Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 R 1289/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 26/13
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zu den Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung.
2. Nur der auf einer gesundheitlichen Störung beruhende Analphabetismus kann als Krankheitsfolgewirkung Bedeutung für die Prüfung des Einsatzvermögens und damit für einen Anspruch auf Rentengewährung erlangen (BSG Urteil vom 09.05.2012 B 5 R 68/11 R).
2. Nur der auf einer gesundheitlichen Störung beruhende Analphabetismus kann als Krankheitsfolgewirkung Bedeutung für die Prüfung des Einsatzvermögens und damit für einen Anspruch auf Rentengewährung erlangen (BSG Urteil vom 09.05.2012 B 5 R 68/11 R).
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 13.11.2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Die 1958 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Sie verfügt über keinen Ausbildungsabschluss. In der deutschen Rentenversicherung sind bei ihr Beitragszeiten für Beschäftigungen ab 1974 verzeichnet. Zuletzt versicherungspflichtig arbeitete die Klägerin im Mai 2007 und zwar als Bandarbeiterin in einer Kartoffelfabrik. Anschließend bezog sie bis August 2009 Arbeitslosengeld I; seitdem wurden keine öffentlichen Leistungen mehr gezahlt.
Im Januar 2008 stellte die Klägerin einen ersten Antrag auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, der von der Beklagten abgelehnt wurde; das sich anschließende Klageverfahren beim Sozialgericht Nürnberg (S 16 R 671/08) blieb erfolglos.
Das Zentrum Bayern Familie stellte bei der Klägerin im September 2008 einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 fest, wobei zu einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Bandscheibenschäden und Spinalkanalstenose mit Einzel-GdB 30 noch ein chronisches Schmerzsyndrom und ein Bluthochdruck mit jeweils Einzel-GdB 10 hinzuwirken würden.
Am 26.05.2011 beantragte die Klägerin erneut eine Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Die Klägerin gab an, zuletzt als ungelernte Produktionshelferin in der Firma H. H. & Sohn GmbH in W. vollschichtig tätig gewesen zu sein. Seit 2006 würden bei ihr viele Krankheiten vorliegen. Die behandelnden Ärzte Dipl.Med.E. und Dr.D. attestierten der Klägerin eine Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit und Beweglichkeit sowie eine somatoforme Schmerzstörung, weshalb sie auf dem Arbeitsmarkt derzeit nicht vermittlungsfähig sei.
Auf Veranlassung der Beklagten wurde die Klägerin am 17.08.2011 durch die Sozialmedizinerin Dr.M. untersucht. Diese beschrieb folgende Gesundheitsstörungen bei der Klägerin:
1. Anhaltende somatoforme Schmerzstörung.
2. Chronische Wirbelsäulenbeschwerden bei Bandscheibenschäden und bekannter Spinalkanalverengung.
3. Bewegungsstörung rechte Schulter bei Verschleiß.
4. Arterieller Bluthochdruck mit Herzschlagbeschleunigung.
5. Fettstoffwechselstörung bei Übergewicht.
Es sei keine wesentliche Änderung gegenüber den Vorbegutachtungen festzustellen und die von der Klägerin angegebene Symptomatik sei nicht zu objektivieren gewesen. Die Klägerin könne weiterhin leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne Zeitdruck, ohne Schichtdienst, ohne längere Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, ohne Arbeiten über Schulterhöhe, ohne Knien, Klettern oder Steigen vollschichtig verrichten und sei auch als Produktionshelferin entsprechend diesem Leistungsbild vollschichtig einsatzfähig.
Mit Bescheid vom 23.08.2011 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil die medizinischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Die Klägerin sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und auf diesem bei Beachtung der Arbeitbedingungen ohne zeitliche Einschränkung einsatzfähig.
Der Widerspruch der Klägerin vom 08.09.2011 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.2011 zurückgewiesen. Neue Gesichtspunkte hätten sich nicht ergeben.
Am 18.11.2011 hat die Klägerin mit Telefax Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Sie hat geltend gemacht, dass sie durch ihre gesundheitlichen Beschwerden in ihrer Lebensführung stark eingeschränkt sei. Im Versicherungsverlauf der Klägerin sind Pflichtbeitragszeiten - zuletzt aus Sozialleistungen - bis zum August 2009 verzeichnet. Das Sozialgericht hat im Folgenden Befundberichte bei den behandelnden Ärzten Dipl.Med.E., Dr.Z. und Dr.D. eingeholt und ein Gutachten durch den Facharzt für Orthopädie Dr.M. erstellen lassen, der die Klägerin am 12.07.2012 untersucht hat. Aus Sicht seines Fachgebietes würden sich keine geänderten Befunde von erwerbsmindernder Bedeutung gegenüber den Vorgutachten ergeben. Es seien folgende Gesundheitsstörungen bei der Klägerin vorhanden:
1. Beginnende Kniegelenksarthrose beidseitig.
2. Operierter Hallux valgus links.
3. Unkomplizierter Spreizfuß rechts.
4. Zervikalsyndrom ohne neurologische Ausfälle.
5. Lumbalsyndrom ohne neurologische Ausfälle.
6. Lumbale Spinalkanalstenose.
7. Verdacht auf anhaltende somatoforme Schmerzstörung.
Der Klägerin seien leichte und gelegentlich auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechselrhythmus unter Bevorzugung der Sitzposition möglich. Tätigkeiten ausschließlich im Stehen, Tätigkeiten mit häufigem Besteigen von Treppen oder Leitern, Tätigkeiten in kniender oder gebückter Haltung seien der Klägerin nicht mehr möglich. Schwere Lasten könnten nicht ständig bewegt oder angehoben werden. Auch seien monotone Zwangshaltungen nicht zumutbar. Die Wegefähigkeit sei zu bejahen.
Das Sozialgericht hat ergänzend ein nervenärztliches Gutachten durch Frau Dr.O. erstellen lassen, die die Klägerin am 14.08.2012 untersucht hat. Die Sachverständige ist zum Ergebnis gekommen, dass die Klägerin auf dem Hintergrund der orthopädischen Beeinträchtigungen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung entwickelt habe, die in ungünstiger Wechselwirkung mit einer chronischen Depression stehe. Gegenüber dem im vorherigen Rechtsstreit (S 16 R 671/08) erstellten Gutachten des Dr.J. vom Mai 2009 habe sich keine grundsätzliche Veränderung ergeben. Die bei der Klägerin vorliegenden qualitativen Einschränkungen seien als dauerhaft anzusehen, eine quantitative Leistungseingrenzung bestehe bislang aber nicht. Dem sozialmedizinischen Leistungsbild des Dr.M. werde weitgehend gefolgt, jedoch sollte sich die Arbeitsschwere auf leichte körperliche Tätigkeiten einschränken und tatsächlich Arbeiten bevorzugt im Sitzen abverlangt werden.
