L 8 SB 2159/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 1561/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2159/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 08.04.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 seit dem 30.05.2012 zusteht.

Die 1966 geborene Klägerin beantragte am 30.05.2012 erstmals beim Landratsamt K. -Amt für Gesundheit und Versorgung - (LRA) die Feststellung eines GdB. Zur Begründung machte sie eine Funktionsstörung der linken Hand infolge eines häuslichen Unfalls, Angst- und Panikattacken, eine Arthrose an der Hüfte rechts sowie einen Zustand nach einer Knieoperation im Jahr 2011 geltend.

Der Beklagte zog einen Entlassungsbericht des V.-Krankenhauses K. vom 07.04.2011 bezüglich der dort am 23.03.2011 erfolgten arthroskopischen Knorpelglättung und Resektion einer Plica mediopatellaris rechts, einen Entlassungsbericht der L.klinik Zentrum für Verhaltensmedizin - Abteilung Psychosomatik/Psychotherapie - über die dort vom 03.05.2012 bis 06.06.2012 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme, einen Befundbericht der Orthopädin Dr. M.-F. vom 19.07.2012 sowie einen Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. Z.vom 03.08.2012 bei (Bl. 7, 23, 29 und 35 der Verwaltungsakte).

Der Beklagte holte eine versorgungsärztliche Stellungnahme bei Prof. Dr. K. ein, welcher am 03.10.2012 eine Depression, eine Angststörung und funktionelle Organbeschwerden mit einem Teil-GdB von 30, eine Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks und Knorpelschäden am rechten Kniegelenk mit einem Teil-GdB von 10 und einen Bluthochdruck mit einem Teil-GdB von 10 bewertete sowie seit dem 30.05.2012 einen Gesamt-GdB von 30 vorschlug. Weiter führte Prof. Dr. K. aus, bei der Nervenläsion des linken Handrückens mit Sensibilitätsstörungen handele es sich um einen Arbeitsunfall. Ein Bericht der Berufsgenossenschaft liege nicht vor (Bl. 37 der Verwaltungsakte).

Der Beklagte zog bei der für die Klägerin zuständigen Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) den Bescheid vom 07.03.2012 bei, mit welchem es die VBG ablehnte, den Unfall vom 16.02.2011 als Arbeitsunfall anzuerkennen und Leistungen aufgrund dieses Unfalles zu erbringen (Bl. 43 der Verwaltungsakte).

Auf der Grundlage einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. K. vom 04.12.2012, in welcher Prof. Dr. K. eine Depression, eine Angststörung und funktionelle Organbeschwerden mit einem Teil-GdB von 30, eine Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks und Knorpelschäden am rechten Kniegelenk mit einem Teil-GdB von 10 und einen Bluthochdruck mit einem Teil-GdB von 10 bewertete sowie den Gesamt-GdB mit 30 seit dem 30.05.2012 vorschlug und ausführte, wegen des während der Rehabilitationsmaßnahme angegebenen Arbeitsunfalls mit Sensibilitätsproblemen und reduzierter Belastbarkeit der linken Hand habe die VBG Sachaufklärung durchgeführt, wonach der Unfall vom 16.02.2011 nicht die linke Hand, sondern das rechte Kniegelenk betroffen habe und nicht als Arbeitsunfall anerkannt worden sei. Eine Änderung der Bewertung vom 03.10.2012 ergebe sich hieraus nicht (Bl. 46 der Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 13.12.2012 stellte das LRA einen GdB von 30 seit dem 30.05.2012 fest (Bl. 48 der Verwaltungsakte).

Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 08.01.2013 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie vortragen ließ (Schriftsatz vom 09.04.2013), im Gutachten von Dr. Z. vom 03.08.2012 werde aus nervenärztlicher Sicht ein GdB von 50 als angemessen betrachtet und eine periphere Nervenläsion im Bereich des Handrückens links diagnostiziert. Weiter werde im Gutachten von Dr. M.-F. vom 19.07.2012 neben einer Gonalgie auch eine beginnende Coxarthrose sowie eine Epicondylitis diagnostiziert und u.a. als Funktionseinschränkungen eine beschränkte Beweglichkeit der Hüftgelenke sowie ein leichter Epicondylus beschrieben, welcher bei Dehnung endgradig schmerzhaft reagiere. Bei Berücksichtigung sämtlicher ärztlich bestätigter Funktionsbeeinträchtigungen ergebe sich ein Gesamt-GdB von 50.

Der Beklagte holte eine versorgungsärztliche Stellungnahme bei Dr. E.-Z. ein, die am 23.04.2013 ausführte, die seelische Störung sei aufgrund der vorliegenden ärztlichen Befundberichte adäquat berücksichtigt. Insbesondere sei die Klägerin aus der Reha vollschichtig arbeitsfähig mit insgesamt guter Prognose trotz Rezidivrisiken für erneute depressive Einbrüche entlassen worden. Die therapeutischen Optionen seien nicht ausgeschöpft und die Klägerin lehne bislang eine medikamentöse Behandlung ab. Auch die orthopädischen Leiden seien adäquat berücksichtigt. GdB-relevante Funktions-/Bewegungseinschränkungen der Hüft- oder Kniegelenke seien nicht objektiviert. Eine Epicondylitis bewirke keine dauerhaften Funktionseinbußen. Schließlich bedinge eine Nervenläsion im Bereich des Handrückens keine GdB-relevante Funktionsstörung (Bl. 61 der Verwaltungsakte).

