L 7 R 103/13

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 1 R 231/10
Datum
-
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 7 R 103/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Arbeitsunfähigkeitszeiten ernsthafte Zweifel, ob der Versicherte noch unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts in einem Betrieb einsetzbar ist, ist eine Verweisungstätigkeit zu benennen.(BSG , Beschluss vom 31.10.2012, B 13 R 107/12 B)

Für die Annahme einer Benennungspflicht reicht es hingegen nicht aus, dass der behandelnde Arzt in der Vergangenheit dauerhaft Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hat, ohne dass dies einen Krankengeldanspruch nach sich gezogen hätte.

Ergibt sich aus der im Gerichtsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme vielmehr kein Anhalt dafür, dass zukünftig Arbeitsunfähigkeit bezogen auf den rentenrechtlich zumutbaren allgemeinen Arbeitsmarkt im besonderen Umfang zu erwarten ist, so besteht auch keine Benennungspflicht.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 26. Feb¬ruar 2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten auch für das Berufungsverfahren einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am. 1966 geborene Kläger begehrt die Zuerkennung einer Erwerbsminderungsrente.

Der Kläger hat bis 2006 in seinem Ausbildungsberuf als Elektromonteur gearbeitet. Seitdem ist er nicht mehr erwerbstätig gewesen. Er bezog zunächst 1½ Jahre Kranken¬geld und hat im Anschluss zunächst Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch – 3. Buch (SGB III) und dann Arbeitslosengeld II nach dem Sozialgesetzbuch -2.Buch (SGB II) bezogen. Mit Antrag vom 26. November 2009 begehrte er gegenüber der Beklagten die Zuerkennung einer Erwerbsminderungsrente. Diese holte zur Aufklärung des Sachverhalts aus medizinischer Sicht ein Gutachten des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. S ein, welches dieser am 13. Februar 2010 aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 11. Januar 2010 erstattete. Der Sachverständige diagnostizierte bei dem Kläger eine chronifizierte Schmerzerkrankung mit somatischen und psychischen Faktoren mit primärer Schmerzlokalisation in der linksseitigen Flanke bzw. im Bereich des linksseitigen Oberbauches und einen medikamentös eingestellten Bluthochdruck. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte und auch mittelschwere Arbeiten täglich sechs Stunden und mehr zu verrichten. Weitere Funktionseinschränkungen bestünden nicht.

Mit Bescheid vom 23. Februar 2010 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab und verneinte zur Begründung die sozialmedizinischen Anspruchsvoraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente. Dagegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 12. März 2010, der mit Widerspruchsbescheid vom 16. April 2010 zurückgewiesen wurde.

Mit der am 3. Mai 2010 bei dem Sozialgericht Kiel erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er vorgetragen, er sei voll erwerbsgemindert und nicht mehr in der Lage, täglich mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein. Es bestehe eine hochchronifizierte Schmerzerkrankung, die einer solchen Tätigkeit entgegenstehe.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 23. Februar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. November 2009 auf Dauer zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat sich auf die Begründung der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen bezogen und sich durch das im Gerichtsverfahren eingeholte Gutachten bestätigt gesehen.

