L 10 R 1728/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 74/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1728/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.03.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.

Der am 1961 geborene Kläger erlernte den Beruf des Kfz-Mechanikers und war anschließend bei der D. AG beschäftigt, zunächst bis zum Jahr 2000 als Montageschlosser und nach innerbetrieblichen Umsetzungen zuletzt als Packer. Wegen einer Mobbingsituation war der Kläger ab Oktober 2009 arbeitsunfähig; das Arbeitsverhältnis wurde sodann zum 31.12.2009 beendet. Seither ist der Kläger ohne Beschäftigung.

Vom 05.05. bis 02.06.2010 wurde der Kläger in der W. -Klinik, Fachklinik für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin, wegen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, einer Angststörung, einem ausgeprägten psychophysischen Erschöpfungssyndrom, einer Dysthymia sowie einer Nikotinabhängigkeit stationär behandelt. Auf den im Anschluss hieran gestellten Rentenantrag bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.06.2010 bis 30.06.2011. Grundlage dessen war das Gutachten des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. H. , der nach Untersuchung des Klägers im Oktober 2010 ein knapp dreistündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sah und unter fachärztlicher Behandlung eine Verbesserung bis Juni 2011 für möglich erachtete.

Im Februar 2011 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung, worauf die Beklagte das Gutachten des Nervenarztes Dr. B. veranlasste, der den Kläger im Juni 2011 untersuchte. Der Gutachter diagnostizierte eine anhaltende dysthym-gekränkt-vorwurfsvolle Verstimmung (nach als massive Kränkung erlebter Arbeitsplatzsituation sowie zusätzlichen familiären Konflikten in allerdings fließendem Übergang zu gleichzeitig deutlichen Zügen einer nicht der willentlichen Kontrolle entzogenen "Trotz"- und auch aktiven Verweigerungshaltung), eine deutliche Persönlichkeitsakzentuierung mit narzistischen, gleichzeitig wohl auch aggressionsgehemmten Zügen und erachtete den Kläger für fähig, vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Zu vermeiden seien besonderer Zeitdruck, ständige nervöse Anspannung, andere Stressfaktoren, wie Nacht- oder Wechselschicht, sowie überdurchschnittlich fordernde soziale Interaktionen. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 11.07.2011 und Widerspruchsbescheid vom 05.12.2011 ab.

Am 03.01.2012 hat der Kläger dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben.

Das SG hat den Hausarzt des Klägers, Facharzt für Innere Medizin Dr. G. , den Facharzt für Allgemeinmedizin und Psychotherapeutische Medizin Dr. F.-V. sowie den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. G. hat von unauffälligen körperlichen Untersuchungsergebnissen, einer depressiven Herabgestimmtheit mit Zukunftsangst sowie Nervosität und Unruhe berichtet und den Kläger nicht für fähig erachtet, einer leichten und nervlich wenig belastenden Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Dr. F.-V. hat im März 2012 von sieben Behandlungen seit Februar 2011 und einer chronisch verlaufenden Depression berichtet, derentwegen (auch zukünftig) nicht von einer Arbeitsfähigkeit auszugehen sei. Dr. S. hat im März 2012 von zwei Vorstellungen des Klägers im Januar und Februar 2012 berichtet sowie davon, dass er diesen zur tagesklinischen Behandlung in die M. -Klinik G. , Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie, B. , überweisen habe. Für eine berufliche Tätigkeit sei der Kläger nicht belastbar. Vom 22.05. bis 29.06. und 02. bis 27.07.2012 ist der Kläger sodann teilstationär in der M. -Klinik G. (Diagnose: schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome) behandelt worden.

