L 2 R 3716/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 819/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 3716/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung im Streit.

Der 1953 geborene Kläger hat keine Berufsausbildung durchlaufen. Im Laufe seines Erwerbslebens war er u.a. als Steward und Oberkellner, als Hygienereferent/Außendienstmitarbeiter im medizinischen Bereich (u.a. bei der Firma Henkel vom 1. April 1980 bis 31. Dezember 1988, bei der Firma H. ab Januar 1989 bis Juni 1990 und ab 1. Juli 1990 bei der Firma C.) und im IT-Bereich tätig. Zuletzt war er als Außendienstmitarbeiter bei der Gesellschaft in der Zeit vom 1. Juni 1998 bis 30. April 1999 tätig, wobei der Kläger ab Ende Juni 1998 bis Ende 1999 arbeitsunfähig krank war. Danach ist er keiner (versicherungspflichtigen) Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen. Der Kläger bezog vielmehr zunächst von 2000 bis 2002 Arbeitslosengeld, im Jahre 2004 Arbeitslosenhilfe und übte von 2006 bis Anfang 2010 eine geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigung (ohne Aufstockung) aus. Beim Kläger ist seit dem 19. März 2012 ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Merkzeichen B und aG anerkannt (zunächst bestand beim Kläger ein GdB von 40, seit 19. November 2010 ein GdB von 70).

Am 29. August 2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung aufgrund der folgenden Gesundheitsstörungen: Bronchialasthma, Lungenfunktionseinschränkung, coronare Herzkrankheit, abgelaufener Herzinfarkt, coronarer Bypass, Stentimplantation, operierter Bandscheibenschaden, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und chronisches Schmerzsyndrom.

Mit Bescheid vom 4. September 2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ab mit der Begründung, dass es ausgehend von einem Leistungsfall im August 2012 bereits an den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen fehle.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte zur Begründung geltend, der Eintritt der Erwerbsminderung sei bereits 1998 (Hinterwandinfarkt) erfolgt. Seine damalige Krankenversicherung habe ihn mit Schreiben vom 21. Februar 2000 für die Zeit ab 27. Januar 2000 für mehr als 50% erwerbsunfähig erklärt.

Der Kläger legte im Folgenden noch medizinische Unterlagen aus dem Jahr 1998 vor und die Beklagte zog die Schwerbehindertenakte beim Landratsamt Karlsruhe - Amt für Versorgung - bei. In der daraufhin eingeholten sozialmedizinischen Stellungnahme vom 13. Dezember 2012 führten Dres. S. und K. aus, die im Jahre 1998 ausgeübte Tätigkeit als IT-Außendienstmitarbeiter sei dem Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zumutbar gewesen. Allerdings habe er zum damaligen Zeitpunkt noch über ein positives Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verfügt.

Mit Bescheid vom 21. Dezember 2012 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nunmehr aus medizinischen Gründen ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, beim Kläger bestünden die Befunde Hinterwandinfarkt, Bandscheibenvorfall. Er sei allerdings dennoch in der Lage, eine Erwerbstätigkeit mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes auszuüben. Es käme auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit in Betracht. Maßstab sei hierbei die zuletzt ausgeübte Tätigkeit, dies sei die Tätigkeit eines Außendienstmitarbeiters gewesen. Aufgrund des ärztlicherseits festgestellten Leistungsvermögens sei der Kläger noch in der Lage, ihm zumutbare Tätigkeiten mindestens sechs Stunden als Bürohilfskraft oder Registrator auszuüben.

Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2013 zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger am 4. März 2013 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben und zur Begründung geltend gemacht, er sei seit spätestens dem 27. Januar 2000 zu 50% erwerbsunfähig. Es habe bereits im Jahre 1998 ein Bronchialasthma und eine obstruktive Emphysembronchitis bestanden. Außerdem sei er im April 1998 an der Bandscheibe im Bereich L4/5 ohne Erfolg operiert worden. Er sei seither immer arbeitsunfähig und schwer krank gewesen. Auch habe ihn die Beklagte zu Unrecht der dritten Berufsgruppe zugewiesen. Dies wäre für ihn ein sozial unzumutbarer Abstieg.

Das SG hat im Folgenden noch die Auskunft des Kardiologen Privatdozent Dr. W., O., vom 28. Juni 2013 und des Internisten Dr. Sch. vom 4. August 2013 eingeholt, die es als sachverständige Zeugen gehört hat. Es wurden von den Ärzten jeweils zahlreiche weitere medizinische Unterlagen vorgelegt.

Im Folgenden hat Dr. S. im Auftrag des SG das internistisch-arbeitsmedizinische Gutachten vom 3. Februar 2014 erstellt. Darin gelangte er zu den Diagnosen COPD III, Asthma Bronchiale, coronare Ein-Gefäßerkrankung, Zustand nach Bypass-OP 1998 mit unverändert gutem Operationserfolg (BNP normal). Zum Leistungsvermögen führte Dr. S. aus, der Kläger sei nicht mehr in der Lage, aktuell in seinem zuletzt ausgeübten Beruf regelmäßig zu arbeiten, auch nicht mindestens drei Stunden. Leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er nur noch weniger als drei Stunden täglich verrichten. Die Leistungsfähigkeit im Sinne eines untervollschichtigen Leistungsvermögens lasse sich bis zum Jahre 2010 zurückverfolgen. 2008 sei noch eine belastungselektrokardiographische Leistungsfähigkeit von 100 Watt objektiviert worden, sodass der Leistungsfall frühestens 2010 eingetreten sein könne.

