L 5 KA 30/11

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 3 KA 383/09
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 KA 30/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Neubescheidung seiner Honorarabrechnung für das Quartal II/2007.

Er war im streitigen Quartal als Facharzt für Allgemeinmedizin im Bezirk der Beklagten zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Neben seiner regulären Tätigkeit sowie der Teilnahme an dem von der Beklagten in Wahrnehmung ihres Sicherstellungsauftrags organisierten Notdienst (§ 73 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit § 75 Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz SGB V) behandelte er Patienten auch in der Hausärztlichen Notfallpraxis am M. (i.F.: H.) in H1. Hierbei handelt es sich um eine Einrichtung niedergelassener Hausärzte in Zusammenarbeit mit dem M., die die allgemeinärztliche Notfallbehandlung sichern und die Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus und Hausarzt verbessern soll. Die Praxis hat am Wochenende und an Feiertagen von 9 Uhr bis 21 Uhr geöffnet.

Mit Bescheid vom 26. November 2007 setzte die Beklagte für das Quartal II/2007 ein Honorar von 40.157,71 Euro fest. Mit Bescheid vom 4. Dezember 2007 erklärte sie außerdem, sie habe das vom Kläger angeforderte Honorar für das Quartal II/2007 um 184.66 Punkte und 6 Euro gemindert: Der Kläger habe die Nrn. 01100 und 01101 des zum 1. April 2005 in Kraft getretenen Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM 2000plus) unberechtigt in Ansatz gebracht, da im Notfalldienst nicht von einer unvorhergesehenen Inanspruchnahme ausgegangen werden könne. Weiterhin habe der Kläger die Nr. 03005 EBM 2000plus zu Unrecht im Notfalldienst des Krankenhauses in Ansatz gebracht. Im Arbeitsausschuss des Bewertungsausschusses sei Einigkeit darüber erzielt worden, allen Arztgruppen des hausärztlichen und des fachärztlichen Versorgungsbereiches die Abrechnung von Leistungen nach den Nrn. 03005 und 04005 EBM 2000plus im Rahmen der Erbringung im Notfall und im organisierten Not(fall)dienst generell zu untersagen. Hinsichtlich der Nr. 03351 EBM 2000plus habe der Kläger weder über die erforderliche Weiterbildung verfügt, noch habe er entsprechende Leistungen bereits vor dem 31. Dezember 2002 abgerechnet. Weiterhin habe er Leistungen nach den Nrn. 13400, 30500, 32099 und 32101 EBM 2000plus zu Unrecht in Ansatz gebracht.

Der Kläger erhob hiergegen mit Schreiben vom 21. Januar 2008 (Eingang bei der Beklagten am 24. Januar 2008) Widerspruch. Er wende sich "insbesondere" gegen die Nichtabrechnung der Nrn. 01100, 01101, 01821, 03005 und 13400 EBM 2000plus. Zudem ergänzte der den Widerspruch mit Schreiben vom 23. Januar 2008 (Eingang bei der Beklagten am 24. Januar 2008) um verschiedene andere Gebührenordnungsnummern, u.a. auch die Nr. 03351 EBM 2000plus, die ebenfalls abrechenbar sei, weil er – wie die Beklagte bei der Durchsicht ihrer Leistungsstatistiken feststellen werde – die entsprechenden Leistungen bereits vor 2002 erbracht habe.

Mit Bescheid vom 19. August 2008 half die Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als sie anstelle der in Ansatz gebrachten Nr. 01821 EBM 2000plus die Nr. 13220 EBM 2000plus nachberechnete. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2008 wies sie den Widerspruch im Übrigen zurück.

Am 13. Oktober 2008 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat ausgeführt, die Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus kämen zur Anwendung, da es sich bei dem Dienst in der H. nicht um eine reguläre Sprechstunde gehandelt habe. Die Patienten hätten ihn unvorhergesehen in Anspruch genommen, da die H. nicht einmal eine eigene Telefonnummer habe. Wenn Patienten als Notfall im M. vorstellig würden, obliege den Mitarbeitern am Empfang des Krankenhauses die Entscheidung, sie in die zentrale Notaufnahme oder die H. weiterzuleiten. Leistungen nach Nr. 03005 EBM 2000plus seien abrechenbar, da der Interpretationsbeschluss, auf den sich die Beklagte berufe, nicht anwendbar sei, weil sich seine Tätigkeit nicht als Notdienst, sondern als Fortsetzung der regulären Praxistätigkeit darstelle. Überdies sei der Beschluss wegen unzulässiger Rückwirkung rechtswidrig. Leistungen nach Nr. 03351 EBM 2000plus seien abrechenbar, da der Kläger entsprechende Leistungen bereits unter dem zuvor geltenden EBM 1996 abgerechnet habe. Schließlich müssten sämtliche Abrechnungen neu erfolgen, da der praxisindividuelle Punktwert zugrunde zu legen sei.