Das Sozialgericht Kiel hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts aus sozialmedizinischer Sicht zunächst Befundberichte des Allgemeinmediziners Dr. L und des Neurologen Dr. Sa eingeholt und sodann bei dem Neurologen und Psychiater F ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches dieser am 5. Oktober 2012 aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers am selben Tag erstattet hat. Der Sachverständige F hat dabei die Diagnose einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren als Hauptgesundheitsstörung, die sich hauptsächlich in Schmerzen im Bereich der linken Körperflanke manifestiere, bestätigt. Daneben hat er eine Adipositas, einen Bluthochdruck und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule ohne neurologische Defizite diagnostiziert. Der Kläger sei unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen aber noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Dabei solle eine Exposition gegenüber Hitze, Kälte, Zugluft und Feuchtigkeit vermieden werden. Ein bestimmter Wechsel der Haltungsarten sei nicht erforderlich, einseitige körperliche Belastungen, insbesondere die Einnahme von Zwangshaltungen und starken Drehbewegungen des Oberkörpers sollten aber aufgrund der möglichen Schmerzauslösung vermieden werden. Ein besonderer Zeitdruck wie z. B. bei Akkord und Fließbandarbeit sei nicht möglich, das Heben und Tragen von Lasten ohne Hilfsmittel über 20 kg solle vermieden werden. Tätigkeiten in Wechselschicht seien möglich, in Nachtschicht jedoch nicht. Arbeiten, die eine Belastbarkeit der Wirbelsäule, insbesondere längerdauernde ausgeprägte Drehbewegungen im Oberkörper erforderten, seien nicht möglich. Die festgestellten Leiden beschränkten den Kläger auch in der Ausübung schwieriger geistiger Arbeiten, einfache und mittelschwere geistige Tätigkeiten könne er aber verrichten. Besondere Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit sollten aufgrund der Schmerzerkrankung nicht gestellt werden. Publikumsverkehr sei möglich, solange dieser nicht mit besonderer nervlicher Belastung, z. B. in einem Call-Center, oder in einer Beschwerdeannahmestelle verbunden sei. Die Wegefähigkeit sei erhalten und die arbeitsüblichen Pausen reichten aus.

Das Sozialgericht hat den Sachverständigen F in der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2013 ergänzend befragt und den Beteiligten ebenfalls Gelegenheit zur Befragung des Sachverständigen gegeben. Mit Urteil vom gleichen Tag hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In der Begründung ist es der sozialmedizinischen Einschätzung des Sachverständigen F gefolgt.

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 1. Juli 2013 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 26. Juli 2013.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, er sei voll erwerbsgemindert, da er auf nicht absehbare Zeit außerstande sei unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Selbst wenn noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen vorhanden sein sollte, sei zu berücksichtigen, dass er seit mehr als drei Jahren durchgehend arbeitsunfähig krankgeschrieben sei. Zu verweisen sei auf den Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 31. Oktober 2012, in dem ausgeführt sei, dass das Risiko einer häufigen Arbeitsunfähigkeit dann zu einer Erwerbsminderung führe, wenn feststehe, dass die vollständige Arbeitsunfähigkeit so häufig auftrete, dass die während eines Arbeitsjahres zu erbringenden Arbeitsleistungen nicht mehr den Mindestanforderungen entsprächen, die ein vernünftig und billig denkender Arbeitgeber zu stellen berechtigt sei. Das Gutachten des Sachverständigen F könne insoweit nicht als Einschätzung zum Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit für den zurückliegenden Zeitraum gesehen werden. Der Kläger stützt sich auch auf einen Entlassungsbericht aus dem Klinikum I über seinen dortigen Aufenthalt vom 21. bis 23. Mai 2013 und eine Begutachtung durch die Sachverständige Dr. M für den Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit vom 27. No¬vember 2013. Mit Schriftsatz vom 13. Januar 2015 beantragt er die Jobcenter-Akte des Klägers beizuziehen, einen aktuellen Befundbericht bei dem behandelnedem Hausarzt Dr. L einzuholen und ausdrücklich zu ermitteln , für welchen Zeitraum Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wurde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 26. Februar 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Februar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2010 zu verurteilen, ihm ab 1. November 2009 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren; hilfsweise die Unterlagen beizuziehen, die im Schriftsatz vom 13. Januar 2015 genannt worden sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.

Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts ein Gutachten des Orthopäden und Schmerztherapeuten Dr. La eingeholt, welches dieser am 25. März 2014 aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers am gleichen Tag erstattet hat. Dr. La hat das Bestehen einer chronischen Schmerzerkrankung, die er als somatoforme Schmerzstörung mit Hinweisen für eine Schmerzverarbeitungs- und Bewältigungsstörung mit mittelgradiger Chronifizierung bezeichnet hat, bestätigt. Daneben hat er auf orthopädischem Gebiet im engeren Sinne altersentsprechende degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit nachgewiesenem kleinen Bandscheibenvorfall in der Brustwirbelsäule rechts ohne Nervenwurzelreizerscheinungen oder Nervenwurzelausfälle und eine statisch muskuläre Insuffizienz der rumpfhaltenden Muskulatur bei ausgeprägter Übergewichtigkeit diagnostiziert. Ferner bestehe eine Verdauungs- und Stoffwechselstörung bei sich entwickelndem metabolischem Syndrom. Der Kläger könne noch vollschichtig im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche erwerbstätig sein. Dabei könnten leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten in geschlossenen Räumen überwiegend im Sitzen und zeitweise im Gehen und Stehen verrichtet werden. Zur Vermeidung einer Haltungskonstanz sei es erforderlich, dass sich der Kläger nach etwa einer Stunde Sitzdauer vom Arbeitsplatz erhebe und ca. fünf bis 10 Schritte im Raum zurücklege, bevor er sich wieder hinsetze. Insoweit sei von arbeitsüblichen Verrichtungen auszugehen. Betriebsunübliche Pausen benötige der Kläger nicht. Überwiegend einseitige körperliche Haltungen und Zwangshaltungen sollten ebenso vermieden werden wie das häufige Heben und Tragen von Lasten über 15 kg ohne mechanische Hilfsmittel sowie die Exposition gegenüber Zugluft, Nässe und Kälte. Erhöhte Anforderungen an das Arbeitstempo wie bei Akkordarbeit und besondere Anforderungen an die Stressbelastbarkeit und besondere Anforderungen an die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit könnten von dem Kläger nicht gefordert werden. Auch besondere Anforderungen an die Konzentration und die konzentrative Ausdauer seien nicht zu fordern. In der Ausübung schwieriger geistiger Tätigkeiten sei der Kläger beschränkt. Auf neue Berufsfelder könne er sich aber grundsätzlich einstellen. Arbeiten mit Publikumsverkehr seien möglich, solange diese nicht im stressbehafteten Kontext wie z. B. bei einer Beschwerdestelle erfolgten. Die Wegefähigkeit sei erhalten.

Im Hinblick auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. M für den Medizinischen Dienst der Arbeitsagentur hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme von dem Sachverständigen Dr. La eingeholt. In seiner Stellungnahme vom 21. Au¬gust 2014 hat der Sachverständige seine bisherige Bewertung aufrecht erhalten.

Ergänzend wird hinsichtlich des Sach- und Streitstandes auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten Bezug genommen. Die genannten Akten lagen dem Senat vor und waren Gegenstand der Urteilsberatung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden. Auf den Wert des Streitgegenstandes gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG kommt es nicht an, weil um laufende Leistungen für mehr als ein Kalenderjahr gestritten wird, § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen erweisen sich als rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.

Die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung sind in § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) geregelt. Danach bestehen sowohl versicherungsrechtliche als auch medizinische Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer solchen Rente. Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbarer Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein, § 43 Abs.1 S.2 SGB VI. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbarer Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein, § 43 Abs.2 S.2 SGB VI.

Darüber hinaus haben Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, bei Erfüllung der genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gemäß § 240 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie berufsunfähig sind.

Die Anspruchsvoraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente sind in sozialmedizinischer Hinsicht nicht erfüllt. Ein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheidet bei dem Kläger schon lebens¬alterbedingt aus, denn er ist nach dem maßgeblichen Stichtag am 2. Januar 1961 geboren. Auf die Wertigkeit seiner langjährig verrichteten Tätigkeit als Elektromonteur und die Fähigkeit bzw. Unfähigkeit diese Tätigkeit weiter zu verrichten, kommt es daher nicht an.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass sich auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers qualitativ vor allem eine chronifizierte Schmerzerkrankung auswirkt, für die sowohl psychische als auch physische Faktoren eine Rolle spielen und die sich vor allem in durch Bewegung ausgelösten Schmerzereignissen im linken Oberkörper äußert. Daneben bestehen altersentsprechende degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit einem kleinen Bandscheibenvorfall ohne neurologische Ausfallerscheinungen und bei Übergewichtigkeit eine Stoffwechselstörung mit beginnendem metabolischem Syndrom. Zu dieser Einschätzung gelangt der Senat aufgrund der Auswertung der im gerichtlichen Verfahren über beide Instanzen erfolgten Sachverhaltsaufklärung, insbesondere aufgrund der schlüssig, in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar erstellten Gutachten des Neurologen und Psychiaters F und des Orthopäden und Schmerztherapeuten Dr. La.

