L 9 U 2905/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 129/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 2905/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 26. Juni 2012 wird hinsichtlich der Verhängung von Verschuldenskosten aufgehoben.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung der Halswirbelsäulenbeschwerden des Klägers als Berufskrankheit (BK) sowie die Verhängung von Verschuldenskosten durch das Sozialgericht Mannheim (SG).

Der am 13.10.1964 geborene Kläger arbeitete ab 1984 nach Vollendung seiner Lehrzeit als Polier und Facharbeiter auf dem Bau in verschiedenen Firmen, ehe er ab Februar 2001 eine Tätigkeit als Mitarbeiter für die Produktion bei der Firma P. Stanz- und Klebetechnik in Sinsheim aufnahm. Hier war er für das Bestücken der Schneidemaschine, Verpacken der Klebebänder sowie das Schneiden der Stangenware zuständig. Ab dem 30.12.2009 bestand Arbeitsunfähigkeit wegen eines Bandscheibenvorfalls C5/6. Mittlerweile hat der Kläger seine Arbeitsstelle gekündigt.

Auf Veranlassung des Klägers meldete die Firma P. Stanz- und Klebetechnik das mögliche Vorliegen einer BK in Form eines Bandscheibenvorfalles. Im Rahmen des telefonischen Erstkontakts am 10.03.2011 gab der Kläger gegenüber der Beklagten an, an computergesteuerten Maschinen zu arbeiten, Klebebänder würden geschnitten. Er müsse Klebestangen auf die Maschine auflegen, die zu 90 % zwischen 10 und 30 kg wögen. Es komme auch vor, dass die Stangen 70 kg wögen, diese würden dann zu zweit gehoben. Die Stangen müssten nach oben auf die Maschine gehoben werden, und dadurch sei die Erkrankung an der Halswirbelsäule entstanden. Weiterhin gab der Kläger in einem Fragebogen zum Heben und Tragen von Lasten am 15.03.2011 an, er habe täglich in Massen die Stangenwaren zwischen 10 bis ca. 35 kg stemmen müssen. Hinzu komme das tägliche Verpacken der Klebebänder in Kartons mit einem Gewicht von durchschnittlich 20 kg. Zu 90 % sei hierbei sein linker Arm belastet worden durch das Bestücken der Schneidemaschine. Täglich seien Lasten bis 35 kg zu heben gewesen, des Öfteren auch solche zwischen 35 bis 40 kg, vereinzelt solche zwischen 40 bis 50 kg. Ergänzend ließ der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten mitteilen (Schreiben vom 31.05.2011), Lasten mit 50 kg oder mehr seien nicht getragen worden. Klarzustellen sei überdies, dass lediglich die Tätigkeit bei der Fa. P. wirbelsäulenbelastend gewesen sei.

Der von der Beklagten befragte behandelnde Neurologe Dr. H. teilte im Bericht vom 19.03.2011 mit, es liege eine C6-Radiculopathie links infolge eines NPP C5/6 vor. In ihrem Bericht vom 22.03.2011 führte die behandelnde Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. aus, der beim Kläger erhobene Befund laute Diskusprolaps C5/6. Der Kläger habe angegeben, beruflich 20 bis 25 kg schwere Stangen stemmen zu müssen, überwiegend mit dem linken Arm.

Mit Bescheid vom 08.08.2011 stellt die Beklagte fest, dass keine BK nach Nr. 2109 der Berufskrankheiten-Liste vorliege und dementsprechend auch Ansprüche auf Leistungen nicht bestünden. Dies gelte auch für Leistungen oder Maßnahmen, die geeignet seien, dem Entstehen einer BK entgegenzuwirken. Berufskrankheiten (BKen) nach Nr. 2109 der Berufskrankheiten-Liste seien bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch das Tragen schwerer Lasten auf der Schulter. Als schwer gelten hierbei Lasten mit einem Gewicht von wenigstens 50 kg. Der Kläger habe jedoch keine solch schweren Lasten getragen bzw. nicht in einem erheblichen Anteil der täglichen Arbeitszeit, sodass Ansprüche gegen die BG nicht bestünden.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein (Schreiben vom 07.10.2011) mit der Begründung, es habe eine erhebliche Belastung vorgelegen und er habe wahrheitsgemäße Angaben gemacht und darauf hingewiesen, dass er ständig schwere Lasten habe tragen müssen. Dieses sei in Form eines Stemmens erfolgt. Es hätte ein Gutachten über die Kausalität eingeholt werden müssen.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2011 mit der Begründung zurück, der Klägerbevollmächtigte habe mit Schreiben vom 31.05.2011 mitgeteilt, dass keine Lasten mit 50 kg oder mehr getragen worden seien. Auch der Kläger habe selber in dem entsprechenden Fragebogen angegeben, keine Lasten mit wenigstens 50 kg auf der Schulter getragen zu haben. Daher sei zutreffend festgestellt worden, dass bei ihm schon die arbeitstechnischen Voraussetzungen zum Entstehen einer berufsbedingten Erkrankung der Halswirbelsäule nicht vorlägen. Die Einholung eines Gutachtens zur Frage der Kausalität sei bei diesem Sachverhalt nicht erforderlich.

