Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 11 R 1922/05
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 R 74/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am xxxxx 1963 geborene Klägerin stammt aus P., wo sie nach Abschluss einer Ausbildung im Gartenbau als Beraterin für Landwirtschaft und im elterlichen Landwirtschaftsbetrieb beschäftigt war. Seit 1988 lebt sie in D ... Nach längeren Auseinandersetzungen wegen ihres Aufenthalts wurde ihr eine Niederlassungserlaubnis erteilt. Sie ist Mutter einer 1992 geborenen Tochter, die sie nach längeren familiengerichtlichen Auseinandersetzungen mit ihrem früheren Ehemann wegen des Aufenthaltsbestimmungs- und Sorgerechts allein betreut und erzogen hat.
Die Klägerin durchlief mit Unterbrechungen Beschäftigungsverhältnisse u.a. als Aushilfe bei den J. und Briefsortiererin bei der Post und war nach einer im Jahre 2000 erfolgreich abgeschlossenen Umschulung zur Bürokauffrau in diesem Beruf bis April 2002 bzw. September 2003 beschäftigt. In der Folgezeit bezog sie verschiedene Sozialleistungen, zuletzt seit Januar 2005 Arbeitslosengeld II.
Mit Bescheid vom 29. September 2006 stellte das Versorgungsamt H. nach Abschluss des vor dem Sozialgericht Hamburg geführten Klageverfahrens S 31 SB 233/04 durch gerichtlichen Vergleich, dem ein zuvor von dem Nervenarzt Dr. H1 nach ambulanter Untersuchung der Klägerin eingeholtes Gutachten vom 6. Juli 2006 zugrunde lag, bei der Klägerin einen Grad der Behinderung von 40, beruhend auf den Gesundheitsstörungen psychische Störung, degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit Bandscheibenschaden und ausstrahlenden Beschwerden und Kniegelenksverschleiß fest.
Verwaltungsverfahren Ihren am 19. Januar 2005 gestellten Rentenantrag begründete die Klägerin mit zwei Bandscheibenvorfällen, degenerativen Veränderungen, Depressionen, ständigen Schmerzen und fehlender Anpassungsfähigkeit. Sie gab an, dass sie maximal noch 3 Stunden täglich mit Einschränkungen arbeiten könne. Die Beklagte ließ die Klägerin durch den Nervenarzt Dr. S4 und den Orthopäden Dr. S3 ambulant untersuchen. Dr. S4 diagnostizierte in seinem Gutachten vom 17. Februar 2005 lumboischialgieforme Beschwerden ohne radikuläre Ausstrahlung bei Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung und hielt die Klägerin für in der Lage, mit bestimmten Leistungseinschränkungen leichte bis mittelschwere Arbeiten mehr als 6 Stunden täglich zu leisten. Dr. S3 stellte in seinem Gutachten vom 18. Februar 2005 bei der Klägerin eine chronische Lumbalgie bei medialem Bandscheibenvorfall L 4/5 und L 5/S 1 mit vorübergehender, mittelgradiger Funktionsminderung sowie eine Polyarthralgie im Bereich des Nackens, der Hände und beider Kniegelenke ohne nachweisbares Krankheitskorrelat und ohne objektive Funktionsminderung fest und schloss sich der Leistungsbeurteilung Dr. S1 an. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 14. März 2005 ab.
Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, dass ihre gesundheitlichen Leiden (erhebliche Beschwerden und Schmerzen in allen Abschnitten der Wirbelsäule, Schwindelgefühle, Schwächeanfälle, Schwäche in Armen und Beinen, Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche, Gedächtnisstörung, Atemprobleme, Schmerzen im Herzbereich, starke Nervosität und Depression) und ihr hierdurch fehlendes Leistungsvermögen von den begutachtenden Ärzten nicht festgestellt und gewürdigt worden seien. Tatsächlich sei sie nicht leistungsfähig. Hierzu legte sie eine ausführliche Schilderung ihrer Beschwerden und der nach ihrer Auffassung dafür verantwortlichen Ursachen sowie eine Reihe von Kernspintomographieaufnahmen mit einer Auswertung des Röntgenarztes Dr. K. vor. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2005 zurück.
Klageverfahren erster Instanz Die Klägerin hat am 28. Juli 2005 Klage erhoben und ihr Rentenbegehren weiter verfolgt. Zur Begründung der Klage hat sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und weiterhin an ihrer Auffassung festgehalten, sie sei entgegen den Einschätzungen der Gutachter sehr krank, deshalb auch fortlaufend arbeitsunfähig krankgeschrieben und dauerhaft leistungsgemindert. Sie könne deshalb weder 3 Stunden täglich arbeiten noch eine Arbeit finden. Die gegenteiligen Einschätzungen der von der Beklagten beauftragten Gutachter seien wertlos. Sie beruhten auf unzureichenden, ihr gegenüber voreingenommenen und diskriminierenden Feststellungen und fehlerhaften Einschätzungen. Ergänzend hat die Klägerin vorgetragen, dass sie aufgrund von Bandscheiben- und Nervenschäden, Knochenabbau (Osteopenie), Versteifungen des Rückens, einer Skoliose, einer Beinlängendifferenz von 2 cm, einer Arthrose, einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung mit arthritischen Veränderungen in Händen und Füßen, eines Beckenrisses und Beckenschiefstandes, einer Schädigung beider Kniegelenke und eines Mangels an weißen Blutkörperchen unter starken Rückenschmerzen und Taubheitsgefühlen in den Beinen und den Händen, einer Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke, Muskelverspannungen, Kraftlosigkeit, Übelkeit, Schwindel, starker Müdigkeit und einer Darm- und Blasenstörung leide. Außerdem leide sie als Folge ihrer geschädigten Nerven unter einer Geruchs-, Geschmacks- Gehör- und Sehminderung, Schwindel sowie Sprach- und Sensibilitätsstörungen. Auch bestünden seelische Gesundheitsstörungen in Gestalt einer depressiven Neurose mit Antriebsminderung, Apathie, schwerer Erschöpfung, Schlaf-, Orientierungs- und Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Appetitminderung, einer Klaustrophobie sowie einer andauernden Persönlichkeitsveränderung. Weiter seien Erkrankungen am After (Hämorrhoiden, Analekzeme, Analfissur) und am Darm mit der Folge einer Blasen- und Darminkontinenz, Schwankungen zwischen zu hohem und zu niedrigem Blutdruck, ein Krampfaderleiden, eine Fructose-Intoleranz mit sekundärem Lactasemangel und hierdurch hervorgerufenen Folgen in Gestalt von Sodbrennen, Übelkeit, Blähungen, Verstopfungen, Durchfällen, Krämpfen mit kolikartigen Schmerzen, Erbrechen, Zittern, Schwitzen, Unterzuckerung und Lethargie nicht berücksichtigt worden. Schließlich leide sie an Kurzsichtigkeit, Cataract und Astigmatismus. Die wesentlichen Beschwerden könnten nicht mehr therapiert werden. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass sie schon während ihres Lebens in P. unterdrückt und unzureichend ernährt und gekleidet gewesen sei, sie nach ihrer Ankunft in D. erhebliche Probleme mit der Erlangung einer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis gehabt habe und außerdem durch ständigen Streit mit ihrem früheren Ehemann belastet gewesen sei. Schon mit den täglichen Anforderungen des Haushalts und der Betreuung ihrer Tochter komme sie nicht mehr zurecht. Aus dem Umstand, dass sie zahlreiche Verfahren durchgeführt und umfangreiche Schriftsätze vorgelegt habe, könne nicht auf eine bei ihr noch vorhandene erhebliche Energie geschlossen werden. Viele Verfahren hätten ihr Ehemann und Anwälte für sie durchgeführt, und die Schriftsätze seien von anderen Personen verfasst und von ihr nur unterschrieben worden. Zu Unrecht werfe man ihr ein bloßes Begehren einer Frührente vor. Sie habe viel und hart gearbeitet, trotz ihrer Behinderungen ein gesundes Kind geboren und erzogen, einen Führerschein gemacht, mit Erfolg eine Umschulungsmaßnahme absolviert und sei jahrelang berufstätig gewesen. Auch habe sie trotz anfänglich fehlender Deutschkenntnisse die vielen juristischen Auseinandersetzungen mit der Ausländerbehörde um ihren Aufenthalt in D. und mit ihrem früheren Ehemann wegen des Aufenthaltsbestimmungs- und Sorgerechts für ihre Tochter bewältigt und gut Deutsch gelernt. Dies alles habe sie bestimmt nicht getan, um frühzeitig berentet zu werden. Seit vielen Jahren sei sie aber wegen ihrer zahlreichen Beschwerden nicht mehr in der Lage, regelmäßig einer Arbeit nachzugehen. Vielmehr sei nicht nur ihr Leistungsvermögen in qualitativ außergewöhnlicher Weise, vor allem wegen der Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen und quantitativ auf unter 3 Stunden täglich reduziert, sondern auch ihre Wegefähigkeit aufgehoben, und sie könne Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung nicht aus eigener Kraft überwinden. Zur Unterstützung ihres Vorbringens hat die Klägerin zahlreiche ärztliche Unterlagen vorgelegt, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.
Das Sozialgericht hat die beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung H. vorhandenen Unterlagen, ein Gutachten des Nervenarztes Dr. K1 vom Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit vom 15. Februar 2006 sowie die Prozessakte des Sozialgerichts Hamburg zum Aktenzeichen S 28 KR 69/05 beigezogen und aus letzterer Kopien gefertigt, Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte Dres. W./ W1 (Orthopäden) vom 25. November 2005, Dr. M3 (Nervenarzt) vom Februar 2006 und des Psychotherapeuten H3 vom 13. Oktober 2009 eingeholt. Ferner hat es die Klägerin am 6. Oktober 2006 durch die Ärztin für Chirurgie Dr. S5, am 6. Februar 2008 durch den Nervenarzt Prof. Dr. M1 und am 2. November 2010 durch den Internisten Dr. W2 untersuchen lassen. Dr. S5 diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 11. Dezember 2006 auf ihrem Fachgebiet funktionelle Beschwerden der Lendenwirbelsäule bei Bandscheibenvorwölbung L 4/5 und geringergradig bei L 5/S 1, skoliotischer Fehlhaltung der Brust- und Lendenwirbelsäule und Beinlängendefizit links von 1,5 cm ohne nennenswerte Funktionsminderung und ohne neuromuskuläre Ausfallerscheinungen und sah Hinweise für das Bestehen einer somatoformen Schmerzstörung. Prof. Dr. M1 stellte in seinem Gutachten vom 22. Februar 2008 unter Berücksichtigung eines ihm vorgelegten Befundberichts des Facharztes für Urologie Dr. P2 vom 21. Januar 2008 auf seinem Fachgebiet die Diagnosen Dysthymie und anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Dr. W2 fand in dem Gutachten vom 9. November 2010 auf internistischem Fachgebiet eine Fruchtzuckerunverträglichkeit, eine allergische Disposition gegenüber verschiedenen Stoffen sowie eine chronische Funktionsstörung von Enddarm und Harnblase ohne Beeinträchtigung des Kräftezustandes. Von sämtlichen Gutachtern wurde die Klägerin bei bestehender Wegefähigkeit noch für imstande erachtet, leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten mit Gewichtsbelastungen von 10 bis max. 15 kg, mit geringer Verantwortung, in wechselnder Körperhaltung und in gut gelüfteten und temperierten Räumen regelmäßig vollschichtig, d.h. 6 Stunden und mehr am Tag zu verrichten. Auszuschließen seien Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen, ausschließlich stehende, gehende oder auch sitzende Tätigkeiten, Arbeiten unter Witterungseinflüssen wie Kälte, Nässe und Zugluft, Tätigkeiten mit erhöhter Anforderung an die Verantwortung der Klägerin sowie Arbeiten mit besonderen Stressbelastungen wie Akkord bzw. Nachtschicht. Ihre Wegefähigkeit sei erhalten. Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung könne die Klägerin mit zumutbarer Willensanspannung überwinden. Die Einschränkungen bestünden seit Rentenantragstellung.
Die Klägerin hat sämtliche Gutachter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Ihre Ablehnungsgesuche sind jedoch ohne Erfolg geblieben (Beschlüsse des Sozialgerichts Hamburg vom 4. März 2008, 5. November 2008 und 7. Januar 2011 und Beschlüsse des Landessozialgerichts Hamburg vom 15. Oktober 2008, 12. Dezember 2008, 17. März 2009 und 26. April 2011).
Während des Klageverfahrens wurde die Klägerin im Mai 2007 aufgrund der Diagnose Morbus Osgood Schlatter rechts (schmerzhafte Reizung des Ansatzes der Kniescheibensehne am vorderen Schienbein) einem operativen Eingriff mittels Kniegelenksspiegelung (Arthroskopie) unterzogen und dabei eine Exostose (knöchernes Überbein) abgemeißelt. Am 10. Juni 2009 erfolgte wegen eines Knorpelschadens Grad II-III im Bereich des rechten medialen Femurcondylus, d.h. des an der Beininnenseite rechts am Kniegelenk befindlichen Fortsatzes des Oberschenkelknochens, ein weiterer Eingriff mittels Arthroskopie, bei dem eine Knorpelglättung (Chondroplastik) und die Abtragung eines Teils der inneren Gelenkhaut (Synovektomie) durchgeführt wurden. Vom 13. bis 15. Juni 2010 befand sich die Klägerin erneut in stationärer Behandlung zur operativen Sanierung eines Krampfaderleidens im rechten Bein bei venöser Insuffizienz. Sämtliche Operationen verliefen komplikationslos. Die Klägerin wurde mit Empfehlungen zur Mobilisierung und alsbaldigen Vollbelastung in die ambulante Weiterbehandlung entlassen. Ärztliche Befunde über das Fortbestehen der Kniebeschwerden und des Krampfaderleidens wurden nicht vorgelegt.
