Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 SB 2291/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2110/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. März 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Bei der am 29.03.1950 geborenen Klägerin stellte das Landratsamt R. (LRA) mit Teil-Abhilfebescheid vom 02.06.2008 wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, eines Schulter-Arm-Syndroms und eines chronischen Schmerzsyndroms (Teil-GdB 30) sowie Ohrgeräuschen (Teil-GdB 10) den GdB mit 30 sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz fest.
Am 19.10.2010 beantragte die Klägerin beim LRA die Feststellung eines höheren GdB. Sie machte als Neuerkrankung eine mittelgradige Depression, Unterbauchschmerzen und Verdauungsprobleme nach einer Dickdarmoperation im Juni 2008 sowie eine Verschlimmerung des Tinnitus geltend.
Das LRA nahm medizinische Befundunterlagen zu den Akten (insbesondere Berichte Dr. S. vom 26.01.2010, Diagnose: Teilkompensierter Tinnitus; Dr. S. vom 15.03.2010 und 22.04.2010, Diagnosen: Mittelgradige depressive Episode, Tinnitus beidseits, chronisches LWS- und HWS-Syndrom, Hypertonie und vor zwei Jahren operierte Divertikulitis; R.-Kliniken S. vom 11.07.2008 und 28.07.2008) und holte die fachärztliche Stellungnahme der Dr. S. vom 11.11.2010 ein. In der gutachtlichen Stellungnahme der Versorgungsärztin K. vom 07.12.2010 wurde wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, eines Schulter-Arm-Syndroms und eines chronischen Schmerzsyndroms (Teil-GdB 30) sowie Ohrgeräuschen (Tinnitus), einer Depression und funktionellen Organbeschwerden (Teil-GdB 20) der GdB mit 40 vorgeschlagen.
Mit Bescheid vom 09.12.2010 stellte das LRA bei der Klägerin den GdB mit 40 seit dem 19.10.2010 neu fest.
Gegen den Neufeststellungsbescheid legte die Klägerin am 21.12.2010 durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein. Das LRA holte den Befundbericht des Dr. S. vom 20.02.2011 ein. Entsprechend einer weiteren gutachtlichen Stellungnahme des Dr. S. vom 12.03.2011 wies das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2011 zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 15.04.2011 durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Sie machte unter Vorlage medizinischer Unterlagen zur Begründung geltend, seit Mitte 2008 hätten sich ihr Gesundheitszustand und ihre Beschwerden verschlechtert. Im Juli 2008 habe sie sich einer schweren Darmoperation unterziehen müssen, bei der ein Stück Darm habe entfernt werden müssen. Seit dieser Zeit würden im Bereich der OP-Narbe sowie im Unterbauch Schmerzen auftreten. Eine höhergradige Schmerzsymptomatik sei vorhanden. Zudem habe sich der Tinnitus verschlechtert. Hierdurch leide sie seit Oktober 2009 an depressiven Störungen. Zudem leide sie unter Migräne mit Sehstörungen. Der GdB betrage mindestens 50.
Das SG hörte unter Übersendung der Stellungnahme des Dr. S. vom 12.03.2011 behandelnde Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen an. Die Fachärzte für Innere Medizin, Notfallmedizin und Palliativmedizin K./K. teilten in ihrer Stellungnahme vom 25.09.2011 unter Vorlage von Befundberichten die Diagnosen mit. Eine im Fachgebiet liegende somatoforme autonome Funktionsstörung von Herz und Kreislauf bedinge keine Höherstufung des GdB. Die Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie S. teilte in ihrer Stellungnahme vom 19.09.2011 unter Vorlage medizinischer Unterlagen (insbesondere Ärztlicher Entlassungsbericht der M. B. Kliniken vom 13.09.2011) die Diagnosen und Befunde mit. Sie schätzte den GdB "eher" auf 30 ein. Der HNO-Arzt Dr. S. teilte in seiner Stellungnahme vom 31.10.2011 unter Vorlage medizinischer Unterlagen die Befunde mit. Wegen eines dekompensierten Tinnitus schätzte er den GdB auf 20 und wegen einer Innenohrschwerhörigkeit den GdB auf 15 sowie auf dem HNO-Fachgebiet den Gesamt-GdB auf 25 ein. Der Orthopäde Dr. F. schätzte in seiner Stellungnahme vom 11.11.2011 wegen Veränderungen der Halswirbelsäule den GdB auf 30 bis 40 ein.
Das SG holte weiter das am 24.07.2012 vorgelegte neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. S. ein. Dr. S. gelangte zu dem Ergebnis, bei der Klägerin liege gegenwärtig eine leicht- bis mäßiggradig ausgeprägte rezidivierende depressive Störung vor, für die zusammen mit funktionellen Organbeschwerden ein GdB von 20 veranschlagt werden könne. Von der Klägerin geklagte multiple, zum großen Teil nicht organisch bedingte Beschwerden und Stimmungsschwankungen könnten einer undifferenzierten Somatisierungsstörung zugeordnet werden, die zurzeit gering ausgeprägte sei. Der Ansicht von Dr. S. in ihrer Stellungnahme vom 19.09.2011, die depressive Symptomatik bedinge einen GdB von eher 30 könne zum damaligen Zeitpunkt gefolgt werden. Zwischenzeitlich sei es zu einer Besserung gekommen. Die festgestellten Gesundheitsstörungen seien zurzeit geringfügig bis leicht ausgeprägt. Eine früher zeitweise mittelgradige Ausprägung sei nach der Anamnese nicht ausgeschlossen, liege aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor. Dr. S. erachtete einen Gesamt-GdB von 40 für angemessen.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte das SG außerdem das Gutachten der Internistin K. vom 11.11.2012 ein. Sie schätzte bei der Klägerin wegen einer Hypertonie, funktioneller Herzbeschwerden und einer Refluxkrankheit den GdB jeweils auf 0 bis 10 sowie einer Sigmaresektion am 08.07.2008 den GdB auf 20 bis 30 ein. Weitere Erkrankungen, die in das orthopädische, HNO-ärztliche und neurologisch/psychiatrische Fachgebiet fielen, entzögen sich ihrer GdB-Einschätzung. Zur Einschätzung des Gesamt-GdB sei zudem eine gastroenterologische Beurteilung erforderlich.
Das SG hörte anschließend den Arzt für Innere Medizin - Gastroenterologie Dr. H. und die Orthopäden Dr. J./Dr. V. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. H. stimmte in seiner Stellungnahme vom 10.06.2013 der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 02.04.2013 zu. Dr. J. teilte in seiner Stellungnahme vom 30.09.2013 den Behandlungsverlauf, die Diagnosen und die erhobenen Befunde mit. Er schätzte im Hinblick auf die Wirbelsäule den GdB mit 30 bis 40 ein.
Das SG schlug den Beteiligten einen Vergleich dahin vor, bei der Klägerin den GdB mit 50 ab dem 19.10.2012 festzustellen.
Diesen Vergleichsvorschlag des SG nahm der Beklagte nicht an und trat im Verlauf des Klageverfahrens unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. B. vom 02.02.2012, Dr. R. vom 02.04.2013, der wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule und eines Schulter-Arm-Syndroms (Teil-GdB 20), Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen (Teil-GdB 20), einer Depression, seelischen Störung und funktioneller Organbeschwerden (Teil-GdB 20), Teilverlust des Dickdarms (Teil-GdB 10) sowie einer Refluxkrankheit der Speiseröhre und chronischer Magenschleimhautentzündung (Teil-GdB 10) den Gesamt-GdB weiterhin mit 40 vorschlug, sowie Dr. W. vom 16.10.2013 der Klage entgegen.