In Auswertung dieser Gutachten steht zur Überzeugung des Senats ebenfalls fest, dass der Kläger unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche über sechs Stunden täglich leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten verrichten kann, seine Wegefähigkeit, die als Fähigkeit einen Arbeitsplatz zumutbar zu erreichen, Teil der Erwerbsfähigkeit ist, erhalten ist, er nicht auf betriebsunübliche Pausen angewiesen ist und der allgemeine Arbeitsmarkt auch nicht aus anderen Gründen verschlossen ist.

Wegen der o. g. Erkrankungen, insbesondere wegen der chronifizierten Schmerzerkrankung sollte der Kläger keinen negativen klimatischen Reizen, wie Hitze, Kälte, Nässe oder Zugluft ausgesetzt sein. Ein Wechsel der Haltungsarten in einem bestimmten Rhythmus ist nicht möglich, der Kläger sollte aber zur Muskellockerung etwa einmal pro Stunde die sitzende Position unterbrechen und kurz umhergehen. Arbeiten im Gehen und Stehen sind nur zeitweise möglich. Einseitige Körperhaltungen und die Einnahme von Zwangshaltungen, insbesondere starke Drehbewegungen des Oberkörpers, sollten wegen der damit verbundenen möglichen Schmerzauslösung vermieden werden. Leichtere Lasten kann der Kläger noch ohne mechanische Hilfsmittel heben und tragen, bei solchen mit einem Gewicht über 15 kg kann dies aber nur gelegentlich geschehen. Erhöhte Anforderungen an das Arbeitstempo, wie etwa im Rahmen von Fließband- oder Akkordarbeiten sind wegen der Schmerzstörung nicht möglich, der Kläger kann aber grundsätzlich in einem festgelegten Arbeitsrhythmus tätig sein. Besondere Anforderungen an die Stressbelastbarkeit können an ihn nicht gestellt werden, so ist ihm Publikumsverkehr auch grundsätzlich möglich, aber nicht, wenn dies mit einer besonderen nervlichen Belastung, etwa in einer Beschwerdeannahmestelle, einhergeht. Seine Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit ist leicht beeinträchtigt, er kann sich aber noch auf neue berufliche Aufgabenfelder einstellen. Besondere Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit und die konzentrative Ausdauer können aufgrund der Schmerzerkrankung aber nicht mehr gestellt werden. Schwierige geistige Tätigkeiten kann der Kläger aufgrund der Schmerzerkrankung nicht mehr verrichten, einfache oder mittelschwere geistige Arbeiten sind ihm aber noch zumutbar.