Das SG hat das Gutachten des Arztes für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. eingeholt, der den Kläger im August 2012 untersucht und ein depressiv-verbittertes Syndrom mittelgradiger Ausprägung, akzentuierte Persönlichkeitszüge, einen schädlichen Nikotinkonsum, ein Tinnitusleiden ohne Dekompensationszeichen sowie HWS-Beschwerden ohne signifikante sensomotorische Ausfälle diagnostiziert hat. Er hat den Kläger für fähig erachtet, leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten in verschiedenen Körperhaltungen zu verrichten. Zu vermeiden seien Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeit, weitestgehend widrige klimatische Bedingungen, Arbeiten mit vermehrtem Publikumsverkehr, vermehrten Anforderungen an das geistige Leistungsvermögen, die Konzentration, das Reaktionsvermögen und das Verantwortungsbewusstsein sowie Tätigkeiten unter vermehrt nervlicher Belastung, wie Tätigkeiten mit emotionalen Belastungen oder erhöhtem Konfliktpotential. Unter zumutbarer Willensanstrengung könne der Kläger entsprechende Tätigkeiten zumindest sechs Stunden täglich verrichten. Zu den hiergegen erhobenen Einwendungen des Klägers hat sich der Sachverständige unter Berücksichtigung des (Kurz)-Berichts der M. -Klinik G. über die zwischenzeitlich vom 18.10. bis 16.11.2012 durchgeführte stationäre Behandlung (Diagnose u.a.: rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome) und der Bescheinigung des Dr. S. vom 27.11.2012 (es liege eine rezidivierende depressive Störung und Verbitterungsstörung vor, keine Verbesserung des psychischen Zustandes seit der Berentung) ergänzend geäußert, wobei er an seiner zuvor vertretenen Auffassung festgehalten hat.

Mit Urteil vom 12.03.2013 hat das SG die Klage gestützt auf die Gutachten des Dr. B. und des Dr. S. abgewiesen. Den Einschätzungen der behandelnden Ärzte ist es nicht gefolgt, weil nicht auszuschließen sei, dass diese durch das bestehende Arzt-Patientenverhältnis beeinflusst worden seien.

Gegen das seinen Bevollmächtigten am 20.03.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.04.2013 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Er hat das Attest des Dr. F.-V. vom 23.09.2013, den (ausführlichen) Entlassungsbericht der M. -Klinik G. über die stationäre Behandlung vom 18.10. bis 16.11.2012 sowie die Bescheinigungen des Arztes für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Dr. M. vom 24.09.2014 und des Dr. S. vom 17.09.2013 vorgelegt und geltend gemacht, voll erwerbsgemindert zu sein.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.03.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.12.2011 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.07.2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Der Senat hat das Gutachten des Dr. S. , Chefarzt der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik I im Psychiatrischen Zentrum N. , auf Grund Untersuchung des Klägers im Juli 2014 eingeholt. Der Sachverständige hat eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichtgradige Episode, diagnostiziert und ist von einer Persönlichkeitsakzentuierung mit asthenisch und passiv-aggressiven Zügen (nicht krankheitswertige Normvariante) ausgegangen. Bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (ohne Tätigkeiten mit erhöhtem Zeitdruck, ohne Wechsel- und Nachtschicht, ohne hohe Anforderungen an das Auffassungs- und Konzentrationsvermögen, ohne erhöhte Verantwortung für Personen oder Sachwerte, ohne regelmäßigem Publikumsverkehr) hat er den Kläger für fähig erachtet, berufliche Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Anhörung der Beteiligten im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheidet, ist zulässig; die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 11.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.12.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht über den 30.06.2011 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zu.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs (§ 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er trotz der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen bei Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen zumindest noch leichte berufliche Tätigkeiten in einem Umfang von wenigstens sechs Stunden täglich verrichten kann und mit diesem Leistungsvermögen volle Erwerbsminderung nicht vorliegt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend hierzu ist auszuführen, dass der Kläger in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit in erster Linie durch sein psychisches Befinden als Folge der früheren Belastungen am Arbeitsplatz beeinträchtigt ist. Hiervon sind übereinstimmend sowohl der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren hinzugezogene Gutachter Dr. B. als auch der vom SG mit einer Begutachtung beauftragte Sachverständige Dr. S. ausgegangen, die im Wesentlichen übereinstimmend eine hieraus resultierende Verbitterung angenommen haben, die Dr. B. als anhaltende dysthym-gekränkte vorwurfsvolle Verstimmung bei deutlicher Persönlichkeitsakzentuierung mit narzißtischen, gleichzeitig wohl auch aggressionsgehemmten Zügen, beschrieb und Dr. S. als depressiv verbittertes Syndrom mittelgradiger Ausprägung mit akzentuierten Persönlichkeitszügen. Auch die behandelnden Ärzte Dr. G. , Dr. F.-V. und Dr. S. haben die für die Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit maßgeblichen Beeinträchtigungen des Klägers auf nervenärztlichem Fachgebiet gesehen, wobei sie insoweit von Depressionen (Dr. G. ), Depressionen mit Verdacht auf Cluster A- Persönlichkeitsstörung (Dr. F.-V. ) bzw. einer rezidivierenden depressiven Störung mit Verdacht auf eine kombinierte Persönlichkeitsstörung (Dr. Schad) ausgegangen sind.