Das Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 17.05.2013 als unbegründet zurück (Bl. 64 der Verwaltungsakte).

Dagegen erhob die Klägerin am 20.06.2013 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG), zu deren Begründung sie im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholte und darüber hinaus auf die wegen der Verletzung an der linken Hand im Attest von Dr. Z. vom 03.08.2012 aufgeführten Beeinträchtigungen verwies.

Das SG erhob Beweis durch schriftliche Befragung der die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 33, 34 und 36 der SG-Akte Bezug genommen.

Der Chirurg Dr. S. teilte dem SG am 22.07.2013 mit, er könne über den Gesundheitszustand der Klägerin ab Mai 2012 keine Auskunft erteilen, da die Klägerin letztmalig im Juni 2006 in seiner Behandlung gewesen sei.

Der Facharzt für Innere Medizin Dr. Sch. schrieb dem SG am 22.07.2013, er betreue die Klägerin seit dem 30.08.2012 internistisch. Ein EKG vom 18.10.2012 habe einen Indifferenztyp, einen normofrequenten Sinusrhythmus und einen inkompletten Rechtsschenkelblock ergeben. Ansonsten sei das EKG unauffällig gewesen. Eine Schilddrüsensonographie vom 18.10.2012 zeige einen Normalbefund. Ebenso habe die Oberbauchsonographie vom 17.04.2013 einen altersentsprechenden Normalbefund ergeben. Die Blutdruckwerte lägen im oberen normotonen Bereich. Auf internistischem Fachgebiet seien keine wesentlichen Änderungen im Gesundheitszustand der Klägerin festgestellt worden. Der von der Klägerin geltend gemachte GdB liege nicht auf internistischem Fachgebiet. Relevante Befunde fänden sich vielmehr auf psychiatrisch/neurologischem Fachgebiet.

Der Neurologe und Psychiater Dr. Z. sagte am 22.07.2013 aus, die Klägerin befinde sich seit 29.07.2011 in seiner ambulanten nervenärztlichen Behandlung. Sie habe sich zuletzt am 26.11.2012 bei ihm vorgestellt. Dr. Z. diagnostizierte eine depressive Störung, eine Angststörung, eine Agoraphobie, eine periphere Nervenläsion im Bereich des Handrückens links, eine somatoforme Störung sowie eine arterielle Hypertonie. Die Klägerin habe eine erfolgreiche stationäre psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme in der Luisenklinik in B. D. durchgeführt. Allerdings seien sowohl die Angststörung als auch die depressive Störung chronifiziert. Es sei mit einer erneuten Dekompensation zu rechnen. Aufgrund der seelischen Störungen könne die Klägerin nicht mehr adäquat am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Dr. Z. schätzte den GdB auf 50.

Weiter erhob das SG Beweis durch die Einholung eines Gutachtens von Amts wegen bei dem Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie sowie Innere Medizin Dr. G ... Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 48/86 der SG-Akte Bezug genommen.

Im Gutachten vom 27.01.2014 führte Dr. G. aus, die Klägerin leide unter einer Angst-/Panikstörung mit Agoraphobie, welche mit einem Teil-GdB von 30 völlig angemessen eingestuft sei. Die periphere Nervenläsion des Handrückens links mit Ausstrahlung sei mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten. Bezüglich des Bluthochdruckes könne allenfalls ein Teil-GdB von 10 vergeben werden. Die Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenkes könne vorbehaltlich einer beginnenden Coxarthrose rechts mit einem Teil-GdB von 10 bewertet werden. Den Gesamt-GdB schätzte Dr. G. mit 30 ein.

Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 08.04.2014 als unbegründet ab. Das SG vertrat die Auffassung, bei der Klägerin sei ein GdB von 30 angemessen. Gestützt auf das Gutachten von Dr. G. führte das SG aus, ein GdB von 30 für eine Angst- bzw. Panikstörung mit Agoraphobie sei nicht zu knapp bemessen. Der Gutachter habe zudem periphere Nervenläsionen mit Berührungsstörungen am Handrücken mit Ausstrahlung in den Unterarm festgestellt, welche mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten seien. Ferner sei das Bluthochdruckleiden der Klägerin mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten. Schließlich seien der Knieschaden mit vorhandener Chondromalazie Grad III sowie die beginnende Coxarthrose jeweils nachvollziehbar mit einem Teil-GdB von 10 bewertet. Der Gesamt-GdB sei mit 30 zu bilden.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 14.04.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 14.05.2014 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung ihrer Berufung bezieht sich die Klägerin zunächst auf ihren Vortrag in erster Instanz und trägt darüber hinausgehend vor, die Ausführungen des SG, dass sie Urlaubsreisen unternehme und an der Fasnacht teilnehme, beruhten offenbar auf einem Missverständnis des Gerichtsgutachters. Sie sei zwar früher bei der Konstanzer Fasnacht engagiert gewesen, jedoch seit einigen Jahren nicht mehr. Sie suche die Restaurants, welche sie früher regelmäßig besucht habe, nicht mehr auf. Unzutreffend sei auch, dass sie Flugreisen oder auch nur Bahnfahrtenüber mehrere Stunden hinweg unternehme. Sie sei aufgrund ihrer Angstgefühle allenfalls ganz selten bereit, nur eine kurze Flugreise zu einem nicht weit abgelegenen Urlaubsziel anzutreten. Sie fürchte derartige Reisen in Flugzeug und Bahn, da sie mit Panikanfällen rechnen müsse. Daher vermeide sie Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und die Benutzung von Flugzeugen. Inzwischen sei sie zwar verheiratet, habe jedoch ihren Lebensgefährten nur mit Rücksicht auf dessen schwere lebensbedrohliche Erkrankung geheiratet. Die Klägerin verweist auf den vom Beklagten im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eingeholten Befundbericht von Dr. Z. vom 03.08.2012 und führt aus, die Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik in B. D. habe keine Besserung bewirkt, da die Angstzustände und Panikstörungen mittlerweile chronifiziert seien. Sie nehme daher weiterhin nicht mehr adäquat am gesellschaftlichen Leben teil. Der Teil-GdB von 30 sei deutlich zu niedrig. Weiter trägt sie vor, sie leide unter einem erheblichen Knieschaden, was dem SG bekannt sein müsse, da dort ein weiterer Rechtsstreit gegen die VBG anhängig sei, in welchem es um die Anerkennung eines Arbeitsunfalles, der zum Knorpelschaden geführt habe, gehe. Die VBG habe in dem dort streitgegenständlichen Bescheid vom 07.03.2012 den erheblichen mit Schmerzen einhergehenden Knorpelschaden im rechten Knie im Grundsatz ausdrücklich anerkannt. Streitig sei lediglich, ob dieser Schaden aufgrund eines Arbeitsunfalles entstanden oder degenerativer Natur sei. Daher habe es dem SG oblegen, ein fachorthopädisches Gutachten von Amts wegen einzuholen. Ein solches werde ergeben, dass allein für den Knieschaden ein GdB von 20 angebracht sei. Insoweit beantragt die Klägerin die Beiziehung der Akten des SG Konstanz zum Verfahren S 6 U 1014/13 sowie die Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Amts wegen. In der Gesamtschau aller Schäden sei mindestens ein GdB von 50 gegeben.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Konstanz vom 08.04.2014 zu verurteilen, bei der Klägerin unter Abänderung des Bescheids des Landratsamts Konstanz - Amt für Gesundheit und Versorgung - vom 13.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 17.05.2013 einen Grad der Behinderung von 50 seit dem 30.05.2012 festzustellen, hilfsweise gemäß § 109 SGG ein Gutachten bei Dr. M., wie im Schriftsatz vom 23.01.2015 beantragt, einzuholen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte tritt der Berufung entgegen und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Insbesondere habe das SG hierzu zu Recht festgestellt, der Teil-GdB von 30 für die psychischen Beeinträchtigungen der Klägerin sei aufgrund der Tatsache, dass diese in der Lage sei, alleine in ihrer Wohnung zu leben, den Haushalt zu versorgen und vollschichtig zu arbeiten, nicht zu knapp bemessen. Ein GdB von 50 setze schwere psychische Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten voraus, welche vorliegend nicht erkennbar seien. Zudem sei hinsichtlich des Knieschadens mit vorhandener Chondromalazie Grad III nach Aktenlage kein höherer GdB als 10 gerechtfertigt, zumal die Klägerin bei dem von ihr benannten Orthopäden Dr. S. letztmalig im Juli 2006 vorstellig gewesen sei.

Mit Schreiben vom 13.08.2014 hat der vormals zuständige Berichterstatter darauf hingewiesen, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht beabsichtigt seien und für die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG eine Frist bis zum 30.09.2014 gesetzt. Die vom Klägervertreter mit Schriftsatz vom 29.09.2014 beantragte Fristverlängerung um einen Monat ist mit Schreiben des Senats vom 30.09.2014 antragsgemäß gewährt worden.

Mit Schriftsatz vom 15.10.2014 hat der Klägervertreter die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG beantragt und nach gerichtlicher Aufforderung vom 16.10.2014 mit Schriftsatz vom 22.10.2014 Dr. Z. als Arzt benannt.

Mit dem Klägervertreter gegen Empfangsbekenntnis am 29.10.2014 zugestellten Schreiben des Senats vom 28.10.2014 ist für die Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 1.800,00 EUR eine Frist bis 30.11.2014 gesetzt worden. Die Landesoberkasse Baden-Württemberg hat mit am 11.12.2014 eingegangener Zahlungsanzeige vom 04.12.2014 mitgeteilt, dass der Kostenvorschuss in Höhe von 1.800,00 EUR am 03.12.2014 eingezahlt worden ist. Daraufhin hat der Senat die am 10.12.2014 erfolgte Terminsbestimmung zur mündlichen Verhandlung auf den 30.01.2015 am 15.12.2014 aufgehoben und mit Beweisanordnung vom 17.12.2014 Dr. Z. zum Sachverständigen bestimmt.

Dr. Z. hat mit Schreiben vom 22.12.2014 mitgeteilt, dass er sich aus zeitlichen Gründen außerstande sehe, das Gutachten zu erstellen und hat die Unterlagen zurückgesandt. Mit Fax vom 23.01.2015 hat die Klägerin beantragt, Dr. M. als Sachverständigen nach § 109 SGG zu bestimmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogene Akte des SG und die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber nicht begründet.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 08.04.2014 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Landratsamts Konstanz - Amt für Gesundheit und Versorgung - vom 13.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 17.05.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50 seit dem 30.05.2012.

Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412) mit den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die zunächst nach Funktionssystemen (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG) getrennt, später nach § 69 Abs. 3 SGB IX in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind.

Die im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche (vgl. dazu Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG) bestehenden Behinderungen sind mit der vom SG vorgenommenen Bewertung mit einem Einzel-GdB von 30 jedenfalls nicht zu Lasten der Klägerin rechtswidrig.

Nach Teil B Nr. 3.7 VG sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem Teil-GdB von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem Teil-GdB von 30 bis 40 und schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 80 bis 100 zu bewerten. Die Klägerin leidet nach den schlüssigen Ausführungen des vom SG eingeholten Gutachtens des Facharztes für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie sowie Innere Medizin Dr. G. vom 27.01.2014 unter einer Angst-/Panikstörung mit Agoraphobie. Eine ausgeprägte depressive Störung, eine auffallende somatoforme Störung oder eine andere auffallende psychische Störung konnte Dr. G. hingegen nicht feststellen. Bei der Untersuchung durch Dr. G. war die Klägerin allseits orientiert und bewusstseinsklar. Die Stimmungslage erschien situationsadäquat und unauffällig. Die Klägerin war in affektiver Hinsicht ausreichend schwingungsfähig. Sie hatte nur einmal einen kurzen Weindurchbruch bei der Schilderung der Erkrankung ihres Partners. Sie konnte ihre lebensgeschichtlichen Daten soweit nachvollziehbar regelrecht reproduzieren. Es fanden sich keine Hinweise für formale oder inhaltliche Denkstörungen. Eine ausreichende Hedonie war vorhanden. Es fanden sich Hinweise für leichtere psychosoziale Rückzugstendenzen (Meidung von Freizeitbädern und Menschenansammlungen). Es fanden sich aber keine Hinweise für Störungen der Merkfähigkeit, des Erinnerungsvermögens, des Wahrnehmungsvermögens oder der Auffassungsfähigkeit; ebenso wenig suizidale Tendenzen. Die Klägerin ist in der Lage, alleine in ihrer Wohnung zu leben und im Wesentlichen ihren Alltagsverrichtungen unproblematisch nachzugehen. Soziale Einschränkungen ergeben sich dahingehend, dass die Klägerin wegen einer Angst vor Panikattacken z.B. Freibäder oder größere Veranstaltungen mit Menschenansammlungen meidet. Weiter vermeidet es die Klägerin, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Zudem vermeidet sie aufgrund der Panikattacken auch weitere Autofahrten. So fährt sie selbst höchstens im Stadtbereich Konstanz. Jedoch ist die Klägerin seit Dezember 2006 in Vollzeit als Sekretärin in einer Anwaltskanzlei in Konstanz tätig. Die Arbeit macht ihr Spaß und sie fühlt sich dort wohl. Weiter hat die Klägerin einen Lebenspartner, den sie zwischenzeitlich geheiratet hat. Zwar hat die Klägerin gegenüber Dr. G. angegeben, sie habe ihren Lebensgefährten nur wegen dessen schwerer Erkrankung in aller Stille und ohne Feierlichkeiten geheiratet. Jedoch beschreibt sie gegenüber dem Gutachter ein normales Verhältnis zu ihrem jetzigen Ehemann. So beabsichtige sie, mit ihm zusammenzuziehen und verbringe zusammen mit ihm Freizeit. Sie gehen zusammen shoppen, machen Stadtbummel, gehen zusammen essen und machen Spaziergänge im Wald oder verbringen Zeit im Garten. Weiter unternimmt die Klägerin zusammen mit ihrem Partner auch Flugreisen, allerdings mit kürzeren Flugzeiten. So muss sie wegen ihrer Panikattacken vor den Flugreisen das Medikament Tavor einnehmen und sich im Flugzeug mit Filmeschauen, Spielen, oder Musikhören ablenken. Sie ist zuletzt im September mit ihrem Partner nach Barcelona geflogen und beabsichtigt nach Abschluss der Chemotherapie ihres Partners eine weitere Flugreise mit nicht allzu langen Flugzeiten. Weiter hat die Klägerin einen Sohn, zu dem sie nach eigenen Angaben ein sehr gutes Verhältnis hat.

Danach verkennt der Senat nicht, dass die Klägerin aufgrund ihrer Panikattacken, die gegenüber Dr. G. in einer Quantität von circa einmal pro Woche geschildert werden, ein spezifisches Vermeidungsverhalten hat. Doch sind weitergehende generelle Einschränkungen nicht ersichtlich und die konkreten Angstzustände der Klägerin vermag sie jedenfalls teilweise mit den von ihr entwickelten Kompensationstechniken zu überwinden. So ist sie, wie ausgeführt, beispielsweise bei Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und längeren Autofahrten als Selbstfahrerin sowie bei längeren Flugreisen eingeschränkt. Jedoch ergeben sich nach Auffassung des Senats aus der Gestaltung des beruflichen und privaten Alltags mit entsprechender Freizeitgestaltung und sozialen Kontakten der Klägerin keine wesentlichen Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit.

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass eine intensive psychiatrische Behandlung nicht durchgeführt wird (vgl. dazu die Rechtsprechung des Senats, Urteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10 -; juris Rn. 31). So geht die Klägerin lediglich vierteljährlich zu dem Neurologen/Psychiater Dr. Z. zur Konsultation und etwa ein- bis zweimal jährlich zur Konsultation zur Psychologin Frau Stier. Bislang ist auch lediglich im Jahr 2012 eine stationäre psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt worden. Seitdem ist eine anhaltende, längerdauernde Verhaltenstherapie nicht durchgeführt worden. Eine Verhaltenstherapie mit Expositionsübungen ist bislang noch gar nicht durchgeführt worden. Weiter sprechen die von der Klägerin eingenommenen Medikamente gegen eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. So benutzt die Klägerin Tavor als Notfallmedikament, wenn sie in den Urlaub fliegt. Im Alltag nimmt die Klägerin ab und zu abends eine Tablette Doxepin 25 mg bei Auftreten von Spannungen oder Ängsten. Weitere Medikamente nimmt die Klägerin nicht ein. Nach alledem konnte der Senat eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht feststellen. So beschreibt auch Dr. G. lediglich leichtere psychosoziale Rückzugstendenzen (vgl. Bl.24 des Gutachtens von Dr. G.). Soweit der Klägervertreter mit der Berufungsbegründung darauf verweist, dass die Klägerin allenfalls nur noch kurze Flugreisen zu einem nicht weit abgelegenen Urlaubsziel unternimmt und es vermeidet, Fahrten im Bus oder Zug zu unternehmen, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Diese Schilderungen sind bei der Begutachtung durch Dr. G. bereits berücksichtigt. Eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ergibt sich hieraus nicht. Soweit der Klägervertreter weiter auf den vom Beklagten im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eingeholten Befundbericht des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. Z. vom 03.08.2012 verweist, folgt daraus nichts anderes. Dr. Z. führt darin aus, die Klägerin sei aufgrund der seelischen Störungen nicht mehr in der Lage, adäquat am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, weshalb aus nervenärztliche Sicht ein GdB von 50 angemessen sei. Diese Beurteilung von Dr. Z. erscheint dem Senat aufgrund der von der Klägerin gegenüber dem Gerichtsgutachter Dr. G. geschilderten Alltags-, Berufs- und Freizeitbetätigungen nicht nachvollziehbar. Hierbei kann der Senat die von Dr. G. wiedergegebenen Angaben der Klägerin zur Teilnahme an der Straßenfasnacht in Konstanz und damit verbundene Restaurantbesuche unberücksichtigt lassen, obgleich diese von der Klägerin jetzt bestrittenen Ausführungen des Sachverständigen zu absehbar bevorstehenden Ereignissen (Untersuchungszeitpunkt war am 18.01.2014) passen und nahe liegen sowie nach Vorlage des Gutachtens nicht alsbald als angebliches Missverständnis bereits vor dem SG gerügt wurden, zumal hierzu Anlass bestanden hätte, denn die praktizierte Freizeitgestaltung wird vom Sachverständigen neben anderen Umständen bei der Einstufung der Erkrankung mit nur leichter Rückzugstendenz ausdrücklich erwähnt. Die Klägerin ist danach trotz der durch die Panikattacken bedingten Einschränkungen sehr wohl in der Lage, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Die Einschätzung durch Dr. Z. lässt eine Orientierung an den VG vermissen.

Nach alledem ist der vom Beklagten für das Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche festgesetzte Teil-GdB von 30 nach Auffassung des Senats relativ großzügig bemessen und zumindest nicht zu Lasten der Klägerin rechtswidrig.

Im Funktionssystem der Beine ist zunächst für den Knorpelschaden am rechten Kniegelenk ein Teil-GdB von 10 anzusetzen. Nach Teil B Nr. 18.14 VG ist für ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke (z.B. Chondromalazia patellae Stadium II bis IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen einseitig ohne Bewegungseinschränkung ein Teil-GdB von 10 bis 30 und für eine Bewegungseinschränkung im Kniegelenk geringen Grades (z.B.Streckung/Beugung bis 0-0-90) einseitig ein Teil-GdB von 0 bis 10 festzusetzen. Die Klägerin leidet unter einer Chondromalazie Grad III am medialen Femurcondylus rechts, weswegen am 23.03.2011 im Vincentius-Krankenhaus in Konstanz eine arthroskopische Knorpelglättung vorgenommen worden ist. Ausweislich des Entlassungsberichts des Vincentius-Krankenhauses vom 07.04.2011 zeigte das rechte Kniegelenk eine kleine Schwellung mit ein wenig Ergussbildung und Patelladruck- und Verschiebeschmerz. Die Beweglichkeit betrug bei Aufnahme 0-0-125 (Extension/Flexion). Der peri- und postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationslos. Die Klägerin wurde in ordentlichem Allgemeinzustand weitgehend schmerzfrei mit intakter Motorik und Sensibilität entlassen. Im Reha-Entlassbericht der Luisenklinik B. D. vom 13.06.2012 über die vom 03.05.2012 bis 06.06.2012 durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme ist eine freie Beweglichkeit der unteren Extremitäten ohne Schwellung, ohne Rötung und ohne Atrophien beschrieben (Bl. 6 des Reha-Entlassberichtes auf Bl. 15 der Verwaltungsakte). Bei der Begutachtung durch Dr. G. gab die Klägerin den Knieschaden rechts an, machte diesbezüglich jedoch keine Schmerzangaben, sondern gab an, sie könne durchaus längere Spaziergänge unternehmen. Dr. G. konnte auch keine auffallende Funktionsminderung feststellen, insbesondere keine funktionelle Einschränkung bei Beugung/Streckung und keine Schwellungszustände (vgl. S. 28 und 38 des Gutachtens von Dr. G.). Damit kann mangels Bewegungseinschränkungen und anhaltender Reizerscheinungen aufgrund des Knorpelschadens im rechten Kniegelenk allenfalls ein Teil-GdB von 10 zuerkannt werden. Soweit der Klägervertreter mit der Berufungsbegründung vorträgt, die VBG habe mit Bescheid vom 07.03.2012 einen erheblichen Knorpelschaden im Grundsatz ausdrücklich anerkannt, ergibt sich daraus nichts anderes. Für die Bewertung des GdB sind alleine die funktionellen Einschränkungen maßgeblich. Irrelevant hingegen ist, ob der Knorpelschaden unfallversicherungsrechtlich als Arbeitsunfall anerkannt ist oder nicht. Der Klägervertreter hat lediglich vorgetragen, dass der erhebliche Knorpelschaden mit Schmerzen einhergeht. Diesbezüglich schließen nach Teil A Nr. 2 Buchst. j) VG die in der GdB-Tabelle angegebenen Werte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigten auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. Eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit ist weder vorgetragen noch aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen ersichtlich. Eine weitere Verschlechterung bzw. Funktionsbeeinträchtigung trägt der Klägervertreter hingegen nicht vor. Eine Funktionseinschränkung ist wie ausgeführt den medizinischen Unterlagen nicht zu entnehmen, sodass der Knorpelschaden des rechten Kniegelenks allenfalls mit einem Teil-GdB von 10 bewertet werden kann.

Wegen der von Dr. M.-F. im Befundbericht vom 19.07.2012 diagnostizierten beginnenden Coxarthrose rechts mit Trochanterinsertionstendopathie (Bl. 29 der Verwaltungsakte) kann allenfalls ein Teil-GdB von 10 angenommen werden. Nach Teil B Nr. 18.14 VG ist bei einer einseitigen Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis zu 0-10-90 mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit) ein Teil-GdB von 10 bis 20 zu vergeben. Während im Reha-Entlassbericht der Luisenklinik B. D. vom 13.06.2012 noch eine freie Beweglichkeit der unteren Extremitäten beschrieben ist (Bl. 15 der Verwaltungsakte), gibt Dr. M.-F. im Befundbericht vom 19.07.2012 eine endgradige Rotationseinschränkung der Hüftgelenke an. In diesem Befundbericht sind folgende Bewegungsausmaße angegeben: 110-0-0 (Flexion/Extension), 60-0-30 (Ab-/Adduktion) sowie 30-0-20 (Außenrotation/Innenrotation). Dies entspricht einem geringfügigen Streckdefizit und einer endgradigen Einschränkung der Rotationsfähigkeit der Hüftgelenke, was allenfalls einen GdB von 10 rechtfertigen kann. Gegenüber dem Gutachter Dr. G. hat die Klägerin bei der Untersuchung keine Schmerzen angegeben. Auch Dr. G. schätzt den GdB für die beginnende Coxarthrose mit 10 ein. Weitere Funktionsbeeinträchtigungen an der Hüfte trägt die Klägerin nicht vor. Damit ist für die Funktionseinschränkung der Hüftgelenke allenfalls ein Teil-GdB von 10 zu vergeben.