Hiergegen hat der Kläger am 11.01.2012 Klage vor dem SG erhoben mit der Begründung, er habe ständig große Rollen von rechts nach links in eine Maschine einschieben müssen, wie sich aus dem beigefügten Gutachten des Dr. H. (Gutachten im Auftrag der Union Krankenversicherung) vom 15.11.2010 ergebe. Eine Rolle habe bis zu 35 kg gewogen, sodass es sich um eine äußerst belastende und einförmige Tätigkeit gehandelt habe. Der Kläger selber habe in seinem Fragebogen darauf hingewiesen, dass seine Arbeit aus dem Bestücken der Schneidemaschine, dem Verpacken der Klebebänder und Schneiden der Stangenware bestanden habe, wobei er diese Stangenwaren, die jeweils etwa ein Gewicht von 10 bis ca. 45 kg gehabt hätten, mit den eigenen Armen habe stemmen müssen. Überdies seien Verpackungsarbeiten zu verrichten gewesen, wobei selbst die Kartons je etwa 20 kg gewogen hätten. Durch die ausschließlich den linken Arm belastende Arbeit von 90 % durch das Bestücken der Schneidemaschine sei es zu den Gesundheitsschäden gekommen. Bevor der Kläger bei der Fa. P. gearbeitet habe, habe er unter keinen Problemen an der Bandscheibe gelitten, sodass die mehr als 50 %ige Erwerbsunfähigkeit, die ärztlich festgestellt worden sei, einzig und allein auf die Arbeit bei der Fa. P. zurückzuführen sei. Die Argumentation, dass der Kläger nicht ständig mehr als 50 kg getragen habe und somit auch eine BK nicht vorliegen könne, sei nicht nur realitätsfremd, sondern schließe auch nicht aus, dass dennoch eine BK vorliegen könne, wenn man so gearbeitet habe wie der Kläger. Der Kläger habe wie ein Fleischträger ständig mit seiner Schulter Stangenwaren stemmen müssen. Hinzuweisen sei auch auf das Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 30.10.2007 (B 2 U 4/06), worin dieses in Bezug auf das Mainz-Dortmunder Dosismodell (MDD) zur Beurteilung einer BK Nr. 2108 darauf hingewiesen habe, dass die wissenschaftlichen Grundlagen und Berechnungsmethoden der weiteren Überprüfung bedürften und dass nach neuen Untersuchungen die Ergebnisse darauf hindeuteten, dass auch unterhalb der Orientierungswerte nach dem MDD ein erhöhtes Risiko für bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS bestehen könnten.

