, dass festgestellt worden sei, dass er vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 der Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) – Gesetzliche Rentenversicherung – unterlegen habe. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger während dieser Zeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt habe. Der Kläger wandte hiergegen ein, dass er auch in dem vorgenannten Zeitraum Mitarbeiterinnen beschäftigt habe. Zum Nachweis lege er die entsprechenden Lohnunterlagen vor.
Mit Bescheid vom 17.06.2011 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seit dem 01.01.2007 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sei und daher Pflichtbeiträge zu zahlen habe. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen des § 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI. Für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.03.2006 habe keine Versicherungspflicht bestanden, da während dieser Zeit ein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt worden sei. Auch in der Zeit vom 01.09.1986 bis 31.12.2005 habe eine Versicherungspflicht bestanden, da die Beiträge jedoch bereits verjährt seien, würden sie nicht mehr nachgefordert. Die Beiträge ab dem 01.01.2007 seien jedoch nicht verjährt. Für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.08.2008 seien noch Pflichtbeiträge in Höhe von insgesamt 9.806,76 EUR zu zahlen.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Er teilte mit, dass er zu keinem Zeitpunkt rentenversicherungspflichtig gewesen sei. Seine Altersvorsorge habe er daher auf anderem Wege gesichert. In dem streitgegenständlichen Zeitraum habe er lediglich vorübergehend und zufällig keine Mitarbeiter beschäftigt. Nach den Kündigungen habe er zunächst keinen neuen Mitarbeiter gefunden.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 23.11.2011 mit, dass mit dem Bescheid vom 17.06.2011 festgestellt worden sei, dass der Kläger in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 der Rentenversicherungspflicht unterlegen habe und daher die für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.08.2008 nicht verjährten Beitragsansprüche zu zahlen seien. Es werde klargestellt, dass die Rentenversicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI bestanden habe.
Mit Schreiben vom 22.12.2011 teilte der Kläger mit, dass seine Praxis darauf ausgerichtet sei, mit angestellten Mitarbeitern tätig zu werden. Dass vorübergehend infolge Personalmangels keine geeigneten Mitarbeiter hätten beschäftigt werden können, könne an dem Charakter seiner Praxis nichts ändern und auch keine Beitragspflicht zur Rentenversicherung begründen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.02.2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger als selbständig tätiger Physiotherapeut ohne eigene Mitarbeiter in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 die Voraussetzungen für das Vorliegen der Rentenversicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI erfülle.
Der Kläger hat am 14.03.2012 Klage erhoben.
Er trägt vor, dass er mit Ausnahme des streitigen Zeitraumes immer und damit regelmäßig Arbeitnehmer beschäftigt habe. Nach den Kündigungen sei es ihm nur nicht möglich gewesen, nahtlos eine Ersatzkraft zu finden. Dabei habe er dem Verband für Physikalische Therapie und dem Arbeitsamt gemeldet gehabt, dass er jemanden suche. Auch habe er in der Interessengemeinschaft der Düsseldorfer Massagepraxen (Idüma) nachgefragt. Die sieben oder acht Personen, die sich dann bei ihm vorgestellt hätten, habe er aber nicht eingestellt. Bis zur Einstellung von Frau E N3 habe er die Versorgung der Patienten durch Mehrarbeit und den vermehrten Einsatz eines freien Mitarbeiters sichergestellt. Diese relativ kurze Unterbrechung der Beschäftigung von Mitarbeitern ändere nichts an der Einschätzung, dass er regelmäßig Arbeitnehmer beschäftigt habe. Die Unterbrechung habe sich durch besonders unglückliche Umstände vorübergehend ergeben.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 17.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2012 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 nicht der Rentenversicherungspflicht als Selbständiger unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und verweist zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 14.02.2012. Ergänzend führt sie aus, dass eine Regelmäßigkeit i.S.d. § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI zu verneinen sei. Auch wenn kurzfristig kein Beschäftigungsverhältnis bestanden habe, sei zwar von einer Regelmäßigkeit auszugehen, doch sei als kurzfristig grundsätzlich ein Zeitraum von lediglich bis zu zwei Monaten innerhalb eines Jahres anzusehen. Ein beschäftigungsloser Zeitraum von 29 Monaten sei aber nicht mehr kurzfristig.
Zur weiteren Sachverhaltsdarstellung wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die dem Gericht vorgelegen haben und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid vom 17.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten nach § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beklagte hat zutreffend festgestellte, dass der Kläger in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 als Selbständiger der Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag. Gegen die Höhe der Beitragsforderung hat der Kläger keine Einwendungen erhoben.
Der Kreis der Rentenversicherungspflichtigen wird grundsätzlich und in aller Regel dadurch bestimmt, dass diejenigen kraft Gesetzes in das System einbezogen werden, die ihrer Erwerbstätigkeit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung nachgehen (§ 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI). Soweit über eine derartige Anknüpfung an Modalitäten der Ausübung hinaus Personen aufgrund der selbstständigen Ausübung bestimmter Berufe in die Versicherung einbezogen werden, findet dies seine Rechtfertigung grundsätzlich darin, dass bei typisierender Betrachtung gerade bei ihnen eine dem Kreis der versicherungspflichtigen Arbeitnehmer vergleichbare Schutzbedürftigkeit besteht (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22.06.2005, Az.: B 12 RA 6/04 R).
Rechtsgrundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI. Danach sind selbständig tätige Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, versicherungspflichtig.
Der Kläger gehört diesem Personenkreis an, da er als selbständiger Physiotherapeut seine Patienten überwiegend auf ärztliche Verordnung behandelt und in diesem Zusammenhang im streitigen Zeitraum keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt hat. Die Versicherungspflicht für selbständige Physiotherapeuten begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Bundessozialgericht hat diesbezüglich mit Urteil vom 11.11.2003 (Az.: B 12 RA 2/03 R) festgestellt, dass die gesetzlichen Neuregelungen des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes nichts an dem Umstand geändert haben, dass Krankengymnasten bzw. Physiotherapeuten die Patienten aufgrund ärztlicher Verordnung behandeln und damit als Pflegepersonen im Sinne des § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI anzusehen sind. Es entspricht nach der Überzeugung der Kammer dem Willen des Gesetzgebers, auch die Gruppe der Krankengymnasten und Physiotherapeuten in die Pflichtversicherung einzubeziehen (siehe hierzu auch Pietrek in jurisPK-SGB VI, 2. Auflage 2013, § 2 Rn. 122; Gürtner in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 83. EL 2014, § 2 SGB VI Rn. 13; von Koch in BeckOK SGB VI, Stand 01.12.2014, § 2 Rn. 9). Auch das Fehlen einer Befreiungsmöglichkeit, wie sie etwa in § 6 Abs. 1a SGB VI für Versicherungspflichtige nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI vorgesehen ist, ändert hieran nichts. Denn die Versicherungspflicht für in der Krankenpflege tätige Pflegepersonen galt bereits nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung (Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.09.2005, Az.: L 16 RA 161/04).
Darüber hinaus ist auch die vom Gesetz geforderte Voraussetzung für den Eintritt der Versicherungspflicht, dass der Selbständige "regelmäßig" keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer bei sich beschäftigt, erfüllt. Der Kläger hat in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 (unstreitig) keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt. Zwar erfolgte sowohl vor dem 01.04.2006 als auch nach dem 31.08.2008 eine Beschäftigung versicherungspflichtiger Arbeitnehmer, doch kann von einer Regelmäßigkeit der Beschäftigung nicht mehr bei einem Unterbrechen von 29 Monaten ausgegangen werden.
Das Tatbestandsmerkmal der Regelmäßigkeit stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar. Dieser unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung, ohne dass der Beklagten hierbei ein Beurteilungsspielraum zustünde (Sozialgericht (SG) Lübeck, Urteil vom 20.03.2009, Az.: S 15 R 551/07). Zur Beurteilung, ob dieses Merkmal erfüllt ist, sind neben der Auslegung des Gesetzes auch alle Umstände des Einzelfalles in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dazu gehört nicht nur die objektive Dauer der Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers bezogen auf den Zeitraum, für welchen Versicherungspflicht in Betracht kommt. Zu berücksichtigen sind ebenso subjektive Anhaltspunkte, wie zum Beispiel, ob der selbständig Tätige sich im Zeitraum, in welchem er keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt hat, um eine Nachfolge bemüht hat. Auch zu berücksichtigen ist, aus welchen Gründen die Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers geendet hat und wie schnell es der selbständig tätigen Person möglich war, einen qualifizierten Arbeitnehmer zu finden, der die Stelle des ausgeschiedenen Arbeitnehmers fortführen kann (SG Lübeck a.a.O.). Seinem Wortsinn nach bedeutet "regelmäßig" so viel wie "nach einem bestimmten Muster gebildet", "nicht nur gelegentlich" oder "immer wiederkehrend"(Sächsisches LSG, Urteil vom 21.01.2014, Az.: L 5 R 712/11; SG Lübeck a.a.O.). Bezogen auf das in § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI enthaltene Tatbestandsmerkmal ist unter einer Regelmäßigkeit zu verstehen, dass unbefristete Beschäftigungsverhältnisse oder befristete Beschäftigungen mit kontinuierlicher Abfolge für den Selbständigen ausgeübt werden bzw. mehrere Beschäftigungen nacheinander ausgeübt werden (jeweils zu § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI: Sächsisches LSG a.a.O. sowie SG Lübeck a.a.O. und m.w.N.). Eine derart ausgestaltete Beschäftigung von versicherungspflichtigen Arbeitnehmern steht einer Versicherungspflicht des Selbständigen entgegen.
