L 2 AS 5298/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 5462/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 5298/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 8. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob das Klageverfahren mit dem Aktenzeichen S 2 AS 1568/14 durch die seitens des Klägers im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 24. Oktober 2014 erklärte Rücknahme der Klage erledigt ist.

Der Kläger bezog Arbeitslosengeld II (Alg II) vom Beklagten. Nachdem er eine nach dem Bundesausbildungsforderungsgesetz förderungsfähige Ausbildung begonnen hatte, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 22. November 2013 den Weiterbewilligungsantrag des Klägers ab. Nach Eintritt der Bestandskraft dieser Ablehnung stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Diesen lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 25. Februar 2014 ab. Den Widerspruch des Klägers vom 3. bzw. 6. März 2014 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2014 als unbegründet zurück.

Mit seiner am 31. März 2014 erhobenen Klage (S 2 AS 1568/14) verfolgte der Kläger sein Begehren unter Wiederholungen und Vertiefungen seines vorgerichtlichen Vorbringens weiter.

Am 24. Oktober 2014 fand ein Termin zur Erörterung des Sachverhalts statt, in dem der Kläger die Rücknahme der Klage S 2 AS 1568/14 erklärte.

Mit Schreiben vom 14. November 2014 machte der Kläger die Fortführung des Klageverfahrens S 2 AS 1568/14 geltend. Die bei Eingang dieses Schreibens beim Sozialgericht Freiburg (SG) bereits ausgetragene Klage S 2 AS 1568/14 wurde daraufhin mit dem Aktenzeichen: S 2 AS 5462/14 neu eingetragen.

Mit Gerichtsbescheid vom 8. Dezember 2014 hat das SG festgestellt, dass infolge der Klagerücknahmeerklärung des Klägers vom 24. Oktober 2014 die Erledigung des Rechtsstreits S 2 AS 5462/14 - ehemals S 2 AS 1568/14 - eingetreten sei.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klagerücknahme habe den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Unwirksamkeitsgründe seien weder dargetan noch sonst ersichtlich. Anhaltspunkte für eine fehlende volle Geschäftsfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt des Erörterungstermins bestünden nicht. Sein nachträglicher Sinneswandel allein führe nicht zur Unwirksamkeit.

Gegen den dem Kläger mit Postzustellungsurkunde am 10. Dezember 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17. Dezember 2014 schriftlich beim SG Berufung eingelegt und vorgetragen, im Gerichtstermin am 24. Oktober 2014 sei er nicht geschäftsfähig gewesen und sei durch die anwesenden Personen stark beeinflusst gewesen. Er habe keine "Pflichtrechtsberatung" vor Ort erhalten und sei zum ersten Mal vor einem Gericht gestanden. Im Hinblick auf den Überprüfungsbescheid vom 25. März 2014 habe sich an seiner finanziellen Lage nichts geändert, außer dass sein Mietverzug nunmehr 10 Monate betrage. Er erhalte weder vom Jobcenter noch vom "Bafög-Amt" finanzielle Unterstützung und er könne keine Ratenzahlung an das Jobcenter bzw. die Inkassostelle in Frankfurt leisten, da er finanziell einfach nichts übrig habe. Er sehe es weiterhin nicht als seine Aufgabe an, die zu viel bezahlten Alg-Beiträge vom Jahr 2012 an das Jobcenter zurückzuzahlen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Freiburg vom 8. Dezember 2014 aufzuheben sowie den Überprüfungsbescheid vom 25. Februar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. März 2014 sowie den Bescheid vom 22. November 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Alg II zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die in der Sache entstandenen Gerichtsakten L 2 AS 5298/14 sowie die Akten des SG S 2 AS 1568/14 und S 2 AS 5462/14 sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung vom 18. Februar 2015 auch in Abwesenheit des Klägers über den Rechtsstreit entscheiden, da der Kläger ordnungsgemäß mit Postzustellungsurkunde vom 21. Januar 2015 zum Termin geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass auch im Falle seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann.

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das SG mit seinem Gerichtsbescheid vom 8. Dezember 2014 festgestellt, dass infolge der Klagerücknahme des Klägers das Klageverfahren S 2 AS 5462/14 (ehemals S 2 AS 1568/14) erledigt ist.

Über die Wirksamkeit der Klagerücknahme war in Fortsetzung des Klageverfahrens zu entscheiden, in dem diese erklärt wurde (Bundessozialgericht - BSG - SozR 1500 § 73 Nr. 6). Gem. § 102 Abs. 1 Satz 1 SGG kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurückgenommen werden. Die Erklärung der Rücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache (§ 102 Abs. 1 Satz 2 SGG). Diese Rechtswirkung ist vorliegend - so auch zutreffend das SG - eingetreten. Der prozessfähige Kläger - es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die mit der Berufungsbegründung behauptete "Geschäftsunfähigkeit" im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 24. Oktober 2014 vorgelegen hat - hat in diesem Termin die Klage wirksam zurückgenommen. Dies ergibt sich bereits aus der Niederschrift über diesen Termin, der insofern Beweiskraft zukommt (vgl. § 122 SGG i.V.m. § 165 Zivilprozessordnung - ZPO -). Die maßgeblichen Protokollierungsvorschriften des § 122 SGG i.V.m. §§ 160 Abs. 3 Nr. 8, 162 Abs. 2 und 3 ZPO sind gewahrt worden. Der Vorsitzende hat die seitens des Klägers erklärte Klagerücknahme protokolliert und anschließend vermerkt, dass die vom Kläger erklärte Klagerücknahme laut diktiert und genehmigt wurde.

Für die Form der Rücknahme einer Klage gelten dieselben Regeln wie für deren Einlegung. Nach § 90 SGG kann die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten eingelegt werden. Der Einlegung zur Niederschrift des Urkundsbeamten steht die Erklärung zu Protokoll in der Verhandlung nach § 122 SGG i.Vm. § 160 Abs. 3 Nr. 8 ZPO gleich. Hierfür ist Schriftform nicht erforderlich; notwendig ist lediglich die Protokollierung entsprechend der oben genannten Vorschriften. Diese sind allesamt beachtet worden.

Die somit wirksam erklärte Rücknahme der Klage kann als Prozesserklärung weder frei widerrufen noch entsprechend dem bürgerlich-rechtlichen Vorschriften wegen Irrtums (§ 119 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) angefochten werden (BSG, Beschluss vom 24. April 2003 - B 11 AL 33/03 B m.w.N., Juris; ). Zwar können auch Prozesshandlungen grundsätzlich im Verlauf des weiteren Verfahrens widerrufen, ergänzt, geändert oder berichtigt werden, dies gilt jedoch nur, solange der Rechtsstreit anhängig ist (Putzo in: Thomas/Putzo, ZPO, 35. Auflage, Einleitung III Rdnr. 21). Unwiderruflich und nicht abänderungsfähig sind darüber hinaus solche Prozesshandlungen, durch die der Prozessgegner eine Rechtsstellung erlangt oder aufgrund der er seine Rechtsstellung eingerichtet hat (Bundesfinanzhof - BFH -, BFH/NV 1992, 49;. Bayerisches LSG, Urteil vom 16. Oktober 2001 - L 15 V 37/01 - Juris). Dies ist bei der Klagerücknahme der Fall. Für die Anfechtung der Rücknahme in entsprechender Anwendung des § 123 BGB liegen keine Anhaltspunkte vor, abgesehen davon, dass auch insoweit die Anfechtung der Klagerücknahme ausgeschlossen ist (vgl. BSG SozR Nr. 6 zu § 102 SGG). Insbesondere trägt der Kläger nicht vor, er habe sich bei der Abgabe der Erklärung in einem Irrtum befunden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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