L 13 R 1213/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 R 2912/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 1213/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 30. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1967 geborene und zuletzt als Bauarbeiter beschäftigte Kläger beantragte erstmals am 17. Oktober 2007 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung. Die Beklagte lehnte diesen Antrag nach Einholung eines Gutachtens von Dr. Fu. vom 20. November 2007, wonach der Kläger leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne, mit Bescheid vom 23. November 2007 und Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2007 ab. Sie vertrat die Ansicht, es liege weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vor.

Dagegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG; Aktenzeichen S 9 R 2383/08). Das SG erhob Beweis durch Einholung schriftlicher sachverständiger Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte. Der Arzt für Allgemeinmedizin Schat. und der Orthopäde Str. hielten den Kläger für leichte Tätigkeiten vollschichtig einsatzfähig, wohingegen der Orthopäde Dr. Ant. nur eine drei- bis unter sechsstündige Leistungsfähigkeit annahm. Anschließend veranlasste das SG eine Begutachtung durch den Orthopäden Dr. He., der im Gutachten vom 15. März 2009 den Kläger für leichte Tätigkeiten für vollschichtig leistungsfähig erachtete. In einem Vergleich in der mündlichen Verhandlung vom 27. Mai 2010 verpflichtete sich die Beklagte, eine dreiwöchige stationäre Rehabilitationsmaßnahme zu gewähren und die Rehabilitationseinrichtung zur Stellungnahme zur Leistung und Teilhabe am Arbeitsleben aufzufordern. Der Rechtsstreit wurde damit für erledigt erklärt. Auf dieser Basis erstellte das Reha-Zentrum Schö. am 14. September 2010 einen ärztlichen Entlassungsbericht, nachdem der Kläger dort vom 19. August bis 9. September 2010 stationär untergebracht war. Diesem Bericht zufolge war dem Kläger die früher durchgeführte Berufstätigkeit als Maurer verbunden mit schwerer körperlicher Belastung nicht mehr zumutbar. Aus rein internistischer Sicht seien noch leichte, körperliche Tätigkeiten vollschichtig zumutbar. In der Gesamtschau der Befunde unter Berücksichtigung eines chronifizierten Schmerzsyndroms (internistisch, orthopädisch und neurologisch) sei das Leistungsvermögen aufgehoben. Gegebenenfalls solle noch eine psychiatrische Begutachtung eingeholt werden. Der Kläger werde arbeitsunfähig entlassen. Mit Bescheid vom 1. Juli 2011 erhielt der Kläger als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben die Gewährung von Leistung zur Erlangung eines Arbeitsplatzes.

Der Kläger beantragte am 31. Januar 2011 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte ein Gutachten bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Hau. ein. Nach Untersuchung und Begutachtung vom 20. April 2011 stellte dieser eine chronische Lumbalgie nach Operation einer Spinalkanalstenose LW3/4 und LW4/5 2005 ohne schwerwiegende Funktionseinschränkung und ohne radikuläre Symptomatik, eine posttraumatische Sprunggelenksarthrose rechts nach Luxationsfraktur 1992 und eine alimentäre Adipositas fest, anamnestisch sei eine COPD bei fortgesetztem Nikotinkonsum angegeben worden, derzeit erscheinungsfrei. Der Kläger habe über Kreuzschmerzen und Schmerzen im rechten Fuß geklagt. Er sei wetterfühlig und habe manchmal Atemprobleme. Im Sommer 2007 sei ein Magenband implantiert worden. Er habe einen reichlichen Freundes- und Bekanntenkreis und beschäftige sich viel am Computer. Der Gutachter Dr. Hau. führte aus, psychisch ergebe sich kein Befund von Krankheitswert und kein Nachweis einer tiefergehenden depressiven Verstimmung, einer Psychose oder eines hirnorganischen Psychosyndroms. Dementsprechend sei seinerzeit auch keinerlei Behandlung in dieser Richtung erfolgt, weder hausärztlich noch nervenärztlich, weder medikamentös noch psychotherapeutisch. Es resultierten funktionelle Leistungseinschränkungen aus dem Lumbalsyndrom. Im Hinblick auf die COPD würden sich keine Auffälligkeiten zeigen. Der Nikotinkonsum von zehn Zigaretten täglich werde fortgesetzt. Eine seelische Störung liege nicht vor. Der Kläger könne leichte bis zeitweilig mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als sechs Stunden täglich verrichten. Eine zeitliche Leistungsminderung sei nicht begründbar.