Die der Klägerin mit der Gewährung von Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwälte G2 und später H4 sind auf die entsprechenden Anträge der Klägerin vom 30. Juli 2007 und vom 2. November 2011 und mit ihrem Einverständnis durch Beschlüsse des Sozialgerichts vom 20. September 2007 und vom 1. Dezember 2011 entpflichtet worden.
Das Sozialgericht hat die Klage nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 1. Dezember 2011 abgewiesen. Die Klägerin sei, wie sich aus den vorliegenden medizinischen Gutachten ergebe, weder voll noch teilweise erwerbsgemindert noch, da sie nach dem insoweit maßgeblichen Stichtag (2. Januar 1961) geboren sei, berufsunfähig. Es lägen auch weder eine (ungewöhnliche) Summierung von Leistungseinschränkungen noch eine (schwere) spezifische Leistungsbeeinträchtigung vor.
Berufungsverfahren Gegen das zunächst am 14. Dezember 2011 ihrem früheren, zu diesem Zeitpunkt aber bereits entpflichteten Prozessbevollmächtigten und sodann ihr selbst am 15. Mai 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Juni 2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung des Rechtsmittels wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen. Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass ihr wahrer Gesundheitszustand und ihr tatsächlich fehlendes Leistungsvermögen von den Vorgutachtern weder in tatsächlicher noch in fachlicher Hinsicht vollständig und zutreffend erfasst worden seien, sämtliche Gutachter ihr gegenüber voreingenommen gewesen seien und sie deshalb reine Gefälligkeitsgutachten zu Gunsten der Beklagten gestellt hätten, ohne dass ihre Angaben wiedergegeben und gewürdigt worden seien. Tatsächlich gehe es ihr immer schlechter. Es müssten deshalb auf neurologisch-psychiatrischem, orthopädisch-chirurgischem, urologischem, und schmerztherapeutischem Fachgebiet neue Gutachten eingeholt werden. Zudem habe das Sozialgericht, obwohl dies erforderlich gewesen sei, kein proktologisches Gutachten eingeholt und verkannt, dass Anhaltspunkte für eine Summierung von Leistungseinschränkungen und eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung vorlägen. Insbesondere ihre Blasen- und Darminkontinenz mache zusätzliche, betriebsunübliche Pausen erforderlich (Beweis: Einholung eines medizinischen und berufskundlichen Gutachtens); darüber hinaus bestehe diese Notwendigkeit aber auch wegen ihrer sonstigen Beschwerden. Zudem gehe ihr behandelnder Nervenarzt Dr. G. von einer schweren depressiven Störung aus. Das Führen von Verfahren beweise nicht das Vorliegen erheblicher Energien und Ressourcen, denn sie führe die Verfahren nicht selbst, und eine Berufstätigkeit könne sie auch nicht von zu Hause ausüben. Im Übrigen führten auch schwer depressive Menschen Verfahren selbst. Zur Unterstützung ihres Vorbringens hat die Klägerin auch im Berufungsverfahren eine Vielzahl ärztlicher Unterlagen vorgelegt, unter anderem
• zum Beleg der behaupteten Blasen- und Darminkontinenz Arztbriefe des I. Krankenhauses in H. vom 12. Dezember 2011, der Radiologischen Allianz H. vom 1. März 2011 über eine Kernspintomografie des Beckens, der Praxis für Coloproktologie H. (Dr. G1) vom 18. Oktober 2011, des I. Krankenhauses H. (Dr. R2 und Frau N1) vom 12. Dezember 2011 sowie • zum Beleg schwerwiegender seelischer Störungen einen Befundbericht des Nervenarztes G. vom 6. Dezember 2011, in dem ihr u.a. das Vorliegen einer chronifizierten somatoformen Störung und einer depressiven Störung als schwere Episode bescheinigt, zugleich aber angegeben wird, dass sich der Antrieb unter medikamentöser Therapie leicht verbessert habe und einen Ausdruck aus der Behandlungsdokumentation des Schmerztherapeuten Dr. T. für die Zeit von August 2005 bis November 2011.
Zusätzlich bestünden weitere Gesundheitsstörungen. So leide sie an Schädelbeschwerden, Gelenkdeformationen, Magen- und Leberschmerzen, einer chronischen Mittelohrentzündung und chronischem Schnupfen. Am 20. August 2012 sei sie wegen einer Verletzung des Trommelfells und einer chronischen Mittelohrentzündung am rechten Ohr operiert worden und höre deshalb sehr schlecht. Außerdem leide sie wegen überhöhter Blutdruckwerte unter Herzschmerzen. Weiter trägt sie vor, dass das erstinstanzliche Verfahren auch an Verfahrensmängeln leide. Sie sei von ihrem früheren Prozessbevollmächtigten und dem Sozialgericht unter Druck gesetzt worden, die Klage und ihre Ablehnungsgesuche zurückzunehmen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 5. Juni 2012, 16. August 2012, 18. Juli 2013, 22. April 2014, 8. Oktober 2014, 22. Oktober 2014, 27. Januar 2015, 30. Januar 2015 und 3. Februar 2015 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 1. Dezember 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit dem Grunde nach zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tritt der Berufung entgegen. Sie verweist auf die nach ihrer Auffassung zutreffenden Ausführungen des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils.
Der Senat hat der Klägerin zur Durchführung des Berufungsverfahrens mit Beschluss vom 14. Oktober 2013 unter Beiordnung von Rechtsanwalt L1 Prozesskostenhilfe bewilligt. Sodann hat er eingehende Ermittlungen angestellt. Befundberichte sind eingeholt worden von
• Dr. H2 (Orthopäde/Chirurg) vom 2. September 2004, • Dr. P1 (Neurologe/Psychiater) vom 22. Oktober 2013, • Frau S. (Ärztin für Allgemeinmedizin) vom 25. Oktober 2013, • Dr. M2 (Orthopäde) vom 28.Oktober 2013, • Dr. W5 (Hautärztin und Allergologin) vom 25. Oktober 2013, • Dr. R. (Nervenärztin) vom 29. Oktober 2013, • H3 (Psychotherapeut) vom 5. November 2013, • Dr. G1 (Coloproktologin) vom 29. Oktober 2013, • Dr. E.-S. (Orthopäde/Unfallchirurg) vom 4. November 2013, • Dr. T. (Schmerztherapeut) vom 1. November 2013, • Dr. V. (Ärztin für Allgemeinmedizin) vom 14. November 2013, • Dr. N. (Ärztin für Allgemeinmedizin) vom 20. November 2013, • Dr. R1 (Orthopäde) vom 19. November 2013, • Dr. W4 (Hautarzt) vom 27.11.2013, • Dr. S2/L. (Neurologen und Orthopäden) vom 29.Oktober 2013, • Dr. P2 (Urologe) vom 9. Dezember 2013, • Dr. Z. (Nervenarzt) vom 19. Dezember 2013 und • G. (Psychiater, Psychotherapeut) vom 22. Februar 2014
Weiter hat der Senat die Patientenakte des Krankenhauses T. über die dortige stationäre Behandlung der Klägerin durch operative Beseitigung von Krampfadern im Juni 2010 beigezogen.
Auf Anordnung des Senats hat der Nervenarzt Dr. T1 die Klägerin am 5. Juni 2014 untersucht und sie zusätzlich einer Reihe standisierter Tests unterzogen. In seinem Gutachten vom 28. August 2014 hat er eine Dysthymia als mild-symptomatische, chronifizierte affektive Störung, eine Somatisierungsstörung im Sinne eines somatoformen Schmerzsyndroms, einen Verdacht auf das Bestehen eines so genannten Querulantenwahns sowie ein degeneratives Wirbelsäulenleiden an der Lenden- und Halswirbelsäule diagnostiziert. Die Klägerin sei deshalb nur noch in der Lage, körperlich leichte Arbeit mit niedrigem Anspruch an die psychische Belastung und einem geringen Verantwortungsniveau in wechselnder Körperhaltung, mehrheitlich im Sitzen, mit regelmäßigen Aufsteh- und Bewegungspausen von mehrfach am Tag etwa 5 Minuten, in geschlossenen Räumen, auch auf einer Leiter vollschichtig, d.h. 6 Stunden täglich auszuüben, wenn weitere Leistungseinschränkungen beachtet würden. Zu vermeiden seien Arbeiten in länger einzunehmenden Zwangshaltungen, Tragebelastungen von mehr als 10-15 kg und Hebebelastungen von mehr als 5 kg, Nachtarbeit, Arbeiten mit deutlicher psychischer Belastung und Stress oder mit sonst belastenden Arbeitsbedingungen, etwa durch Akkordarbeit oder intensiven Kundenverkehr sowie Arbeiten mit physikalischer Belastung, z.B. durch Staub, Lärm etc ... Die Einschränkungen bestünden ab Rentenantragstellung. Relevante Änderungen im Leistungsvermögen seien nach der Befundlage – im Vergleich zu den Vorgutachten – nicht eingetreten. Die Wegefähigkeit sei erhalten. Die Klägerin sei auch in der Lage, Hemmungen gegenüber einer Arbeitsaufnahme durch zumutbare Willensanstrengung zu überwinden. Eine Behebung der Leistungseinschränkungen durch eine intensive, fördernde und fordernde Therapie frühestens innerhalb von 2-3 Jahren sei zwar prinzipiell möglich, doch fehle der Klägerin die hierfür erforderliche Therapiefähigkeit. Deshalb sei auch durch ein stationäres Rehabilitationsverfahren keine wesentliche Entwicklung zu erwarten. Den Vorgutachten stimme er vollen Umfangs zu. Weitere Gutachten sei nicht erforderlich. In seiner auf Anforderung des Senats vorgelegten ergänzenden Stellungnahme vom 26. Januar 2015 hat Dr. T1 ausgeführt, dass bei der Klägerin nicht das Bild einer wahnhaften, d.h. ungesteuerten und von Realitätsbezug und -kontrolle losgelösten Störung vorliege. Auch seien keine gravierenden Defizite der Ich-Struktur vorhanden. Vielmehr steuere die Klägerin ihr querulatorisches Verhalten bewusstseinsnah und setze erhebliche Energie und Ressourcen zur Aufrechterhaltung ihrer Selbstwahrnehmung und für die gewünschte rentenrechtliche Anerkennung ein. Mit zumutbarer Willensanstrengung könne sie deshalb auch eine Erwerbstätigkeit aufnehmen.
Die Klägerin hat das Gutachten kritisiert und geltend gemacht, dass Dr. T1 ihr gegenüber nicht objektiv und unvoreingenommen sei. Vielmehr habe er ihre Äußerungen teils unvollständig, teils unzutreffend wiedergegeben und sich diese zum Teil sogar ausgedacht, sie diskriminiert und beleidigt, bewusst fehlerhafte und widersprüchliche Befunde erhoben, ihre tatsächlichen Beschwerden nicht gewürdigt und so ein völlig falsches Bild einer angeblichen Leistungsfähigkeit erzeugt, um den Anspruch der Klägerin auf eine Rente zu vereiteln.
Der Senat hat sodann nach vorheriger ambulanter Untersuchung der Klägerin durch den Internisten und Sozialmediziner Prof. Dr. O. das Gutachten vom 9. Januar 2015 erstellen lassen. Dieser Sachverständige hat eine somatoforme Schmerzstörung mit psychovegetativer Labilität (Dysthymie), ein Lendenwirbelsäulensyndrom, eine Fruchtzuckerunverträglichkeit, eine Reizblase mit relativer Harninkontinenz (sog. Urgeinkontinenz), die gelegentlich zum unwillkürlichen Abgang kleinerer Mengen von Urin führen könne, und eine Neigung zu feuchter Flatulenz (vermehrte Gasbildung im Darm mit Feuchtigkeitsaustritt) diagnostiziert. Die Klägerin könne noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten einfacher bis durchschnittlicher geistiger Art und geringer Verantwortung in geschlossenen Räumen, aber auch im Freien und zu ebener Erde vollschichtig, d.h. 6 bis 8 Stunden täglich ausführen. Die Arbeiten könnten im Gehen, Stehen, Sitzen und in wechselnder Körperhaltung ausgeführt werden. Zu vermeiden seien häufiges Bücken, Zwangshaltungen, Arbeiten unter Zeitdruck, im Akkord, Schicht- und Nachtarbeiten, vermehrter Einfluss von Geräuschen und Arbeiten auf Leitern, Gerüsten oder an sonst gefährdenden Arbeitsplätzen. Zusätzliche Pausen seien nicht erforderlich. Es müsse eine Toilette in erreichbarer Nähe vorhanden sein. Die Wegefähigkeit sei erhalten. Bei zumutbarer Willensanspannung sei die Klägerin imstande, Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung zu überwinden. Die Einschränkungen bestünden seit Rentenantragstellung im Januar 2005. Die Einschränkungen würden in absehbarer Zeit nicht behoben sein. Durch Anpassungsstrategien könne eine Besserung erreicht werden. Eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme sei nicht angezeigt. Weitere Gutachten sei nicht erforderlich. Den Leistungsbeurteilungen der Vorgutachter Dr. S5, Prof. M1 und Dr. W2 stimme er zu; derjenigen von Dr. T1 insoweit nicht, als dieser lediglich noch leichte Arbeiten für möglich halte.
