L 1 KR 35/15 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 198 KR 2094/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 35/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 11. Dezember 2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Die Antragsteller möchte im Wege einstweiliger Anordnung erreichen, dass Vollstreckungsaufträge der Antragsgegnerin zur Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozessordnung (ZPO) nach § 66 Abs. 4 S. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) vorläufig eingestellt bzw. für nichtig erklärt werden. Er wendet hiergegen ausschließlich ein, dass zwei vollstreckbare Ausfertigungen entsprechender Beitragsbescheide der Antragsgegnerin weder von einem Vorstandsmitglied der Antragsgegnerin als Behördenleiter im Sinne des § 66 Abs. 4 S. 3 SGB X, oder von einem allgemeinen Vertreter noch von einem von der Aufsichtsbehörde (hier: Bundesversicherungsamt) ermächtigten Angehörigen des öffentlichen Dienstes ausgefertigt worden seien. Die Ausfertigung sei vielmehr von dem vom Bundesversicherungsamt nur für die eigene Vollstreckung nach § 66 Abs. 1 S. 3 SGB X ermächtigten Vollstreckungsbeamten erteilt worden. Das Sozialgericht Berlin hat den Eilantrag zurückgewiesen, weil es der Auffassung ist, dass die Ermächtigung als Vollstreckungsbeamte nach § 66 Abs. 1 S. 3 SGB X auch die Ermächtigung zur Ausfertigung vollstreckbarer Ausfertigungen nach § 66 Abs. 4 S. 3 SGB X umfasse.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Zweifel an ihrer Zulässigkeit, die sich daraus ergeben, dass es in der Sache um die vorläufige Verhinderung der Vollstreckung einer Gesamtsumme geht, welche weniger als 750 EUR beträgt (vgl. § 172 Abs. 3 Nr. 1, § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG), lässt der Senat dahingestellt bleiben.

Sie ist jedenfalls unbegründet.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.

Nach § 86b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig, wenn anderenfalls die Gefahr besteht, dass ein Recht des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Voraussetzung sind das Bestehen eines Anordnungsanspruches und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Der Anordnungsanspruch bezieht sich dabei auf den geltend gemachten materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtschutz begehrt wird. Die erforderliche Dringlichkeit betrifft den Anordnungsgrund. Die Tatsachen, die den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen sollen, sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Entscheidungen dürfen dabei grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (ständige Rechtsprechung des Senats, siehe auch Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 596/05 - ).

Das Sozialgericht hat hier zu Recht einen Anordnungsanspruch verneint.

Die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigungen durch Herrn D T ist jedenfalls ordnungsgemäß, weil der Vorstand der Antragsgegnerin diesen am 23. Mai 2012 ermächtigt hat, vollstreckbare Ausfertigungen gemäß § 66 Abs. 4 SGB X zu erteilen. Nach Satz 4 des § 66 Abs. 4 SGB X tritt bei Sozialversicherungsträgern - also auch bei der Antragsgegnerin als gesetzlicher Krankenkasse - an Stelle der Aufsichtsbehörde der Vorstand.

Außerdem ist fraglich, ob es sich bei der formalen Vorschrift des §§ 66 Abs. 4 S. 3 SGB X um eine Norm handelt, die auch dem Schutz des Vollstreckungsschuldners dient oder ob vielmehr nur im allgemeinen öffentlichen Interesse die Durchführung hoheitlicher Zwangsmaßnahmen an die Gewährleistung entsprechender Qualifikation und Verantwortlichkeit geknüpft sein soll.

Auch eine reine Folgenabwägung führt zum selben Ergebnis:

Der Antragsteller wendet sich hier nicht gegen die titulierten Forderungen selbst. Es ist deshalb nicht ersichtlich, dass ihn der Fortgang des Vollstreckungsverfahrens unzumutbaren Belastungen aussetzen könnte. Er müsste eigentlich ein eigenes Interesse daran haben, nicht weitere (Vollstreckung-)Kosten entstehen zu lassen.

Die Kostenentscheidung erfolgt in entsprechender Anwendung des § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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