Der Beratungsarzt der Beklagten Dr. Lat. führte in einer Stellungnahme vom 12. September 2011 aus, die Einschätzung von Dr. Hau., dass eine seelische Störung nicht vorliege und dementsprechend auch nicht behandelt werde, relativiere die Einschätzung des Reha-Zentrums Schö., welches eine neurologische Problematik postuliere, obwohl auch damals der neurologische Befundstatus als unauffällig beschrieben werde. Der Entlassungsbericht des Reha-Zentrums Schö. sei aus prüfärztlicher Sicht äußerst widersprüchlich. Der Kläger sei auch in gebessertem Zustand entlassen worden. Die Verbesserung habe offensichtlich langfristigen Charakter, weshalb Dr. Hau. zu folgen sei.

Mit Bescheid vom 3. Mai 2011 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Sie führte aus, der Kläger könne nach medizinischer Beurteilung noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Er sei daher nicht erwerbsgemindert.

Hiergegen richtete sich der mit Schreiben vom 11. Mai 2011 erhobene Widerspruch. Zur Begründung verwies der Kläger auf den ärztlichen Entlassungsbericht des Reha-Zentrums Schö ... Danach sei er nicht mehr in der Lage, einer voll- oder halbschichtigen Tätigkeit nachzugehen.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2011 zurück. Die bestehenden, näher bezeichneten Beeinträchtigungen würden keine relevanten Funktionseinschränkungen darstellen. Eine radikuläre Symptomatik sei nicht erkennbar. Dem nervenärztlichen Gutachten sei zu entnehmen, dass eine seelische Störung nicht vorliege und dementsprechend auch nicht behandelt werde. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer, näher bezeichneter Einschränkungen weiterhin vollschichtig, d.h. sechs Stunden und mehr täglich verrichten.

Der Kläger hat daraufhin am 17. Oktober 2011 Klage zum SG erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass Dr. Hau. in unzutreffender Weise in seinem Gutachten davon ausgegangen sei, dass im Reha-Zentrum Schö. ein vollschichtiges Leistungsvermögen bescheinigt worden sei. Er leide zwischenzeitlich an einer schweren depressiven Störung mit vereinzelten Suizidgedanken und werde therapeutisch behandelt. Er könne aufgrund seiner Erkrankung weder eine Tätigkeit als Produktionshelfer, die immer mit Zwangshaltungen bzw. einseitigen Haltungen verbunden sei, noch eine Pförtnertätigkeit, überwiegend im Sitzen und mit Tätigkeiten am Computer noch eine Museumswärtertätigkeit, die überwiegend im Stehen verrichtet werden müsse, ausüben. Für eine Tätigkeit als Versandfertigmacher seien feinmotorische Fertigkeiten der Hände und auch Computerkenntnisse erforderlich. Er sei nicht mehr in der Lage, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Er besitze keinen Führerschein und könne nicht Fahrrad fahren. Die Beklagte ist dem klägerischen Begehren mit sozialmedizinischen Stellungnahmen von Dr. El. vom 17. August 2012 und 19. Dezember 2012 entgegengetreten.

Das SG hat behandelnde Ärzte bzw. Therapeuten des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen befragt.

Der Orthopäde Dr. Str. sah auf Basis der von ihm mitgeteilten Beeinträchtigungen aus rein orthopädischer Sicht leichte Tätigkeiten von drei bis unter sechs Stunden vermutlich als möglich an (Schreiben vom 2. Dezember 2011).

Die Diplompsychologin und Psychologische Psychotherapeutin Dr. Grü. hat mitgeteilt, dass es aus ihrer Sicht unwahrscheinlich sei, dass der Kläger trotz gegebener Motivation und Mitarbeitsbereitschaft wieder in den Arbeitsmarkt integrierbar sei. Zur körperlichen Leistungs- und Arbeitsfähigkeit könne sie keine Aussage machen. Aus psychologischer Sicht heraus sei diese jedoch deutlich eingeschränkt, da eine stärkere Behinderung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vorliege (Schreiben vom 5. Dezember 2011).

Dr. Die. von der Neurologischen Gemeinschaftspraxis in Ra. hat mit Schreiben vom 2. Januar 2012 mitgeteilt, dass unter Berücksichtigung der von ihm näher geschilderten Befunde leichte Arbeiten momentan nicht als möglich erscheinen, obgleich die psychotherapeutische Behandlung bei Frau Dr. Grü. zu einer seelischen Stabilisierung geführt habe.

Der Arzt für Allgemeinmedizin Schat. hat ausgeführt, dass der Kläger leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne (Aussage vom 23. Januar 2012).