Auch dieses Gutachten hat die Klägerin als fehlerhaft bezeichnet und ausgeführt, der Sachverständige habe wesentliche, von ihr gemachte Angaben, objektiv vorliegende Befunde und von ihren Ärzten diagnostizierte Gesundheitsstörungen ignoriert, nur positive Informationen verwendet, sie nur unzureichend untersucht, erhobene Befunde falsch wiedergegeben, fehlerhafte Diagnosen gestellt, die von ihr zu Recht kritisierten Einschätzungen der Vorgutachter einfach übernommen und so bewusst ein falsches Bild ihres Leistungsvermögens erzeugt. Ihm fehle auch die fachliche Kompetenz, ihre Darm- und Blaseninkontinenz zu beurteilen.
Die Ablehnungsgesuche der Klägerin gegen den Vorsitzenden und Berichterstatter und den Sachverständigen Dr. T1 sind ohne Erfolg geblieben (Beschlüsse des Senats vom 23. September 2013, vom 28. Januar 2014, vom 11. Dezember 2014 und vom 6. Februar 2015).
Mit Schriftsätzen vom 27. Januar 2015 und 3. Februar 2015 hat die Klägerin weitere Ablehnungsgesuche angebracht und den Sachverständigen Dr. T1 wegen seiner Ausführungen im Gutachten vom 28. August 2014 und in der ergänzenden Stellungnahme vom 26. Januar 2015 und den Sachverständigen Prof. Dr. O. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dr. T1 habe den Ausführungen der Klägerin zu Unrecht widersprochen, ihr rechtliches Gehör versagt, sie beschimpft und plötzlich seine Meinung geändert, indem er, anders als noch in seinem Gutachten, das Vorliegen einer wahnhaften Störung verneine. Zu Unrecht ziehe er aus der Tatsache, dass sie Verfahren führe, den Schluss, dass bei ihr erhebliche Energien und Ressourcen vorhanden seien. Den Nachweis seiner Parteilichkeit müsse sie nicht erbringen. Vielmehr genüge es, dass von ihrem Standpunkt aus die Besorgnis der Befangenheit bei vernünftiger und objektiver Betrachtung begründet erscheine. Prof. Dr. O. sei ihr gegenüber ebenfalls voreingenommen. Dies ergebe sich aus ihrer berechtigten Kritik an seinem Gutachten und seinem Verhalten ihr gegenüber. Der Sachverständige habe sie früh am Morgen vor dem Untersuchungstermin angerufen und sie sehr stark wegen des Termins unter Druck gesetzt und sie bedroht. Sie habe 12 Stunden vor dem Termin nicht essen oder trinken dürfen und sehr früh aufstehen und lange mit dem Bus fahren müssen, was als Körperverletzung und Folter anzusehen sei. Wahrscheinlich habe der Sachverständige sie damit einschüchtern wollen. Sie habe sich wegen starken Durstes und Übelkeit kaum konzentrieren, bestimmt nicht über alle Details sprechen und der Untersuchung wegen ihrer Depression und Desorientierung nicht mehr folgen können. Während der Untersuchung habe der Sachverständige sie zur Unterzeichnung von Angaben und zu einer Blutuntersuchung gezwungen und sie bedroht. Er habe außerdem den bei ihr festgestellten Grad der Behinderung zu Unrecht als nicht nachvollziehbar bezeichnet. Seine Darstellung, die Klägerin habe keinen Bedarf, zusätzliche Informationen zu überbringen, sei ebenfalls falsch. Vielmehr habe sie mehrfach ihre Beschwerden geschildert, und außerdem sei sie so behindert und krank, dass mehrstündige Befragungen ihr nicht zuzumuten und schädlich seien. Es sei auch nicht Aufgabe des Sachverständigen gewesen, sie zu begrapschen und ihre Unterwäsche zu untersuchen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der im Sitzungsprotokoll vom 9. Februar 2015 aufgeführten Akten und Unterlagen, insbesondere die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754). Danach haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser (Abs. 1) bzw. voller (Abs. 2) Erwerbs¬minderung, wenn sie
1. teilweise (bzw. voll) erwerbgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind auch
1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinde-rung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemin¬dert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI).
Erwerbsgemindert ist dagegen nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens kann der Senat nicht zu seiner vollen Überzeugung feststellen, dass die Klägerin ganz oder teilweise erwerbsgemindert ist.
Nach ständiger gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hängt der Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung auch nach dem seit 1. Januar 2001 geltenden Recht davon ab, ob und inwieweit das individuelle Leistungsvermögen eines Versicherten wegen Art, Umfang und voraussichtlicher Dauer der Krankheiten und Behinderungen, an denen er leidet, in qualitativer und quantitativer Hinsicht eingeschränkt ist, und ob er mit diesem Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen rechtlichen und tatsächlichen Bedingungen ein Erwerbseinkommen erzielen kann. Hierfür reicht es aus, wenn derartige, dem jeweils bestehenden Leistungsvermögen angepasste Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Zahl angeboten werden. Nicht erforderlich ist, dass der Versicherte eine leidensangepasste Arbeit auch tatsächlich findet. Kann ein Versicherter trotz qualitativer Leistungseinschränkungen noch täglich mindestens 6 Stunden Tätigkeiten ausüben, die in ungelernten Beschäftigungsverhältnissen üblicherweise gefordert werden (wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw.), kann davon ausgegangen werden, dass er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen einsatzfähig ist. Erst dann, wenn sich solche Bereiche des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht beschreiben lassen und deshalb ernste Zweifel an der tatsächlichen Einsatzfähigkeit des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen aufkommen, muss geprüft werden, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine besondere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt. Ist dies der Fall, muss dem Versicherten mindestens eine konkrete Verweisungstätigkeit mit ihren typischen, das Anforderungsprofil bestimmenden Merkmalen benannt werden, die seinem Restleistungsvermögen entspricht (vgl. ausführlich BSG, Urteile vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 78/09 R, NZS 2012, S. 302 und vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R, SozR 4-2600 § 43 Nr. 18, beide Entscheidungen mit umfangreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur auch in juris veröffentlicht).
Nach diesen Maßstäben liegt bei der Klägerin keine Erwerbsminderung vor. Zwar bestehen bei ihr Gesundheitsstörungen, die ihr Leistungsvermögen in qualitativer Hinsicht einschränken. Die Klägerin leidet auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet an funktionellen Beschwerden der Lendenwirbelsäule bei Bandscheibenvorwölbungen L 4/5 und geringergradig bei L 5/S 1, einer skoliotischen Fehlhaltung der Brust- und Lendenwirbelsäule und einem Beinlängendefizit links von 1,5 cm ohne nennenswerte Funktionsminderung und ohne neuromuskuläre Ausfallerscheinungen. Die Funktion der übrigen Wirbelsäulenabschnitte ist nicht wesentlich eingeschränkt. Auf nervenärztlichem Fachgebiet liegen eine Dysthymie in Form einer mild-symptomatischen, chronifizierten affektiven Störung und eine Somatisierungsstörung im Sinne eines somatoformen Schmerzsyndroms vor. Auf internistischem Fachgebiet bestehen eine allergische Disposition gegenüber verschiedenen Stoffen, eine chronische Funktionsstörung von Enddarm (mit der Neigung zu Ekzemen, Analfissuren und Hämorrhoiden) und Harnblase mit Dranginkontinenz für Urin und einer Neigung zu feuchter Flatulenz (vermehrte Gasbildung im Darm mit Feuchtigkeitsaustritt) mit noch ausreichendem Kräftezustand der Beckenbodenmuskulatur. Trotz dieser Gesundheitsstörungen war und ist die Klägerin seit der Stellung ihres Rentenantrages noch imstande, leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten mit Tragebelastungen von bis zu 10, maximal 15 kg und Hebebelastungen bis 5 kg, Arbeiten einfacher geistiger Art mit geringer Verantwortung, überwiegend im Sitzen, mit stündlich wiederkehrender Gelegenheit zu Arbeiten in wechselnder Körperhaltung im Gehen und Stehen, zu ebener Erde und in gut gelüfteten, temperierten Räumen vollschichtig, d.h. mehr als 6 Stunden je Arbeitstag zu verrichten. Eine Toilette muss in erreichbarer Nähe sein. Vermeiden muss sie allerdings ihrer Gesundheit abträgliche Arbeiten in länger andauernden Wirbelsäulenzwangshaltungen, ausschließlich gehende, stehende oder sitzende Tätigkeiten, Arbeiten unter Witterungseinflüssen wie Kälte, Nässe und Zugluft, Arbeiten mit physikalischer Belastung, z.B. durch Staub, Lärm u.ä., Arbeiten auf Leitern, Gerüsten oder an sonst gefährdenden Arbeitsplätzen, Tätigkeiten mit erhöhter Anforderung an die Verantwortung sowie Arbeiten mit besonderen Stressbelastungen wie Akkord bzw. Nachtschicht, intensivem Kundenverkehr. Zusätzliche, betriebsunübliche Pausen, insbesondere für Toilettengänge, sind nicht erforderlich. Die Wegefähigkeit der Klägerin ist erhalten. Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung kann sie mit zumutbarer Willensanspannung überwinden.
Der Senat stützt seine Beurteilung auf die insoweit weitestgehend übereinstimmenden Gutachten der medizinischen Sachverständigen Dr. S4, Dr. S3, Dr. S5, Prof. Dr. M1, Dr. W2, Dr. T1 und Prof. Dr. O., deren Ausführungen er für in jeder Hinsicht vollständig, nachvollziehbar, schlüssig und deshalb überzeugend hält. Zu Gunsten der Klägerin hat er dabei auch Leistungseinschränkungen unterstellt, über die unter den genannten Sachverständigen keine Einigkeit besteht. Mit dem danach bestehenden Restleistungsvermögen kann die Klägerin jedenfalls eine Vielzahl der in der berufskundlichen Stellungnahme des Sachverständigen M. vom 15. Juni 2014 beschriebenen leichten Pack-, Mon- tier-, Produktions-, Prüf-, Etikettier- und Kommissionierungsarbeiten ausüben, wie sie unter den üblichen Bedingungen des für die Klägerin offenen Arbeitsmarktes nach wie vor in hinreichender Zahl angeboten werden und bei deren Ausübung der Klägerin auch eine in erreichbarer Nähe liegende Toilette mit Handwaschgelegenheit zur Verfügung stünde (§ 6 Abs. 2 der Arbeitsstättenverordnung vom 12. August 2004, BGBl. I S. 2179, mit Ausführungsbestimmungen in Anhang 4.1 Abs. 1 ArbStättV und Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR) A4.1 "Sanitärräume" unter Nr. 5). Ob sie einen leidensgerechten Arbeitsplatz tatsächlich finden kann, ist rentenrechtlich irrelevant.
An der Annahme des beschriebenen Leistungsvermögens ist der Senat nicht durch den Umstand gehindert, dass die Klägerin kurz vor dem Verhandlungstermin den Sachverständigen Dr. T1 erneut und den Sachverständigen Prof. Dr. O. erstmals wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat. Diese Gesuche folgen in stereotyper Weise dem Muster der bisherigen erfolglosen Ablehnungen. Sie erweisen sich ebenfalls als haltlos und sind nicht geeignet, vom Standpunkt eines vernünftig denkenden Beteiligten aus betrachtet Bedenken gegen die Unparteilichkeit der Sachverständigen Dr. T1 und Prof. Dr. O. zu begründen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 406 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) und § 60 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 42 Abs. 1 und 2 ZPO). Soweit die Klägerin ihre Vorwürfe gegen Dr. T1 wiederholt, ist das Ablehnungsgesuch unzulässig, denn hierüber hat der Senat bereits durch nicht anfechtbaren Beschluss vom 11. Dezember 2014 entschieden. Soweit die Klägerin ihr Ablehnungsgesuch darauf stützen will, dass Dr. T1 abweichend von seinem Gutachten nunmehr das Vorliegen einer wahnhaften Störung verneint habe, ist dem entgegenzuhalten, dass Dr. T1 mit seinen diesbezüglichen Ausführungen der Anforderung des Senats nach Klärung einer möglichen Unstimmigkeit in seinem Gutachten nachgekommen ist (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 6. Februar 2015) und sich seine Ausführungen im Rahmen dessen bewegen, was ein psychiatrischer Gutachter aus seiner ärztlichen Sicht feststellen kann. Abgesehen davon hat die Klägerin selbst die von Dr. T1 gestellte Verdachtsdiagnose auf Vorliegen eines Querulantenwahns als ungerechtfertigte Beschimpfung und Diskriminierung bezeichnet. Auch die gegen Prof. Dr. O. erhobenen Vorwürfe der Klägerin vermögen die Besorgnis der Befangenheit dieses Sachverständigen nicht zu begründen. Die Klägerin nennt keine objektiven Tatsachen, die ihr Vorbringen stützen könnten, sondern interpretiert das Untersuchungsgeschehen aus ihrer subjektiven Sicht heraus und zieht hieraus Schlussfolgerungen, die durch nichts gerechtfertigt sind. Soweit sie aufgefordert worden ist, früh morgens und nüchtern zur Untersuchung zu erscheinen und sich einer Blutuntersuchung und einer körperlichen Untersuchung einschließlich derjenigen ihrer Unterwäsche zu unterziehen, beruht dies auf den Erfordernissen einer proktologischen Untersuchung. Die hierin liegenden Beeinträchtigungen überschreiten nicht das Maß dessen, was von Patienten in gleicher Lage von Ärzten dieser Fachrichtung erwartet und allgemein akzeptiert wird. Im Übrigen erschöpft sich auch dieses Ablehnungsgesuch in Unterstellungen und Vorwürfen, für deren Richtigkeit die Klägerin keine objektiven Anhaltspunkte benennt. Insbesondere schildert sie keinen Sachverhalt, aus dem sich herleiten ließe, dass Prof. Dr. O. die Klägerin bedroht, erpresst oder unter Druck gesetzt habe. Welche Angaben sie unterzeichnen sollte, und ob diese Angaben dem Zweck der Untersuchung dienten, wird ebenfalls nicht deutlich. Soweit der Sachverständige ausgeführt hat, die Klägerin habe keine zusätzlichen Informationen überbringen wollen, kann hieraus nicht abgeleitet werden, dass der Sachverständige ihre Beschwerdeschilderung nicht zur Kenntnis habe nehmen wollen, führt doch die Klägerin selbst aus, dass ihr im Hinblick auf ihren schlechten Gesundheitszustand und die ungünstigen Rahmenbedingungen der Untersuchung eine längere Befragung nicht zuzumuten gewesen sei. Im Übrigen war dem Sachverständigen der Inhalt der Akten bekannt, so dass es einer Wiedergabe aller Beschwerdeschilderungen, ärztlichen Befunde und Diagnosen und Einschätzungen im Einzelnen nicht bedurfte. Sollte der Sachverständige den Grad der Behinderung von 40 als nicht nachvollziehbar bezeichnet haben, kann hierin eine ärztliche Bewertung liegen, die auch dann, wenn sie nicht zuträfe, keine Besorgnis der Befangenheit begründen könnte. Schließlich sind auch keine konkreten Anhaltspunkte für die Behauptung der Klägerin ersichtlich, dass der Sachverständige sich der behaupteten Methoden bedient haben und so bewusst ein falsches Bild ihres Leistungsvermögens erzeugt haben könnte.
