Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 5910/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 2932/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a SGB VII dauert nur so lange, wie der Unglücksfall mit seinen unmittelbaren Schadensfolgen noch nicht abgeschlossen ist.
Ein Abschluss kann in Situationen, in denen ein weiterer Schaden droht, nicht angenommen werden. Ob der Unglücksfall abgeschlossen ist, ist anhand der zeitlichen Umstände sowie des weiteren Geschehens im Wege einer Einzelfallbetrachtung zu beurteilen.
Ein Abschluss kann in Situationen, in denen ein weiterer Schaden droht, nicht angenommen werden. Ob der Unglücksfall abgeschlossen ist, ist anhand der zeitlichen Umstände sowie des weiteren Geschehens im Wege einer Einzelfallbetrachtung zu beurteilen.
Auf die Berufung der Beigeladenen wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Mai 2013 aufgehoben und die gegen sie gerichtete Klage abgewiesen.
Der Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2011 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass das Ereignis vom 08. November 2008 ein von der Beklagten zu entschädigender Arbeitsunfall ist.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und von welchem Unfallversicherungsträger ein Geschehnis vom 08.11.2008 als Arbeitsunfalles anzuerkennen ist.
Im Januar 2011 erlangte die Beklagte davon Kenntnis, dass sich der am 03.12.1959 geborene Kläger als Ersthelfer verletzt habe. Auf Anfrage der Beklagten teilte der Kläger unter dem 06.02.2011 mit, er habe am 08.11.2008 mit seiner Freundin die Gaststätte "S`Zentrum" in W. aufgesucht. Mehrere stark angetrunkene Österreicher hätten Streit mit Gästen angefangen und seien daraufhin aufgefordert worden, das Lokal zu verlassen. Sodann hätten sie die Kellnerin und andere Gäste bedroht. Er, der Kläger, habe mit freundlichen Worten versucht, die Situation zu entschärfen, was zunächst auch gelungen sei. Als die Polizei eingetroffen sei, sei er unvermittelt angegriffen worden. Dabei sei er zu Boden gegangen und mit Faustschlägen im Gesicht getroffen worden. Er habe einzig und allein die zwei ihm persönlich bekannten Frauen - ehemalige Kolleginnen seiner Freundin - beschützen wollen. Aufgrund des Angriffs habe er einen Jochbeinbruch, einen Bruch der Augenhöhle, einen Nasenbeinbruch sowie Verletzungen des Auges und der Zähne erlitten.
Wegen des zunächst bestehenden Verdachts eines Schädelbasisbruchs wurde der Kläger mit dem Rettungshubschrauber in die Universitätsklinik F. verbracht, wo die Verletzungen operativ versorgt wurden und er bis zum 16.11.2008 stationär behandelt wurde.
Mit Bescheid vom 09.04.2013 stellte das Landratsamt W. eine Trigemusneuralgie und Kopfschmerzneigung nach medialer und lateraler Orbitawandfraktur und Orbitabodenfraktur rechts, eine Sinus- Maxillaris- und Jochbeinfraktur rechts (operativ versorgt), Doppelbilder und Gleichgewichtsstörungen (nach mehrfacher Schieloperation), psychoreaktive Störungen und eine Hirnleistungsschwäche als Folgen der Schädigung und den hierdurch bedingten Grad der Schädigungsfolgen mit 50 ab dem 01.11.2010 fest. Es bewilligte eine Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz von (zunächst) 226,- EUR monatlich, auf die eine Integritätsentschädigung der SUVA (Trägerin der obligatorischen Unfallversicherung in der Schweiz) von 25.200,- CHF im Umfang von (zunächst) 119,58 EUR monatlich angerechnet wurde.
Mit Bescheid vom 25.02.2011 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 08.11.2008 als Versicherungsfall ab. Sie führte hierzu aus, zwar seien Personen, die bei Unglücksfallen, gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisteten oder einen anderen aus erheblicher Gefahr für seine Person retteten, versichert, erforderlich sei jedoch, dass der Helfende aktiv tätig werde. Hierfür reiche das Schlichten eines Streites durch mündliches Einwirken nicht aus. Ferner habe zu dem Zeitpunkt, als dem Kläger die Verletzung zugefügt worden sei, eine Bedrohung nicht mehr bestanden, der Angriff sei bereits abgeschlossen gewesen.
Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs brachte der Kläger vor, der tätliche Übergriff auf ihn sei in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem Einschreiten zu Gunsten der Kellnerinnen der Gaststätte erfolgt.
Die Beklagte zog daraufhin die Akten des bei der Staatsanwaltschaft W.-T. geführten Ermittlungsverfahrens (- 2b VRs 21 Js 10424/08 -) gegen Hr. (P.), geb. am 13.09.1981, der zum Zeitpunkt des Übergriffs auf den Kläger stark alkoholisiert war (1,66 Promille), bei, in dem sich weder P., der ferner beschuldigte (B.) noch der Kläger inhaltlich eingelassen haben.
(L.), die am 08.11.2008 als Kellnerin in der Gaststätte tätig war, hatte im Rahmen ihrer Zeugeneinvernahme gegenüber dem sachbearbeitenden PK A. von der Polizeidirektion W.-T. am 12.11.2008 angegeben, dass im Laufe des Abends des 08.11.2008 österreichische Gäste (P. und B.) mit einem weiteren Gast (Hr. (F.)) in eine verbale Auseinandersetzung geraten seien, woraufhin diese von einer Kollegin zum Gehen aufgefordert worden seien. Dem hätten sie zunächst Folge geleistet, seien jedoch nach ca. 10 min wieder ins Lokal gekommen, woraufhin es zu neuerlichen Provokationen und zu einem erneuten Lokalverweis gekommen sei. Sie habe von außerhalb der Gaststätte ein deutliches Geschrei vernommen. Bei einem abermaligen Versuch in das Lokal einzutreten habe sich ihnen der Kläger entgegen gestellt, woraufhin P. ihn sofort attackiert und auf den zu Sturz gekommenen Kläger mit den Fäusten eingeschlagen habe.
(K.), die am 08.11.2008 gleichfalls als Kellnerin in der Gaststätte tätig war, hatte im Rahmen ihrer Zeugeneinvernahme gegenüber dem sachbearbeitenden PK A. von der Polizeidirektion W.-T. am 13.11.2008 korrespondierend angegeben, dass die österreichischen Gäste, nachdem sie zunächst das Lokal verlassen hätten, bei einem Versuch, wieder in das Lokal einzutreten, dem der Kläger entgegen getreten sei, diesen mit Faustschlägen angegriffen hätten.
(C.), der am 08.11.2008 Gast in der Gaststätte "S`Zentrum" war, hatte am 11.11.2008 im Rahmen einer Zeugeneinvernahme gegenüber dem sachbearbeitenden PK A. von der Polizeidirektion W.-T. angegeben, die österreichischen Gäste hätten zunächst mit einem anderen Gast, Hr. (F.), einen Streit gehabt, woraufhin er einen der Österreicher aus dem Lokal entfernt habe. Es sei "dann keine 5 Min. gegangen, bis sie wieder ins Lokal zurückgekehrt seien". Als sie sich neben dem Kläger befunden hätten, hätte sich ein Tumult entwickelt. Schläge habe er nicht selbst gesehen, jedoch sei praktisch zeitgleich die Polizei erschienen.
