Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1563/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4253/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 5. September 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Änderung des Geburtsdatums.
Der in der Türkei geborene Kläger nahm im Juni 1973 erstmals eine versicherungspflichtige Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland auf und gab hierbei als Geburtsdatum den 01.01.1956 an.
Am 10.08.2006 erhob er vor dem I. Amtsgericht A. in der Türkei eine Klage auf Änderung seines Geburtsjahres dahingehend, dass das richtige Geburtsdatum der 01.01.1951 sei. Nach Auswertung von Arztberichten und Zeugenaussagen als Beweismitteln gab das türkische Amtsgericht der Klage mit Urteil vom 16.11.2006 statt (Grundnummer xxx/xx; Urteilsnummer xx/xxx). Daraufhin beantragte der Kläger im Juni 2007 bei der Beklagten die Anerkennung des neuen Geburtsdatums sowie die Änderung der Versicherungsnummer. Beides lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01.08.2007 unter Hinweis auf § 33 a Abs. 1 und 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) ab.
Am 30.11.2011 wurde dem Kläger ein Sozialversicherungsausweis mit der Sozialversicherungsnummer 24 010151 C 156 ausgestellt. Nachdem die AOK mit Schreiben vom 30.10.2012 mitgeteilt hatte, ihr seien in Bezug auf den Kläger mehrere Versicherungsnummern gemeldet worden (23 010156 C 150 sowie 24 010151 C 156), legte die Beklagte die Versicherungsnummer 24 01011 C 156 am 20.12.2012 still.
Im Juni 2013 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Berichtigung seiner Versicherungsnummer, da diese ein falsches Geburtsdatum beinhalte. Hierbei berief er sich auf das bereits erwähnte Urteil des türkischen Amtsgerichts und fügte einen Auszug aus dem türkischen Geburtsregister vom 18.03.2010 mit darin enthaltenem Geburtsdatum 01.01.1951 sowie den von der Beklagten ausgestellten Sozialversicherungsausweis vom 30.11.2011 mit der Versicherungsnummer 24 010151 C 156 bei. Mit Bescheid vom 18.06.2013 stellte die Beklagte im Rahmen des Überprüfungsantrags nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 01.08.2007 fest. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, wie sich aus dem Urteil des Amtsgerichts von A. ergebe, sei sein Geburtsjahr 1951. Während der Eintragung in das Einwohnermelderegister sei ein Fehler aufgetreten und das Geburtsjahr 1956 eingetragen worden. Hierbei handele es sich um einen Schreibfehler im Sinne des § 33 a Abs. 2 SGB I. Gegen den Bescheid vom 01.08.2007 habe er keinen Widerspruch einlegen können, da ihm dieser nicht zugesandt worden sei. Ergänzend zu den bisherigen Unterlagen legte der Kläger nun auch noch eine Meldebestätigung der Stadtverwaltung D. vom 03.04.2008 und eine Lohnabrechnung der Brutto/Nettobezüge vom 09.01.2012 vor, in denen jeweils das Jahr 1951 als Geburtsjahr erwähnt wird. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Im Rahmen der hiergegen gerichteten Klage vor dem Sozialgericht Reutlingen ([SG], S 8 R 2564/13) beantragte der Kläger aufgrund eines richterlichen Hinweises während eines Erörterungstermins am 15.01.2014 gegenüber der Beklagten die Feststellung, dass für die Gewährung von Leistungen das Geburtsdatum vom 01.01.1951 zugrunde gelegt werde. Nachdem die Beklagte sich verpflichtet hatte, hierzu einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erlassen, erklärte der Kläger das Verfahren für erledigt.
