Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KR 649/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 206/14
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.161,65 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Zahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 2.161,65 EUR für stationäre Behandlungskosten streitig.
Die Klägerin betreibt die K. in A-Stadt.
Dort wurde die Versicherte der Beklagten, Frau C., in der Zeit vom 16.04.2012 bis 03.05.2012 stationär behandelt.
Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten 4.483,74 EUR am 06.06.2012 in Rechnung und begründete diese unter anderem mit der DRG I97Z.
Nach Begleichung der Rechnung beauftragte die Beklagte den MDK mit einer Überprüfung dieser.
Dem Prüfauftrag lag folgende Fragestellung zu Grunde:
Ist die Hauptdiagnose (HD) korrekt?
HD eher M54.10?
Ist/sind die Prozedur(en) korrekt?
Sind/waren die Strukturvoraussetzungen für den OPS 8-983.1 gegeben und wurde der OPS vollständig erfüllt?
Der MDK kam sodann in seinem Gutachten vom 14.08.2012 zu dem Ergebnis, dass die Strukturvoraussetzungen für die Kodierung des OPS 8-983.1 (multimodale rheumatologische Komplexbehandlung) anhand der vorgelegten Unterlagen medizinisch nicht nachvollzogen werden könnten.
Daraufhin verrechnete die Beklagte den streitigen Betrag von 2.161,65 EUR mit anderen laufenden Rechnungen der Klägerin.
Am 11.12.2012 hat der Bevollmächtigte Zahlungsklage zum Sozialgericht Augsburg erhoben.
Zur Klagebegründung ist vorgetragen worden, dass das gesamte MDK-Gutachten eine gänzlich unsubstanziierte Stellungnahme darstelle. Eine solche könne nicht die Grundlage für eine Entgeltkürzung sein. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte unter Darlegung der Strukturen mit der Klägerin bereits im Jahr 2007 die strittig gestellte DRG/Prozedur in dem jährlich stattfindenden Budgetverhandlungen vereinbart habe.
Hierauf hat die Beklagte mit Schreiben vom 03.01.2013 erwidert, dass die Kodierung des OPS anhand der eingereichten Unterlagen medizinisch nicht habe nachvollzogen werden können. Deshalb sei die Streichung erfolgt.
Unter D001a der Allgemeinen Kodierrichtlinien sei explizit erwähnt, dass die Bedeutung einer konsistenten, vollständigen Dokumentation in der Krankenakte nicht häufig genug betont werden könne.
In der zivilrechtlichen Arzthaftung seien die wesentlichen Schritte der ärztlichen Behandlung zu dokumentieren. Was sich dort nicht befinde, gelte als nicht stattgefunden. Dies müsse für die ärztliche Dokumentation im Rahmen eines Abrechnungsstreits in gleicher Weise gelten, schon aufgrund des Prinzips der Einheit der Rechtsordnung.
Analog dazu müsse also die Dokumentation im stationären Bereich auch nach Art und Umfang so geführt werden, dass für die Krankenkasse bzw. den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) die erbrachten Leistungen nachvollziehbar seien, insbesondere wenn es sich um eigenständige Prozedurenkomponenten wie hier handele, die eigens verschlüsselt und erlösrelevant seien.
Am 13.02.2013 hat der Bevollmächtigte dazu geantwortet, dass eine Überprüfung der Strukturvoraussetzung am 06.02.2012 im Rahmen einer Inhouseprüfung in dem Hause der Klägerin durchgeführt worden sei. Hierbei sei der MDK zu dem Ergebnis gekommen, dass die im OPS genannte Diagnostik- und Therapiemerkmale qualitativ und quantitativ erfüllt seien. Kritisiert worden sei lediglich, dass die Behandlungsleitung durch nicht am Krankenhaus angestellte Ärzte erfolge. Richtigerweise erkenne auch der MDK hierbei an, dass die Beantwortung dieser Frage nicht medizinischer, sondern juristischer Natur sei.