Der Polizeihauptmeister R. hatte unter dem 09.11.2008 berichtet, dass ihm und Polizeiobermeisterin G. bei ihrer Ankunft am Lokal zu verstehen gegeben worden sei, dass der Täter noch im Lokal sei. Als sie das Lokal betreten hätten, habe P. den Kläger angegriffen und beide seien zu Boden gestürzt. Als er, PHM R., erkannt habe, dass P. auf den Kläger einschlage, hätten er und POM´in G. versucht, P. zu fixieren.
P. wurde mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts S. vom 16.02.2009 wegen einer vorsätzlichen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 60,- EUR verurteilt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.10.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der von § 2 Abs. 1 Nr. 13a Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) gewährte Versicherungsschutz dauere nur solange, als der Unglücksfall mit seinen unmittelbaren Schadensfolgen nicht abgeschlossen sei und ein weiterer Schaden drohe bzw. die Gefahr oder der Angriff andauere, zu deren Abwehr gehandelt werde. Nach dem Inhalt der Ermittlungsakten sei es zwar zunächst innerhalb der Gaststätte zu Auseinandersetzungen gekommen, die Situation habe sich dann aber beruhigt und die Personen, die die anderen Gäste und die Kellnerinnen zuvor bedroht hätten, hätten das Lokal verlassen. Der Kläger sei verletzt worden, als diese Personen das Lokal wieder betreten hätten und eine der Personen den Kläger unvermittelt angegriffen habe. Mit dem Verlassen des Lokals sei die Gefahr für die sich noch in der Gaststätte befindlichen Personen beendet gewesen. Als die Personen das Lokal wieder betreten und den Kläger angegriffen hätten, habe keine Gefahr im oben genannten Sinn mehr bestanden.
Hiergegen hat der Kläger am 08.11.2011 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er auf sein Vorbringen zur Begründung seines Widerspruchs verwiesen. Sein Verhalten in der Gaststätte sei darauf gerichtet gewesen, zur Deeskalation der Situation in der Gaststätte und damit zum Schutz der anderen Gäste beizutragen. Er sei deshalb als Nothelfer anzusehen.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat hierzu auf den Widerspruchsbescheid vom 19.10.2011 verwiesen. Nach den Aussagen der Zeugen sei der Kläger in eine Wirtshausschlägerei involviert gewesen, in deren Verlauf eine Zäsur eingetreten sei, die den Versicherungsschutz für die in Frage stehende Hilfeleistung habe entfallen lassen.
Mit Beschluss vom 21.06.2012 hat das SG die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe nach § 75 Abs. 2, 106 Abs. 3 Nr. 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Verfahren beigeladen. Diese hat vorgetragen, aus den Ermittlungsakten ergebe sich, dass die tätlichen Auseinandersetzungen aus Anlass der vom Kläger geleisteten Nothilfe entstanden seien. Eine zeitliche Zäsur in der Motivationslage lasse sich hierbei nicht erkennen.
Mit Urteil vom 29.05.2013 hat das SG festgestellt, dass der am 08.11.2008 in der Gaststätte "S.zentrum W." erlittene Gesundheitsschaden des Klägers Folge eines von der Beigeladenen zu entschädigenden Arbeitsunfalls ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, eine Verurteilung der Beigeladenen sei nach § 75 Abs. 5 SGG möglich. Aus den insoweit übereinstimmenden Zeugenvernehmungen der Polizei ergebe sich, dass es am 08.11.2008 zunächst zwischen zwei in der Gaststätte anwesenden österreichischen Staatsbürgern und einem anderen Gast zu einem Streit gekommen sei. Der Zeuge C. habe insofern angegeben, dass es "sein kann", dass der Kläger die Streitenden getrennt habe. Die Österreicher seien anschließend aus dem Lokal verwiesen worden. Hieraus ergebe sich, dass die ursprüngliche Gefahrensituation mit dem Entfernen der streitenden Personen aus der Gaststätte abgeschlossen gewesen sei. Erst nachdem die Österreicher nach ca. 5 - 10 min das Lokal wieder betreten hätten, sei der Kläger unvermittelt angegriffen worden, weswegen, so das SG weiter, nicht davon auszugehen sei, dass der auf den Kläger erfolgte Angriff im Zusammenhang mit einer Nothilfeleistung des Klägers erfolgt sei. Eine konkrete Gefahrensituation für eine der am Streit beteiligten Personen sei beim Wiederbetreten der Gaststätte durch den Österreicher nicht mehr erkennbar gewesen. Es lasse sich den Zeugenaussagen auch nicht entnehmen, dass es beim Wiedererscheinen der Österreicher zu einer (abermaligen) konkreten Gefahrensituation für die Kellnerinnen oder andere Gäste gekommen sei. Nach der Aussage der Zeugin L. sei der Kläger den Wiedereintretenden entgegen getreten, um diese am Zurückkommen zu hindern. Damit habe die Handlung des Klägers, in deren Verlauf er geschädigt wurde, zwar der Durchsetzung des Hausrechts des Betreibers der Gastwirtschaft gedient, ein Zusammenhang mit einer Nothilfeleistung könne jedoch nicht festgestellt werden. Da die erlittenen Verletzungen des Klägers nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Nothilfeleistung zu sehen seien, habe kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII bestanden. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII seien jedoch auch Personen versichert, die wie nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Beschäftigte tätig werden. Indem der Kläger die aus der Gaststätte verwiesenen Streitenden am Wiederbetreten zu hindern versuchte, habe er sich für die Durchsetzung des Hausrechts des Gaststättenbetreibers eingesetzt. Diese fremdnützige Leistung werde üblicherweise von Beschäftigten des Unternehmens verrichtet und habe dem mutmaßlichen Willen des Gaststättenbetreibers entsprochen, weswegen Versicherungsschutz gegenüber der Beigeladenen bestanden habe.
Gegen das ihr am 26.06.2013 zugestellte Urteil hat die Beigeladene am 18.07.2013 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, der Einschätzung des SG zur Annahme einer "Wie-Beschäftigung" könne nicht gefolgt werden, da hierzu ein entsprechender subjektiver Handlungswille erforderlich sei. Dieser habe beim Kläger nicht vorgelegen, da dieser deutlich gemacht habe, ihm sei es um den Schutz der ihm bekannten Kellnerinnen gegangen. Die Geschehnisse stellten sich vielmehr so dar, dass die angetrunkenen Gäste durchgängig über den gesamten Abend Streit gesucht hätten und deswegen auch das Lokal, nachdem sie es zwischenzeitlich verlassen hatten, wieder betreten hätten. Es habe daher durchgängig eine allgemeine Gefahr für die Gäste und die Kellnerinnen bestanden. Dies zeige sich auch daran, dass die Kellnerinnen die Polizei gerufen hätten.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Mai 2013 aufzuheben und die Klage soweit sie (hilfsweise) gegen sie gerichtet war, abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Mai 2013 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2011 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 08. November 2008 in der Gaststätte "S`Zentrum" ein von der Beklagten zu entschädigender Arbeitsunfall gewesen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen
Der Kläger trägt vor, die Entscheidung des SG sei nicht zu beanstanden. Nach den vorliegenden Zeugenaussagen habe zu erwarten gestanden, das es mit dem Wiedereintreten der Österreicher wieder zu Handgreiflichkeiten kommen würde. In dieser Situation sei er aufgetreten, um das Betreten der Gaststätte zu verhindern. Dass es ihm auch darauf angekommen sei die Kellnerinnen zu schützen, stehe der Annahme eines Handelns im Interesse des Geschäftsinhabers nicht entgegen. Die Durchsetzung des Hausrechts diene überdies der Gewährleistung der körperlichen Unversehrtheit des Personals und der anderen Gäste.
