L 2 SF 3221/14 EK

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SF 3221/14 EK
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 2.400,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Kläger begehren die Zahlung einer Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer in Höhe von 2.400,00 EUR.

Der am 6. Juni 2011 verstorbene Vater der Kläger (im Weiteren Versicherter genannt) erlitt am 19. Dezember 1947 einen Unfall, den damals die zuständige Bergbau-Berufsgenossenschaft (BG) als Arbeitsunfall anerkannte und mit der Bewilligung einer Verletztenrente entschädigte. Am 26. März 2003 beantragte der Versicherte die Gewährung von Pflegegeld anstelle einer häuslichen Pflegehilfe. Da der Versicherte nicht infolge des Arbeitsunfalles hilflos sei, lehnte die Bergbau-Berufsgenossenschaft diesen Antrag ab. Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Gießen (S 6 KN 8/05 U) erkannte die BG die wesentliche Teilursächlichkeit der Folgen des Arbeitsunfalles für die Pflegebedürftigkeit des Versicherten an sowie einen Leistungsanspruch nach § 44 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) mit Einstufung in Kategorie IV/25%. Das Anerkenntnis der BG eines Leistungsanspruchs auf Pflegegeld in Höhe von 25% ab dem 6. Oktober 2004 nahm der Versicherte an. Am 22. November 2006 beantragte er die Gewährung von Hauspflege für die Zeit ab 6. Oktober 2004 und die Gewährung von Heimpflege ab 3. März 2005. Daraufhin bewilligte die BG dem Versicherten Pflegegeld in Höhe von 25% des Höchstsatzes. Die Unfallfolgen bedingten die Pflegebedürftigkeit nur teilursächlich. Eine Erhöhung des Pflegegeldes sei deshalb abzulehnen und die Kosten für häusliche Pflege und Unterbringung in vollstationärer Pflege könnten nicht übernommen werden. Nach zurückweisendem Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2007 war diesbezüglich beim Sozialgericht Gießen das Klageverfahren S 1 KN 99/07 U anhängig. In dem gerichtlichen Vergleich vom 13. November 2009 verpflichtete sich die BG, über Leistungen nach § 44 Abs. 5 SGB VII unter Ausübung ihres Ermessens neu zu entscheiden; der Versicherte nahm im Übrigen die Klage zurück. Mit Bescheid vom 14. September 2010 bewilligte die BG dem Versicherten erneut Pflegegeld ab 6. Oktober 2004 in Höhe von 25% des Höchstsatzes. Zugleich lehnte sie die Erhöhung des Pflegegeldes sowie die Übernahme der ab Oktober 2004 entstandenen Pflegekosten als Hauspflege und die Gewährung von Heimpflege anstelle des Pflegegeldes ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2011 wies die BG den Widerspruch des Versicherten hiergegen zurück.