Die Klägerin verweist darauf, dass sie angesichts der praktisch nicht vorhandenen deutschen Sprachkenntnisse und der fehlenden Ausbildung mit den qualitativen Leistungseinschränkungen wohl nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten könne.
Nach Zugang der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerseite einen Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellt, den das Sozialgericht als verfristet zurückgewiesen hat. Mit Urteil vom 13.11.2012 hat das Sozialgericht sodann die Klage abgewiesen. Die ärztlichen Gutachten hätten ergeben, dass die Klägerin an geeigneten Arbeitsplätzen des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den sie verweisbar sei, bei Beachtung bestimmter qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens 6 Stunden täglich einsatzfähig sei. Ein Rentenanspruch bestehe daher nicht.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 07.01.2013 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Das Sozialgericht Nürnberg habe nicht beachtet, dass bei der Klägerin noch vor der Frage, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische schwere Leistungsbehinderung vorliege, zunächst zu prüfen sei, ob es in der Arbeitswelt typischerweise noch eine Tätigkeit gebe, die dem Leistungsvermögen der Klägerin entspreche und welche Einkünfte gegebenenfalls aus dieser Tätigkeit erzielt werden könnten. Die konkrete Bezeichnungspflicht hänge einerseits davon ab, ob in Anbetracht der Einschränkungen ernsthafte Zweifel daran aufgekommen seien, dass der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar sei, andererseits sei in diesem Zusammenhang auch bereits die Möglichkeit der praktischen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes von Bedeutung. Zu verweisen sei auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 25.03.1998 (B 5 RJ 46/97 R - nach juris). Die Klägerin könne keine Fahrer-, Montier-, Sortier-, Etikettier-, Muster-, Prüf- oder Packtätigkeiten mehr ausüben. Auf Bürohilfstätigkeiten könne die Klägerin wegen der fehlenden Sprachkenntnisse nicht verwiesen werden. Die Tätigkeit als Büglerin sei überwiegend stehend. Sofern der Klägerin nicht bereits aus diesen Gründen eine Rente zugesprochen würde, werde ein Antrag nach § 109 SGG gestellt.
Der Senat hat einen Befundbericht beim behandelnden Allgemeinmediziner Dr.D. eingeholt und umfangreiche ärztliche Unterlagen beigezogen. Der ärztliche Dienst der Beklagten hat durch Frau Dr. R. am 19.09.2013 hierzu Stellung genommen und ausgeführt, dass im Wesentlichen keine neuen Befunde aufgetreten seien; es sei der Verdacht auf eine psychosomatische Beschwerdeproblematik geäußert worden, der neurologische Untersuchungsbefund sei unauffällig gewesen. In einem nervenärztlichen Befundbericht vom April 2013 sei von Angst- und Somatisierungsstörung mit zunehmendem sozialen Rückzug die Rede, während im Krankenhausentlassungsbericht aus dem Februar 2013 die depressive Störung noch als gegenwärtig remittiert bezeichnet worden sei.
Entsprechend dem Antrag der Klägerin ist im Folgenden nach § 109 SGG ein Gutachten durch den Arzt für Neurologie und Nervenheilkunde Dr.E. erstellt worden. Dieser hat unter dem 24.01.2014 folgende Diagnosen benannt:
1. Chronisches Schmerzsyndrom.
2. Anhaltend somatoforme Schmerzstörung.
3. Dysthymia.
4. Generalisierte Angststörung leichtgradig.
5. Bandscheibenvorfall L1/L2, L2/L3 und L4/L5.
6. Sekundäre Spinalkanalstenose der Lendenwirbelsäule durch Spondylarthrosen.
7. Degeneratives Lendenwirbelsäulensyndrom.
8. Lumbale linkskonvexe Skoliose.
Es würden wenig Zweifel an den mittlerweile mehrjährig bestehenden Gesundheitsstörungen mit Schmerzen, Verstimmungszuständen und Ängsten sowie an - auch psychisch wesentlich mitbestimmten - Kopfbeschwerden iS einer Somatisierungsstörung bestehen. Gleichzeitig verblieben deutliche Zweifel an einer tiefgreifenden Motivation zur Veränderung der Situation, nachdem die Klägerin in der Schmerzsymptomatik bei unbeeinträchtigter Willensfunktion verharre und sich in eine dauerhafte Entpflichtungssituation gebracht habe, was sich bis in die Versorgung des eigenen Haushaltes auswirke. Aus ärztlicher Sicht seien die geschilderten Ängste als leichtgradig und überakzentuiert anzusehen und hätten keinen Einfluss auf die Frage der Erwerbsminderung. Es hätten sich gegenüber den Vorgutachten aus den Jahren 2009 und 2012 keine neuen gesundheitlichen Gesichtspunkte ergeben. Die Klägerin sei in der Lage, täglich 6 Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig zu sein, wobei sie leichte und kurzzeitig mittelschwere Tätigkeiten in wechselnden Körperhaltungen überwiegend im Sitzen und kurzzeitig im Stehen oder Gehen verrichten könne. Besondere nervliche Belastung, unfallgefährdete Arbeitsplätze, besondere Belastung des Bewegungs- und Stützsystems und ungünstige äußere Bedingungen sollten ihr nicht zugemutet werden. Die Wegefähigkeit sei nicht beeinträchtigt. Eine Intensivierung der ambulanten Schmerztherapie und der antidepressiven Medikation sowie eine muttersprachliche Psychotherapie seien zu empfehlen.
Mit Schreiben vom 22.04.2014 hat die Klägerin geäußert, dass keine Einwände gegen die Richtigkeit des Sachverständigengutachtens erhoben würden, jedoch auf die rechtliche Begründung in der Berufungsschrift hingewiesen werde.
Die Beteiligten haben jeweils mit Schreiben vom 09.05.2014 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 13.11.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2011 zu verurteilen, der Klägerin ab 01.06.2011 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 13.11.2012 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Rentenakte der Beklagten und der Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales, , Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Rentengewährung wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.