Die Beklagte bringt vor, der Versicherungstatbestand der Nothilfe sei zeitlich eng begrenzt und bestehe nur solange der Angriff, zu dessen Abwehr gehandelt werde, andauere. Da SG habe insofern zutreffend entschieden, dass beim Wiedereintreten der Österreicher keine Gefahr für die Kellnerinnen oder andere Gäste mehr erkennbar gewesen sei. Der Kläger habe deswegen gehandelt, um das Hausrecht des Gaststätteninhabers durchzusetzen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten und die bei der Beigeladenen geführten Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 11.03.2015 geworden sind, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 11.03.2015 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung der Beigeladenen ist zulässig und führt auch inhaltlich für diese zum Erfolg.
Die Entscheidung des SG, festzustellen, dass der am 08.11.2008 in der Gaststätte "S.zentrum W." erlittene Gesundheitsschaden des Klägers Folge eines von der Beigeladenen zu entschädigenden Arbeitsunfalls ist, hält einer Überprüfung nicht stand.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit.
Der Kläger rechnet, entgegen der Einschätzung des SG, nicht zum bei der Beigeladenen versicherten Personenkreis. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind auch Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Durch die Vorschrift werden Personen wegen ihres i.d.R. fremdnützigen Verhaltens, das nach den § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vergleichbaren Umständen die Zurechnung des Handlungsrisikos zum nutznießenden Unternehmen rechtfertigen, geschützt. Voraussetzung hierfür ist, dass die in Frage stehende Tätigkeit einem Unternehmen dient und einen wirtschaftlichen Wert hat, die Tätigkeit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht, die Tätigkeit ihrer Art nach auch von einem Arbeitnehmer verrichtet werden kann und die Tätigkeit konkret unter arbeitnehmerähnlichen Umständen verrichtet wird. Letzteres erfordert keine wirtschaftliche oder persönlich Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmer oder eine Eingliederung nach Art eines Arbeitnehmers, Fälle, die indes nach ihrem rechtlichen und tatsächlichen Erscheinungsbild unter Berücksichtigung der Handlungstendenzen und der Beziehungen der beteiligten Personen untereinander, keine einer von einem Arbeitnehmer verrichteten Tätigkeit vergleichbar sind, fallen jedoch nicht unter den Schutz des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII (vgl. Ricke in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Bd. 2, § 7 SGB VII, Rn. 104, 108).
Nach den aktenkundigen Aussagen der Zeugen L., K. und C. gegenüber der Polizei, die insofern im Wesentlichen gleichlautend sind, stellt sich dem Senat der äußere Ablauf der Geschehnisse am 08.11.2008 so dar, dass es zunächst zwischen P. und B. einerseits und einem weiteren Gast, dem F., zu einem Streit gekommen ist. Die Streitenden haben sodann nach einem Verweis das Lokal verlassen. Nachdem sie nach ca. 5-10 min kurzzeitig wieder in das Lokal eingetreten sind, sind P. und B. abermals des Lokals verwiesen worden. Als P. das Lokal erneut wieder betreten wollte, hat sich der Kläger dem entgegen gestellt, woraufhin er unvermittelt von P. angegriffen wurde und massive Verletzungen erlitt. Der Senat vermag bereits nicht zu erkennen, dass das tatsächliche Erscheinungsbild des Verhaltens, den P. bei dessen Versuch das Lokal wieder zu betreten zu hindern, unter arbeitnehmerähnlichen Umständen erfolgt ist. Dem Senat vermittelt sich vielmehr der Eindruck einer spontanen Reaktion des Klägers darauf, dass neuerlich eine streitbehaftete Situation eintreten werde. Das Entgegentreten ist vor dem Hintergrund der zeitlich zuvor liegenden Ereignisse daher nicht mit einer (planmäßigen) Verrichtung eines Arbeitnehmers i.d.S. vergleichbar, dass ein innerer ursächlicher Zusammenhang mit dem unterstützten Unternehmen hergestellt wurde (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 28.05.1957 - 2 RU 150/55 - veröffentlicht in juris, dort Rn. 21).
Überdies setzt die Annahme einer "Wie-Beschäftigung" in Abgrenzung zum Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB VII voraus, dass das wesentliche Motiv der in Frage stehenden Tätigkeit das dem Unternehmen Dienenwollen und nicht die allgemeine Erwartung oder Verpflichtung zur Hilfeleistung war. Eine solche Motivation des Klägers, dem Gaststätteninhaber zur Durchsetzung seines Hausrechts verhelfen zu wollen, ist dem Senat nicht ersichtlich. Der Kläger hat in seiner ersten aktenkundigen Stellungnahme zu den Geschehnissen am 06.02.2011 angegeben, er habe einzig die Kellnerinnen beschützen wollen. Er hat dies auch insofern begründet, dass ihm beide Frauen als ehemalige Kolleginnen seiner Freundin bekannt seien und eine von ihnen zum damaligen Zeitpunkt eine "junge Mutti" gewesen sei. Objektive bzw. objektivierbare Umstände, die in der konkreten Situation - Entgegentreten des Klägers gegenüber P. - eine hiervon abweichende Einschätzung der Motivlage des Klägers zulassen, sind nicht ersichtlich. Insb. steht auch der Umstand, dass der Kläger verhindern wollte, dass der P. das Lokal wieder betritt, der Annahme eines "Helfenwollens" nicht entgegen, da auch hierdurch ein möglicher Übergriff auf die Kellnerinnen zu verhindern gewesen wäre.
Mithin ist das dem P. Entgegentreten zur Überzeugung des Senats nicht als "Wie-Beschäftigung" i.S.d. § 2 Abs. 2 SGB VII zu bewerten. Die Geschehnisse am 08.11.2008 stellen hiernach keinen von der Beigeladenen festzustellenden Arbeitsunfall dar. Das Urteil des SG ist aufzuheben.
Der Bescheid der Beklagten vom 25.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2012, mit dem die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 08.11.2008 als Versicherungsfall abgelehnt hat und die gegen die Beklagte gerichtete Feststellungsklage ist gleichfalls Gegenstand des (Berufungs-)Verfahrens. Dies folgt bereits daraus, dass auf das Rechtsmittel der nach § 75 Abs. 5 SGG verurteilten Beigeladenen auch über den gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch auf Feststellung eines Arbeitsunfalls zu entscheiden ist (vgl. BSG, Urteil vom 21.12.2011 - B 12 KR 21/10 R - veröffentlicht in juris, dort Rn. 15 m.w.N.). § 75 Abs. 5 SGG eröffnet den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit die Möglichkeit, in allen Fällen, in denen gegen einen in Wahrheit nicht passiv legitimierten Versicherungsträger Klage erhoben worden ist, den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten Versicherungsträger nach Beiladung zu verurteilen, ohne dass dadurch eine Klageänderung vorgenommen oder bewirkt würde. Um dem voll gerecht werden zu können, muss auch das Berufungsgericht über alle in Frage kommenden Ansprüche entscheiden können, auch dann, wenn nur der verurteilte Versicherungsträger ein Rechtsmittel eingelegt hat; sonst könnten einander widersprechende Entscheidungen ergehen mit der Folge, dass der Kläger zum Beispiel mit seinem Begehren in erster Instanz nicht gegen den einen, in der weiteren Instanz auch nicht gegen den anderen Träger durchdringt, obschon feststeht, dass jedenfalls gegen einen von ihnen ein Anspruch besteht.