Die Beklagte hat ausgeführt, die Nr. 03351 EBM 2000plus entspreche der Nr. 1620 EBM 1996, allerdings habe der Kläger derartige Leistungen vor dem einschlägigen Stichtag nicht abgerechnet. Hinsichtlich der Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus sei die Inanspruchnahme auch nicht unvorhergesehen erfolgt, denn der Kläger habe auch im Rahmen der H. damit rechnen müssen, in Anspruch genommen zu werden. Hinsichtlich der Nr. 03005 EBM 2000plus ist die Beklagte bei ihrer Auffassung geblieben. Soweit der Kläger eine Abrechnung der in der H. erbrachten Leistungen unter Zugrundelegung seines individuellen Punktwertes fordere, müsse dies zur Konsequenz haben, dass auch diese Leistungen mit in sein Budget einflössen.

Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 13. April 2011 (dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 11. Mai 2011) die Beklagte hinsichtlich sieben Leistungen nach Nr. 01821 EBM 2000plus zur Neubescheidung verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Der Kläger habe für seine Tätigkeit in der H. keine Leistungen nach den Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus abrechnen dürfen. Der diensthabende Vertragsarzt werde durch die Patienten in einer Notfallpraxis nicht unvorhergesehen in Anspruch genommen, denn auch wenn sich die Patienten ohne vorherige Ankündigung im M. vorstellten und allein die Krankenhausmitarbeiter darüber entschieden, ob die Notfallbehandlung durch die Klinikärzte oder in der hausärztlichen Notfallpraxis auf dem Klinikgelände erfolgen solle, würden die Patienten doch innerhalb fester und nach außen veröffentlichter Öffnungszeiten in der Notfallpraxis vorstellig. Genau für diese Form der Inanspruchnahme sei die H. errichtet worden. Während der Öffnungszeiten der Notfallpraxis habe sich der dort eingeteilte Vertragsarzt in einer Dienstsituation befunden. Wie der Kläger anschaulich geschildert habe, habe er sich während seines Dienstes in den Räumen der Notfallpraxis aufgehalten oder sei über Funk erreichbar geblieben. Für ruhigere Phasen habe er sich Papierarbeit mit in die Notfallpraxis genommen. Die Inanspruchnahme im Rahmen von Dienstsituationen wie im organisierten Not(fall)dienst, bei organisierten Sprechstunden oder bei anderen Ambulanzdiensten sei aber nicht mit den Nrn. 01100 oder 01101 EBM 2000plus berechnungsfähig gewesen. Nach Nr. 03005 EBM 2000plus habe der Kläger nicht abrechnen dürfen, da der erforderliche unmittelbare diagnostische oder therapeutische Zusammenhang zur Notfallversorgung nicht bestanden habe. Der Interpretationsbeschluss Nr. 64 habe keine Änderung der vorher bereits geltenden Rechtslage bewirkt und sei im Übrigen auch vor dem streitigen Quartal gefasst worden. Der Kläger habe keine Leistungen nach Nr. 03351 EBM 2000plus abrechnen können. Auch insoweit gelte, dass nach der Leistungslegende Fachärzte für Allgemeinmedizin Leistungen nach dieser Gebührenposition unter anderem dann berechnen könnten, wenn sie nachwiesen, dass sie diese Leistung bereits vor dem 31. Dezember 2002 abgerechnet hätten. Alternativ ("und/oder") reiche es aus, wenn sie über eine mindestens einjährige pädiatrische Weiterbildung verfügten. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Umwandlungstabelle entspreche der Nr. 03351 EBM 2000plus die Nr. 1620 EBM 1996. Nach dieser Gebührenposition habe der Kläger vor dem Stichtag nicht abgerechnet, wie er selber einräume. Aus dem Umstand, dass er Leistungen nach den Nrn. 953 und Nr. 955 EBM 1996 erbracht habe, könne er nichts für die Abrechnung der Nr. 03351 EBM 2000plus herleiten. Die Nr. 953 EBM 1996 sei zur Nr. 03350 EBM 2000plus (Orientierende entwicklungsneurologische Untersuchung eines Neugeborenen, Säuglings, Kleinkindes oder Kindes) umgewandelt worden, während die Nr. 955 EBM 1996 in der Nr. 04350 EBM 2000plus (Untersuchung und Beurteilung der funktionellen Entwicklung eines Säuglings, Kleinkindes oder Kindes bis zum vollendeten 6. Lebensjahr) aufgegangen sei. Über eine mindestens einjährige pädiatrische Weiterbildung, die den Kläger alternativ zur Abrechnung der Gebührenposition 03351 EBM 2000plus berechtigte, verfüge er nicht. Soweit der Kläger die Vergütung sämtlicher in der H. erbrachter Leistungen unter Zugrundelegung seines arztindividuellen Punktwertes verlange, sei seine Klage zulässig, aber unbegründet. Die Beklagte könne sich auf § 10 Abs. 1 Buchstabe d der seinerzeit gültigen Honorarverteilungsvereinbarung stützen. Es sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Regelung gegen höherrangiges Recht verstoße. Insbesondere sei es nicht zu beanstanden, dass für die im Rahmen von hausärztlichen Notfallpraxen am Krankenhaus erbrachten Leistungen ein anderer Punktwert gelte als für die ansonsten in den hausärztlichen Praxen erbrachten Leistungen. Die Berücksichtigung unterschiedlicher Punktwerte sei keine sachwidrige Ungleichbehandlung, weil sich die Vergütung der im Rahmen von hausärztlichen Notfallpraxen am Krankenhaus erbrachten Leistungen insgesamt ganz wesentlich von der Vergütung der ansonsten im Rahmen von hausärztlichen Praxen erbrachten Leistungen unterschieden habe. Bei ersteren habe es sich um außerbudgetäre Leistungen gehandelt, während letztere einer Mengenbegrenzung durch praxisbezogene Regelversorgungsvolumina unterlegen hätten. Sofern budgetüberschreitende Leistungen in der regulären Praxis erbracht worden seien, seien sie nicht gesondert vergütet worden. Die in der hausärztlichen Notfallpraxis vom selben Vertragsarzt erbrachten Leistungen seien hingegen unabhängig von einer etwaigen Budgetüberschreitung vergütet worden, was sie derart von den übrigen Leistungen abgehoben habe, dass auch der Ansatz eines abweichenden Punktwerts gerechtfertigt sei. Dass sich der Punktwert dann am Arztgruppendurchschnitt des Vorquartals orientiert habe, sei nicht als sachwidrig zu beanstanden.