Mit Gerichtsbescheid vom 26.06.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und gleichzeitig dem Kläger Kosten in Höhe von 400,00 EUR gem. § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auferlegt. In Bezug auf das Vorliegen einer Wie-BK sei die Klage bereits unzulässig, im Übrigen unbegründet. Typisches Beispiel für den Anwendungsfall der BK 2109 sei die Tätigkeit der Fleischträger, die Tierhälften auf dem Kopf bzw. dem Schultergürtel trügen. Nach vorn und seitwärts erzwungene Kopfbeugehaltung und gleichzeitiges Anspannen der Nackenmuskulatur stellten die maßgeblichen schädigenden Faktoren dar. Nicht erfasst würden Tätigkeiten, bei denen die Last nicht auf der Schulter aufliege, sondern über Kopf und Schulter hochgehalten bzw. gestützt werde. So ergebe sich für die BK 2109 ein enger Anwendungsbereich, zumal für das Lastgewicht im Merkblatt für die ärztliche Untersuchung ein Grenzwert von 50 kg angegeben werde. Derartige Tragetätigkeiten habe der Kläger im Rahmen der von ihm für seine bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule allein in Bezug genommenen Tätigkeit bei der Fa. P. nicht ausgeführt. Er habe Hebetätigkeiten für seine Wirbelsäulenerkrankung verantwortlich gemacht und Stangenwaren mit einem Gewicht von 10 bis 30, 35 oder 45 kg hochstemmen müssen, jedoch ohne nach vorn und seitwärts erzwungene Kopfbeugehaltung und gleichzeitiges Anspannen der Nackenmuskulatur. Vielmehr habe der Kläger angegeben, die Tätigkeit belaste ausschließlich den linken Arm mit 90 %. Aus dem Gutachten des Dr. H. vom 15.11.2010 folge nichts anderes. Die Voraussetzungen für eine Auferlegung von Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG lägen vor, da die Rechtsverfolgung im vorliegenden Fall missbräuchlich und der Kläger hierüber belehrt worden sei. Auf die weiteren Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen den am 29.06.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 06.07.2012 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und vorgetragen, der sachliche Schutzbereich der BK Nr. 2109 sei nicht im Sinne einer Exklusivität ausschließlich auf das Berufsbild des Fleischträgers beschränkt, sondern es fielen auch andere Berufstätigkeiten mit vergleichbaren Verrichtungen und einem vergleichbaren Belastungsprofil in den Schutzbereich. Die Tätigkeit des Klägers sei im erheblichen Umfang geprägt gewesen durch Bewegungsabläufe wie Tragen, Heben, Stemmen von Stangenwaren mit erheblichem Gewicht. Der Kläger habe Maschinen bestücken und die zu bearbeitenden Stangenwaren auf die Maschine auflegen müssen, wobei die Stangen überwiegend 10 und 30 kg, aber auch durchaus über 70 kg gewogen hätten. Die Stangen hätten über Kopf auf die Maschine gehoben werden müssen, wodurch die Erkrankung der Halswirbelsäule einwirkungskausal verursacht worden sei. Der Kläger habe früher auch 20 Jahre lang Tätigkeiten auf dem Bau verrichtet, wobei Baumaterial und Zementsäcke gehoben worden seien. Die chronischen degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen. Damit die zylinderförmige Stangenware habe griffig gemacht werden können, um nicht von der Schulter auszurollen, habe der Kläger eine spezifische Kopfhaltung durch eine seitliche Klemmbewegung des Kopfes einnehmen müssen. Das Gericht habe daher das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen einer BK Nr. 2109 zu Unrecht verneint. Überdies liege eine missbräuchliche Rechtsverfolgung i. S. d. § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht vor, da das bloße Weiterprozessieren hierfür nicht ausreichend sei, wenn der Beteiligte die Hoffnung auf einen günstigen Ausgang noch nicht aufgegeben habe, auch wenn er unbelehrbar und uneinsichtig sei, sofern seine Uneinsichtigkeit nicht ein besonders hohes Maß erreiche. Das SG habe den Anspruch auf rechtliches Gehör sowie die Verfahrensgrundsätze der Amtsermittlung, der Unmittelbarkeit und der Mündlichkeit verletzt, da eine Parteivernehmung zur Sachaufklärung förderlich und sachdienlich gewesen wäre. Auch verstoße die Entscheidung gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung gem. § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG und den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG).

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 26. Juni 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2011 aufzuheben und festzustellen, dass bei dem Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt und die aus der entsprechenden Berufskrankheit resultierenden Leistungsansprüche bestehen,

hilfsweise festzustellen, dass beim Kläger wegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Halswirbelsäule eine Wie-Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 SGB VII vorliegt,

hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Maßnahmen und Leistungen nach § 3 der Berufskrankheitenverordnung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat dargelegt, dass nur Lasten mir einem Gewicht von wenigstens 50 kg in Bezug auf die BK Nr. 2109 berücksichtigt werden dürften und dass das Stemmen von Lasten sowie das über Kopf auf eine Maschine Heben nicht einem Tragen von schweren Lasten auf der Schultern entspreche.

Mit Schreiben vom 30.04.2013 bzw. 05.06.2013 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung gem. § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, jedoch lediglich in Bezug auf die Verschuldenskosten begründet. Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide der Beklagten sowie der Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Mit Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat ohne mündlichen Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG). I.