Im Weiteren hat der Kläger an seiner Klage festgehalten und ergänzend ausgeführt, die Behauptung der Beklagten, er sei hinsichtlich der orthopädischen Beschwerden nach der OP bis 2012 beschwerdefrei gewesen, sei falsch und entspreche nicht der Realität. Aus dem Befundbericht der Radiologie O. vom 2. Januar 2003 lasse sich eine höhergradige Foraminastenose entnehmen, weshalb der Leistungsfall spätestens Anfang 2003 eingetreten sei.

Die Beklagte war dem entgegengetreten und hat unter Berufung auf die Stellungnahmen von Dres. S. und K. vom 24. März 2014 ergänzend noch darauf verwiesen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmals am 30. November 2003 erfüllt gewesen seien, der Leistungsfall jedoch frühestens ab dem Jahr 2010 anzunehmen sei.

Mit Urteil vom 24. Juli 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass ein Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen Erwerbsminderung schon daran scheitere, da er die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt habe. Beim Kläger würden bezogen auf die letzten fünf Jahre vor der Antragstellung keine drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorliegen. Auch bei Verlängerung des Fünf-Jahres-Zeitraumes im Sinne von § 43 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) erreiche der Kläger nicht die erforderliche Anzahl an Monaten mit Pflichtbeitragszeiten. Im hier maßgeblichen Zeitraum vom 29. August 2007 bis 28. August 2012 seien keine Pflichtbeitragszeiten vorhanden. Auch die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes nach § 43 Abs. 5 SGB VI seien im Falle des Klägers nicht erfüllt. Ebenso wenig die Voraussetzungen nach § 241 Abs. 2 SGB VI. Nach alledem komme es damit nicht darauf an, ob die medizinischen Voraussetzungen beim Kläger als erfüllt anzusehen seien. Ein Leistungsfall sei beim Kläger frühestens im Jahre 2010 eingetreten. Das SG schließe sich insoweit den Ausführungen von Dr. S. in seinem Gutachten vom 3. Februar 2014 an. Dr. S. habe sich ausführlich mit der Leidensgeschichte des Klägers auseinandergesetzt und seine Leistungseinschätzung entsprechend der erhobenen Befunde und der bereits vorliegenden medizinischen Unterlagen begründet. Insbesondere habe er darauf abgestellt, dass der Kläger noch im Jahre 2008 belastungselektrokardiographisch bis 100 Watt belastbar gewesen sei und eine untervollschichtige Leistungsminderung erst ab dem Jahr 2010 objektiviert gewesen sei.

