L 3 AS 88/15 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 1336/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 88/15 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24. November 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (vgl. § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist zulässig; insb. statthaft. Der Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe (SG) vom 24.11.2014, mit dem das SG den Antrag der Klägerinnen auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgelehnt hat, ist eine nach § 172 Abs. 1 SGG beschwerdefähige Entscheidung, die weder dem Katalog des § 172 Abs. 2 SGG noch den Beschwerdeausschlüssen des § 172 Abs. 3 SGG unterfällt (vgl. Roller in Sozialgerichtsgesetz, 3.Aufl., § 105, Rn. 16; Landessozialgericht Niedersachsen, Beschluss vom 27.12.1961 - L 10 S 49/61 - veröffentlicht in juris).

Die Beschwerde ist unbegründet. Das SG hat den Antrag des Klägers auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht abgelehnt.

Gemäß § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG können die Beteiligten gegen einen Gerichtsbescheid innerhalb eines Monats nach dessen Zustellung das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden (§ 105 Abs. 2 Satz 2 SGG).

Gegen den am 19.09.2014 im Verfahren - S 10 AS 1336/14 - ergangenen klageabweisenden Gerichtsbescheid ist, wie vom SG dort zutreffenderweise ausgeführt, das Rechtsmittel der Berufung gegeben.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der ab dem 01.04.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl. I S. 444 ff.) bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,- EUR nicht übersteigt. Dies gilt gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Der Beschwerdewert bestimmt sich nach dem Betrag, den das SG den Klägerinnen versagt hat und der von diesem - als Rechtsmittelführerinnen - weiterverfolgt wird (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 144 Rn. 14 m.w.N.; Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 06.02.1997 - 14/10 BKg 14/96 - veröffentlicht in juris). Da bei der Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes im erstinstanzlichen Verfahren für das Gericht noch nicht absehbar ist, was in einem möglichen Berufungsverfahren (noch) begehrt wird, ist hierbei auf den maximal möglichen Wert des Beschwerdegegenstandes abzustellen. Ist, wie vorliegend, die Klage vollumfänglich abgewiesen worden, ist der Gegenstandswert der Klage als Wert des Beschwerdegegenstandes anzusetzen (Leitherer, a.a.O.).

Die Klägerinnen haben sich im Verfahren - S 10 AS 1336/14 - gegen den Bescheid des Beklagten vom 03.02.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2014 gewandt. Im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 03.02.2014 wurde die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für die Zeit vom 01.09. - 30.11.2013 teilweise aufgehoben und die Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen i.H.v. insg. 402,70 EUR geltend gemacht. Mit dem ändernden Bescheid vom 11.03.2014 wurde der wegen der Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.09. - 30.10.2013 von den Klägerinnen zu erstattende Betrag auf insg. 1.055,71 EUR festgesetzt. Diese Bescheide (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2014) wurden von der Klägerin mit der Klageerhebung am 17.04.2014 angefochten. Zwar haben die Klägerinnen mit anwaltlichen Schriftsatz vom 05.09.2014, der am 08.09.2014 beim SG einging, mitgeteilt, dass sie sich gegen den Bescheid vom 03.02.2014 "grundsätzlich nicht" wenden und ferner ausgeführt, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine weitere Änderung des am 03.02.2014 erlassenen Bescheides nicht vorlägen, der Senat vermag hierin jedoch keine (teilweise) Rücknahme der Klage, die im gegebenen Kontext dazu führen würde, dass sich der Gegenstandswert der Klage bereits während des Klageverfahrens von ursprünglich 1.055,71 EUR auf die weitergehende Forderung von 653,01 EUR reduziert hat, zu erkennen. Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 SGG kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurückgenommen werden. Die Erklärung der Klagerücknahme ist eine einseitige Prozesshandlung, die zwar nicht ausdrücklich aber eindeutig und unmissverständlich erklärt werden muss. Mit ihr muss zum Ausdruck gebracht werden, dass der geltend gemachte Anspruch - das Klagebegehren - in dem anhängigen Verfahren nicht mehr weiter verfolgt wird. Der anwaltliche Schriftsatz vom 05.09.2014 bedarf, da jedenfalls keine ausdrückliche (teilweise) Klagerücknahme erklärt wurde, der Auslegung (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch). Dabei ist im Zweifelsfall darauf abzustellen, was das Erklärte vernünftigerweise bedeuten soll. Die Erklärung, dass sich die Klägerinnen grundsätzlich nicht gegen den Bescheid vom 03.02.2014 wenden, kann nicht als uneingeschränkt und bedingungsfrei verstanden werden, da sie mit der gewählten Formulierung ("grundsätzlich") die Abkehr vom zunächst verfolgten Begehren relativiert und die Möglichkeit der Geltendmachung einer Ausnahme vorbehalten bleibt.

Mithin ist die Klage nicht teilweise - gegen den Bescheid vom 03.02.2014 - zurückgenommen worden. Der Gegenstandswert belief sich bis zur Entscheidung des SG auf 1.055,71 EUR. Angesichts dieses Betrages, in dem die Klägerinnen beschwert sind, konnte gemäß § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG zulassungsunabhängig Berufung eingelegt werden, weswegen der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht zulässigerweise beantragt werden konnte.

Der Beschluss des SG vom 24.11.2014, mit dem der Antrag der Klägerinnen auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgelehnt wurde, ist daher nicht zu beanstanden; die Beschwerde ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Die Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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