Soweit der Kläger (hilfsweise) die Feststellung einer Wie-Berufskrankheit (Wie-BK) nach § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) beantragt, ist die Klage bereits unzulässig, worauf auch das SG zutreffend hingewiesen hat. Die Entscheidung darüber, ob ein vom Versicherten geltend gemachter Gesundheitsschaden den Tatbestand einer bestimmten in der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) aufgeführten BK oder einer Wie-BK erfüllt, ist durch (feststellenden) Verwaltungsakt zu treffen. Richtige Klageart ist damit die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach § 55 SGG, deren Erhebung jedoch die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens voraussetzt. Hieran fehlt es hier in Bezug auf die begehrte Wie-BK. Die Entscheidung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer BK bezieht sich stets auf eine bestimmte, genau definierte Krankheit, die der Verordnungsgeber aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII als BK bezeichnet und in der Anlage zur BKV unter einer eigenen Ordnungsnummer aufgelistet hat oder die nach § 9 Abs. 2 SGB VII im Einzelfall wie eine BK zu behandeln ist (vgl. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 22/03 R, Juris). Sie beinhaltet nicht gleichzeitig die Anerkennung oder Ablehnung anderer Listenkrankheiten, die bei dem Krankheitsbild des Versicherten möglicherweise ebenfalls in Betracht kommen könnten. Diese Beschränkung folgt schon daraus, dass für jede der in Frage kommenden Krankheiten eigene Voraussetzungen gelten und es gerade der Zweck des Verwaltungsverfahrens ist, das Vorliegen dieser Voraussetzungen bezogen auf das jeweilige Krankheitsbild zu prüfen. Da ein Verwaltungsakt über die Anerkennung des in Rede stehenden Gesundheitsschadens als Wie-BK nicht ergangen ist, fehlt eine zwingende Prozessvoraussetzung für eine darauf gerichtete Feststellungsklage.

II.

Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass bei ihm eine BK nach Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV besteht, ist richtige Klageart die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gem. § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Geht es zunächst nur um die Frage, ob eine bestimmte dauerhafte Erkrankung Berufskrankheit ist, sowie um die Feststellung der Entschädigungspflicht dem Grunde nach, steht im Entscheidungszeitpunkt nicht fest, welche der in Frage kommenden Leistungen (Krankenbehandlung, Rehabilitation, Verletztengeld, Verletztenrente u. a.) im konkreten Fall tatsächlich beansprucht werden können und für welchen Zeitraum sie ggf. zu erbringen sind. Insofern kommt dem weiteren Feststellungsbegehren des Klägers, dass wegen des Vorliegens der BK Leistungsansprüche bestehen, keine eigenständige Bedeutung zu (so zur Leistungsklage BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R; s. auch BSG, Urteil vom 28.04.2004, B 2 U 21/03 R, Juris).

Versicherungsfälle im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die Versicherte bei einer der in den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII genannten Tätigkeiten erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind, wobei sie auch bestimmen kann, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheiten ursächlich waren oder sein können. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber mit Erlass der Anlage 1 zur BKV, die eine Liste der Berufskrankheiten enthält, Gebrauch gemacht.

Unter Berücksichtigung dessen ergeben sich bei einer in der Anlage 1 zur BKV aufgeführten Erkrankung (Listen-BK) in der Regel folgende tatbestandliche Voraussetzungen, die ggf. bei einzelnen Listen-BK einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale versicherte Tätigkeit, Verrichtung, Einwirkungen und Krankheit müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für den nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhang genügt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht jedoch die bloße Möglichkeit eines Zusammenhanges (vgl. BSG, Urteile vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, und vom 27.06.2006, B 2 U 20/04 R, SozR 4-2700 § 9 Nr. 7 m.w.N.). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a.a.O.).