Der Senat konnte auch ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 iVm § 153 Abs. 1 SGG entscheiden, nachdem die Beteiligten dem zugestimmt hatten.
Ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung setzt nach § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) voraus, dass ein Versicherter voll erwerbsgemindert ist, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit aufzuweisen hat und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt hat.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die in gleicher Weise für Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung und wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gelten, hat die Klägerin bei Rentenantragstellung im Mai 2011 erfüllt gehabt. Für aktuelle medizinische Leistungsfälle sind sie wohl nicht mehr erfüllt, weil bei ihr nach August 2009 - zumindest bis zum Abschluss des im Versicherungsverlauf erfassten Zeitraums November 2011 - und damit mehr als 24 Monate keine rentenrechtlich relevanten Zeiten mehr bestätigt sind und ein erneuter Erwerb der Voraussetzungen nach diesem Zeitpunkt derzeit schon rein kalendarisch ausgeschlossen ist, da noch keine 36 Monate seither vergangen sind.
Ein Absehen vom Erfordernis fortlaufender Pflichtbeiträge unter Anwendung von § 241 Abs. 2 SGB VI kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil die Klägerin zwar schon 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt gehabt hatte und auch in der Folgezeit bis August 2009 lückenlos Beitrags- und Anrechnungszeiten aufzuweisen hatte, jedoch für die Folgezeit keine Nachentrichtung von Beiträgen mehr möglich ist. Bei einer Antragstellung im Mai 2011 ist über § 198 SGB VI nur die Frist für eine Zahlung freiwilliger Beiträge für das Jahr 2011 gehemmt worden. Die Frist für das Jahr 2010 war bereits abgelaufen (§ 197 Abs. 2 SGB VI) und die für das Jahr 2009 - für das ja die Monate September bis Dezember unbelegt sind - war erst recht schon vorbei. Das frühere Rentenverfahren, das ja ebenfalls über § 198 SGB VI die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI gehemmt hatte, war durch die Klagerücknahme Ende Juli 2009 abgeschlossen und hatte auf den Fristablauf für die Beitragsjahre 2009 und 2010 damit keine Auswirkungen.
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die medizinischen Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 SGB VI erfordern, dass ein Versicherter nicht mindestens 6 Stunden täglich einsatzfähig ist. Ergänzend führt § 43 Abs. 3 SGB VI aus, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Derartige zeitliche Einschränkungen sind bei der Klägerin zur Überzeugung des Senats weder aktuell erfüllt, noch für die Vergangenheit belegt.
Die Leistungsfähigkeit der Klägerin stellt sich vielmehr folgendermaßen dar: Sie kann täglich mindestens 6 Stunden körperlich leichte und gelegentlich auch bis zu mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus ausüben, wobei überwiegend sitzende Tätigkeiten zu bevorzugen sind. Besondere nervliche Belastung, unfallgefährdete Arbeitsplätze, besondere Belastung des Bewegungs- und Stützsystems und ungünstige äußere Bedingungen sind zu vermeiden. Dabei sind insbesondere Zeitdruck, Schichtdienst, Arbeiten über Schulterhöhe, längere Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Knien, Klettern oder Steigen und das Heben und Tragen schwerer Lasten nicht zumutbar. Die Klägerin ist in der Lage, eventuelle Arbeitsplätze mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.
Dieses sozialmedizinische Leistungsbild wird mit geringen Abweichungen von allen ärztlichen Sachverständigen übereinstimmend so vertreten. Nachdem die aktuellen Befunde keine gesundheitlichen Änderungen nahelegten, konnte sich der Senat zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin wesentlich auf die erstinstanzlich eingeholten Gutachten des Dr. M. und der Dr. O. stützen und musste keine eigene neue Untersuchung veranlassen. Das zusätzlich auf Antrag der Klägerin eingeholte Gutachten des Dr. E. ist im Übrigen zu demselben Ergebnis gekommen. Soweit die behandelten Ärzte weitergehende sozialmedizinische Einschränkungen attestieren, fehlt es an einer detaillierten Darlegung, worauf sich diese Annahme stützt; zudem ist die dort angesprochene Vermittlung geeigneter Arbeitsplätze keine der Rentenversicherung, sondern eine der Arbeitsverwaltung zuzuordnende Angelegenheit. Auch die Klägerseite erhebt gegen das beschriebene sozialmedizinische Leistungsbild keine dezidierten Einwände.
Hinzu kommt, dass insbesondere fachpsychiatrische und psychotherapeutische Behandlungen bei der Klägerin bisher noch nicht ausreichend und leitliniengerecht durchgeführt worden sind. Dies bestätigt auch aktuell der psychiatrische Gutachter Dr. E., indem er eine Intensivierung der ambulanten Schmerztherapie und der antidepressiven Medikation sowie eine muttersprachliche Psychotherapie empfiehlt. Solange eine psychische Störung aber noch behandelbar ist und die Behandlungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft sind, kann aus Sicht des Senates diese Erkrankung auch noch nicht als dauerhaft angesehen werden und noch nicht eine Erwerbsminderungsrente rechtfertigen (vgl. z.B. Urt. des Senats v. 21.03.2012, Az. L19 R 35/08, unter Bezugnahme auf BSG, Urt. v. 12.09.1990, Az. 5 RJ 88/89, und BSG, Urt. v. 29.02.2006, Az. B 13 RJ 31/05 R - jeweils zitiert nach juris).
Eine dauerhafte zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sieht der Senat somit weder zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung bzw. des Erstgutachtens der Dr. M. im August 2011 noch zu einem späteren Zeitpunkt als belegt an.
Die sozialmedizinische Beurteilung orientiert sich dabei an der Einsatzfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt; eine konkrete Verweisungstätigkeit muss seitens der Beklagten im Regelfall nicht benannt werden. Da bei der Klägerin nach den ärztlichen Feststellungen der Gutachter an geeigneten Arbeitsplätzen des allgemeinen Arbeitsmarktes keine zeitliche Einschränkung auf weniger als 6 Stunden festzustellen ist, sind auch die medizinischen Voraussetzungen für das Vorliegen von teilweiser Erwerbsminderung nicht unmittelbar erfüllt.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann jedoch auch in einigen speziellen Fällen (sogenannten Katalogfällen) bei einer an sich 6-stündigen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gleichwohl eine volle Erwerbsminderung vorliegen (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand April 2011, § 43 SGB VI Rn. 37 m.w.N.); hierzu wären in einem ersten Schritt die Voraussetzungen dafür zu prüfen, ob von der Beklagten ausnahmsweise konkrete Verweisungstätigkeiten benannt werden müssten. Im Rahmen der weiteren Prüfung müsste sich dann herausstellen, dass die benannten Verweisungstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen sämtlich nicht ohne zeitliche Einschränkung der Klägerin zugemutet werden könnten.
Ein derartiger Ausnahmefall liegt bei der Klägerin jedoch nicht vor. Weder lassen sich die Gesundheitsstörungen der Klägerin als schwere spezifische Behinderung wie etwa eine - ggf. funktionale - Einarmigkeit einordnen, noch besteht bei der Klägerin eine Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen. Zu der Beschränkung auf körperlich leichte Tätigkeiten tritt noch eine Einschränkung hinsichtlich nervlich belastender Arbeitsplätze hinzu, ohne dass insgesamt ungewöhnliche Einschränkungen vorliegen würden. Die verbleibenden Tätigkeitsbereiche sind nach wie vor hinreichend breit gestreut, so dass die Beklagte keine konkreten Tätigkeiten aufzählen muss, auf die die Klägerin zu verweisen wäre.
Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin nur äußerst eingeschränkte Kenntnisse der deutschen Sprache hat. Der 13. Senat des LSG Baden-Württemberg hat dargelegt (Urt. v. 09.09.1997, Az. L 13 KnV 136/96 - zitiert nach juris), dass unzureichende Kenntnisse der deutschen Sprache nicht dem Risiko der gesetzlichen Rentenversicherung unterfallen und sich zur Begründung auf Entscheidungen des BSG vom 18.12.1990 und vom 15.5.1991 (Az. 8/5a RKn 5/87 und 5 RJ 92/89 - jeweils nach juris) bezogen. Im Jahr 2003 hat das BSG zur weitergehenden Frage der Auswirkungen von muttersprachlichem Analphabetismus eine Berücksichtigungsmöglichkeit nur bejaht, wenn das weite Feld der Tätigkeiten, welche die Fähigkeit des Lesens und Schreibens nicht unbedingt erfordern, aufgrund der hinzugetretenen Leistungseinschränkungen nicht mehr offen steht (Urt. v. 10.12.2003, Az. B 5 RJ 64/02 R - zitiert nach juris). Im Jahr 2012 hat das BSG noch einmal klar gestellt, dass nur der auf einer gesundheitlichen Störung beruhende Analphabetismus als Krankheitsfolgewirkung Bedeutung für die Prüfung des Einsatzvermögens und damit für einen Anspruch auf Rentengewährung erlangen kann (Urt. v. 09.05.2012, Az. B 5 R 68/11 R - zitiert nach juris). Im Fall der Klägerin steht es für den Senat außer Zweifel, dass - wenn auch ggf. arbeitsmarktbedingt eingeschränkt - dem Grunde nach ausreichend Einsatzmöglichkeiten zur Verfügung stehen, nachdem von Seiten der Gutachter - solange die Arbeitsbedingungen eingehalten werden - ja sogar eine weitere Ausübung der Tätigkeit einer Produktionshelferin für möglich erachtet worden ist.
Soweit sich die Klägerseite auf die Entscheidung des BSG vom 25.03.1998 (Az. B 5 RJ 46/97 R - nach juris) beruft und daraus eine Pflicht zur Benennung konkreter Verweisungsberufe noch vor einer evtl. Beschäftigung mit dem Vorliegen einer Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen ableiten will, ist zu entgegnen, dass sich die damalige Entscheidung auf die zwischenzeitlich aufgehobene Vorschrift des § 44 SGB VI zum Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit bezogen hat, die noch weitere Anforderungen wie das Erreichen der sog. Lohnhälfte einbezogen hatte. Eine unmittelbare Übertragung auf die heutige Rechtslage sieht der Senat nicht als geboten an und sie findet sich auch nicht in den seitdem ergangenen Urteilen des BSG.
Im Übrigen teilt der Senat auch nicht die weiteren Ableitungen der Klägerseite, wonach in Anbetracht der bei der Klägerin festgestellten Einschränkungen ernsthafte Zweifel daran aufgekommen seien, dass sie in einem Betrieb einsetzbar sei, und die Möglichkeit der praktischen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes von Bedeutung sei. Die Behauptung, dass die Klägerin keine Fahrer-, Montier-, Sortier-, Etikettier-, Muster-, Prüf- oder Packtätigkeiten mehr ausüben könne, ist bereits zu pauschal, weil es abgesehen von Fahrtätigkeiten in den übrigen Berufsbildern jeweils Arbeitsplätze gibt, an denen die Einschränkungen der Arbeitsbedingungen, wie sie im Fall der Klägerin erforderlich sind, beachtet werden können. Die zusätzlichen Ausführungen zu Bürohilfstätigkeiten und dem Beruf einer Büglerin betreffen ohnehin nur punktuelle Berufseinsatzmöglichkeiten und sind nicht geeignet, wesentliche Einschränkungen des breiten Angebots des allgemeinen Arbeitsmarktes zu begründen.
Die Klägerin gehört nach ihrem Geburtsjahrgang zwar grundsätzlich zu dem von § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI erfassten Personenkreis, weil sie vor dem 01.01.1961 geboren ist. Die Gewährung einer - dort geregelten - teilweisen Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit kommt bei der Klägerin dennoch nicht in Betracht. Zum einen wird von Seiten der Gutachter - soweit sie darauf eingehen - eine Einsatzfähigkeit der Klägerin auch in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit einer Produktionshelferin grundsätzlich als gegeben angenommen, solange die eingeschränkten Arbeitsbedingungen beachtet werden. Zum anderen läge selbst im Fall der Nichteinsatzfähigkeit als Produktionshelferin Berufsunfähigkeit erst dann vor, wenn auch keine sog. zumutbare Verweisungstätigkeit mehr ausgeübt werden könnte. Nachdem es sich bei den von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten um ungelernte Tätigkeiten im Sinne der Rechtsprechung, d.h. mit Einweisung oder Anlernen von jedenfalls weniger als 3 Monaten, gehandelt hatte, kann sie zumutbar auf jede Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, die ohne Gefährdung ihres Restleistungsvermögens ausgeübt werden kann, ohne dass eine solche konkret benannt werden müsste (Gürtner a.a.O. Rn 113). Dies entspricht einer Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, welche der Senat ja - wie bereits dargelegt - als weiterhin bestehend bestätigt gesehen hat.
Somit hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils sind nicht zu beanstanden und die Berufung war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Die 1958 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Sie verfügt über keinen Ausbildungsabschluss. In der deutschen Rentenversicherung sind bei ihr Beitragszeiten für Beschäftigungen ab 1974 verzeichnet. Zuletzt versicherungspflichtig arbeitete die Klägerin im Mai 2007 und zwar als Bandarbeiterin in einer Kartoffelfabrik. Anschließend bezog sie bis August 2009 Arbeitslosengeld I; seitdem wurden keine öffentlichen Leistungen mehr gezahlt.
Im Januar 2008 stellte die Klägerin einen ersten Antrag auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, der von der Beklagten abgelehnt wurde; das sich anschließende Klageverfahren beim Sozialgericht Nürnberg (S 16 R 671/08) blieb erfolglos.
Das Zentrum Bayern Familie stellte bei der Klägerin im September 2008 einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 fest, wobei zu einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Bandscheibenschäden und Spinalkanalstenose mit Einzel-GdB 30 noch ein chronisches Schmerzsyndrom und ein Bluthochdruck mit jeweils Einzel-GdB 10 hinzuwirken würden.
Am 26.05.2011 beantragte die Klägerin erneut eine Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Die Klägerin gab an, zuletzt als ungelernte Produktionshelferin in der Firma H. H. & Sohn GmbH in W. vollschichtig tätig gewesen zu sein. Seit 2006 würden bei ihr viele Krankheiten vorliegen. Die behandelnden Ärzte Dipl.Med.E. und Dr.D. attestierten der Klägerin eine Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit und Beweglichkeit sowie eine somatoforme Schmerzstörung, weshalb sie auf dem Arbeitsmarkt derzeit nicht vermittlungsfähig sei.
Auf Veranlassung der Beklagten wurde die Klägerin am 17.08.2011 durch die Sozialmedizinerin Dr.M. untersucht. Diese beschrieb folgende Gesundheitsstörungen bei der Klägerin:
1. Anhaltende somatoforme Schmerzstörung.
2. Chronische Wirbelsäulenbeschwerden bei Bandscheibenschäden und bekannter Spinalkanalverengung.
3. Bewegungsstörung rechte Schulter bei Verschleiß.
4. Arterieller Bluthochdruck mit Herzschlagbeschleunigung.
5. Fettstoffwechselstörung bei Übergewicht.
Es sei keine wesentliche Änderung gegenüber den Vorbegutachtungen festzustellen und die von der Klägerin angegebene Symptomatik sei nicht zu objektivieren gewesen. Die Klägerin könne weiterhin leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne Zeitdruck, ohne Schichtdienst, ohne längere Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, ohne Arbeiten über Schulterhöhe, ohne Knien, Klettern oder Steigen vollschichtig verrichten und sei auch als Produktionshelferin entsprechend diesem Leistungsbild vollschichtig einsatzfähig.
Mit Bescheid vom 23.08.2011 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil die medizinischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Die Klägerin sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und auf diesem bei Beachtung der Arbeitbedingungen ohne zeitliche Einschränkung einsatzfähig.
Der Widerspruch der Klägerin vom 08.09.2011 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.2011 zurückgewiesen. Neue Gesichtspunkte hätten sich nicht ergeben.
Am 18.11.2011 hat die Klägerin mit Telefax Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Sie hat geltend gemacht, dass sie durch ihre gesundheitlichen Beschwerden in ihrer Lebensführung stark eingeschränkt sei. Im Versicherungsverlauf der Klägerin sind Pflichtbeitragszeiten - zuletzt aus Sozialleistungen - bis zum August 2009 verzeichnet. Das Sozialgericht hat im Folgenden Befundberichte bei den behandelnden Ärzten Dipl.Med.E., Dr.Z. und Dr.D. eingeholt und ein Gutachten durch den Facharzt für Orthopädie Dr.M. erstellen lassen, der die Klägerin am 12.07.2012 untersucht hat. Aus Sicht seines Fachgebietes würden sich keine geänderten Befunde von erwerbsmindernder Bedeutung gegenüber den Vorgutachten ergeben. Es seien folgende Gesundheitsstörungen bei der Klägerin vorhanden:
1. Beginnende Kniegelenksarthrose beidseitig.
2. Operierter Hallux valgus links.
3. Unkomplizierter Spreizfuß rechts.
4. Zervikalsyndrom ohne neurologische Ausfälle.
5. Lumbalsyndrom ohne neurologische Ausfälle.
6. Lumbale Spinalkanalstenose.
7. Verdacht auf anhaltende somatoforme Schmerzstörung.
Der Klägerin seien leichte und gelegentlich auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechselrhythmus unter Bevorzugung der Sitzposition möglich. Tätigkeiten ausschließlich im Stehen, Tätigkeiten mit häufigem Besteigen von Treppen oder Leitern, Tätigkeiten in kniender oder gebückter Haltung seien der Klägerin nicht mehr möglich. Schwere Lasten könnten nicht ständig bewegt oder angehoben werden. Auch seien monotone Zwangshaltungen nicht zumutbar. Die Wegefähigkeit sei zu bejahen.
Das Sozialgericht hat ergänzend ein nervenärztliches Gutachten durch Frau Dr.O. erstellen lassen, die die Klägerin am 14.08.2012 untersucht hat. Die Sachverständige ist zum Ergebnis gekommen, dass die Klägerin auf dem Hintergrund der orthopädischen Beeinträchtigungen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung entwickelt habe, die in ungünstiger Wechselwirkung mit einer chronischen Depression stehe. Gegenüber dem im vorherigen Rechtsstreit (S 16 R 671/08) erstellten Gutachten des Dr.J. vom Mai 2009 habe sich keine grundsätzliche Veränderung ergeben. Die bei der Klägerin vorliegenden qualitativen Einschränkungen seien als dauerhaft anzusehen, eine quantitative Leistungseingrenzung bestehe bislang aber nicht. Dem sozialmedizinischen Leistungsbild des Dr.M. werde weitgehend gefolgt, jedoch sollte sich die Arbeitsschwere auf leichte körperliche Tätigkeiten einschränken und tatsächlich Arbeiten bevorzugt im Sitzen abverlangt werden.