In juristischer Hinsicht bestünden hierzu durch die explizite Klarstellung des Gesetzgebers jedoch keine ernsthaften Zweifel mehr. So habe der Gesetzgeber die Möglichkeit der Leistungserbringung durch nicht fest bei der Klinik angestellte Ärzte mit der Klarstellung durch das Gesetz zur Einführung eines pauschalierten Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen (PsychEntgeltGesetz) vom 21.07.2012 auch ausdrücklich gesetzlich verankert.
Mit Schreiben vom 19.03.2014 hat der zweite Bevollmächtigte der Klägerin weiter vorgetragen, dass es hier an einer ordnungsgemäßen Einleitung des Prüfverfahrens nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V fehle, da aus dem Prüfauftrag der Beklagten ein konkreter Verdacht auf eine fehlerhafte Abrechnung nicht zu entnehmen sei.
Weder aus der Fragestellung der Beklagten noch aus dem MDK-Gutachten sei zu entnehmen, weshalb an der Hauptdiagnose bzw. dem OPS 8.983.1 Zweifel bestünden.
In der mündlichen Verhandlung beantragt die Bevollmächtigte der Klägerin,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.161,65 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 08.11.2012 zu bezahlen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Vergütungsanspruch in Höhe von 2.161,65 EUR für die stationäre Behandlung der Versicherten, Frau C., in der Zeit vom 16.04.2012 bis zum 03.05.2012 gemäß § 109 Abs. 4 S. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit der Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2012.
Der Zahlungsanspruch ist deshalb nicht gegeben, weil nach Überzeugung des Gerichts im vorliegenden Fall die Strukturvoraussetzungen des OPS 8-9831.1 "multimodale rheumatologische Komplexbehandlung" nicht erfüllt waren.
Der genannte OPS verlangt nämlich als Mindestmerkmal ein Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung (Facharzt für innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumathologie oder Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit der Zusatzweiterbildung orthopädische Rheumathologie, Facharzt für Orthopädie mit dem Schwerpunkt Rheumathologie).
Zwar ist nach Aktenlage davon auszugehen, dass die für die Behandlungsleitung verantwortliche Ärztin, Frau Dr. N., über die geforderte Qualifikation verfügt.
Wie jedoch der Bevollmächtigte der Klägerin in seinem Schreiben vom 12.02.2013 zutreffend bemerkt hat, handelt es sich sodann bei der Frage, wann eine fachärztliche Behandlungsleitung im Sinne des OPS 8-983 anzunehmen ist, um eine juristische Frage.
Diese wurde nach Ansicht des Gerichts mit dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18.07.2013 - B 3 KR 7/12 R - beantwortet.
Hierbei ist das BSG bezogen auf den OPS 8-918 zum Ergebnis gekommen, dass aus schmerztherapeutischer ärztlicher Sicht der verantwortliche Arzt für eine multimodale Schmerztherapie derjenige ist, "der die Krankengeschichte erhebt, den Patienten körperlich untersucht und einen Behandlungsplan für den Patienten erstellt. Er ist weiter derjenige, der den Behandlungsplan mit dem Patienten bespricht, weitere diagnostisch-therapeutische Gespräche mit dem Patienten führt und den Behandlungsplan gegebenenfalls an den Schmerzverlauf adaptiert. Nur wenn der für die multimodale Schmerztherapie verantwortliche Arzt diese Kenntnisse über seine Patienten besitzt, kann er planend, überwachend und steuernd im Team mit den Kollegen aus den anderen Abteilungen die Ziele der multimodalen Schmerztherapie erfüllen". Um diesen Anforderungen aber gerecht werden zu können, bedarf es nach dem genannten Urteil des BSG daher einer regelmäßigen Anwesenheit des Verantwortlichen von montags bis freitags jeweils mindestens halbtags.