Überdies hat der Kläger zuletzt noch eine zulässige unselbstständige Anschlussberufung erhoben, indem er sein erstinstanzliches Begehren, unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 25.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2011 festzustellen, dass das Ereignis vom 08.11.2008 ein von der Beklagten zu entschädigender Arbeitsunfall gewesen ist, auch im vorliegenden Verfahren gestellt hat.
Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage des Klägers gegen die Beklagte ist nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Halbsatz 1 Nr. 1 SGG statthaft und zulässig, insbesondere besteht für die Feststellung eines Arbeitsunfalls ein Feststellungsinteresse (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Kel¬ler/Lei¬the¬rer, SGG, 11. Aufl., 2014, § 55 Rn. 13b), auch kann ein Versicherter wahlweise gerichtliche Feststellung oder Verurteilung zu behördlicher Feststellung verlangen (BSG, Urteil vom 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R - veröffentlicht in juris, dort Rn. 9).
Die Klage war auch begründet. Bei dem Geschehnis vom 08.11.2008 handelte es sich um einen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten zu entschädigenden Arbeitsunfall i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB VII.
Arbeitsunfälle sind, wie oben ausgeführt, Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für einen Arbeitsunfall ist in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheits(erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (st. Rspr. des BSG, u.a. Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R -, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R -; vom 30.01.2007 - B 2 U 23/05 R - und vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - jeweils veröffentlicht in juris). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass das "Unfallereignis" im Wege des Vollbeweises, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen sein muss. Eine Tatsache ist hiernach nachgewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSG, Urteil vom 22.09.1977 - 10 RV 15/77 - m.w.N. veröffentlicht in juris).
Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Der Angriff des P. auf den Kläger hat bei diesem einen Gesundheitserstschaden in Form eines Jochbeinbruchs, eines Bruchs der Augenhöhle, eines Nasenbeinbruchs sowie von Verletzungen des Auges und der Zähne geführt.
Der Kläger rechnet, entgegen der Einschätzung des SG, auch zum bei der Beklagten versicherten Personenkreis. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB VII sind Personen, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten, kraft Gesetz versichert. Der Begriff des Unglücksfalls meint hierbei eine plötzlich eintretende Situation mit einem Schaden oder einer sehr nahe liegenden Möglichkeit hierzu für einzelne oder mehrere Personen. Der zwischen B., P. und F. entstandene Streit stellt einen Unglücksfall dar. Angesichts der zwischen ihnen geführten verbalen und tätlichen Übergriffe war es naheliegend, dass weitere Gäste verletzt werden können.
Der Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB VII dauert, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat, nur so lange, wie der Unglücksfall mit seinen unmittelbaren Schadensfolgen noch nicht abgeschlossen ist. Dies trägt der besonderen Struktur des Versicherungstatbestandes Rechnung, der zeitlich relativ eng begrenzt ist und bei dem zwischen der grundsätzlich versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls oftmals praktisch nicht unterschieden werden kann (BSG, Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - veröffentlicht in juris, dort Rn. 18). Ein Abschluss kann jedoch in Situationen, in denen ein weiterer Schaden droht, nicht angenommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 30.08.1984 - 2 RU 42/83 -, und vom 30.10.1974 - 2/8 RU 100/73 - jew. veröffentlicht in juris). Ob der Unglücksfall abgeschlossen ist, ist anhand der zeitlichen Umstände sowie des weiteren Geschehens im Wege einer Einzelfallbetrachtung zu beurteilen (BSG, Urteil vom 18.11.2008, a.a.O., Rn. 30). Eine Beendigung des Unglücksfalls ist zur Überzeugung des Senats vorliegend nicht eingetreten. Aus den Aussagen der von der Polizei vernommenen Zeugen ergibt sich zwar, dass die an der ersten Auseinandersetzung beteiligten P., B. sowie F. zweimal des Lokals verwiesen wurden und zweimal das Lokal tatsächlich verlassen haben. Infolge des ersten Verweises befanden sie sich sodann für ca. 10 min. außerhalb der Gaststätte. Nachdem es beim Wiederbetreten des Lokals, erneut zu einer Konfrontation mit dem F. gekommen war, haben sie das Lokal sodann erneut verlassen. Bei dem folgenden Versuch, das Lokal wiederzubetreten kam es sodann zu dem Übergriff auf den Kläger. Auch wenn sich P., B. und F. außerhalb der Gaststätte aufgehalten haben, so sind sie doch in unmittelbarer (räumlicher) Nähe zur Gaststätte verblieben. Nach den aktenkundigen Zeugenaussagen ist es vor der Tür zu weiteren verbalen Auseinandersetzungen gekommen. Die L. hat insofern gegenüber der Polizei angegeben, sie habe, (auch) während des zweiten Verweises, von draußen ein deutliches Geschrei vernommen. Hieraus wird deutlich, dass seitens der Beteiligten eine (emotionale) Lösung von der vorherigen Situation nicht erfolgte. Ganz offensichtlich legten P., B. und F. es darauf an, den Streit innerhalb der Gaststätte weiter auszutragen. Auch die Dauer der gesamten Auseinandersetzung lässt eine zeitliche Zäsur i.S. eines Abstandgewinnens nicht zu. Schließlich hat sich B. im Rahmen einer Aussage gegenüber der Polizei noch beim Abtransport des P. dahingehend eingelassen, dass er wieder in das Lokal gehen werde um dort eine Schlägerei zu beginnen. Bei einer derartigen Situation vermag der Senat nicht zu erkennen, dass durch die kurzzeitigen Verweise der Streitenden aus der Gaststätte eine maßgebliche Änderung der insg. angespannten und aggressiven Gesamtsituation eingetreten ist und dass ein Übergriff auf die in der Gaststätte anwesenden Gäste und Kellnerinnen nicht mehr zu befürchten stand. Die Situation ist insb. nicht mit der vom BSG in der Entscheidung vom 18.11.2008 (a.a.O.) zu beurteilenden vergleichbar. Dort lag zwischen einer ersten Auseinandersetzung und der zu beurteilenden "Hilfehandlung" zwar auch nur ein Zeitraum von 10 bis 15 min., d.h. ein vergleichbarer zeitlicher Rahmen, indes hat der dortige Aggressor diese Zeit genutzt, um sich mit einem Messer zu bewaffnen und sodann aus Rachemotiven hiervon Gebrauch gemacht hat.
Der Kläger hat, dadurch, dass er dem P. beim Wiedereintreten in die Gaststätte entgegen getreten ist, bewusst aktiv, um eine drohende Gefahr für die anwesenden Kellnerinnen abzuwenden und damit, wie bereits ausgeführt, mit dem wesentlichen Motiv, helfen zu wollen, gehandelt.
Mithin stand der Kläger im Unfallzeitpunkt unter Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB VII.