Bei der BK Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV handelt es sich um bandscheibenbedingte Erkrankungen der HWS durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Der Tatbestand der BK Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV bezeichnet die Voraussetzungen für die erforderlichen beruflichen Einwirkungen nicht anhand exakt definierter Wirkgrößen, sondern mittels unbestimmter Rechtsbegriffe. Deswegen ist es Aufgabe der Verwaltung und der Gerichte, solche unbestimmten Rechtsbegriffe unter Berücksichtigung der Gesetzes- bzw. Verordnungsmaterialien sowie anhand der Vorgaben der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen Merkblätter zu den einzelnen BKen näher zu konkretisieren. Ausgehend hiervon beinhaltet der Tatbestand der BK Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV für das Vorliegen der beruflichen Einwirkungen, die im Vollbeweis vorliegen müssen, folgende Voraussetzungen (s. hierzu und zum Folgenden: BSG, Urteil vom 04.07.2013, B 2 U 11/12 R, Juris, m. w. N.):

1) Das Tragen von schweren Lasten auf der Schulter setzt Lastgewichte von 50 kg und mehr voraus (Merkblatt BK 2109, Abschnitt IV Abs. 2) 2) Die Lasten müssen langjährig getragen worden sein. Langjährig bedeutet, dass zehn Berufsjahre als die im Durchschnitt untere Grenze der belastenden Tätigkeit zu fordern ist (so wörtlich das Merkblatt 2109, Abschnitt IV Abs 3). Es handelt sich nicht um eine starre Untergrenze. Geringe Unterschreitungen dieses Wertes schließen die Anwendung des BK-Tatbestands daher nicht von vornherein aus; dies gilt besonders in den Fällen, in denen Versicherte Lasten mit noch höherem Gewicht bewegt haben. Bei Belastungen mit einer Dauer von weniger als zehn Jahren ist aber die haftungsbegründende Kausalität sorgfältig zu prüfen. 3) Erforderlich ist eine Regelmäßigkeit des Tragens schwerer Lasten auf der Schulter, wobei das Tragen schwerer Lasten in der ganz überwiegenden Anzahl der Arbeitsschichten ausreicht, ohne dass eine genaue Zeitgrenze pro Arbeitsschicht genannt werden kann. Wie bei der Belastungsdauer können geringere oder fehlende Einwirkungen in einer Arbeitsschicht durch stärkere oder länger dauernde Belastungen in anderen Schichten ausgeglichen werden. 4) Das Tragen schwerer Lasten muss mit einer nach vorn und seitwärts erzwungenen Zwangshaltung einhergehen. 5) Als Folge dieses Zwangs muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich erfolgt sein, wie sich dem BK-Tatbestand unmittelbar entnehmen lässt.

Weiterhin führt das BSG (a.a.O.) Folgendes aus: Die soeben als Nummer 4) bezeichnete Anforderung ergibt sich aus dem Willen des Verordnungsgebers, nur solche Gruppen von Versicherten in den BK-Tatbestand einbeziehen zu wollen, bei denen die außergewöhnliche Belastung der Wirbelsäule durch Heben und Tragen von Lasten mit einer nach vorn und seitwärts erzwungenen Kopfbeugehaltung und gleichzeitiger maximaler Anspannung der Nackenmuskulatur zu einer Hyperlordosierung und auch zu einer Verdrehung der HWS führte (vgl. BR-Drucks 773/92, S 8 f). Dies wurde bei Schaffung des BK-Tatbestands z.B. für die Berufsgruppe der Fleischträger sowie für Träger von Säcken mit entsprechendem Gewicht angenommen. Diese Voraussetzung einer Zwangshaltung erschließt sich auch aus dem Merkblatt BK 2109 (BArbBl 3/1993, S. 53), das in Abschnitt I als berufliche Gefahrenquelle "fortgesetztes Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, einhergehend mit einer statischen Belastung der cervikalen Bewegungssegmente und außergewöhnlicher Zwangshaltung der HWS" bezeichnet. An anderer Stelle (Abschnitt IV) ist ausgeführt, für den begründeten Verdacht auf das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der BK sei neben dem Ausschluss anderer Krankheitsursachen der Nachweis einer langjährigen, außergewöhnlich intensiven mechanischen Belastung der HWS erforderlich. Es entspricht auch der herrschenden Meinung in Schrifttum und Rechtsprechung, dass die BK Nr. 2109 wegen der Einwirkung des Gewichts in Achsrichtung auf die Wirbelsäule einerseits höhere Lastgewichte erfordert als die BK Nr. 2108, andererseits das bloße Tragen schwerer Lasten noch nicht zu den hier zu erfassenden Veränderungen der HWS führt. Vielmehr muss das Tragen schwerer Lasten mit einer Zwangshaltung der HWS einhergehen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.01.2012, L 2 U 134/11, Juris; Sächsisches LSG, Urteil vom 30.09.2009, L 6 U 32/09, Juris; Hessisches LSG, Urteil vom 12.02.2008, L 3 U 20/05, Juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.05.2003, L 10 U 4524/01, Juris; Mehrtens/Brandenburg, BKV, Stand Juni 2014, M 2109 Anm. 2; Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand Oktober 2014, Anhang zu K § 9 Anlage zu BKV BK-NR. 2108 - 2110, Rndr. 13).

