Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 1360/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4361/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 26.09.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Krankengeld ab 03.12.2012.
Der im Dezember 1969 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert.
Auf seinen am 14.12.2009 gestellten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung wurde ihm nach zuvor erfolgter Ablehnung im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Reutlingen (S 12 R 2921/11) mit Urteil vom 12.02.2013 aufgrund eines Teilanerkenntnisses der Beklagten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.01.2012 zugesprochen. Hinsichtlich der davor liegenden Zeiträume wurde die Klage abgewiesen. Die hiergegen erhobene Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg (Urteil des LSG BW vom 20.11.2014 - L 10 R 1359/13). Das zurückweisende Berufungsurteil ist inzwischen rechtskräftig. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 21.03.2013 rückwirkend eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.01.2012.
Am 27.08.2012 hatte der Kläger eine Tätigkeit als Fahrer bei der Firma H. GmbH aufgenommen. Bei zwei Arbeitsunfällen während dieser versicherungspflichtigen Beschäftigung am 30.08.2012 bzw. am 03.09.2012 zog sich der Kläger Verletzungen am linken oberen Sprunggelenk und am rechten Handgelenk zu, was zur Arbeitsunfähigkeit des Klägers führte. Das Arbeitsverhältnis wurde durch die Firma H. GmbH zum 18.09.2012 gekündigt. Dem Kläger wurde aufgrund des Arbeitsunfalls Verletztengeld in Höhe von 42,23 EUR pro Tag ausbezahlt (vgl. Bl. 25 Verwaltungsakte), das er bis 02.12.2012 bezog.
Auf dem durch die BG Unfallklinik T. am 29.11.2012 ausgestellten Auszahlschein vermerkte der Kläger, er sei mit dem Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit am 02.12.2012 nicht einverstanden. Er wolle weiter Auszahlscheine erhalten, da er noch immer starke Schmerzen habe (Bl. 69 Verwaltungsakte). Dr. R. stellte ohne Nennung einer Diagnose am 07.12.2012 eine ärztliche Bescheinigung zur Erlangung von Krankengeld aus. Am 14.12.2012 fragte die Beklagte an, aus welchem Grund Arbeitsunfähigkeit bescheinigt werde (Bl. 114 Verwaltungsakte). Hierauf teilte Dr. R. am 14.12.2012 mit, dass die Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines chronischen HWS-Syndroms bestehe.
Mit Schreiben vom 27.12.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit aufgrund des Arbeitsunfalls ab 03.12.2012 wieder als Rentenantragsteller kranken- und pflegeversichert sei. Diese Versicherungsart enthalte keinen Anspruch auf Krankengeld. Die ärztliche Bescheinigung vom 07.12.2012 vermöge einen Krankengeldanspruch nicht zu begründen.
Am 08.01.2013 (Bl. 130 Verwaltungsakte) legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.12.2012 ein. Er bitte das Krankengeld im Laufe der Woche auf sein Konto zu überweisen. Der Kläger legte weitere Bescheinigungen des Dr. R. (Arzt für Allgemeinmedizin, Sportmedizin, Chirotherapie) vor. Die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T. teilte der Beklagten am 14.01.2013 mit, dass der Versicherte seit 03.12.2012 wieder als vollschichtig arbeitsfähig in der zuletzt ausgeführten Tätigkeit gelte.
Am 29.04.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 08.01.2013 zurück. Die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik habe Arbeitsunfähigkeit nur bis 02.12.2012 festgestellt aufgrund der folgenlos ausgeheilten Distorsion des Sprunggelenks. Dr. R. habe erst am 07.12.2012 erneut Arbeitsunfähigkeit festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger bereits als Rentenantragsteller bei der AOK krankenversichert gewesen ohne Anspruch auf Krankengeld. Bei der Krankengeldbewilligung sei bei zeitlich befristeter Arbeitsunfähigkeitsfeststellung für jeden Bewilligungsabschnitt erneut festzustellen, ob die Voraussetzungen des Krankengeldanspruches vorlägen. Darüber hinaus habe die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg ihm nunmehr mit Bescheid vom 21.03.2013 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zugebilligt, so dass sich aus der festgestellten Arbeitsunfähigkeit wegen § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V kein Krankengeldanspruch ergebe.