Das Ereignis vom 08.11.2008 stellt einen von der Beklagten zu entschädigenden Arbeitsunfall dar. Der Bescheid der Beklagten vom 25.02.2011 (Widerspruchsbescheid vom 19.10.2011), mit dem die Anerkennung des Ereignisses als Versicherungsfall abgelehnt wurde, ist rechtswidrig. Das klageabweisende Urteil des SG ist aufzuheben, das Ereignis ist als von der Beklagten zu entschädigender Arbeitsunfall festzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlie-gen.
Der Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2011 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass das Ereignis vom 08. November 2008 ein von der Beklagten zu entschädigender Arbeitsunfall ist.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob und von welchem Unfallversicherungsträger ein Geschehnis vom 08.11.2008 als Arbeitsunfalles anzuerkennen ist.
Im Januar 2011 erlangte die Beklagte davon Kenntnis, dass sich der am 03.12.1959 geborene Kläger als Ersthelfer verletzt habe. Auf Anfrage der Beklagten teilte der Kläger unter dem 06.02.2011 mit, er habe am 08.11.2008 mit seiner Freundin die Gaststätte "S`Zentrum" in W. aufgesucht. Mehrere stark angetrunkene Österreicher hätten Streit mit Gästen angefangen und seien daraufhin aufgefordert worden, das Lokal zu verlassen. Sodann hätten sie die Kellnerin und andere Gäste bedroht. Er, der Kläger, habe mit freundlichen Worten versucht, die Situation zu entschärfen, was zunächst auch gelungen sei. Als die Polizei eingetroffen sei, sei er unvermittelt angegriffen worden. Dabei sei er zu Boden gegangen und mit Faustschlägen im Gesicht getroffen worden. Er habe einzig und allein die zwei ihm persönlich bekannten Frauen - ehemalige Kolleginnen seiner Freundin - beschützen wollen. Aufgrund des Angriffs habe er einen Jochbeinbruch, einen Bruch der Augenhöhle, einen Nasenbeinbruch sowie Verletzungen des Auges und der Zähne erlitten.
Wegen des zunächst bestehenden Verdachts eines Schädelbasisbruchs wurde der Kläger mit dem Rettungshubschrauber in die Universitätsklinik F. verbracht, wo die Verletzungen operativ versorgt wurden und er bis zum 16.11.2008 stationär behandelt wurde.
Mit Bescheid vom 09.04.2013 stellte das Landratsamt W. eine Trigemusneuralgie und Kopfschmerzneigung nach medialer und lateraler Orbitawandfraktur und Orbitabodenfraktur rechts, eine Sinus- Maxillaris- und Jochbeinfraktur rechts (operativ versorgt), Doppelbilder und Gleichgewichtsstörungen (nach mehrfacher Schieloperation), psychoreaktive Störungen und eine Hirnleistungsschwäche als Folgen der Schädigung und den hierdurch bedingten Grad der Schädigungsfolgen mit 50 ab dem 01.11.2010 fest. Es bewilligte eine Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz von (zunächst) 226,- EUR monatlich, auf die eine Integritätsentschädigung der SUVA (Trägerin der obligatorischen Unfallversicherung in der Schweiz) von 25.200,- CHF im Umfang von (zunächst) 119,58 EUR monatlich angerechnet wurde.
Mit Bescheid vom 25.02.2011 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 08.11.2008 als Versicherungsfall ab. Sie führte hierzu aus, zwar seien Personen, die bei Unglücksfallen, gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisteten oder einen anderen aus erheblicher Gefahr für seine Person retteten, versichert, erforderlich sei jedoch, dass der Helfende aktiv tätig werde. Hierfür reiche das Schlichten eines Streites durch mündliches Einwirken nicht aus. Ferner habe zu dem Zeitpunkt, als dem Kläger die Verletzung zugefügt worden sei, eine Bedrohung nicht mehr bestanden, der Angriff sei bereits abgeschlossen gewesen.
Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Widerspruchs brachte der Kläger vor, der tätliche Übergriff auf ihn sei in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem Einschreiten zu Gunsten der Kellnerinnen der Gaststätte erfolgt.
Die Beklagte zog daraufhin die Akten des bei der Staatsanwaltschaft W.-T. geführten Ermittlungsverfahrens (- 2b VRs 21 Js 10424/08 -) gegen Hr. (P.), geb. am 13.09.1981, der zum Zeitpunkt des Übergriffs auf den Kläger stark alkoholisiert war (1,66 Promille), bei, in dem sich weder P., der ferner beschuldigte (B.) noch der Kläger inhaltlich eingelassen haben.
(L.), die am 08.11.2008 als Kellnerin in der Gaststätte tätig war, hatte im Rahmen ihrer Zeugeneinvernahme gegenüber dem sachbearbeitenden PK A. von der Polizeidirektion W.-T. am 12.11.2008 angegeben, dass im Laufe des Abends des 08.11.2008 österreichische Gäste (P. und B.) mit einem weiteren Gast (Hr. (F.)) in eine verbale Auseinandersetzung geraten seien, woraufhin diese von einer Kollegin zum Gehen aufgefordert worden seien. Dem hätten sie zunächst Folge geleistet, seien jedoch nach ca. 10 min wieder ins Lokal gekommen, woraufhin es zu neuerlichen Provokationen und zu einem erneuten Lokalverweis gekommen sei. Sie habe von außerhalb der Gaststätte ein deutliches Geschrei vernommen. Bei einem abermaligen Versuch in das Lokal einzutreten habe sich ihnen der Kläger entgegen gestellt, woraufhin P. ihn sofort attackiert und auf den zu Sturz gekommenen Kläger mit den Fäusten eingeschlagen habe.
(K.), die am 08.11.2008 gleichfalls als Kellnerin in der Gaststätte tätig war, hatte im Rahmen ihrer Zeugeneinvernahme gegenüber dem sachbearbeitenden PK A. von der Polizeidirektion W.-T. am 13.11.2008 korrespondierend angegeben, dass die österreichischen Gäste, nachdem sie zunächst das Lokal verlassen hätten, bei einem Versuch, wieder in das Lokal einzutreten, dem der Kläger entgegen getreten sei, diesen mit Faustschlägen angegriffen hätten.
(C.), der am 08.11.2008 Gast in der Gaststätte "S`Zentrum" war, hatte am 11.11.2008 im Rahmen einer Zeugeneinvernahme gegenüber dem sachbearbeitenden PK A. von der Polizeidirektion W.-T. angegeben, die österreichischen Gäste hätten zunächst mit einem anderen Gast, Hr. (F.), einen Streit gehabt, woraufhin er einen der Österreicher aus dem Lokal entfernt habe. Es sei "dann keine 5 Min. gegangen, bis sie wieder ins Lokal zurückgekehrt seien". Als sie sich neben dem Kläger befunden hätten, hätte sich ein Tumult entwickelt. Schläge habe er nicht selbst gesehen, jedoch sei praktisch zeitgleich die Polizei erschienen.
Der Polizeihauptmeister R. hatte unter dem 09.11.2008 berichtet, dass ihm und Polizeiobermeisterin G. bei ihrer Ankunft am Lokal zu verstehen gegeben worden sei, dass der Täter noch im Lokal sei. Als sie das Lokal betreten hätten, habe P. den Kläger angegriffen und beide seien zu Boden gestürzt. Als er, PHM R., erkannt habe, dass P. auf den Kläger einschlage, hätten er und POM´in G. versucht, P. zu fixieren.
