L 12 AL 2011/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 3872/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 2011/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.03.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 14.08.2005 bis 28.02.2006 und die darauf beruhende Erstattungsforderung der Beklagten in Höhe von 7.352,04 EUR.

Der 1942 geborene Kläger meldete sich am 01.11.2003 bei der Beklagten arbeitslos. Die Beklagte bewilligte ihm daraufhin mit Bescheid vom 04.12.2003 Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01.11.2003 bis 23.06.2006 (960 Tage). Ab 01.01.2005 betrug der tägliche Leistungssatz 37,32 EUR.

Die Beklagte erfuhr durch eine Überschneidungsmitteilung von einer (geringfügigen) Beschäftigung des Klägers bei der Firma L. GmbH vom 01.11.2003 bis 31.01.2004. Durch Bescheid vom 25.04.2005 hob sie für diese Zeit wegen der Anrechnung von Nebeneinkommen die Leistungsbewilligung in Höhe von 367,39 EUR auf.

Durch eine weitere Überschneidungsmitteilung wurde der Beklagten eine (geringfügige) Beschäftigung des Klägers bei der Firma F. S. Spedition und Logistik GmbH bekannt. Mit Schreiben vom 08.08.2005 hörte sie ihn zu dieser nicht mitgeteilten Beschäftigung und zu einer möglichen teilweisen Aufhebung der Leistungsbewilligung in der Zeit vom 01.06.2004 bis 30.04.2005 an. Mit Bescheiden vom 23.09.2005 verfügte sie wegen der Anrechnung von Nebeneinkommen die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung und forderte die Erstattung von 1.217,52 EUR für die Zeit vom 01.06. bis 31.12.2004 und von 686,68 EUR für die Zeit vom 01.01. bis 30.04.2005.

Ab Mitte August 2005 war der Kläger zumindest kurzzeitig als Fahrer tätig. Da die Spedition, für die der Kläger zumindest auch tätig war, in Verdacht stand, teilweise keine Genehmigung für den Betrieb der Fahrzeuge zu haben, wurden die Fahrzeuge der Spedition im Februar 2006 kontrolliert. Anlässlich einer dieser Fahrzeugkontrollen wurde der Kläger am 14.02.2006 angehalten und sein Fahrzeug kontrolliert; dabei wurden auch Tachografenscheiben für den Zeitraum seit August 2005 sichergestellt. Im Zuge des weiteren Ermittlungsverfahrens gegen die Betreiber der Spedition, L. L. und C. B., wurde der Kläger als Zeuge vernommen. Bei einer polizeilichen Vernehmung am 05.09.2007 sagte der Kläger aus, er sei aushilfsweise für einen "W." gefahren, dieser habe für Frau B. gearbeitet. Die Einträge auf den ihm vorgelegten Tachoscheiben für die Monate Februar 2005 bis August 2006 seien alle von ihm, er erkenne seine Handschrift; der ebenfalls vorgelegte Kalender sei nicht von ihm. Die auf den Tachografenscheiben eingetragenen Zeiten beginnen am 14.08.2005 und enden am 10.02.2006; sie ergeben monatlich zwischen 27:30 Stunden (November 2005) und 228:15 Stunden (Oktober 2005).

Nach Abschluss der Ermittlungen erhob die Staatsanwaltschaft Stuttgart Anklage gegen L. L. und C. B. u.a. wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a des Strafgesetzbuches (StGB), u.a. beruhend auf der Beschäftigung des Klägers in sozialversicherungspflichtigem Umfang, ohne die Beschäftigung zu melden und Beiträge abzuführen (Az. 183 Js 6481/06). Die geschuldeten Beiträge und die zugrundeliegenden Entgelte ließ die Staatsanwaltschaft durch eine Mitarbeiterin der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund auf der Basis der bei den Ermittlungen vorgefundenen Unterlagen für die einzelnen Fahrer berechnen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart – Schöffengericht – sagte der Kläger am 19.01.2009 aus, er sei ab August 2005 für verschiedene Firmen (die dem Angeklagten L. zugeordnet wurden) als Aushilfe gefahren. Die Tachografenscheibenauswertungen habe er unterschrieben; es könne sein, dass er diese Strecken in dem LKW, der Frau B. gehört habe, gefahren sei. Vereinbarte Entgelte habe er nur teilweise bekommen. Das Amtsgericht verurteilte L. L. und C. B. am 21.01.2009 u.a. wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in Tateinheit mit Vorenthalten von Arbeitsentgelt (§ 266a Absätze 1 und 2 StGB) in 36 Fällen, u.a. wegen der Beschäftigung des Klägers, zu Freiheitsstrafen auf Bewährung (Az. 103 Ls 183 Js 6481/06). Das Amtsgericht stellte fest, der Kläger sei in der Zeit von 01.08.2005 bis 28.02.2006 bei den Angeklagten mit einem für jeden einzelnen Monat festgestellten Monatslohn (zwischen 247,50 EUR im November 2005 und 2.054,25 EUR im Oktober 2005) beschäftigt gewesen. Die Angeklagten hätten die Taten über Erklärungen ihrer Verteidiger glaubhaft und umfassend eingeräumt.