Diese Anwesenheitszeiten sind auch im Rahmen der multimodalen rheumatologischen Komplexbehandlung zu fordern, da auch in diesem OPS eine fachärztliche Behandlungsleitung gefordert wird und auch hier die Überwachung und Steuerung eines Teams mit Kollegen aus anderen Abteilungen zum Beispiel der Physiotherapie, der Ergotherapie, der Schmerztherapie, der kognitiven Verhaltenstherapie, also Psychologie, durch den Verantwortlichen erforderlich ist. Es ist damit nicht erkennbar, dass an die Behandlungsleitung im Rahmen der multimodalen rheumatologischen Komplexbehandlung geringere Anforderungen zu stellen wären als im Rahmen der multimodalen Schmerztherapie. Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass bei einer geringeren Anwesenheit des Verantwortlichen als einer halbtäglichen von montags bis freitags die genannten Aufgaben nicht in ihrer gesamten Bandbreite tatsächlich umfassend erfüllt werden können.
Aus den eingereichten medizinischen Unterlagen ergibt sich hier aber nicht, dass Frau Dr. N. als Verantwortliche für die Behandlungsleitung in diesem Behandlungsfall jeweils halbtäglich in der Klinik der Klägerin anwesend gewesen ist. Vielmehr war aus diesen zu entnehmen, dass sie nur jeden zweiten Tag vor Ort war. Etwas anderes ist auch in der mündlichen Verhandlung durch die Klägerin nicht behauptet oder gar bewiesen worden.
Insgesamt fehlt es damit an einer fachärztlichen Behandlungsleitung wie vom OPS 8-983 vorausgesetzt, so dass dieser nicht abrechenbar war.
Daran ändert auch nichts, dass das Krankenhaus der Klägerin über eine geringere Bettenanzahl verfügt als das, das dem Urteil des BSG vom 18.07.2013 zu Grunde lag.
Die Bettenzahl kann nämlich keinen Einfluss auf die Strukturvoraussetzungen haben. Eine Unterscheidung nach Bettenzahl enthält nämlich der OPS-Kode 8-983 gerade nicht. Somit ist davon auszugehen, dass dieser gerade nur dann abrechenbar ist, wenn die in ihm genannten Voraussetzungen in jeder Hinsicht vorliegen. Auch eine sonstige Rechtsnorm oder ein sonstiger Rechtssatz ist nicht erkennbar, der hier eine Unterscheidung nach dem Belegzahlen erlauben könnte.
Entgegen der Annahme der Bevollmächtigten zu 2. der Klägerin ist das Prüfverfahren von der Beklagten ordnungsgemäß gemäß § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V eingeleitet worden.
Der hierfür notwendige konkrete Verdacht auf eine fehlerhafte Abrechnung ergibt sich für das Gericht schlüssig aus dem gestellten Prüfauftrag. So konnte es sich angesichts der gestellten Hauptdiagnose M79.70 - Fibromyalgie: Mehrere Lokalisation - und den Nebendiagnosen M54.10 Radiculopathie: Mehrere Lokalisation in der Wirbelsäule -, M81.08 - postmenopausale Osteoporose: Sonstige (Hals, Kopf, Rippen, Rumpf, Schädel, Wirbelsäule) - durchaus die Frage aufdrängen, ob nicht der hauptsächliche stationäre Aufnahmegrund die M 54.10 war und diese somit nach der Kodierrichtlinie D002f als Hauptdiagnose zu wählen gewesen wäre. Auch der MDK ist in seiner Prüfung erst nach der Gesamtschau der weiter eingereichten medizinischen Unterlagen der Beklagten zum Ergebnis gekommen, dass die Hauptdiagnose richtig kodiert war. Allein aus dem Datensatz war dies aber nicht erkennbar.
Ein ausreichender Anfangsverdacht auf eine möglicherweise fehlerhafte Abrechnung war somit gegeben.
Die Klage war daher als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 S. 1 i.V.m. dem Gerichtskostengesetz. Da der Klageantrag auf eine bezifferte Geldleistung gerichtet war, ist deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz - GKG -).