Am 23. Mai 2011 hat der Kläger Berufung eingelegt.

Er führt hinsichtlich der Nr. 03005 EBM 2000plus aus, diese Gebührennummer sei abrechenbar gewesen, da es sich bei der Tätigkeit für die H. nicht um Notdienst, sondern um eine Fortsetzung der regulären Praxistätigkeit gehandelt habe. Sodann habe er Leistungen nach Nr. 03351 EBM 2000plus abrechnen dürfen, denn entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei diese Nummer nicht die Nachfolgerregelung der Nr. 1620 EBM 1996, sondern sie sei abrechenbar, wenn der Vertragsarzt die Nr. 953 und/oder 1620 EBM 1996 abgerechnet habe. Der Kläger habe jedoch die Nr. 953 EBM in den Jahren 1998 und 1999 abgerechnet. Weiterhin sei die Tätigkeit insgesamt unter Zugrundelegung seines arztindividuellen Punktwertes zu vergüten. Die Honorarbescheide seien entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht etwa insoweit bestandskräftig geworden. Eine entsprechende Beschränkung des Streitgegenstandes auf einzelne Teile der Bescheide sei dem erstinstanzlichen Klageantrag nicht zu entnehmen. In der Sache habe das Bundessozialgericht durch Urteil vom 2. Juli 2014 (Az. B 6 KA 30/13 R, NZS 2014, 916, vorgesehen für SozR 4-2500 § 76 Nr. 2) entschieden, dass die Tätigkeit eines Vertragsarztes in der Notfallambulanz eines Krankenhauses nicht schlechter vergütet werden dürfe als die in seiner Praxis erbrachten Leistungen. Wenn jedoch die Beklagte eine Abrechnung nach den Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus versage, habe der Kläger im hausärztlichen Notdienst lediglich die Versichertenpauschalen nach den Nrn. 03110, 03111 und 03112 EBM 2000plus abrechnen können. Dadurch, dass die Beklagte zusätzlich nicht mit einem praxisorientierten Punktwert abrechne, liege die Vergütung für die ärztliche Tätigkeit am Wochenende im Ergebnis unterhalb derer, die der Kläger in der Woche erziele. Hierbei falle ins Gewicht, dass es sich bei der Tätigkeit in der H. um eine Fortsetzung der regulären Praxistätigkeit gehandelt habe, denn sie sei im Rahmen festgelegter Öffnungszeiten erfolgt und die Inanspruchnahme des Arztes sei nicht als unvorhergesehen anzusehen gewesen, da er sich in einer Dienstsituation befunden habe. Auch der Umstand, dass die Tätigkeit in der H. im Gegensatz zur Praxistätigkeit nicht budgetiert sei, stelle kein sachliches Unterscheidungsmerkmal dar, denn die Budgetierung sei kein die vertragsärztliche Tätigkeit prägendes Merkmal, sondern lediglich ein Detail der Vergütung. Vielmehr sei allein darauf abzustellen, ob die Tätigkeit eine Fortsetzung der Praxistätigkeit oder aber eine besondere Inanspruchnahme darstelle. Schließlich habe die Beklagte dem Kläger auch mit Schreiben vom 20. März 2008 eine Vergütung nach "seinem arztindividuellen Punktwert" zugesichert. Allerdings sei die einschlägige Berechnung nicht nachvollziehbar und die Beklagte habe sie auf Nachfrage nicht zu erklären vermocht.