Mit Überschneidungsmitteilung vom 07.12.2010 teilte die DRV Baden-Württemberg der Beklagten mit, dass für den Kläger (neben dem Arbeitslosengeld) beitragspflichtige Einnahmen im Betrieb "C. B. Frachtdienstleistung" in der Zeit vom 01.08.2005 bis 31.12.2005 in Höhe von 10.425,00 EUR und vom 01.01.2006 bis 28.02.2006 in Höhe von 3.346,00 EUR übermittelt worden seien.

Nachdem das von der Beklagten an den Kläger übersandte Anhörungsschreiben vom 25.01.2011 unbeantwortet blieb, erteilte ihm die Beklagte am 26.07.2011 einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, in dem die Aufhebung der Bewilligung des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum vom 01.05.2005 bis 28.02.2006 verfügt wurde. Der Kläger sei ab 01.08.2005 wöchentlich 15 Stunden oder mehr tätig gewesen und damit nicht mehr arbeitslos im Sinne des § 119 SGB III. Den überzahlten Betrag für die Zeit vom 01.08.2005 bis 28.02.2006 in Höhe von 7.837,20 EUR müsse der Kläger erstatten. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid wurde am 26.10.2011, nach durchgeführter Adressanfrage, nochmals an den Kläger übersandt.

Am 22.11.2011 erhob der Kläger Widerspruch. Die Überschneidungsmitteilung der Deutschen Rentenversicherung, die Grundlage des angefochtenen Bescheids sei, sei unzutreffend. Aus der vom Finanzamt E. erstellten Bescheinigung und den dort vorhandenen Lohnsteuerdaten sowie den Lohnsteuerkarten des Klägers für die Jahre 2005 und 2006 sei ersichtlich, dass er lediglich im Zeitraum vom 01.01. bis 30.04.2005 bei der Firma Friedrich Schulze Spedition & Logistik GmbH beschäftigt gewesen sei. Weitere Lohndaten für den Zeitraum ab dem 01.05.2005 seien nicht übermittelt worden. Träfe die Überschneidungsmitteilung der Rentenversicherung zu, müssten dem Finanzamt E. Lohndaten für diesen Zeitraum vorliegen. Die Angaben des Finanzamts stimmten mit den Informationen des Klägers überein, wonach er lediglich für die Dauer von 3 bis 4 Wochen über den Jahreswechsel 2005/2006 bei der Firma B. tätig gewesen sei. Eine Lohnzahlung habe er nicht erhalten.

Die im Widerspruchsverfahren befragte C. B. übersandte der Beklagten mit Schreiben vom 23.02.2012 die im o.g. Strafverfahren erstellten Tachografenscheibenauswertungen sowie Beitragsnachweise über abgeführte Sozialabgaben für die Jahre 2005 und 2006 an die BKK Salzgitter, da der Kläger der einzige gewesen sei, der bei dieser Krankenversicherung versichert gewesen sei. Auf Nachfrage der Beklagten teilte sie am 04.05.2012 schriftlich mit, über weitere Unterlagen verfüge sie nicht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Aus den Aufzeichnungen in den Tachografenscheiben ergebe sich, dass der Kläger nicht – wie von ihm angegeben – über den Jahreswechsel nur für drei bis vier Wochen in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Auch die Tatsache, dass dem Finanzamt keine Mitteilung über die Beschäftigung bei der Firma B. vorliege, sei kein Indiz für eine Nichtbeschäftigung. Die Höhe der streitigen Forderung von 7.837,20 EUR errechne sich aus den Zahlungen im streitigen Zeitraum vom 01.05.2005 bis 28.02.2006 (Arbeitslosengeld für 210 Tage in Höhe von 37,32 EUR).