Der Kläger hat gegen das ihm mit Postzustellungsurkunde am 30. Juli 2014 zugestellte Urteil am 27. August 2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er zunächst auf den OP-Bericht der Alphaklinik in M. vom April 1998 (betreffend die Bandscheiben-OP), den Bescheid des Versorgungsamtes F., ausweislich dessen ihm eine dauerhafte Einbuße seiner körperlichen Beweglichkeit bestätigt worden sei, vom September 1999 sowie zwei Schreiben der Universitätsklinik F., in denen ihm eine dauerhafte Leistungsbeeinträchtigung bescheinigt werde (September 1999 und Mai 2000) bezogen. Im Weiteren macht der Kläger geltend, entgegen der Auffassung der Beklagten habe Dr. S. bei der Erstellung seines Gutachtens die von ihm hier noch vorgelegten Unterlagen nicht zur Verfügung gehabt. Richtig sei, dass er vom 3. Juli 2000 bis 23. April 2002 und dann erst wieder vom 27. April 2004 bis zum 14. Dezember 2004 Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe erhalten habe. Dass er während dieser Zeit dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung gestanden habe, bedeute aber nicht, dass er auch gesund und einsetzbar gewesen sei. Hinsichtlich der diskriminierenden Äußerungen der Beklagten bezüglich seiner beruflichen Qualifikation verweise er auf den Rentenverlauf. Schon aus den Pflichtbeiträgen sei ersichtlich, dass er überdurchschnittlich gut verdient habe (sicher nicht als Hilfsarbeiter, Registrator oder Telefonist usw.). Der Kläger hat im Weiteren unter Vorlage entsprechender Unterlagen auf seine Gehaltsentwicklung bei der Firma Henkel verwiesen, ausweislich derer er zuletzt ab März 1988 5.450,00 DM monatlich verdient gehabt habe und im Rahmen seiner Tätigkeit als Hygienereferent ein überdurchschnittliches Fachwissen im Management, in Klinikabläufen, in der Mikrobiologie etc. habe aufweisen können. Zu seinem Aufgabengebiet habe der Kontakt in die höchsten Stellen der Unikliniken, Kontakte zu Meinungsbildnern, Schulung von Klinikpersonal in Krankenhaushygiene sowie die Schulung von neuen Außendienstmitarbeitern gehört. Er sei dann über einen Headhunter zur Firma H ...mbH gewechselt und sei dort im Januar 1989 mit einem Jahresgehalt von 100.000,00 DM zuzüglich Provisionen eingestellt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. Juli 2014 sowie die Bescheide der Beklagten vom 4. September 2012 und vom 21. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt die Beklagte aus, dass zunächst die vom Kläger hier noch vorgelegten Befundberichte der Uniklinik F. aus 1999 und 2000 bereits dem Gutachter Dr. S. vorgelegen hätten. Demnach sei der Kläger im Jahr 2000 noch in der Lage gewesen, leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig auszuüben. Dies könne auch anhand der Versicherungsbiographie nachvollzogen werden. So habe der Kläger von Juli 2000 bis Dezember 2004 durchgehend Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe bezogen. Er habe somit dem Arbeitsmarkt auch uneingeschränkt zur Verfügung gestanden. Des Weiteren sei der Kläger vom Januar 2007 bis Januar 2010 geringfügig - nicht versicherungspflichtig - beschäftigt gewesen. Das Versorgungsamt habe dem Kläger erst ab 19. November 2010 eine Erhöhung des GdB von 40 auf 70 zugebilligt. Dies alles erhärte die gutachterliche Aussage, wonach beim Kläger frühestens im Jahre 2010 die Erwerbsfähigkeit auf (nunmehr) weniger als drei Stunden herabgesunken sei. Zu diesem Zeitpunkt sei die erforderliche 3/5-Belegung gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI aber nicht mehr erfüllt gewesen. Ein Anspruch auf Rente bei Berufsunfähigkeit könne ebenfalls nicht angenommen werden. Der Kläger habe bislang keinen Nachweis seiner beruflichen Qualifikation als Verkäufer im zuletzt ausgeübten Tätigkeitsfeld vorlegen können. Die Beklagte gehe daher von einer maximal angelernten Tätigkeit aus, für welche eine uneingeschränkte Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt für Tätigkeiten beispielsweise als Registrator, Telefonist usw. bestehe. Auch eine Altersrente bei Schwerbehinderung scheide aus, da der Kläger die hierfür erforderliche Wartezeit von 35 Versicherungsjahren nicht aufgebracht habe. Bei dem vorliegenden Sachverhalt bestehe dagegen ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen gemäß § 41 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Das Amt für Soziales der Stadt Karlsruhe habe der Beklagten auch bereits mitgeteilt, dass der Kläger entsprechende Leistungen erhalte. Weiter verweist die Beklagte noch darauf, dass der Kläger zwar unstreitig im Jahre 1998 einen Herzinfarkt erlitten habe mit anschließender Stentversorgung und aufgrund dessen eine vorübergehende Leistungseinschränkung im Sinne einer längerdauernden Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Spätestens ab dem Jahre 2000 sei jedoch von einem deutlich verbesserten Allgemeinzustand sowie einer konstanten Leistungsfähigkeit von mehr als sechs Stunden täglich auszugehen. Die mannigfach beigezogenen Krankenhausberichte aus diesem Zeitraum seien von den begutachtenden Internisten (Dr. Sch. und Dr. S.) entsprechend ausgewertet worden. Im Jahre 2008 habe aktenkundig noch eine Leistungsfähigkeit bis zu 100 Watt bestanden, was in etwa einer Belastbarkeit beim Treppensteigen, Radfahren oder Schwimmen entspräche (50 Watt entsprächen zügigem Gehen).

Ab dem Jahre 2001 bis 2007 würden so gut wie keine ärztlichen Berichte oder Befunde vorliegen, was für die eingetretene Stabilisierung des vormaligen Krankheitsgeschehens spräche. Ebenso wenig habe der Kläger jemals einen Rentenantrag während dieser Zeit gestellt. Erstmals im Juli 2008 habe er sich wegen vermehrten Hustens und Luftnot in ärztliche Behandlung begeben. Es folgten in größeren Abständen mehrere Lungeninfekte, welche medikamentös behandelt worden seien. Im April 2010 habe ein Belastungs-EKG einen Abbruch bei 75 Watt infolge Atemnot ergeben. In weiterer Folge sei ein schnelles Voranschreiten eines Lungenemphysems mit Abfall der Leistungsparameter auf maximal 50 Watt (November 2010) erfolgt.