Für den Fall, dass der Senat eine Vergütung nach dem arztindividuellen Punktwert ablehne, habe der Kläger jedoch Anspruch auf Vergütung unter Zugrundelegung der Nrn. 01100 und 01101 EBM 2000plus. Andernfalls drohe eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber dem organisierten Notdienst.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. April 2011 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung ihres Honorarbescheides vom 26. November 2007 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Dezember 2007, beide in Gestalt des Bescheides vom 19. August 2008 und des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2008, zu verurteilen, seine Honorarabrechnung für das Quartal II/2007 mit der Maßgabe erneut zu bescheiden, dass 133 Leistungen nach Nr. 03005 EBM 2000plus und eine Leistung nach Nr. 03351 EBM 2000plus zu vergüten sind und dass alle in der Hausärztlichen Notfallpraxis am M. erbrachten Leistungen nach dem arztindividuellen Punktwert zu vergüten sind, hilfsweise mit der Maßgabe, dass 110 Leistungen nach Nr. 01100 EBM 2000plus und 25 Leistungen nach 01101 EBM 2000plus zu vergüten sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung. Hinsichtlich der Nr. 03351 EBM 2000plus beruft sie sich auf das Transkodierungstool, das die Kassenärztliche Bundesvereinigung anlässlich der Überleitung des bis zum 31. März 2005 geltenden EBM in den EBM 2000plus zur Verfügung gestellt habe. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung, deren fachliche Einschätzung für sie bindend sei, habe ausschließlich darauf abgestellt, ob der Vertragsarzt unter Geltung des EBM 1996 berechtigt gewesen sei, die dortige Nr. 1620 anzusetzen. Überdies sei auf den in Nr. 03351 EBM 2000plus enthaltenen Genehmigungsvorbehalt hinzuweisen. Der Kläger habe einen entsprechenden Antrag nicht gestellt.

Der Senat hat hinsichtlich der Transkodierung eine Auskunft der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (vom 19. November 2014) eingeholt, in der es heißt, Voraussetzung für die Abrechnung von Nr. 03351 EBM 2000plus sei die frühere Abrechnung von Nr. 953 und/oder 1620 EBM 1996.

Der Senat hat am 25. Februar 2015 über die Berufungen mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist in Haupt- und Hilfsantrag unbegründet.

A. Im Hauptantrag ist die Berufung unbegründet, denn die Beklagte durfte die nach den Nrn. 03005 und 03351 EBM 2000plus abgerechneten Leistungen sachlich-rechnerisch richtigstellen. Weiterhin hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Neubescheidung seiner Honorarabrechnung unter Zugrundelegung eines anderen Punktwertes.

I.) Die Berechtigung der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellungen von Honorarforderungen ergab sich im streitigen Quartal aus § 106a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB V, wonach die Kassenärztlichen Vereinigungen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung prüfen und die zuständige Kassenärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte feststellt; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten.

1.) Die Beklagte war auf dieser Grundlage befugt, die nach Nr. 03005 EBM 2000plus abgerechneten Leistungen im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung von der Vergütung auszunehmen. Hierbei kann offenbleiben, ob der Beschluss des Bewertungsausschusses (in seiner 101. Sitzung), kraft dessen mit Wirkung zum 1. Juli 2005 nach der Überschrift "1.2 Leistungen im Notfall und im organisierten ärztlichen Not(fall)dienst" des Abschnitts II.1 eine zweite Bestimmung aufgenommen wurde, wonach u.a. die Nr. 03005 EBM 2000plus im Rahmen der Erbringung im Notfall und organisierten Not(fall)dienst von keiner Arztgruppe berechnungsfähig war, auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar ist. Jedenfalls scheitert die Abrechenbarkeit von Nr. 03005 EBM 2000plus unter Zugrundelegung einer streng an den vom Bundessozialgericht entwickelten Auslegungsregeln auch unter Außerachtlassung dieses Beschlusses. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist für die Auslegung der vertragsärztlichen Vergütungsregelungen in erster Linie der Wortlaut der Bestimmungen maßgeblich. Soweit der Wortlaut einer Vergütungsregelung zweifelhaft ist und es seiner Klarstellung dient, kann eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Regelungen erfolgen. Hingegen kommt eine entstehungsgeschichtliche Auslegung unklarer oder mehrdeutiger Regelungen durch die Gerichte nur in Betracht, wenn Dokumente vorliegen, in denen die Urheber die Bestimmungen in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (BSG, Urteil vom 28. April 2004 – B 6 KA 19/03 R, SozR 4-2500 § 87 Nr. 5 = juris, Rn. 18).

Die Nr. 03005 EBM 2000plus lautete: "Pauschale für die versorgungsbereichsspezifische Bereitschaft, einmal im Behandlungsfall (kurativ-ambulant)". Sie stellte aufgrund ihrer systematischen Stellung eine allgemeine hausärztliche Strukturleistung dar und enthielt eine pauschale Abgeltung des Mehraufwandes, der dem Arzt durch den ärztlichen Notfall- bzw. Bereitschaftsdienst entsteht, für jeden regulären Behandlungsfall und insbesondere nicht für diejenigen Behandlungsfälle, die lediglich im Rahmen eines Notfalles behandelt wurden (Hessisches LSG, Urteil vom 26. November 2008 – L 4 KA 35/07, juris, Rn. 21, Hervorhebungen hinzugefügt). Die Behandlung von Patienten im freiwilligen Notfalldienst in der H. stellt ein aliud nicht nur gegenüber dem organisierten Notdienst dar, sondern auch gegenüber der regulären Praxistätigkeit eines Vertragsarztes. Während sie sich vom organisierten Notdienst vor allem durch die Freiwilligkeit der Teilnahme unterscheidet (hierzu Urteil des Senats vom 25. Februar 2015 – B 5 KA 29/11, Bl. 20 des Umdrucks), kann sie angesichts der Gesamtkonzeption der Einrichtung auch nicht als Fortsetzung der üblichen Sprechstunde aufgefasst werden.

2.) Die Beklagte war auch zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der nach Nr. 03351 EBM 2000plus abgerechneten Leistungen befugt, da der Kläger seine Befugnis zur Abrechnung dieser Leistungen nicht rechtzeitig nachgewiesen hat. Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Abrechenbarkeit dieser Leistung sieht der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen von einer näheren Darstellung ab und verweist entsprechend § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf seine Ausführungen im Urteil vom 25. Februar 2015 (Az. L 5 KA 29/11, Bl. 12 ff. des Umdrucks), das beiden Beteiligten bekannt ist. Auch im vorliegenden Fall hat der Kläger jedenfalls nicht bis spätestens zum Ende des Widerspruchsverfahrens nachgewiesen, dass er vor dem maßgeblichen Stichtag bereits nach der Nr. 953 EBM 1996 abgerechnet hatte.

II.) Das Sozialgericht hat auch die auf Neubescheidung der Honorarabrechnung unter Zugrundelegung des arztindividuellen Punktwertes gerichtete Klage zu Recht abgewiesen, denn der Kläger hat keinen solchen Anspruch. Auch insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im Urteil vom 25. Februar 2015 (Az. L 5 KA 29/11, Bl. 18 ff. des Umdrucks) verwiesen.

B. Auch der Hilfsantrag ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung unter Berücksichtigung von Leistungen, die nach den Nrn. 01100 oder 01101 EBM 2000plus anzusetzen gewesen wären. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein Urteil vom 25. Februar 2015 (Az. L 5 KA 29/11, Bl. 21 des Umdrucks).

C. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt gem. § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung der Kläger.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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