Weiter holte das SG das orthopädische Gutachten des Dr. K. vom 31.12.2013 ein. Dr. K. diagnostizierte in seinem Gutachten funktionell nicht wirksame Belastungsschmerzen ohne auffällige Bewegungseinschränkung im Bereich der Schulter rechts mehr als links (Rotatorenmanschetten-Syndrom), nach längerem Sitzen auftretende Belastungsschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule bei Skoliose ohne neurologische Ausstrahlung, anamnestisch Angabe von Beschwerden im Bereich der Kniegelenke, im Rahmen der Untersuchung frei, lokale Muskelverspannungen im Bereich der Nackenkette, muskuläre Überlastungsschmerzen zwischen Schulterblatt und Brustwirbelsäule, Spreizfußbildung und Übergewicht. Er bewertete hinsichtlich der Wirbelsäulenschäden den GdB weitestreichend mit 20 und hinsichtlich der Schulter gegen GdB weitreichend mit 10, im Übrigen ohne GdB-Einstufung. Unter Zugrundelegung der Einstufung des Dr. R. schätzte Dr. K. den Gesamt-GdB auf 40 ein.
Mit Urteil vom 28.03.2014 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, es könne kein höherer Gesamt-GdB als 40 gebildet werden.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 17.04.2014 zugestellte Urteil richtet sich die von der Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 12.05.2014 eingelegte Berufung. Sie hat zur Begründung unter Verweis auf ihr bisheriges Vorbringen geltend gemacht, auf psychiatrischem Fachgebiet sei im Hinblick auf eine generalisierte Angststörung in Kombination mit einer zeitweise auftretenden depressiven Symptomatik von einem GdB von mindestens 30 auszugehen. Die Klägerin hat sich hierzu auf die Angaben von Dr. S. berufen. Ferner seien ihre organischen Beschwerden bzw. Somatisierungsschmerzen sowie der Tinnitus beidseits mit einem Teil-GdB von mindestens 30 zu berücksichtigen. Für das Funktionssystem Bewegungs- und Haltungsorgane sei von einem Einzel-GdB von mindestens 30 bzw. 40 auszugehen. Dem entspräche die Einschätzung des Dr. F ... Darauf hinzuweisen sei, dass der Beklagte im laufenden Verfahren bereits einen Einzel-GdB von 30 anerkannt gehabt habe. Für die auf internistischem Gebiet liegenden Beeinträchtigungen sei von einem Teil-GdB von 30 auszugehen. Auf die Ausführungen der Ärztin K. werde verwiesen. Weiter hat die Klägerin auf den vom SG unterbreiteten Vergleichsvorschlag hingewiesen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. März 2014 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 9. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. April 2011 zu verpflichten, einen Grad der Behinderung von mindestens 50 seit 19. Oktober 2010 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Ausführungen der Klägerin in der Berufungsbegründung fänden im objektiven medizinischen Sachverhalt keine Stütze. Bei den bei der Klägerin vorliegenden Beeinträchtigungen bestünden erhebliche Überschneidungen, was im Ergebnis die Schwerbehinderteneigenschaft nicht rechtfertigen könne.
Der Senat hat Dr. S. sowie Dr. H. zu Veränderungen im Gesundheitszustand der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. S. hat in seiner Stellungnahme vom 07.10.2014 eine Veränderung verneint. Dr. H. hat in seiner Stellungnahme vom 16.10.2014 mitgeteilt, die Klägerin habe sich seit seiner Auskunft an das SG vom 10.06.2013 nicht mehr in der Praxis vorgestellt.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 09.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Neufeststellung eines höheren GdB als 40 seit der Antragstellung am 19.10.2010 zu.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites maßgeblichen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Begründung seiner eigenen Entscheidung Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das SG hat weiter unter zutreffender Darstellung und Anwendung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG) entschieden, dass bei der Klägerin die Neufeststellung eines GdB von 40 gerechtfertigt ist, dass aber ein höherer Gesamt-GdB als 40 nicht gebildet und anerkannt werden kann. Es hat hierzu in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ausführlich begründet, dass die psychiatrischen Gesundheitsstörungen mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten seien. Die Klägerin sei trotz psychischer Gesundheitsstörungen zu einem strukturierten Tagesablauf in der Lage. Ihr sei es möglich, ihre Lebensführung selbständig wahrzunehmen. Eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die eine Bewertung mit einem GdB von 30 rechtfertigen könne, liege nicht vor. Mit dem Teil-GdB von 20 seien organische Beschwerden, eine undifferenzierte Somatisierungsstörung sowie der Tinnitus hinreichend mit berücksichtigt. Für das Funktionssystem Bewegungs- und Haltungsorgane stehe der Klägerin kein höherer Einzel-GdB als 20 zu. Eine mindestens mittelgradige Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule liege nicht vor. Die Einschätzung des Dr. V. (gemeint dürfte Dr. J. sein) des GdB von 30 sei nicht überzeugend. Die Wirbelsäulenbeschwerden seien mit einem GdB von 20 zu bewerten. Im Funktionssystem der oberen Gliedmaßen lägen Gesundheitsstörungen des Schultergelenks rechts vor, die einen Einzel-GdB von 10 bedingten. Für den Funktionsbereich der unteren Extremitäten sei kein Teil-GdB anzuerkennen. Die Bewertung des GdB von 20 für den Teilverlust des Dickdarms und die Refluxerkrankung sei nicht zu beanstanden. Damit einhergehende Auswirkungen auf den geistigen und seelischen Zustand der Klägerin seien bereits im Rahmen des Funktionssystems der Nerven und Psyche hinreichend berücksichtigt und führten zu keiner weiteren Erhöhung des Teil-GdB. Eine gering- bis mittelgradige Schwerhörigkeit rechts und geringgradige Schwerhörigkeit links mit Ohrgeräuschen rechtfertigten keinen Einzel-GdB von mehr als 20. Die Schwerhörigkeit sei mit einem Teil-GdB von 15 zu bewerten. Die Erhöhung des Teil-GdB auf 20 sei allein unter zusätzlicher Berücksichtigung des Tinnitus zu rechtfertigen und als wohlwollend anzusehen. Aus den Einzel-GdB-Werten könne kein höherer Gesamt-GdB als 40 gebildet werden. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er nimmt auch insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zur Begründung seiner eigenen Entscheidung Bezug, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsverfahren bleibt auszuführen:
Auf nervenärztlichem Fachgebiet hat der Beklagte im angefochtenen Bescheid zutreffend als neu hinzugetretene Gesundheitsstörung eine Depression und funktionelle Organbeschwerden mit einem Teil-GdB von 20 berücksichtigt. Ein Teil-GdB von 30, wie die Klägerin meint, ist nicht gerechtfertigt. Eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die nach den VG Teil B 3.7 einen GdB von 30 (bis 40) rechtfertigt, ist bei der Klägerin im vorliegend streitigen Zeitpunkt der Neufeststellung des GdB nicht belegt. Der Ansicht von Dr. S. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 19.09.2011, dass bei der Klägerin in Kombination aus einer generalisierten Angststörung bei zeitweise auftretender depressiver Symptomatik der GdB "eher" mit 30 einzuschätzen sei, kann nicht gefolgt werden. Nach der Befundbeschreibung von Dr. S. in der genannten Zeugenaussage bestanden bei der Klägerin zwar eine gedrückte Stimmung, Lustlosigkeit, Energielosigkeit, Sorgenneigung, eine ängstliche Angespanntheit, Wertlosigkeitsgefühle und immer wieder auftretende Schlafstörungen. Dabei kommt es bei der Klägerin bei Auftreten von Belastungen zu einer zunehmenden Anspannung, die zu einer Zunahme des Tinnitus führt und damit zu einer Reduktion der Konzentrationsfähigkeit und zu einer gedrückten Stimmung sowie Arbeitsunfähigkeit, wobei Arbeitsunfähigkeitszeiten von längerer Dauer nicht ersichtlich und nach den von Dr. S. in seinem Gutachten hierzu wiedergegebenen Angaben der Klägerin auch nicht eingetreten sind. Nach den Beschreibungen von Dr. S. waren jedoch das formale und inhaltlich Denken, das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit und die Orientierung unauffällig. Die soziale Integration war gewährleistet und die familiäre und außerfamiliäre Integration vorhanden, ebenso die lebenspraktischen Fähigkeiten. Außerhalb von Belastungssituationen war keine Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit dokumentiert. Damit beschreibt auch Dr. S. keine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die einen Teil-GdB von 30 (bis 40) auf psychiatrischem Gebiet rechtfertigt. Es ist vielmehr von einem schwankenden Verlauf der seelischen Befindlichkeit der Klägerin auszugehen. Nach den VG Teil A 2f) sind Schwankungen im Gesundheitszustand bei längerem Leidensverlauf mit einem Durchschnittswert Rechnung zu tragen. Dies bedeutet: Wenn bei einem Leiden der Verlauf durch sich wiederholende Besserungen und Verschlechterungen des Gesundheitszustandes geprägt ist (Beispiele: chronische Bronchitis, Hautkrankheiten, Anfallsleiden), können die zeitweiligen Verschlechterungen - aufgrund der anhaltenden Auswirkungen auf die gesamte Lebensführung - nicht als vorübergehende Gesundheitsstörungen betrachtet werden. Dementsprechend muss in solchen Fällen bei der GdB-Beurteilung von dem "durchschnittlichen" Ausmaß der Beeinträchtigung ausgegangen werden. Ein Teil-GdB von 30 lässt sich danach auch nach den Beschreibungen von Dr. S. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage nicht begründen. Entsprechendes gilt hinsichtlich des im Ärztlichen Entlassungsbericht der M. B. Kliniken vom 13.09.2011 beschriebenen psychischen Befundes (Bericht der Klägerin von sorgenvollem Grübeln; Stimmung zum depressiven Pol verschoben; sonst ohne Auffälligkeit). Der Ansicht von Dr. S. in seinem Gutachten, der - von einer Besserung ausgehend - der Bewertung von Dr. S. "zum damaligen Zeitpunkt" zugestimmt hat, vermag sich der Senat danach nicht anzuschließen. Gesichtspunkte, die eine zeitliche Staffelung des Teil-GdB auf psychiatrischem Gebiet rechtfertigen, lassen sich auch dem Gutachten von Dr. S. nicht nachvollziehbar entnehmen. Bei der Klägerin kann damit nicht davon ausgegangen werden, dass im streitigen Zeitraum zeitweise ein Teil-GdB von 30 vorgelegen hat und zu berücksichtigen ist. Relevante neurologische Behinderungen haben weder Dr. S. noch Dr. S. beschrieben und lassen sich auch sonst den zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen nicht entnehmen.
Soweit die Klägerin wegen organischer Beschwerden bzw. Somatisierungsschmerzen und einem Tinnitus beidseits einen Teil-GdB von mindestens 30 geltend macht, kann ihr nicht gefolgt werden. Nach dem Vorbringen der Klägerin zur Begründung ihres Neufeststellungsantrags (Schreiben vom 17.10.2010) und zur Klagebegründung beim SG hat eine Verschlechterung des Tinnitus seit Oktober 2009 zu depressiven Störungen geführt. Auch nach den Angaben von Dr. S. in ihrer Zeugenaussage ist der Tinnitus im Zusammenhang mit seelischen Anspannungen der Klägerin zu sehen. Deshalb erachtet es der Senat vorliegend für gerechtfertigt, den Tinnitus der Klägerin in das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche einzubeziehen, womit der Tinnitus mit dem in diesem Funktionssystem bestehenden Teil-GdB von 20 mit abgegolten ist. Unabhängig davon bestünden bei einer eigenständigen GdB-Bewertung des Tinnitus wesentliche Überschneidungen, die zur Vermeidung einer Doppelbewertung die Erhöhung des Gesamt-GdB wegen des Tinnitus nicht rechtfertigt. Zudem hat die Klägerin nach den Beschreibungen von Dr. S. in seinem Gutachten nur nachrangig über den Tinnitus geklagt. Der abweichenden Bewertung von Dr. S. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 31.10.2011, der wegen des Tinnitus der Klägerin von einem Teil-GdB von 20 ausgeht, kann deshalb nicht gefolgt werden. Soweit die Klägerin geltend macht, es sei eine Verschlimmerung des Tinnitus dahin eingetreten, dass im Falle sehr lauter Umgebungsgespräche der Tinnitus für sie unerträglich werde, rechtfertigt dies ebenfalls nicht die eigenständige Berücksichtigung eines Teil-GdB. Nach ihren Angaben trägt sie kein Hörgerät. Eine Verschlechterung des Tinnitus ist medizinisch nicht belegt. Dr. S. wurde von der Klägerin nach September 2010 nicht mehr konsultiert (Aussage von Dr. S. vom 07.10.2014 an den Senat). Das von Dr. S. bei Untersuchung der Klägerin am 12.07.2012 erhobene Beschwerdebild ist durch neuere HNO-ärztliche oder psychiatrische Befunde hinsichtlich des Tinnitus nicht überholt.
Dass bei der Klägerin Somatisierungsschmerzen bestehen, die gesondert zu berücksichtigen sind, ist nicht anzunehmen. Nach den von Dr. S. in seinem Gutachten beschriebenen Angaben der Klägerin werden von ihr Schmerzmedikamente nicht eingenommen und die Klägerin hat über Beschwerden im Sinne einer chronischen Schmerzstörung nicht geklagt. Dem entsprechen auch die im Gutachten von Dr. K. vom 31.12.2013 beschriebenen Angaben, je nach Magenbeschwerden ab und zu Ibuprofen 600 einzunehmen, wobei die Klägerin die Einnahme von Medikamenten für den Zeitraum der letzten Woche verneint hat. Dies spricht für eine nur geringgradig ausgeprägte Schmerzsymptomatik bei Magenproblemen, die die eigenständige Berücksichtigung eines Teil-GdB nicht rechtfertigt. Für das Vorliegen eines außergewöhnlichen Schmerzsyndroms gibt es ebenfalls keinen Anhaltspunkt. Entsprechendes gilt für funktionelle Organbeschwerden der Klägerin. Bedeutsame funktionelle Organbeschwerden haben Dr. S. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage sowie Dr. S. und die Internistin K. in ihren Gutachten nicht angenommen. Nach dem Gutachten von Dr. S. sind bei der Klägerin nicht organisch bedingte Beschwerden lediglich gering ausgeprägt. Ein eigenständiger Teil-GdB ist hierdurch nicht gerechtfertigt.