Dass die Einschränkungen der Lungenfunktion auch mit der Verminderung der verbliebenen Erwerbsfähigkeit einhergegangen sei, sei unbestritten. Der Gutachter Dr. S. habe deshalb eine Reduzierung der Erwerbsfähigkeit frühestens auf das Jahr 2010 (ohne konkrete Monatsnennung) datiert. Aber selbst wenn man die erstmals diagnostizierte Lungenerkrankung im Juli 2008 als Leistungsfall annehme, so wären die erforderlichen Zeiten einer Pflichtversicherung mit lediglich zehn Monaten (anstelle von 36 Monaten) nicht annähernd erfüllt. Also auch ein im Jahre 2008 bis 2010 eingetretener Leistungsfall einer vollen bzw. teilweisen Erwerbsminderung löse weiterhin mangels einer entsprechenden Vorversicherungszeit keinen Rentenanspruch aus. Auch ein Anspruch des Klägers auf Rente bei Berufsunfähigkeit könne ebenfalls nicht angenommen werden. wie sich aus den Angaben des Klägers ergebe, habe dieser keinen Beruf erlernt oder einen "höherwertigen" schulischen Abschluss erreicht. Der Kläger sei im Jahre 1980 (im Alter von 27 Jahren) in eine Beschäftigung als Außendienstverkäufer für Desinfektionsmittel bei der Firma H. eingetreten. Hierfür habe er laut dem vorgelegten Zeugnis eine "betriebsinterne" Schulung erhalten. Im April 1987 sei er (betriebsintern) zum Hygienereferenten ernannt worden. Ein beruflicher Abschluss für den klinischen Bereich sei zu keiner Zeit abgelegt worden, ebenso wenig liege ein Abschluss als Industrie- oder als Einzelhandelskaufmann vor. Die vom Kläger erzielten Arbeitsverdienste belegten gerade nicht, ob diese wegen der erforderlichen beruflichen Qualifikation oder aufgrund aquirierter Aufträge (inklusive Provision, Reisekosten etc.) in entsprechender Höhe geleistet worden seien. Eine tariflich (nachprüfbare) Entlohnung sei nämlich nicht erfolgt. Demzufolge habe der Kläger für die Tätigkeit als Verkäufer im Außendienst keine Gleichstellung mit dem eines ordentlich ausgebildeten Berufsinhabers erlangt. Die Beklagte gehe weiterhin maximal von der Stufe II (Anlerndauer bis maximal zwei Jahre) im Dreistufenschema aus. Damit sei der Kläger aber spätestens ab Juli 2000 wieder auf beispielsweise leichte Verkaufstätigkeiten (im Innendienst) des allgemeinen Arbeitsmarktes von mindestens sechs Stunden täglich sozial zumutbar verweisbar gewesen. Das Gleiche gelte für sämtliche sachbearbeitenden Tätigkeiten im Büro inklusive der erworbenen Erfahrungen im klinisch/medizinischen Bereich. Auch für diese Rentenleistung sei die oben genannte Vorversicherungszeit erforderlich. Das Entfallen der fiktiven Verweisbarkeit auf sozial zumutbare Tätigkeiten (fiktiv angenommen) frühestens im Jahre 2008 führe somit zu keinem Rentenanspruch mehr. Außerdem habe der Kläger in der Zeit vom 1. Februar 2006 bis 31. Januar 2010 eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt, was eine verbliebene Leistungsfähigkeit erhärte.

Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 29. Dezember 2014 darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit bestehe, dass der Senat die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweise, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Den Beteiligten war Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 Abs. 1l, Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten, die für den Senat keinen Anlass zu einem anderen Verfahren gegeben hat, gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

1. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1).

Voll erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind gem. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist jedoch nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind beim Kläger nur (noch) erfüllt bei einem Eintritt des Leistungsfalles bis zum 30. November 2003.

Auf der Grundlage der vorliegenden im Urkundenbeweis zu verwertenden sozialmedizinischen Stellungnahmen von Dres. S. und K. vom 13. Dezember 2012, die vom SG eingeholten ärztlichen Sachverständigenauskünfte sowie vorgelegten Befundberichte wie auch das internistisch-arbeitsmedizinische Gutachten von Dr. S. vom 3. Februar 2014 ist im Ergebnis festzustellen, dass beim Kläger der Leistungsfall frühestens im Jahr 2010 eingetreten ist.