Der Sinn und Zweck des § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI besteht darin, der zunehmenden Erosion des versicherten Personenkreises durch die wachsende Überführung von Beschäftigten in arbeitnehmerähnliche selbständige Tätigkeiten entgegen zu wirken. Die Vorschrift setzt jedoch nicht voraus, dass im konkreten Fall eine solche Überführung tatsächlich stattgefunden hat (Gürtner a.a.O. Rn. 34; Sächsisches LSG a.a.O.; SG Lübeck a.a.O.). Charakteristisch für abhängige Beschäftigte ist, dass sie grundsätzlich zur persönlichen Leistung der geschuldeten Arbeit verpflichtet sind. Selbständig Erwerbstätige sollen der Rentenversicherungspflicht nur dann unterliegen, wenn sie in vergleichbarer Weise wie ein Arbeitnehmer auf die Verwertung ihrer Arbeitskraft angewiesen sind. Anderenfalls besteht kein Schutzbedürfnis, aufgrund dessen die Versicherungspflicht eintreten soll. Deshalb fordert § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI, dass der Selbständige im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit "regelmäßig" keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt. Mit dem Erfordernis der Regelmäßigkeit der Beschäftigung mindestens eines Arbeitnehmers stellt das Gesetz sicher, dass der versicherungsrechtliche Status des selbständig Erwerbstätigen nicht durch untypische Abweichungen vom Regelzustand beeinflusst wird. Abgestellt wird damit auf die Kontinuität des versicherungsrechtlichen Status einer Person. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, den grundsätzlich bestehenden Status nicht durch kurzfristige Änderungen hinsichtlich der Beschäftigung von Arbeitnehmern zu ändern. Einer grundsätzlich versicherungspflichtigen Person soll es nicht möglich sein, durch kurzfristige Beschäftigungen der Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI zu entgehen. Umgekehrt bedeutet dies, dass derjenige, der grundsätzlich und fortgesetzt versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigt, nicht der Versicherungspflicht unterfallen soll (Sächsisches LSG a.a.O. und SG Lübeck a.a.O.). Dies wird erhärtet durch die Ausführungen in der Begründung zum Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit (BT-Drs. 14/1855, S. 6 und 8). Hinsichtlich der Änderung des § 7 Abs. 4 SGB IV, in dessen Folge auch § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI eingeführt wurde, der ebenfalls die Voraussetzung "regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt" enthält, wird ausgeführt, dass das Merkmal der Regelmäßigkeit Manipulationen durch eine kurzfristige Beschäftigung von Arbeitnehmern zu verhindern suche. Auf der anderen Seite sei es unschädlich, wenn die Erwerbsperson kurzfristig, zum Beispiel nach Kündigung eines Arbeitnehmers, keinen Arbeitnehmer beschäftige (BT-Drs. 14/1855, S. 6).
In der Kommentarliteratur wird das im Tatbestandsmerkmal der Regelmäßigkeit vereinzelt (Pietrek in jurisPK-SGB VI, 2. Auflage 2013, § 2 Rn. 186; Dr. Peter Lange in Deutsches Anwaltsinstitut e.V. Fachinstitut für Sozialrecht, Arbeitsunterlage Wiederholungs- und Vertiefungskurs Sozialrecht – Rentenversicherung, 2012, S. 80) – ebenso wie von der Beklagten – dahingehend ausgelegt, dass nicht mehr von einer Regelmäßigkeit auszugehen sei, wenn für einen Zeitraum von länger als zwei Monaten kein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt werde. Eine Unterbrechung von bis zu zwei Monaten im Jahr sei in Anlehnung an den Gedanken des § 8 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (SGB IV) – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – als unerheblich anzusehen (Lange a.a.O.). Zur Überzeugung der Kammer folgt aus § 8 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 S. 1 SGB IV jedoch nicht, dass lediglich ein Zeitraum einer zweimonatigen Unterbrechung der Beschäftigung versicherungspflichtiger Arbeitnehmer unschädlich für die Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI ist. Denn der Begriff der Regelmäßigkeit bezieht sich in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV auf die Höhe des erzielten Einkommens. Auch ist im Rahmen dieser Norm keine bestimmte Zeitspanne ersichtlich, innerhalb derer von einer Versicherungspflicht auszugehen ist. Ebenso kann § 8 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 S. 1 SGB IV nicht entnommen werden, dass eine längere Zeitspanne als zwei Monate ohne Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers zu einer Versicherungspflicht führt. Denn in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV findet sich der Begriff der Regelmäßigkeit nicht. Der dort benutzte Begriff der "Berufsmäßigkeit" ist nicht gleichbedeutend mit dem Begriff der "Regelmäßigkeit" in § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI. Wenn das Gesetz eine Bezugnahme auf den Begriff der "Regelmäßigkeit" oder deren Nichtvorliegen gewollt hätte, dann hätte es nahegelegen, diese Terminologie angesichts ihrer Verwendung in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV auch in Abs. 1 Nr. 2 zu verwenden. Daran fehlt es jedoch ebenso wie eine Bezugnahme auf die Situation eines selbständig tätigen Physiotherapeuten hinsichtlich der Dauer der Beschäftigung von Arbeitnehmern. Der Begriff der "Regelmäßigkeit" in § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI ist somit zur Überzeugung der Kammer eigenständig und unabhängig von den in § 8 SGB IV genannten Geringfügigkeitsgrenzen auszulegen. Allein dies trägt dem Sinn und Zweck des § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI hinreichend Rechnung (ebenso SG Lübeck a.a.O.). Die Ansicht, dass nur eine Unterbrechung der Beschäftigung von bis zu zwei Monaten innerhalb eines Jahres unschädlich ist, findet somit keine Stütze im Wortlaut des Gesetzes.