P. wurde mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts S. vom 16.02.2009 wegen einer vorsätzlichen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 60,- EUR verurteilt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.10.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der von § 2 Abs. 1 Nr. 13a Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) gewährte Versicherungsschutz dauere nur solange, als der Unglücksfall mit seinen unmittelbaren Schadensfolgen nicht abgeschlossen sei und ein weiterer Schaden drohe bzw. die Gefahr oder der Angriff andauere, zu deren Abwehr gehandelt werde. Nach dem Inhalt der Ermittlungsakten sei es zwar zunächst innerhalb der Gaststätte zu Auseinandersetzungen gekommen, die Situation habe sich dann aber beruhigt und die Personen, die die anderen Gäste und die Kellnerinnen zuvor bedroht hätten, hätten das Lokal verlassen. Der Kläger sei verletzt worden, als diese Personen das Lokal wieder betreten hätten und eine der Personen den Kläger unvermittelt angegriffen habe. Mit dem Verlassen des Lokals sei die Gefahr für die sich noch in der Gaststätte befindlichen Personen beendet gewesen. Als die Personen das Lokal wieder betreten und den Kläger angegriffen hätten, habe keine Gefahr im oben genannten Sinn mehr bestanden.
Hiergegen hat der Kläger am 08.11.2011 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er auf sein Vorbringen zur Begründung seines Widerspruchs verwiesen. Sein Verhalten in der Gaststätte sei darauf gerichtet gewesen, zur Deeskalation der Situation in der Gaststätte und damit zum Schutz der anderen Gäste beizutragen. Er sei deshalb als Nothelfer anzusehen.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat hierzu auf den Widerspruchsbescheid vom 19.10.2011 verwiesen. Nach den Aussagen der Zeugen sei der Kläger in eine Wirtshausschlägerei involviert gewesen, in deren Verlauf eine Zäsur eingetreten sei, die den Versicherungsschutz für die in Frage stehende Hilfeleistung habe entfallen lassen.
Mit Beschluss vom 21.06.2012 hat das SG die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe nach § 75 Abs. 2, 106 Abs. 3 Nr. 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Verfahren beigeladen. Diese hat vorgetragen, aus den Ermittlungsakten ergebe sich, dass die tätlichen Auseinandersetzungen aus Anlass der vom Kläger geleisteten Nothilfe entstanden seien. Eine zeitliche Zäsur in der Motivationslage lasse sich hierbei nicht erkennen.
Mit Urteil vom 29.05.2013 hat das SG festgestellt, dass der am 08.11.2008 in der Gaststätte "S.zentrum W." erlittene Gesundheitsschaden des Klägers Folge eines von der Beigeladenen zu entschädigenden Arbeitsunfalls ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, eine Verurteilung der Beigeladenen sei nach § 75 Abs. 5 SGG möglich. Aus den insoweit übereinstimmenden Zeugenvernehmungen der Polizei ergebe sich, dass es am 08.11.2008 zunächst zwischen zwei in der Gaststätte anwesenden österreichischen Staatsbürgern und einem anderen Gast zu einem Streit gekommen sei. Der Zeuge C. habe insofern angegeben, dass es "sein kann", dass der Kläger die Streitenden getrennt habe. Die Österreicher seien anschließend aus dem Lokal verwiesen worden. Hieraus ergebe sich, dass die ursprüngliche Gefahrensituation mit dem Entfernen der streitenden Personen aus der Gaststätte abgeschlossen gewesen sei. Erst nachdem die Österreicher nach ca. 5 - 10 min das Lokal wieder betreten hätten, sei der Kläger unvermittelt angegriffen worden, weswegen, so das SG weiter, nicht davon auszugehen sei, dass der auf den Kläger erfolgte Angriff im Zusammenhang mit einer Nothilfeleistung des Klägers erfolgt sei. Eine konkrete Gefahrensituation für eine der am Streit beteiligten Personen sei beim Wiederbetreten der Gaststätte durch den Österreicher nicht mehr erkennbar gewesen. Es lasse sich den Zeugenaussagen auch nicht entnehmen, dass es beim Wiedererscheinen der Österreicher zu einer (abermaligen) konkreten Gefahrensituation für die Kellnerinnen oder andere Gäste gekommen sei. Nach der Aussage der Zeugin L. sei der Kläger den Wiedereintretenden entgegen getreten, um diese am Zurückkommen zu hindern. Damit habe die Handlung des Klägers, in deren Verlauf er geschädigt wurde, zwar der Durchsetzung des Hausrechts des Betreibers der Gastwirtschaft gedient, ein Zusammenhang mit einer Nothilfeleistung könne jedoch nicht festgestellt werden. Da die erlittenen Verletzungen des Klägers nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Nothilfeleistung zu sehen seien, habe kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII bestanden. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII seien jedoch auch Personen versichert, die wie nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Beschäftigte tätig werden. Indem der Kläger die aus der Gaststätte verwiesenen Streitenden am Wiederbetreten zu hindern versuchte, habe er sich für die Durchsetzung des Hausrechts des Gaststättenbetreibers eingesetzt. Diese fremdnützige Leistung werde üblicherweise von Beschäftigten des Unternehmens verrichtet und habe dem mutmaßlichen Willen des Gaststättenbetreibers entsprochen, weswegen Versicherungsschutz gegenüber der Beigeladenen bestanden habe.
Gegen das ihr am 26.06.2013 zugestellte Urteil hat die Beigeladene am 18.07.2013 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, der Einschätzung des SG zur Annahme einer "Wie-Beschäftigung" könne nicht gefolgt werden, da hierzu ein entsprechender subjektiver Handlungswille erforderlich sei. Dieser habe beim Kläger nicht vorgelegen, da dieser deutlich gemacht habe, ihm sei es um den Schutz der ihm bekannten Kellnerinnen gegangen. Die Geschehnisse stellten sich vielmehr so dar, dass die angetrunkenen Gäste durchgängig über den gesamten Abend Streit gesucht hätten und deswegen auch das Lokal, nachdem sie es zwischenzeitlich verlassen hatten, wieder betreten hätten. Es habe daher durchgängig eine allgemeine Gefahr für die Gäste und die Kellnerinnen bestanden. Dies zeige sich auch daran, dass die Kellnerinnen die Polizei gerufen hätten.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Mai 2013 aufzuheben und die Klage soweit sie (hilfsweise) gegen sie gerichtet war, abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 29. Mai 2013 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2011 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 08. November 2008 in der Gaststätte "S`Zentrum" ein von der Beklagten zu entschädigender Arbeitsunfall gewesen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen
Der Kläger trägt vor, die Entscheidung des SG sei nicht zu beanstanden. Nach den vorliegenden Zeugenaussagen habe zu erwarten gestanden, das es mit dem Wiedereintreten der Österreicher wieder zu Handgreiflichkeiten kommen würde. In dieser Situation sei er aufgetreten, um das Betreten der Gaststätte zu verhindern. Dass es ihm auch darauf angekommen sei die Kellnerinnen zu schützen, stehe der Annahme eines Handelns im Interesse des Geschäftsinhabers nicht entgegen. Die Durchsetzung des Hausrechts diene überdies der Gewährleistung der körperlichen Unversehrtheit des Personals und der anderen Gäste.
Die Beklagte bringt vor, der Versicherungstatbestand der Nothilfe sei zeitlich eng begrenzt und bestehe nur solange der Angriff, zu dessen Abwehr gehandelt werde, andauere. Da SG habe insofern zutreffend entschieden, dass beim Wiedereintreten der Österreicher keine Gefahr für die Kellnerinnen oder andere Gäste mehr erkennbar gewesen sei. Der Kläger habe deswegen gehandelt, um das Hausrecht des Gaststätteninhabers durchzusetzen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten und die bei der Beigeladenen geführten Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 11.03.2015 geworden sind, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 11.03.2015 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung der Beigeladenen ist zulässig und führt auch inhaltlich für diese zum Erfolg.
Die Entscheidung des SG, festzustellen, dass der am 08.11.2008 in der Gaststätte "S.zentrum W." erlittene Gesundheitsschaden des Klägers Folge eines von der Beigeladenen zu entschädigenden Arbeitsunfalls ist, hält einer Überprüfung nicht stand.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit.
Der Kläger rechnet, entgegen der Einschätzung des SG, nicht zum bei der Beigeladenen versicherten Personenkreis. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind auch Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Durch die Vorschrift werden Personen wegen ihres i.d.R. fremdnützigen Verhaltens, das nach den § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vergleichbaren Umständen die Zurechnung des Handlungsrisikos zum nutznießenden Unternehmen rechtfertigen, geschützt. Voraussetzung hierfür ist, dass die in Frage stehende Tätigkeit einem Unternehmen dient und einen wirtschaftlichen Wert hat, die Tätigkeit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht, die Tätigkeit ihrer Art nach auch von einem Arbeitnehmer verrichtet werden kann und die Tätigkeit konkret unter arbeitnehmerähnlichen Umständen verrichtet wird. Letzteres erfordert keine wirtschaftliche oder persönlich Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmer oder eine Eingliederung nach Art eines Arbeitnehmers, Fälle, die indes nach ihrem rechtlichen und tatsächlichen Erscheinungsbild unter Berücksichtigung der Handlungstendenzen und der Beziehungen der beteiligten Personen untereinander, keine einer von einem Arbeitnehmer verrichteten Tätigkeit vergleichbar sind, fallen jedoch nicht unter den Schutz des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII (vgl. Ricke in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Bd. 2, § 7 SGB VII, Rn. 104, 108).
Nach den aktenkundigen Aussagen der Zeugen L., K. und C. gegenüber der Polizei, die insofern im Wesentlichen gleichlautend sind, stellt sich dem Senat der äußere Ablauf der Geschehnisse am 08.11.2008 so dar, dass es zunächst zwischen P. und B. einerseits und einem weiteren Gast, dem F., zu einem Streit gekommen ist. Die Streitenden haben sodann nach einem Verweis das Lokal verlassen. Nachdem sie nach ca. 5-10 min kurzzeitig wieder in das Lokal eingetreten sind, sind P. und B. abermals des Lokals verwiesen worden. Als P. das Lokal erneut wieder betreten wollte, hat sich der Kläger dem entgegen gestellt, woraufhin er unvermittelt von P. angegriffen wurde und massive Verletzungen erlitt. Der Senat vermag bereits nicht zu erkennen, dass das tatsächliche Erscheinungsbild des Verhaltens, den P. bei dessen Versuch das Lokal wieder zu betreten zu hindern, unter arbeitnehmerähnlichen Umständen erfolgt ist. Dem Senat vermittelt sich vielmehr der Eindruck einer spontanen Reaktion des Klägers darauf, dass neuerlich eine streitbehaftete Situation eintreten werde. Das Entgegentreten ist vor dem Hintergrund der zeitlich zuvor liegenden Ereignisse daher nicht mit einer (planmäßigen) Verrichtung eines Arbeitnehmers i.d.S. vergleichbar, dass ein innerer ursächlicher Zusammenhang mit dem unterstützten Unternehmen hergestellt wurde (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 28.05.1957 - 2 RU 150/55 - veröffentlicht in juris, dort Rn. 21).
Überdies setzt die Annahme einer "Wie-Beschäftigung" in Abgrenzung zum Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB VII voraus, dass das wesentliche Motiv der in Frage stehenden Tätigkeit das dem Unternehmen Dienenwollen und nicht die allgemeine Erwartung oder Verpflichtung zur Hilfeleistung war. Eine solche Motivation des Klägers, dem Gaststätteninhaber zur Durchsetzung seines Hausrechts verhelfen zu wollen, ist dem Senat nicht ersichtlich. Der Kläger hat in seiner ersten aktenkundigen Stellungnahme zu den Geschehnissen am 06.02.2011 angegeben, er habe einzig die Kellnerinnen beschützen wollen. Er hat dies auch insofern begründet, dass ihm beide Frauen als ehemalige Kolleginnen seiner Freundin bekannt seien und eine von ihnen zum damaligen Zeitpunkt eine "junge Mutti" gewesen sei. Objektive bzw. objektivierbare Umstände, die in der konkreten Situation - Entgegentreten des Klägers gegenüber P. - eine hiervon abweichende Einschätzung der Motivlage des Klägers zulassen, sind nicht ersichtlich. Insb. steht auch der Umstand, dass der Kläger verhindern wollte, dass der P. das Lokal wieder betritt, der Annahme eines "Helfenwollens" nicht entgegen, da auch hierdurch ein möglicher Übergriff auf die Kellnerinnen zu verhindern gewesen wäre.
Mithin ist das dem P. Entgegentreten zur Überzeugung des Senats nicht als "Wie-Beschäftigung" i.S.d. § 2 Abs. 2 SGB VII zu bewerten. Die Geschehnisse am 08.11.2008 stellen hiernach keinen von der Beigeladenen festzustellenden Arbeitsunfall dar. Das Urteil des SG ist aufzuheben.
Der Bescheid der Beklagten vom 25.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2012, mit dem die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 08.11.2008 als Versicherungsfall abgelehnt hat und die gegen die Beklagte gerichtete Feststellungsklage ist gleichfalls Gegenstand des (Berufungs-)Verfahrens. Dies folgt bereits daraus, dass auf das Rechtsmittel der nach § 75 Abs. 5 SGG verurteilten Beigeladenen auch über den gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch auf Feststellung eines Arbeitsunfalls zu entscheiden ist (vgl. BSG, Urteil vom 21.12.2011 - B 12 KR 21/10 R - veröffentlicht in juris, dort Rn. 15 m.w.N.). § 75 Abs. 5 SGG eröffnet den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit die Möglichkeit, in allen Fällen, in denen gegen einen in Wahrheit nicht passiv legitimierten Versicherungsträger Klage erhoben worden ist, den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten Versicherungsträger nach Beiladung zu verurteilen, ohne dass dadurch eine Klageänderung vorgenommen oder bewirkt würde. Um dem voll gerecht werden zu können, muss auch das Berufungsgericht über alle in Frage kommenden Ansprüche entscheiden können, auch dann, wenn nur der verurteilte Versicherungsträger ein Rechtsmittel eingelegt hat; sonst könnten einander widersprechende Entscheidungen ergehen mit der Folge, dass der Kläger zum Beispiel mit seinem Begehren in erster Instanz nicht gegen den einen, in der weiteren Instanz auch nicht gegen den anderen Träger durchdringt, obschon feststeht, dass jedenfalls gegen einen von ihnen ein Anspruch besteht.