Dr. S. ist in seinem Gutachten aufgrund der eigenen Untersuchung wie auch der umfangreich vorliegenden Befundberichte zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger zum einen eine COPD (chronisch obstruktive Atemwegs- bzw. Lungenerkrankung) der Stufe III - schwer - (von insgesamt vier Stufen) mit einer deutlichen Einschränkung der Lungenfunktion besteht. Diese kardio-pulmonale Leistungsfähigkeit ist nach den Feststellungen von Dr. S. selbst im Leistungsbereich 25 Watt mit Wahrscheinlichkeit noch eingeschränkt. Aufgrund dessen ist der Kläger nicht mehr in der Lage, regelmäßig auch nur leichte, mittelschwere oder gar schwere körperliche Arbeiten zu verrichten und auch nicht mehr in der Lage, Arbeiten unter Einwirkung reizender inhalativer Substanzen auszuüben. Daneben besteht beim Kläger ein Zustand nach Bypassoperation im Juni 1998 und zuvor objektivierter coronarer Ein-Gefäßerkrankung sowie einem Zustand nach Hinterwandinfarkt. Aufgrund dessen bestand bereits zum Zeitpunkt 1998 durchgehend bis heute eine infolge der Hinterwandinfarktnarbe leicht eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion. Zum Zeitpunkt 7/2008 (richtig März 2008, vergleiche Bl. 63 der Senatsakte mit Befundbericht des O. vom 7. März 2008) wurde diese Pumpfunktion der linken Herzkammer als normal beschrieben. Auch aktuell finden sich nach den Feststellungen von Dr. S. keine Hinweise auf eine Sauerstoffminderversorgung der nicht vom Herzinfarktgewebe betroffenen Anteile der linken Herzkammer (BNP normal). Hieraus folgen nach Einschätzung von Dr. S. auch keine zusätzlichen Einschränkungen hinsichtlich der Leistungsfähigkeit. Abschließend gelangt Dr. S. auf der Grundlage der vorliegenden Befunde zu dem Ergebnis, dass sich die Leistungsfähigkeit im Sinne eines untervollschichtigen Leistungsvermögens auch unter Berücksichtigung der ausführlichen sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Internisten und Kardiologen Dr. Sch. bis zum Jahre 2010 zurückverfolgen ließen. 2008 sei noch eine belastungselektrokardiographische Leistungsfähigkeit von 100 Watt objektiviert. Der Vermutung des behandelnden Internisten Dr. Sch., der Kläger sei bereits wegen seiner Herzerkrankung im Jahr 1998 zu 50% berufsunfähig gewesen, sei eindeutig zu widersprechen und zwar aus mehreren Gründen. Der Kläger habe am 20. Juni 1998 einen subakuten Hinterwandinfarkt erlitten. Zunächst sei eine Rekanalisation der rechten Coronararterie bei damals festgestellter coronarer Ein-Gefäßerkrankung erfolgt. Wegen anhaltender Beschwerden erfolgte dann am 30. November 1998 im Herzzentrum Lahr eine coronare Dreifach-Bypass-Operation. Im weiteren Verlauf war die linksventrikuläre Pumpfunktion wiederkehrend als leicht eingeschränkt beschrieben worden. Im Rahmen der echokardiographischen Untersuchungen ist eine linksventrikuläre Pumpfunktion nach Dr. S. dann leicht eingeschränkt, wenn ein auch geringer Anteil der Muskulatur der linken Herzkammer durch ein Herzinfarktnarbengewebe verändert ist. Die nicht vom Herzinfarktnarbengewebe betroffene Muskulatur der linken Herzkammer ist jedoch dann durchgehend bis aktuell normal pumpfunktionsfähig gewesen. In diesem Sinne wurden wie bereits erwähnt wiederholt entsprechende Befunde beschrieben. Auch aktuell ist der Pumpfunktionsparameter BNP normal. Wenn nun nach offensichtlich durchgehender Erkrankung seit Beendigung der beruflichen Tätigkeit 1998 bis Januar 2000 eine durchgehende Phase der Arbeitsunfähigkeit mit Auszahlung eines Krankentagegeldes durch einen Vertrauensarzt der vereinten Krankenversicherung dadurch beendet worden sei, dass Berufsunfähigkeit festgestellt worden sei, so ändere dies nichts an den bereits damals vorliegenden objektivierbaren Fakten. Aus Sicht von Dr. S. wäre der Kläger auch zum Zeitpunkt Januar 2000 in der Lage gewesen, bei den beschriebenen Befunden des kardiologischen Fachgebiets leichte körperliche Arbeiten, in Belastungsspitzen auch mittelschwere körperliche Arbeiten, ganzschichtig zu verrichten. Unter diesem Gesichtspunkt sei die sozialmedizinische Einschätzung des Vertrauensarztes der vereinten Krankenversicherung nicht nachvollziehbar. Dieser habe möglicherweise damals zugrunde gelegt, dass der Kläger im Rahmen von Außendiensttätigkeiten zum Teil schwere Gegenstände habe transportieren müssen (z.B. Prospektmaterial, Drucker, Laptop usw.). Entsprechend den Versicherungsbedingungen der Krankentagegeldversicherungen seien die konkreten, vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit verrichteten Tätigkeiten für die Beurteilung zu berücksichtigen und gleichzeitig eine Prognose anzustellen, ob sich hieran in absehbarer Zeit etwas wesentlich ändern werde. Andernfalls sei Berufsunfähigkeit festzustellen. Im Rahmen des hier anhängigen Verfahrens ist jedoch zu klären, ob im Leistungsbereich leichter körperlicher Arbeiten noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen (gegebenenfalls unter Einbeziehung qualitativer Einschränkungen) besteht, nicht jedoch unter Zugrundelegung der konkret zuletzt verrichteten beruflichen Tätigkeiten. Ausgehend hiervon ist Dr. S. der Überzeugung, dass der Leistungsfall beim Kläger frühestens im Jahre 2010 eingetreten ist.

