Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 35 R 1049/09
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 1592/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Berufsschutz einer Verkaufsstellenleiterin ohne Ausbildung zur Verkäuferin.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 4. Juli 2012 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1955 geborene Klägerin absolvierte von 1972 bis 1975 eine Ausbildung zum Facharbeiter für chemische Produktion mit Abitur. Danach nahm sie ein Pädagogikstudium auf, das sie ohne Abschluss beendete. Von 1979 bis 1992 arbeitete sie als Laborantin. Von 1992 bis 1994 absolvierte sie eine Umschulung zur Bankkauffrau. Seit 1995 war sie als Verkäuferin bei der KG tätig. Laut Arbeitgeberauskunft vom 3. Juli 2009 handelte es sich um eine Tätigkeit, die bei ungelernten Arbeitnehmern eine Anlernzeit von zwei Monaten erfordert hätte. Im August 2008 erlitt sie einen Myokardinfarkt der Vorderwand und bezog seit dem 7. Oktober 2008 Krankengeld. Mit Wirkung zum 1. September 2008 bewilligte die Beklagte ihr eine Rente wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau.
Im Januar 2009 beantragte sie die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog den Rehabilitationsentlassungsbericht der vom 27. Oktober 2008 (Diagnosen: Zustand nach Reanimation bei Kammerflimmern am 28. August 2008, Zustand nach akutem Myokardinfarkt der Vorderwand am 28. August 2008, koronare 1-Gefäßerkrankung, Zustand nach PTCA und Stentimplantation der proximalen Riva von 100 auf 0 v.H.; Leistungsbild: leichte bis mittelschwere Arbeiten unter Beachtung von Einschränkungen sechs Stunden und mehr) bei und holte eine sozialmedizinische Stellungnahme der Dipl.-Med. St. vom 28. Januar 2009 ein. Mit Bescheid vom 6. Februar 2009 lehnte sie die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16. März 2009).
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozial-gerichtsgesetzes (SGG) ein internistisches Gutachten des Dr. J. vom 28. Februar 2011 eingeholt. Er hat eine leichte diastolische Herzinsuffizienz sowie eine mäßiggradige obstruktive Ventilationsstörung diagnostiziert und ausgeführt, neben den körperlichen Befunden falle auf, dass die Klägerin unter extremen Angstzuständen leide. Sie könne leichte und mittelschwere Arbeiten unter Beachtung von Einschränkungen ausüben. Er empfehle ein psychosomatisches Gutachten beizuziehen. Bei der Beantwortung der Beweisfrage 9 führt er aus, er halte eine psychosomatische, insbesondere eine psychokardiologische Begutachtung für dringend erfor-derlich. Daraufhin hat das SG ein psychiatrisch-psychosomatisches Gutachten des Dr. B. vom 21. Juni 2011 eingeholt. Dieser hat u.a. eine geringgradige anhaltende affektive Störung bei Arbeitslosigkeit und phobischen Befürchtungen und eine somatoforme autonome Funktions-störung des Herz- und Kreislaufsystems diagnostiziert. In der Strukturdiagnose gibt er an, die Klägerin sei eine altruistisch-pflichtbewusste Persönlichkeit mit phobischen Befürchtungen nach Herzinfarkt 2008 und noch gut erhaltener individueller Belastbarkeit und Kompensationsfähigkeit der Struktur genannt. Sie könne aus psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht weiterhin vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten ausüben.
Mit Urteil vom 4. Juli 2012 hat das SG die Klage abgewiesen.
Im Berufungsverfahren macht die Klägerin geltend, das SG hätte eine psychokardiologische Begutachtung veranlassen müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 4. Juli 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2009 zu verurteilen, ihr ab dem 1. Februar 2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und die Entscheidungsgründe des erstin-stanzlichen Urteils.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Dr. B. vom 26. August 2014 eingeholt, wonach eine psychokardiologische Begutachtung nicht erforderlich ist und den Beteiligten die anonymisierte Kopie des Gutachtens der berufskundlichen Sachverständigen J. vom 6. Juni 2004 zur Tätigkeit eines Produktionshelfers/Poststellenmitarbeiterin aus einem anderen Verfahren des Senats (Az.: L 6 RJ 301/02) zur Kenntnisnahme übersandt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Ver-waltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidung war.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet; sie hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Der Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 2009 in der Gestalt des Wi-derspruchsbescheides vom 16. März 2009 ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten.
Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 des Sechsten Buches Sozialge-setzbuch (SGB VI) scheidet aus, denn die Leistungsfähigkeit der Klägerin ist nicht in dem für eine Rentengewährung erforderlichen Umfang herabgesunken. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn die Versicherten voll erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Voll erwerbsgemindert sind sie, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten nach denen ihre Erwerbsfähigkeit zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Definition der Berufsunfähigkeit in § 240 Abs. 2 SGB VI entspricht der in § 43 Abs. 2 SGB VI in der Fassung vor dem 1. Januar 2001 mit dem Unterschied, dass nunmehr auf ein Herabsinken auf weniger als sechs Stunden abgestellt wird. Berufsunfähigkeit liegt nicht schon vor, wenn der Versicherte seinen "bisherigen Beruf" nicht mehr ausüben kann, sondern erst dann wenn eine Verweisung auf eine zumutbare andere Tätigkeit nicht mehr möglich ist.
Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit wird grundsätzlich nach der Wertigkeit des bis-herigen Berufes festgestellt, wozu die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das so genannte Mehrstufenschema entwickelt hat. Die verschiedenen Stufen sind nach dem qualitativen Wert des bisherigen Berufes - dieser wird nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung, nicht anhand von Prestige oder Entlohnung bestimmt - hierarchisch geordnet (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 14. Mai 1996 – Az.: 4 RA 60/94 in BSGE 78, 207, 218; BSG, Urteil vom 24. März 1998 – Az.: B 4 RA 44/96 R, nach juris). Bei den Angestelltenberufen erfolgt eine Untergliederung in sechs Berufsgruppen: Angestelltenberufe von hoher Qualität, die regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht und in denen regelmäßig ein Arbeitsentgelt oberhalb, an oder in der Nähe unterhalb der Beitragbemessungsgrenze erzielt wird (sechste Stufe); Angestelltenberufe, die zwar ein abgeschlossenes Studium an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule voraussetzen, jedoch nur Kenntnisse und Fähigkeiten unterhalb der Führungsebene – d.h. unterhalb der obersten Stufe – erfordern (fünfte Stufe); Angestelltenberufe, die eine Meisterprüfung oder einen erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen – im Kern mit der Berufstätigkeit der höchsten Stufe der Arbeiterberufe übereinstimmen – (vierte Stufe); der Angestelltenberufe mit einer längeren Ausbildung als zwei Jahre (dritte Stufe); der angelernten Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (zweite Stufe) und der unausgebildeten (ungelernten) Angestellten. Die Einordnung eines bestimmten Berufsschemas erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der förmlichen Berufsausbildung, sondern auch nach der Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt dem aus der Mehrzahl von Faktoren zu ermitteln-den Wert der Arbeit für den Betrieb (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 1994 – Az.: 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufes, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird. Auch wenn in einem Beruf der herkömmliche Ausbildungsweg nicht durchlaufen wurde, besteht ein entsprechender Berufsschutz, wenn er nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübt wurde, der Versicherte über die für die Wettbewerbsfähigkeit erforderlichen theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten verfügt und sich dies auch in einer entsprechenden Bezahlung bzw. tariflichen oder tarifvertraglichen Einstufung widerspiegelt (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 29/04 R, nach juris).
