L 1 KR 40/14 KL

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 40/14 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 26. März 2014 zu dem mit Beschluss der Vertreterversammlung der Klägerin vom 5. Dezember 2013 geänderten Stellenplan wird hinsichtlich der Befristung zu Ziff. 1 und der Auflage zu Ziff. 2 der Genehmigung aufgehoben. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Befristung und einer Auflage zu einer aufsichtsrechtlichen Genehmigung eines Stellenplanes.

Mit Bescheid vom 26. März 2014 genehmigte der Beklagte den mit Beschluss der Vertreterversammlung der Klägerin vom 5. Dezember 2013 geänderten Stellenplan u.a. mit einer Befristung der Genehmigung bis zum 31. Dezember 2016 (dort Ziff. 1) sowie der Auflage, über den Stand der neu durchzuführenden Personalbedarfsermittlung bis zum 31. Dezember 2015 schriftlich zu berichten (dort Ziff. 2).

Der ursprüngliche Stellenplan war von dem Beklagten mit Genehmigung vom 28. Dezember 2011 unbefristet und ohne Auflagen genehmigt worden.

Zur Begründung der Befristung führte der Beklagte in dem Bescheid vom 26. März 2014 aus, nach § 69 Abs. 6 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) sei der Dienstordnungsstellenplan auf der Grundlage einer Personalbedarfsermittlung zu erstellen und regelmäßig zu überprüfen. Aus aufsichtsrechtlicher Sicht sei es geboten, die Sozialversicherungsträger zumindest zu einer regelmäßigen Aktualisierung der Personalbedarfsermittlung zu veranlassen und die erneute Genehmigung erst nach Prüfung entsprechender Nachweise zu erteilen. Aus diesem Grund könne die erneute Genehmigung erst nach Prüfung entsprechender Nachweise und nur befristet erfolgen.

Die Klägerin hat gegen die Befristung zu Ziff. 1 und die Auflage zu Ziff. 2 des Genehmigungsbescheides vom 26. März 2014 am 24. April 2014 Klage erhoben. Die Genehmigung des Stellenplans habe sich allein nach der zum Zeitpunkt der Genehmigung geltenden Situation zu richten. Unstreitig hätten im März 2014 die Voraussetzungen zur Genehmigung des Stellenplans vorgelegen. Es bestehe dann einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung. Die Befristung ziele auf eine zukünftige Änderung des Personalbedarfes ab. Insoweit könne der Beklagte jedoch nur Vermutungen anstellen, die nicht zu einer Befristung der Genehmigung berechtigen würden. Trete im weiteren zeitlichen Verlauf tatsächlich eine wesentliche Änderung in der Personalsituation ein, so könne der Beklagte darauf mit seinen aufsichtsrechtlichen Möglichkeiten aus §§ 88, 89 SGB IV i.V.m. § 147 SGB Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) reagieren. Nur so könne auch die nicht gewollte Situation eines ungenehmigten Stellenplanes verhindert werden. Das generalpräventive Vorgehen des Beklagten widerspreche zudem dem Gedanken der Selbstverwaltung. Auch könne die Genehmigung zu einem Stellenplan nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur aus wichtigem Grund versagt werden. Ein solcher könne nicht mit der Vermutung einer sich ändernden Stellensituation begründet werden. Vielmehr verschaffe sich der Beklagte mit der Befristung ein zusätzliches aufsichtsrechtliches Druckmittel, welches keine rechtliche Grundlage habe. Die Rechtswidrigkeit der Auflage zu Ziff. 2 des Genehmigungsbescheides folge akzessorisch aus der Rechtswidrigkeit der Befristung.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 26. März 2014 insoweit aufzuheben, als die Genehmigung des Stellenplanes dort zu 1. mit einer Befristung bis zum 31. Dezember 2016 versehen wurde, sowie zu 2. mit der Auflage versehen wurde, dass über den Stand der neu durchzuführenden Personalbedarfsermittlung bis zum 31. Dezember 2015 schriftlich zu berichten ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Bei der Genehmigung im Sinne des § 147 Abs. 2 SGB VII handele es sich nicht um eine gebundene Entscheidung im Sinne des § 32 Abs. 1 SGB X. Eine Personalbedarfsermittlung habe immer eine gewisse Halbwertszeit. § 69 Abs. 6 S. 2 SGB IV schreibe hier eine regelmäßige Überprüfung vor. Der Beklagte sei verpflichtet, deren Einhaltung sicherzustellen. Folglich gewährleiste nur die angeordnete Befristung des Stellenplans die Rechtmäßigkeit der Genehmigung nach § 147 SGB VII, weil nur so sichergestellt sei, dass die ausgebrachten Stellen stets durch eine aktuelle Personalbedarfsermittlung hinterlegt seien und damit den Voraussetzungen des § 69 Abs. 6 SGB IV entsprächen. Ein späteres aufsichtsrechtliches Einschreiten hinsichtlich einer Änderung der Dienstordnung wäre gegenüber der angegriffenen Befristung sogar eine stärkere Beschränkung des Selbstverwaltungsrechts der Klägerin, da die Befristung den von der Selbstverwaltung beschlossenen Stellenplan als Bestandteil der Dienstordnung inhaltlich unangetastet lasse und lediglich dessen zeitliche Wirksamkeit wegen der Vergänglichkeit der zu Grunde liegenden Personalbedarfsermittlung begrenze. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Möglichkeit, dass ein rechtmäßig aufgestellter Stellenplan seine rechtliche Grundlage verliere, kein spezifisches Problem der Befristung der Genehmigung; diese Situation würde sich nämlich auch und vor allem dann notwendigerweise ergeben, wenn die Aufsichtsbehörde nachträglich in den bestehenden Stellenplan eingreifen würde.

Die Beteiligten haben sich in dem Erörterungstermin vom 19. November 2014 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage, für die das erkennende Gericht nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) funktionell zuständig ist, ist zulässig (dazu unter I.) und auch begründet (dazu unter II.).

I. Die von der Klägerin vorgenommene isolierte Anfechtung der Nebenbestimmungen ist grundsätzlich zulässig (vgl. Engelmann, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 32 Rn.37f mwN). Dies gilt insbesondere auch für den Fall der Befristung (vgl. Mutschler, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 83. Erg.lief. 2014, § 32 Rn. 25 mwN). Das Bundessozialgericht hat auch im Bereich des Aufsichtsrechts die Statthaftigkeit der isolierten Anfechtung einer Auflage – in der besonderen Konstellation der Fortsetzungsfeststellungsklage – anerkannt (vgl. BSG, Urt. v. 16.11.2005 – B 2 U 14/04 R, Rn. 15, 18 bei juris).

Die Durchführung eines Vorverfahrens war nach § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG nicht erforderlich.

II. Die Klage ist begründet. Sowohl die unter Ziff. 1 enthaltene Befristung (dazu unter 1.) als auch die unter Ziff. 2 enthaltene Auflage (dazu unter 2.) der Genehmigung vom 26. März 2014 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihrem Selbstverwaltungsrecht aus § 29 SGB IV. Sie waren daher aufzuheben.

1. Die Zulässigkeit einer Nebenbestimmung zu einem Verwaltungsakt richtet sich nach den Vorgaben des § 32 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach Abs. 1 der Regelung darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden. Nach Abs. 2 darf ein Verwaltungsakt unbeschadet des Abs. 1 nach pflichtgemäßem Ermessen mit einer Nebenbestimmung versehen werden.

Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob dem Beklagten bei seiner Entscheidung ein Ermessen im Sinne des § 32 Abs. 2 SGB X zustand (für eine gebundene Entscheidung: Palsherm, in: jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 147 Rn. 22). Denn in jedem Fall muss eine Nebenbestimmung – auch in der Auswahl der einzelnen Nebenbestimmungen oder bei der Wahl zwischen Nebenbestimmungen, Ablehnung und Inhaltsbestimmung – verhältnismäßig, also insbes. zur Erfüllung des angestrebten Ziels geeignet, erforderlich und angemessen sein (vgl. Littmann, in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand 6/06, § 32 Rn. 25 mwN; Engelmann, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 32 Rn. 12; Stelkens, in: Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 36 Rn. 150 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; vgl. konkret hinsichtlich einer Befristung: VG Düsseldorf, Urt. V. 03.03.2008 - 20 K 4968/05, Rn. 45 bei juris).

Dies ist bei der in Rede stehenden Befristung (vgl. § 32 Abs. 2 Nr. 1 SGB X) nicht der Fall. Zwar verfolgt die Beklagte mit der Befristung – in Ausübung ihrer Aufsichtspflichten – ein legitimes Ziel (dazu unter a.). Die Befristung mag auch geeignet sein, die Erreichung dieses Ziels zu fördern (dazu unter b.). Sie ist hierfür jedoch nicht erforderlich (dazu unter c.) und auch nicht angemessen, also nicht verhältnismäßig im engeren Sinne (dazu unter d.). Die Befristung kann auch isoliert aufgehoben werden (dazu unter e.).

a. Die Beklagte verfolgt mit der Befristung das Ziel, sicherzustellen, dass die Klägerin die Vorgabe des § 69 Abs. 6 Satz 2 Alt. 2 SGB IV einhält, nach der die Erforderlichkeit der im Haushaltsplan ausgebrachten Planstellen und Stellen, wenn nicht bei gegebenem Anlass (so § 69 Abs. 6 Satz 2 Alt. 1 SGB IV), so doch im Übrigen regelmäßig zu überprüfen ist. Die Befristung soll die Klägerin also durch die Sorge vor der durch die Befristung entfallenden Genehmigung des Stellenplanes dazu anhalten, die entsprechende Prüfung des Stellenplanes rechtzeitig und gründlich durchzuführen. In diesem Sinne soll die Befristung der Einhaltung einer gesetzlichen Vorgabe dienen, was – wie sich aus § 32 Abs. 1 SGB X ergibt (der auch im Rahmen des § 32 Abs. 2 SGB X gilt, vgl. dazu Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 36 Rn. 132) – ein legitimes Ziel darstellt.

b. Die Befristung ist auch zur Erreichung dieses Zieles geeignet, da hierfür lediglich eine Eignung zur Förderung des Ziels erforderlich ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 17.12.2014 - 1 BvL 21/12, Rn. 139 bei juris mwN). Es besteht kein Zweifel, dass die Sorge vor einem nach Ablauf der Befristung ungenehmigten Stellenplan und den damit einhergehenden Folgen die Klägerin dazu zu bewegen wird, die von der Beklagten gewünschte Überprüfung des Stellenplanes vorzunehmen.

c. Allerdings ist nicht erkennbar, dass die Befristung hierfür auch erforderlich ist. Der Grundsatz der Erforderlichkeit verlangt, dass kein anderes, gleich wirksames, aber nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel gegeben ist (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschl ...v. 22.04.2014 - 1 BvR 2160/11, Rn. 28 bei juris).

Vorliegend gibt es nach Ansicht des Senats alternative Mittel, das angestrebte Ziel zu erreichen, die nicht nur wirksamer (dazu unter aa.), sondern auch weniger belastend sind (dazu unter bb.).

aa. Hinsichtlich der Wirksamkeit der Befristung zur Erreichung des Ziels – Überprüfung des Personalbedarfs – ist zu beachten, dass die Befristung nicht zu einer unmittelbaren oder gar durchsetzbaren Verwirklichung des Ziels führt. Zwar ist die durch die Befristung bezweckte Sorge vor einem nicht genehmigten Stellenplan – wie bereits dargestellt – geeignet, die Klägerin zur Durchführung der angestrebten Überprüfung des Stellenplans zu motivieren. Allerdings hat die Befristung in Bezug auf das angestrebte Ziel keinen unmittelbar zwingenden Charakter. Sie führt nur zu einer Motivationssteuerung ohne die Möglichkeit einer unmittelbaren Einflussnahme. Nach Ansicht des Senates würde hier eine Verpflichtung nach § 89 Abs. 1 SGB IV – ggf. eingebettet in eine Auflage zur Genehmigung des Stellenplanes im Sinne des § 32 Abs. 1 Nr. 4 SGB X – mit dem Inhalt, zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Überprüfung des Stellenplans vorzunehmen, die effektivere Vorgehensweise darstellen. Nicht nur, dass damit unmittelbar an den Regelungsgegenstand des § 69 Abs. 6 SGB IV angeknüpft wird, aus dem sich das von der Klägerin verfolgte Ziel ableitet. Vielmehr hat eine solche Verpflichtung bzw. Auflage im Gegensatz zur Befristung bindenden Charakter und kann grundsätzlich selbständig mit den Mitteln des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden (vgl. für die Auflage: Engelmann, in: von Wulffen/Schütze, aaO, § 32 Rn. 23 mwN). Dabei ist aufgrund der Bindung der Klägerin an Recht und Gesetz nach dem aus Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) folgenden Grundsatz der Rechtmäßigkeit der Verwaltung davon auszugehen, dass allein die bindende Wirkung der Verpflichtung bzw. Auflage die Klägerin zu der begehrten Überprüfung des Stellenplanes veranlasst, ohne dass es dazu einer zwangsweisen Durchsetzung bedürfte. Allerdings ermöglicht § 89 Abs. 1 SGB IV insoweit auch einen Rückgriff auf das Verwaltungsvollstreckungsrecht. Da es sich bei der Genehmigung der Dienstordnung um ein aufsichtsrechtliches Tätigwerden handelt (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 08.04.1987 – 1 RR 1/85, Rn. 12 bei juris; BSG, Urt. v. 16.07.1996 – 1 RR 3/95, Rn. 12ff bei juris mit Verweis auf BVerwG, Urt. v. 17.03.1992 – 1 C 31/89, BVerwGE 90, 88), ist auch hinsichtlich einer der Genehmigung des Stellenplans beigefügten Auflage von der Anwendbarkeit der §§ 87 ff Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) und damit des § 89 Abs. 1 SGB IV auszugehen. Auf der Grundlage der so erreichten Überprüfung des Stellenplanes könnte der Beklagte sodann nach § 89 SGB IV, § 147 Abs. 3 und 4 SGB VII eine Änderung der Dienstordnung mit dem damit verbundenen Stellenplan selbst vornehmen, falls dies erforderlich sein sollte, weil die Klägerin eine entsprechende Änderung nicht vorzunehmen bereit ist.

bb. Der Weg über eine aufsichtsrechtliche Verpflichtung ist nicht nur – wie soeben dargestellt – wirksamer, sondern auch für die Klägerin deutlich weniger belastend.

Die Befristung führt dazu, dass automatisch nach ihrem Auslaufen, die Genehmigung des Stellenplanes unwirksam wird (vgl. Engelmann, in: von Wulffen/Schütze, aaO, § 32 Rn. 14). Es entsteht damit die Situation eines nicht genehmigten Stellenplanes; den vorhandenen Stellen wird damit die rechtliche Grundlage entzogen (vgl. dazu Palsherm, in: jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 147 Rn. 22 mwN). Es mag dahinstehen, ob einer solchen Situation – wie der Beklagte meint – mit den Grundsätzen der vorläufigen Haushaltsführung begegnet werden kann. In jedem Fall ist dies eine Konstellation, die nach der Gesetzessystematik aus guten Gründen insbesondere dann vermieden werden soll, wenn hierfür keine Notwendigkeit besteht. Der Regelungssystematik des § 147 Abs. 3 SGB VII, nach der nach entsprechender Fristsetzung eine Dienstordnung auch durch den Beklagten selbst im Rahmen einer Ersatzvornahme erlassen werden kann, macht deutlich, dass der Gesetzgeber einen Zustand ohne genehmigte Dienstordnung bzw. Stellenplan vermeiden möchte. Dies ist auch einer der Gründe, aus denen eine einmal erteilte Genehmigung einer Dienstordnung nicht aufgehoben, sondern die Dienstordnung nur mit Wirkung für die Zukunft abgeändert werden kann (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.1996 – 1 RR 3/95, Rn. 12).

Schließlich kommt hinzu, dass die Befristung dem Wesen der Genehmigung eines Stellenplanes fremd ist. Denn die Genehmigung ist kein Dauerverwaltungsakt. Sie stellt vielmehr auf die Sach- und Rechtlage zum Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe ab. Sie hat keine über die Entstehung der genehmigten Norm hinausreichende Bedeutung (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.1996 – 1 RR 3/95, Rn. 12 bei juris). Dies schließt es zwar nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts weder aus, die Genehmigung teilweise zu erteilen bzw. teilweise zu versagen, noch, die Genehmigung von erforderlichen Ergänzungen oder Änderungen der Dienstordnung abhängig zu machen. Allerdings ist dafür Voraussetzung, dass sich bereits im Genehmigungsverfahren herausstellt, dass die Dienstordnung ohne eine solche Ergänzung bzw. Änderung nicht genehmigt werden dürfte (vgl. BSG, Urt. v. 08.04.1987 – 1 RR 1/85, Rn. 12 bei juris). Genau dies ist hier jedoch nicht der Fall. Zum einen hat das Erfordernis einer zukünftigen Überprüfung der Personalbedarfsermittlung keinen Bezug zu den in der aktuellen Genehmigungssituation zu prüfenden Voraussetzungen. Die Überprüfung hat vielmehr allenfalls Auswirkungen auf die zukünftige Genehmigungsfähigkeit der Dienstordnung bzw. des Stellenplanes. Zum anderen stand zum Zeitpunkt der Genehmigung im März 2014 ebenso wenig wie zum jetzigen Zeitpunkt fest, dass die Klägerin ihren Personalbedarf zum gegebenen Zeitpunkt nicht überprüfen wird. Das heißt, die Befristung stützt sich allein auf die Vermutung eines nicht ordnungsgemäßen zukünftigen Verhaltens der Klägerin und einer daraus ggf. resultierenden zukünftig gesetzeswidrigen Entwicklung der Genehmigungsfähigkeit der Dienstordnung bzw. des Stellenplans. Ein Bezug zur aktuellen Genehmigungssituation und den in diesem Zusammenhang zu prüfenden Voraussetzungen ist damit gerade nicht gegeben.

Insgesamt ist die gesetzliche Konzeption danach so angelegt, dass grundsätzlich der Sozialversicherungsträger als Ausdruck seines Selbstverwaltungsrechtes seine Angelegenheiten auch im Bereich der Dienstordnung/ des Stellenplan alleine regelt und der Beklagte durch das Genehmigungsverfahren die Einhaltung der im Rahmen des Aufsichtsrechts maßgeblichen Voraussetzungen auf deren Einhaltung überprüft. Bei Änderungen, die ein aufsichtsrechtliches Einschreiten rechtfertigen, kann der Beklagte mit den Mitteln der §§ 88, 89 SGB IV, § 147 SGB VII unter Beachtung des in diesen Normen angelegten Grundsatzes der Kooperation eingreifen, in dem er Auskünfte verlangt, Verpflichtungen ausspricht und ggf. durchsetzt oder die Dienstordnung/ den Stellenplan im Wege der Ersatzvornahme ändert. In den Begriffen des Gefahrenabwehrrechtes könnte man bei dieser Konzeption davon sprechen, dass die Handlungsmöglichkeiten des Beklagten nicht präventiv, sondern repressiv ausgerichtet sind. Die vorgenommene Befristung hat jedoch – wie sich aus Vorstehendem ergibt – rein präventiven Charakter und steht damit im Widerspruch zu der gesetzgeberischen Konzeption.

Aus diesem Grund ist der Senat auch der Ansicht, dass die unter aa) bei der Frage der Wirksamkeit der Mittel erwogene Möglichkeit, eine aufsichtsrechtliche Verpflichtung bereits in die Genehmigung des Stellenplanes in Form einer Auflage zu integrieren, aufgrund des ebenfalls präventiven Charakters einer solchen Auflage scheitern muss. Es bleibt dem Beklagten nur, abzuwarten, ob die Klägerin die nach § 69 Abs. 6 Satz 2 Alt. 2 SGB IV geforderte Überprüfung des Stellenplanes "regelmäßig" durchführt. Sie kann in diesem Zusammenhang die Klägerin frühzeitig darauf hinweisen, welcher Zeitraum nach ihrer Ansicht als "regelmäßig" anzusehen ist, kann nach § 88 Abs. 2 SGB IV Auskunft verlangen und im Sinne des kooperativen Zusammenarbeitens auf die Durchführung einer solchen Prüfung hinwirken. Sollte eine Prüfung dennoch nicht durchgeführt werden, kann der Beklagte entsprechend den am Ende von aa) gemachten Ausführungen vorgehen.

d. Aus den Ausführungen zu c. ergibt sich zugleich, dass die Befristung der Genehmigung zum Stellenplan der Klägerin auch nicht angemessen, also nicht verhältnismäßig im engeren Sinne war. Angesprochen ist damit die Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.07.2005 - 2 BvF 2/01, Rn. 248 bei juris). Wie dargestellt, greift die hier ausgesprochene Befristung ungerechtfertigt stark und der Gesetzessystematik widersprechend in die Rechte der Klägerin ein, obwohl das erstrebte Ziel mit milderen und sogar wirksameren Mitteln erreicht werden kann. In einem solchen Fall stehen Wirkung des Eingriffs und das damit verfolgte Ziel automatisch in einem Ungleichgewicht.

e. Die isolierte Aufhebung der Befristung ist auch rechtlich möglich. Denn die Genehmigung hat auch ohne die Befristung rechtlichen Bestand. Unstreitig bestanden zum Zeitpunkt der Genehmigung die zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Voraussetzungen für eine Genehmigung des Stellenplanes. Die Befristung hatte nicht zum Ziel, die Einhaltung solcher Voraussetzungen sicherzustellen. Vielmehr ging es um die Überwachung der zukünftigen Entwicklung der Stellensituation nach Maßgabe des § 69 Abs. 6 SGB IV. Die Beklagte ist jedoch insoweit durch die Aufhebung der Befristung nicht in ihrer aufsichtsrechtlichen Funktion beeinträchtigt. Sollte die Klägerin ihrer Verpflichtung nicht nachkommen und in angemessener Zeit eine Überprüfung des Stellenplanes im Sinne des § 69 Abs. 6 Satz 2 Alt. 2 SGB IV vornehmen, so ist die Beklagte zu dem unter c. beschriebenen Vorgehen berechtigt.

2. Die Klage ist auch begründet, soweit sich die Klägerin gegen die Auflage zu Ziff. 2 der Genehmigung vom 26. März 2014 wendet, mit der der Klägerin aufgegeben wird, über den Stand der neu durchzuführenden Personalbedarfsermittlung bis zum 31. Dezember 2015 schriftlich zu berichten. Denn auch diese Auflage hat präventiven Charakter und widerspricht damit der unter 1. dargestellten gesetzgeberischen Konzeption.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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