Die Klägerin verweist darauf, dass sie angesichts der praktisch nicht vorhandenen deutschen Sprachkenntnisse und der fehlenden Ausbildung mit den qualitativen Leistungseinschränkungen wohl nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten könne.
Nach Zugang der Ladung zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerseite einen Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellt, den das Sozialgericht als verfristet zurückgewiesen hat. Mit Urteil vom 13.11.2012 hat das Sozialgericht sodann die Klage abgewiesen. Die ärztlichen Gutachten hätten ergeben, dass die Klägerin an geeigneten Arbeitsplätzen des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den sie verweisbar sei, bei Beachtung bestimmter qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens 6 Stunden täglich einsatzfähig sei. Ein Rentenanspruch bestehe daher nicht.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 07.01.2013 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Das Sozialgericht Nürnberg habe nicht beachtet, dass bei der Klägerin noch vor der Frage, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische schwere Leistungsbehinderung vorliege, zunächst zu prüfen sei, ob es in der Arbeitswelt typischerweise noch eine Tätigkeit gebe, die dem Leistungsvermögen der Klägerin entspreche und welche Einkünfte gegebenenfalls aus dieser Tätigkeit erzielt werden könnten. Die konkrete Bezeichnungspflicht hänge einerseits davon ab, ob in Anbetracht der Einschränkungen ernsthafte Zweifel daran aufgekommen seien, dass der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar sei, andererseits sei in diesem Zusammenhang auch bereits die Möglichkeit der praktischen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes von Bedeutung. Zu verweisen sei auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 25.03.1998 (B 5 RJ 46/97 R - nach juris). Die Klägerin könne keine Fahrer-, Montier-, Sortier-, Etikettier-, Muster-, Prüf- oder Packtätigkeiten mehr ausüben. Auf Bürohilfstätigkeiten könne die Klägerin wegen der fehlenden Sprachkenntnisse nicht verwiesen werden. Die Tätigkeit als Büglerin sei überwiegend stehend. Sofern der Klägerin nicht bereits aus diesen Gründen eine Rente zugesprochen würde, werde ein Antrag nach § 109 SGG gestellt.
Der Senat hat einen Befundbericht beim behandelnden Allgemeinmediziner Dr.D. eingeholt und umfangreiche ärztliche Unterlagen beigezogen. Der ärztliche Dienst der Beklagten hat durch Frau Dr. R. am 19.09.2013 hierzu Stellung genommen und ausgeführt, dass im Wesentlichen keine neuen Befunde aufgetreten seien; es sei der Verdacht auf eine psychosomatische Beschwerdeproblematik geäußert worden, der neurologische Untersuchungsbefund sei unauffällig gewesen. In einem nervenärztlichen Befundbericht vom April 2013 sei von Angst- und Somatisierungsstörung mit zunehmendem sozialen Rückzug die Rede, während im Krankenhausentlassungsbericht aus dem Februar 2013 die depressive Störung noch als gegenwärtig remittiert bezeichnet worden sei.
Entsprechend dem Antrag der Klägerin ist im Folgenden nach § 109 SGG ein Gutachten durch den Arzt für Neurologie und Nervenheilkunde Dr.E. erstellt worden. Dieser hat unter dem 24.01.2014 folgende Diagnosen benannt:
1. Chronisches Schmerzsyndrom.
2. Anhaltend somatoforme Schmerzstörung.
3. Dysthymia.
4. Generalisierte Angststörung leichtgradig.
5. Bandscheibenvorfall L1/L2, L2/L3 und L4/L5.
6. Sekundäre Spinalkanalstenose der Lendenwirbelsäule durch Spondylarthrosen.
7. Degeneratives Lendenwirbelsäulensyndrom.
8. Lumbale linkskonvexe Skoliose.
Es würden wenig Zweifel an den mittlerweile mehrjährig bestehenden Gesundheitsstörungen mit Schmerzen, Verstimmungszuständen und Ängsten sowie an - auch psychisch wesentlich mitbestimmten - Kopfbeschwerden iS einer Somatisierungsstörung bestehen. Gleichzeitig verblieben deutliche Zweifel an einer tiefgreifenden Motivation zur Veränderung der Situation, nachdem die Klägerin in der Schmerzsymptomatik bei unbeeinträchtigter Willensfunktion verharre und sich in eine dauerhafte Entpflichtungssituation gebracht habe, was sich bis in die Versorgung des eigenen Haushaltes auswirke. Aus ärztlicher Sicht seien die geschilderten Ängste als leichtgradig und überakzentuiert anzusehen und hätten keinen Einfluss auf die Frage der Erwerbsminderung. Es hätten sich gegenüber den Vorgutachten aus den Jahren 2009 und 2012 keine neuen gesundheitlichen Gesichtspunkte ergeben. Die Klägerin sei in der Lage, täglich 6 Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig zu sein, wobei sie leichte und kurzzeitig mittelschwere Tätigkeiten in wechselnden Körperhaltungen überwiegend im Sitzen und kurzzeitig im Stehen oder Gehen verrichten könne. Besondere nervliche Belastung, unfallgefährdete Arbeitsplätze, besondere Belastung des Bewegungs- und Stützsystems und ungünstige äußere Bedingungen sollten ihr nicht zugemutet werden. Die Wegefähigkeit sei nicht beeinträchtigt. Eine Intensivierung der ambulanten Schmerztherapie und der antidepressiven Medikation sowie eine muttersprachliche Psychotherapie seien zu empfehlen.
Mit Schreiben vom 22.04.2014 hat die Klägerin geäußert, dass keine Einwände gegen die Richtigkeit des Sachverständigengutachtens erhoben würden, jedoch auf die rechtliche Begründung in der Berufungsschrift hingewiesen werde.
Die Beteiligten haben jeweils mit Schreiben vom 09.05.2014 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 13.11.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2011 zu verurteilen, der Klägerin ab 01.06.2011 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 13.11.2012 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Rentenakte der Beklagten und der Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales, , Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Rentengewährung wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.
Der Senat konnte auch ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 iVm § 153 Abs. 1 SGG entscheiden, nachdem die Beteiligten dem zugestimmt hatten.
Ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung setzt nach § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) voraus, dass ein Versicherter voll erwerbsgemindert ist, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit aufzuweisen hat und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt hat.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die in gleicher Weise für Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung und wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gelten, hat die Klägerin bei Rentenantragstellung im Mai 2011 erfüllt gehabt. Für aktuelle medizinische Leistungsfälle sind sie wohl nicht mehr erfüllt, weil bei ihr nach August 2009 - zumindest bis zum Abschluss des im Versicherungsverlauf erfassten Zeitraums November 2011 - und damit mehr als 24 Monate keine rentenrechtlich relevanten Zeiten mehr bestätigt sind und ein erneuter Erwerb der Voraussetzungen nach diesem Zeitpunkt derzeit schon rein kalendarisch ausgeschlossen ist, da noch keine 36 Monate seither vergangen sind.
Ein Absehen vom Erfordernis fortlaufender Pflichtbeiträge unter Anwendung von § 241 Abs. 2 SGB VI kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil die Klägerin zwar schon 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt gehabt hatte und auch in der Folgezeit bis August 2009 lückenlos Beitrags- und Anrechnungszeiten aufzuweisen hatte, jedoch für die Folgezeit keine Nachentrichtung von Beiträgen mehr möglich ist. Bei einer Antragstellung im Mai 2011 ist über § 198 SGB VI nur die Frist für eine Zahlung freiwilliger Beiträge für das Jahr 2011 gehemmt worden. Die Frist für das Jahr 2010 war bereits abgelaufen (§ 197 Abs. 2 SGB VI) und die für das Jahr 2009 - für das ja die Monate September bis Dezember unbelegt sind - war erst recht schon vorbei. Das frühere Rentenverfahren, das ja ebenfalls über § 198 SGB VI die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI gehemmt hatte, war durch die Klagerücknahme Ende Juli 2009 abgeschlossen und hatte auf den Fristablauf für die Beitragsjahre 2009 und 2010 damit keine Auswirkungen.
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die medizinischen Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 SGB VI erfordern, dass ein Versicherter nicht mindestens 6 Stunden täglich einsatzfähig ist. Ergänzend führt § 43 Abs. 3 SGB VI aus, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Derartige zeitliche Einschränkungen sind bei der Klägerin zur Überzeugung des Senats weder aktuell erfüllt, noch für die Vergangenheit belegt.
Die Leistungsfähigkeit der Klägerin stellt sich vielmehr folgendermaßen dar: Sie kann täglich mindestens 6 Stunden körperlich leichte und gelegentlich auch bis zu mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus ausüben, wobei überwiegend sitzende Tätigkeiten zu bevorzugen sind. Besondere nervliche Belastung, unfallgefährdete Arbeitsplätze, besondere Belastung des Bewegungs- und Stützsystems und ungünstige äußere Bedingungen sind zu vermeiden. Dabei sind insbesondere Zeitdruck, Schichtdienst, Arbeiten über Schulterhöhe, längere Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Knien, Klettern oder Steigen und das Heben und Tragen schwerer Lasten nicht zumutbar. Die Klägerin ist in der Lage, eventuelle Arbeitsplätze mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.
Dieses sozialmedizinische Leistungsbild wird mit geringen Abweichungen von allen ärztlichen Sachverständigen übereinstimmend so vertreten. Nachdem die aktuellen Befunde keine gesundheitlichen Änderungen nahelegten, konnte sich der Senat zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin wesentlich auf die erstinstanzlich eingeholten Gutachten des Dr. M. und der Dr. O. stützen und musste keine eigene neue Untersuchung veranlassen. Das zusätzlich auf Antrag der Klägerin eingeholte Gutachten des Dr. E. ist im Übrigen zu demselben Ergebnis gekommen. Soweit die behandelten Ärzte weitergehende sozialmedizinische Einschränkungen attestieren, fehlt es an einer detaillierten Darlegung, worauf sich diese Annahme stützt; zudem ist die dort angesprochene Vermittlung geeigneter Arbeitsplätze keine der Rentenversicherung, sondern eine der Arbeitsverwaltung zuzuordnende Angelegenheit. Auch die Klägerseite erhebt gegen das beschriebene sozialmedizinische Leistungsbild keine dezidierten Einwände.
Hinzu kommt, dass insbesondere fachpsychiatrische und psychotherapeutische Behandlungen bei der Klägerin bisher noch nicht ausreichend und leitliniengerecht durchgeführt worden sind. Dies bestätigt auch aktuell der psychiatrische Gutachter Dr. E., indem er eine Intensivierung der ambulanten Schmerztherapie und der antidepressiven Medikation sowie eine muttersprachliche Psychotherapie empfiehlt. Solange eine psychische Störung aber noch behandelbar ist und die Behandlungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft sind, kann aus Sicht des Senates diese Erkrankung auch noch nicht als dauerhaft angesehen werden und noch nicht eine Erwerbsminderungsrente rechtfertigen (vgl. z.B. Urt. des Senats v. 21.03.2012, Az. L19 R 35/08, unter Bezugnahme auf BSG, Urt. v. 12.09.1990, Az. 5 RJ 88/89, und BSG, Urt. v. 29.02.2006, Az. B 13 RJ 31/05 R - jeweils zitiert nach juris).
Eine dauerhafte zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sieht der Senat somit weder zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung bzw. des Erstgutachtens der Dr. M. im August 2011 noch zu einem späteren Zeitpunkt als belegt an.
Die sozialmedizinische Beurteilung orientiert sich dabei an der Einsatzfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt; eine konkrete Verweisungstätigkeit muss seitens der Beklagten im Regelfall nicht benannt werden. Da bei der Klägerin nach den ärztlichen Feststellungen der Gutachter an geeigneten Arbeitsplätzen des allgemeinen Arbeitsmarktes keine zeitliche Einschränkung auf weniger als 6 Stunden festzustellen ist, sind auch die medizinischen Voraussetzungen für das Vorliegen von teilweiser Erwerbsminderung nicht unmittelbar erfüllt.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann jedoch auch in einigen speziellen Fällen (sogenannten Katalogfällen) bei einer an sich 6-stündigen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gleichwohl eine volle Erwerbsminderung vorliegen (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand April 2011, § 43 SGB VI Rn. 37 m.w.N.); hierzu wären in einem ersten Schritt die Voraussetzungen dafür zu prüfen, ob von der Beklagten ausnahmsweise konkrete Verweisungstätigkeiten benannt werden müssten. Im Rahmen der weiteren Prüfung müsste sich dann herausstellen, dass die benannten Verweisungstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen sämtlich nicht ohne zeitliche Einschränkung der Klägerin zugemutet werden könnten.
Ein derartiger Ausnahmefall liegt bei der Klägerin jedoch nicht vor. Weder lassen sich die Gesundheitsstörungen der Klägerin als schwere spezifische Behinderung wie etwa eine - ggf. funktionale - Einarmigkeit einordnen, noch besteht bei der Klägerin eine Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen. Zu der Beschränkung auf körperlich leichte Tätigkeiten tritt noch eine Einschränkung hinsichtlich nervlich belastender Arbeitsplätze hinzu, ohne dass insgesamt ungewöhnliche Einschränkungen vorliegen würden. Die verbleibenden Tätigkeitsbereiche sind nach wie vor hinreichend breit gestreut, so dass die Beklagte keine konkreten Tätigkeiten aufzählen muss, auf die die Klägerin zu verweisen wäre.
Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Klägerin nur äußerst eingeschränkte Kenntnisse der deutschen Sprache hat. Der 13. Senat des LSG Baden-Württemberg hat dargelegt (Urt. v. 09.09.1997, Az. L 13 KnV 136/96 - zitiert nach juris), dass unzureichende Kenntnisse der deutschen Sprache nicht dem Risiko der gesetzlichen Rentenversicherung unterfallen und sich zur Begründung auf Entscheidungen des BSG vom 18.12.1990 und vom 15.5.1991 (Az. 8/5a RKn 5/87 und 5 RJ 92/89 - jeweils nach juris) bezogen. Im Jahr 2003 hat das BSG zur weitergehenden Frage der Auswirkungen von muttersprachlichem Analphabetismus eine Berücksichtigungsmöglichkeit nur bejaht, wenn das weite Feld der Tätigkeiten, welche die Fähigkeit des Lesens und Schreibens nicht unbedingt erfordern, aufgrund der hinzugetretenen Leistungseinschränkungen nicht mehr offen steht (Urt. v. 10.12.2003, Az. B 5 RJ 64/02 R - zitiert nach juris). Im Jahr 2012 hat das BSG noch einmal klar gestellt, dass nur der auf einer gesundheitlichen Störung beruhende Analphabetismus als Krankheitsfolgewirkung Bedeutung für die Prüfung des Einsatzvermögens und damit für einen Anspruch auf Rentengewährung erlangen kann (Urt. v. 09.05.2012, Az. B 5 R 68/11 R - zitiert nach juris). Im Fall der Klägerin steht es für den Senat außer Zweifel, dass - wenn auch ggf. arbeitsmarktbedingt eingeschränkt - dem Grunde nach ausreichend Einsatzmöglichkeiten zur Verfügung stehen, nachdem von Seiten der Gutachter - solange die Arbeitsbedingungen eingehalten werden - ja sogar eine weitere Ausübung der Tätigkeit einer Produktionshelferin für möglich erachtet worden ist.
Soweit sich die Klägerseite auf die Entscheidung des BSG vom 25.03.1998 (Az. B 5 RJ 46/97 R - nach juris) beruft und daraus eine Pflicht zur Benennung konkreter Verweisungsberufe noch vor einer evtl. Beschäftigung mit dem Vorliegen einer Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen ableiten will, ist zu entgegnen, dass sich die damalige Entscheidung auf die zwischenzeitlich aufgehobene Vorschrift des § 44 SGB VI zum Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit bezogen hat, die noch weitere Anforderungen wie das Erreichen der sog. Lohnhälfte einbezogen hatte. Eine unmittelbare Übertragung auf die heutige Rechtslage sieht der Senat nicht als geboten an und sie findet sich auch nicht in den seitdem ergangenen Urteilen des BSG.
Im Übrigen teilt der Senat auch nicht die weiteren Ableitungen der Klägerseite, wonach in Anbetracht der bei der Klägerin festgestellten Einschränkungen ernsthafte Zweifel daran aufgekommen seien, dass sie in einem Betrieb einsetzbar sei, und die Möglichkeit der praktischen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes von Bedeutung sei. Die Behauptung, dass die Klägerin keine Fahrer-, Montier-, Sortier-, Etikettier-, Muster-, Prüf- oder Packtätigkeiten mehr ausüben könne, ist bereits zu pauschal, weil es abgesehen von Fahrtätigkeiten in den übrigen Berufsbildern jeweils Arbeitsplätze gibt, an denen die Einschränkungen der Arbeitsbedingungen, wie sie im Fall der Klägerin erforderlich sind, beachtet werden können. Die zusätzlichen Ausführungen zu Bürohilfstätigkeiten und dem Beruf einer Büglerin betreffen ohnehin nur punktuelle Berufseinsatzmöglichkeiten und sind nicht geeignet, wesentliche Einschränkungen des breiten Angebots des allgemeinen Arbeitsmarktes zu begründen.
Die Klägerin gehört nach ihrem Geburtsjahrgang zwar grundsätzlich zu dem von § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI erfassten Personenkreis, weil sie vor dem 01.01.1961 geboren ist. Die Gewährung einer - dort geregelten - teilweisen Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit kommt bei der Klägerin dennoch nicht in Betracht. Zum einen wird von Seiten der Gutachter - soweit sie darauf eingehen - eine Einsatzfähigkeit der Klägerin auch in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit einer Produktionshelferin grundsätzlich als gegeben angenommen, solange die eingeschränkten Arbeitsbedingungen beachtet werden. Zum anderen läge selbst im Fall der Nichteinsatzfähigkeit als Produktionshelferin Berufsunfähigkeit erst dann vor, wenn auch keine sog. zumutbare Verweisungstätigkeit mehr ausgeübt werden könnte. Nachdem es sich bei den von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten um ungelernte Tätigkeiten im Sinne der Rechtsprechung, d.h. mit Einweisung oder Anlernen von jedenfalls weniger als 3 Monaten, gehandelt hatte, kann sie zumutbar auf jede Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, die ohne Gefährdung ihres Restleistungsvermögens ausgeübt werden kann, ohne dass eine solche konkret benannt werden müsste (Gürtner a.a.O. Rn 113). Dies entspricht einer Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, welche der Senat ja - wie bereits dargelegt - als weiterhin bestehend bestätigt gesehen hat.
Somit hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils sind nicht zu beanstanden und die Berufung war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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