Dies zu Grunde gelegt stellt sich die versicherungspflichtige Beschäftigung von Arbeitnehmern durch den Kläger im Zeitraum vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 jedoch nicht als regelmäßig dar. Der Kläger hat zwar fortlaufend seit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit im September 1986 bis zum 31.03.2006 versicherungspflichtige Personen in seiner Praxis beschäftigt und auch für die Zeit ab dem 01.09.2008 wieder eine versicherungspflichtige Arbeitnehmerin eingestellt, doch ist bei einer Unterbrechung der Beschäftigung versicherungspflichtiger Arbeitnehmer von 29 Monaten keine kontinuierliche, auf Dauer angelegte Beschäftigung mehr gegeben. Ein Konzept der Regelhaftigkeit und immer wiederkehrender sozialversicherungspflichtiger Anstellungen ist bei einer Unterbrechung von solcher Dauer für die Kammer nicht mehr erkennbar. Zwar geht die Kammer davon aus, dass nach der kurzfristigen Kündigung von Mitarbeiterinnen kein unmittelbarer Ersatz gefunden werden kann, so dass dem Kläger eine gewisse Zeit der Suche neuen Personals zuzubilligen ist, doch ist für die Kammer nicht erkennbar, dass der Kläger sich in den 29 Monaten fortlaufend und intensiv um eine Nachfolge bemüht hat. Die diesbezüglich an den Tag zu legenden Bemühungen haben fortlaufend auf einem intensiven Niveau zu bleiben bzw. sind sofern sich die bisherigen Bemühungen als ergebnislos erweisen zu intensivieren. Der Kläger hat zwar vorgetragen, die freie(n) Stelle(n) beim Verband für Physikalische Therapie und dem Arbeitsamt gemeldet und bei der Interessengemeinschaft der Düsseldorfer Massagepraxen (Idüma) nachgefragt zu haben, doch genügen diese Bemühungen nicht, um auch über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren die Voraussetzung der Regelmäßigkeit erfüllen zu können. Hierfür hätte der Kläger es nicht bei einer bloßen Meldung beim Verband für Physikalische Therapie und dem Arbeitsamt sowie der Nachfrage bei der Interessengemeinschaft der Düsseldorfer Massagepraxen belassen dürfen. Vielmehr hätte er, damit von einem fortlaufenden Willen, Arbeitnehmer zu beschäftigen, ausgegangen werden könnte, diese Meldungen regelmäßig erneuern müssen. Der Kläger hat hierzu lediglich ausgeführt, es habe sich auf die Meldungen beim Arbeitsamt nie jemand gemeldet. Wenn der Kläger jedoch tatsächlich eine rasche Neueinstellung – auch im Hinblick auf die von ihm angegebene Problematik der Versorgung seiner Patienten – gewollt hätte, hätte er es nicht bei der bloßen einmaligen Meldung belassen dürfen. Darüber hinaus hat er zwar bei der Interessengemeinschaft der Düsseldorfer Massagepraxen nach Mitarbeitern gefragt, doch hat er weder in regionalen, überregionalen oder fachspezifischen Zeitungen bzw. im Internet eine Anzeige geschaltet. Bei einem – wie von dem Kläger behaupteten – dringenden Erfordernis und subjektiven Willen zur Neuvergabe von Stellen hält die Kammer jedoch ein solches Vorgehen insbesondere bei einer Dauer von über zwei Jahren, in denen kein Ersatz gefunden werden kann, für unabdingbar, um den Willen, regelmäßig versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen zu wollen, nach außen hin zu dokumentieren. Der Kläger hat vielmehr zum Ausdruck gebracht, in den 29 Monaten die Praxis unter dem Einsatz eines freien Mitarbeiters betrieben zu haben. Für die Kammer ist daher nicht erkennbar, dass der Kläger sich intensiv um eine Nachfolge bemüht hat.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 nicht der Rentenversicherungspflicht als Selbständiger unterlegen hat.
Der im Jahre 1953 geborene Kläger ist seit dem 01.09.1986 als selbständiger Physiotherapeut in einer eigenen Praxis tätig. Da er regelmäßig einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt hatte, war er damals als versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung eingestuft worden. In der Zeit vom 01.01.1999 bis 31.03.2006 beschäftigte er Frau D S als Physiotherapeutin. Eine Meldung zur Sozialversicherung war erfolgt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer ordentlichen Kündigung durch den Kläger, nachdem sich Frau D S nach den Angaben des Klägers geschäftsschädigend und wettbewerbswidrig verhalten hatte. In der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.03.2006 wurde auch Frau T L-T1 als versicherungspflichtige Physiotherapeutin für den Kläger tätig. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer fristlosen Kündigung durch den Kläger, nachdem Frau L-T1 nach den Angaben des Klägers Patienten und Patientinnen abgeworben hatte. Darüber hinaus beschäftigte der Kläger Frau N T2, die Mutter von Frau D S, in der Zeit vom 01.04.2003 bis 31.03.2006 als geringfügig beschäftigte Bürohilfe. Das Beschäftigungsverhältnis endete auf Veranlassung von Frau N1 T2, nachdem der Kläger ihrer Tochter gekündigt hatte. In der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2008 arbeitete auch die Ehefrau des Klägers, Frau N2 O, auf geringfügiger Basis in der Praxis mit. Zum 01.09.2008 stellte der Kläger die Physiotherapeutin E N3 als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ein.