Zu keinem anderen Ergebnis führen auch die vom Kläger noch im Berufungsverfahren vorgelegten Berichte der Universitätsklinik F. mit Datum 13. September 1999 und 4. Mai 2000. Hier ist zunächst festzustellen, dass sich in der Verwaltungsakte ein weiterer Bericht der Universitätsklinik F. vom 4. Mai 2000 befindet, der zwar dasselbe Datum aufweist, aber eine andere Anordnung der Ausführungen. Insbesondere wird dort anders als in dem jetzt vom Kläger vorgelegten Bericht ein Leistungsvermögen im Zusammenhang mit einem Belastungs-EKG von 100 Watt statt 75 Watt angegeben. Diese Diskrepanz konnte von Seiten des Gerichts auch nicht mehr aufgeklärt werden, da eine Nachfrage in der Universitätsklinik F. Abteilung Kardiologie, ergab, dass keine Unterlagen mehr über den Kläger vorhanden sind (Bl.59 Senatsakte). Die Leistungseinschätzung mit 100 Watt entspricht im Übrigen auch einem bereits in der Verwaltungsakte vorliegenden Bericht der Radiologie der Universitätsklinik F. vom 27. April 2000, wo im Zusammenhang mit einer Belastungsmyokardszinthigraphie ebenfalls ausgeführt wird, dass der Kläger bis 100 Watt belastbar gewesen sei. Aus dem darüber hinaus vom Kläger im Berufungsverfahren noch vorgelegten OP-Bericht der Alpha-Klinik für Knie- und Wirbelsäulenchirurgie, M., vom 15. April 1998, der sich im Übrigen ebenfalls bereits in der Verwaltungsakte befindet, ergeben sich auch keine weiteren für den Anspruch des Klägers begründende Umstände. Vielmehr wurde der Kläger dort am 16. April weitgehend beschwerdefrei entlassen und war die neurologische Untersuchung unauffällig.

Auch Dr. S. hat in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 24. März 2014 im Rahmen des Klageverfahrens unter Bezugnahme auf die sozialmedizinische Stellungnahme vom 13. Dezember 2012 nochmals darauf verwiesen, das Dr. S. in seinem Gutachten das in der sozialmedizinischen Stellungnahme vom 22. Oktober 2013 festgestellte unter dreistündige Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit Eintritt des Leistungsfalles frühestens ab dem Jahr 2010 bestätigt habe. Des Weiteren hat Dr. S. noch darauf verwiesen, dass nach dem 1998 behandelten Bandscheibenvorfall bis 2012 ärztlicherseits keine orthopädischen Beschwerden beschrieben werden und die chronisch obstruktive Lungenerkrankung erst seit März 2007, damals noch im Stadium II, lungenfachärztlich behandelt worden sei. Eine deutliche Verschlechterung in den Schweregrad III sei erst im September 2010 eingetreten.

Aber auch wenn man nicht auf den Antrag des Klägers im August 2012, sondern auf das Jahr 2010 als Leistungsfall abstellt, sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wie oben bereits ausgeführt, nicht mehr erfüllt. Der Kläger bezog nach Ende seiner Beschäftigung bzw. Krankheitszeit 1998/2000 noch Arbeitslosengeld von Juli 2000 bis April 2002 bzw. Arbeitslosenhilfe von April 2004 bis Dezember 2004, wobei in der Zeit zwischen April 2002 und April 2004 keinerlei Zeiten belegt sind. In der Zeit von Dezember 2004 bis Januar 2006 findet sich erneut eine Lücke im Versicherungsverlauf ohne Beitragszeiten und dann ab Januar 2006 eine geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigung des Klägers. Damit aber fehlt es beim Kläger für einen Leistungsfall nach dem 30. November 2003 an der notwendigen Vorversicherungszeit.

Es kommt auch ein Verlängerungstatbestand im Sinne der §§ 43 Abs. 4 und Abs. 5 SGB VI ebenso wenig in Betracht wie die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift in § 241 Abs.2 SGB VI erfüllt sind. Insoweit wird auf die Ausführungen im Urteil des SG auch Bezug genommen.

2. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind.

Berufsunfähig sind gem. § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Bei der Frage, ob Versicherte berufsunfähig sind, ist von ihrem bisherigen Beruf, in der Regel der zuletzt und nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtigen Tätigkeit, auszugehen (ständige Rechtsprechung des BSG z.B. SozR 2200 § 1246 Nrn. 104, 107, 130, 164, 169).

Aber auch hier wäre wie bei der Erwerbsminderungsrente Voraussetzung, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, mit anderen Worten, nur bei einem Eintritt des Leistungsfalles der Berufsunfähigkeit spätestens zum 30. November 2003 käme eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit überhaupt in Betracht.

Maßgeblicher Beruf des am 24. Januar 1953 und somit vor dem 2. Januar 1961 geborenen Klägers ist nach diesen Maßstäben der eines oberen angelernten Außendienstverkäufers. Diesen Beruf hat er zuletzt vom 1988 bis 1999 bei unterschiedlichen Unternehmen ausgeübt. Beendigungsgrund war beim letzten Beschäftigungsverhältnis bei der Fa. die Arbeitsunfähigkeit nach dem Herzinfarkt im Sommer 1998 (vgl. Arbeitgeberauskunft vom 21. Januar 2013, Bl. 59 Verwaltungsakte -VA-).