Überdies hat der Kläger zuletzt noch eine zulässige unselbstständige Anschlussberufung erhoben, indem er sein erstinstanzliches Begehren, unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 25.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2011 festzustellen, dass das Ereignis vom 08.11.2008 ein von der Beklagten zu entschädigender Arbeitsunfall gewesen ist, auch im vorliegenden Verfahren gestellt hat.
Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage des Klägers gegen die Beklagte ist nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Halbsatz 1 Nr. 1 SGG statthaft und zulässig, insbesondere besteht für die Feststellung eines Arbeitsunfalls ein Feststellungsinteresse (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Kel¬ler/Lei¬the¬rer, SGG, 11. Aufl., 2014, § 55 Rn. 13b), auch kann ein Versicherter wahlweise gerichtliche Feststellung oder Verurteilung zu behördlicher Feststellung verlangen (BSG, Urteil vom 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R - veröffentlicht in juris, dort Rn. 9).
Die Klage war auch begründet. Bei dem Geschehnis vom 08.11.2008 handelte es sich um einen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten zu entschädigenden Arbeitsunfall i.S.d. § 8 Abs. 1 SGB VII.
Arbeitsunfälle sind, wie oben ausgeführt, Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für einen Arbeitsunfall ist in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheits(erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (st. Rspr. des BSG, u.a. Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R -, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R -; vom 30.01.2007 - B 2 U 23/05 R - und vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - jeweils veröffentlicht in juris). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass das "Unfallereignis" im Wege des Vollbeweises, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen sein muss. Eine Tatsache ist hiernach nachgewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSG, Urteil vom 22.09.1977 - 10 RV 15/77 - m.w.N. veröffentlicht in juris).
Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Der Angriff des P. auf den Kläger hat bei diesem einen Gesundheitserstschaden in Form eines Jochbeinbruchs, eines Bruchs der Augenhöhle, eines Nasenbeinbruchs sowie von Verletzungen des Auges und der Zähne geführt.
Der Kläger rechnet, entgegen der Einschätzung des SG, auch zum bei der Beklagten versicherten Personenkreis. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB VII sind Personen, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten, kraft Gesetz versichert. Der Begriff des Unglücksfalls meint hierbei eine plötzlich eintretende Situation mit einem Schaden oder einer sehr nahe liegenden Möglichkeit hierzu für einzelne oder mehrere Personen. Der zwischen B., P. und F. entstandene Streit stellt einen Unglücksfall dar. Angesichts der zwischen ihnen geführten verbalen und tätlichen Übergriffe war es naheliegend, dass weitere Gäste verletzt werden können.
Der Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB VII dauert, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat, nur so lange, wie der Unglücksfall mit seinen unmittelbaren Schadensfolgen noch nicht abgeschlossen ist. Dies trägt der besonderen Struktur des Versicherungstatbestandes Rechnung, der zeitlich relativ eng begrenzt ist und bei dem zwischen der grundsätzlich versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls oftmals praktisch nicht unterschieden werden kann (BSG, Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - veröffentlicht in juris, dort Rn. 18). Ein Abschluss kann jedoch in Situationen, in denen ein weiterer Schaden droht, nicht angenommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 30.08.1984 - 2 RU 42/83 -, und vom 30.10.1974 - 2/8 RU 100/73 - jew. veröffentlicht in juris). Ob der Unglücksfall abgeschlossen ist, ist anhand der zeitlichen Umstände sowie des weiteren Geschehens im Wege einer Einzelfallbetrachtung zu beurteilen (BSG, Urteil vom 18.11.2008, a.a.O., Rn. 30). Eine Beendigung des Unglücksfalls ist zur Überzeugung des Senats vorliegend nicht eingetreten. Aus den Aussagen der von der Polizei vernommenen Zeugen ergibt sich zwar, dass die an der ersten Auseinandersetzung beteiligten P., B. sowie F. zweimal des Lokals verwiesen wurden und zweimal das Lokal tatsächlich verlassen haben. Infolge des ersten Verweises befanden sie sich sodann für ca. 10 min. außerhalb der Gaststätte. Nachdem es beim Wiederbetreten des Lokals, erneut zu einer Konfrontation mit dem F. gekommen war, haben sie das Lokal sodann erneut verlassen. Bei dem folgenden Versuch, das Lokal wiederzubetreten kam es sodann zu dem Übergriff auf den Kläger. Auch wenn sich P., B. und F. außerhalb der Gaststätte aufgehalten haben, so sind sie doch in unmittelbarer (räumlicher) Nähe zur Gaststätte verblieben. Nach den aktenkundigen Zeugenaussagen ist es vor der Tür zu weiteren verbalen Auseinandersetzungen gekommen. Die L. hat insofern gegenüber der Polizei angegeben, sie habe, (auch) während des zweiten Verweises, von draußen ein deutliches Geschrei vernommen. Hieraus wird deutlich, dass seitens der Beteiligten eine (emotionale) Lösung von der vorherigen Situation nicht erfolgte. Ganz offensichtlich legten P., B. und F. es darauf an, den Streit innerhalb der Gaststätte weiter auszutragen. Auch die Dauer der gesamten Auseinandersetzung lässt eine zeitliche Zäsur i.S. eines Abstandgewinnens nicht zu. Schließlich hat sich B. im Rahmen einer Aussage gegenüber der Polizei noch beim Abtransport des P. dahingehend eingelassen, dass er wieder in das Lokal gehen werde um dort eine Schlägerei zu beginnen. Bei einer derartigen Situation vermag der Senat nicht zu erkennen, dass durch die kurzzeitigen Verweise der Streitenden aus der Gaststätte eine maßgebliche Änderung der insg. angespannten und aggressiven Gesamtsituation eingetreten ist und dass ein Übergriff auf die in der Gaststätte anwesenden Gäste und Kellnerinnen nicht mehr zu befürchten stand. Die Situation ist insb. nicht mit der vom BSG in der Entscheidung vom 18.11.2008 (a.a.O.) zu beurteilenden vergleichbar. Dort lag zwischen einer ersten Auseinandersetzung und der zu beurteilenden "Hilfehandlung" zwar auch nur ein Zeitraum von 10 bis 15 min., d.h. ein vergleichbarer zeitlicher Rahmen, indes hat der dortige Aggressor diese Zeit genutzt, um sich mit einem Messer zu bewaffnen und sodann aus Rachemotiven hiervon Gebrauch gemacht hat.
Der Kläger hat, dadurch, dass er dem P. beim Wiedereintreten in die Gaststätte entgegen getreten ist, bewusst aktiv, um eine drohende Gefahr für die anwesenden Kellnerinnen abzuwenden und damit, wie bereits ausgeführt, mit dem wesentlichen Motiv, helfen zu wollen, gehandelt.
Mithin stand der Kläger im Unfallzeitpunkt unter Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB VII.
Das Ereignis vom 08.11.2008 stellt einen von der Beklagten zu entschädigenden Arbeitsunfall dar. Der Bescheid der Beklagten vom 25.02.2011 (Widerspruchsbescheid vom 19.10.2011), mit dem die Anerkennung des Ereignisses als Versicherungsfall abgelehnt wurde, ist rechtswidrig. Das klageabweisende Urteil des SG ist aufzuheben, das Ereignis ist als von der Beklagten zu entschädigender Arbeitsunfall festzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlie-gen.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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