Im Jahre 2011 nahm die Beklagte eine Überprüfung der Versicherungspflicht des Klägers vor. Mit Schreiben vom 13.04.2011 teilte sie dem Kläger – nach Auswertung der von ihm eingereichten Unterlagen – mit, dass festgestellt worden sei, dass er vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 der Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) – Gesetzliche Rentenversicherung – unterlegen habe. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger während dieser Zeit keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt habe. Der Kläger wandte hiergegen ein, dass er auch in dem vorgenannten Zeitraum Mitarbeiterinnen beschäftigt habe. Zum Nachweis lege er die entsprechenden Lohnunterlagen vor.
Mit Bescheid vom 17.06.2011 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seit dem 01.01.2007 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sei und daher Pflichtbeiträge zu zahlen habe. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen des § 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI. Für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.03.2006 habe keine Versicherungspflicht bestanden, da während dieser Zeit ein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt worden sei. Auch in der Zeit vom 01.09.1986 bis 31.12.2005 habe eine Versicherungspflicht bestanden, da die Beiträge jedoch bereits verjährt seien, würden sie nicht mehr nachgefordert. Die Beiträge ab dem 01.01.2007 seien jedoch nicht verjährt. Für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.08.2008 seien noch Pflichtbeiträge in Höhe von insgesamt 9.806,76 EUR zu zahlen.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Er teilte mit, dass er zu keinem Zeitpunkt rentenversicherungspflichtig gewesen sei. Seine Altersvorsorge habe er daher auf anderem Wege gesichert. In dem streitgegenständlichen Zeitraum habe er lediglich vorübergehend und zufällig keine Mitarbeiter beschäftigt. Nach den Kündigungen habe er zunächst keinen neuen Mitarbeiter gefunden.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 23.11.2011 mit, dass mit dem Bescheid vom 17.06.2011 festgestellt worden sei, dass der Kläger in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 der Rentenversicherungspflicht unterlegen habe und daher die für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.08.2008 nicht verjährten Beitragsansprüche zu zahlen seien. Es werde klargestellt, dass die Rentenversicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI bestanden habe.
Mit Schreiben vom 22.12.2011 teilte der Kläger mit, dass seine Praxis darauf ausgerichtet sei, mit angestellten Mitarbeitern tätig zu werden. Dass vorübergehend infolge Personalmangels keine geeigneten Mitarbeiter hätten beschäftigt werden können, könne an dem Charakter seiner Praxis nichts ändern und auch keine Beitragspflicht zur Rentenversicherung begründen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.02.2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger als selbständig tätiger Physiotherapeut ohne eigene Mitarbeiter in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 die Voraussetzungen für das Vorliegen der Rentenversicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI erfülle.
Der Kläger hat am 14.03.2012 Klage erhoben.
Er trägt vor, dass er mit Ausnahme des streitigen Zeitraumes immer und damit regelmäßig Arbeitnehmer beschäftigt habe. Nach den Kündigungen sei es ihm nur nicht möglich gewesen, nahtlos eine Ersatzkraft zu finden. Dabei habe er dem Verband für Physikalische Therapie und dem Arbeitsamt gemeldet gehabt, dass er jemanden suche. Auch habe er in der Interessengemeinschaft der Düsseldorfer Massagepraxen (Idüma) nachgefragt. Die sieben oder acht Personen, die sich dann bei ihm vorgestellt hätten, habe er aber nicht eingestellt. Bis zur Einstellung von Frau E N3 habe er die Versorgung der Patienten durch Mehrarbeit und den vermehrten Einsatz eines freien Mitarbeiters sichergestellt. Diese relativ kurze Unterbrechung der Beschäftigung von Mitarbeitern ändere nichts an der Einschätzung, dass er regelmäßig Arbeitnehmer beschäftigt habe. Die Unterbrechung habe sich durch besonders unglückliche Umstände vorübergehend ergeben.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 17.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2012 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 nicht der Rentenversicherungspflicht als Selbständiger unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und verweist zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 14.02.2012. Ergänzend führt sie aus, dass eine Regelmäßigkeit i.S.d. § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI zu verneinen sei. Auch wenn kurzfristig kein Beschäftigungsverhältnis bestanden habe, sei zwar von einer Regelmäßigkeit auszugehen, doch sei als kurzfristig grundsätzlich ein Zeitraum von lediglich bis zu zwei Monaten innerhalb eines Jahres anzusehen. Ein beschäftigungsloser Zeitraum von 29 Monaten sei aber nicht mehr kurzfristig.