Soweit die Klägerin hinsichtlich der Bewegungs- und Haltungsorgane einen Einzel-GdB von mindestens 30 bzw. 40 für angemessen erachtet, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden, wie das SG im angefochtenen Urteil ausführlich begründet hat. Neue Gesichtspunkte, die eine davon abweichende Entscheidung zu Gunsten der Klägerin rechtfertigen, zeigt die Klägerin im Berufungsverfahren nicht auf. Der Bewertung von Dr. F. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 11.11.2011, der wegen Behinderungen im Bereich der Halswirbelsäule von einem GdB von 30 bzw. 40 ausgeht, worauf sich die Klägerin im Berufungsverfahren berufen hat, kann nicht gefolgt werden. Die Bewertung von Dr. F. setzt nach den VG und der Rechtsprechung des Senates (vgl. Urteil vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 -; veröffentlicht in juris) schwere funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden in einem Wirbelsäulenabschnitt bzw. mittelschwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten voraus. Dass bei der Klägerin hinsichtlich der Halswirbelsäule schwere funktionelle Auswirkungen vorliegen, wovon Dr. F. ausgeht, lässt sich den Befundbeschreibungen von Dr. F. in seiner sachverständigen Zeugenaussage jedoch nicht entnehmen. Dr. F. berücksichtigt bei seiner Bewertung als schwerwiegend anzusehende Veränderungen fortgeschrittene degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule sowie Bandscheibenschäden. Nach den VG Teil B 18.1 und 18.9 rechtfertigen jedoch mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein noch nicht die Annahme eines GdB. Vielmehr ergibt sich der GdB primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Dr. F. beschreibt in seiner Zeugenaussage hierzu Nervenausstrahlungen und eine zeitweise Schwäche im Bereich der oberen Extremität. Diese Befundangaben rechtfertigen jedoch noch nicht die Annahme schwerer funktioneller Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden. Entsprechendes gilt auch für die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. J. vom 30.09.2013, dessen Befundbeschreibung sich ebenfalls keine mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten bzw. schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt entnehmen lassen. Hierauf weisen Dr. K. in seinem Gutachten und Dr. W. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.10.2013 überzeugend hin, denen sich der Senat anschließt. Soweit die Klägerin weiter darauf hinweist, dass der Beklagte im laufenden Verfahren diesbezüglich einen Einzel-GdB von 30 anerkannt habe, trifft dies so nicht zu. Richtig ist zwar, dass der Beklagte in den versorgungsärztlichen Stellungnahmen der Ärztin K. vom 07.12.2010, Dr. S. vom 12.03.2011 und Dr. B. vom 02.02.2012 wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, eines Schulter-Arm-Syndroms und chronischen Schmerzsyndroms von einem Teil-GdB von 30 ausgegangen ist. Damit hat der Beklagte jedoch einen Teil-GdB von 30 nicht rechtlich bindend anerkannt. Denn die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich vielmehr nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Außerdem lagen den Versorgungsärzten zu diesem Zeitpunkt die erst im Laufe des Verfahrens entstandenen umfassenden medizinische Befunde nicht vor.
Soweit sich die Klägerin im Berufungsverfahren unter Bezugnahme auf die "Befundmitteilung" der Ärztin Kast-Leder vom 11.11.2012 weiter darauf beruft, auf internistischem Gebiet sei von einem Teil-GdB von 30 auszugehen, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Die Ärztin K. ist in ihrem - auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten - Gutachten vom 11.11.2012 auf internistischem Gebiet wegen einer am 08.07.2008 durchgeführten Sigmaresektion von einem Teil-GdB von 20 bis 30 ausgegangen. Einen Teil-GdB von 30 hat die Ärztin K. nicht voll bestätigt. Dass ein Teil-GdB von 30 nicht gerechtfertigt ist, hat das SG im angefochtenen Urteil ausführlich und zutreffend dargelegt. Gesichtspunkte, die die Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil in Zweifel ziehen, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass es immer wieder zu einem Gefühl komme, als habe sich ihr der Darm verdreht, wobei damit einhergehende Schmerzen jeweils ca. 5 - 10 Minuten andauerten, sind diese von der Klägerin situationsabhängig beschriebenen und nur für kurze Zeit auftretenden Beschwerden und Schmerzen berücksichtigt, denn es ist der Teil-GdB 20 aus der höheren GdB-Bewertungsstufe von 20 bis 30 hierfür zuerkannt. Die Bewertung dieser Funktionsbeeinträchtigung mit einem GdB an der Obergrenze der Bewertungsstufe bzw. eines GdB der nächsthöheren Stufe ist im Hinblick auf Frequenz und Qualität der Beeinträchtigung nicht gerechtfertigt. Die Anhebung des vom SG berücksichtigten Teil-GdB von 20 auf 30 steht der Klägerin nicht zu. Weitere internistische Gesundheitsstörungen, die einen Teil-GdB von über 10 rechtfertigen, sind nicht ersichtlich. Sie lassen sich insbesondere dem Gutachten der Ärztin K. nicht entnehmen, die hinsichtlich einer Hypertonie, funktionellen Herzbeschwerden und einer Refluxkrankheit der Klägerin jeweils einen GdB von 0 bis 10 angenommen hat. Auch Dr. H. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 10.06.2013 die vom Beklagten wegen des Teilverlustes des Dickdarms (Teil-GdB 10) sowie der Refluxkrankheit der Speiseröhre und chronischen Magenschleimhautentzündung (Teil-GdB 10) in der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 02.04.2013 vorgenommene Bewertung geteilt. Eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung lässt sich der im Berufungsverfahren eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des Dr. H. vom 10.10.2014 nicht entnehmen.
Sonstige - nicht berücksichtigte - GdB-relevante Gesundheitsstörungen sind bei der Klägerin nicht belegt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich einer Migräne mit Sehstörungen. Nach den Beschreibungen im Gutachten von Dr. S. bestehen bei der Klägerin keine eindeutigen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Migräne. Auch Sehstörungen sind nicht dokumentiert.
Dem Vergleichsvorschlag des SG, auf den die Klägerin im Berufungsverfahren hingewiesen hat, kommt keine Bedeutung für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites zu.
Bei der Klägerin besteht damit keine schwerwiegende Behinderung, die mit einem Teil-GdB von 30 oder mehr zu bewerten ist. Nach den vom SG im angefochtenen Urteil zutreffend dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB ist es bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil des Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 211/13, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de und Urteile vom 25.03.2011 - L 8 SB 4762/08 - und 05.03.2010 - L 8 SB 5038/08 -, m.w.N., unveröffentlicht) ist es daher grundsätzlich nicht möglich, bei Vorliegen mehrerer Behinderungen mit einem Teil-GdB von 20, wie dies bei der Klägerin zutrifft, einen Gesamt-GdB von 50 zu bilden und damit die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen. Umstände, wie etwa das besonders ungünstige Zusammenwirken von Behinderungen, die eine Ausnahme zulassen, liegen bei der Klägerin nicht vor.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt durch die vom SG und vom Senat durchgeführten Ermittlungen sowie die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen geklärt. Gesichtspunkte, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, sind nicht ersichtlich und werden von der Klägerin im Berufungsverfahren auch nicht aufgezeigt.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Bei der am 29.03.1950 geborenen Klägerin stellte das Landratsamt R. (LRA) mit Teil-Abhilfebescheid vom 02.06.2008 wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, eines Schulter-Arm-Syndroms und eines chronischen Schmerzsyndroms (Teil-GdB 30) sowie Ohrgeräuschen (Teil-GdB 10) den GdB mit 30 sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz fest.