Eine rentenbegründende Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens lässt sich aus diesen psychischen Beeinträchtigungen nicht ableiten. Hiervon ist weder der Gutachter Dr. B. noch der Sachverständige Dr. S. ausgegangen. So hat der Kläger nach den Ausführungen des Dr. S. anlässlich seiner Untersuchung eine gute geistige Flexibilität gezeigt, ohne dass kognitive Defizite in einem relevanten Ausmaß vorgelegen haben; auch hat er keine relevante Antriebsminderung oder gar psychomotorische Hemmungen gefunden. Insoweit hat der Sachverständige trotz des nicht sehr ausgeprägten sozialen Radiuses des Klägers insbesondere das Vorliegen einer sozialen Phobie oder einer sozialen Desintegration verneint. Auch hinsichtlich des Umstellungs- und Anpassungsvermögens oder bezüglich der Handlungsfähigkeit hat er keine Einschränkungen gesehen und ausgeführt, dass der Kläger sein Handeln durchaus einschätzen und entsprechend reagieren bzw. modifizieren könne. Darüber hinaus sei auch seine Urteilskraft und die Kritik- und Einsichtsfähigkeit zur eigenen Person und zum sozialen Umfeld nicht eingeschränkt; auch hat er eine nicht überwindbare psychische Hemmung oder eine Sucht verneint. Schließlich hat der Sachverständige in der Gutachtenssituation auch keine Anhaltspunkte für eine vermehrte Erschöpfbarkeit gefunden. Vor diesem Hintergrund ist für den Senat schlüssig und überzeugend, dass der Sachverständige den Kläger für in der Lage erachtet hat, bei zumutbarer Willensanstrengung seinen Tagesablauf angemessen bzw. den Anforderungen entsprechend zu strukturieren und es krankheitsbedingt nicht für unmöglich erachtet, dass der Kläger eine erwerbsorientierte Lebensgestaltung realisiert und eine leidensgerechte Tätigkeit mit der erforderlichen Regelmäßigkeit ausübt.