Am 12.07.2012 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Er hat sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Die Aufzeichnungen der Tachografenscheiben seien ohne Beweiskraft. Auch seien die vorgelegten Beitragsnachweise ohne Aussagekraft, da nicht ersichtlich sei, auf welchen Arbeitnehmer sich die Auskunft beziehe. Es sei unverständlich, warum die ehemalige Arbeitgeberin des Klägers nicht die Lohnabrechnungen vorlege, die in jedem Fall personenbezogen seien. Zudem stünden die Angaben der ehemaligen Arbeitgeberin im Widerspruch zu den Auskünften des Finanzamts E., wonach für die Zeit nach dem 30.04.2005 keine Lohndaten übermittelt worden seien.

Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts C. B. schriftlich befragt. Diese hat dem Gericht am 04.02.2014 mitgeteilt, der Kläger sei als Aushilfsfahrer beschäftigt gewesen. Er sei entsprechend den vorgelegten Tachografenscheiben bei ihr beschäftigt gewesen. Er habe nicht nur einen Tag bei ihr gearbeitet. Die Tachografenscheiben beträfen den Kläger, eine Verwechslung sei ausgeschlossen. Weitestgehend habe der Kläger mehr als 15 Stunden wöchentlich gearbeitet, wie sich aus den Tachografenscheiben ergebe.

In der mündlichen Verhandlung vom 25.03.2014 hat das SG C. B. als Zeugin vernommen und den Kläger nochmals angehört. Der Kläger hat angegeben, er habe ein, zwei oder drei Tage bei Frau B. gearbeitet, erinnere sich aber nicht mehr (er hat bereits vorher während des Verfahrens angegeben, er habe im September 2013 einen Schlaganfall erlitten). Die Zeugin hat sich erneut auf die Tachografenscheiben sowie auf das Strafverfahren wegen Schwarzarbeit bezogen, in dem sie 2009 rechtskräftig verurteilt worden sei; als Folge dessen seien von ihr auch die Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert worden.

Durch Urteil vom 25.03.2014 hat das SG den angefochtenen Bescheid insoweit aufgehoben, als darin eine Erstattung von mehr als 7.352,04 EUR gefordert wurde. Zur Überzeugung des Gerichts sei der Kläger ab dem 14.08.2005 nicht arbeitslos gewesen. Er habe mehr als 15 Stunden wöchentlich für die Firma der Zeugin gearbeitet. Der Umfang der Tätigkeit ergebe sich aus den vorgelegten Auswertungen der Tachografenscheiben. Die Angaben der Zeugin seien insgesamt glaubhaft und hätten vom Kläger nicht widerlegt werden können. Insbesondere wiesen die Angaben des Klägers einige Widersprüche auf.

Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung zum Landesozialgericht (LSG). Er vertieft sein Vorbringen aus der ersten Instanz und ergänzt, dass sich aus dem Vernehmungsprotokoll im Strafverfahren ergebe, dass er nicht für die Zeugin B., sondern für einen "W." gefahren sei. Ferner seien Lohnzahlungen weder dem Grunde noch der Höhe nach belegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25.03.2014 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 26.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.06.2012 insgesamt aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf das Urteil des SG. Entscheidend sei, dass der Kläger eine Arbeit aufgenommen und dies der Beklagten nicht mitgeteilt habe. Die Arbeitsaufnahme sei durch die Zeugin bestätigt worden.

Der Senat hat die Strafakte 183 Js 6481/06 des Verfahrens gegen C. B. und L. L. beigezogen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Verfahrensakten beider Rechtszüge, auf die Verwaltungsakten der Beklagten, den Ausdruck der elektronischen Verwaltungsakte und die beigezogene Strafakte 183 Js 6481/06 Bezug genommen. II.

Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss der Berufsrichter ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 153 Absatz 4 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –), denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Anhörung der Beteiligten hat keine Gesichtspunkte ergeben, die Anlass geben könnten, von dieser Verfahrensform abzuweichen; die Beteiligten haben sich zu dem entsprechenden Hinweis vom 21.11.2014 nicht geäußert.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.

Die Entscheidung der Beklagten beruht auf § 48 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 330 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) in der hier anwendbaren Fassung vom 23. Dezember 2003 (a.F.). Danach soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bei einer wesentlichen tatsächlichen oder rechtlichen Änderung der Verhältnisse, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Kläger einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nummer 2) oder wusste bzw. nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nummer 4). Ermessen ist auch in so genannten atypischen Fällen nicht auszuüben (§ 330 Absatz 3 SGB III a.F.).

Nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 04.12.2003 ist eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten. Zur Überzeugung des Senats war der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum vom 14.08.2005 bis 28.02.2006 jedenfalls bis zum 14.02.2006 (Polizeikontrolle) nicht arbeitslos i.S.d. SGB III und hatte deshalb keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Nach § 118 Absatz 1 SGB III a.F. hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer u.a arbeitslos ist (Nummer 1) – dies richtet sich nach § 119 SGB III a.F. – und sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat (Nummer 2). Unabhängig von der Frage, ob der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich durchgehend und bis zum Ende arbeitslos nach § 119 SGB III a.F. war, fehlt es an der Arbeitslosmeldung des Klägers.

Der Kläger meldete sich am 01.11.2003 arbeitslos. Nach § 122 Absatz 2 Nummer 2 SGB III a.F. erlischt jedoch die Wirkung der Arbeitslosmeldung mit der Aufnahme einer Beschäftigung, wenn der Arbeitslose diese der Agentur für Arbeit nicht unverzüglich mitgeteilt hat. Der Kläger hat am 14.08.2005 eine Beschäftigung aufgenommen und dies bei der Beklagten nicht angezeigt.

Die Aufnahme der Beschäftigung ergibt sich zur Überzeugung des Senats zum einen aus den Aussagen der Zeugin B., aber auch aus den Angaben des Klägers selbst, der eine Tätigkeit als Fahrer eingeräumt hat, wenn auch mit im Laufe der Zeit wechselnden Einzelheiten u.a. im Hinblick auf die Frage, in welchem Umfang er fuhr und wer ihn beauftragt hatte. Dies stellt die Richtigkeit der Aussage der Zeugin jedoch nicht in Frage, da die Eigentumsverhältnisse an den Lkws und Firmen seinerzeit nicht klar waren. Wer den Kläger genau beauftragt hatte ist unerheblich. Entscheidend ist nur, dass der Kläger Mitte August 2005 eine mehr als 15 Stunden wöchentlich umfassende Tätigkeit als Fahrer aufgenommen hat. Dies belegen die Auswertungen der Tachografenscheiben. Konkret war er demnach (mindestens) im August 2005 133:45 Stunden, im September 2005 205:45 Stunden, im Oktober 2005 228:15 Stunden, im November 2005 27:30 Stunden, im Dezember 2005 130:45 Stunden, im Januar 2006 155:30 Stunden und im Februar 2006 (bis 10.02.2006) 77:30 Stunden tätig.

Unerheblich ist auch dabei zunächst, ob und in welcher Höhe der Kläger für seine Beschäftigung entlohnt wurde. Dass eine Entlohnung geplant war, entnimmt der Senat zum einen den Angaben der Zeugin B., die ausgesagt hat, der Lohn sei bar gezahlt worden, aber auch den Angaben des Klägers selbst als Zeuge vor dem Amtsgericht Stuttgart im Strafverfahren gegen C. B. und L. L ... Der Kläger sagte seinerzeit u.a. aus, er habe zeitweise keinen Lohn erhalten; er gab aber auch an, dass 50 EUR bis 60 EUR pro Tag vereinbart gewesen waren. Davon abgesehen werden in § 122 Absatz 2 Nummer 2 SGB III a.F. auch unentgeltliche Beschäftigungsverhältnisse erfasst (BSG, Urteil vom 09.02.2006 – B 7a AL 58/05 R –, juris). Bei dem Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne muss es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis handeln (BSG a.a.O.). Zu unterscheiden ist das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn auch vom beitragsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis der Arbeitslosenversicherung (BSG a.a.O.). Typisch für das leistungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis ist zwar das – funktionierende – beitragspflichtige Beschäftigungsverhältnis, d.h. die Beschäftigung als Arbeitnehmer gegen Entgelt oder zur Berufsausbildung. So muss es indes nicht liegen; entscheidend ist, dass Gegenstand des Verhältnisses gerade die Leistung fremdnütziger Arbeit von wirtschaftlichem Wert im Rahmen eines wirtschaftlichen Austauschverhältnisses ist (BSG a.a.O.). Der genaue Beginn der Beschäftigung lässt sich hier aus den Tachografenaufzeichnungen entnehmen, die der Kläger in dem genannten Strafverfahren als seine eigenen anerkannt hat, da er seine Handschrift erkenne. Er hat auch in der Verhandlung vor dem Amtsgericht angegeben, es könne sein, dass er die Strecken gefahren sei. Aus den Tachografenscheiben und den Aussagen der Zeugin B. ergibt sich, dass der 14.08.2005 Tätigkeitsbeginn war.