Daraufhin hat das SG ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei Dr. Be. vom 27. Juni 2012 mit einer ergänzenden Stellungnahme vom 13. November 2012 eingeholt. Dr Be. hat in diesem Gutachten ein schweres nozizeptives Schmerzsyndrom des Rückens bei Spinalkanalstenose LWK2/3, LWK3/4 operiert, Laminektomie LWK3, 09/2005, Adipositas permagna, Gastric Banding 07/2007, arterielle Hypertonie, schwere obstruktive Lungenerkrankung, COPD, Nikotinabusus und posttraumatische Arthrose nach Sprunggelenksfraktur rechts 1994 festgestellt. Der Kläger habe ihm berichtet, dass er seit vielen Jahren Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in die linke und rechte Gesäßhälfte habe. Darüber hinaus bestehe eine Ausstrahlung nach oben bis in die Schulterregion. Die Beschwerden nähmen bei Belastung deutlich zu. Leichtere Tätigkeiten im Haushalt schaffe der Kläger selbst, für schwere Tätigkeiten bekomme er Unterstützung durch eine Nachbarin. Der Gutachter hat die Ansicht vertreten, dass eine wirtschaftlich relevante Tätigkeit durch den Kläger seinerzeit nicht mehr geleistet werden könne. Leistungsmindernd würde sich das schwere nozizeptive Schmerzsyndrom auswirken. Darüber hinaus sei die Mobilität und Gehfähigkeit in hohem Maße eingeschränkt. Der Kläger sei bereits mehrfach gestürzt. Er sei nicht mehr in der Lage, leichte Tätigkeiten mehr als drei Stunden täglich zu verrichten. Er sei sicherlich noch in der Lage, 500 m zu gehen, benötige jedoch entsprechend einer Dokumentation von Dr. Die. eine deutlich längere Zeit als eine gesunde gleichaltrige Normalperson. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, Fahrrad zu fahren. Die eingenommenen Schmerzmittel würden die Leistungsfähigkeit des Klägers einschränken, der allgemeine körperliche Zustand sei deutlich reduziert. Der Kläger habe erhebliche Probleme beim Be- und Entkleiden. Es könnten keine schweren körperlichen Tätigkeiten oder anderweitige manuelle Verrichtungen ausgeführt werden. Der Kläger habe so gut wie keinen Kontakt zu Freunden, keine Hobbys, keine Vereinsaktivitäten, keinen Führerschein. Es sei nicht nachvollziehbar, wie Dr. Hau. zu dem Schluss komme, der Kläger führe ein reges Sozialleben. Es bestehe die Grundhaltung des Abfindens mit der chronischen Schmerzerkrankung. Der Kläger sei selbst für leichte Tätigkeiten am allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr einsetzbar. Es könne nicht von der Frequenz der Arztbesuche auf die Schwere der chronischen Erkrankung zurück geschlossen werden.

Darüber hinaus hat das SG ein nervenärztlich-psychosomatisches Gutachten bei Prof. Dr. Stei. vom 8. August 2013 eingeholt. Der Gutachter Prof. Dr. Stei. hat am 5. August 2013 eine Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie Nikotinabhängigkeit festgestellt. Weiter bestehe nach Aktenlage eine Versteifung des rechten Fußgelenks, eine posttraumatische Arthrose des rechten Handgelenks und eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung. Die Schmerzstörung sei chronifiziert und habe wie alle derartigen chronifizierten Schmerzstörungen einen psychosomatischen Beschwerdeanteil, der durch Schmerzfehlverarbeitung und eine schwierige psychosoziale Lebenssituation als Randbedingung gekennzeichnet sei. Um eine typische somatoforme Schmerzstörung mit entsprechenden körperlichen Befunden der diffusen Schmerzgenerisierung und identifizierbaren psychosozialen Konflikten oder Traumatisierungen handele es sich jedoch nicht. Aufgrund der Schmerzstörung resultierten die aus Wirbelsäulenleiden typischen Einschränkungen, insbesondere in Bezug auf Heben, Tragen und Bewegen von Gewichten, Arbeiten in Zwangshaltungen usw. Es sei aber letztlich die orthopädische Beurteilung maßgeblich. Dasselbe gelte für die Funktionseinschränkung im rechten Sprunggelenk und Handgelenk. Eine spezifische Leistungseinschränkung aus psychiatrischer Sicht komme nicht hinzu. Zu berücksichtigen sei unter qualitativen Leistungseinschränkungen das sehr geringe kognitive Funktionsniveau. Der Kläger könne nur intellektuell sehr einfache Tätigkeiten verrichten ohne Tätigkeiten mit Schriftverkehr, PC-Benutzung und differenziertem Kundenkontakt. Allein aus der Sicht seines Fachgebiets lasse sich eine quantitative Leistungsminderung nicht ableiten. Er könne allerdings gut nachvollziehen, weshalb das Reha-Zentrum Schö. und der Gutachter Dr. Be. "summarisch" von einer nicht mehr gegebenen Leistungsfähigkeit ausgingen. Tatsächlich sei es ihm recht schwer vorstellbar, welcher Arbeitsmarkt dem Kläger mit seinen eingeschränkten kognitiven und körperlichen Möglichkeiten noch offenstehe. Allein von Seiten des nervenärztlich-psychosomatischen Fachgebiets seien leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen mit zahlreichen weiteren Funktionseinschränkungen theoretisch noch vollschichtig möglich. Es seien auf seinem Fachgebiet keine Gesundheitsstörungen feststellbar, die den Kläger daran hindern würden, eine Gehstrecke von über 500 m in weniger als 20 Minuten zurückzulegen.