Dem gegenüber überzeugen den Senat die Einschätzungen der behandelnden Ärzte in ihren dem SG erteilten Auskünften als sachverständige Zeugen nicht. Denn aus den dargelegten Befunden des Sachverständigen Dr. S. lässt sich im Sinne der Auffassung des behandelnden Hausarztes Dr. G. schlüssig nachvollziehbar kein Leistungsvermögen von lediglich noch maximal drei Stunden täglich ableiten. Entsprechendes gilt für die Einschätzung des Dr. F.-V. , der auf Grund der Krankheitskarriere sogar zukünftig "jegliche Arbeitsfähigkeit" verneint hat und damit wohl keinerlei berufliche Tätigkeiten mehr für möglich erachtet, und die Auffassung des Dr. Schad, der, wenn auch lediglich bezogen auf den Behandlungszeitraum Januar/Februar 2012, keine Belastbarkeit für eine Tätigkeit gesehen hat. Eine so gravierende psychische Symptomatik, die ein aufgehobenes Leistungsvermögen bedingt, lässt sich auch nicht den von diesen Ärzten dokumentierten Befunden entnehmen. Soweit Dr. S. die entsprechenden Leistungsbeurteilungen daher im Rahmen des vertrauensvollen Arzt-Patienten-Verhältnisses gesehen hat, und zwar als Einschätzung aus fürsorglich subjektiver Perspektive, ist dies für den Senat ohne weiteres nachvollziehbar. Denn anders als der einer objektiven bzw. neutralen Beurteilung verpflichtete Sachverständige ist der behandelnde Arzt im Rahmen der therapeutischen Beziehung nicht gehalten, die Möglichkeit negativer Antwortverzerrungen, eine suboptimalen Leistungsverhaltens oder Aggravationstendenzen zu erwägen und braucht schließlich in seine Beurteilung auch keine Einschätzung der zumutbaren Willensanstrengung mit einzubeziehen. Auch hierauf hat der Sachverständige zutreffend hingewiesen, wobei gerade dem zuletzt genannten Gesichtspunkt vorliegend besondere Bedeutung beizumessen ist, da aus den Schilderungen des Klägers, selbst kleine Aufgaben im häuslichen Umfeld nicht übernehmen zu können oder oft tagelang das Bett bzw. das Sofa nicht zu verlassen, nicht zwingend abzuleiten ist, dass er zu den angesprochenen Aktivitäten auch tatsächlich krankheitsbedingt nicht in der Lage ist.