Auch das übrige Vorbringen der Klägerin kann zu keiner anderen Beurteilung ihres Leistungsvermögens führen. Mit ihm lässt sich auch unter Berücksichtigung sämtlicher vorliegender Befundberichte, Arztbriefe und sonstiger Unterlagen weder eine über die genannten qualitativen Leistungseinschränkungen hinausgehende quantitative Einschränkung ihrer Leistungsfähigkeit auf regelmäßige Arbeiten von unter 6 Stunden pro Arbeitstag begründen noch die Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen. Weder auf nervenärztlichem noch auf orthopädisch-chirurgischem oder internistischem Fachgebiet liegen Befunde vor, die eine derartige Einschränkung des Restleistungsvermögens der Klägerin begründen könnten.
Auf nervenärztlichem Fachgebiet besteht entgegen der Auffassung der Klägerin keine depressive Störung, die über die von Prof. Dr. M1 und Dr. T1 beschriebene milde Ausprägung in Gestalt einer Dysthymie hinausginge. Diese Diagnose haben auch die Nervenärzte Dr. P1 und Dr. H1 gestellt, wobei der von diesem erhobene psychopathologische Befund mit den von Prof. M1 und Dr. T1 erhobenen Befunden in jeder Hinsicht übereinstimmt. Der Psychotherapeut H3 hat zum Schweregrad der von ihm angenommenen mittelgradigen depressiven Reaktion keine verwertbaren Angaben gemacht. Seine Ausführungen beschränken sich auf die Darstellung der Angaben der Klägerin und seine Interpretation, dass sie vor dem Hintergrund einer depressiven Persönlichkeitsstruktur die zahlreichen Belastungsfaktoren, denen sie ausgesetzt gewesen sei, nur mit extremer Anstrengung und beständiger Überforderung habe bewältigen können. Die sich zusätzlich entwickelnde Schmerzsymptomatik habe die Neigung zur depressiven Reaktion verstärkt. Ein psychopathologischer Befund, der diese Annahmen stützen könnte, fehlt dagegen. Gleiches gilt für die Ausführungen der behandelnden Nervenärzte Dres. K3/K2 und deren Praxisnachfolgerin Dr. R., G. und Z., die der Klägerin eine mittelschwere oder gar schwere Depression bescheinigt haben, ohne dass die mitgeteilten Befunde ausreichen würden, um die für eine mittel- oder schwergradige Depression nach dem ICD-10 erforderlichen Kriterien zu erfüllen. Hinzu kommt, dass die Klägerin entgegen den Ausführungen der genannten Behandler keineswegs in ihrem Antrieb nennenswert reduziert ist, sondern zur Aufrechterhaltung ihrer Selbstwahrnehmung und zur Durchsetzung ihres Rentenbegehrens eine bewusst gesteuerte und auch kurzfristig abrufbare Energie an den Tag legt und damit beweist, dass bei ihr durchaus beträchtliche Ressourcen vorhanden sind, die sie auch zur Aufnahme und Ausübung einer Erwerbstätigkeit einsetzen könnte. Dies hat die Klägerin auch im Vorfeld des Verhandlungstermins eindrucksvoll unter Beweis gestellt, indem sie am 2. Februar 2015 fünf weitere Schriftsätze eingereicht hat. Unabhängig davon, ob die Klägerin ihre zahllosen und umfangreichen Schriftsätze selbst angefertigt oder sich hierzu anderer Personen bedient hat, bedarf es doch einer genauen und sorgfältigen Durchsicht und der Erfassung des Inhalts der umfänglichen Unterlagen im Einzelnen, um so präzise und detailliert vorzutragen, wie die Klägerin es tut. Zutreffend weist die Klägerin im Übrigen selbst darauf hin, dass es ihr u.a. gelungen sei, die schwierigen Lebensumstände in P. und die langwierigen und sicherlich belastenden Auseinandersetzungen mit der zuständigen Ausländerbehörde der Stadt H. wegen ihres Aufenthalts in D. und mit ihrem früheren Ehemann wegen des Aufenthaltsbestimmungs- und Sorgerechts für ihre Tochter durchzustehen, die Tochter allein großzuziehen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und eine Umschulungsmaßname mit Erfolg durchzuführen. Soweit ihr Verhalten nach Auffassung von Dr. T1 krankheitswertige Züge (im Sinne einer milden Form der "Kampfparanoia") aufweist und deshalb den Verdacht auf das Vorliegen eines sog. Querulantenwahns begründet, hat dieser Sachverständige auf Nachfrage des Senats in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26. Januar 2015 schlüssig und nachvollziehbar klargestellt, dass hierdurch das Krankheitsbild einer wahnhaften Störung mit Realitäts- und Kontrollverlust, die geeignet sein könnte, das Leistungsvermögen der Klägerin weitergehend als bisher angenommen zu begrenzen, nicht gegeben ist, sondern die Klägerin ihre Realität hinreichend wahrnimmt und über die erforderlichen Ressourcen und Energien verfügt, die ihr bei Anspannung ihrer Willenskraft die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und die Überwindung entgegenstehender Hemmungen gestatten würden.
Dieser Umstand spricht auch gegen die Annahme, dass die festgestellte Somatisierungsstörung im Sinne eines somatoformen Schmerzsyndroms bei der Klägerin so schwerwiegend ausgestaltet ist, dass sie in ihrem Schmerzerleben weitgehend oder vollständig gefangen und dieses nicht zu überwinden imstande wäre.
Auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet hat keiner der die Klägerin behandelnden Ärzte klinische Befunde erhoben, die auf eine nennenswerte Nervenwurzelbeeinträchtigung der Wirbelsäule hindeuten. Vielmehr stimmen die insoweit vorliegenden Befundberichte und Diagnosen mit den Feststellungen der medizinischen Sachverständigen überein. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind insbesondere die zahllosen radiologischen Befundauswertungen nicht geeignet, eine Nervenwurzelbeeinträchtigung zu belegen, denn es handelt sich um bildgebende Befunde, welche die erhobenen klinischen Befunde, insbesondere das Fehlen neuromuskulärer Ausfallerscheinungen, nicht in Frage stellen können. Die Verkrümmung der Wirbelsäule (Skoliose), die Verschleißerscheinungen und die Fehlstellungen der Wirbelsäule der Klägerin einschließlich der festgestellten Bandscheibenveränderungen sind mit den beschriebenen Leistungseinschränkungen hinreichend berücksichtigt. Auch ein Verlust an Knochensubstanz, der weitergehende Einschränkungen des Leistungsvermögens begründen könnte, liegt nicht vor. Die im November 2005 festgestellte Verminderung der Knochendichte (Osteopenie) hatte nach den zutreffenden Feststellungen von Dr. S5 im Oktober 2006 nicht den Grad einer Osteoporose erreicht. Spätere Befunde, die derartiges nahelegen könnten, liegen nicht vor. Zudem kann dem Fortschreiten einer solchen Entwicklung nach den Empfehlungen der Behandler Dres. E. pp. durch kalziumreiche Ernährung und Bewegung entgegengewirkt werden. Soweit die vorliegenden Unterlagen ein wiederholt aufgetretenes Kniegelenksverschleißleiden rechts erkennen lassen, ist durch die beschriebenen operativen Eingriffe offenbar Abhilfe geschaffen worden; es handelt sich insoweit um ein Behandlungsleiden, dem keine rentenrechtliche Relevanz zukommt und das im Übrigen den beschriebenen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht entgegensteht.
Auf internistischem Fachgebiet besteht zusätzlich zu den oben genannten Gesundheitsstörungen eine Fruchtzuckerunverträglichkeit, der die Klägerin indessen, wie Dr. W2 und Prof. Dr. O. zutreffend ausgeführt haben, durch Änderung ihrer Ernährungsgewohnheiten (Reduktion der Zufuhr von Früchten und deren Ersatz durch Gemüse) leicht begegnen kann und die deshalb sozialmedizinisch irrelevant ist. Hierdurch würde es der Klägerin voraussichtlich auch gelingen, die von ihr geschilderten und nach den Ausführungen von Dr. W2 infolge der Fruchtzuckerunverträglichkeit auftretenden Darmbeschwerden (Blähungen, Völlegefühl, Bauchschmerzen, Durchfall und Verstopfungen) zu vermeiden oder zu mildern. Auch die übrigen Beschwerden im Bereich des Darmes, des Afters und der Blase sind, wie sich aus den Ausführungen von Dr. W2 und Prof. Dr. O. ergibt, entweder einer Behandlung zugänglich (Analfissuren, Ekzeme, Hämorrhoiden) oder bewirken keine weitergehenden als die genannten Einschränkungen des Leistungsvermögens. Die von der Klägerin behauptete Darminkontinenz hat Prof. Dr. O. zutreffend ausgeschlossen; sie ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin gerade nicht aus den Befundberichten ihrer behandelnden Ärzte. Dort ist im Gegenteil immer wieder erwähnt, dass die Klägerin vor allem einen verminderten Stuhlgang angegeben hatte und der Kneifdruck der Beckenbodenmuskulatur der Klägerin zwar herabgesetzt, aber immer noch ausreichend war. Über Stuhldrang und eine einmalig aufgetretene Inkontinenz für flüssigen Stuhl im Rahmen eines gastrointestinalen Infektes hat die Klägerin nur am 24. Juli 2008 in der proktologischen Sprechstunde des U. berichtet. Dem entspricht es, dass Prof. O. bei seiner Untersuchung der Klägerin keine Inkontinenzeinlagen vorgefunden hat. Die Benutzung derartiger Einlagen könnte ihr andererseits beim Umgang mit ihrem Harndrang helfen, der durch die vielfach beschriebene Reizblase hervorgerufen wird. Soweit die Klägerin das Bestehen einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung behauptet, ist dies nach wie vor nicht belegt. Vielmehr hat sich bei den diesbezüglichen eingehenden Untersuchungen im M.-Krankenhauses H. und in der Schwerpunktpraxis für Rheumatologie und Autoimmunerkrankungen im Februar und März 2010 hierfür gerade kein Anhaltspunkt ergeben, und gegenteilige Befunde liegen auch sonst nicht vor. Gleiches gilt für das behauptete Herzleiden. Die insoweit im September und Oktober 2011 im Cardiologicum H. und bei der Nuklearmedizin in H.- W3 durchgeführten Untersuchungen haben keinen krankhaften Herzbefund ergeben. Mit dem im Jahre 2010 festgestellten und im Krankenhaus T. operativ beseitigten Krampfaderleiden kann ebenfalls keine dauerhafte, mehr als 6 Monate andauernde Einschränkung des Leistungsvermögens begründet werden.
Die übrigen Leiden, auf die sich die Klägerin beruft, liegen entweder nicht vor oder sind behandelt worden oder behandelbar und deshalb ebenfalls ohne rentenrechtliche Bedeutung. Dies gilt insbesondere für die Trommelfelloperation im M.-Krankenhauses am 20. August 2012 und für die zwar schwankenden, aber häufig noch im Normbereich liegenden Blutdruckwerte, die zudem durch eine geeignete Medikation besser eingestellt werden könnten.
Die Klägerin kann auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beanspruchen, weil sie nicht vor dem 1. Januar 1961 geboren ist und schon deshalb die Anspruchsvoraussetzung nach § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI nicht erfüllt. Es kann daher dahinstehen, ob sie berufsunfähig im Sinne von § 240 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGB VI ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen, weil ein Zulassungsgrund im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am xxxxx 1963 geborene Klägerin stammt aus P., wo sie nach Abschluss einer Ausbildung im Gartenbau als Beraterin für Landwirtschaft und im elterlichen Landwirtschaftsbetrieb beschäftigt war. Seit 1988 lebt sie in D ... Nach längeren Auseinandersetzungen wegen ihres Aufenthalts wurde ihr eine Niederlassungserlaubnis erteilt. Sie ist Mutter einer 1992 geborenen Tochter, die sie nach längeren familiengerichtlichen Auseinandersetzungen mit ihrem früheren Ehemann wegen des Aufenthaltsbestimmungs- und Sorgerechts allein betreut und erzogen hat.
Die Klägerin durchlief mit Unterbrechungen Beschäftigungsverhältnisse u.a. als Aushilfe bei den J. und Briefsortiererin bei der Post und war nach einer im Jahre 2000 erfolgreich abgeschlossenen Umschulung zur Bürokauffrau in diesem Beruf bis April 2002 bzw. September 2003 beschäftigt. In der Folgezeit bezog sie verschiedene Sozialleistungen, zuletzt seit Januar 2005 Arbeitslosengeld II.
Mit Bescheid vom 29. September 2006 stellte das Versorgungsamt H. nach Abschluss des vor dem Sozialgericht Hamburg geführten Klageverfahrens S 31 SB 233/04 durch gerichtlichen Vergleich, dem ein zuvor von dem Nervenarzt Dr. H1 nach ambulanter Untersuchung der Klägerin eingeholtes Gutachten vom 6. Juli 2006 zugrunde lag, bei der Klägerin einen Grad der Behinderung von 40, beruhend auf den Gesundheitsstörungen psychische Störung, degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit Bandscheibenschaden und ausstrahlenden Beschwerden und Kniegelenksverschleiß fest.
Verwaltungsverfahren Ihren am 19. Januar 2005 gestellten Rentenantrag begründete die Klägerin mit zwei Bandscheibenvorfällen, degenerativen Veränderungen, Depressionen, ständigen Schmerzen und fehlender Anpassungsfähigkeit. Sie gab an, dass sie maximal noch 3 Stunden täglich mit Einschränkungen arbeiten könne. Die Beklagte ließ die Klägerin durch den Nervenarzt Dr. S4 und den Orthopäden Dr. S3 ambulant untersuchen. Dr. S4 diagnostizierte in seinem Gutachten vom 17. Februar 2005 lumboischialgieforme Beschwerden ohne radikuläre Ausstrahlung bei Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung und hielt die Klägerin für in der Lage, mit bestimmten Leistungseinschränkungen leichte bis mittelschwere Arbeiten mehr als 6 Stunden täglich zu leisten. Dr. S3 stellte in seinem Gutachten vom 18. Februar 2005 bei der Klägerin eine chronische Lumbalgie bei medialem Bandscheibenvorfall L 4/5 und L 5/S 1 mit vorübergehender, mittelgradiger Funktionsminderung sowie eine Polyarthralgie im Bereich des Nackens, der Hände und beider Kniegelenke ohne nachweisbares Krankheitskorrelat und ohne objektive Funktionsminderung fest und schloss sich der Leistungsbeurteilung Dr. S1 an. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 14. März 2005 ab.
Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, dass ihre gesundheitlichen Leiden (erhebliche Beschwerden und Schmerzen in allen Abschnitten der Wirbelsäule, Schwindelgefühle, Schwächeanfälle, Schwäche in Armen und Beinen, Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche, Gedächtnisstörung, Atemprobleme, Schmerzen im Herzbereich, starke Nervosität und Depression) und ihr hierdurch fehlendes Leistungsvermögen von den begutachtenden Ärzten nicht festgestellt und gewürdigt worden seien. Tatsächlich sei sie nicht leistungsfähig. Hierzu legte sie eine ausführliche Schilderung ihrer Beschwerden und der nach ihrer Auffassung dafür verantwortlichen Ursachen sowie eine Reihe von Kernspintomographieaufnahmen mit einer Auswertung des Röntgenarztes Dr. K. vor. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2005 zurück.
Klageverfahren erster Instanz Die Klägerin hat am 28. Juli 2005 Klage erhoben und ihr Rentenbegehren weiter verfolgt. Zur Begründung der Klage hat sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und weiterhin an ihrer Auffassung festgehalten, sie sei entgegen den Einschätzungen der Gutachter sehr krank, deshalb auch fortlaufend arbeitsunfähig krankgeschrieben und dauerhaft leistungsgemindert. Sie könne deshalb weder 3 Stunden täglich arbeiten noch eine Arbeit finden. Die gegenteiligen Einschätzungen der von der Beklagten beauftragten Gutachter seien wertlos. Sie beruhten auf unzureichenden, ihr gegenüber voreingenommenen und diskriminierenden Feststellungen und fehlerhaften Einschätzungen. Ergänzend hat die Klägerin vorgetragen, dass sie aufgrund von Bandscheiben- und Nervenschäden, Knochenabbau (Osteopenie), Versteifungen des Rückens, einer Skoliose, einer Beinlängendifferenz von 2 cm, einer Arthrose, einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung mit arthritischen Veränderungen in Händen und Füßen, eines Beckenrisses und Beckenschiefstandes, einer Schädigung beider Kniegelenke und eines Mangels an weißen Blutkörperchen unter starken Rückenschmerzen und Taubheitsgefühlen in den Beinen und den Händen, einer Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke, Muskelverspannungen, Kraftlosigkeit, Übelkeit, Schwindel, starker Müdigkeit und einer Darm- und Blasenstörung leide. Außerdem leide sie als Folge ihrer geschädigten Nerven unter einer Geruchs-, Geschmacks- Gehör- und Sehminderung, Schwindel sowie Sprach- und Sensibilitätsstörungen. Auch bestünden seelische Gesundheitsstörungen in Gestalt einer depressiven Neurose mit Antriebsminderung, Apathie, schwerer Erschöpfung, Schlaf-, Orientierungs- und Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Appetitminderung, einer Klaustrophobie sowie einer andauernden Persönlichkeitsveränderung. Weiter seien Erkrankungen am After (Hämorrhoiden, Analekzeme, Analfissur) und am Darm mit der Folge einer Blasen- und Darminkontinenz, Schwankungen zwischen zu hohem und zu niedrigem Blutdruck, ein Krampfaderleiden, eine Fructose-Intoleranz mit sekundärem Lactasemangel und hierdurch hervorgerufenen Folgen in Gestalt von Sodbrennen, Übelkeit, Blähungen, Verstopfungen, Durchfällen, Krämpfen mit kolikartigen Schmerzen, Erbrechen, Zittern, Schwitzen, Unterzuckerung und Lethargie nicht berücksichtigt worden. Schließlich leide sie an Kurzsichtigkeit, Cataract und Astigmatismus. Die wesentlichen Beschwerden könnten nicht mehr therapiert werden. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass sie schon während ihres Lebens in P. unterdrückt und unzureichend ernährt und gekleidet gewesen sei, sie nach ihrer Ankunft in D. erhebliche Probleme mit der Erlangung einer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis gehabt habe und außerdem durch ständigen Streit mit ihrem früheren Ehemann belastet gewesen sei. Schon mit den täglichen Anforderungen des Haushalts und der Betreuung ihrer Tochter komme sie nicht mehr zurecht. Aus dem Umstand, dass sie zahlreiche Verfahren durchgeführt und umfangreiche Schriftsätze vorgelegt habe, könne nicht auf eine bei ihr noch vorhandene erhebliche Energie geschlossen werden. Viele Verfahren hätten ihr Ehemann und Anwälte für sie durchgeführt, und die Schriftsätze seien von anderen Personen verfasst und von ihr nur unterschrieben worden. Zu Unrecht werfe man ihr ein bloßes Begehren einer Frührente vor. Sie habe viel und hart gearbeitet, trotz ihrer Behinderungen ein gesundes Kind geboren und erzogen, einen Führerschein gemacht, mit Erfolg eine Umschulungsmaßnahme absolviert und sei jahrelang berufstätig gewesen. Auch habe sie trotz anfänglich fehlender Deutschkenntnisse die vielen juristischen Auseinandersetzungen mit der Ausländerbehörde um ihren Aufenthalt in D. und mit ihrem früheren Ehemann wegen des Aufenthaltsbestimmungs- und Sorgerechts für ihre Tochter bewältigt und gut Deutsch gelernt. Dies alles habe sie bestimmt nicht getan, um frühzeitig berentet zu werden. Seit vielen Jahren sei sie aber wegen ihrer zahlreichen Beschwerden nicht mehr in der Lage, regelmäßig einer Arbeit nachzugehen. Vielmehr sei nicht nur ihr Leistungsvermögen in qualitativ außergewöhnlicher Weise, vor allem wegen der Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen und quantitativ auf unter 3 Stunden täglich reduziert, sondern auch ihre Wegefähigkeit aufgehoben, und sie könne Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung nicht aus eigener Kraft überwinden. Zur Unterstützung ihres Vorbringens hat die Klägerin zahlreiche ärztliche Unterlagen vorgelegt, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.
Das Sozialgericht hat die beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung H. vorhandenen Unterlagen, ein Gutachten des Nervenarztes Dr. K1 vom Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit vom 15. Februar 2006 sowie die Prozessakte des Sozialgerichts Hamburg zum Aktenzeichen S 28 KR 69/05 beigezogen und aus letzterer Kopien gefertigt, Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte Dres. W./ W1 (Orthopäden) vom 25. November 2005, Dr. M3 (Nervenarzt) vom Februar 2006 und des Psychotherapeuten H3 vom 13. Oktober 2009 eingeholt. Ferner hat es die Klägerin am 6. Oktober 2006 durch die Ärztin für Chirurgie Dr. S5, am 6. Februar 2008 durch den Nervenarzt Prof. Dr. M1 und am 2. November 2010 durch den Internisten Dr. W2 untersuchen lassen. Dr. S5 diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 11. Dezember 2006 auf ihrem Fachgebiet funktionelle Beschwerden der Lendenwirbelsäule bei Bandscheibenvorwölbung L 4/5 und geringergradig bei L 5/S 1, skoliotischer Fehlhaltung der Brust- und Lendenwirbelsäule und Beinlängendefizit links von 1,5 cm ohne nennenswerte Funktionsminderung und ohne neuromuskuläre Ausfallerscheinungen und sah Hinweise für das Bestehen einer somatoformen Schmerzstörung. Prof. Dr. M1 stellte in seinem Gutachten vom 22. Februar 2008 unter Berücksichtigung eines ihm vorgelegten Befundberichts des Facharztes für Urologie Dr. P2 vom 21. Januar 2008 auf seinem Fachgebiet die Diagnosen Dysthymie und anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Dr. W2 fand in dem Gutachten vom 9. November 2010 auf internistischem Fachgebiet eine Fruchtzuckerunverträglichkeit, eine allergische Disposition gegenüber verschiedenen Stoffen sowie eine chronische Funktionsstörung von Enddarm und Harnblase ohne Beeinträchtigung des Kräftezustandes. Von sämtlichen Gutachtern wurde die Klägerin bei bestehender Wegefähigkeit noch für imstande erachtet, leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten mit Gewichtsbelastungen von 10 bis max. 15 kg, mit geringer Verantwortung, in wechselnder Körperhaltung und in gut gelüfteten und temperierten Räumen regelmäßig vollschichtig, d.h. 6 Stunden und mehr am Tag zu verrichten. Auszuschließen seien Arbeiten in Wirbelsäulenzwangshaltungen, ausschließlich stehende, gehende oder auch sitzende Tätigkeiten, Arbeiten unter Witterungseinflüssen wie Kälte, Nässe und Zugluft, Tätigkeiten mit erhöhter Anforderung an die Verantwortung der Klägerin sowie Arbeiten mit besonderen Stressbelastungen wie Akkord bzw. Nachtschicht. Ihre Wegefähigkeit sei erhalten. Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung könne die Klägerin mit zumutbarer Willensanspannung überwinden. Die Einschränkungen bestünden seit Rentenantragstellung.
Die Klägerin hat sämtliche Gutachter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Ihre Ablehnungsgesuche sind jedoch ohne Erfolg geblieben (Beschlüsse des Sozialgerichts Hamburg vom 4. März 2008, 5. November 2008 und 7. Januar 2011 und Beschlüsse des Landessozialgerichts Hamburg vom 15. Oktober 2008, 12. Dezember 2008, 17. März 2009 und 26. April 2011).
Während des Klageverfahrens wurde die Klägerin im Mai 2007 aufgrund der Diagnose Morbus Osgood Schlatter rechts (schmerzhafte Reizung des Ansatzes der Kniescheibensehne am vorderen Schienbein) einem operativen Eingriff mittels Kniegelenksspiegelung (Arthroskopie) unterzogen und dabei eine Exostose (knöchernes Überbein) abgemeißelt. Am 10. Juni 2009 erfolgte wegen eines Knorpelschadens Grad II-III im Bereich des rechten medialen Femurcondylus, d.h. des an der Beininnenseite rechts am Kniegelenk befindlichen Fortsatzes des Oberschenkelknochens, ein weiterer Eingriff mittels Arthroskopie, bei dem eine Knorpelglättung (Chondroplastik) und die Abtragung eines Teils der inneren Gelenkhaut (Synovektomie) durchgeführt wurden. Vom 13. bis 15. Juni 2010 befand sich die Klägerin erneut in stationärer Behandlung zur operativen Sanierung eines Krampfaderleidens im rechten Bein bei venöser Insuffizienz. Sämtliche Operationen verliefen komplikationslos. Die Klägerin wurde mit Empfehlungen zur Mobilisierung und alsbaldigen Vollbelastung in die ambulante Weiterbehandlung entlassen. Ärztliche Befunde über das Fortbestehen der Kniebeschwerden und des Krampfaderleidens wurden nicht vorgelegt.
Die der Klägerin mit der Gewährung von Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwälte G2 und später H4 sind auf die entsprechenden Anträge der Klägerin vom 30. Juli 2007 und vom 2. November 2011 und mit ihrem Einverständnis durch Beschlüsse des Sozialgerichts vom 20. September 2007 und vom 1. Dezember 2011 entpflichtet worden.
Das Sozialgericht hat die Klage nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 1. Dezember 2011 abgewiesen. Die Klägerin sei, wie sich aus den vorliegenden medizinischen Gutachten ergebe, weder voll noch teilweise erwerbsgemindert noch, da sie nach dem insoweit maßgeblichen Stichtag (2. Januar 1961) geboren sei, berufsunfähig. Es lägen auch weder eine (ungewöhnliche) Summierung von Leistungseinschränkungen noch eine (schwere) spezifische Leistungsbeeinträchtigung vor.
Berufungsverfahren Gegen das zunächst am 14. Dezember 2011 ihrem früheren, zu diesem Zeitpunkt aber bereits entpflichteten Prozessbevollmächtigten und sodann ihr selbst am 15. Mai 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Juni 2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung des Rechtsmittels wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen. Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass ihr wahrer Gesundheitszustand und ihr tatsächlich fehlendes Leistungsvermögen von den Vorgutachtern weder in tatsächlicher noch in fachlicher Hinsicht vollständig und zutreffend erfasst worden seien, sämtliche Gutachter ihr gegenüber voreingenommen gewesen seien und sie deshalb reine Gefälligkeitsgutachten zu Gunsten der Beklagten gestellt hätten, ohne dass ihre Angaben wiedergegeben und gewürdigt worden seien. Tatsächlich gehe es ihr immer schlechter. Es müssten deshalb auf neurologisch-psychiatrischem, orthopädisch-chirurgischem, urologischem, und schmerztherapeutischem Fachgebiet neue Gutachten eingeholt werden. Zudem habe das Sozialgericht, obwohl dies erforderlich gewesen sei, kein proktologisches Gutachten eingeholt und verkannt, dass Anhaltspunkte für eine Summierung von Leistungseinschränkungen und eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung vorlägen. Insbesondere ihre Blasen- und Darminkontinenz mache zusätzliche, betriebsunübliche Pausen erforderlich (Beweis: Einholung eines medizinischen und berufskundlichen Gutachtens); darüber hinaus bestehe diese Notwendigkeit aber auch wegen ihrer sonstigen Beschwerden. Zudem gehe ihr behandelnder Nervenarzt Dr. G. von einer schweren depressiven Störung aus. Das Führen von Verfahren beweise nicht das Vorliegen erheblicher Energien und Ressourcen, denn sie führe die Verfahren nicht selbst, und eine Berufstätigkeit könne sie auch nicht von zu Hause ausüben. Im Übrigen führten auch schwer depressive Menschen Verfahren selbst. Zur Unterstützung ihres Vorbringens hat die Klägerin auch im Berufungsverfahren eine Vielzahl ärztlicher Unterlagen vorgelegt, unter anderem
• zum Beleg der behaupteten Blasen- und Darminkontinenz Arztbriefe des I. Krankenhauses in H. vom 12. Dezember 2011, der Radiologischen Allianz H. vom 1. März 2011 über eine Kernspintomografie des Beckens, der Praxis für Coloproktologie H. (Dr. G1) vom 18. Oktober 2011, des I. Krankenhauses H. (Dr. R2 und Frau N1) vom 12. Dezember 2011 sowie • zum Beleg schwerwiegender seelischer Störungen einen Befundbericht des Nervenarztes G. vom 6. Dezember 2011, in dem ihr u.a. das Vorliegen einer chronifizierten somatoformen Störung und einer depressiven Störung als schwere Episode bescheinigt, zugleich aber angegeben wird, dass sich der Antrieb unter medikamentöser Therapie leicht verbessert habe und einen Ausdruck aus der Behandlungsdokumentation des Schmerztherapeuten Dr. T. für die Zeit von August 2005 bis November 2011.
Zusätzlich bestünden weitere Gesundheitsstörungen. So leide sie an Schädelbeschwerden, Gelenkdeformationen, Magen- und Leberschmerzen, einer chronischen Mittelohrentzündung und chronischem Schnupfen. Am 20. August 2012 sei sie wegen einer Verletzung des Trommelfells und einer chronischen Mittelohrentzündung am rechten Ohr operiert worden und höre deshalb sehr schlecht. Außerdem leide sie wegen überhöhter Blutdruckwerte unter Herzschmerzen. Weiter trägt sie vor, dass das erstinstanzliche Verfahren auch an Verfahrensmängeln leide. Sie sei von ihrem früheren Prozessbevollmächtigten und dem Sozialgericht unter Druck gesetzt worden, die Klage und ihre Ablehnungsgesuche zurückzunehmen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 5. Juni 2012, 16. August 2012, 18. Juli 2013, 22. April 2014, 8. Oktober 2014, 22. Oktober 2014, 27. Januar 2015, 30. Januar 2015 und 3. Februar 2015 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 1. Dezember 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit dem Grunde nach zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tritt der Berufung entgegen. Sie verweist auf die nach ihrer Auffassung zutreffenden Ausführungen des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils.
Der Senat hat der Klägerin zur Durchführung des Berufungsverfahrens mit Beschluss vom 14. Oktober 2013 unter Beiordnung von Rechtsanwalt L1 Prozesskostenhilfe bewilligt. Sodann hat er eingehende Ermittlungen angestellt. Befundberichte sind eingeholt worden von
• Dr. H2 (Orthopäde/Chirurg) vom 2. September 2004, • Dr. P1 (Neurologe/Psychiater) vom 22. Oktober 2013, • Frau S. (Ärztin für Allgemeinmedizin) vom 25. Oktober 2013, • Dr. M2 (Orthopäde) vom 28.Oktober 2013, • Dr. W5 (Hautärztin und Allergologin) vom 25. Oktober 2013, • Dr. R. (Nervenärztin) vom 29. Oktober 2013, • H3 (Psychotherapeut) vom 5. November 2013, • Dr. G1 (Coloproktologin) vom 29. Oktober 2013, • Dr. E.-S. (Orthopäde/Unfallchirurg) vom 4. November 2013, • Dr. T. (Schmerztherapeut) vom 1. November 2013, • Dr. V. (Ärztin für Allgemeinmedizin) vom 14. November 2013, • Dr. N. (Ärztin für Allgemeinmedizin) vom 20. November 2013, • Dr. R1 (Orthopäde) vom 19. November 2013, • Dr. W4 (Hautarzt) vom 27.11.2013, • Dr. S2/L. (Neurologen und Orthopäden) vom 29.Oktober 2013, • Dr. P2 (Urologe) vom 9. Dezember 2013, • Dr. Z. (Nervenarzt) vom 19. Dezember 2013 und • G. (Psychiater, Psychotherapeut) vom 22. Februar 2014
Weiter hat der Senat die Patientenakte des Krankenhauses T. über die dortige stationäre Behandlung der Klägerin durch operative Beseitigung von Krampfadern im Juni 2010 beigezogen.
Auf Anordnung des Senats hat der Nervenarzt Dr. T1 die Klägerin am 5. Juni 2014 untersucht und sie zusätzlich einer Reihe standisierter Tests unterzogen. In seinem Gutachten vom 28. August 2014 hat er eine Dysthymia als mild-symptomatische, chronifizierte affektive Störung, eine Somatisierungsstörung im Sinne eines somatoformen Schmerzsyndroms, einen Verdacht auf das Bestehen eines so genannten Querulantenwahns sowie ein degeneratives Wirbelsäulenleiden an der Lenden- und Halswirbelsäule diagnostiziert. Die Klägerin sei deshalb nur noch in der Lage, körperlich leichte Arbeit mit niedrigem Anspruch an die psychische Belastung und einem geringen Verantwortungsniveau in wechselnder Körperhaltung, mehrheitlich im Sitzen, mit regelmäßigen Aufsteh- und Bewegungspausen von mehrfach am Tag etwa 5 Minuten, in geschlossenen Räumen, auch auf einer Leiter vollschichtig, d.h. 6 Stunden täglich auszuüben, wenn weitere Leistungseinschränkungen beachtet würden. Zu vermeiden seien Arbeiten in länger einzunehmenden Zwangshaltungen, Tragebelastungen von mehr als 10-15 kg und Hebebelastungen von mehr als 5 kg, Nachtarbeit, Arbeiten mit deutlicher psychischer Belastung und Stress oder mit sonst belastenden Arbeitsbedingungen, etwa durch Akkordarbeit oder intensiven Kundenverkehr sowie Arbeiten mit physikalischer Belastung, z.B. durch Staub, Lärm etc ... Die Einschränkungen bestünden ab Rentenantragstellung. Relevante Änderungen im Leistungsvermögen seien nach der Befundlage – im Vergleich zu den Vorgutachten – nicht eingetreten. Die Wegefähigkeit sei erhalten. Die Klägerin sei auch in der Lage, Hemmungen gegenüber einer Arbeitsaufnahme durch zumutbare Willensanstrengung zu überwinden. Eine Behebung der Leistungseinschränkungen durch eine intensive, fördernde und fordernde Therapie frühestens innerhalb von 2-3 Jahren sei zwar prinzipiell möglich, doch fehle der Klägerin die hierfür erforderliche Therapiefähigkeit. Deshalb sei auch durch ein stationäres Rehabilitationsverfahren keine wesentliche Entwicklung zu erwarten. Den Vorgutachten stimme er vollen Umfangs zu. Weitere Gutachten sei nicht erforderlich. In seiner auf Anforderung des Senats vorgelegten ergänzenden Stellungnahme vom 26. Januar 2015 hat Dr. T1 ausgeführt, dass bei der Klägerin nicht das Bild einer wahnhaften, d.h. ungesteuerten und von Realitätsbezug und -kontrolle losgelösten Störung vorliege. Auch seien keine gravierenden Defizite der Ich-Struktur vorhanden. Vielmehr steuere die Klägerin ihr querulatorisches Verhalten bewusstseinsnah und setze erhebliche Energie und Ressourcen zur Aufrechterhaltung ihrer Selbstwahrnehmung und für die gewünschte rentenrechtliche Anerkennung ein. Mit zumutbarer Willensanstrengung könne sie deshalb auch eine Erwerbstätigkeit aufnehmen.
Die Klägerin hat das Gutachten kritisiert und geltend gemacht, dass Dr. T1 ihr gegenüber nicht objektiv und unvoreingenommen sei. Vielmehr habe er ihre Äußerungen teils unvollständig, teils unzutreffend wiedergegeben und sich diese zum Teil sogar ausgedacht, sie diskriminiert und beleidigt, bewusst fehlerhafte und widersprüchliche Befunde erhoben, ihre tatsächlichen Beschwerden nicht gewürdigt und so ein völlig falsches Bild einer angeblichen Leistungsfähigkeit erzeugt, um den Anspruch der Klägerin auf eine Rente zu vereiteln.
Der Senat hat sodann nach vorheriger ambulanter Untersuchung der Klägerin durch den Internisten und Sozialmediziner Prof. Dr. O. das Gutachten vom 9. Januar 2015 erstellen lassen. Dieser Sachverständige hat eine somatoforme Schmerzstörung mit psychovegetativer Labilität (Dysthymie), ein Lendenwirbelsäulensyndrom, eine Fruchtzuckerunverträglichkeit, eine Reizblase mit relativer Harninkontinenz (sog. Urgeinkontinenz), die gelegentlich zum unwillkürlichen Abgang kleinerer Mengen von Urin führen könne, und eine Neigung zu feuchter Flatulenz (vermehrte Gasbildung im Darm mit Feuchtigkeitsaustritt) diagnostiziert. Die Klägerin könne noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten einfacher bis durchschnittlicher geistiger Art und geringer Verantwortung in geschlossenen Räumen, aber auch im Freien und zu ebener Erde vollschichtig, d.h. 6 bis 8 Stunden täglich ausführen. Die Arbeiten könnten im Gehen, Stehen, Sitzen und in wechselnder Körperhaltung ausgeführt werden. Zu vermeiden seien häufiges Bücken, Zwangshaltungen, Arbeiten unter Zeitdruck, im Akkord, Schicht- und Nachtarbeiten, vermehrter Einfluss von Geräuschen und Arbeiten auf Leitern, Gerüsten oder an sonst gefährdenden Arbeitsplätzen. Zusätzliche Pausen seien nicht erforderlich. Es müsse eine Toilette in erreichbarer Nähe vorhanden sein. Die Wegefähigkeit sei erhalten. Bei zumutbarer Willensanspannung sei die Klägerin imstande, Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung zu überwinden. Die Einschränkungen bestünden seit Rentenantragstellung im Januar 2005. Die Einschränkungen würden in absehbarer Zeit nicht behoben sein. Durch Anpassungsstrategien könne eine Besserung erreicht werden. Eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme sei nicht angezeigt. Weitere Gutachten sei nicht erforderlich. Den Leistungsbeurteilungen der Vorgutachter Dr. S5, Prof. M1 und Dr. W2 stimme er zu; derjenigen von Dr. T1 insoweit nicht, als dieser lediglich noch leichte Arbeiten für möglich halte.
Auch dieses Gutachten hat die Klägerin als fehlerhaft bezeichnet und ausgeführt, der Sachverständige habe wesentliche, von ihr gemachte Angaben, objektiv vorliegende Befunde und von ihren Ärzten diagnostizierte Gesundheitsstörungen ignoriert, nur positive Informationen verwendet, sie nur unzureichend untersucht, erhobene Befunde falsch wiedergegeben, fehlerhafte Diagnosen gestellt, die von ihr zu Recht kritisierten Einschätzungen der Vorgutachter einfach übernommen und so bewusst ein falsches Bild ihres Leistungsvermögens erzeugt. Ihm fehle auch die fachliche Kompetenz, ihre Darm- und Blaseninkontinenz zu beurteilen.
Die Ablehnungsgesuche der Klägerin gegen den Vorsitzenden und Berichterstatter und den Sachverständigen Dr. T1 sind ohne Erfolg geblieben (Beschlüsse des Senats vom 23. September 2013, vom 28. Januar 2014, vom 11. Dezember 2014 und vom 6. Februar 2015).
Mit Schriftsätzen vom 27. Januar 2015 und 3. Februar 2015 hat die Klägerin weitere Ablehnungsgesuche angebracht und den Sachverständigen Dr. T1 wegen seiner Ausführungen im Gutachten vom 28. August 2014 und in der ergänzenden Stellungnahme vom 26. Januar 2015 und den Sachverständigen Prof. Dr. O. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dr. T1 habe den Ausführungen der Klägerin zu Unrecht widersprochen, ihr rechtliches Gehör versagt, sie beschimpft und plötzlich seine Meinung geändert, indem er, anders als noch in seinem Gutachten, das Vorliegen einer wahnhaften Störung verneine. Zu Unrecht ziehe er aus der Tatsache, dass sie Verfahren führe, den Schluss, dass bei ihr erhebliche Energien und Ressourcen vorhanden seien. Den Nachweis seiner Parteilichkeit müsse sie nicht erbringen. Vielmehr genüge es, dass von ihrem Standpunkt aus die Besorgnis der Befangenheit bei vernünftiger und objektiver Betrachtung begründet erscheine. Prof. Dr. O. sei ihr gegenüber ebenfalls voreingenommen. Dies ergebe sich aus ihrer berechtigten Kritik an seinem Gutachten und seinem Verhalten ihr gegenüber. Der Sachverständige habe sie früh am Morgen vor dem Untersuchungstermin angerufen und sie sehr stark wegen des Termins unter Druck gesetzt und sie bedroht. Sie habe 12 Stunden vor dem Termin nicht essen oder trinken dürfen und sehr früh aufstehen und lange mit dem Bus fahren müssen, was als Körperverletzung und Folter anzusehen sei. Wahrscheinlich habe der Sachverständige sie damit einschüchtern wollen. Sie habe sich wegen starken Durstes und Übelkeit kaum konzentrieren, bestimmt nicht über alle Details sprechen und der Untersuchung wegen ihrer Depression und Desorientierung nicht mehr folgen können. Während der Untersuchung habe der Sachverständige sie zur Unterzeichnung von Angaben und zu einer Blutuntersuchung gezwungen und sie bedroht. Er habe außerdem den bei ihr festgestellten Grad der Behinderung zu Unrecht als nicht nachvollziehbar bezeichnet. Seine Darstellung, die Klägerin habe keinen Bedarf, zusätzliche Informationen zu überbringen, sei ebenfalls falsch. Vielmehr habe sie mehrfach ihre Beschwerden geschildert, und außerdem sei sie so behindert und krank, dass mehrstündige Befragungen ihr nicht zuzumuten und schädlich seien. Es sei auch nicht Aufgabe des Sachverständigen gewesen, sie zu begrapschen und ihre Unterwäsche zu untersuchen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der im Sitzungsprotokoll vom 9. Februar 2015 aufgeführten Akten und Unterlagen, insbesondere die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754). Danach haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser (Abs. 1) bzw. voller (Abs. 2) Erwerbs¬minderung, wenn sie
1. teilweise (bzw. voll) erwerbgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind auch
1. Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinde-rung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und 2. Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemin¬dert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI).
Erwerbsgemindert ist dagegen nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens kann der Senat nicht zu seiner vollen Überzeugung feststellen, dass die Klägerin ganz oder teilweise erwerbsgemindert ist.
Nach ständiger gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hängt der Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung auch nach dem seit 1. Januar 2001 geltenden Recht davon ab, ob und inwieweit das individuelle Leistungsvermögen eines Versicherten wegen Art, Umfang und voraussichtlicher Dauer der Krankheiten und Behinderungen, an denen er leidet, in qualitativer und quantitativer Hinsicht eingeschränkt ist, und ob er mit diesem Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen rechtlichen und tatsächlichen Bedingungen ein Erwerbseinkommen erzielen kann. Hierfür reicht es aus, wenn derartige, dem jeweils bestehenden Leistungsvermögen angepasste Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Zahl angeboten werden. Nicht erforderlich ist, dass der Versicherte eine leidensangepasste Arbeit auch tatsächlich findet. Kann ein Versicherter trotz qualitativer Leistungseinschränkungen noch täglich mindestens 6 Stunden Tätigkeiten ausüben, die in ungelernten Beschäftigungsverhältnissen üblicherweise gefordert werden (wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw.), kann davon ausgegangen werden, dass er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen einsatzfähig ist. Erst dann, wenn sich solche Bereiche des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht beschreiben lassen und deshalb ernste Zweifel an der tatsächlichen Einsatzfähigkeit des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen aufkommen, muss geprüft werden, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine besondere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt. Ist dies der Fall, muss dem Versicherten mindestens eine konkrete Verweisungstätigkeit mit ihren typischen, das Anforderungsprofil bestimmenden Merkmalen benannt werden, die seinem Restleistungsvermögen entspricht (vgl. ausführlich BSG, Urteile vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 78/09 R, NZS 2012, S. 302 und vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R, SozR 4-2600 § 43 Nr. 18, beide Entscheidungen mit umfangreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur auch in juris veröffentlicht).
Nach diesen Maßstäben liegt bei der Klägerin keine Erwerbsminderung vor. Zwar bestehen bei ihr Gesundheitsstörungen, die ihr Leistungsvermögen in qualitativer Hinsicht einschränken. Die Klägerin leidet auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet an funktionellen Beschwerden der Lendenwirbelsäule bei Bandscheibenvorwölbungen L 4/5 und geringergradig bei L 5/S 1, einer skoliotischen Fehlhaltung der Brust- und Lendenwirbelsäule und einem Beinlängendefizit links von 1,5 cm ohne nennenswerte Funktionsminderung und ohne neuromuskuläre Ausfallerscheinungen. Die Funktion der übrigen Wirbelsäulenabschnitte ist nicht wesentlich eingeschränkt. Auf nervenärztlichem Fachgebiet liegen eine Dysthymie in Form einer mild-symptomatischen, chronifizierten affektiven Störung und eine Somatisierungsstörung im Sinne eines somatoformen Schmerzsyndroms vor. Auf internistischem Fachgebiet bestehen eine allergische Disposition gegenüber verschiedenen Stoffen, eine chronische Funktionsstörung von Enddarm (mit der Neigung zu Ekzemen, Analfissuren und Hämorrhoiden) und Harnblase mit Dranginkontinenz für Urin und einer Neigung zu feuchter Flatulenz (vermehrte Gasbildung im Darm mit Feuchtigkeitsaustritt) mit noch ausreichendem Kräftezustand der Beckenbodenmuskulatur. Trotz dieser Gesundheitsstörungen war und ist die Klägerin seit der Stellung ihres Rentenantrages noch imstande, leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten mit Tragebelastungen von bis zu 10, maximal 15 kg und Hebebelastungen bis 5 kg, Arbeiten einfacher geistiger Art mit geringer Verantwortung, überwiegend im Sitzen, mit stündlich wiederkehrender Gelegenheit zu Arbeiten in wechselnder Körperhaltung im Gehen und Stehen, zu ebener Erde und in gut gelüfteten, temperierten Räumen vollschichtig, d.h. mehr als 6 Stunden je Arbeitstag zu verrichten. Eine Toilette muss in erreichbarer Nähe sein. Vermeiden muss sie allerdings ihrer Gesundheit abträgliche Arbeiten in länger andauernden Wirbelsäulenzwangshaltungen, ausschließlich gehende, stehende oder sitzende Tätigkeiten, Arbeiten unter Witterungseinflüssen wie Kälte, Nässe und Zugluft, Arbeiten mit physikalischer Belastung, z.B. durch Staub, Lärm u.ä., Arbeiten auf Leitern, Gerüsten oder an sonst gefährdenden Arbeitsplätzen, Tätigkeiten mit erhöhter Anforderung an die Verantwortung sowie Arbeiten mit besonderen Stressbelastungen wie Akkord bzw. Nachtschicht, intensivem Kundenverkehr. Zusätzliche, betriebsunübliche Pausen, insbesondere für Toilettengänge, sind nicht erforderlich. Die Wegefähigkeit der Klägerin ist erhalten. Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung kann sie mit zumutbarer Willensanspannung überwinden.
Der Senat stützt seine Beurteilung auf die insoweit weitestgehend übereinstimmenden Gutachten der medizinischen Sachverständigen Dr. S4, Dr. S3, Dr. S5, Prof. Dr. M1, Dr. W2, Dr. T1 und Prof. Dr. O., deren Ausführungen er für in jeder Hinsicht vollständig, nachvollziehbar, schlüssig und deshalb überzeugend hält. Zu Gunsten der Klägerin hat er dabei auch Leistungseinschränkungen unterstellt, über die unter den genannten Sachverständigen keine Einigkeit besteht. Mit dem danach bestehenden Restleistungsvermögen kann die Klägerin jedenfalls eine Vielzahl der in der berufskundlichen Stellungnahme des Sachverständigen M. vom 15. Juni 2014 beschriebenen leichten Pack-, Mon- tier-, Produktions-, Prüf-, Etikettier- und Kommissionierungsarbeiten ausüben, wie sie unter den üblichen Bedingungen des für die Klägerin offenen Arbeitsmarktes nach wie vor in hinreichender Zahl angeboten werden und bei deren Ausübung der Klägerin auch eine in erreichbarer Nähe liegende Toilette mit Handwaschgelegenheit zur Verfügung stünde (§ 6 Abs. 2 der Arbeitsstättenverordnung vom 12. August 2004, BGBl. I S. 2179, mit Ausführungsbestimmungen in Anhang 4.1 Abs. 1 ArbStättV und Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR) A4.1 "Sanitärräume" unter Nr. 5). Ob sie einen leidensgerechten Arbeitsplatz tatsächlich finden kann, ist rentenrechtlich irrelevant.
An der Annahme des beschriebenen Leistungsvermögens ist der Senat nicht durch den Umstand gehindert, dass die Klägerin kurz vor dem Verhandlungstermin den Sachverständigen Dr. T1 erneut und den Sachverständigen Prof. Dr. O. erstmals wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat. Diese Gesuche folgen in stereotyper Weise dem Muster der bisherigen erfolglosen Ablehnungen. Sie erweisen sich ebenfalls als haltlos und sind nicht geeignet, vom Standpunkt eines vernünftig denkenden Beteiligten aus betrachtet Bedenken gegen die Unparteilichkeit der Sachverständigen Dr. T1 und Prof. Dr. O. zu begründen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 406 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) und § 60 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 42 Abs. 1 und 2 ZPO). Soweit die Klägerin ihre Vorwürfe gegen Dr. T1 wiederholt, ist das Ablehnungsgesuch unzulässig, denn hierüber hat der Senat bereits durch nicht anfechtbaren Beschluss vom 11. Dezember 2014 entschieden. Soweit die Klägerin ihr Ablehnungsgesuch darauf stützen will, dass Dr. T1 abweichend von seinem Gutachten nunmehr das Vorliegen einer wahnhaften Störung verneint habe, ist dem entgegenzuhalten, dass Dr. T1 mit seinen diesbezüglichen Ausführungen der Anforderung des Senats nach Klärung einer möglichen Unstimmigkeit in seinem Gutachten nachgekommen ist (vgl. hierzu den Beschluss des Senats vom 6. Februar 2015) und sich seine Ausführungen im Rahmen dessen bewegen, was ein psychiatrischer Gutachter aus seiner ärztlichen Sicht feststellen kann. Abgesehen davon hat die Klägerin selbst die von Dr. T1 gestellte Verdachtsdiagnose auf Vorliegen eines Querulantenwahns als ungerechtfertigte Beschimpfung und Diskriminierung bezeichnet. Auch die gegen Prof. Dr. O. erhobenen Vorwürfe der Klägerin vermögen die Besorgnis der Befangenheit dieses Sachverständigen nicht zu begründen. Die Klägerin nennt keine objektiven Tatsachen, die ihr Vorbringen stützen könnten, sondern interpretiert das Untersuchungsgeschehen aus ihrer subjektiven Sicht heraus und zieht hieraus Schlussfolgerungen, die durch nichts gerechtfertigt sind. Soweit sie aufgefordert worden ist, früh morgens und nüchtern zur Untersuchung zu erscheinen und sich einer Blutuntersuchung und einer körperlichen Untersuchung einschließlich derjenigen ihrer Unterwäsche zu unterziehen, beruht dies auf den Erfordernissen einer proktologischen Untersuchung. Die hierin liegenden Beeinträchtigungen überschreiten nicht das Maß dessen, was von Patienten in gleicher Lage von Ärzten dieser Fachrichtung erwartet und allgemein akzeptiert wird. Im Übrigen erschöpft sich auch dieses Ablehnungsgesuch in Unterstellungen und Vorwürfen, für deren Richtigkeit die Klägerin keine objektiven Anhaltspunkte benennt. Insbesondere schildert sie keinen Sachverhalt, aus dem sich herleiten ließe, dass Prof. Dr. O. die Klägerin bedroht, erpresst oder unter Druck gesetzt habe. Welche Angaben sie unterzeichnen sollte, und ob diese Angaben dem Zweck der Untersuchung dienten, wird ebenfalls nicht deutlich. Soweit der Sachverständige ausgeführt hat, die Klägerin habe keine zusätzlichen Informationen überbringen wollen, kann hieraus nicht abgeleitet werden, dass der Sachverständige ihre Beschwerdeschilderung nicht zur Kenntnis habe nehmen wollen, führt doch die Klägerin selbst aus, dass ihr im Hinblick auf ihren schlechten Gesundheitszustand und die ungünstigen Rahmenbedingungen der Untersuchung eine längere Befragung nicht zuzumuten gewesen sei. Im Übrigen war dem Sachverständigen der Inhalt der Akten bekannt, so dass es einer Wiedergabe aller Beschwerdeschilderungen, ärztlichen Befunde und Diagnosen und Einschätzungen im Einzelnen nicht bedurfte. Sollte der Sachverständige den Grad der Behinderung von 40 als nicht nachvollziehbar bezeichnet haben, kann hierin eine ärztliche Bewertung liegen, die auch dann, wenn sie nicht zuträfe, keine Besorgnis der Befangenheit begründen könnte. Schließlich sind auch keine konkreten Anhaltspunkte für die Behauptung der Klägerin ersichtlich, dass der Sachverständige sich der behaupteten Methoden bedient haben und so bewusst ein falsches Bild ihres Leistungsvermögens erzeugt haben könnte.
Auch das übrige Vorbringen der Klägerin kann zu keiner anderen Beurteilung ihres Leistungsvermögens führen. Mit ihm lässt sich auch unter Berücksichtigung sämtlicher vorliegender Befundberichte, Arztbriefe und sonstiger Unterlagen weder eine über die genannten qualitativen Leistungseinschränkungen hinausgehende quantitative Einschränkung ihrer Leistungsfähigkeit auf regelmäßige Arbeiten von unter 6 Stunden pro Arbeitstag begründen noch die Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen. Weder auf nervenärztlichem noch auf orthopädisch-chirurgischem oder internistischem Fachgebiet liegen Befunde vor, die eine derartige Einschränkung des Restleistungsvermögens der Klägerin begründen könnten.
Auf nervenärztlichem Fachgebiet besteht entgegen der Auffassung der Klägerin keine depressive Störung, die über die von Prof. Dr. M1 und Dr. T1 beschriebene milde Ausprägung in Gestalt einer Dysthymie hinausginge. Diese Diagnose haben auch die Nervenärzte Dr. P1 und Dr. H1 gestellt, wobei der von diesem erhobene psychopathologische Befund mit den von Prof. M1 und Dr. T1 erhobenen Befunden in jeder Hinsicht übereinstimmt. Der Psychotherapeut H3 hat zum Schweregrad der von ihm angenommenen mittelgradigen depressiven Reaktion keine verwertbaren Angaben gemacht. Seine Ausführungen beschränken sich auf die Darstellung der Angaben der Klägerin und seine Interpretation, dass sie vor dem Hintergrund einer depressiven Persönlichkeitsstruktur die zahlreichen Belastungsfaktoren, denen sie ausgesetzt gewesen sei, nur mit extremer Anstrengung und beständiger Überforderung habe bewältigen können. Die sich zusätzlich entwickelnde Schmerzsymptomatik habe die Neigung zur depressiven Reaktion verstärkt. Ein psychopathologischer Befund, der diese Annahmen stützen könnte, fehlt dagegen. Gleiches gilt für die Ausführungen der behandelnden Nervenärzte Dres. K3/K2 und deren Praxisnachfolgerin Dr. R., G. und Z., die der Klägerin eine mittelschwere oder gar schwere Depression bescheinigt haben, ohne dass die mitgeteilten Befunde ausreichen würden, um die für eine mittel- oder schwergradige Depression nach dem ICD-10 erforderlichen Kriterien zu erfüllen. Hinzu kommt, dass die Klägerin entgegen den Ausführungen der genannten Behandler keineswegs in ihrem Antrieb nennenswert reduziert ist, sondern zur Aufrechterhaltung ihrer Selbstwahrnehmung und zur Durchsetzung ihres Rentenbegehrens eine bewusst gesteuerte und auch kurzfristig abrufbare Energie an den Tag legt und damit beweist, dass bei ihr durchaus beträchtliche Ressourcen vorhanden sind, die sie auch zur Aufnahme und Ausübung einer Erwerbstätigkeit einsetzen könnte. Dies hat die Klägerin auch im Vorfeld des Verhandlungstermins eindrucksvoll unter Beweis gestellt, indem sie am 2. Februar 2015 fünf weitere Schriftsätze eingereicht hat. Unabhängig davon, ob die Klägerin ihre zahllosen und umfangreichen Schriftsätze selbst angefertigt oder sich hierzu anderer Personen bedient hat, bedarf es doch einer genauen und sorgfältigen Durchsicht und der Erfassung des Inhalts der umfänglichen Unterlagen im Einzelnen, um so präzise und detailliert vorzutragen, wie die Klägerin es tut. Zutreffend weist die Klägerin im Übrigen selbst darauf hin, dass es ihr u.a. gelungen sei, die schwierigen Lebensumstände in P. und die langwierigen und sicherlich belastenden Auseinandersetzungen mit der zuständigen Ausländerbehörde der Stadt H. wegen ihres Aufenthalts in D. und mit ihrem früheren Ehemann wegen des Aufenthaltsbestimmungs- und Sorgerechts für ihre Tochter durchzustehen, die Tochter allein großzuziehen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und eine Umschulungsmaßname mit Erfolg durchzuführen. Soweit ihr Verhalten nach Auffassung von Dr. T1 krankheitswertige Züge (im Sinne einer milden Form der "Kampfparanoia") aufweist und deshalb den Verdacht auf das Vorliegen eines sog. Querulantenwahns begründet, hat dieser Sachverständige auf Nachfrage des Senats in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26. Januar 2015 schlüssig und nachvollziehbar klargestellt, dass hierdurch das Krankheitsbild einer wahnhaften Störung mit Realitäts- und Kontrollverlust, die geeignet sein könnte, das Leistungsvermögen der Klägerin weitergehend als bisher angenommen zu begrenzen, nicht gegeben ist, sondern die Klägerin ihre Realität hinreichend wahrnimmt und über die erforderlichen Ressourcen und Energien verfügt, die ihr bei Anspannung ihrer Willenskraft die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und die Überwindung entgegenstehender Hemmungen gestatten würden.
Dieser Umstand spricht auch gegen die Annahme, dass die festgestellte Somatisierungsstörung im Sinne eines somatoformen Schmerzsyndroms bei der Klägerin so schwerwiegend ausgestaltet ist, dass sie in ihrem Schmerzerleben weitgehend oder vollständig gefangen und dieses nicht zu überwinden imstande wäre.
Auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet hat keiner der die Klägerin behandelnden Ärzte klinische Befunde erhoben, die auf eine nennenswerte Nervenwurzelbeeinträchtigung der Wirbelsäule hindeuten. Vielmehr stimmen die insoweit vorliegenden Befundberichte und Diagnosen mit den Feststellungen der medizinischen Sachverständigen überein. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind insbesondere die zahllosen radiologischen Befundauswertungen nicht geeignet, eine Nervenwurzelbeeinträchtigung zu belegen, denn es handelt sich um bildgebende Befunde, welche die erhobenen klinischen Befunde, insbesondere das Fehlen neuromuskulärer Ausfallerscheinungen, nicht in Frage stellen können. Die Verkrümmung der Wirbelsäule (Skoliose), die Verschleißerscheinungen und die Fehlstellungen der Wirbelsäule der Klägerin einschließlich der festgestellten Bandscheibenveränderungen sind mit den beschriebenen Leistungseinschränkungen hinreichend berücksichtigt. Auch ein Verlust an Knochensubstanz, der weitergehende Einschränkungen des Leistungsvermögens begründen könnte, liegt nicht vor. Die im November 2005 festgestellte Verminderung der Knochendichte (Osteopenie) hatte nach den zutreffenden Feststellungen von Dr. S5 im Oktober 2006 nicht den Grad einer Osteoporose erreicht. Spätere Befunde, die derartiges nahelegen könnten, liegen nicht vor. Zudem kann dem Fortschreiten einer solchen Entwicklung nach den Empfehlungen der Behandler Dres. E. pp. durch kalziumreiche Ernährung und Bewegung entgegengewirkt werden. Soweit die vorliegenden Unterlagen ein wiederholt aufgetretenes Kniegelenksverschleißleiden rechts erkennen lassen, ist durch die beschriebenen operativen Eingriffe offenbar Abhilfe geschaffen worden; es handelt sich insoweit um ein Behandlungsleiden, dem keine rentenrechtliche Relevanz zukommt und das im Übrigen den beschriebenen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht entgegensteht.
Auf internistischem Fachgebiet besteht zusätzlich zu den oben genannten Gesundheitsstörungen eine Fruchtzuckerunverträglichkeit, der die Klägerin indessen, wie Dr. W2 und Prof. Dr. O. zutreffend ausgeführt haben, durch Änderung ihrer Ernährungsgewohnheiten (Reduktion der Zufuhr von Früchten und deren Ersatz durch Gemüse) leicht begegnen kann und die deshalb sozialmedizinisch irrelevant ist. Hierdurch würde es der Klägerin voraussichtlich auch gelingen, die von ihr geschilderten und nach den Ausführungen von Dr. W2 infolge der Fruchtzuckerunverträglichkeit auftretenden Darmbeschwerden (Blähungen, Völlegefühl, Bauchschmerzen, Durchfall und Verstopfungen) zu vermeiden oder zu mildern. Auch die übrigen Beschwerden im Bereich des Darmes, des Afters und der Blase sind, wie sich aus den Ausführungen von Dr. W2 und Prof. Dr. O. ergibt, entweder einer Behandlung zugänglich (Analfissuren, Ekzeme, Hämorrhoiden) oder bewirken keine weitergehenden als die genannten Einschränkungen des Leistungsvermögens. Die von der Klägerin behauptete Darminkontinenz hat Prof. Dr. O. zutreffend ausgeschlossen; sie ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin gerade nicht aus den Befundberichten ihrer behandelnden Ärzte. Dort ist im Gegenteil immer wieder erwähnt, dass die Klägerin vor allem einen verminderten Stuhlgang angegeben hatte und der Kneifdruck der Beckenbodenmuskulatur der Klägerin zwar herabgesetzt, aber immer noch ausreichend war. Über Stuhldrang und eine einmalig aufgetretene Inkontinenz für flüssigen Stuhl im Rahmen eines gastrointestinalen Infektes hat die Klägerin nur am 24. Juli 2008 in der proktologischen Sprechstunde des U. berichtet. Dem entspricht es, dass Prof. O. bei seiner Untersuchung der Klägerin keine Inkontinenzeinlagen vorgefunden hat. Die Benutzung derartiger Einlagen könnte ihr andererseits beim Umgang mit ihrem Harndrang helfen, der durch die vielfach beschriebene Reizblase hervorgerufen wird. Soweit die Klägerin das Bestehen einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung behauptet, ist dies nach wie vor nicht belegt. Vielmehr hat sich bei den diesbezüglichen eingehenden Untersuchungen im M.-Krankenhauses H. und in der Schwerpunktpraxis für Rheumatologie und Autoimmunerkrankungen im Februar und März 2010 hierfür gerade kein Anhaltspunkt ergeben, und gegenteilige Befunde liegen auch sonst nicht vor. Gleiches gilt für das behauptete Herzleiden. Die insoweit im September und Oktober 2011 im Cardiologicum H. und bei der Nuklearmedizin in H.- W3 durchgeführten Untersuchungen haben keinen krankhaften Herzbefund ergeben. Mit dem im Jahre 2010 festgestellten und im Krankenhaus T. operativ beseitigten Krampfaderleiden kann ebenfalls keine dauerhafte, mehr als 6 Monate andauernde Einschränkung des Leistungsvermögens begründet werden.
Die übrigen Leiden, auf die sich die Klägerin beruft, liegen entweder nicht vor oder sind behandelt worden oder behandelbar und deshalb ebenfalls ohne rentenrechtliche Bedeutung. Dies gilt insbesondere für die Trommelfelloperation im M.-Krankenhauses am 20. August 2012 und für die zwar schwankenden, aber häufig noch im Normbereich liegenden Blutdruckwerte, die zudem durch eine geeignete Medikation besser eingestellt werden könnten.
Die Klägerin kann auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beanspruchen, weil sie nicht vor dem 1. Januar 1961 geboren ist und schon deshalb die Anspruchsvoraussetzung nach § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI nicht erfüllt. Es kann daher dahinstehen, ob sie berufsunfähig im Sinne von § 240 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SGB VI ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen, weil ein Zulassungsgrund im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Login
HAM
Saved