Hiergegen richtete sich die am 17.05.2013 beim Sozialgericht Reutlingen eingegangene Klage. Der Kläger brachte vor, er sei parallel zur Arbeitsunfähigkeit wegen des Sprunggelenksbruchs, der nicht einmal diagnostiziert worden sei, wegen Schmerzen im Rücken- und Halsbereich seit September 2012 durchgehend arbeitsunfähig gewesen. Darüber hinaus sei er nicht als Rentenantragsteller gesetzlich krankenversichert gewesen, denn er habe zwischenzeitlich eine Arbeit aufgenommen. Dies habe seinen Rentenantrag aufgehoben bzw. unterbrochen. Somit stehe ihm zweifelsfrei Kranken- und/oder Verletztengeld zu. Er verlange die Zahlung von Krankengeld und die Anerkennung der bereits eingereichten Auszahlscheine des Dr. R ... Mit Schreiben vom 08.10.2013 trug er weiter vor, dass er seit nunmehr fast einem Jahr arbeitsunfähig geschrieben sei und kein Krankengeld erhalte.
Das Sozialgericht Reutlingen hat am 04.06.2014 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert.
Das Sozialgericht Reutlingen wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26.09.2014 ab und führte zur Begründung aus, die form- und fristgerecht erhobene Klage sei zulässig aber unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Krankengeld ab 03.12.2012. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch sei § 44 Abs. 1 SGB V i. V. m. § 46 Abs. 1 SGB V. Danach entstehe der Anspruch auf Krankengeld von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folge. Dr. R. habe am 07.12.2012 eine nicht im Zusammenhang mit dem erlittenen Arbeitsunfall bzw. den erlittenen Arbeitsunfällen stehende erneute Arbeitsunfähigkeit des Klägers bescheinigt. Es bestünden erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass es sich auch um eine Erstbescheinigung handele. Maßgeblicher Tag der Beurteilung eines Krankengeldanspruchs sei der Tag, der auf den 07.12.2012 folge, also der 08.12.2012. Nach der Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Firma Glas und Technik H. GmbH sei der Kläger nicht mehr mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Selbst wenn der Kläger aber zum damaligen Zeitpunkt am 03.12.2012 mit einem Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten versichert gewesen wäre und während dieser Zeit arbeitsunfähig gewesen wäre, würde ein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld ab diesem Zeitpunkt nun ausscheiden. Dies folge aus § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V. Dem Kläger sei zwischenzeitlich eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.01.2012 bewilligt worden. Damit sei er ein Bezieher von Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem Zeitpunkt, den der Rentenversicherungsträger als Rentenbeginn festgesetzt habe. Dies führe dazu, dass der Kläger ab 03.12.2012 keinen Anspruch auf Krankengeld habe.
Gegen den am 30.09.2014 ihm zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21.10.2014 Berufung eingelegt.
Er trägt vor, er habe in der Sache eine Verhandlung gewollt und eine Zeugin sei nicht einmal vereidigt worden. Die Beklagte sei auf Krankengeldzahlung mit Zinseszins und Schadenersatz zu verurteilen. Sämtliche Versuche der Beklagten, kein Krankengeld zu zahlen, seien zu unterlassen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 26.09.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.04.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Krankengeld in gesetzlicher Höhe ab 03.12.2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts Reutlingen für zutreffend.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Akte des Sozialgerichts Reutlingen S 1 KR 1360/13 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig. Der Antrag des Klägers bezieht sich auf ab 03.12.2012 über die Dauer eines Jahres laufende Krankengeldleistungen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Sie ist aber unbegründet. Das Sozialgericht Reutlingen hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.04.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Leistung von Krankengeld ab 03.12.2012.
Nach §§ 44 Abs. 1, 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V besteht ein Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit die mit einem Krankengeldanspruch Versicherten arbeitsunfähig macht und die Arbeitsunfähigkeit lückenlos ärztlich festgestellt ist. Es bedarf keiner Entscheidung und Prüfung, ob diese Voraussetzungen des Anspruchs auf Krankengeld dem Grunde nach erfüllt sind.
Denn er hat jedenfalls deshalb keinen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld, weil ein solcher Anspruch nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V bei Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen ist. Hiernach endet für Versicherte, die Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehen, ein Anspruch auf Krankengeld vom Beginn dieser Leistung an; nach Beginn dieser Leistung entsteht ein neuer Krankengeldanspruch nicht. Für den Ausschluss des Krankengeldanspruchs nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V genügt es, dass Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden ist, ohne dass es auf die Höhe des Zahlbetrags oder die Frage, ob die Rente vor oder nach der Entstehung des Krankengeldanspruchs beginnt, ankommt (BSG, Urteil vom 28. September 2010, B 1 KR 31/09 R, juris). Die Regelung bezweckt, die Eintrittspflicht der Systeme der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung durch den rechtstechnischen Zeitpunkt des Rentenbeginns voneinander abzugrenzen. Mit dem "Beginn" der jeweiligen Rente ist der Zeitpunkt zu verstehen, von dem an sie im rentenversicherungsrechtlichen Sinne beansprucht werden kann, hier somit der 01.01.2012. Nicht maßgeblich ist hingegen das (spätere) Datum des Rentenbewilligungsbescheids oder einer sozialgerichtlichen Entscheidung. Die Ausschlusswirkung tritt unabhängig davon ein, ob Krankengeld über den Beginn der Rentenleistungen hinaus gezahlt worden ist, weil die Rente erst nachträglich bewilligt worden ist; in einem solchen Fall fällt der Krankengeldanspruch insgesamt rückwirkend weg (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1992, 1 RK 9/92, SozR 3-2500 § 48 Nr 4). Sie greift gleichfalls, wenn bis zu diesem Zeitpunkt (rechtmäßig oder rechtswidrig) kein Krankengeld gezahlt worden ist (BSG, Urteil vom 8. März 1990, 3 RK 9/89, SozR 3-2200 § 183 Nr 1). Nach der eindeutigen Rechtslage besteht daher kein Anspruch des Klägers auf die Gewährung von Krankengeld in einem Zeitraum, für den ihm die Rente wegen voller Erwerbsminderung zugebilligt ist.
Die Berufung ist mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Krankengeld ab 03.12.2012.
Der im Dezember 1969 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert.
Auf seinen am 14.12.2009 gestellten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung wurde ihm nach zuvor erfolgter Ablehnung im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Reutlingen (S 12 R 2921/11) mit Urteil vom 12.02.2013 aufgrund eines Teilanerkenntnisses der Beklagten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.01.2012 zugesprochen. Hinsichtlich der davor liegenden Zeiträume wurde die Klage abgewiesen. Die hiergegen erhobene Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg (Urteil des LSG BW vom 20.11.2014 - L 10 R 1359/13). Das zurückweisende Berufungsurteil ist inzwischen rechtskräftig. Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 21.03.2013 rückwirkend eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.01.2012.
Am 27.08.2012 hatte der Kläger eine Tätigkeit als Fahrer bei der Firma H. GmbH aufgenommen. Bei zwei Arbeitsunfällen während dieser versicherungspflichtigen Beschäftigung am 30.08.2012 bzw. am 03.09.2012 zog sich der Kläger Verletzungen am linken oberen Sprunggelenk und am rechten Handgelenk zu, was zur Arbeitsunfähigkeit des Klägers führte. Das Arbeitsverhältnis wurde durch die Firma H. GmbH zum 18.09.2012 gekündigt. Dem Kläger wurde aufgrund des Arbeitsunfalls Verletztengeld in Höhe von 42,23 EUR pro Tag ausbezahlt (vgl. Bl. 25 Verwaltungsakte), das er bis 02.12.2012 bezog.
Auf dem durch die BG Unfallklinik T. am 29.11.2012 ausgestellten Auszahlschein vermerkte der Kläger, er sei mit dem Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit am 02.12.2012 nicht einverstanden. Er wolle weiter Auszahlscheine erhalten, da er noch immer starke Schmerzen habe (Bl. 69 Verwaltungsakte). Dr. R. stellte ohne Nennung einer Diagnose am 07.12.2012 eine ärztliche Bescheinigung zur Erlangung von Krankengeld aus. Am 14.12.2012 fragte die Beklagte an, aus welchem Grund Arbeitsunfähigkeit bescheinigt werde (Bl. 114 Verwaltungsakte). Hierauf teilte Dr. R. am 14.12.2012 mit, dass die Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines chronischen HWS-Syndroms bestehe.
Mit Schreiben vom 27.12.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit aufgrund des Arbeitsunfalls ab 03.12.2012 wieder als Rentenantragsteller kranken- und pflegeversichert sei. Diese Versicherungsart enthalte keinen Anspruch auf Krankengeld. Die ärztliche Bescheinigung vom 07.12.2012 vermöge einen Krankengeldanspruch nicht zu begründen.
Am 08.01.2013 (Bl. 130 Verwaltungsakte) legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.12.2012 ein. Er bitte das Krankengeld im Laufe der Woche auf sein Konto zu überweisen. Der Kläger legte weitere Bescheinigungen des Dr. R. (Arzt für Allgemeinmedizin, Sportmedizin, Chirotherapie) vor. Die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T. teilte der Beklagten am 14.01.2013 mit, dass der Versicherte seit 03.12.2012 wieder als vollschichtig arbeitsfähig in der zuletzt ausgeführten Tätigkeit gelte.
Am 29.04.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 08.01.2013 zurück. Die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik habe Arbeitsunfähigkeit nur bis 02.12.2012 festgestellt aufgrund der folgenlos ausgeheilten Distorsion des Sprunggelenks. Dr. R. habe erst am 07.12.2012 erneut Arbeitsunfähigkeit festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger bereits als Rentenantragsteller bei der AOK krankenversichert gewesen ohne Anspruch auf Krankengeld. Bei der Krankengeldbewilligung sei bei zeitlich befristeter Arbeitsunfähigkeitsfeststellung für jeden Bewilligungsabschnitt erneut festzustellen, ob die Voraussetzungen des Krankengeldanspruches vorlägen. Darüber hinaus habe die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg ihm nunmehr mit Bescheid vom 21.03.2013 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zugebilligt, so dass sich aus der festgestellten Arbeitsunfähigkeit wegen § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V kein Krankengeldanspruch ergebe.
Hiergegen richtete sich die am 17.05.2013 beim Sozialgericht Reutlingen eingegangene Klage. Der Kläger brachte vor, er sei parallel zur Arbeitsunfähigkeit wegen des Sprunggelenksbruchs, der nicht einmal diagnostiziert worden sei, wegen Schmerzen im Rücken- und Halsbereich seit September 2012 durchgehend arbeitsunfähig gewesen. Darüber hinaus sei er nicht als Rentenantragsteller gesetzlich krankenversichert gewesen, denn er habe zwischenzeitlich eine Arbeit aufgenommen. Dies habe seinen Rentenantrag aufgehoben bzw. unterbrochen. Somit stehe ihm zweifelsfrei Kranken- und/oder Verletztengeld zu. Er verlange die Zahlung von Krankengeld und die Anerkennung der bereits eingereichten Auszahlscheine des Dr. R ... Mit Schreiben vom 08.10.2013 trug er weiter vor, dass er seit nunmehr fast einem Jahr arbeitsunfähig geschrieben sei und kein Krankengeld erhalte.
Das Sozialgericht Reutlingen hat am 04.06.2014 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert.
Das Sozialgericht Reutlingen wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26.09.2014 ab und führte zur Begründung aus, die form- und fristgerecht erhobene Klage sei zulässig aber unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Krankengeld ab 03.12.2012. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch sei § 44 Abs. 1 SGB V i. V. m. § 46 Abs. 1 SGB V. Danach entstehe der Anspruch auf Krankengeld von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folge. Dr. R. habe am 07.12.2012 eine nicht im Zusammenhang mit dem erlittenen Arbeitsunfall bzw. den erlittenen Arbeitsunfällen stehende erneute Arbeitsunfähigkeit des Klägers bescheinigt. Es bestünden erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass es sich auch um eine Erstbescheinigung handele. Maßgeblicher Tag der Beurteilung eines Krankengeldanspruchs sei der Tag, der auf den 07.12.2012 folge, also der 08.12.2012. Nach der Beendigung der versicherungspflichtigen Beschäftigung bei der Firma Glas und Technik H. GmbH sei der Kläger nicht mehr mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Selbst wenn der Kläger aber zum damaligen Zeitpunkt am 03.12.2012 mit einem Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten versichert gewesen wäre und während dieser Zeit arbeitsunfähig gewesen wäre, würde ein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld ab diesem Zeitpunkt nun ausscheiden. Dies folge aus § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V. Dem Kläger sei zwischenzeitlich eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.01.2012 bewilligt worden. Damit sei er ein Bezieher von Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem Zeitpunkt, den der Rentenversicherungsträger als Rentenbeginn festgesetzt habe. Dies führe dazu, dass der Kläger ab 03.12.2012 keinen Anspruch auf Krankengeld habe.
Gegen den am 30.09.2014 ihm zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21.10.2014 Berufung eingelegt.
Er trägt vor, er habe in der Sache eine Verhandlung gewollt und eine Zeugin sei nicht einmal vereidigt worden. Die Beklagte sei auf Krankengeldzahlung mit Zinseszins und Schadenersatz zu verurteilen. Sämtliche Versuche der Beklagten, kein Krankengeld zu zahlen, seien zu unterlassen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 26.09.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.04.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Krankengeld in gesetzlicher Höhe ab 03.12.2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts Reutlingen für zutreffend.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Akte des Sozialgerichts Reutlingen S 1 KR 1360/13 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig. Der Antrag des Klägers bezieht sich auf ab 03.12.2012 über die Dauer eines Jahres laufende Krankengeldleistungen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Sie ist aber unbegründet. Das Sozialgericht Reutlingen hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.04.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Leistung von Krankengeld ab 03.12.2012.
Nach §§ 44 Abs. 1, 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V besteht ein Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit die mit einem Krankengeldanspruch Versicherten arbeitsunfähig macht und die Arbeitsunfähigkeit lückenlos ärztlich festgestellt ist. Es bedarf keiner Entscheidung und Prüfung, ob diese Voraussetzungen des Anspruchs auf Krankengeld dem Grunde nach erfüllt sind.
Denn er hat jedenfalls deshalb keinen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld, weil ein solcher Anspruch nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V bei Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen ist. Hiernach endet für Versicherte, die Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehen, ein Anspruch auf Krankengeld vom Beginn dieser Leistung an; nach Beginn dieser Leistung entsteht ein neuer Krankengeldanspruch nicht. Für den Ausschluss des Krankengeldanspruchs nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V genügt es, dass Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden ist, ohne dass es auf die Höhe des Zahlbetrags oder die Frage, ob die Rente vor oder nach der Entstehung des Krankengeldanspruchs beginnt, ankommt (BSG, Urteil vom 28. September 2010, B 1 KR 31/09 R, juris). Die Regelung bezweckt, die Eintrittspflicht der Systeme der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung durch den rechtstechnischen Zeitpunkt des Rentenbeginns voneinander abzugrenzen. Mit dem "Beginn" der jeweiligen Rente ist der Zeitpunkt zu verstehen, von dem an sie im rentenversicherungsrechtlichen Sinne beansprucht werden kann, hier somit der 01.01.2012. Nicht maßgeblich ist hingegen das (spätere) Datum des Rentenbewilligungsbescheids oder einer sozialgerichtlichen Entscheidung. Die Ausschlusswirkung tritt unabhängig davon ein, ob Krankengeld über den Beginn der Rentenleistungen hinaus gezahlt worden ist, weil die Rente erst nachträglich bewilligt worden ist; in einem solchen Fall fällt der Krankengeldanspruch insgesamt rückwirkend weg (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1992, 1 RK 9/92, SozR 3-2500 § 48 Nr 4). Sie greift gleichfalls, wenn bis zu diesem Zeitpunkt (rechtmäßig oder rechtswidrig) kein Krankengeld gezahlt worden ist (BSG, Urteil vom 8. März 1990, 3 RK 9/89, SozR 3-2200 § 183 Nr 1). Nach der eindeutigen Rechtslage besteht daher kein Anspruch des Klägers auf die Gewährung von Krankengeld in einem Zeitraum, für den ihm die Rente wegen voller Erwerbsminderung zugebilligt ist.
Die Berufung ist mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht vor.
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