Schließlich haben die vom Senat im Berufungsverfahren durchgeführten weiteren Ermittlungen die Richtigkeit der vom SG vertretenen Leistungsbeurteilung bestätigt. Denn auch der vom Senat mit einer Begutachtung beauftragte Sachverständige Dr. S. hat beim Kläger kein schweres psychisches Krankheitsbild objektiviert, das der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit im Umfang von zumindest sechs Stunden täglich entgegenstehen könnte. Zwar hat der Sachverständige eine Herabminderung der Stimmungslage bei weitgehend eingeengter emotionaler Schwingungsfähigkeit und überwiegend dysphorischem Affekt, eine Minderung des Selbstwerterlebens und eine Störung der Vitalgefühle bei adynamem Ausdrucksverhalten beschrieben. Allerdings hat er - so seine weiteren Ausführungen - keine wesentlichen Antriebsstörungen feststellen können. Auch soweit der Kläger das subjektive Erleben von Störungen der Konzentrationsleistung und der Merkfähigkeit beklagt hat, hat der Sachverständige dies nicht objektivieren können. Vielmehr hat der Kläger - so der Sachverständige - in der in kognitiver Hinsicht durchaus fordernden Exploration ein altersgemäß durchschnittlich ausgeprägtes Auffassungs- und Konzentrationsvermögen gezeigt; auch hat er klinisch keine relevanten Störungen der mnestischen Funktionen in Bezug auf das Kurz- und Langzeitgedächtnis festgestellt und ebenso wenig Zeichen einer ausgeprägten Ermüdung gefunden. Vor diesem Hintergrund ist angesichts der vom Kläger beschriebenen depressionstypischen Beeinträchtigungen wie Ein- und Durchschlafstörungen, soziale Rückzugsneigung, Kommunikationsminderung, Interessenreduktion und Insuffizienzerleben schlüssig nachvollziehbar, dass der Sachverständige von einem leichtgradigen depressiven Syndrom ausgegangen ist und vor dem Hintergrund früher bereits beschriebener depressiver Verstimmungen die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig leichtgradige depressive Episode, gestellt hat. Nach den überzeugenden weiteren Ausführungen des Sachverständigen führt diese Erkrankung zu einer Minderung der Stressbelastbarkeit, der kognitiven Ausdauerleistungsfähigkeit und im Zusammenwirken mit der beschriebenen Persönlichkeitsakzentuierung mit asthenisch und passiv-aggressiven Zügen zu sozialen Defiziten. Dabei kommen für den Kläger auf Grund der Minderung der Stressbelastbarkeit Tätigkeiten mit erhöhtem Zeitdruck, wie bspw. Akkordarbeit, oder Tätigkeiten mit unphysiologischen psychovegetativen Belastungen, d.h. Wechsel- und Nachtschicht, nicht mehr in Betracht. Entsprechendes gilt für Tätigkeiten mit andauernd hohen Anforderungen an das Auffassungs- und Konzentrationsvermögen, was bspw. bei Arbeiten an gefährlichen laufenden Maschinen, Arbeiten mit Kontrollfunktion mit dem Erfordernis sofort einzugreifen der Fall ist, oder für Arbeiten, die mit erhöhten psychovegetativen Anspannungen einhergehen, wie bspw. bei Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung für Personen oder Sachwerte. Im Hinblick auf die depressions- und persönlichkeitsbedingt geminderten sozialen Kompetenzen sind darüber hinaus Tätigkeiten nicht leidensgerecht, die mit regelmäßigem Publikumsverkehr einhergehen und die Fähigkeit zu zielgerichteter Gestaltung interpersoneller Kontakte erfordern. Eine quantitative Leistungseinschränkung hat der Sachverständige Dr. S. demgegenüber verneint und den Kläger für fähig erachtet, Tätigkeiten unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Einschränkungen zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten. Dies ist vor dem Hintergrund, dass Dr. S. anlässlich seiner Untersuchung keine basalen Motivations- und Antriebsfunktionsdefizite festgestellt hat und daher keine Einschränkung des Ausdauerleistungsvermögen, was eine zeitliche Leistungsminderung rechtfertigen würde, gesehen hat, überzeugend. Wie zuvor schon Dr. S. hat Dr. S. schließlich auch darauf hingewiesen, dass Dr. F.-V. seine Leistungsbeurteilung nicht überzeugend begründet hat. Denn auch in seinem Attest vom 23.09.2013, das der Kläger im Berufungsverfahren vorgelegt hat, hat Dr. F.-V. keine objektiven psychopathologische Befunde oder gravierende Gesundheitsstörungen beschrieben, sondern die Leistungsbeurteilung im Wesentlichen wiederum mit den eigenanamnestischen Angaben des Klägers über Passivität im häuslichen Umfeld sowie Konzentrations- und Schlafstörungen begründet. Die vorgebrachten Konzentrationsstörungen hat Dr. S. im Rahmen seiner gutachtlichen Untersuchung - ebenso wie zuvor schon Dr. S. - aber gerade nicht objektivieren können.

Die Berufung des Klägers kann nach alledem keinen Erfolg haben. Soweit der Kläger zuletzt vorgetragen hat, dass in absehbarer Zeit eine weitere stationäre Behandlung in der M. A. -Klinik O. erfolgen werde, lässt sich hieraus eine für ihn günstigere Entscheidung nicht ableiten. Denn Anhaltspunkte dafür, dass es beim Kläger im Rahmen der vorliegenden rezidivierenden depressiven Störung seit der gutachtlichen Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. S. im Juli 2014 zu einer schwerwiegenden Verschlimmerung gekommen ist, sind nicht ersichtlich. Der Senat vermag damit auch nicht davon auszugehen, dass mit der wohl vorgesehenen neuerlichen Behandlung - anders als anlässlich der früheren Behandlungen im Jahr 2012 - selbst unter stationären oder teilstationären Bedingungen keine Besserung zu erzielen ist und daher nunmehr eine dauerhafte rentenrelevante Minderung des Leistungsvermögens vorliegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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