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.161,65 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist ein Zahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 2.161,65 EUR für stationäre Behandlungskosten streitig.
Die Klägerin betreibt die K. in A-Stadt.
Dort wurde die Versicherte der Beklagten, Frau C., in der Zeit vom 16.04.2012 bis 03.05.2012 stationär behandelt.
Hierfür stellte die Klägerin der Beklagten 4.483,74 EUR am 06.06.2012 in Rechnung und begründete diese unter anderem mit der DRG I97Z.
Nach Begleichung der Rechnung beauftragte die Beklagte den MDK mit einer Überprüfung dieser.
Dem Prüfauftrag lag folgende Fragestellung zu Grunde:
Ist die Hauptdiagnose (HD) korrekt?
HD eher M54.10?
Ist/sind die Prozedur(en) korrekt?
Sind/waren die Strukturvoraussetzungen für den OPS 8-983.1 gegeben und wurde der OPS vollständig erfüllt?
Der MDK kam sodann in seinem Gutachten vom 14.08.2012 zu dem Ergebnis, dass die Strukturvoraussetzungen für die Kodierung des OPS 8-983.1 (multimodale rheumatologische Komplexbehandlung) anhand der vorgelegten Unterlagen medizinisch nicht nachvollzogen werden könnten.
Daraufhin verrechnete die Beklagte den streitigen Betrag von 2.161,65 EUR mit anderen laufenden Rechnungen der Klägerin.
Am 11.12.2012 hat der Bevollmächtigte Zahlungsklage zum Sozialgericht Augsburg erhoben.
Zur Klagebegründung ist vorgetragen worden, dass das gesamte MDK-Gutachten eine gänzlich unsubstanziierte Stellungnahme darstelle. Eine solche könne nicht die Grundlage für eine Entgeltkürzung sein. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte unter Darlegung der Strukturen mit der Klägerin bereits im Jahr 2007 die strittig gestellte DRG/Prozedur in dem jährlich stattfindenden Budgetverhandlungen vereinbart habe.
Hierauf hat die Beklagte mit Schreiben vom 03.01.2013 erwidert, dass die Kodierung des OPS anhand der eingereichten Unterlagen medizinisch nicht habe nachvollzogen werden können. Deshalb sei die Streichung erfolgt.
Unter D001a der Allgemeinen Kodierrichtlinien sei explizit erwähnt, dass die Bedeutung einer konsistenten, vollständigen Dokumentation in der Krankenakte nicht häufig genug betont werden könne.
In der zivilrechtlichen Arzthaftung seien die wesentlichen Schritte der ärztlichen Behandlung zu dokumentieren. Was sich dort nicht befinde, gelte als nicht stattgefunden. Dies müsse für die ärztliche Dokumentation im Rahmen eines Abrechnungsstreits in gleicher Weise gelten, schon aufgrund des Prinzips der Einheit der Rechtsordnung.
Analog dazu müsse also die Dokumentation im stationären Bereich auch nach Art und Umfang so geführt werden, dass für die Krankenkasse bzw. den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) die erbrachten Leistungen nachvollziehbar seien, insbesondere wenn es sich um eigenständige Prozedurenkomponenten wie hier handele, die eigens verschlüsselt und erlösrelevant seien.
Am 13.02.2013 hat der Bevollmächtigte dazu geantwortet, dass eine Überprüfung der Strukturvoraussetzung am 06.02.2012 im Rahmen einer Inhouseprüfung in dem Hause der Klägerin durchgeführt worden sei. Hierbei sei der MDK zu dem Ergebnis gekommen, dass die im OPS genannte Diagnostik- und Therapiemerkmale qualitativ und quantitativ erfüllt seien. Kritisiert worden sei lediglich, dass die Behandlungsleitung durch nicht am Krankenhaus angestellte Ärzte erfolge. Richtigerweise erkenne auch der MDK hierbei an, dass die Beantwortung dieser Frage nicht medizinischer, sondern juristischer Natur sei.
