Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 R 788/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 906/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.06.2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat.
Der 1964 geborene Kläger hat nach seinen Angaben keinen Beruf erlernt und war vor dem Rentenverfahren zuletzt als Arbeiter bei einer Spedition beschäftigt gewesen. Im Jahr 2007 erlitt er dort einen Arbeitsunfall mit schwerer Verletzung des linken Fußes.
Vom 26.05.2008 bis 16.06.2008 befand sich der Kläger zur medizinischen Rehabilitation in der Höhenklinik B. und wurde dort lt. Reha-Entlassungsbericht vom 17.06.2008 als aktuell arbeitsunfähig, aber ansonsten ohne zeitliche Einschränkung einsatzfähig sowohl im zuletzt ausgeübten Beruf als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen. Vom 06.04.2009 bis 05.06.2009 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung in der F.-Klinik E. wegen einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome. Im Arztbrief vom 05.06.2009 wurde der Zustand bei Entlassung als stabiler klinischer Zustand beschrieben und eine regelmäßige ambulante nervenärztliche und psychotherapeutische Behandlung empfohlen. Am 19.06.2009 beantragte der Kläger erneut Leistungen zur stationären medizinischen Rehabilitation, woraufhin die Beklagte eine entsprechende Maßnahme im Klinikum Bad B. bewilligte. Die Teilnahme daran sagte der Kläger ab: Er habe seit dem 01.09.2009 einen Teilzeitarbeitsplatz für täglich 5 1/2 Stunden bekommen.
Der Kläger stellte bei der Beklagten am 14.10.2009 einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Auf Veranlassung der Beklagten wurde er am 19.01.2010 durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.B. untersucht, die das Vorliegen eines psychischen Versagenszustandes diagnostizierte. Der Kläger sei unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Situation weiter in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zustandsangemessene Tätigkeiten 6 Stunden und mehr zu bewältigen. Seit September 2009 fahre der Kläger nach eigenen Angaben von Montag bis Freitag behinderte Kinder, wobei die Tätigkeit offensichtlich in Absprache mit dem behandelnden Psychiater aufgenommen worden sei. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 09.02.2010 ab und verwies den Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 08.03.2010 Widerspruch ein und machte geltend, dass die psychiatrische Behandlung andauere und zusätzlich orthopädische und kardiologische Beeinträchtigungen vorliegen würden, die nicht berücksichtigt worden seien. Einer erneuten medizinischen Rehabilitation würde er jetzt offen gegenüber stehen, während er den für Oktober 2009 angesetzten Termin nicht habe wahrnehmen wollen, da er sich damals in der Probezeit befunden habe und seinen neuen Arbeitsplatz bei der Firma S. und S. in H. nicht habe gefährden wollen. Die Beklagte zog weitere ärztliche Unterlagen u.a. vom Allgemeinmediziner Dr.D. bei. Der Allgemein- und Sozialmediziner Dr.L. vom ärztlichen Dienst der Beklagten kam am 18.05.2010 zum Ergebnis, dass die neuen Unterlagen keine Änderung der bisherigen sozialmedizinischen Beurteilung bedingen würden und der Kläger täglich 6 Stunden und mehr mittelschwere Tätigkeiten ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Zwangshaltungen ausüben könne.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.06.2010 zurück. Den Leistungseinbußen des Klägers sei mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf mittelschwere Arbeiten unter Beachtung der genannten Funktionseinschränkungen hinreichend Rechnung getragen worden und die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung würden nicht vorliegen.
Mit Schreiben vom 24.06.2010 hat der Kläger am 28.06.2010 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Er hat geltend gemacht, dass er derzeit 2,5 Stunden morgens und 2,5 Stunden nachmittags in der Personenbeförderung als Kleinbusfahrer tätig sei. Er habe im Januar 2007 als Kommissionierer einen schwerwiegenden Unfall erlitten und danach starke Schmerzmittel nehmen müssen und die berufliche Wiedereingliederung sei an seinem Unvermögen, körperliche Arbeiten selbst leichter Art zu verrichten, gescheitert. Wegen der bestehenden psychischen, orthopädischen und kardiologischen Gesundheitsstörungen sei der Kläger nicht in der Lage, täglich 6 Stunden zu arbeiten. Vorgelegt worden ist ein Gutachten des - behandelnden - Orthopäden Dr.S., das am 10.03.2009 für die Berufsgenossenschaft Handel und Warendisposition erstellt worden war. Ein weiteres Attest des Orthopäden Dr.S. datiert vom 07.07.2010; danach sei beim Kläger ein chronisches Schmerzsyndrom bei Zustand nach Morbus Sudeck vorhanden, das eine normale Arbeitstätigkeit nicht mehr zulasse. Unter Nutzung eines Schmerzpflasters sei noch eine leichte Tätigkeit im Wechsel von Sitzen und Stehen im Umfang bis zu 4 Stunden möglich. Der Kläger hat zusätzlich das Vorliegen eines obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms geltend gemacht; nach einer Untersuchung in der Schlafambulanz des Klinikums E-Stadt sei der Kläger mit einer NCPAP-Therapie versorgt worden. In einem Attest des Allgemeinmediziners Dr.D. vom 27.07.2010 ist dargelegt worden, dass der Kläger einer geregelten Arbeit über mehr als 5 Stunden am Tag nicht nachgehen könne.
Das Sozialgericht hat daraufhin einen umfassenden Befundbericht bei Dr.D. angefordert und umfangreiche ärztliche Unterlagen beigezogen. Sodann hat es den Neurologen und Psychiater Dr.B. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 11.05.2011 zum Ergebnis gelangt, dass die quantitative Erwerbsfähigkeit des Klägers gegenwärtig noch nicht gemindert, jedoch erheblich gefährdet sei. Eine erneute stationäre Rehabilitations-Maßnahme sei erforderlich. Die Erwerbsfähigkeit werde wesentlich beeinträchtigt durch
1. Rezidivierende depressive Störungen, gegenwärtig mittelgradige Episode.
2. Komplexes regionales Schmerzsyndrom linker Fuß.
3. Schädlichen Gebrauch von Alkohol.
4. Bluthochdruck.
5. Zustand nach Herzinfarkt mit Stent-Implantation.
6. Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom,
wobei die letzten drei Diagnosen übernommen worden seien. Der Kläger könne leichte und mittelschwere Arbeiten in geschlossenen Räumen ohne schweres Heben und Tragen ausüben. Längeres Gehen und Stehen sowie besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit kämen nicht in Betracht.
Dr.S. vom ärztlichen Dienst der Beklagten äußerte sich am 26.07.2011 dahingehend, dass eine stationäre medizinische Rehabilitation mit psychosomatischem Schwerpunkt ein hohes Maß an Motivation und Mitarbeit des Betroffenen voraussetze und während eines laufenden Rentenrechtsstreites nicht indiziert sei.
Mit Urteil vom 27.06.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und die bisherigen gutachterlichen Feststellungen hätten zum Ergebnis geführt, dass die Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt derzeit zeitlich nicht eingeschränkt sei. Den Ausführungen des Dr.B. werde gefolgt. Zugleich hat das Sozialgericht im parallelen Rechtsstreit S 15 R 1289/10 die Beklagte zur erneuten Entscheidung über den Rehabilitationsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt.
Im Rentenrechtsstreit hat der Kläger mit Schreiben vom 18.10.2012 am 19.10.2012 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Die erstinstanzliche Entscheidung habe die Gesundheitsstörungen außerhalb des psychiatrischen Fachgebietes nicht hinreichend berücksichtigt.
Die Beklagte hat dem Kläger mit Bescheid vom 23.10.2012 eine stationäre medizinische Rehabilitation im Klinikum Bad B. bewilligt. Diese ist vom 19.12.2012 bis 29.12.2012 erfolgt; dann hat der Kläger Bedenken in Bezug auf Intensität der Therapie im stationären Rahmen geäußert und um vorzeitige Entlassung gebeten, der ärztlicherseits zugestimmt worden ist. Im Entlassungsbericht vom 05.02.2013 ist der Verdacht geäußert worden, dass der bekannte langjährige Alkoholkonsum anschließend mit Craving (Substanzverlangen) im Rahmen der stationären Rehabilitationsmaßnahme eine weitere erfolgreiche Behandlung verhindert habe. Der Entlassungsbericht hat als Diagnosen genannt:
1. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode.
2. Komplexes regionales Schmerzsyndrom des linken Fußes.
3. Arterielle Hypertonie.
4. Zustand nach Herzinfarkt mit Stent-Implantation.
5. Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom.
Der Kläger sei als Omnibusfahrer umgeschult; er sei dafür täglich 6 Stunden und mehr einsatzfähig und könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mittelschwere Tätigkeiten ohne Nachtschichten, ohne belastende soziale Kontakte am Arbeitsplatz, ohne kommunikativen Stress und ohne starken Leistungs- und Zeitdruck täglich 6 Stunden und mehr verrichten. Die Entlassung erfolge als noch arbeitsunfähig. Aktuell sei eine psychiatrische Behandlung bei Exazerbation der depressiven Symptomatik angezeigt. Sekundär scheine eine intensive Suchttherapie indiziert.
Der Senat hat einen neuen Befundbericht bei Dr.D. eingeholt. Darin ist berichtet worden, dass sich die gesundheitliche Situation des Klägers in den letzten Jahren weder erheblich verschlechtert noch verbessert habe und immer wieder depressive Schübe zu beobachten gewesen seien, die eine akute Behandlung erfordert hätten. Die AOK Bayern hat mitgeteilt, dass der Kläger in der Zeit ab der Rentenantragstellung im Jahr 2010 an 27 Tagen (24 + 3), im Jahr 2011 an 28 Tagen, im Jahr 2012 an 34 Tagen (11 + 10 + 6 + 5 + 1 + 1) und im Jahr 2013 an 32 Tagen (22 + 9 + 1) arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei.
Mit Schreiben vom 08.11.2013 hat der Kläger unter Berufung auf eine Untersuchung bei dem Radiologen Dr.L. am 22.10.2013 geltend gemacht, dass bei ihm ein Bandscheibenvorfall bestehe. Die Beklagte hat hierzu geäußert, dass eine derartige Symptomatik bereits in einem Attest von Juli 2010 angegeben worden sei. Eine aktuelle kardiologische Behandlung ist vom Kläger auf die Nachfrage des Senats nicht mitgeteilt worden.
Daraufhin hat der Senat ein Gutachten durch den Arzt für öffentliches Gesundheitswesen und Sozialmedizin Dr.C. erstellen lassen, der den Kläger am 02.08.2014 untersucht hat. Bei dem Kläger würden folgende Gesundheitsstörungen vorliegen:
1. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichtgradige Episode.
2. Komplex regionales Schmerzsyndrom des linken Fußes.
3. Arterielle Hypertonie.
4. Zustand nach Herzinfarkt mit Stent-Implantation.
5. Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom.
6. Übergewicht mit Belastung des Achsenorgans und zeitweiligen Lumboischialgien bei Bandscheibenveränderungen der Lendenwirbelsäule.
Von hausärztlicher Seite würden depressive Schübe bei psychischer Belastung berichtet, der aktuelle psychische Befund entspreche einer leichtgradigen depressiven Störung mit zeitweiligen Stimmungsschwankungen. Nach eigenen Angaben des Klägers arbeite er derzeit 40 bis 50 Stunden pro Woche als Busfahrer im Liniendienst bzw. Reisedienst. Als Folge eines Arbeitsunfalles sei ein komplex regionales Schmerzsyndrom im Bereich des linken Fußes bekannt, wofür eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 anerkannt worden sei. Der Kläger könne unter Berücksichtigung der genannten Gesundheitsstörungen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch täglich mindestens 6 Stunden erwerbstätig sein. Er könne leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten in vorwiegend sitzender, zeitweise stehender und gehender Arbeitshaltung vollschichtig verrichten. Besondere Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems sowie überwiegendes Stehen oder Gehen, häufiges Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken seien zu meiden. Ebenfalls sei von Nachtschicht und stresshaften Arbeitsbedingungen abzusehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.06.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 09.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.06.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab Antragstellung Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.06.2012 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Akte der Beklagten und der ebenfalls beigezogenen Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung setzt nach § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) voraus, dass ein Versicherter voll erwerbsgemindert ist, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit aufzuweisen hat und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt hat.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die in gleicher Weise für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gelten, hat der Kläger derzeit unproblematisch erfüllt, da er die allgemeine Wartezeit (§ 50 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) zurückgelegt hat und fortlaufend seit September 2009 wieder einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht und hieraus Pflichtbeiträge entrichtet werden.
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die medizinischen Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 SGB VI erfordern, dass ein Versicherter nicht mindestens 6 Stunden täglich einsatzfähig ist. Ergänzend führt § 43 Abs. 3 SGB VI aus, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Sämtliche im Verfahren beteiligten Ärzte, einschließlich der den Kläger behandelnden Ärzte, haben keine Bedenken gegen die Ausübung einer Teilzeittätigkeit im Umfang von täglich 3 Stunden geäußert. Für ein Herabsinken der Leistungsfähigkeit des Klägers an geeigneten Arbeitsplätzen des allgemeinen Arbeitsmarktes auf weniger als 3 Stunden täglich gibt es keinerlei Belege. Eine volle Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI) liegt somit mit Sicherheit nicht vor. Auch kommt die Gewährung einer sog. arbeitsmarktbedingten Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht in Betracht, weil diese das Vorliegen von teilweiser Erwerbsminderung und das Nichtausüben einer Teilzeitbeschäftigung wegen der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes voraussetzt (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand April 2010, § 43 SGB VI, Rn. 31). Der Kläger ist aber tatsächlich schon zu Beginn des Rentenverfahrens einer Teilzeitbeschäftigung nachgegangen.
Auch die hilfsweise geltend gemachte teilweise Erwerbsminderung liegt zur Überzeugung des Senats beim Kläger nicht vor. Der Senat folgt dabei dem Gutachten des Arztes für öffentliches Gesundheitswesen Dr. C., das die von der Klägerseite am erstinstanzlichen Verfahren bemängelte sozialmedizinische Gesamtschau über die Gesundheitsstörungen des Klägers auf dem orthopädischen, internistisch-kardiologischen und neurologisch-psychiatrischen und sonstigen Fachgebieten vorgenommen hat. Der Kläger kann danach unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch täglich mindestens 6 Stunden erwerbstätig sein. Er kann leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten in vorwiegend sitzender, zeitweise stehender und gehender Arbeitshaltung verrichten. Besondere Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems wie überwiegendes Stehen oder Gehen, häufiges Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken sind dabei zu vermeiden. Nicht zumutbar sind ferner Nachtschicht und stresshafte Arbeitsbedingungen. Sinnvoll wäre aus Sicht des Senats zusätzlich von einem Einsatz an Arbeitsplätzen mit Kontakt mit Alkohol sowie von Tätigkeiten mit der Bedienung von Maschinen, von denen eine Eigen- oder Fremdgefährdung ausgehen könnte, abzusehen.
Auch wenn es sich aus Sicht des Senats bei der vom Kläger tatsächlich ausgeübten Tätigkeit als Busfahrer, die er deutlich mehr als 30 Stunden pro Woche bzw. 6 Stunden pro Tag ausgeübt hat, nicht um eine zustandsangepasste Berufsausübung gehandelt hat, hat sich tatsächlich bisher noch nicht einmal hier feststellen lassen, dass dies zu Lasten der Restgesundheit erfolgt wäre. Die von der Krankenkasse übermittelten Arbeitsunfähigkeitszeiten, die sowohl im Gesamtumfang als auch in der Einzeldauer nicht deutlich aus einem üblichen Rahmen herausfallen, und die von den behandelnden Ärzten beschriebenen Krankheitsverläufe zeigen eine Überbelastung nicht deutlich auf. Somit spricht auch der tatsächliche Geschehensablauf für eine Einsatzfähigkeit des Klägers in dem von § 43 Abs. 3 SGB VI geforderten Umfang und der damit verbundenen Aussage, dass Erwerbsminderung im Sinne von § 43 SGB VI damit nicht vorliegt.
Soweit der Gutachter Dr. B. bei Fortführung der Busfahrertätigkeit ohne neuerliche stationäre Rehabilitationsmaßnahme eine Gefährdung der Arbeitsfähigkeit des Klägers befürchtet hatte, scheint die danach bewilligte - wenn auch nach kürzerer Zeit abgebrochene - psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme mittlerweile eine gewisse und anscheinend hinreichende Stabilisierung ermöglicht zu haben, wovon auch der Kläger selbst berichtet hat. Für die - im Übrigen noch vor der Rehabilitationsmaßnahme abgegebenen - zeitlichen Beschränkungen auf 4 bis 5 Stunden täglich haben die behandelnden Ärzte Dr. S. und Dr. D. keine detailliertere Begründung abgegeben. Eine Auseinandersetzung mit den umfangreichen Feststellungen der Gutachter Dr. B., Dr. B. und Dr. C. ist - z.T. auch schon wegen der chronologischen Abfolge - nicht erfolgt. Die in den Attesten angegebenen zeitlichen Beschränkungen können weder inhaltlich noch im Abgleich mit den tatsächlichen Gegebenheiten überzeugen.
Dafür dass vom Kläger die Voraussetzungen für einen von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Ausnahmefall (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand Juni 2012, § 43 SGB VI, Rn. 37) erfüllt würden, gibt es keine Anhaltspunkte.
Dementsprechend lässt sich beim Kläger weder das Vorliegen von voller, noch von teilweiser Erwerbsminderung überzeugend belegen und es besteht kein Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Eine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ist nicht geltend gemacht worden und eine darauf gestützte Rentengewährung würde auch nicht in Betracht kommen, da der Kläger auf Grund seines Geburtsjahrgangs nicht zu dem von § 240 Abs. 1 SGB VI erfassten Personenkreis gehört.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten und die hierzu ergangene erstinstanzliche Entscheidung sind nicht zu beanstanden und die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat.
Der 1964 geborene Kläger hat nach seinen Angaben keinen Beruf erlernt und war vor dem Rentenverfahren zuletzt als Arbeiter bei einer Spedition beschäftigt gewesen. Im Jahr 2007 erlitt er dort einen Arbeitsunfall mit schwerer Verletzung des linken Fußes.
Vom 26.05.2008 bis 16.06.2008 befand sich der Kläger zur medizinischen Rehabilitation in der Höhenklinik B. und wurde dort lt. Reha-Entlassungsbericht vom 17.06.2008 als aktuell arbeitsunfähig, aber ansonsten ohne zeitliche Einschränkung einsatzfähig sowohl im zuletzt ausgeübten Beruf als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen. Vom 06.04.2009 bis 05.06.2009 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung in der F.-Klinik E. wegen einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome. Im Arztbrief vom 05.06.2009 wurde der Zustand bei Entlassung als stabiler klinischer Zustand beschrieben und eine regelmäßige ambulante nervenärztliche und psychotherapeutische Behandlung empfohlen. Am 19.06.2009 beantragte der Kläger erneut Leistungen zur stationären medizinischen Rehabilitation, woraufhin die Beklagte eine entsprechende Maßnahme im Klinikum Bad B. bewilligte. Die Teilnahme daran sagte der Kläger ab: Er habe seit dem 01.09.2009 einen Teilzeitarbeitsplatz für täglich 5 1/2 Stunden bekommen.
Der Kläger stellte bei der Beklagten am 14.10.2009 einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Auf Veranlassung der Beklagten wurde er am 19.01.2010 durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.B. untersucht, die das Vorliegen eines psychischen Versagenszustandes diagnostizierte. Der Kläger sei unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Situation weiter in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zustandsangemessene Tätigkeiten 6 Stunden und mehr zu bewältigen. Seit September 2009 fahre der Kläger nach eigenen Angaben von Montag bis Freitag behinderte Kinder, wobei die Tätigkeit offensichtlich in Absprache mit dem behandelnden Psychiater aufgenommen worden sei. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 09.02.2010 ab und verwies den Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 08.03.2010 Widerspruch ein und machte geltend, dass die psychiatrische Behandlung andauere und zusätzlich orthopädische und kardiologische Beeinträchtigungen vorliegen würden, die nicht berücksichtigt worden seien. Einer erneuten medizinischen Rehabilitation würde er jetzt offen gegenüber stehen, während er den für Oktober 2009 angesetzten Termin nicht habe wahrnehmen wollen, da er sich damals in der Probezeit befunden habe und seinen neuen Arbeitsplatz bei der Firma S. und S. in H. nicht habe gefährden wollen. Die Beklagte zog weitere ärztliche Unterlagen u.a. vom Allgemeinmediziner Dr.D. bei. Der Allgemein- und Sozialmediziner Dr.L. vom ärztlichen Dienst der Beklagten kam am 18.05.2010 zum Ergebnis, dass die neuen Unterlagen keine Änderung der bisherigen sozialmedizinischen Beurteilung bedingen würden und der Kläger täglich 6 Stunden und mehr mittelschwere Tätigkeiten ohne Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Zwangshaltungen ausüben könne.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.06.2010 zurück. Den Leistungseinbußen des Klägers sei mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf mittelschwere Arbeiten unter Beachtung der genannten Funktionseinschränkungen hinreichend Rechnung getragen worden und die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung würden nicht vorliegen.
Mit Schreiben vom 24.06.2010 hat der Kläger am 28.06.2010 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Er hat geltend gemacht, dass er derzeit 2,5 Stunden morgens und 2,5 Stunden nachmittags in der Personenbeförderung als Kleinbusfahrer tätig sei. Er habe im Januar 2007 als Kommissionierer einen schwerwiegenden Unfall erlitten und danach starke Schmerzmittel nehmen müssen und die berufliche Wiedereingliederung sei an seinem Unvermögen, körperliche Arbeiten selbst leichter Art zu verrichten, gescheitert. Wegen der bestehenden psychischen, orthopädischen und kardiologischen Gesundheitsstörungen sei der Kläger nicht in der Lage, täglich 6 Stunden zu arbeiten. Vorgelegt worden ist ein Gutachten des - behandelnden - Orthopäden Dr.S., das am 10.03.2009 für die Berufsgenossenschaft Handel und Warendisposition erstellt worden war. Ein weiteres Attest des Orthopäden Dr.S. datiert vom 07.07.2010; danach sei beim Kläger ein chronisches Schmerzsyndrom bei Zustand nach Morbus Sudeck vorhanden, das eine normale Arbeitstätigkeit nicht mehr zulasse. Unter Nutzung eines Schmerzpflasters sei noch eine leichte Tätigkeit im Wechsel von Sitzen und Stehen im Umfang bis zu 4 Stunden möglich. Der Kläger hat zusätzlich das Vorliegen eines obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms geltend gemacht; nach einer Untersuchung in der Schlafambulanz des Klinikums E-Stadt sei der Kläger mit einer NCPAP-Therapie versorgt worden. In einem Attest des Allgemeinmediziners Dr.D. vom 27.07.2010 ist dargelegt worden, dass der Kläger einer geregelten Arbeit über mehr als 5 Stunden am Tag nicht nachgehen könne.
Das Sozialgericht hat daraufhin einen umfassenden Befundbericht bei Dr.D. angefordert und umfangreiche ärztliche Unterlagen beigezogen. Sodann hat es den Neurologen und Psychiater Dr.B. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 11.05.2011 zum Ergebnis gelangt, dass die quantitative Erwerbsfähigkeit des Klägers gegenwärtig noch nicht gemindert, jedoch erheblich gefährdet sei. Eine erneute stationäre Rehabilitations-Maßnahme sei erforderlich. Die Erwerbsfähigkeit werde wesentlich beeinträchtigt durch
1. Rezidivierende depressive Störungen, gegenwärtig mittelgradige Episode.
2. Komplexes regionales Schmerzsyndrom linker Fuß.
3. Schädlichen Gebrauch von Alkohol.
4. Bluthochdruck.
5. Zustand nach Herzinfarkt mit Stent-Implantation.
6. Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom,
wobei die letzten drei Diagnosen übernommen worden seien. Der Kläger könne leichte und mittelschwere Arbeiten in geschlossenen Räumen ohne schweres Heben und Tragen ausüben. Längeres Gehen und Stehen sowie besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit kämen nicht in Betracht.
Dr.S. vom ärztlichen Dienst der Beklagten äußerte sich am 26.07.2011 dahingehend, dass eine stationäre medizinische Rehabilitation mit psychosomatischem Schwerpunkt ein hohes Maß an Motivation und Mitarbeit des Betroffenen voraussetze und während eines laufenden Rentenrechtsstreites nicht indiziert sei.
Mit Urteil vom 27.06.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und die bisherigen gutachterlichen Feststellungen hätten zum Ergebnis geführt, dass die Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt derzeit zeitlich nicht eingeschränkt sei. Den Ausführungen des Dr.B. werde gefolgt. Zugleich hat das Sozialgericht im parallelen Rechtsstreit S 15 R 1289/10 die Beklagte zur erneuten Entscheidung über den Rehabilitationsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt.
Im Rentenrechtsstreit hat der Kläger mit Schreiben vom 18.10.2012 am 19.10.2012 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Die erstinstanzliche Entscheidung habe die Gesundheitsstörungen außerhalb des psychiatrischen Fachgebietes nicht hinreichend berücksichtigt.
Die Beklagte hat dem Kläger mit Bescheid vom 23.10.2012 eine stationäre medizinische Rehabilitation im Klinikum Bad B. bewilligt. Diese ist vom 19.12.2012 bis 29.12.2012 erfolgt; dann hat der Kläger Bedenken in Bezug auf Intensität der Therapie im stationären Rahmen geäußert und um vorzeitige Entlassung gebeten, der ärztlicherseits zugestimmt worden ist. Im Entlassungsbericht vom 05.02.2013 ist der Verdacht geäußert worden, dass der bekannte langjährige Alkoholkonsum anschließend mit Craving (Substanzverlangen) im Rahmen der stationären Rehabilitationsmaßnahme eine weitere erfolgreiche Behandlung verhindert habe. Der Entlassungsbericht hat als Diagnosen genannt:
1. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode.
2. Komplexes regionales Schmerzsyndrom des linken Fußes.
3. Arterielle Hypertonie.
4. Zustand nach Herzinfarkt mit Stent-Implantation.
5. Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom.
Der Kläger sei als Omnibusfahrer umgeschult; er sei dafür täglich 6 Stunden und mehr einsatzfähig und könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mittelschwere Tätigkeiten ohne Nachtschichten, ohne belastende soziale Kontakte am Arbeitsplatz, ohne kommunikativen Stress und ohne starken Leistungs- und Zeitdruck täglich 6 Stunden und mehr verrichten. Die Entlassung erfolge als noch arbeitsunfähig. Aktuell sei eine psychiatrische Behandlung bei Exazerbation der depressiven Symptomatik angezeigt. Sekundär scheine eine intensive Suchttherapie indiziert.
Der Senat hat einen neuen Befundbericht bei Dr.D. eingeholt. Darin ist berichtet worden, dass sich die gesundheitliche Situation des Klägers in den letzten Jahren weder erheblich verschlechtert noch verbessert habe und immer wieder depressive Schübe zu beobachten gewesen seien, die eine akute Behandlung erfordert hätten. Die AOK Bayern hat mitgeteilt, dass der Kläger in der Zeit ab der Rentenantragstellung im Jahr 2010 an 27 Tagen (24 + 3), im Jahr 2011 an 28 Tagen, im Jahr 2012 an 34 Tagen (11 + 10 + 6 + 5 + 1 + 1) und im Jahr 2013 an 32 Tagen (22 + 9 + 1) arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei.
Mit Schreiben vom 08.11.2013 hat der Kläger unter Berufung auf eine Untersuchung bei dem Radiologen Dr.L. am 22.10.2013 geltend gemacht, dass bei ihm ein Bandscheibenvorfall bestehe. Die Beklagte hat hierzu geäußert, dass eine derartige Symptomatik bereits in einem Attest von Juli 2010 angegeben worden sei. Eine aktuelle kardiologische Behandlung ist vom Kläger auf die Nachfrage des Senats nicht mitgeteilt worden.
Daraufhin hat der Senat ein Gutachten durch den Arzt für öffentliches Gesundheitswesen und Sozialmedizin Dr.C. erstellen lassen, der den Kläger am 02.08.2014 untersucht hat. Bei dem Kläger würden folgende Gesundheitsstörungen vorliegen:
1. Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichtgradige Episode.
2. Komplex regionales Schmerzsyndrom des linken Fußes.
3. Arterielle Hypertonie.
4. Zustand nach Herzinfarkt mit Stent-Implantation.
5. Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom.
6. Übergewicht mit Belastung des Achsenorgans und zeitweiligen Lumboischialgien bei Bandscheibenveränderungen der Lendenwirbelsäule.
Von hausärztlicher Seite würden depressive Schübe bei psychischer Belastung berichtet, der aktuelle psychische Befund entspreche einer leichtgradigen depressiven Störung mit zeitweiligen Stimmungsschwankungen. Nach eigenen Angaben des Klägers arbeite er derzeit 40 bis 50 Stunden pro Woche als Busfahrer im Liniendienst bzw. Reisedienst. Als Folge eines Arbeitsunfalles sei ein komplex regionales Schmerzsyndrom im Bereich des linken Fußes bekannt, wofür eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 anerkannt worden sei. Der Kläger könne unter Berücksichtigung der genannten Gesundheitsstörungen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch täglich mindestens 6 Stunden erwerbstätig sein. Er könne leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten in vorwiegend sitzender, zeitweise stehender und gehender Arbeitshaltung vollschichtig verrichten. Besondere Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems sowie überwiegendes Stehen oder Gehen, häufiges Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken seien zu meiden. Ebenfalls sei von Nachtschicht und stresshaften Arbeitsbedingungen abzusehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.06.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 09.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.06.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab Antragstellung Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.06.2012 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Akte der Beklagten und der ebenfalls beigezogenen Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung setzt nach § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) voraus, dass ein Versicherter voll erwerbsgemindert ist, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit aufzuweisen hat und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt hat.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die in gleicher Weise für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gelten, hat der Kläger derzeit unproblematisch erfüllt, da er die allgemeine Wartezeit (§ 50 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) zurückgelegt hat und fortlaufend seit September 2009 wieder einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht und hieraus Pflichtbeiträge entrichtet werden.
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die medizinischen Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 SGB VI erfordern, dass ein Versicherter nicht mindestens 6 Stunden täglich einsatzfähig ist. Ergänzend führt § 43 Abs. 3 SGB VI aus, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Sämtliche im Verfahren beteiligten Ärzte, einschließlich der den Kläger behandelnden Ärzte, haben keine Bedenken gegen die Ausübung einer Teilzeittätigkeit im Umfang von täglich 3 Stunden geäußert. Für ein Herabsinken der Leistungsfähigkeit des Klägers an geeigneten Arbeitsplätzen des allgemeinen Arbeitsmarktes auf weniger als 3 Stunden täglich gibt es keinerlei Belege. Eine volle Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI) liegt somit mit Sicherheit nicht vor. Auch kommt die Gewährung einer sog. arbeitsmarktbedingten Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht in Betracht, weil diese das Vorliegen von teilweiser Erwerbsminderung und das Nichtausüben einer Teilzeitbeschäftigung wegen der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes voraussetzt (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand April 2010, § 43 SGB VI, Rn. 31). Der Kläger ist aber tatsächlich schon zu Beginn des Rentenverfahrens einer Teilzeitbeschäftigung nachgegangen.
Auch die hilfsweise geltend gemachte teilweise Erwerbsminderung liegt zur Überzeugung des Senats beim Kläger nicht vor. Der Senat folgt dabei dem Gutachten des Arztes für öffentliches Gesundheitswesen Dr. C., das die von der Klägerseite am erstinstanzlichen Verfahren bemängelte sozialmedizinische Gesamtschau über die Gesundheitsstörungen des Klägers auf dem orthopädischen, internistisch-kardiologischen und neurologisch-psychiatrischen und sonstigen Fachgebieten vorgenommen hat. Der Kläger kann danach unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch täglich mindestens 6 Stunden erwerbstätig sein. Er kann leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten in vorwiegend sitzender, zeitweise stehender und gehender Arbeitshaltung verrichten. Besondere Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems wie überwiegendes Stehen oder Gehen, häufiges Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken sind dabei zu vermeiden. Nicht zumutbar sind ferner Nachtschicht und stresshafte Arbeitsbedingungen. Sinnvoll wäre aus Sicht des Senats zusätzlich von einem Einsatz an Arbeitsplätzen mit Kontakt mit Alkohol sowie von Tätigkeiten mit der Bedienung von Maschinen, von denen eine Eigen- oder Fremdgefährdung ausgehen könnte, abzusehen.
Auch wenn es sich aus Sicht des Senats bei der vom Kläger tatsächlich ausgeübten Tätigkeit als Busfahrer, die er deutlich mehr als 30 Stunden pro Woche bzw. 6 Stunden pro Tag ausgeübt hat, nicht um eine zustandsangepasste Berufsausübung gehandelt hat, hat sich tatsächlich bisher noch nicht einmal hier feststellen lassen, dass dies zu Lasten der Restgesundheit erfolgt wäre. Die von der Krankenkasse übermittelten Arbeitsunfähigkeitszeiten, die sowohl im Gesamtumfang als auch in der Einzeldauer nicht deutlich aus einem üblichen Rahmen herausfallen, und die von den behandelnden Ärzten beschriebenen Krankheitsverläufe zeigen eine Überbelastung nicht deutlich auf. Somit spricht auch der tatsächliche Geschehensablauf für eine Einsatzfähigkeit des Klägers in dem von § 43 Abs. 3 SGB VI geforderten Umfang und der damit verbundenen Aussage, dass Erwerbsminderung im Sinne von § 43 SGB VI damit nicht vorliegt.
Soweit der Gutachter Dr. B. bei Fortführung der Busfahrertätigkeit ohne neuerliche stationäre Rehabilitationsmaßnahme eine Gefährdung der Arbeitsfähigkeit des Klägers befürchtet hatte, scheint die danach bewilligte - wenn auch nach kürzerer Zeit abgebrochene - psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme mittlerweile eine gewisse und anscheinend hinreichende Stabilisierung ermöglicht zu haben, wovon auch der Kläger selbst berichtet hat. Für die - im Übrigen noch vor der Rehabilitationsmaßnahme abgegebenen - zeitlichen Beschränkungen auf 4 bis 5 Stunden täglich haben die behandelnden Ärzte Dr. S. und Dr. D. keine detailliertere Begründung abgegeben. Eine Auseinandersetzung mit den umfangreichen Feststellungen der Gutachter Dr. B., Dr. B. und Dr. C. ist - z.T. auch schon wegen der chronologischen Abfolge - nicht erfolgt. Die in den Attesten angegebenen zeitlichen Beschränkungen können weder inhaltlich noch im Abgleich mit den tatsächlichen Gegebenheiten überzeugen.
Dafür dass vom Kläger die Voraussetzungen für einen von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Ausnahmefall (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand Juni 2012, § 43 SGB VI, Rn. 37) erfüllt würden, gibt es keine Anhaltspunkte.
Dementsprechend lässt sich beim Kläger weder das Vorliegen von voller, noch von teilweiser Erwerbsminderung überzeugend belegen und es besteht kein Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Eine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ist nicht geltend gemacht worden und eine darauf gestützte Rentengewährung würde auch nicht in Betracht kommen, da der Kläger auf Grund seines Geburtsjahrgangs nicht zu dem von § 240 Abs. 1 SGB VI erfassten Personenkreis gehört.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten und die hierzu ergangene erstinstanzliche Entscheidung sind nicht zu beanstanden und die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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