Das SG hat die Klage am 30. Januar 2014 nach mündlicher Verhandlung vom gleichen Tag abgewiesen. Auf Basis der dort dargestellten rechtlichen Grundlagen erfülle der Kläger nicht die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Unter Berücksichtigung näher bezeichneter qualitativer Einschränkungen sei der Kläger noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechsstündig zu verrichten. Der Kläger leide nach dem überzeugenden Gutachten von Prof. Dr. Stei. vom 8. August 2013, dem sich das SG anschließe, an einer Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie Nikotinabhängigkeit. Daneben lägen eine Versteifung des rechten Fußgelenks, eine posttraumatische Arthrose des rechten Handgelenks und eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung vor. Ferner leide der Kläger an einer Spinalkanalstenose LWK2/3, LWK3/4, operiert an Laminanektomie LWK3, Adipositas permagna, Gastric Banding, arterieller Hypertonie und posttraumatischer Arthrose nach Sprunggelenksfraktur. Diese Erkrankungen entnehme das SG dem Gutachten von Dr. Be. vom 27. Juni 2012. Übereinstimmend gingen die Gutachter Dr. Hau., Dr. Be. und Prof. Dr. Stei. davon aus, dass über die angeführten Diagnosen hinaus keine weiteren Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet vorliegen würden. Die Schmerzstörung sei chronifiziert und habe gemäß den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. Stei. einen psychosomatischen Beschwerdeanteil, der durch eine Schmerzfehlverarbeitung und eine schwierige psychosoziale Lebenssituation gekennzeichnet sei. Eine typische somatoforme Schmerzstörung mit entsprechenden körperlichen Befunden liege nicht vor. Aufgrund der Schmerzstörung resultierten die näher bezeichneten typischen Einschränkungen, insbesondere im Bezug auf Heben, Tragen und Bewegen von Gewichten, Arbeiten in Zwangshaltung usw. Weitere Einschränkungen würden sich aus der Funktionseinschränkung im rechten Sprung- und Handgelenk ergeben.

Unter Beachtung dieser Einschränkungen lasse sich eine quantitative Leistungsminderung nicht ableiten. Auch hier schließe sich das SG den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. Stei. an. Eine Berufstätigkeit als Maurer/Bauarbeiter mit schwerer körperlicher Belastung könne vom Kläger jedoch nicht mehr durchgeführt werden.