Zur weiteren Sachverhaltsdarstellung wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die dem Gericht vorgelegen haben und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid vom 17.06.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten nach § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beklagte hat zutreffend festgestellte, dass der Kläger in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 als Selbständiger der Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag. Gegen die Höhe der Beitragsforderung hat der Kläger keine Einwendungen erhoben.
Der Kreis der Rentenversicherungspflichtigen wird grundsätzlich und in aller Regel dadurch bestimmt, dass diejenigen kraft Gesetzes in das System einbezogen werden, die ihrer Erwerbstätigkeit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung nachgehen (§ 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI). Soweit über eine derartige Anknüpfung an Modalitäten der Ausübung hinaus Personen aufgrund der selbstständigen Ausübung bestimmter Berufe in die Versicherung einbezogen werden, findet dies seine Rechtfertigung grundsätzlich darin, dass bei typisierender Betrachtung gerade bei ihnen eine dem Kreis der versicherungspflichtigen Arbeitnehmer vergleichbare Schutzbedürftigkeit besteht (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22.06.2005, Az.: B 12 RA 6/04 R).
Rechtsgrundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI. Danach sind selbständig tätige Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, versicherungspflichtig.
Der Kläger gehört diesem Personenkreis an, da er als selbständiger Physiotherapeut seine Patienten überwiegend auf ärztliche Verordnung behandelt und in diesem Zusammenhang im streitigen Zeitraum keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt hat. Die Versicherungspflicht für selbständige Physiotherapeuten begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Bundessozialgericht hat diesbezüglich mit Urteil vom 11.11.2003 (Az.: B 12 RA 2/03 R) festgestellt, dass die gesetzlichen Neuregelungen des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes nichts an dem Umstand geändert haben, dass Krankengymnasten bzw. Physiotherapeuten die Patienten aufgrund ärztlicher Verordnung behandeln und damit als Pflegepersonen im Sinne des § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI anzusehen sind. Es entspricht nach der Überzeugung der Kammer dem Willen des Gesetzgebers, auch die Gruppe der Krankengymnasten und Physiotherapeuten in die Pflichtversicherung einzubeziehen (siehe hierzu auch Pietrek in jurisPK-SGB VI, 2. Auflage 2013, § 2 Rn. 122; Gürtner in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 83. EL 2014, § 2 SGB VI Rn. 13; von Koch in BeckOK SGB VI, Stand 01.12.2014, § 2 Rn. 9). Auch das Fehlen einer Befreiungsmöglichkeit, wie sie etwa in § 6 Abs. 1a SGB VI für Versicherungspflichtige nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI vorgesehen ist, ändert hieran nichts. Denn die Versicherungspflicht für in der Krankenpflege tätige Pflegepersonen galt bereits nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung (Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.09.2005, Az.: L 16 RA 161/04).
Darüber hinaus ist auch die vom Gesetz geforderte Voraussetzung für den Eintritt der Versicherungspflicht, dass der Selbständige "regelmäßig" keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer bei sich beschäftigt, erfüllt. Der Kläger hat in der Zeit vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 (unstreitig) keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt. Zwar erfolgte sowohl vor dem 01.04.2006 als auch nach dem 31.08.2008 eine Beschäftigung versicherungspflichtiger Arbeitnehmer, doch kann von einer Regelmäßigkeit der Beschäftigung nicht mehr bei einem Unterbrechen von 29 Monaten ausgegangen werden.
Das Tatbestandsmerkmal der Regelmäßigkeit stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar. Dieser unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung, ohne dass der Beklagten hierbei ein Beurteilungsspielraum zustünde (Sozialgericht (SG) Lübeck, Urteil vom 20.03.2009, Az.: S 15 R 551/07). Zur Beurteilung, ob dieses Merkmal erfüllt ist, sind neben der Auslegung des Gesetzes auch alle Umstände des Einzelfalles in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dazu gehört nicht nur die objektive Dauer der Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers bezogen auf den Zeitraum, für welchen Versicherungspflicht in Betracht kommt. Zu berücksichtigen sind ebenso subjektive Anhaltspunkte, wie zum Beispiel, ob der selbständig Tätige sich im Zeitraum, in welchem er keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt hat, um eine Nachfolge bemüht hat. Auch zu berücksichtigen ist, aus welchen Gründen die Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers geendet hat und wie schnell es der selbständig tätigen Person möglich war, einen qualifizierten Arbeitnehmer zu finden, der die Stelle des ausgeschiedenen Arbeitnehmers fortführen kann (SG Lübeck a.a.O.). Seinem Wortsinn nach bedeutet "regelmäßig" so viel wie "nach einem bestimmten Muster gebildet", "nicht nur gelegentlich" oder "immer wiederkehrend"(Sächsisches LSG, Urteil vom 21.01.2014, Az.: L 5 R 712/11; SG Lübeck a.a.O.). Bezogen auf das in § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI enthaltene Tatbestandsmerkmal ist unter einer Regelmäßigkeit zu verstehen, dass unbefristete Beschäftigungsverhältnisse oder befristete Beschäftigungen mit kontinuierlicher Abfolge für den Selbständigen ausgeübt werden bzw. mehrere Beschäftigungen nacheinander ausgeübt werden (jeweils zu § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI: Sächsisches LSG a.a.O. sowie SG Lübeck a.a.O. und m.w.N.). Eine derart ausgestaltete Beschäftigung von versicherungspflichtigen Arbeitnehmern steht einer Versicherungspflicht des Selbständigen entgegen.