Die Klägerin ist allenfalls in eine angelernte Angestelltentätigkeit der zweiten Stufe einzustufen. Sie hat zuletzt auf Dauer eine Tätigkeit als Verkaufsstellenleiterin in einem Lebensmittelmarkt auf dem Land ausgeübt. Eine Ausbildung zur Verkäuferin hat sie aber nicht absolviert. Es ist schon nicht ersichtlich, dass sie sämtliche theoretischen und praktischen Kenntnisse einer Verkäuferin erworben hat. Dagegen spricht, dass eine ungelernte Kraft nach der Arbeitgeberauskunft der Lebensmittel KG vom 3. Juli 2009 für die Tätigkeit nur eine zweimonatige Anlernzeit benötigt hätte. Jedenfalls dauert die Ausbildung als Verkäuferin nach dem Berufsausbildungsgesetz nur zwei Jahre, was einen höheren Berufsschutz ausschließt. Der Senat lässt offen, ob die Klägerin ihren bisherigen Beruf noch im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben vermag. Er verweist sie jedenfalls auf die sozial zumutbare Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin (Entlohnung nach Vergütungsgruppe IX BAT, nach der Neuregelung des Tarifrechts zum 1. November 2006: Entgeltgruppe 2) entsprechend dem Gutachten der Sachverständigen J. vom 6. Juni 2004 aus einem anderen Verfahren des Senats (Az: L 6 RJ 301/02). Sie gehört zur Berufsgruppe der Bürohilfskräfte, für die im Allgemeinen keine Berufsausbildung erforderlich ist und bei der fehlende Kenntnisse durch Einarbeitung beziehungsweise Anlernen in weniger als drei Monaten erworben werden können. Es sind einfache wiederkehrende kaufmännisch verwaltende körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen (z.B. Öffnen und Auszeichnen sowie Verteilen von Post, Kuvertieren und Frankieren der ausgehenden Post usw.), die überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum zeitweisen Gehen und Stehen ausgeführt werden; zum Teil erfordern sie Umgang mit Kommunikationsmitteln. Entlohnt wird die Tätigkeit in der Vergütungsgruppe IX BAT-Bund/Länder (so die Sachverständige J.), teilweise in der Vergütungsgruppe X Nr. 1 BAT-Ost (vgl. Senatsurteil vom 29. November 2000 - Az.: L 6 RJ 238/97). Stellen für Bürohilfskräfte sind in ausreichender Menge auf dem Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik vorhanden.
Mit ihrem Leistungsvermögen ist die Klägerin in der Lage, diese Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich auszuführen. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI liegen bei ihr nicht vor. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen, insbesondere den Sachverständigengutachten des Dr. J. und des Dr. B., deren Ausführungen sich der Senat anschließt, ist die Klägerin durch die bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen nicht gehindert, eine Arbeitsleistung von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu erbringen. Nach dem internistischen Gutachten des Dr. J. ist der Myokardschaden relativ gering, der Myokardinfarkt führte zu keinem relevanten Hirnschaden. Relevante neurologische Schäden konnten ebenfalls ausgeschlossen werden. Es besteht eine leichte diastolische Herzinsuffizienz. Dies führt bei leichten und mittelschweren Tätigkeiten nicht zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Die daneben bestehende mäßige obstruktive Ventilationsstörung, die zudem einer Behandlung zugeführt werden könnte, führt ebenfalls nicht zu quantitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit für leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten. Dr. B. hat in seinem psychiatrisch-psychosomatischen Gutachten vom 21. Juni 2011 in der subjektiven Beschwerdeschilderung phobische Ängste und leichte affektive Störungen beschrieben. Neurologisch fanden sich keine zerebralen, spinalen oder peripheren neurologische Defizite. Im psychopathologischen Status fanden sich nur geringgradige phobisch-affektive Störungen. Die phobischen Befürchtungen hemmen die Klägerin nicht, ein positives Aktivitäts- und Teilhabebild auszuführen. Für ihre Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben ergeben sich nur qualitative, nicht aber quantitative Leistungseinschränkungen im Sinne eines leistungsmindernden Dauereinflusses im Zeitraum von mehr als sechs Monaten. Die Klägerin kann regelmäßig an fünf Tagen in der Woche vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichten. Bezüglich der Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit sollte sie keinem hohen Arbeits- und Zeitdruck ausgesetzt werden. Ansonsten ist sie bei gutem kognitiv-intellektuellem Bildungsniveau und guten sozialen Fä-higkeiten in der Lage, auch anspruchsvolle Arbeiten auszuführen. Die Einholung eines psychokardiologischen Gutachtens ist nicht erforderlich, denn Dr. B. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26. August 2014 darauf hingewiesen, dass die geltend gemachte kar-diologische Angststörung nicht schwerwiegend ist. Die Klägerin kann sich - wie dem Tagesablauf zu entnehmen ist - gut von ihren somatoform-ängstlichen Befürchtungen ablenken; eine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung erfolgt nicht. Die in den letzten Jahren an vielen Universitäten entstandene kardiologische Psychosomatik betreut herzkranke oder am Herzen operierte Patienten als eine Spezialdisziplin der humanen Medizin. Berücksichtigt wird dabei der wechselseitige Zusammenhang zwischen psychischen Faktoren und Herzerkrankungen, somit die Wechselwirkung zwischen Herz und Psyche, einer Schnittstelle von Psychosomatik und Kardiologie. Nachdem der Sachverständige die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die Wechselwirkungen bzw. Ängste aus der Herzerkrankung bei seiner psychiatrisch-psychosomatischen Begutachtung berücksichtigt hat, sind Anhaltspunkte für eine zusätzliche Begutachtung nicht ersichtlich.
Die in den Gutachten der Dres. J. und B. genannten qualitativen Einschränkungen des Leis-tungsvermögens der Klägerin stehen einer Ausübung der Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin nicht entgegen. Die Arbeiten können im Sitzen ausgeführt werden, es handelt sich um körperlich leichte Arbeiten ohne Zwangshaltungen, ohne Heben und Bücken, ohne Schichtarbeit und ohne Absturzgefahr. Die Arbeit wird in geschlossenen Räumen verrichtet. Besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit oder das Ausdauervermögen werden nicht gestellt. Die Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin hat Dr. B. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26. August 2014 ausdrücklich bejaht.
Unwesentlich ist, dass der Klägerin im streitigen Zeitraum keine entsprechende Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin vermittelt werden konnte. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, trägt nicht die Beklagte, sondern die Arbeitslosenversicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1955 geborene Klägerin absolvierte von 1972 bis 1975 eine Ausbildung zum Facharbeiter für chemische Produktion mit Abitur. Danach nahm sie ein Pädagogikstudium auf, das sie ohne Abschluss beendete. Von 1979 bis 1992 arbeitete sie als Laborantin. Von 1992 bis 1994 absolvierte sie eine Umschulung zur Bankkauffrau. Seit 1995 war sie als Verkäuferin bei der KG tätig. Laut Arbeitgeberauskunft vom 3. Juli 2009 handelte es sich um eine Tätigkeit, die bei ungelernten Arbeitnehmern eine Anlernzeit von zwei Monaten erfordert hätte. Im August 2008 erlitt sie einen Myokardinfarkt der Vorderwand und bezog seit dem 7. Oktober 2008 Krankengeld. Mit Wirkung zum 1. September 2008 bewilligte die Beklagte ihr eine Rente wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau.
Im Januar 2009 beantragte sie die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog den Rehabilitationsentlassungsbericht der vom 27. Oktober 2008 (Diagnosen: Zustand nach Reanimation bei Kammerflimmern am 28. August 2008, Zustand nach akutem Myokardinfarkt der Vorderwand am 28. August 2008, koronare 1-Gefäßerkrankung, Zustand nach PTCA und Stentimplantation der proximalen Riva von 100 auf 0 v.H.; Leistungsbild: leichte bis mittelschwere Arbeiten unter Beachtung von Einschränkungen sechs Stunden und mehr) bei und holte eine sozialmedizinische Stellungnahme der Dipl.-Med. St. vom 28. Januar 2009 ein. Mit Bescheid vom 6. Februar 2009 lehnte sie die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16. März 2009).
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) auf Antrag der Klägerin nach § 109 des Sozial-gerichtsgesetzes (SGG) ein internistisches Gutachten des Dr. J. vom 28. Februar 2011 eingeholt. Er hat eine leichte diastolische Herzinsuffizienz sowie eine mäßiggradige obstruktive Ventilationsstörung diagnostiziert und ausgeführt, neben den körperlichen Befunden falle auf, dass die Klägerin unter extremen Angstzuständen leide. Sie könne leichte und mittelschwere Arbeiten unter Beachtung von Einschränkungen ausüben. Er empfehle ein psychosomatisches Gutachten beizuziehen. Bei der Beantwortung der Beweisfrage 9 führt er aus, er halte eine psychosomatische, insbesondere eine psychokardiologische Begutachtung für dringend erfor-derlich. Daraufhin hat das SG ein psychiatrisch-psychosomatisches Gutachten des Dr. B. vom 21. Juni 2011 eingeholt. Dieser hat u.a. eine geringgradige anhaltende affektive Störung bei Arbeitslosigkeit und phobischen Befürchtungen und eine somatoforme autonome Funktions-störung des Herz- und Kreislaufsystems diagnostiziert. In der Strukturdiagnose gibt er an, die Klägerin sei eine altruistisch-pflichtbewusste Persönlichkeit mit phobischen Befürchtungen nach Herzinfarkt 2008 und noch gut erhaltener individueller Belastbarkeit und Kompensationsfähigkeit der Struktur genannt. Sie könne aus psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht weiterhin vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten ausüben.
Mit Urteil vom 4. Juli 2012 hat das SG die Klage abgewiesen.
Im Berufungsverfahren macht die Klägerin geltend, das SG hätte eine psychokardiologische Begutachtung veranlassen müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 4. Juli 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2009 zu verurteilen, ihr ab dem 1. Februar 2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und die Entscheidungsgründe des erstin-stanzlichen Urteils.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Dr. B. vom 26. August 2014 eingeholt, wonach eine psychokardiologische Begutachtung nicht erforderlich ist und den Beteiligten die anonymisierte Kopie des Gutachtens der berufskundlichen Sachverständigen J. vom 6. Juni 2004 zur Tätigkeit eines Produktionshelfers/Poststellenmitarbeiterin aus einem anderen Verfahren des Senats (Az.: L 6 RJ 301/02) zur Kenntnisnahme übersandt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Ver-waltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidung war.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet; sie hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Der Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 2009 in der Gestalt des Wi-derspruchsbescheides vom 16. März 2009 ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten.
Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 des Sechsten Buches Sozialge-setzbuch (SGB VI) scheidet aus, denn die Leistungsfähigkeit der Klägerin ist nicht in dem für eine Rentengewährung erforderlichen Umfang herabgesunken. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn die Versicherten voll erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Voll erwerbsgemindert sind sie, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten nach denen ihre Erwerbsfähigkeit zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Definition der Berufsunfähigkeit in § 240 Abs. 2 SGB VI entspricht der in § 43 Abs. 2 SGB VI in der Fassung vor dem 1. Januar 2001 mit dem Unterschied, dass nunmehr auf ein Herabsinken auf weniger als sechs Stunden abgestellt wird. Berufsunfähigkeit liegt nicht schon vor, wenn der Versicherte seinen "bisherigen Beruf" nicht mehr ausüben kann, sondern erst dann wenn eine Verweisung auf eine zumutbare andere Tätigkeit nicht mehr möglich ist.
Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit wird grundsätzlich nach der Wertigkeit des bis-herigen Berufes festgestellt, wozu die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das so genannte Mehrstufenschema entwickelt hat. Die verschiedenen Stufen sind nach dem qualitativen Wert des bisherigen Berufes - dieser wird nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung, nicht anhand von Prestige oder Entlohnung bestimmt - hierarchisch geordnet (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 14. Mai 1996 – Az.: 4 RA 60/94 in BSGE 78, 207, 218; BSG, Urteil vom 24. März 1998 – Az.: B 4 RA 44/96 R, nach juris). Bei den Angestelltenberufen erfolgt eine Untergliederung in sechs Berufsgruppen: Angestelltenberufe von hoher Qualität, die regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht und in denen regelmäßig ein Arbeitsentgelt oberhalb, an oder in der Nähe unterhalb der Beitragbemessungsgrenze erzielt wird (sechste Stufe); Angestelltenberufe, die zwar ein abgeschlossenes Studium an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule voraussetzen, jedoch nur Kenntnisse und Fähigkeiten unterhalb der Führungsebene – d.h. unterhalb der obersten Stufe – erfordern (fünfte Stufe); Angestelltenberufe, die eine Meisterprüfung oder einen erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen – im Kern mit der Berufstätigkeit der höchsten Stufe der Arbeiterberufe übereinstimmen – (vierte Stufe); der Angestelltenberufe mit einer längeren Ausbildung als zwei Jahre (dritte Stufe); der angelernten Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (zweite Stufe) und der unausgebildeten (ungelernten) Angestellten. Die Einordnung eines bestimmten Berufsschemas erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der förmlichen Berufsausbildung, sondern auch nach der Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt dem aus der Mehrzahl von Faktoren zu ermitteln-den Wert der Arbeit für den Betrieb (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 1994 – Az.: 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufes, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird. Auch wenn in einem Beruf der herkömmliche Ausbildungsweg nicht durchlaufen wurde, besteht ein entsprechender Berufsschutz, wenn er nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübt wurde, der Versicherte über die für die Wettbewerbsfähigkeit erforderlichen theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten verfügt und sich dies auch in einer entsprechenden Bezahlung bzw. tariflichen oder tarifvertraglichen Einstufung widerspiegelt (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 29/04 R, nach juris).
Die Klägerin ist allenfalls in eine angelernte Angestelltentätigkeit der zweiten Stufe einzustufen. Sie hat zuletzt auf Dauer eine Tätigkeit als Verkaufsstellenleiterin in einem Lebensmittelmarkt auf dem Land ausgeübt. Eine Ausbildung zur Verkäuferin hat sie aber nicht absolviert. Es ist schon nicht ersichtlich, dass sie sämtliche theoretischen und praktischen Kenntnisse einer Verkäuferin erworben hat. Dagegen spricht, dass eine ungelernte Kraft nach der Arbeitgeberauskunft der Lebensmittel KG vom 3. Juli 2009 für die Tätigkeit nur eine zweimonatige Anlernzeit benötigt hätte. Jedenfalls dauert die Ausbildung als Verkäuferin nach dem Berufsausbildungsgesetz nur zwei Jahre, was einen höheren Berufsschutz ausschließt. Der Senat lässt offen, ob die Klägerin ihren bisherigen Beruf noch im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben vermag. Er verweist sie jedenfalls auf die sozial zumutbare Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin (Entlohnung nach Vergütungsgruppe IX BAT, nach der Neuregelung des Tarifrechts zum 1. November 2006: Entgeltgruppe 2) entsprechend dem Gutachten der Sachverständigen J. vom 6. Juni 2004 aus einem anderen Verfahren des Senats (Az: L 6 RJ 301/02). Sie gehört zur Berufsgruppe der Bürohilfskräfte, für die im Allgemeinen keine Berufsausbildung erforderlich ist und bei der fehlende Kenntnisse durch Einarbeitung beziehungsweise Anlernen in weniger als drei Monaten erworben werden können. Es sind einfache wiederkehrende kaufmännisch verwaltende körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen (z.B. Öffnen und Auszeichnen sowie Verteilen von Post, Kuvertieren und Frankieren der ausgehenden Post usw.), die überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum zeitweisen Gehen und Stehen ausgeführt werden; zum Teil erfordern sie Umgang mit Kommunikationsmitteln. Entlohnt wird die Tätigkeit in der Vergütungsgruppe IX BAT-Bund/Länder (so die Sachverständige J.), teilweise in der Vergütungsgruppe X Nr. 1 BAT-Ost (vgl. Senatsurteil vom 29. November 2000 - Az.: L 6 RJ 238/97). Stellen für Bürohilfskräfte sind in ausreichender Menge auf dem Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik vorhanden.
Mit ihrem Leistungsvermögen ist die Klägerin in der Lage, diese Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich auszuführen. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI liegen bei ihr nicht vor. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen, insbesondere den Sachverständigengutachten des Dr. J. und des Dr. B., deren Ausführungen sich der Senat anschließt, ist die Klägerin durch die bei ihr bestehenden Gesundheitsstörungen nicht gehindert, eine Arbeitsleistung von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu erbringen. Nach dem internistischen Gutachten des Dr. J. ist der Myokardschaden relativ gering, der Myokardinfarkt führte zu keinem relevanten Hirnschaden. Relevante neurologische Schäden konnten ebenfalls ausgeschlossen werden. Es besteht eine leichte diastolische Herzinsuffizienz. Dies führt bei leichten und mittelschweren Tätigkeiten nicht zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Die daneben bestehende mäßige obstruktive Ventilationsstörung, die zudem einer Behandlung zugeführt werden könnte, führt ebenfalls nicht zu quantitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit für leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten. Dr. B. hat in seinem psychiatrisch-psychosomatischen Gutachten vom 21. Juni 2011 in der subjektiven Beschwerdeschilderung phobische Ängste und leichte affektive Störungen beschrieben. Neurologisch fanden sich keine zerebralen, spinalen oder peripheren neurologische Defizite. Im psychopathologischen Status fanden sich nur geringgradige phobisch-affektive Störungen. Die phobischen Befürchtungen hemmen die Klägerin nicht, ein positives Aktivitäts- und Teilhabebild auszuführen. Für ihre Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben ergeben sich nur qualitative, nicht aber quantitative Leistungseinschränkungen im Sinne eines leistungsmindernden Dauereinflusses im Zeitraum von mehr als sechs Monaten. Die Klägerin kann regelmäßig an fünf Tagen in der Woche vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten verrichten. Bezüglich der Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit sollte sie keinem hohen Arbeits- und Zeitdruck ausgesetzt werden. Ansonsten ist sie bei gutem kognitiv-intellektuellem Bildungsniveau und guten sozialen Fä-higkeiten in der Lage, auch anspruchsvolle Arbeiten auszuführen. Die Einholung eines psychokardiologischen Gutachtens ist nicht erforderlich, denn Dr. B. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26. August 2014 darauf hingewiesen, dass die geltend gemachte kar-diologische Angststörung nicht schwerwiegend ist. Die Klägerin kann sich - wie dem Tagesablauf zu entnehmen ist - gut von ihren somatoform-ängstlichen Befürchtungen ablenken; eine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung erfolgt nicht. Die in den letzten Jahren an vielen Universitäten entstandene kardiologische Psychosomatik betreut herzkranke oder am Herzen operierte Patienten als eine Spezialdisziplin der humanen Medizin. Berücksichtigt wird dabei der wechselseitige Zusammenhang zwischen psychischen Faktoren und Herzerkrankungen, somit die Wechselwirkung zwischen Herz und Psyche, einer Schnittstelle von Psychosomatik und Kardiologie. Nachdem der Sachverständige die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die Wechselwirkungen bzw. Ängste aus der Herzerkrankung bei seiner psychiatrisch-psychosomatischen Begutachtung berücksichtigt hat, sind Anhaltspunkte für eine zusätzliche Begutachtung nicht ersichtlich.
Die in den Gutachten der Dres. J. und B. genannten qualitativen Einschränkungen des Leis-tungsvermögens der Klägerin stehen einer Ausübung der Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin nicht entgegen. Die Arbeiten können im Sitzen ausgeführt werden, es handelt sich um körperlich leichte Arbeiten ohne Zwangshaltungen, ohne Heben und Bücken, ohne Schichtarbeit und ohne Absturzgefahr. Die Arbeit wird in geschlossenen Räumen verrichtet. Besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit oder das Ausdauervermögen werden nicht gestellt. Die Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin hat Dr. B. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26. August 2014 ausdrücklich bejaht.
Unwesentlich ist, dass der Klägerin im streitigen Zeitraum keine entsprechende Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin vermittelt werden konnte. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, trägt nicht die Beklagte, sondern die Arbeitslosenversicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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