Das SG könne sich nicht an der Beurteilung des Reha-Zentrums Schö. vom 14. September 2009 anschließen, wonach zwar aus rein internistischer Sicht noch leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig zumutbar seien, in der Gesamtschau der Befunde unter Berücksichtigung des chronifizierten Schmerzsyndroms (internistisch, orthopädisch und neurologisch) das Leistungsvermögen aber aufgehoben sei. Eine zeitliche Leistungseinschränkung ergebe sich aus keinem dieser Fachgebiete. Die Leistungsbeurteilung des Reha-Zentrums Schö. sei widersprüchlich. Zum einen werde eine Leistungsfähigkeit von sechs Stunden und mehr bescheinigt und ausgeführt, dass rein internistisch noch leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig möglich seien. In der Gesamtschau der Befunde werde unter Berücksichtigung des chronischen Schmerzsyndroms jedoch ein aufgehobenes Leistungsvermögen angenommen. Hierzu werde auf die psychiatrische Begutachtung verwiesen, etwa das Gutachten von Dr. Hau ... Dieser komme aber zu dem Schluss, dass der Kläger noch sechs Stunden Tätigkeit verrichten könne. Das Gericht schließe sich auch nicht der Beurteilung von Dr. Be. an, wonach der Kläger nicht mehr in der Lage sei, Arbeiten drei Stunden täglich zu verrichten. Denn dieser berufe sich zur Begründung gerade auf den Reha-Entlassbericht aus Schö. und die Tatsache, dass verschiedene Rehabilitationsversuche fehl geschlagen seien. Dieser Leistungsbeurteilung schließe sich das SG wie zuvor ausgeführt, jedoch gerade nicht an, weshalb auch der darauf beruhenden Einschätzung von Dr. Be. nicht gefolgt werden könne. Das SG sei der Überzeugung, dass der Kläger mit dem oben beschriebenen Leistungsvermögen noch mindestens sechs Stunden täglich die Tätigkeit des Versandfertigmachers verrichten könne. Für den Regelfall werde davon ausgegangen, dass ein Versicherter, der zumindest körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeiten - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - wenigstens sechs Stunden täglich verrichten könne, noch in der Lage sei, erwerbstätig zu sein und durch seine Tätigkeit ein Erwerbseinkommen zu erzielen. Lediglich bei der Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder beim Vorliegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung müsse eine konkrete Verweisungstätigkeit mit ihren typischen, das Anforderungsprofil bestimmenden Merkmalen, benannt werden, so das SG unter Hinweis auf das Bundessozialgericht, Urteil vom 9. Mai 2011, Aktenzeichen B 5 R 68/11 R). Es könne dahingestellt bleiben, ob eine derartige schwere spezifische Leistungsbehinderung oder Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorhanden sei, da der Kläger zumindest noch die genannte Tätigkeit des Versandfertigmachers mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Hierbei handele es sich gemäß dem von der Beklagten in das Verfahren eingeführte Gutachten von Herrn Langhoff für das Sozialgericht Potsdam vom 2. Februar 2012 um Arbeiten, womit Fertigerzeugnisse zur Verschönerung oder Aufbesserung des Aussehens aufgemacht und gekennzeichnet und für den Endverbraucher aufbereitet würden. Es würden Waren beklebt, eingehüllt, gezählt oder sortiert, Abziehbilder, Warenzeichen oder Etiketten angebracht und Waren in Papp- und Holzschachteln oder sonstige Behältnisse verpackt. Diese würden verschlossen und Kennzeichnungen von außen angebracht. Derartige Arbeitsplätze gebe es mehr als 200000 in der Bundesrepublik. Die körperliche Belastung stehe in Abhängigkeit von der zu verrichtenden Arbeit. Es handle sich im Wesentlichen um Tätigkeiten, die überwiegend im Sitzen verrichtet würden und nur leichte wirbelsäulen- und gelenkbelastende Körperhaltungen mit sich brächten. Es werde körpernah gearbeitet, ohne besondere Anforderung an die Arme, Hände und Finger hinsichtlich Kraft, Ausdauer und Feinmotorik. Das Arbeitstempo werde nicht durch Maschinen oder Anlagen vorgegeben. Es handele sich um einfache Routinearbeiten ohne mehr als geringe Anforderungen an das Reaktions- und Konzentrationsvermögen, die Auffassungsgabe, die Lern- und Merkfähigkeit, das Gedächtnis, die Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit sowie die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit. Diese Tätigkeiten würden somit dem Leistungsvermögen des Klägers entsprechen. Die manuellen Fähigkeiten des Klägers seien ausreichend für diese Tätigkeit. Bereits Dr. He. habe in seinem Gutachten vom 15. März 2009 festgestellt, dass anspruchsvolle, feinmechanische Arbeiten, die vollen Bewegungsumfang des Handgelenks erforderlich machen würden, nicht abverlangt werden könnten. Derartige Arbeiten müsse der Kläger nach der oben genannten Beschreibung auch nicht verrichten. Zudem müsse beachtet werden, dass der Kläger noch mehr als zehn Jahre körperlich schwere Arbeit trotz der Bewegungseinschränkung des Handgelenks verrichtet habe, da der Unfall, der zu dieser Verletzung geführt hatte, bereits mehr als 20 Jahre zurückliege.

Entgegen der Ansicht von Dr. Be. sei der Kläger auch noch in der Lage, einen Arbeitsplatz aufzusuchen. Er sei auch nach Dr. Be. in der Lage, 500 m zu gehen. Dieser verweise jedoch auf eine Dokumentation des Neurologen Dr. Die., wonach der Kläger eine längere Zeit hierfür benötige. Er sei auch schon gestürzt. Diese Einschätzung werde von Prof. Dr. Stei. nicht geteilt. Dieser vertrete die Ansicht, der Kläger könne eine Gehstrecke von über 500 m zurücklegen und dies in 20 Minuten bewältigen. Dr. Die. habe gegenüber dem Gericht mit Schreiben vom 2. November 2012 nicht über eine Einschränkung der Gehstrecke berichtet. Es sei auch unklar, auf welche Dokumentation sich Dr. Be. berufe. Dem orthopädischen Gutachten von Dr. He. vom 15. März 2009 für das SG Konstanz in der Sache S 9 R 2385/08 lasse sich eine Einschränkung der Gehstrecke nicht entnehmen. Dr. He. vertrete die Ansicht, dass die Gehstrecke von 500 m mehrfach täglich und deutlich weniger als 20 Minuten zurückgelegt werden könne.

Gegen das am 18. Februar 2014 der Bevollmächtigten des Klägers zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. März 2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er u.a. ausgeführt, dass eine Summierung der qualitativen Leistungseinschränkungen vorliege. Er könne auch eine Tätigkeit als Versandfertigmacher nicht mehr ausüben.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 30. Januar 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 3. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2011 aufzuheben und dem Kläger Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat daraufhin Beweis erhoben durch Einholung eines fachorthopädischen Gutachtens beim Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Sportmedizin Dr. Bo. In seinem Gutachten vom 16. August 2014 berichtet der Gutachter über die Untersuchung und Begutachtung des Klägers vom 12. August 2014. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der aktuellen fachorthopädischen Begutachtung sowie der Mitverwertung aktenkundiger medizinischer Vorbefunde und Vorgutachten kommt er im Bereich der Haltungs- und Bewegungsorgane beim Kläger zu den folgenden Gesundheitsstörungen:

. Chronisches lokales funktionelles cervicales Wirbelsäulensyndrom mit mäßiger Funktionsbehinderung der HWS ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen der oberen Extremitäten. Chronisches ortsständiges und pseudoradikuläres degeneratives lumbales Wirbelsäulensyndrom mit mäßiger Funktionsbehinderung der LWS und sensiblen Störungen am rechten Bein ohne gravierende motorische Ausfälle bei Z.n. Laminektomie L3 bei Spinalkanalstenose ohne relevante Re-Stenose und Bandscheibenprotrusion L5/S1. Funktionell unbedeutsame Wirbelsäulenfehlstatik mit muskulärer Dysbalance im Bereich des Rückens und des Rumpfes. Schultereckgelenkarthrose (ASG-Arthrose) rechts ohne wesentliche Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks. Funktionsbehinderung des rechten Handgelenks bei posttraumatisch bedingter Arthrose nach ehemaliger Handwurzelfraktur rechts. Geringfügige Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks bei initialer Coxarthrose rechts. Marginale Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks ohne chronisch synoviale Reizerscheinungen bei initialer Gonarthrose und Patelladysplasie rechts. Funktionsbehinderung im Bereich des rechten OSG, USG und Fußes bei posttraumatisch bedingter Arthrose nach Sprunggelenksfraktur und vorbestehender Fußdeformität

Außerhalb des orthopädischen Fachgebiets bestünden beim Kläger unter Berücksichtigung der aktuell erhobenen Befunde, der anamnestischen Angaben sowie der aktenkundigen medizinischen Vorbefunde und Vorgutachten folgende Gesundheitsstörungen:

. Chronische Schmerzstörung (Stadium 3 nach Gerbershagen) mit somatischen und psychischen Faktoren. Adipositas (Übergewicht), nach Operation (gastric banding) deutlich rückläufig. Arterielle Hypertonie (Bluthochdruck). COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) bei Nikotinabusus. Obstipation (Verstopfung) unter Opiat-Medikation. Insomnie (Schlaflosigkeit)

Aus den vorliegenden Erkrankungen und den hieraus resultierenden funktionellen Beeinträchtigungen würden sich zahlreiche vielschichtig erhebliche Einschränkungen des Leistungsbildes in qualitativer Hinsicht ergeben. Nicht mehr leidensgerecht und insoweit nicht mehr dauerhaft zumutbar seien im Einzelnen folgende Tätigkeiten:

. Sämtliche schweren und mittelschweren Tätigkeiten. Arbeiten mit Heben, Tragen und/oder Bewegen von Lasten über 7-8 kg ohne mechanische Hilfsmittel. Arbeiten in gebückter, vornüber geneigter oder sonstiger Zwangshaltung des Achsorgans. Arbeiten in Reklinationshaltung des Kopfes (Überkopftätigkeiten). Arbeiten unter Einfluss vertikaler Teil- oder Ganzkörperschwingungen. Arbeiten unter Exposition von Kälte, Nässe und/oder Zugluft. Ständige stehende und gehende Tätigkeiten. Arbeiten mit Anmarschwegen von mehr als 1 km. Arbeiten in kniender oder hockender Stellung. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Arbeiten auf unebenem Untergrund. Arbeiten über horizontalem Schulterniveau. Arbeiten mit hoher Anforderung an die Kraftentfaltung der Arme. Arbeiten mit hoher Anforderung an das taktile Geschick und an die Feinmotorik der Hände. Arbeiten unter Exposition inhalativer Noxen. Arbeiten an gefährdenden Maschinen. Arbeiten unter hohem Zeitdruck und hoher Stressbelastung (z.B. Akkord- und Fließbandarbeit, Nachtschichttätigkeit). Arbeiten mit hoher Verantwortung und erhöhter Anforderung an die geistig-psychische Belastbarkeit

Angesichts der Vielzahl und Erheblichkeit der aufgezeigten Einschränkungen im Sinne des negativen Leistungsbildes erscheine es medizinisch-gutachtlich eher fraglich, ob dementsprechende Tätigkeiten am Arbeitsmarkt real existieren und offenstehen würden.

Der rein medizinischen Beurteilung musste die Frage der Berentung insoweit seitens der Verwaltung bzw. der Gerichtsbarkeit entschieden werden. Der Kläger wäre bei adäquater Beachtung und Umsetzung des aufgezeigten Details des negativen Leistungsbildes durchaus noch in der Lage, eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes in vollschichtigem Umfang (sechs Stunden am Tag und mehr bei fünf Tagen in der Woche) ohne hieraus resultierende konkrete unmittelbare Gefährdung des Restleistungsvermögens auszuüben.

Eine Notwendigkeit zusätzlicher betriebsunüblicher Arbeitspausen aus medizinischen Gründen sei anhand der Befunde auf orthopädischem Fachgebiet nicht zu attestieren. Zur diesbezüglichen Einschätzung aufgrund der psychischen Situation könne auf die nervenärztlichen Vorgutachten im erstinstanzlichen Verfahren verwiesen werden. Zum Zeitpunkt der vom Gutachter festgestellten Leistungseinschränkungen führt er retrospektiv aus, dass davon auszugehen sei, dass die jetzt festgestellte Situation hinsichtlich des Leistungsvermögens zumindest bereits seit dem Zeitpunkt der ärztlichen Begutachtung im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegen habe. Da eine spezifische orthopädische Behandlung nicht stattfinde, könne das therapeutische Repertoire noch weiter ausgeschöpft werden. Zu bedenken sei eine befundangepasste Therapie unter schmerztherapeutischer Federführung, soweit ein entsprechender Leidensdruck vorliege. In einer ausführlichen Diskussion setzt er sich mit den vorliegenden Unterlagen und abweichenden Leistungseinschätzungen auseinander.

Die Beklagte verbleibt im Anschluss an die Beweisaufnahme an der Verneinung einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen sowie bei der Annahme eines mindestens sechsstündigen Leistungsvermögens. Hiergegen wendet sich der Kläger mit einer Bescheinigung des Landratsamt Bodenseekreis, Arbeitsvermittler Markus Strobel vom 18. März 2014. In der mit "Berufskundliche Feststellung" überschriebenen Bescheinigung ist festgehalten, dass die Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger durch seine gesundheitlichen Einschränkungen sehr reduziert seien. Herr Strobel sei beauftragt worden, den Stellenmarkt hinsichtlich Stellenangeboten als Versandfertigmacher zu überprüfen. Seine Stellenrecherche habe ergeben, dass derzeit in erreichbarer Nähe keine freien Stellen als Versandfertigmacher oder vergleichbare Tät9igkeiten zu finden seien. Er habe hierbei mehrere Jobsuchmaschinen und die lokale Presse in Anspruch genommen. Die Stellenbörse der Arbeitsagentur habe den Beruf des Versandfertigmachers noch nicht in ihrer Suchmaschine aufgenommen. Auch durch seine vergangene Erfahrung und Kontakt zu vielen Firmen komme er zu der Einschätzung, dass es im hiesigen Jobcenter-Bezirk keine solchen Stellen gebe. Sie seien in der Regel mit anderen Tätigkeitsfeldern vermischt oder verbunden, welche der Kläger nicht ausüben könne. Im Bodenseekreis seien überwiegend Firmen der Metallindustrie ansässig, die keine Verpackung von Kleinteilen in ihrer Produktionskette aufweisen, sodass hier keine Versandfertigmacher gebraucht würden. Für eine Tätigkeit als Helfer in der Lagerwirtschaft, die auch das Fertigmachen für den Versand beinhalten, würde eine gewisse körperliche Fitness und oft auch EDV-Kenntnisse verlangt. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger nicht.

Die Beklagte ist dem mit Stellungnahme vom 9. Oktober 2014 entgegengetreten. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedürfe es nicht, da ihres Erachtens keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliege. Nach der beratungsärztlichen Stellungnahme der Dr. Jö. vom 7. Oktober 2014 werde in dem Gutachten von Dr. Bo. für leichte Tätigkeiten unter Beachtung einer Vielzahl erheblicher qualitativer Funktionseinschränkungen ein Leistungsvermögen von sechs oder mehr Stunden bestätigt. Die in ihrer vorherigen Stellungnahme enthaltene Aufstellung sei noch zu ergänzen um "ohne Überkopfarbeiten" sowie "ohne Einwirkung von Teil- und Ganzkörperschwingungen". Der Kläger müsse eine regelmäßige orthopädische Behandlung in Anspruch nehmen. Weiteres müsse nicht durch ärztliche Kompetenz, sondern von juristischer Seite beurteilt werden.

Mit Schreiben vom 12. Februar 2015 hat die Beklagte, mit solchem vom 19. Februar 2015 der Kläger jeweils sein Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erteilt.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG im schriftlichen Verfahren entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.

Die gemäß den §§143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag des Klägers vom Januar 2011 ablehnende Bescheid der Beklagten vom 3. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2011. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats gesundheitlich in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Er ist damit nicht volle erwerbsgemindert. Eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens jedenfalls für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf ein unter sechsstündiges Maß ist nicht gegeben. Dies hat das SG in nicht zu beanstandender Würdigung der erhobenen Beweise, insbesondere des Gutachtens von Prof. Dr. Stei., nachvollziehbar und ausführlich begründet. Hierbei hat es ebenso schlüssig dargelegt, weshalb der Auffassung des Reha-Zentrums Schö. sowie des Dr. Be. nicht gefolgt werden kann. Der Senat nimmt auf die diesbezüglichen Ausführungen des SG zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung voll inhaltlich zu eigen und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Nachdem Prof. Dr. Stei. schlüssig und nachvollziehbar die maßgeblichen Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet sieht, stützt sich der Senat maßgeblich auf das im Berufungsverfahren eingeholte, ausführliche Sachverständigengutachten des Dr. Bo ... Gründe, dieses in der Erstellung sowie im Ergebnis zu beanstanden, liegen nicht vor. Es ist ebenfalls umfassend, schlüssig und nachvollziehbar. Zur Überzeugung des Senats sind die in dessen Gutachten näher bezeichneten Beeinträchtigungen der Wirbelsäule, der Schulter, des rechten Hand-, Knie-, Hüft- und Sprunggelenks sowie eine chronische Schmerzstörung und internistische Leiden als Diagnosen festgestellt. Auf Basis dieser Feststellungen liegen hiernach eine Vielzahl von Gesundheitsstörungen und einige daraus resultierende Leistungseinschränkungen vor (s. Blatt 45, 46, 63 der Gerichtsakten des Senates), die jedoch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen darstellen. Eine Reduzierung des quantitativen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes folgt hieraus jedoch nicht.

Die meisten der qualitativen Einschränkungen sind bereits durch die Beschränkung auf nur noch körperlich leichte Tätigkeiten erfasst, so dass sich der dem Kläger mögliche Arbeitsbereich des Klägers nicht weiter verkleinert, etwa der Ausschluss von Tätigkeiten in kniender oder hockender Stellung. Soweit Einschränkungen darüber hinausgehen, wie der Ausschluss von Arbeiten mit hoher Anforderung an das taktile Geschick und an die Feinmotorik der Hände, lassen sich dennoch Bereiche des allgemeinen Arbeitsmarktes mit entsprechenden Arbeitsplätzen beschreiben (BSG, Urteil vom 24. Februar 1999 – B 5 RJ 30/98 R –, SozR 3-2600 § 44 Nr. 12). Vorliegend sind einfache Bürotätigkeiten oder einfache Montage-, Sortier- oder Verpackungstätigkeiten mit leichten Industrie- und Handelsprodukten aus Kunststoff, Plastik, Glas oder Holz zu nennen, die der Kläger noch vollschichtig verrichten kann. Diesbezügliche Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind ausreichend vorhanden. Der Benennung einer Verweisungstätigkeit bedarf es demnach nicht. Da das SG somit die Klage zu Recht abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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