Der Sinn und Zweck des § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI besteht darin, der zunehmenden Erosion des versicherten Personenkreises durch die wachsende Überführung von Beschäftigten in arbeitnehmerähnliche selbständige Tätigkeiten entgegen zu wirken. Die Vorschrift setzt jedoch nicht voraus, dass im konkreten Fall eine solche Überführung tatsächlich stattgefunden hat (Gürtner a.a.O. Rn. 34; Sächsisches LSG a.a.O.; SG Lübeck a.a.O.). Charakteristisch für abhängige Beschäftigte ist, dass sie grundsätzlich zur persönlichen Leistung der geschuldeten Arbeit verpflichtet sind. Selbständig Erwerbstätige sollen der Rentenversicherungspflicht nur dann unterliegen, wenn sie in vergleichbarer Weise wie ein Arbeitnehmer auf die Verwertung ihrer Arbeitskraft angewiesen sind. Anderenfalls besteht kein Schutzbedürfnis, aufgrund dessen die Versicherungspflicht eintreten soll. Deshalb fordert § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI, dass der Selbständige im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit "regelmäßig" keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt. Mit dem Erfordernis der Regelmäßigkeit der Beschäftigung mindestens eines Arbeitnehmers stellt das Gesetz sicher, dass der versicherungsrechtliche Status des selbständig Erwerbstätigen nicht durch untypische Abweichungen vom Regelzustand beeinflusst wird. Abgestellt wird damit auf die Kontinuität des versicherungsrechtlichen Status einer Person. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, den grundsätzlich bestehenden Status nicht durch kurzfristige Änderungen hinsichtlich der Beschäftigung von Arbeitnehmern zu ändern. Einer grundsätzlich versicherungspflichtigen Person soll es nicht möglich sein, durch kurzfristige Beschäftigungen der Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI zu entgehen. Umgekehrt bedeutet dies, dass derjenige, der grundsätzlich und fortgesetzt versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigt, nicht der Versicherungspflicht unterfallen soll (Sächsisches LSG a.a.O. und SG Lübeck a.a.O.). Dies wird erhärtet durch die Ausführungen in der Begründung zum Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit (BT-Drs. 14/1855, S. 6 und 8). Hinsichtlich der Änderung des § 7 Abs. 4 SGB IV, in dessen Folge auch § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI eingeführt wurde, der ebenfalls die Voraussetzung "regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt" enthält, wird ausgeführt, dass das Merkmal der Regelmäßigkeit Manipulationen durch eine kurzfristige Beschäftigung von Arbeitnehmern zu verhindern suche. Auf der anderen Seite sei es unschädlich, wenn die Erwerbsperson kurzfristig, zum Beispiel nach Kündigung eines Arbeitnehmers, keinen Arbeitnehmer beschäftige (BT-Drs. 14/1855, S. 6).
In der Kommentarliteratur wird das im Tatbestandsmerkmal der Regelmäßigkeit vereinzelt (Pietrek in jurisPK-SGB VI, 2. Auflage 2013, § 2 Rn. 186; Dr. Peter Lange in Deutsches Anwaltsinstitut e.V. Fachinstitut für Sozialrecht, Arbeitsunterlage Wiederholungs- und Vertiefungskurs Sozialrecht – Rentenversicherung, 2012, S. 80) – ebenso wie von der Beklagten – dahingehend ausgelegt, dass nicht mehr von einer Regelmäßigkeit auszugehen sei, wenn für einen Zeitraum von länger als zwei Monaten kein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt werde. Eine Unterbrechung von bis zu zwei Monaten im Jahr sei in Anlehnung an den Gedanken des § 8 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (SGB IV) – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – als unerheblich anzusehen (Lange a.a.O.). Zur Überzeugung der Kammer folgt aus § 8 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 S. 1 SGB IV jedoch nicht, dass lediglich ein Zeitraum einer zweimonatigen Unterbrechung der Beschäftigung versicherungspflichtiger Arbeitnehmer unschädlich für die Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI ist. Denn der Begriff der Regelmäßigkeit bezieht sich in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV auf die Höhe des erzielten Einkommens. Auch ist im Rahmen dieser Norm keine bestimmte Zeitspanne ersichtlich, innerhalb derer von einer Versicherungspflicht auszugehen ist. Ebenso kann § 8 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 S. 1 SGB IV nicht entnommen werden, dass eine längere Zeitspanne als zwei Monate ohne Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers zu einer Versicherungspflicht führt. Denn in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV findet sich der Begriff der Regelmäßigkeit nicht. Der dort benutzte Begriff der "Berufsmäßigkeit" ist nicht gleichbedeutend mit dem Begriff der "Regelmäßigkeit" in § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI. Wenn das Gesetz eine Bezugnahme auf den Begriff der "Regelmäßigkeit" oder deren Nichtvorliegen gewollt hätte, dann hätte es nahegelegen, diese Terminologie angesichts ihrer Verwendung in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV auch in Abs. 1 Nr. 2 zu verwenden. Daran fehlt es jedoch ebenso wie eine Bezugnahme auf die Situation eines selbständig tätigen Physiotherapeuten hinsichtlich der Dauer der Beschäftigung von Arbeitnehmern. Der Begriff der "Regelmäßigkeit" in § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI ist somit zur Überzeugung der Kammer eigenständig und unabhängig von den in § 8 SGB IV genannten Geringfügigkeitsgrenzen auszulegen. Allein dies trägt dem Sinn und Zweck des § 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI hinreichend Rechnung (ebenso SG Lübeck a.a.O.). Die Ansicht, dass nur eine Unterbrechung der Beschäftigung von bis zu zwei Monaten innerhalb eines Jahres unschädlich ist, findet somit keine Stütze im Wortlaut des Gesetzes.