In juristischer Hinsicht bestünden hierzu durch die explizite Klarstellung des Gesetzgebers jedoch keine ernsthaften Zweifel mehr. So habe der Gesetzgeber die Möglichkeit der Leistungserbringung durch nicht fest bei der Klinik angestellte Ärzte mit der Klarstellung durch das Gesetz zur Einführung eines pauschalierten Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen (PsychEntgeltGesetz) vom 21.07.2012 auch ausdrücklich gesetzlich verankert.
Mit Schreiben vom 19.03.2014 hat der zweite Bevollmächtigte der Klägerin weiter vorgetragen, dass es hier an einer ordnungsgemäßen Einleitung des Prüfverfahrens nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V fehle, da aus dem Prüfauftrag der Beklagten ein konkreter Verdacht auf eine fehlerhafte Abrechnung nicht zu entnehmen sei.
Weder aus der Fragestellung der Beklagten noch aus dem MDK-Gutachten sei zu entnehmen, weshalb an der Hauptdiagnose bzw. dem OPS 8.983.1 Zweifel bestünden.
In der mündlichen Verhandlung beantragt die Bevollmächtigte der Klägerin,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.161,65 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 08.11.2012 zu bezahlen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Vergütungsanspruch in Höhe von 2.161,65 EUR für die stationäre Behandlung der Versicherten, Frau C., in der Zeit vom 16.04.2012 bis zum 03.05.2012 gemäß § 109 Abs. 4 S. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit der Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 2012.
Der Zahlungsanspruch ist deshalb nicht gegeben, weil nach Überzeugung des Gerichts im vorliegenden Fall die Strukturvoraussetzungen des OPS 8-9831.1 "multimodale rheumatologische Komplexbehandlung" nicht erfüllt waren.
Der genannte OPS verlangt nämlich als Mindestmerkmal ein Team unter fachärztlicher Behandlungsleitung (Facharzt für innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumathologie oder Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit der Zusatzweiterbildung orthopädische Rheumathologie, Facharzt für Orthopädie mit dem Schwerpunkt Rheumathologie).
Zwar ist nach Aktenlage davon auszugehen, dass die für die Behandlungsleitung verantwortliche Ärztin, Frau Dr. N., über die geforderte Qualifikation verfügt.
Wie jedoch der Bevollmächtigte der Klägerin in seinem Schreiben vom 12.02.2013 zutreffend bemerkt hat, handelt es sich sodann bei der Frage, wann eine fachärztliche Behandlungsleitung im Sinne des OPS 8-983 anzunehmen ist, um eine juristische Frage.
Diese wurde nach Ansicht des Gerichts mit dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18.07.2013 - B 3 KR 7/12 R - beantwortet.
Hierbei ist das BSG bezogen auf den OPS 8-918 zum Ergebnis gekommen, dass aus schmerztherapeutischer ärztlicher Sicht der verantwortliche Arzt für eine multimodale Schmerztherapie derjenige ist, "der die Krankengeschichte erhebt, den Patienten körperlich untersucht und einen Behandlungsplan für den Patienten erstellt. Er ist weiter derjenige, der den Behandlungsplan mit dem Patienten bespricht, weitere diagnostisch-therapeutische Gespräche mit dem Patienten führt und den Behandlungsplan gegebenenfalls an den Schmerzverlauf adaptiert. Nur wenn der für die multimodale Schmerztherapie verantwortliche Arzt diese Kenntnisse über seine Patienten besitzt, kann er planend, überwachend und steuernd im Team mit den Kollegen aus den anderen Abteilungen die Ziele der multimodalen Schmerztherapie erfüllen". Um diesen Anforderungen aber gerecht werden zu können, bedarf es nach dem genannten Urteil des BSG daher einer regelmäßigen Anwesenheit des Verantwortlichen von montags bis freitags jeweils mindestens halbtags.