Im Funktionssystem der Beine (vgl Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG) ist insgesamt ein GdB von 10 zu vergeben. Dabei war zu beachten, dass leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nach Teil A Nr. 3 Buchst. d) ee) VG nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen.

Im Funktionssystem der Arme kann für die periphere Nervenläsion des Handrückens links mit Ausstrahlung ein Teil-GdB von 10 angenommen werden. Nach Teil B Nr. 18.13 VG sind vollständige Nervenausfälle des Nervus radialis und medianus mit einem Teil-GdB von 50 zu berücksichtigen. Teilausfälle der genannten Nerven sind entsprechend geringer zu bewerten. Gegenüber Dr. G. hat die Klägerin angegeben, sie habe durch einen Sturz in eine Glastüre im Jahr 2011 eine Schnittverletzung am linken Handrücken erlitten. Diesbezüglich habe sie ausgeprägte Schmerzen im Bereich des linken Handrückens mit Ausstrahlung bis in den Unterarm, maximal bis in den Bereich des Ellbogengelenks. Weiter bestehe eine ausgeprägte Berührungsüberempfindlichkeit im Bereich des linken Handrückens, was sich bis in den dorsalen Unterarm ausdehne. Zudem gab sie eine ausgeprägte Dysästhesie und Hyperpathie im Bereich von Handrücken und Unterarm an. Dr. G. stellte demgegenüber fest, dass die Klägerin beim Händedruck links und rechts keinen Schmerz geäußert hat. Bezüglich der Kraftentfaltung hatte Dr. G. den Eindruck, dass diese links gegenüber rechts geringgradig reduziert schien, wobei der Faustschluss wie auch die Streckung der Finger unproblematisch und vollständig erfolgen konnten. Auch beim Ankleiden konnte Dr. G. eine Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand nicht feststellen. So konnte sich die Klägerin mühelos ankleiden, das Zuknöpfen etwa der Bluse geschah unter Zuhilfenahme der linken Hand ohne Einschränkung. Hypotrophien oder Atrophien im Bereich der Muskulatur des Unterarmes oder der Hand waren nicht feststellbar. Auch war kein auffallender Tremor erkennbar und die Diadochokinese beider Hände wurde unauffällig durchgeführt. Damit führt die periphere Nervenläsion im Bereich des Handrückens nach Auffassung des Senats nicht zu einer wesentlichen Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der linken Hand der Klägerin. Somit kann hierfür allenfalls ein Teil-GdB von 10 im Funktionssystem der Arme angesetzt werden.

Schließlich kann im Funktionssystem Herz und Kreislauf für den Bluthochdruck der Klägerin ein Teil-GdB von 10 angenommen werden. Nach Teil B Nr. 9.3 VG bedingt eine leichte Form des Bluthochdrucks ohne oder mit nur geringer Leistungsbeeinträchtigung (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) einen Teil-GdB von 0 bis 10 und eine mittelschwere Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen -Fundus hypertonicus I-II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung einen Teil-GdB von 20 bis 40. Der vom SG als sachverständiger Zeuge gehörte Internist Dr. Sch. hat am 22.07.2013 mitgeteilt, dass die Blutdruckwerte im oberen normotonen Bereich gelegen hätten. Eine Organbeteiligung ist hingegen nicht dokumentiert. Die von Dr. G. vorgenommene Blutdruckmessung ergab einen Wert von RR 165/100 mmHg. Auch im Gutachten von Dr.Großmann ist keine Organbeteiligung dokumentiert. Damit ist für den Bluthochdruck ohne Folgeschädigung allenfalls ein Teil-GdB von 10, wie auch von Dr. G. angenommen, zu veranschlagen.

Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht, noch konnte der Senat solche feststellen.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Arztauskünfte und ärztlichen Unterlagen bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Der Senat hält deshalb weitere Ermittlungen nicht mehr für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und dem Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs.1 ZPO), denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Die vom Klägerbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 16.06.2014 unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung, die Angststörung und die depressive Störung der Klägerin habe sich chronifiziert, mit einer erneuten depressiven Dekompensation sei zu rechnen, aufgrund der seelischen Störung könne die Klägerin nicht mehr adäquat am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, hat der Senat auf der Grundlage der von Dr. G. erhobenen Befunde als wahr unterstellen können. Zur Anhörung des Dr. Z. als sachverständiger Zeuge oder des Ehemanns der Klägerin als Zeuge sah sich der Senat daher nicht gedrängt. Insbesondere war auch die vom Klägervertreter beantragte Beiziehung der Akten des Sozialgerichts Konstanz im Verfahren S 6 U 1014/13 nach Auffassung des Senats nicht notwendig. In diesem Rechtsstreit ist lediglich die Anerkennung eines Arbeitsunfalls vom 16.02.2011 streitgegenständlich. Für die hier allein maßgeblichen Funktionsbeeinträchtigungen ist die Frage nach der Anerkennung eines Arbeitsunfalls jedoch irrelevant. Die vorliegenden medizinischen Unterlagen waren, wie ausgeführt, ausreichend, um die Funktionsbeeinträchtigungen hinreichend beurteilen zu können. Daher bestand auch keine Veranlassung, ein orthopädisches Gutachten von Amts wegen einzuholen.

Der Senat sah sich auch nicht veranlasst, dem zuletzt in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag der Klägerin auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG stattzugeben. Hierbei handelt es sich um einen wiederholenden Antrag, dem nur unter bestimmten Umständen zu folgen ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage § 109 Rn. 10b). Mit richterlicher Verfügung vom 28.10.2014 war der Klägerin aufgegeben worden, einen Kostenvorschuss i.H.v. 1800 EUR bis 30.11.2014 einzuzahlen, wovon die nach § 109 SGG beantragte Ernennung des Dr. Z. zum Sachverständigen abhängig gemacht worden ist. Der Kostenvorschuss ging bei der Landesoberkasse nach Fristablauf am 04.12.2014 ein, Einzahlungstag war Mittwoch, der 03.12.2014. Gleichwohl wurde der mit Terminsbestimmung vom 10.12.2014 anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung am 30.01.2015 zunächst aufgehoben (Terminsverfügung vom 15.12.2014) und mit Beweisanordnung vom 17.12.2014 Dr. Z. zum Sachverständigen bestimmt. Nachdem Dr. Z. mitgeteilt hatte, er könne aus zeitlichen Gründen kein Gutachten erstatten (Schreiben vom 22.12.2014), war die Beweisanordnung nach § 109 SGG erledigt, denn die Fristüberschreitung zur Einzahlung des Kostenvorschusses war nur in Ansehung des Antrags auf Begutachtung durch Dr. Z. hingenommen und deshalb der bereits anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben worden. Nachdem die beantragte Beweisaufnahme durch Erstattung eines Gutachtens von Dr. Z. wegen Überlastung dieses Arztes nicht mehr weiterverfolgt wird, ist eine deshalb wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG nicht gerechtfertigt, insoweit ist das Antragsrecht verbraucht (Keller a.a.O.).

Darüber hinaus ist der zweite Antrag nach § 109 SGG auf Bestimmung von Dr. M. zum Sachverständigen auch aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden (§ 109 Abs. 2 SGG). Mit Terminsbestimmung vom 30.12.2014 war erneut Termin zur mündlichen Verhandlung am 30.01.2015 anberaumt worden, die Stattgabe der erneuten Antragstellung nach § 109 SGG hätte den Rechtsstreit verzögert. Diese Verzögerung ist von der Klägerin auch verschuldet, denn der Kostenvorschuss war nicht rechtzeitig eingezahlt worden und es war versäumt worden, sicherzustellen, dass der zunächst genannte Arzt auch zu einer zeitgerechten Gutachtenerstattung bereit war. Dies hätte sich der anwaltlich vertretenen Klägerin auch gerade durch die erfolgte Terminsbestimmung vom 10.12.2014 aufdrängen müssen, weshalb die Nachbenennung des Dr. M. insbesondere im Hinblick auf die Terminsbestimmung zum 30.01.2015 schuldhaft verzögert erfolgt ist; abgesehen davon ist mit der Terminsbestimmung vom 30.12.2014, beim Klägerbevollmächtigten eingegangen am 09.01.2015, eine Prozesslage eingetreten, wodurch ein Antrag nach § 109 SGG unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, zu stellen gewesen wäre, was mit dem erst zwei Wochen nach Zugang der Ladung beim Landessozialgericht am 23.01.2015 eingegangenen Antrag nicht der Fall ist.

Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen mit 30, gebildet aus Teilwerten von

- 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen des Funktionssystems Gehirn einschließlich Psyche (Angst-/Panikstörung mit Agoraphobie), - 10 für das Funktionssystem der Beine (Knorpelschaden im rechten Kniegelenk bei Chondromalazie Grad III sowie beginnende Coxarthrose rechts), - 10 für das Funktionssystem der Arme (periphere Nervenläsion des Handrückens links mit Ausstrahlung) sowie - 10 für das Funktionssystem Herz und Kreislauf (Bluthochdruck), wobei Teil-GdB-Werte von 10 gemäß Teil A, Nr. 3 Buchst. d) ee) regelmäßig nicht erhöhend wirken zu bemessen.

Damit hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Feststellung eines GdB von 50.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Saved