Somit braucht Einzelheiten der Lohnzahlungen hier nicht nachgegangen zu werden, und es kommt auch nicht auf die im Strafverfahren gegen die Arbeitgeber L. L. und C. B. zur Feststellung des Schadens angestellten Berechnungen an. Die Zeugin B. verfügt ihrer Aussage zufolge über keine weiteren Aufzeichnungen und Unterlagen (was bei Schwarzarbeit nahe liegt) und hat erst nach ihrer rechtskräftigen Verurteilung entsprechend den Ergebnissen des Strafverfahrens die Beitragsnachweise bei der Krankenkasse eingereicht. Hingewiesen sei lediglich darauf, dass die im Strafverfahren zugrunde gelegten Löhne naturgemäß (da Schwarzarbeit) Nettoentgelte waren, die für die Beitragsberechnung auf Bruttoentgelte hochzurechnen sind.

Der Kläger hat die Aufnahme dieser Beschäftigung der Beklagten nicht nur nicht unverzüglich, sondern gar nicht mitgeteilt, so dass die Wirkung der Arbeitslosmeldung nach § 122 Absatz 2 Nummer 2 SGB III a.F. erloschen ist. Bis zu einer erneuten Arbeitslosmeldung besteht somit kein Anspruch auf Arbeitslosengeld (Brand, in Niesel/Brand SGB III, 5. Aufl. 2010, § 122 Rn. 10). Eine erneute Meldung vor dem 01.03.2006 ist nicht erfolgt.

Auch die weiteren Voraussetzungen nach § 48 Absatz 1 SGB X liegen vor. Der Kläger ist nach § 48 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 SGB X einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen. Die Pflicht zur Mitteilung von Änderungen, die für die Leistung erheblich sind, regelt § 60 Absatz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I).

Wann grobe Fahrlässigkeit im Sinne von § 48 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 SGB X vorliegt, ergibt sich aus § 45 Absatz 2 Satz 3 Nummer 3 SGB X (Brandenburg, in: jurisPK-SGB X, § 48 SGB X, Rn. 118). Grobe Fahrlässigkeit ist danach gegeben, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dies ist in Bezug auf die Unterlassung der Mitteilung der Veränderung dann der Fall, wenn der Betroffene einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat und deshalb nicht beachtet hat, was im gegebenen Falle jedem einleuchten muss (Brandenburg a.a.O. ). Es ist auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit, das Einsichtsvermögen und Verhalten des Betroffenen sowie die besonderen Umstände des Falls abzustellen (BSG, Urteil vom 09.02.2006 – B 7a AL 58/05 R –, juris). Wurden mit dem (jetzt zu ändernden) Bescheid Belehrungen zu Mitteilungspflichten erteilt, so kann der Adressat den Vorwurf einer groben Fahrlässigkeit bei der Versäumung einer Mitteilung nicht damit entkräften, dass er diese aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse nicht verstanden habe. In diesem Fall wird von ihm erwartet, dass er die Hilfe einer sprachkundigen Person, die ihm den Inhalt erläutert, in Anspruch nimmt (Brandenburg a.a.O.). Der Kläger hat zum einen mit seiner Unterschrift unter dem Antrag bestätigt, dass er das Merkblatt 1 für Arbeitslose, in dem auf die Pflicht zur Mitteilung einer Änderung der Verhältnisse hingewiesen wurde, erhalten und davon Kenntnis genommen hat; er war auch in der Lage, zumindest mit Hilfe einer sprachkundigen Person, die Rechte und Pflichten zu erkennen und zu verstehen. Zum anderen war ihm durch die Anhörung vom 08.08.2005 bekannt, dass eine nicht gemeldete Arbeitsaufnahme einen Wegfall des Arbeitslosengeldes zur Folge haben kann.

Da die Beklagte erst im Dezember 2010 durch die Überschneidungsmitteilung der DRV Baden-Württemberg Kenntnis von der Beschäftigung des Klägers erlangt hat, war auch die Frist des § 48 Absatz 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Absatz 4 Satz 2 SGB X gewahrt.

Insgesamt hatte der Kläger somit im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld und muss dieses nach § 50 Absatz 1 SGB X erstatten. Der Zeitraum vom 14.08.2005 bis 28.02.2006 umfasst 197 Tage, so dass 7.352,04 EUR an den Kläger ausbezahlt wurden, die er zu erstatten hat. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung wurden nicht nach § 335 SGB III zurückgefordert. Ob die Beklagte ggfs. hätte mehr zurückfordern können, kann dahingestellt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe die Revision zuzulassen (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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