Die entsprechende Klage (Ausgangsverfahren) ging am 16. März 2011 beim Sozialgericht Mannheim (SG; S 2 U 970/11) ein. Antragstellung und Begründung sollten in einem gesonderten Schriftsatz erfolgen. Unter dem 18. März 2011 teilte das SG dem Versicherten das Aktenzeichen des Verfahrens mit und forderte die BG auf, die Verwaltungsakten binnen drei Wochen nach Erhalt des Schreibens des SG vorzulegen. Am 30. März 2011 gingen drei Bände Verwaltungsakten der BG ein; sie beantragte unter Hinweis auf den angefochtenen Bescheid die Abweisung der Klage. Mit Schriftsatz vom 18. April 2011 begründete der Versicherte die Klage und stellte seine Klageanträge. Er reichte auch die Erklärung über die Entbindung der ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht ein. Am 19. April 2011 verfügte das SG die Beiziehung der Akten des Sozialgerichts Gießen; die Akte S 1 KN 99/07 U ging am 2. Mai 2011 und die Akte S 6 KN 8/05 U ging am 20. Mai 2011 beim SG ein. Am 23. Mai 2011 forderte das SG die BG auf, eingehend bis zum 15. Juli 2011 zur Klage Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 15. Juni 2011 teilte der Kläger Ziff. 1 (Rechtsanwalt) unter Vorlage einer Kopie der Sterbeurkunde mit, dass der Versicherte am 6. Juni 2011 verstorben sei und das Verfahren von ihm als Sonderrechtsnachfolger fortgeführt werde. Am 22. Juli 2011 ging die Stellungnahme der BG ein, welche an den Kläger Ziff. 1 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 31. August 2011 übermittelt wurde. Mit Schriftsatz vom 2. August 2011 nahm dieser Stellung. Mit Schriftsatz vom 2. Januar 2012 führte der Kläger Ziff. 1 aus, dass die Klage eingehend begründet worden und letztmalig mit Schriftsatz vom 2. August 2011 zum Verfahren Stellung genommen worden sei; die Sache erscheine aus seiner Sicht ausgeschrieben. Das SG wurde um Mitteilung gebeten, wann mit einem Fortgang des Verfahrens zu rechnen sei. Mit Verfügung vom 3. Januar 2012 teilte das SG dem Kläger mit, mit Blick auf die Vielzahl der bei der Kammer anhängigen älteren und vergleichbar dringlichen Verfahren sei eine Terminsbestimmung nicht absehbar. Weiter wurde der Kläger Ziff. 1 gebeten, die Voraussetzungen der Sonderrechtsnachfolge darzulegen. Mit Schriftsatz vom 17. Januar 2012 teilte der Kläger Ziff. 1 mit, dass nicht die Voraussetzungen der Sonderrechtsnachfolge vorlägen, sondern das Verfahren nach § 58 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) fortgeführt werde; gesetzliche Erben seien er und seine Schwester (Klägerin Ziff. 2). Unter dem 18. Januar 2012 verfügte das SG die Berichtigung der Klägerdaten sowie die Beiziehung der Verfahrensakte des SG S 4 P 863/11, in der sich ein Erbschein zum Nachweis der Gesamtrechtsnachfolge der Kläger befand. Am 31. Januar 2012 reichte der Kläger Ziff. 1 die ihm als Verfahrensbevollmächtigtem erteilte Vollmacht der Klägerin Ziff. 2 nach. Am 1. Februar 2012 teilte das SG dem Kläger Ziff. 1 und Klägervertreter aus vorläufiger Sicht die maßgeblichen Aspekte zum Klageverfahren mit verbunden mit der Anregung, es möge die Fortführung des Verfahrens überdacht werden. Mit Schriftsatz vom 13. Februar 2012 trat der Kläger Ziff. 1 und Verfahrensbevollmächtigte einer Rücknahme der Klage entgegen. Mit Schriftsatz vom 28. September 2012 nahm er erneut in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zur Klage Stellung. Am 5. Oktober 2012 verfügte das SG die Weiterleitung dieses Schriftsatzes an die BG zur Kenntnisnahme. Am 7. Januar 2014 erhob der Kläger Ziff. 1 und Verfahrensbevollmächtigte ausdrücklich Verzögerungsrüge. Mit Verfügung vom 30. Januar 2014 bestimmte der Kammervorsitzende Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 27. Februar 2014. Am 19. Februar 2014 nahm der Kläger Ziff. 1 und Verfahrensbevollmächtigte nochmals Stellung zur Klage. Gleichzeitig regte er an, die mündliche Verhandlung auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen. In der mündlichen Verhandlung am 27. Februar 2014 wurde das Urteil verkündet, welches den Verfahrensbevollmächtigten der Kläger am 19. März 2014 und der BG am 20. März 2014 zugestellt wurde. Das Urteil ist rechtskräftig geworden.

Mit am 1. August 2014 beim Landessozialgericht (LSG) eingegangenen Schriftsatz haben die Kläger Entschädigungsklage erhoben, mit der sie 2.400,00 EUR nebst Zinsen hieraus verlangen und tragen hierzu vor, das SG habe über ihren Anspruch nicht innerhalb angemessener Zeit entschieden, sodass ihnen immaterielle Nachteile entstanden seien. Zur Überprüfung der Ermessensentscheidung der beklagten BG habe es weder der Einholung von Befundberichten noch der Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Gericht bedurft. Das SG habe auch keine ergänzenden Sachverhaltsermittlungen für notwendig erachtet oder vorgenommen. In tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht sei das Verfahren vor dem SG von durchschnittlichem bis unterdurchschnittlichem Schwierigkeitsgrad gewesen. Das Schreiben des SG vom 3. Januar 2012 sei so zu verstehen, dass es das Verfahren für entscheidungsreif gehalten habe und es für eine mündliche Verhandlung vorgesehen habe. Seit August 2011 habe das Verfahren somit bis Januar 2014 unbearbeitet gelegen. Der Hinweis des SG vom 3. Januar 2012 auf eine Vielzahl bei der Kammer anhängigen älteren und vergleichbar dringlichen Verfahren rechtfertige die unangemessene Verfahrensdauer nicht. Das SG hätte dabei auch berücksichtigen müssen, dass sich der Versicherte bereits seit Jahren um eine fehlerfreie Ermessensentscheidung der BG bemüht hatte und bereits die dem Gerichtsverfahren vorausgehenden Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren bereits überlang gewesen seien. Danach hätte das Verfahren beim SG sehr weit oben auf der "Dringlichkeitsliste" stehen müssen, sodass nach dem Schriftsatz vom 2. August 2011 ausreichend Zeit bestanden habe, das Verfahren innerhalb eines angemessenen Zeitraumes von einem Jahr abzuschließen. Spätestens nach dem Erinnerungsschriftsatz vom 2. Januar 2012 hätte das SG reagieren müssen. Das Verfahren sei daher insgesamt für einen Zeitraum von zwei Jahren unangemessen lang. Sie hätten zumindest infolge der langen Verfahrensdauer einen immateriellen Nachteil erlitten. Nachdem sich der Versicherte bereits jahrelang um die zu gewährende Haus- und Heimpflege bemüht gehabt habe, die für ihn gegenüber den Leistungen der Pflegeversicherung einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil bedeutet hätten und die Kläger auch aus unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkten entlastet hätte, sei es schon aus moralischen, aber auch wirtschaftlichen Gründen Verpflichtung der Kläger gewesen, das noch zu Lebzeiten des Versicherten begonnene Verfahren zu Ende zu führen. Dies sei für sie mit einer erheblichen nervlichen Belastung verbunden gewesen.

Die Kläger beantragen,

das beklagte Land zu verurteilen, an sie eine angemessene Entschädigung in Höhe von 2.400,00 EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Den Klägern stehe die geltend gemachte Entschädigung von immateriellen Nachteilen infolge eines unangemessen langen Gerichtsverfahrens in Höhe von 2.400,00 EUR nicht zu. Die geltend gemachte Entschädigung sei bereits deshalb ausgeschlossen, weil das SG das Verfahren in weniger als sechs Monaten nach Erhebung der (ersten) Verzögerungsrüge abgeschlossen habe. Die Verzögerungsrüge diene als Vorwarnung, die das Gericht zur Prüfung hinsichtlich einer zügigen Bearbeitung veranlassen solle, um anderenfalls entstehende Entschädigungsansprüche zu vermeiden. Werde das Verfahren nach Erhebung der Verzögerungsrüge in angemessener Weise beschleunigt und abgeschlossen, würden Ansprüche nach den §§ 198 ff. GVG ausscheiden. Daraus, dass der Gesetzgeber die zulässige Erhebung einer Klage nach § 198 GVG unabhängig vom Verfahrensgegenstand und der bisherigen Dauer des Verfahrens von einem weiteren Zuwarten von sechs Monaten nach Erhebung der Verzögerungsrüge abhängig gemacht habe, sei der Schluss zu ziehen, dass dies den Zeitraum bestimme, in dem der Abschluss eines Verfahrens insgesamt als angemessen anzusehen sei. Die Kläger hätten erstmals mit Schriftsatz vom 3. Januar 2014 eine Verzögerungsrüge erhoben. Das Verfahren sei anschließend innerhalb eines Zeitraums von weniger als sechs Monaten abgeschlossen worden. Der Schriftsatz vom 2. Januar 21012, in dem geäußert worden sei, die Sache erscheine ausgeschrieben und mit dem das Gericht um Mitteilung gebeten worden sei, wann mit einem Fortgang des Verfahrens zu rechnen sei, sei keine Verzögerungsrüge. Eine Verzögerungsrüge könne auch dem Schriftsatz vom 28. September 2012, in dem allein zur Sache selbst Stellung genommen worden sei, nicht gesehen werden. Außerdem fehle es auch an einer unangemessenen Dauer des Ausgangsverfahrens. Unter Berücksichtigung der für die Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer zu berücksichtigenden Kriterien habe der Ausgangsrechtsstreit nicht unangemessen lange gedauert. Der Ausgangsrechtsstreit habe jedenfalls aufgrund der mitzuberücksichtigenden früheren Verfahren des Sozialgerichts Gießen und des nicht unerheblichen Umfangs der Verwaltungsakte eine durchaus erhebliche Komplexität aufgewiesen. Das Verfahren sei nach dem 31. Januar 2012 zunächst nicht terminiert worden, weil bei der Kammer des SG eine Vielzahl älterer und vergleichbar dringlicher Verfahren anhängig gewesen und daher vorrangig zu erledigen gewesen seien. Dabei bestehe kein Anspruch eines Verfahrensbeteiligten auf eine ausschließliche oder beinahe lückenlose Bearbeitung seiner Sache, zumal stets Zeiten, die etwa für eine Prüfung und Meinungsbildung des angerufenen Gerichts erforderlich seien, nicht als Verzögerungszeit berücksichtigt werden könnten. Es bestehe auch kein Anspruch darauf, dass ein Rechtsstreit, auch wenn er entscheidungsreif sei, sofort vom Gericht entschieden werde. Ein Rechtssuchender müsse damit rechnen, dass der zuständige Richter neben seinem Verfahren, selbst wenn keine dauerhafte Überlastung vorliege, auch noch andere (ältere) Verfahren zu bearbeiten habe, sodass eine gewisse Wartezeit zuzumuten sei. Der ursprüngliche Kläger (Versicherter) sei zu einem Zeitpunkt verstorben, bis zu dem auch nach Auffassung der Kläger keine Bearbeitungslücken aufgetreten seien. In der Folgezeit ging es den Klägern darum, dass die BG zur Zahlung von über den bisher als Pflegegeld erbrachten Leistungen verpflichtet werde. Existenzielle Bedeutung habe die Klage nach dem Ableben des Versicherten nicht mehr gehabt; nach dem dadurch bedingten Wegfall der Unterhaltspflicht offensichtlich auch nicht für die Kläger. Es habe sich diesen Umständen nach um einen Rechtsstreit gehandelt, der seiner Natur nach nicht besonders beschleunigt habe werden müssen. Im Zuge einer Gesamtschau der vorstehend aufgezeigten Kriterien lasse sich nicht feststellen, dass der streitgegenständliche Ausgangsrechtsstreit unangemessen lange gedauert habe.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Erklärungen vom 20. Oktober 2014).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die Vorakte S 2 U 970/11 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

I.

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg ist für die Klage zuständig (§ 51 Abs. 1 Nr. 10, § 202 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. den §§ 198 ff. GVG), da es sich bei dem Ausgangsverfahren um ein Verfahren aus dem Bereich der Sozialgerichtsbarkeit handelt.

II.

Die Klage ist zulässig.

Für das Klageverfahren sind die Vorschriften der §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) sowie die §§ 183, 197a und 202 SGG idF des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (ÜGG) - in Kraft getreten am 3. Dezember 2011 (BGBl I 2302) - maßgebend. Nach Art. 23 Satz 1 ÜGG gilt dieses Gesetz auch für Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten bereits anhängig waren.

Das von den Klägern als unangemessen lang angesehene Verfahren vor dem SG war bei Inkrafttreten des ÜGG am 3. Dezember 2011 noch nicht abgeschlossen. Das Klageverfahren S 2 U 970/11 ist beim SG am 16. März 2011 anhängig geworden und endete mit dem am 19. bzw. 20. März 2014 den Beteiligten zugestellte Urteil vom 27. Februar 2014.

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) statthaft. Gem. § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Die Kläger machen angesichts der Regelung des § 198 GVG nachvollziehbar geltend, dass sie auf die begehrte Entschädigungszahlung, eine Leistung i. S. des § 54 Abs. 5 SGG, einen Rechtsanspruch haben. Eine vorherige Verwaltungsentscheidung ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen (vgl. § 198 Abs. 5 GVG). Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben. Die "Wartefrist" des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG haben die Kläger gewahrt. Danach kann zwar eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach § 198 Abs. 1 GVG frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Kläger haben die Verzögerungsrüge am 7. Januar 2014 erhoben. Die Klage gerichtet auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer haben sie am 1. August 2014 beim LSG anhängig gemacht; zwischen Verzögerungsrüge und Klageerhebung liegen somit mehr als sechs Monate.

III.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Nach § 198 Abs. 1 GVG in der seit 3. Dezember 2011 geltenden Fassung gem. Art. 23 des Gesetzes vom 24. November 2011 (BGBl. I , 2302) wird wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Gem. § 198 Abs. 2 GVG wird ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen. Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter gem. § 198 Abs. 3 GVG nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge. Nach § 198 Abs. 4 GVG ist Wiedergutmachung auf andere Weise insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind. Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar (§ 198 Abs. 5 GVG). Gem. § 198 Abs. 6 GVG ist im Sinne dieser Vorschrift 1. ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; 2. ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.

Eine allgemeingültige Zeitvorgabe, wie lange ein (sozialgerichtliches) Verfahren höchstens dauern darf, um nicht als unangemessen lang zu gelten, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Auch sonst ist die generelle Festlegung, wann ein Verfahren unangemessen lange dauert - insbesondere als feste Jahresgrenze oder Monatsgrenze - angesichts der Unterschiedlichkeit der Verfahren nicht möglich (BVerfG stattgebender Kammerbeschluss vom 20. Juli 2000 - 1 BvR 352/00, NJW 2001, 214; Scholz, Sozialgerichtsbarkeit 2000, S.19, 21; Roller, DRiZ 2012 Heft 6 Beilage, S. 7).

Ob der Anspruch eines Verfahrensbeteiligten auf Entscheidung seines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit verletzt wurde, ist – wie in allen übrigen Verfahren - auch bei Gerichtsverfahren, die Ansprüche aus dem SGB VII betreffen, vielmehr im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG zu beurteilen (vgl. auch BT-Drs. 17/3802, S. 1, 15). Als Maßstab nennt § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (vgl. insoweit auch EGMR, Urteil vom 24. Juni 2010, Beschwerde Nr. 21423/07, Rdnr. 32; EGMR Urteil vom 8. Juni 2006 Nr. 75529/01 Rdnr. 128; EGMR Urteil vom 21. April 2011 Nr. 41599/09 Rdnr. 42; BVerfG Beschluss vom 27. September 2011 – 1 BvR 232/11 - Rdnr. 16 in juris; Roller aaO S. 9; Scholz aaO S.22).

Zunächst ist vorauszuschicken, dass bei der Prüfung der Dauer des Verfahrens nur das Klageverfahren vor dem SG Gegenstand des Verfahrens ist, nicht aber das Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren.

Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Entschädigungsanspruch liegen nicht vor.

Offen lassen kann der Senat, ob der Entschädigungsanspruch schon daran scheitert, dass das SG das Ausgangsklageverfahren innerhalb von sechs Monaten nach Erhebung der Verzögerungsrüge zum Abschluss gebracht hat. Die Verzögerungsrüge haben die Kläger erstmals erhoben am 7. Januar 2014. In dem Schriftsatz vom 2. Januar 2012, in dem geäußert wurde, die Sache erscheine ausgeschrieben und das Gericht um Mitteilung gebeten wurde, wann mit einem Fortgang des Erfahrens zu rechnen sei, liegt nach Auffassung des Senats keine Rüge der (überlangen) Verfahrensdauer. Auch wenn nicht erforderlich ist, dass ausdrücklich das Wort "Verzögerungsrüge" verwendet werden muss, muss jedoch hinreichend klar zum Ausdruck kommen, dass die Dauer des Verfahrens beanstandet wird. Die Verzögerungsrüge ist eine Prozesshandlung, der sich der klare Wille des Erklärenden entnehmen lassen muss, dass ein Verfahren nach § 198 GVG beabsichtigt sei. Hieran fehlt es mit Blick auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 2. Januar 2012, dem allenfalls die "Bitte" entnommen werden kann, dass dem Verfahren seinen Fortgang gegeben wird. Eine - sinngemäße -Verzögerungsrüge liegt auch nicht im Schriftsatz vom 28. September 2012, mit dem allein zur Sache selbst Stellung genommen worden ist. Somit hat das SG das Ausgangsklageverfahren nach Erhebung der Verzögerungsrüge am 7. Januar 2014 mit Zustellung seines Urteils vom 27. Februar 2014 am 19./20. März 2014 an die Beteiligten beendet. Die Verzögerungsrüge dient aber als eine Art Vorwarnung (vgl. BT-Drs. 17/3802, S. 20), die das Gericht zur Prüfung hinsichtlich einer zügigen Bearbeitung veranlassen soll, um andernfalls entstehende Entschädigungsansprüche gegen das Land zu vermeiden. Wird das Verfahren nach Erhebung der Rüge in angemessener Weise beschleunigt und abgeschlossen, wird teilweise vetreten, dass deswegen schon Ansprüche nach den §§§ 198 ff. GVG ausscheiden (vgl. Meyer/Gossner, StPO, 56. Aufl., § 198 GVG Rdnr. 6). Indem der Gesetzgeber nämlich die zulässige Erhebung einer Klage nach § 198 GVG unabhängig vom Verfahrensgegenstand und der bisherigen Dauer des Verfahrens von einem weiteren Zuwarten von sechs Monaten nach Erhebung der Verzögerungsrüge abhängig gemacht hat, spricht viel dafür, daraus den Schluss zu ziehen, dass dies den Zeitraum bestimmt, in dem der Abschluss eines Verfahrens als angemessen anzusehen ist (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 23 SchH 6/13 -, veröffentlicht in Juris).

Insgesamt ist jedoch nach Überzeugung des Senats die Verfahrensdauer nicht als überlang zu werten.

Ob die Verfahrensdauer angemessen ist, richtet sich zunächst nicht nach starren Fristen. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber bewusst (vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 18 zu § 198 Abs. 1) von der Einführung bestimmter Grenzwerte für die Dauer unterschiedlicher Verfahrenstypen abgesehen, weil eine abstrakt-generelle Festlegung, wann ein Verfahren unverhältnismäßig lange dauert, nicht möglich ist (vgl. Ott in Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, § 198 Rdnr. 68 m.w.N.).

Vielmehr regelt § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausdrücklich, dass es auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritten ankommt. Maßgebend bei der Beurteilung der Verfahrensdauer ist danach unter dem Aspekt einer möglichen Mitverursachung zunächst die Frage, wie sich der Entschädigungskläger selbst im Ausgangsverfahren verhalten hat. Außerdem sind insbesondere zu berücksichtigen die Schwierigkeit, der Umfang und die Komplexität des Falles, sowie die Bedeutung des Rechtsstreits. Hier ist nicht nur die Bedeutung für den auf Entschädigung klagenden Verfahrensbeteiligten aus der Sicht eines verständigen Betroffenen von Belang, sondern auch die Bedeutung für die Allgemeinheit. Relevant ist ferner das Verhalten sonstiger Verfahrensbeteiligter sowie das Verhalten Dritter. Hingegen kann sich der Staat zur Rechtfertigung der überlangen Dauer eines Verfahrens nicht auf Umstände innerhalb des staatlichen Verantwortungsbereichs berufen; vielmehr muss er alle notwendigen Maßnahmen treffen, damit Gerichtsverfahren innerhalb einer angemessenen Frist beendet werden können. Deshalb kann bei der Frage der angemessenen Verfahrensdauer nicht auf die chronische Überlastung eines Gerichts, länger bestehende Rückstände oder eine allgemein angespannte Personalsituation abgestellt werden.

Allerdings reichen die in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benannten Umstände nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteile vom 21. Februar 2013 - B 10 ÜG 1/12 und 2/12 KL), der der Senat sich anschließt, zur Ausfüllung des Begriffs der unangemessenen Fahrtdauer in § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG nicht aus. Vielmehr sind diese Umstände in einen allgemeinen Wertungsrahmen einzuordnen. So verdeutlicht bereits die Anknüpfung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs an den als Grundrecht nach Art. 19 Abs. 4 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG sowie als Menschenrecht nach Art. 6 Abs. 1 EMRK qualifizierten Anspruch auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit, dass es auf eine Beeinträchtigung eines Grund- und Menschenrechts durch die Länge des Gerichtsverfahrens ankommt. Es wird damit von vornherein eine gewisse Schwere der Belastung vorausgesetzt, sodass nicht jede Abweichung vom Optimum ausreicht, vielmehr eine deutliche Überschreitung der äußersten Grenze des Angemessenen vorliegen muss. Weiter verbietet sich das Ziehen einer engen zeitlichen Grenze bei der Bestimmung der Angemessenheit einer Verfahrensdauer zum einen im Hinblick auf das Spannungsverhältnis zur Unabhängigkeit der Richter (Art. 97 Abs. 1 GG), zum anderen unter Berücksichtigung des Ziels einer inhaltlichen Richtigkeit der Entscheidungen. Schließlich muss ein Rechtssuchender damit rechnen, dass der zuständige Richter neben seinem Rechtsbehelf auch noch andere (ältere) Sachen zu behandeln hat, sodass ihm eine gewisse Wartezeit zuzumuten ist.

Gemessen daran liegt hier keine überlange Verfahrensdauer vor. Es erscheint schon zweifelhaft, ob das Verfahren überhaupt als ungewöhnlich lang andauernd einzustufen ist. Das Ausgangsklageverfahren hatte ziemlich genau eine Verfahrensdauer von drei Jahren. Nach einer Entscheidung des BSG vor Inkrafttreten des ÜGG lag eine generelle Grenze, bei deren Überschreitung in der deutschen Sozialgerichtsbarkeit im Klage- und Berufungsverfahren ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK zu vermuten sei, bei drei Jahren je Gerichtsinstanz (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr. 11). Zwar ist diese Entscheidung auf das ÜGG nicht übertragbar, zumal es nicht auf die zeitliche Dauer des Verfahrens je Gerichtsinstanz, sondern auf die Gesamtverfahrensdauer ankommt und die Verfahrensdauer auch in den einzelnen Rechtsgebieten der Sozialgerichtsbarkeit variiert. Dieser damals vom BSG vorgegebene zeitliche Rahmen ist jedoch - immer noch unter Berücksichtigung des jeweiligen Rechtsgebietes - ein erster Anhaltspunkt. Insofern war das Ausgangsverfahren noch in dem "gesteckten Rahmen" geblieben.

Jedenfalls aber vermag der Senat nicht festzustellen, dass die äußerste Grenze des Angemessenen mit dem Verfahren deutlich überschritten worden wäre.

Das Ausgangsverfahren war von durchschnittlicher Schwierigkeit. Es waren zwar keine schwierigen Tatsachenfragen zu klären. Andererseits war die Sach- und Rechtslage in zweierlei Hinsicht seitens des SG zu prüfen. Zum einen war nämlich mit dem Hauptantrag eine Erstattung der Aufwendungen des Versicherten für die Haus- und Heimpflege geltend gemacht; hilfsweise war seitens des SG darüber zu entscheiden, ob die Ermessensausübung der BG, die dem Bescheid vom 14. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Februar 2011 zugrunde lag, rechtmäßig war. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Gerichtsakten des SG Gießen S 1 KN 99/07 U und S 6 KN 8/05 U in die Prüfung der Sach- und Rechtslage seitens des SG miteinzubeziehen waren.

Hingegen ist die Bedeutung der Sache für die Kläger zur Überzeugung des Senats als deutlich unterdurchschnittlich einzustufen.

Hinsichtlich der Bedeutung des Verfahrens ist hier vor allem auf das Interesse der Verfahrensbeteiligten an einer baldigen Entscheidung abzustellen (siehe hierzu u.a. EGMR Urteil vom 8. Juni 2006 Nr. 75529/01 Rdnr. 133; Roller aaO S.9 unter Hinweis u.a., wenn die wirtschaftliche Existenz betroffen ist, auf BVerfG Beschluss vom 2. September 2009 – 1 BvR 3171/08, EuGRZ 2009; 695; BVerfG Beschluss vom 20. Juli 2000 – 1 BvR 352/00, NJW 2001, 214, 215; EGMR Urteil vom 21. Oktober 2010 Nr. 43155/08, juris und Urteil vom 13. Januar 2011, Nr. 34236/06, juris; wenn um den Lebensunterhalt sichernde sozialrechtliche Ansprüche gestritten wird siehe BVerfG Beschluss vom 27. September 2011 – 1 BvR 232/11, info also 2012, 28 (Grundsicherung für Arbeitsuchende); EGMR Beschluss vom 25. März 2010 Nr. 901/05, juris (Rente nach dem OEG); anders EGMR Beschluss vom10. Februar 2009 Nr. 30209/05, juris (Erziehungsgeld für abgelaufenen Zeitraum); s.a. Roderfeld in Marx/Roderfeld Rechtsschutz bei überlangen Gerichts- und Ermittlungsverfahren, Handkommentar 2012, § 198 GVG Rdnr. 11 mwN). Von einem solchen Interesse ist insbesondere dann auszugehen, wenn sich bei einer Verzögerung der Entscheidung für einen Beteiligten schwere und nicht oder nur begrenzt reparable Nachteile ergeben.

Bezogen auf das Ausgangsklageverfahren ist hier festzustellen, dass Gegenstand ursprünglich - bis zum Tod des Versicherten am 6. Juni 2011 - zum einen die Übernahme der seit Oktober 2004 entstandenen Pflegekosten als Hauspflege und die Übernahme der entstandenen Kosten aus der Heimpflege ab 3. März 2006 sowie aber auch der laufenden Kosten für die Heimpflege jetzt und für die Zukunft durch die Beklagte war. Es wurde also ursprünglich seitens des Versicherten nicht ausschließlich um sozialrechtliche Ansprüche für einen in der Vergangenheit liegenden und abgeschlossenen Zeitraum gestritten, sondern gerade auch um aktuell und in der Zukunft seinen Lebensunterhalt sichernde sozialrechtliche Ansprüche. Allerdings entfiel dieses damals noch bestehende beträchtliche Interesse des Versicherten an einer baldigen Entscheidung durch sein Versterben am 6. Juni 2011, also bereits drei Monate nach Klageerhebung beim SG. Ab diesem Zeitpunkt bestand für die Erben des Versicherten, die den Rechtsstreit vor dem SG fortführten, ein deutlich geringeres Interesse an einer baldigen Entscheidung des Gerichtsstreits, weil es diesbezüglich "nur noch" um ein rein wirtschaftliches Interesse in Bezug auf die Übernahme der Kosten für ausschließlich in der Vergangenheit erbrachte Haus- und Heimpflege ging; insofern hatten die Kläger den Versicherten im Rahmen ihrer Unterhaltsverpflichtung im Hinblick auf die monatlichen Defizite der Kosten für Haus- und Heimpflege nach Berücksichtigung der diese Kosten teilweise abdeckenden anderweitigen Sozialleistungen unterstützt. Im Rahmen dieses deutlich geringer einzustufenden Interesse der Kläger an der Bedeutung des Verfahrens ist es dann zur Überzeugung des Senats nicht als eine unangemessene Verfahrensdauer zu werten und zu beanstanden, wenn bei Feststellen auch von "inaktiven Zeiten" im Hinblick auf die Bearbeitung des Verfahrens - ca. fünf Monate zwischen der Stellungnahme des Klägers Ziff. 1 vom 3. August 2011 und seiner weiteren schriftsätzlichen Angabe am 3. Januar 2012, ca. siebeneinhalb Monate zwischen dem Schriftsatz des Klägers Ziff. 1 vom 14. Februar 2012, mit dem er einer Klagerücknahme entgegengetreten war und seinem weiteren Schriftsatz vom 1. Oktober 2012, mit dem er nochmals in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung genommen hat sowie ca. 15 Monaten zwischen eben diesem Schriftsatz und der Erhebung der Verzögerungsrüge am 7. Januar 2014 -, wenn der Kammervorsitzende in Ausübung seiner Unabhängigkeit andere (ältere) Verfahren "vorgezogen" hat, die mit Blick auf den Umstand der Bedeutung des Verfahrens für diese Kläger hinsichtlich einer baldige Entscheidung von höherem Interesse waren, weil beispielsweise aktuell den Lebensunterhalt sichernde sozialrechtliche Ansprüche betroffen waren.

Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass festzustellen ist, dass die Kläger mit ihrem Verhalten nicht zur Verfahrensverzögerung beigetragen haben, sondern im Gegenteil wiederholt auf Vorgaben des SG alsbald reagiert haben und sogar mit Schriftsatz vom 3. Januar 2012 darum gebeten haben, dem Verfahren nunmehr den Fortgang zu geben.

Bezüglich des Verfahrensablaufs im Einzelnen ist auch festzustellen, dass das Verfahren bei optimaler Förderung, auf die nach obigen Ausführungen jedoch gerade kein Anspruch besteht, sicher um einiges schneller hätte erledigt werden können. Diesbezüglich ist der Senat jedoch der Auffassung, dass seitens der Kläger nicht schon zu dem von ihnen ins Auge gefassten Zeitpunkt August 2011 bzw. Januar 2012 mit einer Beendigung (Entscheidung) des Ausgangsklageverfahrens gerechnet werden durfte. Diesbezüglich ist nämlich darauf hinzuweisen, dass von vornherein im Rahmen einer Gesamterwägung dem Gericht auch eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von bis zu zwölf Monaten einzuräumen ist (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 12/13 R -). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Kläger selbst durch ihre weiteren eingehenden Klagebegründungen im Schriftsatz vom 3. Januar 2012, nachdem die Klage bereits im April 2011 ausführlich begründet worden war, und der weiteren Stellungnahme in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht am 1. Oktober 2012 jeweils wiederum dem SG Anlass dazu gegeben hat, in eine weitere Phase der "Vorbereitungs- und Bedenkzeit" einzutreten. Außerdem war ab Januar 2012 zu klären, ob die Voraussetzungen der von den Klägern geltend gemachten "Sonderrechtsnachfolge" vorlagen, was zu dem Ergebnis führte, dass die Kläger als "gesetzliche Erben" des Versicherten das Ausgangsverfahren fortführten.

Im Rahmen der Bewertung der Angemessenheit der Verfahrensdauer des Ausgangsklageverfahrens bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände ist im Übrigen auch zu berücksichtigen, dass zwar eine Verzögerungsrüge erst dann erhoben werden kann, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird; eine vorher erhobene Rüge geht ins Leere und ist zur Begründung eines Entschädigungsanspruchs nicht geeignet (vgl. Beck - Onlinekommentar, § 198 GVG Rdnr. 17, Stand März 2014). Sofern der Entschädigungsanspruchsteller aber mit der Erhebung der Verzögerungsrüge solange zuwartet, dass dies einem "Dulde und Liquidiere" gleichkommen kann, ist dieser Umstand vom Entschädigungsgericht bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer zu berücksichtigen (vgl. Beck - Onlinekommentar, a.a.O.,Rdnr. 18; BT-Drs. 17/3802, 21). Insofern ist hier festzustellen, dass die Kläger, die nach eigener Auffassung davon ausgehen, dass das Ausgangsklageverfahren bereits zum August 2011 bzw. Januar 2012 eine Beendigung hätte erfahren können oder gar müssen, selbst jedoch hiervon ausgehend nochmals zwei Jahre zugewartet haben, bis sie am 7. Januar 2014 die Verzögerungsrüge erhoben haben.

Schließlich geht der Senat davon aus, dass es wünschenswert gewesen wäre, dass es bei dem im Oktober 2012 bereits seit ca. 19 Monaten anhängigen Rechtsstreit nicht erst im Januar 2014 zur Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung auf den 27. Februar 2014 gekommen wäre. Die Entscheidung, den Rechtsstreit erst auf diesen Tag zu terminieren, hält sich jedoch - auch unter Berücksichtigung der mit zunehmender Dauer des Verfahrens an die Angemessenheit zu stellenden steigenden Anforderungen (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG, Beschlüsse vom 20. Juli 2000 - 1 BvR 352/00 -) - noch im Rahmen des richterlichen Gestaltungsspielraums, der es einem Kammervorsitzenden gerade erlaubt, selbst darüber zu befinden, in welcher Reihenfolge er entscheidungsreife Verfahren ansetzt.

Aus diesen Gründen ist die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a, 183 Satz 6 SGG.

Der Streitwert war in Höhe der geforderten Entschädigung mit 2.400,00 EUR festzusetzen (§ 52 Abs. 1 und 3 GKG).

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor, denn es besteht weder eine grundsätzliche Bedeutung noch liegt ein Fall der Divergenz vor.
Rechtskraft
Aus
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