Am 19.10.2010 beantragte die Klägerin beim LRA die Feststellung eines höheren GdB. Sie machte als Neuerkrankung eine mittelgradige Depression, Unterbauchschmerzen und Verdauungsprobleme nach einer Dickdarmoperation im Juni 2008 sowie eine Verschlimmerung des Tinnitus geltend.
Das LRA nahm medizinische Befundunterlagen zu den Akten (insbesondere Berichte Dr. S. vom 26.01.2010, Diagnose: Teilkompensierter Tinnitus; Dr. S. vom 15.03.2010 und 22.04.2010, Diagnosen: Mittelgradige depressive Episode, Tinnitus beidseits, chronisches LWS- und HWS-Syndrom, Hypertonie und vor zwei Jahren operierte Divertikulitis; R.-Kliniken S. vom 11.07.2008 und 28.07.2008) und holte die fachärztliche Stellungnahme der Dr. S. vom 11.11.2010 ein. In der gutachtlichen Stellungnahme der Versorgungsärztin K. vom 07.12.2010 wurde wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, eines Schulter-Arm-Syndroms und eines chronischen Schmerzsyndroms (Teil-GdB 30) sowie Ohrgeräuschen (Tinnitus), einer Depression und funktionellen Organbeschwerden (Teil-GdB 20) der GdB mit 40 vorgeschlagen.
Mit Bescheid vom 09.12.2010 stellte das LRA bei der Klägerin den GdB mit 40 seit dem 19.10.2010 neu fest.
Gegen den Neufeststellungsbescheid legte die Klägerin am 21.12.2010 durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein. Das LRA holte den Befundbericht des Dr. S. vom 20.02.2011 ein. Entsprechend einer weiteren gutachtlichen Stellungnahme des Dr. S. vom 12.03.2011 wies das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2011 zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 15.04.2011 durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Sie machte unter Vorlage medizinischer Unterlagen zur Begründung geltend, seit Mitte 2008 hätten sich ihr Gesundheitszustand und ihre Beschwerden verschlechtert. Im Juli 2008 habe sie sich einer schweren Darmoperation unterziehen müssen, bei der ein Stück Darm habe entfernt werden müssen. Seit dieser Zeit würden im Bereich der OP-Narbe sowie im Unterbauch Schmerzen auftreten. Eine höhergradige Schmerzsymptomatik sei vorhanden. Zudem habe sich der Tinnitus verschlechtert. Hierdurch leide sie seit Oktober 2009 an depressiven Störungen. Zudem leide sie unter Migräne mit Sehstörungen. Der GdB betrage mindestens 50.
Das SG hörte unter Übersendung der Stellungnahme des Dr. S. vom 12.03.2011 behandelnde Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen an. Die Fachärzte für Innere Medizin, Notfallmedizin und Palliativmedizin K./K. teilten in ihrer Stellungnahme vom 25.09.2011 unter Vorlage von Befundberichten die Diagnosen mit. Eine im Fachgebiet liegende somatoforme autonome Funktionsstörung von Herz und Kreislauf bedinge keine Höherstufung des GdB. Die Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie S. teilte in ihrer Stellungnahme vom 19.09.2011 unter Vorlage medizinischer Unterlagen (insbesondere Ärztlicher Entlassungsbericht der M. B. Kliniken vom 13.09.2011) die Diagnosen und Befunde mit. Sie schätzte den GdB "eher" auf 30 ein. Der HNO-Arzt Dr. S. teilte in seiner Stellungnahme vom 31.10.2011 unter Vorlage medizinischer Unterlagen die Befunde mit. Wegen eines dekompensierten Tinnitus schätzte er den GdB auf 20 und wegen einer Innenohrschwerhörigkeit den GdB auf 15 sowie auf dem HNO-Fachgebiet den Gesamt-GdB auf 25 ein. Der Orthopäde Dr. F. schätzte in seiner Stellungnahme vom 11.11.2011 wegen Veränderungen der Halswirbelsäule den GdB auf 30 bis 40 ein.
Das SG holte weiter das am 24.07.2012 vorgelegte neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr. S. ein. Dr. S. gelangte zu dem Ergebnis, bei der Klägerin liege gegenwärtig eine leicht- bis mäßiggradig ausgeprägte rezidivierende depressive Störung vor, für die zusammen mit funktionellen Organbeschwerden ein GdB von 20 veranschlagt werden könne. Von der Klägerin geklagte multiple, zum großen Teil nicht organisch bedingte Beschwerden und Stimmungsschwankungen könnten einer undifferenzierten Somatisierungsstörung zugeordnet werden, die zurzeit gering ausgeprägte sei. Der Ansicht von Dr. S. in ihrer Stellungnahme vom 19.09.2011, die depressive Symptomatik bedinge einen GdB von eher 30 könne zum damaligen Zeitpunkt gefolgt werden. Zwischenzeitlich sei es zu einer Besserung gekommen. Die festgestellten Gesundheitsstörungen seien zurzeit geringfügig bis leicht ausgeprägt. Eine früher zeitweise mittelgradige Ausprägung sei nach der Anamnese nicht ausgeschlossen, liege aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor. Dr. S. erachtete einen Gesamt-GdB von 40 für angemessen.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) holte das SG außerdem das Gutachten der Internistin K. vom 11.11.2012 ein. Sie schätzte bei der Klägerin wegen einer Hypertonie, funktioneller Herzbeschwerden und einer Refluxkrankheit den GdB jeweils auf 0 bis 10 sowie einer Sigmaresektion am 08.07.2008 den GdB auf 20 bis 30 ein. Weitere Erkrankungen, die in das orthopädische, HNO-ärztliche und neurologisch/psychiatrische Fachgebiet fielen, entzögen sich ihrer GdB-Einschätzung. Zur Einschätzung des Gesamt-GdB sei zudem eine gastroenterologische Beurteilung erforderlich.
Das SG hörte anschließend den Arzt für Innere Medizin - Gastroenterologie Dr. H. und die Orthopäden Dr. J./Dr. V. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. H. stimmte in seiner Stellungnahme vom 10.06.2013 der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 02.04.2013 zu. Dr. J. teilte in seiner Stellungnahme vom 30.09.2013 den Behandlungsverlauf, die Diagnosen und die erhobenen Befunde mit. Er schätzte im Hinblick auf die Wirbelsäule den GdB mit 30 bis 40 ein.
Das SG schlug den Beteiligten einen Vergleich dahin vor, bei der Klägerin den GdB mit 50 ab dem 19.10.2012 festzustellen.
Diesen Vergleichsvorschlag des SG nahm der Beklagte nicht an und trat im Verlauf des Klageverfahrens unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. B. vom 02.02.2012, Dr. R. vom 02.04.2013, der wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule und eines Schulter-Arm-Syndroms (Teil-GdB 20), Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen (Teil-GdB 20), einer Depression, seelischen Störung und funktioneller Organbeschwerden (Teil-GdB 20), Teilverlust des Dickdarms (Teil-GdB 10) sowie einer Refluxkrankheit der Speiseröhre und chronischer Magenschleimhautentzündung (Teil-GdB 10) den Gesamt-GdB weiterhin mit 40 vorschlug, sowie Dr. W. vom 16.10.2013 der Klage entgegen.
Weiter holte das SG das orthopädische Gutachten des Dr. K. vom 31.12.2013 ein. Dr. K. diagnostizierte in seinem Gutachten funktionell nicht wirksame Belastungsschmerzen ohne auffällige Bewegungseinschränkung im Bereich der Schulter rechts mehr als links (Rotatorenmanschetten-Syndrom), nach längerem Sitzen auftretende Belastungsschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule bei Skoliose ohne neurologische Ausstrahlung, anamnestisch Angabe von Beschwerden im Bereich der Kniegelenke, im Rahmen der Untersuchung frei, lokale Muskelverspannungen im Bereich der Nackenkette, muskuläre Überlastungsschmerzen zwischen Schulterblatt und Brustwirbelsäule, Spreizfußbildung und Übergewicht. Er bewertete hinsichtlich der Wirbelsäulenschäden den GdB weitestreichend mit 20 und hinsichtlich der Schulter gegen GdB weitreichend mit 10, im Übrigen ohne GdB-Einstufung. Unter Zugrundelegung der Einstufung des Dr. R. schätzte Dr. K. den Gesamt-GdB auf 40 ein.
Mit Urteil vom 28.03.2014 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, es könne kein höherer Gesamt-GdB als 40 gebildet werden.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 17.04.2014 zugestellte Urteil richtet sich die von der Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 12.05.2014 eingelegte Berufung. Sie hat zur Begründung unter Verweis auf ihr bisheriges Vorbringen geltend gemacht, auf psychiatrischem Fachgebiet sei im Hinblick auf eine generalisierte Angststörung in Kombination mit einer zeitweise auftretenden depressiven Symptomatik von einem GdB von mindestens 30 auszugehen. Die Klägerin hat sich hierzu auf die Angaben von Dr. S. berufen. Ferner seien ihre organischen Beschwerden bzw. Somatisierungsschmerzen sowie der Tinnitus beidseits mit einem Teil-GdB von mindestens 30 zu berücksichtigen. Für das Funktionssystem Bewegungs- und Haltungsorgane sei von einem Einzel-GdB von mindestens 30 bzw. 40 auszugehen. Dem entspräche die Einschätzung des Dr. F ... Darauf hinzuweisen sei, dass der Beklagte im laufenden Verfahren bereits einen Einzel-GdB von 30 anerkannt gehabt habe. Für die auf internistischem Gebiet liegenden Beeinträchtigungen sei von einem Teil-GdB von 30 auszugehen. Auf die Ausführungen der Ärztin K. werde verwiesen. Weiter hat die Klägerin auf den vom SG unterbreiteten Vergleichsvorschlag hingewiesen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 28. März 2014 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 9. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. April 2011 zu verpflichten, einen Grad der Behinderung von mindestens 50 seit 19. Oktober 2010 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Ausführungen der Klägerin in der Berufungsbegründung fänden im objektiven medizinischen Sachverhalt keine Stütze. Bei den bei der Klägerin vorliegenden Beeinträchtigungen bestünden erhebliche Überschneidungen, was im Ergebnis die Schwerbehinderteneigenschaft nicht rechtfertigen könne.
Der Senat hat Dr. S. sowie Dr. H. zu Veränderungen im Gesundheitszustand der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. S. hat in seiner Stellungnahme vom 07.10.2014 eine Veränderung verneint. Dr. H. hat in seiner Stellungnahme vom 16.10.2014 mitgeteilt, die Klägerin habe sich seit seiner Auskunft an das SG vom 10.06.2013 nicht mehr in der Praxis vorgestellt.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 09.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Neufeststellung eines höheren GdB als 40 seit der Antragstellung am 19.10.2010 zu.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites maßgeblichen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Begründung seiner eigenen Entscheidung Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das SG hat weiter unter zutreffender Darstellung und Anwendung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG) entschieden, dass bei der Klägerin die Neufeststellung eines GdB von 40 gerechtfertigt ist, dass aber ein höherer Gesamt-GdB als 40 nicht gebildet und anerkannt werden kann. Es hat hierzu in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ausführlich begründet, dass die psychiatrischen Gesundheitsstörungen mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten seien. Die Klägerin sei trotz psychischer Gesundheitsstörungen zu einem strukturierten Tagesablauf in der Lage. Ihr sei es möglich, ihre Lebensführung selbständig wahrzunehmen. Eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die eine Bewertung mit einem GdB von 30 rechtfertigen könne, liege nicht vor. Mit dem Teil-GdB von 20 seien organische Beschwerden, eine undifferenzierte Somatisierungsstörung sowie der Tinnitus hinreichend mit berücksichtigt. Für das Funktionssystem Bewegungs- und Haltungsorgane stehe der Klägerin kein höherer Einzel-GdB als 20 zu. Eine mindestens mittelgradige Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule liege nicht vor. Die Einschätzung des Dr. V. (gemeint dürfte Dr. J. sein) des GdB von 30 sei nicht überzeugend. Die Wirbelsäulenbeschwerden seien mit einem GdB von 20 zu bewerten. Im Funktionssystem der oberen Gliedmaßen lägen Gesundheitsstörungen des Schultergelenks rechts vor, die einen Einzel-GdB von 10 bedingten. Für den Funktionsbereich der unteren Extremitäten sei kein Teil-GdB anzuerkennen. Die Bewertung des GdB von 20 für den Teilverlust des Dickdarms und die Refluxerkrankung sei nicht zu beanstanden. Damit einhergehende Auswirkungen auf den geistigen und seelischen Zustand der Klägerin seien bereits im Rahmen des Funktionssystems der Nerven und Psyche hinreichend berücksichtigt und führten zu keiner weiteren Erhöhung des Teil-GdB. Eine gering- bis mittelgradige Schwerhörigkeit rechts und geringgradige Schwerhörigkeit links mit Ohrgeräuschen rechtfertigten keinen Einzel-GdB von mehr als 20. Die Schwerhörigkeit sei mit einem Teil-GdB von 15 zu bewerten. Die Erhöhung des Teil-GdB auf 20 sei allein unter zusätzlicher Berücksichtigung des Tinnitus zu rechtfertigen und als wohlwollend anzusehen. Aus den Einzel-GdB-Werten könne kein höherer Gesamt-GdB als 40 gebildet werden. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zum selben Ergebnis. Er nimmt auch insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zur Begründung seiner eigenen Entscheidung Bezug, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsverfahren bleibt auszuführen:
Auf nervenärztlichem Fachgebiet hat der Beklagte im angefochtenen Bescheid zutreffend als neu hinzugetretene Gesundheitsstörung eine Depression und funktionelle Organbeschwerden mit einem Teil-GdB von 20 berücksichtigt. Ein Teil-GdB von 30, wie die Klägerin meint, ist nicht gerechtfertigt. Eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die nach den VG Teil B 3.7 einen GdB von 30 (bis 40) rechtfertigt, ist bei der Klägerin im vorliegend streitigen Zeitpunkt der Neufeststellung des GdB nicht belegt. Der Ansicht von Dr. S. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 19.09.2011, dass bei der Klägerin in Kombination aus einer generalisierten Angststörung bei zeitweise auftretender depressiver Symptomatik der GdB "eher" mit 30 einzuschätzen sei, kann nicht gefolgt werden. Nach der Befundbeschreibung von Dr. S. in der genannten Zeugenaussage bestanden bei der Klägerin zwar eine gedrückte Stimmung, Lustlosigkeit, Energielosigkeit, Sorgenneigung, eine ängstliche Angespanntheit, Wertlosigkeitsgefühle und immer wieder auftretende Schlafstörungen. Dabei kommt es bei der Klägerin bei Auftreten von Belastungen zu einer zunehmenden Anspannung, die zu einer Zunahme des Tinnitus führt und damit zu einer Reduktion der Konzentrationsfähigkeit und zu einer gedrückten Stimmung sowie Arbeitsunfähigkeit, wobei Arbeitsunfähigkeitszeiten von längerer Dauer nicht ersichtlich und nach den von Dr. S. in seinem Gutachten hierzu wiedergegebenen Angaben der Klägerin auch nicht eingetreten sind. Nach den Beschreibungen von Dr. S. waren jedoch das formale und inhaltlich Denken, das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit und die Orientierung unauffällig. Die soziale Integration war gewährleistet und die familiäre und außerfamiliäre Integration vorhanden, ebenso die lebenspraktischen Fähigkeiten. Außerhalb von Belastungssituationen war keine Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit dokumentiert. Damit beschreibt auch Dr. S. keine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die einen Teil-GdB von 30 (bis 40) auf psychiatrischem Gebiet rechtfertigt. Es ist vielmehr von einem schwankenden Verlauf der seelischen Befindlichkeit der Klägerin auszugehen. Nach den VG Teil A 2f) sind Schwankungen im Gesundheitszustand bei längerem Leidensverlauf mit einem Durchschnittswert Rechnung zu tragen. Dies bedeutet: Wenn bei einem Leiden der Verlauf durch sich wiederholende Besserungen und Verschlechterungen des Gesundheitszustandes geprägt ist (Beispiele: chronische Bronchitis, Hautkrankheiten, Anfallsleiden), können die zeitweiligen Verschlechterungen - aufgrund der anhaltenden Auswirkungen auf die gesamte Lebensführung - nicht als vorübergehende Gesundheitsstörungen betrachtet werden. Dementsprechend muss in solchen Fällen bei der GdB-Beurteilung von dem "durchschnittlichen" Ausmaß der Beeinträchtigung ausgegangen werden. Ein Teil-GdB von 30 lässt sich danach auch nach den Beschreibungen von Dr. S. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage nicht begründen. Entsprechendes gilt hinsichtlich des im Ärztlichen Entlassungsbericht der M. B. Kliniken vom 13.09.2011 beschriebenen psychischen Befundes (Bericht der Klägerin von sorgenvollem Grübeln; Stimmung zum depressiven Pol verschoben; sonst ohne Auffälligkeit). Der Ansicht von Dr. S. in seinem Gutachten, der - von einer Besserung ausgehend - der Bewertung von Dr. S. "zum damaligen Zeitpunkt" zugestimmt hat, vermag sich der Senat danach nicht anzuschließen. Gesichtspunkte, die eine zeitliche Staffelung des Teil-GdB auf psychiatrischem Gebiet rechtfertigen, lassen sich auch dem Gutachten von Dr. S. nicht nachvollziehbar entnehmen. Bei der Klägerin kann damit nicht davon ausgegangen werden, dass im streitigen Zeitraum zeitweise ein Teil-GdB von 30 vorgelegen hat und zu berücksichtigen ist. Relevante neurologische Behinderungen haben weder Dr. S. noch Dr. S. beschrieben und lassen sich auch sonst den zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen nicht entnehmen.
Soweit die Klägerin wegen organischer Beschwerden bzw. Somatisierungsschmerzen und einem Tinnitus beidseits einen Teil-GdB von mindestens 30 geltend macht, kann ihr nicht gefolgt werden. Nach dem Vorbringen der Klägerin zur Begründung ihres Neufeststellungsantrags (Schreiben vom 17.10.2010) und zur Klagebegründung beim SG hat eine Verschlechterung des Tinnitus seit Oktober 2009 zu depressiven Störungen geführt. Auch nach den Angaben von Dr. S. in ihrer Zeugenaussage ist der Tinnitus im Zusammenhang mit seelischen Anspannungen der Klägerin zu sehen. Deshalb erachtet es der Senat vorliegend für gerechtfertigt, den Tinnitus der Klägerin in das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche einzubeziehen, womit der Tinnitus mit dem in diesem Funktionssystem bestehenden Teil-GdB von 20 mit abgegolten ist. Unabhängig davon bestünden bei einer eigenständigen GdB-Bewertung des Tinnitus wesentliche Überschneidungen, die zur Vermeidung einer Doppelbewertung die Erhöhung des Gesamt-GdB wegen des Tinnitus nicht rechtfertigt. Zudem hat die Klägerin nach den Beschreibungen von Dr. S. in seinem Gutachten nur nachrangig über den Tinnitus geklagt. Der abweichenden Bewertung von Dr. S. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 31.10.2011, der wegen des Tinnitus der Klägerin von einem Teil-GdB von 20 ausgeht, kann deshalb nicht gefolgt werden. Soweit die Klägerin geltend macht, es sei eine Verschlimmerung des Tinnitus dahin eingetreten, dass im Falle sehr lauter Umgebungsgespräche der Tinnitus für sie unerträglich werde, rechtfertigt dies ebenfalls nicht die eigenständige Berücksichtigung eines Teil-GdB. Nach ihren Angaben trägt sie kein Hörgerät. Eine Verschlechterung des Tinnitus ist medizinisch nicht belegt. Dr. S. wurde von der Klägerin nach September 2010 nicht mehr konsultiert (Aussage von Dr. S. vom 07.10.2014 an den Senat). Das von Dr. S. bei Untersuchung der Klägerin am 12.07.2012 erhobene Beschwerdebild ist durch neuere HNO-ärztliche oder psychiatrische Befunde hinsichtlich des Tinnitus nicht überholt.
Dass bei der Klägerin Somatisierungsschmerzen bestehen, die gesondert zu berücksichtigen sind, ist nicht anzunehmen. Nach den von Dr. S. in seinem Gutachten beschriebenen Angaben der Klägerin werden von ihr Schmerzmedikamente nicht eingenommen und die Klägerin hat über Beschwerden im Sinne einer chronischen Schmerzstörung nicht geklagt. Dem entsprechen auch die im Gutachten von Dr. K. vom 31.12.2013 beschriebenen Angaben, je nach Magenbeschwerden ab und zu Ibuprofen 600 einzunehmen, wobei die Klägerin die Einnahme von Medikamenten für den Zeitraum der letzten Woche verneint hat. Dies spricht für eine nur geringgradig ausgeprägte Schmerzsymptomatik bei Magenproblemen, die die eigenständige Berücksichtigung eines Teil-GdB nicht rechtfertigt. Für das Vorliegen eines außergewöhnlichen Schmerzsyndroms gibt es ebenfalls keinen Anhaltspunkt. Entsprechendes gilt für funktionelle Organbeschwerden der Klägerin. Bedeutsame funktionelle Organbeschwerden haben Dr. S. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage sowie Dr. S. und die Internistin K. in ihren Gutachten nicht angenommen. Nach dem Gutachten von Dr. S. sind bei der Klägerin nicht organisch bedingte Beschwerden lediglich gering ausgeprägt. Ein eigenständiger Teil-GdB ist hierdurch nicht gerechtfertigt.
Soweit die Klägerin hinsichtlich der Bewegungs- und Haltungsorgane einen Einzel-GdB von mindestens 30 bzw. 40 für angemessen erachtet, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden, wie das SG im angefochtenen Urteil ausführlich begründet hat. Neue Gesichtspunkte, die eine davon abweichende Entscheidung zu Gunsten der Klägerin rechtfertigen, zeigt die Klägerin im Berufungsverfahren nicht auf. Der Bewertung von Dr. F. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 11.11.2011, der wegen Behinderungen im Bereich der Halswirbelsäule von einem GdB von 30 bzw. 40 ausgeht, worauf sich die Klägerin im Berufungsverfahren berufen hat, kann nicht gefolgt werden. Die Bewertung von Dr. F. setzt nach den VG und der Rechtsprechung des Senates (vgl. Urteil vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 -; veröffentlicht in juris) schwere funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden in einem Wirbelsäulenabschnitt bzw. mittelschwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten voraus. Dass bei der Klägerin hinsichtlich der Halswirbelsäule schwere funktionelle Auswirkungen vorliegen, wovon Dr. F. ausgeht, lässt sich den Befundbeschreibungen von Dr. F. in seiner sachverständigen Zeugenaussage jedoch nicht entnehmen. Dr. F. berücksichtigt bei seiner Bewertung als schwerwiegend anzusehende Veränderungen fortgeschrittene degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule sowie Bandscheibenschäden. Nach den VG Teil B 18.1 und 18.9 rechtfertigen jedoch mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein noch nicht die Annahme eines GdB. Vielmehr ergibt sich der GdB primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Dr. F. beschreibt in seiner Zeugenaussage hierzu Nervenausstrahlungen und eine zeitweise Schwäche im Bereich der oberen Extremität. Diese Befundangaben rechtfertigen jedoch noch nicht die Annahme schwerer funktioneller Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden. Entsprechendes gilt auch für die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. J. vom 30.09.2013, dessen Befundbeschreibung sich ebenfalls keine mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten bzw. schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt entnehmen lassen. Hierauf weisen Dr. K. in seinem Gutachten und Dr. W. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.10.2013 überzeugend hin, denen sich der Senat anschließt. Soweit die Klägerin weiter darauf hinweist, dass der Beklagte im laufenden Verfahren diesbezüglich einen Einzel-GdB von 30 anerkannt habe, trifft dies so nicht zu. Richtig ist zwar, dass der Beklagte in den versorgungsärztlichen Stellungnahmen der Ärztin K. vom 07.12.2010, Dr. S. vom 12.03.2011 und Dr. B. vom 02.02.2012 wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, eines Schulter-Arm-Syndroms und chronischen Schmerzsyndroms von einem Teil-GdB von 30 ausgegangen ist. Damit hat der Beklagte jedoch einen Teil-GdB von 30 nicht rechtlich bindend anerkannt. Denn die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich vielmehr nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Außerdem lagen den Versorgungsärzten zu diesem Zeitpunkt die erst im Laufe des Verfahrens entstandenen umfassenden medizinische Befunde nicht vor.
Soweit sich die Klägerin im Berufungsverfahren unter Bezugnahme auf die "Befundmitteilung" der Ärztin Kast-Leder vom 11.11.2012 weiter darauf beruft, auf internistischem Gebiet sei von einem Teil-GdB von 30 auszugehen, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Die Ärztin K. ist in ihrem - auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten - Gutachten vom 11.11.2012 auf internistischem Gebiet wegen einer am 08.07.2008 durchgeführten Sigmaresektion von einem Teil-GdB von 20 bis 30 ausgegangen. Einen Teil-GdB von 30 hat die Ärztin K. nicht voll bestätigt. Dass ein Teil-GdB von 30 nicht gerechtfertigt ist, hat das SG im angefochtenen Urteil ausführlich und zutreffend dargelegt. Gesichtspunkte, die die Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil in Zweifel ziehen, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass es immer wieder zu einem Gefühl komme, als habe sich ihr der Darm verdreht, wobei damit einhergehende Schmerzen jeweils ca. 5 - 10 Minuten andauerten, sind diese von der Klägerin situationsabhängig beschriebenen und nur für kurze Zeit auftretenden Beschwerden und Schmerzen berücksichtigt, denn es ist der Teil-GdB 20 aus der höheren GdB-Bewertungsstufe von 20 bis 30 hierfür zuerkannt. Die Bewertung dieser Funktionsbeeinträchtigung mit einem GdB an der Obergrenze der Bewertungsstufe bzw. eines GdB der nächsthöheren Stufe ist im Hinblick auf Frequenz und Qualität der Beeinträchtigung nicht gerechtfertigt. Die Anhebung des vom SG berücksichtigten Teil-GdB von 20 auf 30 steht der Klägerin nicht zu. Weitere internistische Gesundheitsstörungen, die einen Teil-GdB von über 10 rechtfertigen, sind nicht ersichtlich. Sie lassen sich insbesondere dem Gutachten der Ärztin K. nicht entnehmen, die hinsichtlich einer Hypertonie, funktionellen Herzbeschwerden und einer Refluxkrankheit der Klägerin jeweils einen GdB von 0 bis 10 angenommen hat. Auch Dr. H. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 10.06.2013 die vom Beklagten wegen des Teilverlustes des Dickdarms (Teil-GdB 10) sowie der Refluxkrankheit der Speiseröhre und chronischen Magenschleimhautentzündung (Teil-GdB 10) in der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 02.04.2013 vorgenommene Bewertung geteilt. Eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung lässt sich der im Berufungsverfahren eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des Dr. H. vom 10.10.2014 nicht entnehmen.
Sonstige - nicht berücksichtigte - GdB-relevante Gesundheitsstörungen sind bei der Klägerin nicht belegt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich einer Migräne mit Sehstörungen. Nach den Beschreibungen im Gutachten von Dr. S. bestehen bei der Klägerin keine eindeutigen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Migräne. Auch Sehstörungen sind nicht dokumentiert.
Dem Vergleichsvorschlag des SG, auf den die Klägerin im Berufungsverfahren hingewiesen hat, kommt keine Bedeutung für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites zu.
Bei der Klägerin besteht damit keine schwerwiegende Behinderung, die mit einem Teil-GdB von 30 oder mehr zu bewerten ist. Nach den vom SG im angefochtenen Urteil zutreffend dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB ist es bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil des Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 211/13, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de und Urteile vom 25.03.2011 - L 8 SB 4762/08 - und 05.03.2010 - L 8 SB 5038/08 -, m.w.N., unveröffentlicht) ist es daher grundsätzlich nicht möglich, bei Vorliegen mehrerer Behinderungen mit einem Teil-GdB von 20, wie dies bei der Klägerin zutrifft, einen Gesamt-GdB von 50 zu bilden und damit die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen. Umstände, wie etwa das besonders ungünstige Zusammenwirken von Behinderungen, die eine Ausnahme zulassen, liegen bei der Klägerin nicht vor.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Für den Senat ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt durch die vom SG und vom Senat durchgeführten Ermittlungen sowie die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen geklärt. Gesichtspunkte, die Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, sind nicht ersichtlich und werden von der Klägerin im Berufungsverfahren auch nicht aufgezeigt.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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