Vorliegend fehlt es bereits an Lastgewichten von 50 kg, die der Kläger hätte tragen müssen, um die Voraussetzungen für das Vorliegen der streitigen BK zu erfüllen. Im Rahmen des telefonischen Erstkontakts am 10.03.2011 gab der Kläger an, die von ihm zu tragenden Stangen wögen zu 90 % zwischen 10 und 30 kg. Diese Angabe entspricht im Wesentlichen seinen Eintragungen im Fragebogen vom 15.03.2011, in dem er schrieb, täglich Lasten bis 25 kg gehoben zu haben. Schwerere Lasten (25 bis 35 kg) seien häufig getragen worden, Lasten von 35 bis 40 kg "des Öfteren" und Lasten zwischen 40 und 50 kg lediglich vereinzelt. Über seinen Klägerbevollmächtigten ließ der Kläger ausdrücklich vortragen (Schreiben vom 31.05.2011), dass keine Lasten mit 50 kg oder mehr getragen worden seien. Sofern Stangen mit einem Gewicht von 70 kg zu bewegen waren, erfolgte dies zu zweit (telefonische Angabe des Klägers vom 10.03.2011), sodass sich für den Kläger das Gewicht wiederum auf höchstens 35 kg reduzierte. Das Erfordernis einer Belastung mit Lasten von 50 kg und mehr wird vom Kläger somit bei Weitem nicht erreicht. Dies gilt auch in Bezug auf die Tätigkeit des Klägers als Bauarbeiter vor 2001. Diesbezüglich hat der Kläger im Verwaltungsverfahren angegeben, Zementsäcke mit 27 kg gehoben zu haben. Im Übrigen hat der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 31.05.2011 klargestellt, dass lediglich die Tätigkeit bei der Firma P. wirbelsäulenbelastend gewesen sei.

Ebenso fehlt es aber auch an der erforderlichen Zwangshaltung, die mit dem Tragen schwerer Lasten einhergehen muss, ähnlich wie bei einem Fleischträger. Wie sich dem Merkblatt zur BK Nr. 2109 entnehmen lässt, ist ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung bandscheibenbedingter Erkrankungen der Halswirbelsäule nur anzunehmen, wenn Lastgewichte von 50 kg und mehr regelmäßig auf der Schulter getragen werden. Dies gründe sich auf epidemiologischen Studien über das vermehrte Auftreten von bandscheibenbedingten Erkrankungen der HWS, welche bei Transportarbeitern in Schlachthöfen gewonnen worden seien, die Lastgewichte von 50 kg und mehr getragen hätten. Bei Fleischträgern gebe es eine kombinierte Belastung der Halswirbelsäule, nämlich eine nach vorn und seitwärts erzwungene Kopfbeugehaltung und ein gleichzeitiges maximales Anspannen der Nackenmuskulatur, die zu einer Hyperlordosierung und auch zu einer Verdrehung der Halswirbelsäule führten. Die Arbeitstätigkeit des Klägers hingegen unterscheidet sich von der des Fleischträgers gravierend: Wie der Kläger telefonisch ausgeführt hat, müssen die schweren Stangen nach oben auf die Maschine gehoben werden. Hierzu passt, dass der Kläger im Fragebogen von einem "Stemmen" der Stangenwaren spricht, nicht hingegen von einem Tragen von Lasten. Hinzu kommt, dass ein Großteil der Lasten offensichtlich auf seinem linken Arm lastete, wie er ebenfalls im Fragebogen angegeben hat. Gleiches hat die behandelnde Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. H. in ihrem Bericht vom 22.03.2011 erwähnt. Dementsprechend hat auch der Klägerbevollmächtigte vor dem SG angegeben, durch die ausschließlich den linken Arm belastende Arbeit von 90 % durch das Bestücken der Schneidemaschine sei es zu dem Gesundheitsschaden gekommen. Insofern trifft der Vortrag des Klägerbevollmächtigten, dieser habe "wie ein Fleischträger" ständig mit seiner Schulter Stangenwaren gestemmt, nicht zu, denn ein Fleischträger drückt eben keine Lasten mit dem Arm nach oben. Es mag zutreffen, dass der Kläger zum Arbeiten auch die Schulter benutzt hat, um die Stangenwaren einzuklemmen und zu fixieren, damit sie nicht herunterrollen. Angesichts des übrigens Vortrags kann es sich hierbei jedoch nur um kurzzeitige Bewegungsabläufe gehandelt haben, die keinesfalls mit einem Fleischträger vergleichbar sind, der seine Last während des gesamten Tragevorgangs mit Kopfbeugehaltung und verdrehter Halswirbelsäule tragen, d.h. von einem Ort zum anderen transportieren muss. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten des Dr. H. vom 15.01.2010, das im Auftrag der Union Krankenversicherung erstellt worden ist. Darin hat Dr. H. lediglich ausgeführt, es bestehe kein Zweifel daran, dass die bisherige Tätigkeit bei der vorliegenden Erkrankung nicht weiter ausgeübt werden könne. Diese Einschätzung ist nachvollziehbar, ändert aber nichts daran, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen einer BK Nr. 2109 nicht erfüllt sind.