Berufsunfähigkeit i.S.d. § 240 Abs. 2 SGB VI liegt nicht schon dann vor, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können. Vielmehr sind anhand des qualitativen Wertes des bisherigen Berufes zumutbare Tätigkeiten zu ermitteln, auf die die Versicherten verwiesen werden können. Das BSG hat in dem Zusammenhang das so genannte Mehrstufenschema entwickelt. Die Stufen sind von unten nach oben nach ihrer Leistungsqualität, diese gemessen nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung und beruflichen Erfahrung, nicht nach Entlohnung oder Prestige, geordnet. Danach sind zu unterscheiden: Ungelernte Berufe (Stufe 1); Berufe mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren (Stufe 3); Berufe, die zusätzliche Qualifikation oder Erfahrungen oder den erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen (Stufe 4), zu ihr gehören Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung; Berufe, die einen erfolgreichen Abschluss einer Fachhochschule oder eine zumindest gleichwertige Berufsausbildung voraussetzen (Stufe 5); Berufe, deren hohe Qualität regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht (Stufe 6). In jedem Fall kann ein Arbeitsverdienst hilfstatsächliche Bedeutung für die Feststellung des qualitativen Werts des bisherigen (oder Vergleichs-) Berufs nur haben, soweit er die Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt; nur insoweit ist er überhaupt rechtlich relevant. Eine "Verweisung", die grundsätzlich durch eine konkrete Benennung eines Berufs geschehen muss, der an mindestens 300 Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt wird, kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen. Hierbei ist das Überforderungsverbot (Einarbeitung innerhalb von drei Monaten) zu beachten. Eine konkrete Benennung ist grundsätzlich (Ausnahmen: so genannte Unüblichkeitsfälle oder Seltenheitsfälle) nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein so genannter einfacher Angelernter (Stufe 2, aber Ausbildung bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (siehe hierzu insgesamt Urteil des BSG vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R - juris).

Ausgehend von diesen Kriterien kann der Kläger bezogen auf die hier maßgebliche Zeit 2000 bis November 2003 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht beanspruchen. Er ist mit Blick auf die von ihm zuletzt ausgeübte Tätigkeit höchstens der Gruppe der oberen Angelernten (Stufe 2, oberer Bereich) zuzuordnen. Das folgt aus den vom Kläger gemachten Angaben und vorgelegten Unterlagen. Danach hat der Kläger keine berufliche Ausbildung, auch keinen Berufsabschluss und ebenso wenig einen höheren Schulabschluss vorzuweisen. Der Kläger war zunächst in den Jahren 1970 (ab dem Alter von 17 Jahren) bis 1975 als Steward, Kellner bzw. Oberkellner tätig sowie in der Zeit 1978 bis 1980 als Bestattungsgehilfe, bevor der im Jahre 1980 (im Alter von 27 Jahren) die Beschäftigung als Außendienstverkäufer für Desinfektionsmittel bei der Firma H. angetreten hat. Hierfür erhielt er laut vorgelegtem Zeugnis eine "betriebsinterne" Schulung. Im April 1987 wurde er betriebsintern zum Hygienereferenten ernannt. Ein beruflicher Abschluss für den klinischen Bereich wurde zu keiner Zeit abgelegt. Ebenso wenig liegt ein Abschluss als Industrie- oder als Einzelhandelskaufmann vor, geschweige denn eine entsprechende Qualifikation z.B. in Gestalt einer Meisterprüfung. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger Tätigkeiten ausgeübt hätte, die eine Ausbildung von mehr als zwei Jahren erforderten (Stufe 3) bieten die Angaben des Klägers und vorgelegten Unterlagen nicht. Die vom Kläger hier erzielten Arbeitsverdienste belegen auch nicht, ob diese wegen der erforderlichen beruflichen Qualifikation oder hier Provisionen, Reisekosten etc. schon mit eingerechnet sind. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass hier eine tarifliche Entlohnung erfolgte. Demzufolge kann an sich der Kläger für die von ihm ausgeübte Tätigkeit als Außendienstverkäufer nicht mit einem ordentlich ausgebildeten Berufsinhaber gleichgestellt werden. Danach wäre der Kläger an sich in die Stufe 2 (Anlerndauer bis maximal zwei Jahre) im Mehrstufenschema einzuordnen. Damit aber wäre der Kläger spätestens ab Juli 2000 wieder auf leichte Verkaufstätigkeiten (im Innendienst) des allgemeinen Arbeitsmarktes mit mindestens sechs Stunden sozial zumutbar verweisbar gewesen. Er wäre auch für sämtliche sachbearbeitende Tätigkeiten im Büro inklusive der erworbenen Erfahrungen im klinischen/medizinischen Bereich verweisbar gewesen. Als Angelernter der Stufe 2 war der Klägerin nach Ende der aufgrund des Herzinfarktes eingetretenen Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2000 auf körperlich leichte Verkaufstätigkeiten im Innendienst bzw. entsprechende sachbearbeitende Tätigkeiten unter Berücksichtigung der von ihm erworbenen Erfahrungen im klinischen/medizinischen Bereich verweisbar.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass selbst bei der zu Gunsten des Klägers unterstellten Annahme, dass diese Tätigkeit der Facharbeiterebene (Stufe 3) zuzuordnen wäre, kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestünde. Denn in diesem Fall könnte der Kläger zumutbar auf eine Tätigkeit als angelernter Registrator nach Entgeltgruppe 3 der Entgeltordnung zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) verwiesen werden (umfassend zur Existenz derartiger Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, Anforderungen und sozialer Zumutbarkeit LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 25. September 2012, L 13 R 6087/09). Die für die Ausübung der genannten Verweisungstätigkeit erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten könnte der Kläger nach Auffassung des Senats innerhalb von drei Monaten erwerben, zumal er eine verwaltungsnahe bzw. kaufmännische Tätigkeit ausgeübt hat. Die Tätigkeit eines Registrators nach Entgeltgruppe 3 umfasst das Vergeben von Aktenzeichen entsprechend geltenden Aktenplänen und -nummern, das Anlegen von Neuakten, das Beachten von Aktenordnungen sowie das Aussondern von Altakten. Um elektronische Informationen zu archivieren, verwenden Registratoren elektronische Archivsysteme. Sie speichern und verwalten digitale Dokumente mit spezieller Software (vgl. dazu www.berufenet.de). Von einem Facharbeiter kann jedenfalls erwartet werden, die Grundkompetenz zum Einsatz eines PC innerhalb des genannten Zeitraums zu erwerben (Bayerisches LSG, Urt. v. 8. Februar 2012, L 1 R 1005/09 - juris Rdnr. 50; LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 25. August 2009, L 10 R 269/08 - juris Rdnr. 24). Darüber hinausgehender besonderer Voraussetzungen, insbesondere spezieller Fachkenntnisse, bedarf es regelmäßig nicht (LSG Baden-Württemberg a.a.O).