Diese Anwesenheitszeiten sind auch im Rahmen der multimodalen rheumatologischen Komplexbehandlung zu fordern, da auch in diesem OPS eine fachärztliche Behandlungsleitung gefordert wird und auch hier die Überwachung und Steuerung eines Teams mit Kollegen aus anderen Abteilungen zum Beispiel der Physiotherapie, der Ergotherapie, der Schmerztherapie, der kognitiven Verhaltenstherapie, also Psychologie, durch den Verantwortlichen erforderlich ist. Es ist damit nicht erkennbar, dass an die Behandlungsleitung im Rahmen der multimodalen rheumatologischen Komplexbehandlung geringere Anforderungen zu stellen wären als im Rahmen der multimodalen Schmerztherapie. Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass bei einer geringeren Anwesenheit des Verantwortlichen als einer halbtäglichen von montags bis freitags die genannten Aufgaben nicht in ihrer gesamten Bandbreite tatsächlich umfassend erfüllt werden können.
Aus den eingereichten medizinischen Unterlagen ergibt sich hier aber nicht, dass Frau Dr. N. als Verantwortliche für die Behandlungsleitung in diesem Behandlungsfall jeweils halbtäglich in der Klinik der Klägerin anwesend gewesen ist. Vielmehr war aus diesen zu entnehmen, dass sie nur jeden zweiten Tag vor Ort war. Etwas anderes ist auch in der mündlichen Verhandlung durch die Klägerin nicht behauptet oder gar bewiesen worden.
Insgesamt fehlt es damit an einer fachärztlichen Behandlungsleitung wie vom OPS 8-983 vorausgesetzt, so dass dieser nicht abrechenbar war.
Daran ändert auch nichts, dass das Krankenhaus der Klägerin über eine geringere Bettenanzahl verfügt als das, das dem Urteil des BSG vom 18.07.2013 zu Grunde lag.
Die Bettenzahl kann nämlich keinen Einfluss auf die Strukturvoraussetzungen haben. Eine Unterscheidung nach Bettenzahl enthält nämlich der OPS-Kode 8-983 gerade nicht. Somit ist davon auszugehen, dass dieser gerade nur dann abrechenbar ist, wenn die in ihm genannten Voraussetzungen in jeder Hinsicht vorliegen. Auch eine sonstige Rechtsnorm oder ein sonstiger Rechtssatz ist nicht erkennbar, der hier eine Unterscheidung nach dem Belegzahlen erlauben könnte.
Entgegen der Annahme der Bevollmächtigten zu 2. der Klägerin ist das Prüfverfahren von der Beklagten ordnungsgemäß gemäß § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V eingeleitet worden.
Der hierfür notwendige konkrete Verdacht auf eine fehlerhafte Abrechnung ergibt sich für das Gericht schlüssig aus dem gestellten Prüfauftrag. So konnte es sich angesichts der gestellten Hauptdiagnose M79.70 - Fibromyalgie: Mehrere Lokalisation - und den Nebendiagnosen M54.10 Radiculopathie: Mehrere Lokalisation in der Wirbelsäule -, M81.08 - postmenopausale Osteoporose: Sonstige (Hals, Kopf, Rippen, Rumpf, Schädel, Wirbelsäule) - durchaus die Frage aufdrängen, ob nicht der hauptsächliche stationäre Aufnahmegrund die M 54.10 war und diese somit nach der Kodierrichtlinie D002f als Hauptdiagnose zu wählen gewesen wäre. Auch der MDK ist in seiner Prüfung erst nach der Gesamtschau der weiter eingereichten medizinischen Unterlagen der Beklagten zum Ergebnis gekommen, dass die Hauptdiagnose richtig kodiert war. Allein aus dem Datensatz war dies aber nicht erkennbar.
Ein ausreichender Anfangsverdacht auf eine möglicherweise fehlerhafte Abrechnung war somit gegeben.
Die Klage war daher als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 S. 1 i.V.m. dem Gerichtskostengesetz. Da der Klageantrag auf eine bezifferte Geldleistung gerichtet war, ist deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz - GKG -).
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