Ergänzend sei noch erwähnt, dass auch das Kriterium der Langjährigkeit zweifelhaft ist. Der Kläger hat seine Tätigkeit bei der Firma P. im Februar 2001 aufgenommen und bis zu seiner Arbeitsunfähigkeit Ende Dezember 2009 ausgeführt, mithin über knapp neun Jahre Lasten gehoben. Die in der Regel zu fordernde Mindestuntergrenze von 10 Jahre ist somit ebenfalls nicht erreicht.

Soweit der Kläger vorträgt, ähnlich wie bei der BK Nr. 2108 (dort in Bezug auf das MDD) seien auch hier die Anforderungen an das Vorliegen der beruflichen Einwirkungen nicht verbindlich geregelt und es müsse deshalb ein medizinisches Gutachten eingeholt werden, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar kommt den Merkblättern zu den einzelnen BKen nur die Bedeutung einer Informationsquelle für die Praxis zu, die, wenn sie sich auf dem neuesten Stand befinden, einen guten Überblick über den jeweiligen Erkenntnisstand bieten, während ihnen eine rechtliche Verbindlichkeit fehlt (BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 6/04 R, Juris). Entscheidend ist somit allein der tatsächliche aktuelle unfallmedizinische Erkenntnisstand. Dieser aktuelle Erkenntnisstand ist vom BSG in seiner zitierten Entscheidung vom 04.07.2013 (a.a.O.) unter Berücksichtigung der Rechtsprechung, Literatur und der Merkblätter jedoch ausführlich ausgewertet worden und ist auch vom Senat zur Beurteilung des Vorliegens der BK herangezogen worden. Die beruflichen Einwirkungen, die basierend auf dem aktuellen Erkenntnisstand für das Vorliegen der BK Nr. 2109 erforderlich sind, fehlen vorliegend, sodass es eines Gutachtens nicht bedarf.

Die Beklagte hat somit zu Recht eine Anerkennung der Halswirbelsäulenbeschwerden als BK Nr. 2109 abgelehnt und das SG die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen.

III.

Soweit der Kläger Maßnahmen und Leistungen nach § 3 BKV begehrt, ist die Klage als Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig, jedoch nicht begründet.

Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und 2 BKV hat der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung einem Versicherten, der die gefährdende Tätigkeit unterlässt, weil die Gefahr, dass eine BK entsteht, wiederauflebt oder sich verschlimmert, nicht zu beseitigen ist, zum Ausgleich der hierdurch verursachten Minderung des Verdienstes oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile eine Übergangsleistung zu gewähren. Liegen diese Voraussetzungen vor, besteht ein Anspruch auf Gewährung einer Übergangsleistung, deren Höhe, Dauer und Zahlungsart allerdings im Ermessen des Unfallversicherungsträgers steht. Insoweit hat der Versicherte gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) ein Recht auf fehlerfreien Ermessensgebrauch. Als Übergangsleistung wird gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 BKV ein einmaliger Betrag bis zur Höhe der Jahresvollrente oder eine monatlich wiederkehrende Zahlung bis zur Höhe eines Zwölftels der Vollrente längstens für die Dauer von fünf Jahren gezahlt.

§ 3 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und 2 BKV regelt einen eigenständigen ("kleinen") Versicherungsfall, der nicht den Eintritt des ("großen") Versicherungsfalls einer BK voraussetzt. Auf der anderen Seite genügen weder eine arbeitsbedingte Gesundheitsgefahr (§ 1 Nr. 1, § 14 SGB VII) noch ein Arbeitsunfall (§ 8 SGB VII), denn die Übergangsleistungen sind immer auf mindestens eine bestimmte BK bezogen. Für den Anspruch auf Übergangsleistungen ist es vielmehr ausreichend, aber auch erforderlich, dass der Versicherte aufgrund seiner versicherten Tätigkeit Einwirkungen auf seine Gesundheit ausgesetzt ist, die aktuell eine konkrete individuelle Gefahr (u.a) des Entstehens einer BK begründen, wegen der fortbestehenden Gefahr die gefährdende Tätigkeit eingestellt wird und es dadurch zu einer konkreten Verdienstminderung und/oder sonstigen wirtschaftlichen Nachteilen kommt (s. BSG, Urteil vom 12.01.2010, B 2 U 33/08 R, Juris).

Vorliegend war der Kläger jedoch, wie oben ausführlich dargestellt worden ist, bei seiner beruflichen Tätigkeit keinen Belastungen ausgesetzt, die zu einer BK Nr. 2109 führen können. Insofern kommen Ansprüche nach § 3 BKV nicht in Betracht. Zutreffend hat die Beklagte somit entsprechende Ansprüche verneint und das SG die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen.

IV.

Soweit sich die Berufung gegen die Verhängung von Verschuldenskosten gem. § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG richtet, hat sie jedoch Erfolg. Gem. § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet worden ist, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden ist und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Hierfür ist es nicht ausreichend, dass ein Beteiligter den Prozess trotz ungünstigen Beweisergebnisses weiterführt, weil er die Hoffnung auf günstigen Ausgang noch nicht aufgegeben hat (siehe hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Auflage 2014, § 192 Rdnr. 9a m.w.N.). Vielmehr ist Missbrauch anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 03.07.1995, 2 BvR 1379/95, NJW 1996, 1273 f.). Hierbei ist ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit zu fordern (Leitherer a.a.O. m.w.N.).

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor: Zwar scheitert das Begehren des Klägers eindeutig daran, dass keine Lasten von 50 kg getragen wurden und auch eine einem Fleischträger ähnliche Arbeitsweise nicht vorlag. Insofern liegt - nach entsprechender Belehrung - die Verhängung von Verschuldenskosten nahe. Diesbezüglich hat jedoch der Kläger unter Hinweis auf ein Urteil des BSG vom 30.10.2007 (B 2 U 4/06) vorgetragen, dass in Bezug auf die BK Nr. 2108 auch unterhalb der Orientierungswerte nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) ein erhöhtes Risiko für bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS bestehen könnte. Hieraus hat der Kläger sinngemäß den Schluss gezogen, dass auch die in Bezug auf die BK Nr. 2109 geforderten 50 kg bzw. die oben umschriebene Art des Gewichttragens keine verbindlichen Voraussetzungen für das Vorliegen der BK Nr. 2109 sein könnten. Vor dem Hintergrund, dass zum Zeitpunkt des Gerichtsbescheides (Juni 2012) eine aktuelle Rechtsprechung des BSG zum Vorliegen der Voraussetzungen der BK Nr. 2109 nicht vorlag und das BSG sich erst im Urteil vom 04.07.2013 (B 2 U 11/12 R) ausführlich mit den Voraussetzungen dieser BK auseinandergesetzt hat, ohne die Bestimmungen des Merkblattes in Frage zu stellen, erscheint die Argumentation des Klägers nicht von vornherein als abwegig. Dies gilt umso mehr, als der Kläger tatsächlich über Jahre hinweg schwere Gewichte bewegen musste, unstreitig an Beschwerden der Halswirbelsäule leidet und die Tätigkeit unstreitig nicht mehr weiter ausüben kann. Somit war trotz absehbarer Erfolglosigkeit der Rechtsverfolgung die Grenze zur Missbräuchlichkeit (noch) nicht erreicht und der Gerichtsbescheid des SG hinsichtlich der Verhängung von Verschuldenskosten deshalb aufzuheben.

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Erfolg der Berufung allein hinsichtlich der Verschuldenskosten nicht zu Lasten der Beklagten geht.
Rechtskraft
Aus
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