Auch gesundheitliche Umstände stünden einer Tätigkeit als Registrator nicht entgegen. Der Kläger verfügte in der hier maßgeblichen Zeit 2000 bis 2003 über ein ausreichendes verbliebenes Restleistungsvermögen, um dem gesundheitlichen Belastungsprofil der in Rede stehenden Verweisungstätigkeit gerecht werden zu können. Dieses ist geprägt durch Arbeiten im Sitzen, aber auch im Wechselrhythmus von Sitzen, Gehen und Stehen. In körperlicher Hinsicht sind überwiegend leichte Tätigkeiten zu verrichten, schweres Heben und Tragen ist nicht notwendig, ggf. muss ausnahmsweise mit etwas schweren Aktenstücken umgegangen werden (vgl. www.berufenet.de). Diesen Anforderungen konnte der Kläger genügen. Insbesondere war er nach den Ausführungen im arbeitsmedizinisch-internistischen Gutachten des Dr. S. sowohl im Bereich des Herzkreislaufsystems als auch der Atemwege noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum zeitweiligen Aufstehen und Umhergehen ohne Zwangshaltungen zu verrichten. Im Hinblick auf die vom Kläger hier noch angeführten Wirbelsäulenleiden ist darauf zu verweisen, dass die Verweisungstätigkeit des Registrators Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Überkopftätigkeiten, Tätigkeiten in ständiger Armvorhalte sowie ausschließlich gehende und stehende Tätigkeiten nicht erfordert, ganz abgesehen davon, dass es auch überhaupt keine Anhaltspunkte für entsprechende relevante Einschränkungen im orthopädischen Bereich für die hier maßgebliche Zeit gibt (ausweislich des OP-Berichtes der Alpha-Klinik, M., vom 15. April 1998 war der Kläger nach der Wirbelsäulen-OP beschwerdefrei und neurologisch unauffällig entlassen worden. Die Tätigkeit eines Registrators nach Entgeltgruppe 3 wäre dem Kläger auch sozial zumutbar. Bereits mit Urteil vom 27. November 1991 hat das BSG entschieden, die Tätigkeit eines Registrators der Vergütungsgruppe VIII BAT sei als Verweisungstätigkeit grundsätzlich auch einem Facharbeiter zumutbar (BSG, Urt. v. 27. November 1991, 5 RJ 91/89 - juris Rdnr. 15). Daran ist auch nach Ablösung des BAT durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) zum 1. Oktober 2005 bzw. des TV-L für die Beschäftigten der Länder zum 1. November 2006 festzuhalten. Der Senat schließt sich insoweit ausdrücklich den Ausführungen des 13. Senates des LSG in seinem bereits genannten Urteil vom 25. September 2012 an.

Der Kläger hat somit auch dann keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, wenn er als Facharbeiter einzustufen wäre, da er in diesem Fall in der hier streitigen Zeit zumutbar auf die Tätigkeit eines Registrators hätte verwiesen werden können.

Aus diesen Gründen war die Berufung daher zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved