Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 16 R 554/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 1128/11 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht iS von § 114 S 1 ZPO ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, auch des Beschwerdegerichts. Entscheidet aber das Gericht erst nach einer Beweiserhebung über den PKH Antrag, ist auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Antrags abzustellen.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 29.11.2011 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beschwerde richtet sich gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Bayreuth.
Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Bg) lehnte den Antrag der Klägerin und Beschwerdeführerin (Bf) vom 07.02.2011 auf Gewährung von stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ab (Bescheid vom 04.03.2011 und Widerspruchsbescheid vom 24.05.2011). Eine ambulante Krankenbehandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung sei ausreichend. Außerdem sei zuletzt vom 15.04.2008 bis 06.05.2008 eine stationäre Heilbehandlung als medizinische Leistung erbracht worden. Dringende gesundheitliche Gründe für medizinische Leistungen zur Rehabilitation vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung dieser letzten Maßnahme seien nicht erkennbar.
Am 20.06.2011 hat die Klägerin durch ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt Klage erhoben und gleichzeitig die Gewährung von PKH und Beiordnung des Rechtsanwaltes beantragt.
Das SG hat ärztliche Befundberichte und eine Auskunft der B. G. Krankenkasse eingeholt sowie den Internisten und Arzt für öffentliches Gesundheitswesen Dr. S. mit Gutachten vom 05.10.2011 gehört. Dr. S. hat das Gutachten nach Untersuchung der Klägerin und unter Berücksichtigung der Befundberichte sowie von Gutachten, die die Bg in einem Verwaltungsverfahren über die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben eingeholt hat (Gutachten des Orthopäden Dr. A. vom 19.02.2011 und des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 22.02.2011), erstellt. Er hat festgestellt, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin erheblich gefährdet sei und die Gefährdung durch eine ambulante Behandlung vor Ort behoben werden könne. Aus gesundheitlichen Gründen sei eine stationäre Heilmaßnahme vor Ablauf der Vierjahresfrist nicht erforderlich.
Der Bevollmächtigte der Klägerin hat daran festgehalten, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin erheblich gefährdet und eine vorzeitige stationäre Leistung erforderlich sei. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Attest des behandelnden Arztes Dr. B. vom 16.03.2011. Dieser habe ausgeführt, eine "vorübergehende Distanzierung von den belastenden Lebensverhältnissen im Rahmen einer Kur-Maßnahme sei zur Verhinderung einer weiteren Erwerbsminderung zweckmäßig". Unter dem 07.10.2011 habe Dr. B. bescheinigt, eine "baldige passagere Herausnahme aus belastenden Lebensumständen im Rahmen einer Reha-Maßnahme sei geboten". Hierzu werde eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. S. beantragt. Dies gelte auch für MRT-Befunde der Brust- und Lendenwirbelsäule vom 19.10.2011 und der Halswirbelsäule vom 07.11.2011. Zu diesen Befunden habe der behandelnde Orthopäde Dr. B. unter dem 10.11.2011 ausgeführt, dass eine Vorstellung beim Neurochirurgen zur Überprüfung der OP-Indikation erforderlich und langfristig bei der Klägerin eine Gewichtsreduktion anzustreben sei; eine stationäre Behandlung in einer entsprechenden Klinik wäre zu empfehlen, die Beantragung durch den Hausarzt sei bereits in die Wege geleitet. Im Übrigen hat der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 31.10.2011 die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt.
Das SG hat mit Schreiben vom 08.11.2011 darauf hingewiesen, dass dem Gericht zu dem PKH-Antrag eine Erklärung der Klägerin über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch nicht vorliege. Hierzu hat der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 10.11.2011 vorgetragen, diese Erklärung sei mit einem Schriftsatz vom 09.08.2011 übermittelt worden. Dieser Schriftsatz nebst einer Kopie der (nicht unterzeichneten) Erklärung werde nochmals zugeleitet (Eingang bei Gericht am 14.11.2011).
Mit Beschluss vom 29.11.2011 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH und Beiordnung des Rechtsanwaltes abgelehnt. Bei Eintritt der Entscheidungsreife über den PKH-Antrag am 14.11.2011, dem Eingang der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, habe es an der hinreichenden Erfolgsaussicht der Klage gefehlt. Dies ergebe sich aus den Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. (Gutachten vom 05.10.2011).
Hiergegen richtet sich die Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht. Der Bevollmächtigte trägt vor, dass ein Schriftsatz vom 09.08.2011 vorliege, in diesem dem Gericht mitgeteilt worden sei, dass die PKH-Erklärung übergeben werde. Bis zur Erstellung des Gutachtens sei völlig offen gewesen, ob die Voraussetzungen für die begehrte Maßnahme erfüllt seien. Unter Berücksichtigung des von Dr. B. erstellten Attestes vom 16.03.2011 sei davon auszugehen gewesen, dass die Leistung zur Verhinderung einer weiteren Erwerbsminderung zweckmäßig erforderlich gewesen sei. Aufgrund dieses Attestes und der bei der Klägerin bestehenden ganz erheblichen gesundheitlichen Probleme sowie der vorliegenden erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit hätten (seinerzeit) ausreichende Erfolgsaussichten der Klage bestanden.
Die Bg führt aus, dass der Antrag auf Bewilligung von PKH zu Recht abgelehnt worden sei.
Ergänzend wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH sind nicht erfüllt; insoweit sind hinreichende Erfolgsaussichten der Klage nicht gegeben.
Gemäß § 73a Abs 1 S 1 SGG i.V.m. § 114 S 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist zu bejahen, wenn für den Antragsteller eine nicht fernliegende Möglichkeit besteht, sein Rechtsschutzziel durch lnanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes durchzusetzen. lnsbesondere sind die Erfolgsaussichten grundsätzlich als hinreichend anzusehen, wenn nach summarischer Prüfung eine weitere Sachverhaltsaufklärung mittels Beweisaufnahme ernstlich in Betracht kommt.
Maßgeblicher Zeitpunkt für Prüfung der Erfolgsaussicht ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, auch des Beschwerdegerichts. Entscheidet aber das Gericht - wie hier das SG mit Beschluss vom 29.11.2011 - erst nach einer Beweiserhebung über den PKH-Antrag ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht der Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Antrags, zu dem das PKH-Gesuch einschließlich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den dazu gehörigen Belegen vollständig bei Gericht eingegangen ist (vgl. nur Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 73a RdNr 13 d). Die Entscheidungsreife ist in der Regel gegeben, wenn der Antragsteller alle für die Bewilligung der PKH erforderlichen Unterlagen übermittelt hat, insbesondere den vollständig ausgefüllten Vordruck über die Erklärung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die entsprechenden Belege (vgl. § 117 Abs 2 S 1 und Abs 4 ZPO), und wenn ggf. der Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat (vgl. § 118 Abs 1 S 1 ZPO).
Dies zu Grunde gelegt hätte das SG auf die Erfolgsaussichten und die Notwendigkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung zum Zeitpunkt seiner Entscheidung abstellen müssen. Denn für eine vorher bestehende Bewilligungsreife besteht kein Anhalt, da eine ordnungsgemäße Erklärung der Bf über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dem SG zu keinem Zeitpunkt zugegangen ist. Der vom Bevollmächtigten bezeichnete Schriftsatz vom 09.08.2011 mit Kopie eines Erklärungsformulars ist zwar am 14.11.2011 zu den Akten des SG gelangt. Diese - nach Hinweis des SG vom 08.11.2011 - mit Schriftsatz vom 10.11.2011 übersandte Kopie eines Erklärungsformulars genügt aber nicht den Anforderungen des § 117 Abs 2 und 4 ZPO. Dies bereits schon deshalb, weil ausweislich dieser Kopie der vermeintlichen Erklärung diese Erklärung nicht von der Bf unterzeichnet wurde, ohne Datum der Unterzeichnung versehen war und auch jegliche Hinweise auf entsprechende Belege fehlten.
Unabhängig davon, ob für die Prüfung der Erfolgsaussicht der Zeitpunkt der Beschlussfassung des SG am 29.11.2011 oder - wie vom SG angenommen - auf den Zugang der Kopie des Erklärungsformular am 14.11.2011 abgestellt wird, hat zu keinem dieser Zeitpunkte eine Erfolgsaussicht der Klage bestanden. Das SG hatte den Sachverhalt durch Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens geklärt. Das von Dr. S. erstellte Gutachten vom 05.11.2011 ist auf der Grundlage von aktuellen Befundberichten, weiterer ärztlicher Gutachten und nach ambulanter Untersuchung ergangen. Nach der für das PKH-Verfahren anzustellenden summarischen Prüfung war demnach davon auszugehen, dass eine ambulante Behandlung vor Ort ausreichend ist und für die begehrte Leistung der medizinischen Rehabilitation zumindest der Leistungsausschluss nach § 12 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bestand. Nach dieser Vorschrift werden diese Leistungen nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen zur Rehabilitation erbracht, deren Kosten aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind (S 1). Dies gilt nicht, wenn vorzeitige Leistungen aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sind (S 2). Das Vorliegen dringender gesundheitlicher Gründe, die die Durchführung der beantragten Maßnahme erforderlich machen, hat Dr. S. verneint. Diese ergeben sich weder aus den Attesten des Dr. B. vom 16.03.2011 und 07.10.2011, der die beantragte stationäre Maßnahme als zweckmäßig oder geboten bezeichnet, noch aus den von Dr. B. unter dem 10.11.2011 beschriebenen und für eine kurative Behandlung maßgebenden MRT-Befunden oder aus der von ihm ausgesprochenen Empfehlung einer stationären Behandlung zur Gewichtsreduktion. Nicht beschrieben werden dringende gesundheitliche Gründe, also zumindest eine erhebliche Gefährdung des Gesundheitszustandes. Dies zu Grunde gelegt bestand auch kein Anlass, Dr. S. ergänzend zu den Attesten zu befragen
Ohne Bedeutung ist, dass der Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 31.10.2011 die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG beantragt hat. Hinsichtlich der hinreichenden Erfolgsaussicht kommt es nur darauf an, ob eine Beweisaufnahme von Amts wegen in Betracht kommt, also das Gericht die Beweiserhebung für notwendig hält.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei. Nach § 127 Abs 4 ZPO werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beschwerde richtet sich gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Bayreuth.
Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Bg) lehnte den Antrag der Klägerin und Beschwerdeführerin (Bf) vom 07.02.2011 auf Gewährung von stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ab (Bescheid vom 04.03.2011 und Widerspruchsbescheid vom 24.05.2011). Eine ambulante Krankenbehandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung sei ausreichend. Außerdem sei zuletzt vom 15.04.2008 bis 06.05.2008 eine stationäre Heilbehandlung als medizinische Leistung erbracht worden. Dringende gesundheitliche Gründe für medizinische Leistungen zur Rehabilitation vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung dieser letzten Maßnahme seien nicht erkennbar.
Am 20.06.2011 hat die Klägerin durch ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt Klage erhoben und gleichzeitig die Gewährung von PKH und Beiordnung des Rechtsanwaltes beantragt.
Das SG hat ärztliche Befundberichte und eine Auskunft der B. G. Krankenkasse eingeholt sowie den Internisten und Arzt für öffentliches Gesundheitswesen Dr. S. mit Gutachten vom 05.10.2011 gehört. Dr. S. hat das Gutachten nach Untersuchung der Klägerin und unter Berücksichtigung der Befundberichte sowie von Gutachten, die die Bg in einem Verwaltungsverfahren über die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben eingeholt hat (Gutachten des Orthopäden Dr. A. vom 19.02.2011 und des Neurologen und Psychiaters Dr. B. vom 22.02.2011), erstellt. Er hat festgestellt, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin erheblich gefährdet sei und die Gefährdung durch eine ambulante Behandlung vor Ort behoben werden könne. Aus gesundheitlichen Gründen sei eine stationäre Heilmaßnahme vor Ablauf der Vierjahresfrist nicht erforderlich.
Der Bevollmächtigte der Klägerin hat daran festgehalten, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin erheblich gefährdet und eine vorzeitige stationäre Leistung erforderlich sei. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Attest des behandelnden Arztes Dr. B. vom 16.03.2011. Dieser habe ausgeführt, eine "vorübergehende Distanzierung von den belastenden Lebensverhältnissen im Rahmen einer Kur-Maßnahme sei zur Verhinderung einer weiteren Erwerbsminderung zweckmäßig". Unter dem 07.10.2011 habe Dr. B. bescheinigt, eine "baldige passagere Herausnahme aus belastenden Lebensumständen im Rahmen einer Reha-Maßnahme sei geboten". Hierzu werde eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. S. beantragt. Dies gelte auch für MRT-Befunde der Brust- und Lendenwirbelsäule vom 19.10.2011 und der Halswirbelsäule vom 07.11.2011. Zu diesen Befunden habe der behandelnde Orthopäde Dr. B. unter dem 10.11.2011 ausgeführt, dass eine Vorstellung beim Neurochirurgen zur Überprüfung der OP-Indikation erforderlich und langfristig bei der Klägerin eine Gewichtsreduktion anzustreben sei; eine stationäre Behandlung in einer entsprechenden Klinik wäre zu empfehlen, die Beantragung durch den Hausarzt sei bereits in die Wege geleitet. Im Übrigen hat der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 31.10.2011 die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt.
Das SG hat mit Schreiben vom 08.11.2011 darauf hingewiesen, dass dem Gericht zu dem PKH-Antrag eine Erklärung der Klägerin über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch nicht vorliege. Hierzu hat der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 10.11.2011 vorgetragen, diese Erklärung sei mit einem Schriftsatz vom 09.08.2011 übermittelt worden. Dieser Schriftsatz nebst einer Kopie der (nicht unterzeichneten) Erklärung werde nochmals zugeleitet (Eingang bei Gericht am 14.11.2011).
Mit Beschluss vom 29.11.2011 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH und Beiordnung des Rechtsanwaltes abgelehnt. Bei Eintritt der Entscheidungsreife über den PKH-Antrag am 14.11.2011, dem Eingang der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, habe es an der hinreichenden Erfolgsaussicht der Klage gefehlt. Dies ergebe sich aus den Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. (Gutachten vom 05.10.2011).
Hiergegen richtet sich die Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht. Der Bevollmächtigte trägt vor, dass ein Schriftsatz vom 09.08.2011 vorliege, in diesem dem Gericht mitgeteilt worden sei, dass die PKH-Erklärung übergeben werde. Bis zur Erstellung des Gutachtens sei völlig offen gewesen, ob die Voraussetzungen für die begehrte Maßnahme erfüllt seien. Unter Berücksichtigung des von Dr. B. erstellten Attestes vom 16.03.2011 sei davon auszugehen gewesen, dass die Leistung zur Verhinderung einer weiteren Erwerbsminderung zweckmäßig erforderlich gewesen sei. Aufgrund dieses Attestes und der bei der Klägerin bestehenden ganz erheblichen gesundheitlichen Probleme sowie der vorliegenden erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit hätten (seinerzeit) ausreichende Erfolgsaussichten der Klage bestanden.
Die Bg führt aus, dass der Antrag auf Bewilligung von PKH zu Recht abgelehnt worden sei.
Ergänzend wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH sind nicht erfüllt; insoweit sind hinreichende Erfolgsaussichten der Klage nicht gegeben.
Gemäß § 73a Abs 1 S 1 SGG i.V.m. § 114 S 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist zu bejahen, wenn für den Antragsteller eine nicht fernliegende Möglichkeit besteht, sein Rechtsschutzziel durch lnanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes durchzusetzen. lnsbesondere sind die Erfolgsaussichten grundsätzlich als hinreichend anzusehen, wenn nach summarischer Prüfung eine weitere Sachverhaltsaufklärung mittels Beweisaufnahme ernstlich in Betracht kommt.
Maßgeblicher Zeitpunkt für Prüfung der Erfolgsaussicht ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, auch des Beschwerdegerichts. Entscheidet aber das Gericht - wie hier das SG mit Beschluss vom 29.11.2011 - erst nach einer Beweiserhebung über den PKH-Antrag ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht der Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Antrags, zu dem das PKH-Gesuch einschließlich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den dazu gehörigen Belegen vollständig bei Gericht eingegangen ist (vgl. nur Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 73a RdNr 13 d). Die Entscheidungsreife ist in der Regel gegeben, wenn der Antragsteller alle für die Bewilligung der PKH erforderlichen Unterlagen übermittelt hat, insbesondere den vollständig ausgefüllten Vordruck über die Erklärung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die entsprechenden Belege (vgl. § 117 Abs 2 S 1 und Abs 4 ZPO), und wenn ggf. der Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat (vgl. § 118 Abs 1 S 1 ZPO).
Dies zu Grunde gelegt hätte das SG auf die Erfolgsaussichten und die Notwendigkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung zum Zeitpunkt seiner Entscheidung abstellen müssen. Denn für eine vorher bestehende Bewilligungsreife besteht kein Anhalt, da eine ordnungsgemäße Erklärung der Bf über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dem SG zu keinem Zeitpunkt zugegangen ist. Der vom Bevollmächtigten bezeichnete Schriftsatz vom 09.08.2011 mit Kopie eines Erklärungsformulars ist zwar am 14.11.2011 zu den Akten des SG gelangt. Diese - nach Hinweis des SG vom 08.11.2011 - mit Schriftsatz vom 10.11.2011 übersandte Kopie eines Erklärungsformulars genügt aber nicht den Anforderungen des § 117 Abs 2 und 4 ZPO. Dies bereits schon deshalb, weil ausweislich dieser Kopie der vermeintlichen Erklärung diese Erklärung nicht von der Bf unterzeichnet wurde, ohne Datum der Unterzeichnung versehen war und auch jegliche Hinweise auf entsprechende Belege fehlten.
Unabhängig davon, ob für die Prüfung der Erfolgsaussicht der Zeitpunkt der Beschlussfassung des SG am 29.11.2011 oder - wie vom SG angenommen - auf den Zugang der Kopie des Erklärungsformular am 14.11.2011 abgestellt wird, hat zu keinem dieser Zeitpunkte eine Erfolgsaussicht der Klage bestanden. Das SG hatte den Sachverhalt durch Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens geklärt. Das von Dr. S. erstellte Gutachten vom 05.11.2011 ist auf der Grundlage von aktuellen Befundberichten, weiterer ärztlicher Gutachten und nach ambulanter Untersuchung ergangen. Nach der für das PKH-Verfahren anzustellenden summarischen Prüfung war demnach davon auszugehen, dass eine ambulante Behandlung vor Ort ausreichend ist und für die begehrte Leistung der medizinischen Rehabilitation zumindest der Leistungsausschluss nach § 12 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bestand. Nach dieser Vorschrift werden diese Leistungen nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen zur Rehabilitation erbracht, deren Kosten aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind (S 1). Dies gilt nicht, wenn vorzeitige Leistungen aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sind (S 2). Das Vorliegen dringender gesundheitlicher Gründe, die die Durchführung der beantragten Maßnahme erforderlich machen, hat Dr. S. verneint. Diese ergeben sich weder aus den Attesten des Dr. B. vom 16.03.2011 und 07.10.2011, der die beantragte stationäre Maßnahme als zweckmäßig oder geboten bezeichnet, noch aus den von Dr. B. unter dem 10.11.2011 beschriebenen und für eine kurative Behandlung maßgebenden MRT-Befunden oder aus der von ihm ausgesprochenen Empfehlung einer stationären Behandlung zur Gewichtsreduktion. Nicht beschrieben werden dringende gesundheitliche Gründe, also zumindest eine erhebliche Gefährdung des Gesundheitszustandes. Dies zu Grunde gelegt bestand auch kein Anlass, Dr. S. ergänzend zu den Attesten zu befragen
Ohne Bedeutung ist, dass der Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 31.10.2011 die Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG beantragt hat. Hinsichtlich der hinreichenden Erfolgsaussicht kommt es nur darauf an, ob eine Beweisaufnahme von Amts wegen in Betracht kommt, also das Gericht die Beweiserhebung für notwendig hält.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei. Nach § 127 Abs 4 ZPO werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
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