Zur Ermittlung des Leistungsvermögens war die Einholung eines weiteren Befundberichts des Hausarztes Dr. L nicht erforderlich. Das Sozialgericht hat bereits einen Befundbericht dieses Arztes eingeholt. Der medizinische Sachverhalt ist vor allem durch die beiden Sachverständigengutachten von Herrn F und Dr. La sehr gut dokumentiert. Weder der Vortrag des Klägers noch dessen anamnestische Angaben anlässlich der Begutachtungen geben Anlass zu der Annahme, dass ein erneuter Befundbericht des Hausarztes Dr. L zum Gesundheitszustand des Klägers und dessen Leistungsvermögen neue Erkenntnisse erbringen könnte. Der Kläger trägt nichts dazu vor, dass und aus welchen Gründen der vorhandene Bericht des Arztes fehlerhaft sein sollte oder welche abweichende Aussagen ein neuer Bericht enthalten sollte. Die aktuelle Befundlage ist durch die Untersuchungen der beiden Sachverständigen geklärt. Ein Befundbericht von Dr. L musste aber auch nicht eingeholt werden, um zu ermitteln, für welchen Zeitraum dieser Arzt bei dem Kläger Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hat. Auch die Beiziehung der Leistungsakte des JobCenters Rends¬burg-Eckernförde zu diesem Zweck war nicht erforderlich. Es kann vom Senat unterstellt werden, dass dem Kläger, wie von ihm vorgetragen, durch Dr. L seit 2010 durchgängig Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wurde. Leistungsrechtliche Konsequenzen für den hier streitigen Erwerbsminderungsrentenanspruch hat eine solche Bescheinigung indessen nicht (vgl. dazu unten).

Die ermittelten qualitativen Leistungseinschränkungen sind nicht so gewichtig, dass eine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegt, die zu einem Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung trotz fehlender quantitativer Leistungseinschränkung führen könnte, wenn dem Versicherten keine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden kann, die er mit den bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen noch verrichten kann (vgl. insoweit BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996, GS 2/95). Eine konkrete Verweisungstätigkeit muss dem Kläger nicht benannt werden. Dies wäre nur der Fall, wenn bei ihm eine Summierung außergewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorläge. Dies ist nicht der Fall. Zunächst ist im Übrigen zu prüfen, ob das sozialmedizinisch ermittelte Leistungsvermögen einfache gewerbliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch zulässt, ohne dass eine konkrete Tätigkeit benannt werden muss. Erst wenn auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verbreitete Handlungsfelder für einfache Tätigkeiten nicht mehr verrichtbar erscheinen, ist zu prüfen, ob eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden kann (BSG, Urteil vom 9. Mai 2012, B 5 R 68/11 R). Die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorhandenen Handlungsfelder der Kontrolle, des Sortierens und Verpackens, sowie der einfachen Montage von Produkten sind dem Kläger bei Ausübung in geschlossenen Räumen ohne Exposition gegenüber Kälte, Nässe und Zugluft aber noch möglich. Auch leichte Bürotätigkeiten sind mit dem festgestellten Leistungsvermögen vereinbar, sofern diese nicht mit erhöhter Stressbelastung und besonderen Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit einhergehen.

Insbesondere auch die Notwendigkeit eine sitzende Tätigkeit nach etwa einer Stunde zur Muskelauflockerung kurz unterbrechen zu müssen, bedingt keine Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes. Zwar wird in der Rechtsprechung eine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung zum Teil angenommen, wenn ein Versicherter einen Haltungswechsel jederzeit und spontan vornehmen können muss (vgl. Landessozialgericht Berlin, Urteil vom 14. Februar 1997, L 5 J 37/95). Dieses Beeinträchtigungsausmaß wird von dem Kläger aber nicht erreicht. Er muss lediglich die Möglichkeit haben, innerhalb einer Stunde die Haltung zu ändern. Die Möglichkeit, innerhalb gewisser Zeitkorridore einen Haltungswechsel vorzunehmen und dabei auch ein paar Schritte im Raum zu laufen, ist auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt insbesondere bei Sortier-, Verpackungs- und Kontrolltätigkeiten durchaus gängig. Bei leichten Bürotätigkeiten ist sie ohnehin gegeben. Der Ausschluss ständigen Sitzens stellt nach Rechtsprechung des BSG zudem explizit keine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung dar (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 1982, 1 RJ 132/80; bestätigt Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 a. a. O.).

Auch der Umstand, dass der Kläger seit 2010 durchgängig arbeitsunfähig krankgeschrieben wurde, führt nicht zu einer Benennungspflicht. Zwar kommt eine solche nach der von dem Kläger genannten Entscheidung des BSG (Beschluss vom 31. Dezember 2012, B 13 R 107/12 B) in Betracht, wenn feststeht, dass wiederholt Arbeitsunfähigkeitszeiten in einem solchen Umfang auftreten werden, dass die jährliche Arbeitsleistung erheblich eingeschränkt wird, etwa bei anfallsartigen oder rezidivierend auftretenden Krankheiten mit umfangreichen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit. Die Arbeitsunfähigkeit ist aber ebenso wie die Erwerbsminderung ein sozialmedizinischer Tatbestand, der gerichtlich überprüfbar ist. Das Gesetz misst der Einschätzung des behandelnden Arztes im Rahmen der Erlangung von Krankengeld gemäß § 46 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) dabei anspruchsbegründende Bedeutung zu. Diese Einschätzung ist aber für den jeweiligen Leistungsträger nicht bindend. Dieser ist vielmehr berechtigt, die ärztliche Einschätzung durch eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) überprüfen zu lassen. Entsprechendes gilt in Klageverfahren, die auf Erlangung von Krankengeld gerichtet sind. Auch dort sind die Gerichte berechtigt und der Sache nach häufig auch gehalten, eine ärztliche Einschätzung zum Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit durch Einholung eines unabhängigen Sachverständigengutachtens zu überprüfen. Nichts anderes kann gelten, wenn aus dem Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit, wie hier, rentenrechtlich Folgen, nämlich die Pflicht zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit abgeleitet werden sollen. Zu beachten ist, dass der Kläger schon wegen seines Geburtsdatums rentenrechtlich zumutbar auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden muss. Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit folgt als krankenversicherungsrechtlicher Tatbestand anderen Voraussetzungen als der rentenrechtliche Begriff der Erwerbsunfähigkeit. Daher kann aus einer fortdauernden Arbeitsunfähigkeit nur dann Rückschluss auf eine Erwerbsminderung gezogen werden, wenn beide Tatbestandsmerkmale sich auf dieselben Leistungsanforderungen beziehen. Das ist bei dem Kläger nicht der Fall. Eine Überprüfung der Krankschreibungen des behandelnden Arztes durch den MdK oder einen neutralen Gutachter hat jedenfalls seit Aussteuerung aus dem Krankengeldbezug nicht mehr stattgefunden, denn diese Krankschreibungen haben für den Zeitraum danach auch keine weitere leistungsrechtliche Konsequenz. Dass Arbeitsunfähigkeit bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in den Zeitraum seit Rentenantragstellung aber tatsächlich nicht vorgelegen hat, ergibt sich aus den eingeholten Gutachten der Sachverständigen F und Dr. La , denn diese haben quantitative Leistungseinschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gerade auch für den zurückliegenden Zeitraum verneint. Die abweichende Einschätzung des behandelnden Hausarztes wird daher gutachterlich hinreichend widerlegt.

Das für die Agentur für Arbeit erstellte Gutachten der Sachverständigen Dr. M vom 27. November 2013 führt nicht dazu, dass das durch die Sachverständigen F und Dr. La ermittelte Leistungsvermögen in Zweifel zu ziehen ist. Die Sachverständige M hat in ihrem Formulargutachten zwar ein Leistungsbild von täglich weniger als drei Stunden angekreuzt, gleichzeitig wird aus ihrem Gutachten aber deutlich, dass sie keine konkrete sozialmedizinische Leistungsbeurteilung vornehmen wollte, sondern der Verlauf des laufenden Sozialgerichtsverfahrens mit einhergehender weiterer sozialmedizinischer Sachverhaltsaufklärung abgewartet werden sollte. So ist dort zwar eine Anamneseerhebung erfolgt, eine eigene Untersuchung des Klägers hat die Sachverständige aber mit Blick auf das laufende gerichtliche Verfahren gerade nicht durchgeführt. Demgegenüber hat nach der Befragung durch Frau Dr. M eine ausführliche ambulante Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. La mit umfangreicher Untersuchung über einen Zeitraum von 2 ½ Stunden stattgefunden. Danach kann ein quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen gerade nicht bestätigt werden.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Sachentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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