Dies zu Grunde gelegt stellt sich die versicherungspflichtige Beschäftigung von Arbeitnehmern durch den Kläger im Zeitraum vom 01.04.2006 bis 31.08.2008 jedoch nicht als regelmäßig dar. Der Kläger hat zwar fortlaufend seit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit im September 1986 bis zum 31.03.2006 versicherungspflichtige Personen in seiner Praxis beschäftigt und auch für die Zeit ab dem 01.09.2008 wieder eine versicherungspflichtige Arbeitnehmerin eingestellt, doch ist bei einer Unterbrechung der Beschäftigung versicherungspflichtiger Arbeitnehmer von 29 Monaten keine kontinuierliche, auf Dauer angelegte Beschäftigung mehr gegeben. Ein Konzept der Regelhaftigkeit und immer wiederkehrender sozialversicherungspflichtiger Anstellungen ist bei einer Unterbrechung von solcher Dauer für die Kammer nicht mehr erkennbar. Zwar geht die Kammer davon aus, dass nach der kurzfristigen Kündigung von Mitarbeiterinnen kein unmittelbarer Ersatz gefunden werden kann, so dass dem Kläger eine gewisse Zeit der Suche neuen Personals zuzubilligen ist, doch ist für die Kammer nicht erkennbar, dass der Kläger sich in den 29 Monaten fortlaufend und intensiv um eine Nachfolge bemüht hat. Die diesbezüglich an den Tag zu legenden Bemühungen haben fortlaufend auf einem intensiven Niveau zu bleiben bzw. sind sofern sich die bisherigen Bemühungen als ergebnislos erweisen zu intensivieren. Der Kläger hat zwar vorgetragen, die freie(n) Stelle(n) beim Verband für Physikalische Therapie und dem Arbeitsamt gemeldet und bei der Interessengemeinschaft der Düsseldorfer Massagepraxen (Idüma) nachgefragt zu haben, doch genügen diese Bemühungen nicht, um auch über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren die Voraussetzung der Regelmäßigkeit erfüllen zu können. Hierfür hätte der Kläger es nicht bei einer bloßen Meldung beim Verband für Physikalische Therapie und dem Arbeitsamt sowie der Nachfrage bei der Interessengemeinschaft der Düsseldorfer Massagepraxen belassen dürfen. Vielmehr hätte er, damit von einem fortlaufenden Willen, Arbeitnehmer zu beschäftigen, ausgegangen werden könnte, diese Meldungen regelmäßig erneuern müssen. Der Kläger hat hierzu lediglich ausgeführt, es habe sich auf die Meldungen beim Arbeitsamt nie jemand gemeldet. Wenn der Kläger jedoch tatsächlich eine rasche Neueinstellung – auch im Hinblick auf die von ihm angegebene Problematik der Versorgung seiner Patienten – gewollt hätte, hätte er es nicht bei der bloßen einmaligen Meldung belassen dürfen. Darüber hinaus hat er zwar bei der Interessengemeinschaft der Düsseldorfer Massagepraxen nach Mitarbeitern gefragt, doch hat er weder in regionalen, überregionalen oder fachspezifischen Zeitungen bzw. im Internet eine Anzeige geschaltet. Bei einem – wie von dem Kläger behaupteten – dringenden Erfordernis und subjektiven Willen zur Neuvergabe von Stellen hält die Kammer jedoch ein solches Vorgehen insbesondere bei einer Dauer von über zwei Jahren, in denen kein Ersatz gefunden werden kann, für unabdingbar, um den Willen, regelmäßig versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen zu wollen, nach außen hin zu dokumentieren. Der Kläger hat vielmehr zum Ausdruck gebracht, in den 29 Monaten die Praxis unter dem Einsatz eines freien Mitarbeiters betrieben zu haben. Für die Kammer ist daher nicht erkennbar, dass der Kläger sich intensiv um eine Nachfolge bemüht hat.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved