L 2 AL 41/14

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 17 AL 237/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 41/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 1. April 2014 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind in allen Rechtszügen nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld (Alg) in der Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. März 2011 wegen einer Entlassungsentschädigung ruhte.

Die am xxxxx 1956 geborene Klägerin war als Chemielaborantin seit 1978 bei einem Unternehmen des U. im regionalen Forschungs- und Entwicklungszentrum für Hautpflegeprodukte in B. beschäftigt. Anlässlich der im Rahmen von mit betriebsbedingten Kündigungen einhergehenden Umstrukturierungsmaßnahmen bis spätestens Ende 2010 geplanten Schließung des B. Werks wurde die Klägerin ab April 2010 in die U.-Zentrale nach H. versetzt, wo sie bei einem anderen Unternehmen des Konzerns als Data Manager Officer tätig war.

Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis mit anwaltlichem Schreiben vom 23. September 2010 zum 31. Dezember 2010 und gab später als Kündigungsgrund gegenüber der Beklagten an, dass sie nach ihrer Versetzung derartig gemobbt worden sei, dass ihr nach einer Vielzahl vergeblicher Gespräche mit unmittelbaren Vorgesetzten sowie dem Personalchef D. von ihrer behandelnden Ärztin – die dieses schriftlich bestätigte – zur Kündigung geraten worden sei. Sie habe aufgrund der Situation schnellstmöglich einen "Vergleich" erzielen müssen und habe sich mit U. Services auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2010 bei Freistellung für die verbleibende Zeit geeinigt.

Am ersten Tag der Freistellung von der Arbeitsleistung, dem 1. Oktober 2010, meldete die Klägerin sich mit Wirkung zum 1. Januar 2011 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.

U. D. zahlte der Klägerin eine Abfindung in Höhe von 61.590,38 EUR, die auf einem zwischen jener und dem Betriebsrat U. D. für den Standort B. geschlossenen Interessenausgleich und Sozialplan vom 14. Januar 2010 beruhte. Im Sozialplan war unter § 2 Ziffer 2.4 vereinbart worden, dass im Falle einer Eigenkündigung des Mitarbeiters innerhalb von zwölf Monaten nach der Versetzung ein Anspruch auf Zahlung von 75 % der ursprünglichen – also im Fall einer betriebsbedingten Kündigung aufgrund der im Interessenausgleich beschriebenen Maßnahmen fälligen – Abfindungssumme gemäß § 4 Ziffern 4.3 und 4.4 unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen bestehe.

Nachdem die U. D. H. GmbH in der Arbeitsbescheinigung vom 15. Dezember 2010 gegenüber der Beklagten erklärt hatte, dass die arbeitgeberseitige Kündigungsfrist sechs Monate zum Monatsende betragen habe und eine arbeitgeberseitige Kündigung nicht erfolgt wäre, bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 6. Januar 2011 zunächst vorläufig und – nach weiterer Prüfung und Entscheidung, dass keine Sperrzeit festgestellt werde – mit Bescheid vom 12. Januar 2011 endgültig Arbeitslosengeld für 450 Tage für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2012 mit einem Leistungsbetrag in Höhe von täglich 50,92 EUR. Für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2011 wurde wegen Ruhens bei Entlassungsentschädigung nach § 143a Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der damals geltenden Fassung (alte Fassung (a.F.)) kein Arbeitslosengeld gewährt.

Gegen beide Bescheide hat die Klägerin, die wegen des späteren Antritts einer neuen Beschäftigung den ihr zugebilligten Arbeitslosengeldanspruch nicht voll ausschöpfte, am 7. Februar 2011 Widerspruch eingelegt und die Ansicht vertreten, bei der ihr gezahlten Abfindung handele es sich nicht um eine Entlassungsentschädigung im Sinne des § 143a SGB III a.F ... Da es Ziel der Regelung sei, Doppelleistungen zu vermeiden, ruhe der Arbeitslosengeldanspruch nur bei Entlassungsentschädigungen, die wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt würden, nicht jedoch, wenn die Zahlung nur anlässlich der Beendigung erfolge. In letzterem Fall fehle es an einem Kausalzusammenhang und so auch in ihrem. Unter Zugrundelegung des Sozialplans sei ihr Abfindungsanspruch bereits im Januar 2010 entstanden und anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund ihrer Eigenkündigung lediglich wieder aufgelebt. Deshalb bestehe kein ursächlicher Zusammenhang zwischen Anspruchsentstehung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Im Übrigen hätte sie die vollständige Abfindung erhalten, ohne dass ihr Arbeitslosengeldanspruch geruht hätte, wenn sie sich nicht hätte versetzen lassen. Jetzt sei sie "doppelt bestraft". Würde man den § 143a SGB III a.F. nicht in Ihrem Sinne auslegen, würde dieser einen Anreiz bieten, in Fällen wie dem ihren einer Versetzung nicht zuzustimmen.

Mit am Folgetag abgesandtem Widerspruchsbescheid vom 22. März 2011 wies die Beklagte "beide Widersprüche" zurück. Da die Klägerin die Abfindung wegen der Eigenkündigung erhalten habe, bestehe ein ursächlicher Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bei Einhaltung der ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigungsfrist hätte das Arbeitsverhältnis erst am 31. März 2011 geendet. Hierauf sei der Ruhenszeitraum nach § 143a SGB III a.F. begrenzt, obwohl der nach § 143a Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB III a.F. anzurechnende Anteil der Entlassungsentschädigung einem Entgelt für 102 Tage entspreche.

Hiergegen hat die Klägerin am 26. April 2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben, die sie im Wesentlichen wie bereits den Widerspruch begründet und ergänzend ausgeführt hat, dass sie die Entlassungsentschädigung nicht von ihrem letzten Arbeitgeber, sondern von dem vorherigen erhalten habe.

Die Beklagte ist dem unter Bezugnahme auf die Gründe ihres Widerspruchsbescheids entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass es anders als bei einer Sperrzeit nicht auf die Gründe ankommen, aus denen das Arbeitsverhältnis beendet worden sei.

Das SG hat der zuletzt nur noch gegen den endgültigen Bewilligungsbescheid vom 12. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. März 2011 gerichteten Klage nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 1. April 2014 mit Urteil vom selben Tag stattgegeben. Entgegen der Ansicht der Beklagten stehe der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 2011 ein Anspruch auf Alg zu. Ein Ruhen bei Entlassungsentschädigung nach § 143a SGB III a.F. sei nicht eingetreten. Zwar seien dem Wortlaut nach die Tatbestandsvoraussetzungen des § 143a Abs. 1 SGB III a.F. erfüllt, und es sei von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin und der Zahlung der Abfindung in Höhe von 61.590,38 EUR auszugehen, da die Klägerin die Abfindung ohne die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht erhalten hätte. Das Gericht verkenne auch nicht, dass nach der Rechtsprechung des BSG der Ursachenzusammenhang selbst dann nicht entfalle, wenn die Abfindung auch bei Einhaltung der Kündigungsfrist zu zahlen gewesen wäre, da die Widerlegung der in § 143a Abs. 1 SGB III a.F. zu Grunde liegenden Vermutung, dass die Entlassungsentschädigung nicht allein für den Verlust des sozialen Besitzstandes anzusehen sei, sondern auch Arbeitsentgeltansprüche abdecke, gerade ausgeschlossen sei. Die erkennende Kammer sei jedoch der Ansicht, dass in den Fällen, in denen – wie vorliegend – eine auf einem Sozialplan beruhende Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses unabhängig davon gezahlt werde, ob das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der für den Arbeitgeber maßgebenden ordentlichen Kündigungsfrist ende oder nicht, ein Ruhen nach § 143a Abs. 1 SGB III a.F. nicht in Betracht komme, da die Abfindung in diesen Fällen eindeutig keine Arbeitsentgeltansprüche abdecke, sondern allein wegen des Verlustes des sozialen Besitzstandes gezahlt werde. In diesen Fällen fehle es an der Rechtfertigung für das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches. Ein solches würde dem Gesetzeszweck widersprechen.

Gegen das ihr am 19. Juni 2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16. Juli 2014 Berufung eingelegt.

Sie trägt vor, dass die vom SG vertretene Auffassung sich zwar teilweise auch in der Kommentarliteratur finde, von ihr aber nicht nachvollzogen werden könne. Das Regelungsziel der Vorschrift bestehe darin, die vorzeitige Beendigung von Arbeitsverhältnissen zu erschweren. Hätte die Klägerin die Kündigungsfrist bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingehalten, hätte dieses nicht schon am 31. Dezember 2010, sondern erst am 31. März 2011 geendet. Arbeitslosigkeit wäre nicht schon am 1. Januar 2011, sondern erst am 1. April 2011 eingetreten. Durch ihr Verhalten habe die Klägerin den Eintritt von Arbeitslosigkeit vorzeitig herbeigeführt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 1. April 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie meint, dass der vorliegende Fall sich dadurch von den vom BSG entschiedenen unterscheide, dass die Entschädigungszahlung aufgrund eines Sozialplans erfolgt sei, so dass jede Manipulationsmöglichkeit von vornherein ausgeschlossen gewesen sei. Zur Stützung ihrer Auffassung nimmt sie Bezug auf Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 18. Juli 1990 (L 6 Ar 603/89, info also 1990, 209) und des Kreisgerichts Dresden – 3. Kammer für Sozialrecht – (So III Al 143/91, juris).

Die Beteiligten haben durch Erklärungen vom 28. Januar 2015 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle des Senats erteilt (§ 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 28. Januar 2015, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Beklagten ist begründet. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der noch angefochtene Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2011, der den vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 6. Januar 2011 ersetzt hat, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in deren Rechten. Die Beklagte ist zu Recht von einem Ruhen des Alg-Anspruchs in der Zeit vom 1. Januar 2011 bis 31. März 2011 ausgegangen und hat der Klägerin erst ab 1. April 2011 Alg gewährt.

Einschlägig ist – da die Arbeitslosigkeit zum 1. Januar 2011 eingetreten ist – die noch bis zum 31. März 2012 gültige Vorschrift des § 143a SGB III in der Fassung vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848 ; a.F.): Hat der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 143a Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Diese Frist beginnt nach § 143a Abs. 1 Satz 2 SGB III a.F. mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tage der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Die Voraussetzungen der Vorschrift sind erfüllt.

Die Zahlung, die die Klägerin von U. D. zu beanspruchen hatte, stellte rechtlich eine Entlassungsentschädigung im Sinne der Klammerdefinition in § 143a Abs. 1 Satz 1 SGB III dar und wurde auch – wie im Gesetz vorausgesetzt – wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt.

Der Begriff der Entlassungsentschädigung ist hierbei denkbar weit und erfasst auch Ansprüche, die ihre Grundlage in einem Sozialplan haben (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 29. Oktober 2014 – L 2 AL 65/13, juris; Schmitz in: jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 158 SGB Rn. 15). Anders als die Klägerin und das Sozialgericht meinen, tragen die vom BSG zur Begründung des Eintritts einer unwiderlegbaren Vermutung, dass die Abfindung beim Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Geldleistung in pauschaliertem Umfang auch Arbeitsentgeltanteile enthält (vgl. nur Urteile vom 21. September 1995 – 11 RAr 41/95 – BSGE, 76, 294; vom 12. Dezember 1984 – 7 RAr 87/83NZA 1985, 302, und vom 14. März 1996 – 7 RAr 24/95, EzS 2/78), auch im Falle der Zahlung aufgrund eines Sozialplans. Auch in diesen Fällen besteht kein Anlass, von der zulässig typisierenden Regelung abzuweichen. Wortlaut, Rechtsentwicklung, der Wille des Gesetzgebers, ggf. umfassende Einzelfallprüfungen zu vermeiden, und schließlich der von der Beklagten genannte Aspekt, dass allgemein vorzeitige Kündigungen und damit Eintritte von Arbeitslosigkeit vermieden werden sollen, sprechen für eine konsequente Anwendung der Vorschrift. Entgegen der Behauptung der Klägerin hat das BSG dies auch ausdrücklich für Fälle von Zahlungen aufgrund eines Sozialplans festgestellt (Urteil vom 21. September 1995 – 11 RAr 41/95, a.a.O., Nr. 2 lit. c der Entscheidungsgründe, juris-Rn. 26) und sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich nicht der gegenteiligen Meinung unter anderem des auch von der Klägerin angeführten Urteils des Hessischen Landessozialgerichts angeschlossen.

Auch setzt die Vorschrift nicht voraus, dass die Zahlung durch den Arbeitgeber erfolgt (Urteil des erkennenden Senats vom 29. Oktober 2014 – L 2 AL 65/13, a.a.O.; Valgolio in: Hauck/Noftz, SGB III K § 158, Rn. 31 m.w.N.). Das BSG hat bereits entschieden, dass nach einem Betriebsübergang auch eine Zahlung des neuen Arbeitgebers als Entlassungsentschädigung zum Ruhen des Anspruchs führen kann (BSG, Urteil vom 29. August 1991 – 7 RAr 68/90, SozR 3-4100 § 117 Nr. 5). Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum dies nicht auch für Zahlungen des früheren Arbeitgebers gelten sollte.

Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird eine Abfindung oder vergleichbare Leistung gezahlt, wenn die Beendigung nicht nur Anlass der Zahlung ist (Düe, in: Brand, SGB III, 6. Aufl., 2012, § 158 Rn. 12). Die von § 143a Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. vorausgesetzte ursächliche Beziehung zwischen dem Anspruch auf Entlassungsentschädigung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht immer dann, wenn der Arbeitnehmer ohne die Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Entlassungsentschädigung nicht erhalten hätte (Valgoglio, a.a.O., Rn. 42). Auch dies ist im vorliegenden Fall zu bejahen: Aus dem im Januar 2010 gefassten Sozialplan ergibt sich, dass die Klägerin die Zahlung nur deswegen erhielt, weil sie ihr Arbeitsverhältnis zu U. Services innerhalb von 12 Monaten nach der Versetzung von U. D. kündigte. Eine Kausalität zwischen dem Anspruch auf Entlassungsentschädigung und einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist im Übrigen nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 21. September 1995 – 11 RAr 41/95, a.a.O.; die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil wurde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschluss vom 1. April 1996 – 1 BvR 290/96)).

Dass das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist, wird nicht bestritten und ist nach Lage der Dinge auch nicht zu bezweifeln.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, ihr habe bei Abschluss des Auflösungsvertrags ein wichtiger Grund im Sinne des Sperrzeitrechts zur Seite gestanden. Weder Wortlaut noch Systematik noch Zweck des Gesetzes bieten einen Anhaltspunkt für die Berücksichtigung eines wichtigen Grundes im Rahmen von § 143a SGB III a.F. (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 29. Oktober 2014 – L 2 AL 65/13, a.a.O., m.w.N.).

Auch die übrigen Erwägungen der Klägerin, die weitgehend den Bereich der Billigkeit betreffen, verhelfen der Berufung nicht zum Erfolg. Soweit sie die Auffassung vertritt, die Anwendung der Ruhensvorschrift des § 143a SGB III a.F. sei unverhältnismäßig, bestrafe sie doppelt und setze einen Anreiz, lieber eine betriebsbedingte Kündigung entgegenzunehmen, als sich mit ungewissem Ausgang versetzen zu lassen, übersieht sie zunächst, dass, anders als dies bei einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe der Fall wäre, mit dem Ruhen nicht auch eine Minderung des Leistungsanspruchs wie nach § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III (in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung) eintrat, sondern die Anspruchsdauer unverändert blieb und der Leistungsanspruch im Anschluss an das Ende des Ruhenszeitraums voll erfüllt worden wäre, wenn sie nicht vor dessen Erschöpfung eine neue Beschäftigung angetreten hätte. Hätte sie die betriebsbedingte Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt entgegengenommen, wären ihr nicht nur die seit der Versetzung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses gezahlten Arbeitsentgelte entgangen, sondern darüber hinaus auch die Chance, dauerhaft in einem Arbeitsverhältnis zu verbleiben. Das Ruhen des Alg-Anspruchs ist auch nicht etwa deswegen unverhältnismäßig, weil die Klägerin bereits im Fall einer anlässlich des Interessenausgleichs/Sozialplans erfolgten betriebsbedingten Kündigung Anspruch auf eine Zahlung in derselben Höhe gehabt hätte. Hypothetische Überlegungen dieser Art haben im Arbeitsförderungsrecht keinen Platz. Im Übrigen wäre auch bei einem früheren Ausscheiden der Klägerin gegen Abfindung die Ruhensregelung des § 143a SGB III a.F. zum Tragen gekommen, wenn dabei die Frist für eine ordentliche Kündigung nicht beachtet worden wäre.

Die angegriffenen Entscheidungen der Beklagten sind auch auf der Rechtsfolgenseite nicht zu beanstanden. Insbesondere hat die Beklagte bei der Feststellung der Dauer des Ruhens der Ausnahmevorschrift in § 143a Abs. 2 SGB III a.F. Rechnung getragen. Diese Regelung gewährleistet im Übrigen, dass der Klägerin ein erheblicher Teil der gezahlten Abfindungssumme verbleibt, was ebenfalls gegen die von der Klägerin angenommene Unverhältnismäßigkeit der Regelung spricht. Eine Verkürzung des Ruhenszeitraums käme nur in Betracht, wenn die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers in Wahrheit kürzer gewesen wäre. Hierfür fehlen allerdings Anhaltspunkte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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