Anschließend forderte die Beklagte den Kläger auf, amtlich bestätigte Urkunden, deren Originale ein Ausstellungs- oder Registrierungsdatum vor dem 05.06.1973 beinhalteten, vorzulegen. Nachdem der Kläger nur die bisher schon vorliegenden Unterlagen übersandt hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.03.2014 eine Änderung des Geburtsdatums ab. Gem. § 33 a Abs. 1 und 3 SGB I sei für den Bereich der deutschen Sozialversicherung grundsätzlich das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder gegenüber dem Arbeitgeber ergebe. Von diesem Geburtsdatum dürfe nur dann abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststelle, dass ein Schreibfehler vorliege, oder sich aus einer Urkunde, deren Original vor Eintritt in die deutsche Sozialversicherung ausgestellt worden sei, ein anderes Geburtsdatum ergebe. Bei Eintritt in die deutsche Sozialversicherung am 05.06.1973 habe der Kläger als Geburtsdatum den 01.01.1956 angegeben. Durch die Entscheidung des türkischen Gerichts vom 16.11.2006 würden die Voraussetzungen des § 33 a Abs. 2 SGB I nicht erfüllt. Dies habe auch der europäische Gerichtshof (EuGH) im Urteil vom 14.03.2000 (C-102/98, C-211/98) bestätigt. Der Kläger habe keine Urkunde vorgelegt, deren Original vor dem 05.06.1973 ausgestellt worden sei und das beantragte Geburtsdatum enthalte.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2014 zurück mit der bereits abgegebenen Begründung.
Hiergegen hat der Kläger am 23.06.2014 beim SG Klage eingereicht (S 8 R 1563/14), ohne diese näher zu begründen. Mit Gerichtsbescheid vom 05.09.2014 hat das SG die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen auf die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 20.03.2014 und 10.06.2014 Bezug genommen. Ergänzend ist dargelegt worden, die Änderungsvoraussetzungen des § 33 a Abs. 2 Nr. 1 SGB I lägen nicht vor. Der Kläger selbst habe das Geburtsdatum 01.01.1956 bei seinem ersten Eintreten in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis in der Bundesrepublik Deutschland angegeben. Auch sämtliche andere Dokumente aus dieser Zeit enthielten, soweit bekannt, dieses Datum als Geburtsdatum. Ein Verschreiben bei der Angabe des Geburtsdatums sei nicht ersichtlich. Der Kläger habe auch keine neuen Urkunden vorgelegt, deren Original vor der ersten Angabe des ersten Geburtsdatums seitens des Klägers gegenüber einem deutschen Sozialleistungsträger ausgestellt worden sei.
Hiergegen hat der Kläger am 29.09.2014 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt mit der Begründung, er wolle medizinisch und psychologisch bezüglich seines Alters untersucht werden.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 5. September 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2014 aufzuheben und festzustellen, dass das maßgebliche Geburtsdatum des Klägers der 1. Januar 1951 ist, soweit im Rahmen des rentenversicherungsrechtlichen Rechtsverhältnisses des Klägers zu der Beklagen Rechte und Pflichten davon abhängig sind, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder überschritten ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen. Ergänzend sei auszuführen, dass zur medizinischen Bestimmung des Alters kein wissenschaftlich gesichertes Verfahren existiere. Dies sei jedoch unerheblich, da nach § 33 a SGB I zu Änderung des Geburtsdatums nur der Urkundsbeweis zulässig sei.
Im Rahmen eines Erörterungstermins am 22.01.2015 hat der Kläger angegeben, im Prozess vor dem türkischen Amtsgericht durch Zeugen bewiesen zu haben, dass er 1951 geboren worden sei. Geburtsurkunden habe es damals auf dem Land in der Türkei nicht gegeben. Er verfüge über kein Dokument, das aus der Zeit vor 1973 stamme und aus dem sich sein Geburtsdatum 1951 entnehmen lasse.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte, der Akte des SG sowie der Akte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 20.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2014 nicht zu beanstanden ist.
Die Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 SGG ist hier statthaft. Das Feststellungsinteresse folgt hier bereits daraus, dass der Kläger bei erfolgreicher Klage bereits nächstes Jahr einen Antrag auf Altersrente stellen könnte. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG setzt nicht notwendig voraus, dass ein Rechtsverhältnis im Ganzen festgestellt werden soll; auch ein einzelnes Rechts oder eine einzelne Pflicht aus einem Rechtsverhältnis kann feststellbar sein (BSG, Urteil vom 28.04.2004, B 5 RJ 33/03 R m.w.N., Juris). Nach der genannten Rechtsprechung des BSG steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen, dass der Versicherte nach §§ 147 und 152 Nr. 3 SGB VI i.V.m. der Versicherungsnummern-, Kontoführungs- und Versicherungsverlaufs-Verordnung ([VKVV] vom 30.03.2001 [Bundesgesetzblatt I S. 475] in der Fassung vom 09.12.2004 [Bundesgesetzblatt I S. 3242]) unter den Voraussetzungen des § 33 a Abs. 2 SGB I einen Anspruch auf Neuvergabe (Berichtigung für die Zukunft) einer Versicherungsnummer durch Verwaltungsakt hat, den er bei einer Ablehnung mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage durchsetzen kann. Daraus, dass § 33 a Abs. 3 SGB I für die Vergabe der Versicherungsnummer die entsprechende Anwendung des § 33 a Abs. 1 und 2 SGB I vorschreibt, folgt nicht, dass der Versicherte hinsichtlich der Feststellung des für die Leistungsgewährung maßgeblichen Geburtsdatums außerhalb eines Verfahrens über einen Leistungsanspruch ausschließlich auf den Weg einer Neuvergabe der Versicherungsnummer verwiesen wird (BSG a.a.O.).
Offen bleiben kann, ob die Prüfung des Geburtsdatums im Rahmen des § 44 SGB X zu erfolgen hatte vor dem Hintergrund, dass bereits am 01.08.2007 ein Bescheid erging, in dem die Änderung des Geburtsdatums abgelehnt wurde. Der Kläger bestreitet, dass dieser Bescheid ihm zugegangen ist. Im hier angefochtenen Bescheid vom 20.03.2014 hat die Beklagte dementsprechend § 44 SGB X auch nicht erwähnt. Im Rahmen des Widerspruchsbescheids vom 10.06.2014 hingegen bezieht sich die Beklagte auf § 44 SGB X. In Bezug auf die Neuvergabe einer Versicherungsnummer finden nach der Rechtsprechung die §§ 44 ff. SGB X und insbesondere die Kriterien des Vertrauensschutzes im Hinblick auf die Spezialregelungen der VKVV keine Anwendung, wonach immer dann eine neue Versicherungsnummer zu vergeben sei, wenn sich das Geburtsdatum in der bisherigen Versicherungsnummer als unrichtig erweise (s. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.03.2014, L 10 R 2657/12; BSG, Beschluss vom 17.02.1998, B 13 RJ 31/96 R). Die Rechtsprechung hat hier argumentiert, der erheblichen Bedeutung der Richtigkeit des Geburtsdatums für die Verwendbarkeit einer Versicherungsnummer im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung würden die verwaltungsverfahrensrechtlichen Beschränkungen nach den §§ 44 ff. SGB X zuwiderlaufen (LSG a.a.O.). Ob dies auch gilt, wenn zu Lasten des Versicherten eine Änderung des Geburtsdatums bereits abgelehnt worden ist, kann hier offenbleiben, da jedenfalls kein Anspruch auf Änderung des Geburtsdatums besteht. Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob dem Kläger der Bescheid vom 01.08.2007 zugegangen ist oder nicht.
Sind Rechte oder Pflichten davon abhängig, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist, ist das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder, soweit es sich um eine Angabe im Rahmen des dritten oder sechsten Abschnitts des Vierten Buches handelt, gegenüber dem Arbeitgeber ergibt (§ 33 a Abs. 1 SGB I). Gemäß § 33 a Abs. 2 SGB I darf von einem nach Absatz 1 maßgebenden Geburtsdatum nur dann abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass ein Schreibfehler vorliegt (Nr. 1) oder sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt (Nr. 2). Die Absätze 1 und 2 gelten für Geburtsdaten, die Bestandteil der Versicherungsnummer oder eines anderen in den Sozialleistungsbereichen des Sozialgesetzbuch verwendeten Kennzeichens sind, entsprechend (§ 33 a Abs. 3 SGB I).
Mit § 33 a SGB I hat der Gesetzgeber die Anknüpfung an das "wahre" Geburtsdatum aufgegeben und zur Vermeidung einer dafür besonders verwaltungsintensiven Überprüfung und um missbräuchliche Inanspruchnahme von Leistungen vorzubeugen, das im Geltungsbereich des SGB für altersabhängige Rechte und Pflichten maßgebende Geburtsdatum eigenständig definiert (s. hierzu LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 24.06.2014, L 11 R 2651/13, BSG, Urteil v. 28.04.2004, B 5 RJ 33/03 R, beide in Juris).
Vorliegend hat der Kläger 1973 im Rahmen seiner ersten Angabe das Jahr 1956 als Geburtsdatum genannt. Ein Schreibfehler im Sinne des § 33 a Abs. 2 Ziff. 1 SGB I ist nicht ersichtlich. Ein solcher setzt nach allgemeinem Sprachgebrauch voraus, dass von einer mündlichen oder schriftlichen Vorgabe schriftlich unbewusst abgewichen wird, also sich das Gewollte von dem tatsächlich Geschriebenen unterscheidet (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 07.03.2012, L 4 R 487/11; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 24.06.2014, L 11 R 2651/13, beide in Juris m. w. N.). Diesbezüglich hatte Kläger im Verwaltungsverfahren zwar vorgetragen, es liege ein Schreibfehler vor, wie dem Urteil des Amtsgerichts von A. vom 16.11.2006 entnommen werden könne. Ein Schreibfehler ergibt sich aber aus der Urteilsbegründung gerade nicht. Vielmehr hat der Kläger, wie er auch im Erörterungstermin am 22.01.2015 dargelegt hat, mit Hilfe von Zeugen nachweisen können, dass er statt 1956 bereits 1951 geboren ist. Es handelte sich deshalb gerade nicht um die Korrektur eines das Geburtsjahr betreffenden Schreibfehlers in den Personenstandsunterlagen des Klägers, sondern um einen anders gearteten Fehler. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass dem Kläger bei der Nennung seines Geburtsjahres im Jahr 1973 im Rahmen der Erstangabe ein Schreibfehler unterlaufen ist.
Auch ergibt sich das vom Kläger begehrte Geburtsdatum nicht aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach § 33 a Abs. 1 SGB I ausgestellt worden ist, vorliegend somit vor dem 05.06.1973 (§ 33 a Abs. 2 Ziff. 2 SGB I). Sämtliche vom Kläger vorgelegten Urkunden sind jüngeren Datums. Im Rahmen des Erörterungstermins am 22.01.2015 hat der Kläger auch selber vorgetragen, über kein Dokument zu verfügen, das aus der Zeit vor 1973 stamme und aus dem sich sein Geburtsdatum 1951 entnehmen lasse.
Auf das Urteil des türkischen Amtsgerichts kann sich der Kläger hierbei nicht berufen. Zwar handelt es sich bei diesem Urteil um eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 415 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO), doch stammt dieses Urteil aus dem Jahre 2006 und ist eben gerade nicht vor dem 05.06.1973 ergangen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH): Wie der EuGH in der Rechtssache Dafeki vom 02.12.1997 (C-336/94, SozR 3-7670 § 66 Nr. 1 oder in Juris) ausgeführt hat, sind die nationalen Sozialversicherungsträger und Gerichte eines Mitgliedstaates verpflichtet, von den zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten ausgestellte Urkunden und ähnliche Schriftstücke über den Personenstand zu beachten, sofern deren Richtigkeit nicht durch konkrete, auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Anhaltspunkte ernstlich in Frage gestellt ist (s. auch BSG, Urteil vom 05.04.2001, B 13 RJ 35/00 R, Juris). Vorliegend wird hingegen nicht die Richtigkeit des amtsgerichtlichen Urteils in Zweifel gezogen, sondern wird lediglich die Vorschrift des § 33 a SGB I auch auf dieses türkische Urteil angewendet. Dass dies nicht gegen Europarecht verstößt, hat der EuGH in den Rechtssachen Kocak und Örs (C-102/98 und C-211/98 = SozR 3-6940 Art. 3 Nr. 1) entschieden, worin er eine Diskriminierung türkischer Staatsangehöriger durch Art. 33 a SGB I verneint hat, weil die Vorschrift nicht an die Staatsangehörigkeit anknüpfe. § 33 a ist somit europarechtlich unbedenklich (s. auch BSG, Urteil vom 19.05.2004, B 13 RJ 26/03 R, Juris).
Einen Anspruch auf eine medizinische Untersuchung zur Feststellung seines Alters hat der Kläger nicht. Abgesehen davon, dass in dem Alter des Klägers eine medizinische Bestimmung desselben nicht mehr möglich ist, lässt § 33 a Abs. 2 SGB I einen medizinischen Nachweis des Geburtsdatums nicht zu.
Ohne Auswirkung ist auch, dass dem Kläger - ohne dass sich der Grund hierfür der Verwaltungsakte entnehmen ließe - am 30.11.2011 ein Sozialversicherungsausweis ausgestellt worden war mit einer Versicherungsnummer, die als Geburtsdatum den 01.01.1951 auswies. Versicherungsnummern stellen nur Ordnungsmerkmale dar, die zwar nach den Grundsätzen nach § 33 a Abs. 1 und 2 SGB I gebildet werden, nicht aber zur Begründung eines Leistungsanspruchs heranzuziehen sind (s. hierzu Hessisches LSG, Urteil vom 31.01.2006, L 2 R 225/05, Juris) und deshalb auch nicht Grundlage für eine Änderung des Geburtsdatums sein können. Auch finden, wie bereits oben dargelegt, die Vorschriften der §§ 44 ff. SGB X gemäß § 37 SGB I keine Anwendung in Bezug auf die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer, weil sich aus der VKVV spezielle Regelungen ergeben. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 VKVV werden Versicherungsnummern, in denen das Geburtsdatum oder die Seriennummer unrichtig sind, oder Versicherungsnummern, die aufgrund einer nach § 33 a SGB I zu berücksichtigenden Änderung des Geburtsdatums fehlerhaft geworden sind, gesperrt. Dies hat die Beklagte getan, als ihr durch die Nachfrage der AOK das abweichende Geburtsdatum aufgefallen war. Ein Anspruch des Klägers auf Änderung seines Geburtsdatums lässt sich hieraus nicht herleiten.
Die Berufung war somit zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Berufung ohne Erfolg geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Änderung des Geburtsdatums.
Der in der Türkei geborene Kläger nahm im Juni 1973 erstmals eine versicherungspflichtige Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland auf und gab hierbei als Geburtsdatum den 01.01.1956 an.
Am 10.08.2006 erhob er vor dem I. Amtsgericht A. in der Türkei eine Klage auf Änderung seines Geburtsjahres dahingehend, dass das richtige Geburtsdatum der 01.01.1951 sei. Nach Auswertung von Arztberichten und Zeugenaussagen als Beweismitteln gab das türkische Amtsgericht der Klage mit Urteil vom 16.11.2006 statt (Grundnummer xxx/xx; Urteilsnummer xx/xxx). Daraufhin beantragte der Kläger im Juni 2007 bei der Beklagten die Anerkennung des neuen Geburtsdatums sowie die Änderung der Versicherungsnummer. Beides lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01.08.2007 unter Hinweis auf § 33 a Abs. 1 und 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) ab.
Am 30.11.2011 wurde dem Kläger ein Sozialversicherungsausweis mit der Sozialversicherungsnummer 24 010151 C 156 ausgestellt. Nachdem die AOK mit Schreiben vom 30.10.2012 mitgeteilt hatte, ihr seien in Bezug auf den Kläger mehrere Versicherungsnummern gemeldet worden (23 010156 C 150 sowie 24 010151 C 156), legte die Beklagte die Versicherungsnummer 24 01011 C 156 am 20.12.2012 still.
Im Juni 2013 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Berichtigung seiner Versicherungsnummer, da diese ein falsches Geburtsdatum beinhalte. Hierbei berief er sich auf das bereits erwähnte Urteil des türkischen Amtsgerichts und fügte einen Auszug aus dem türkischen Geburtsregister vom 18.03.2010 mit darin enthaltenem Geburtsdatum 01.01.1951 sowie den von der Beklagten ausgestellten Sozialversicherungsausweis vom 30.11.2011 mit der Versicherungsnummer 24 010151 C 156 bei. Mit Bescheid vom 18.06.2013 stellte die Beklagte im Rahmen des Überprüfungsantrags nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 01.08.2007 fest. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, wie sich aus dem Urteil des Amtsgerichts von A. ergebe, sei sein Geburtsjahr 1951. Während der Eintragung in das Einwohnermelderegister sei ein Fehler aufgetreten und das Geburtsjahr 1956 eingetragen worden. Hierbei handele es sich um einen Schreibfehler im Sinne des § 33 a Abs. 2 SGB I. Gegen den Bescheid vom 01.08.2007 habe er keinen Widerspruch einlegen können, da ihm dieser nicht zugesandt worden sei. Ergänzend zu den bisherigen Unterlagen legte der Kläger nun auch noch eine Meldebestätigung der Stadtverwaltung D. vom 03.04.2008 und eine Lohnabrechnung der Brutto/Nettobezüge vom 09.01.2012 vor, in denen jeweils das Jahr 1951 als Geburtsjahr erwähnt wird. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Im Rahmen der hiergegen gerichteten Klage vor dem Sozialgericht Reutlingen ([SG], S 8 R 2564/13) beantragte der Kläger aufgrund eines richterlichen Hinweises während eines Erörterungstermins am 15.01.2014 gegenüber der Beklagten die Feststellung, dass für die Gewährung von Leistungen das Geburtsdatum vom 01.01.1951 zugrunde gelegt werde. Nachdem die Beklagte sich verpflichtet hatte, hierzu einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erlassen, erklärte der Kläger das Verfahren für erledigt.
Anschließend forderte die Beklagte den Kläger auf, amtlich bestätigte Urkunden, deren Originale ein Ausstellungs- oder Registrierungsdatum vor dem 05.06.1973 beinhalteten, vorzulegen. Nachdem der Kläger nur die bisher schon vorliegenden Unterlagen übersandt hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.03.2014 eine Änderung des Geburtsdatums ab. Gem. § 33 a Abs. 1 und 3 SGB I sei für den Bereich der deutschen Sozialversicherung grundsätzlich das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder gegenüber dem Arbeitgeber ergebe. Von diesem Geburtsdatum dürfe nur dann abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststelle, dass ein Schreibfehler vorliege, oder sich aus einer Urkunde, deren Original vor Eintritt in die deutsche Sozialversicherung ausgestellt worden sei, ein anderes Geburtsdatum ergebe. Bei Eintritt in die deutsche Sozialversicherung am 05.06.1973 habe der Kläger als Geburtsdatum den 01.01.1956 angegeben. Durch die Entscheidung des türkischen Gerichts vom 16.11.2006 würden die Voraussetzungen des § 33 a Abs. 2 SGB I nicht erfüllt. Dies habe auch der europäische Gerichtshof (EuGH) im Urteil vom 14.03.2000 (C-102/98, C-211/98) bestätigt. Der Kläger habe keine Urkunde vorgelegt, deren Original vor dem 05.06.1973 ausgestellt worden sei und das beantragte Geburtsdatum enthalte.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2014 zurück mit der bereits abgegebenen Begründung.
Hiergegen hat der Kläger am 23.06.2014 beim SG Klage eingereicht (S 8 R 1563/14), ohne diese näher zu begründen. Mit Gerichtsbescheid vom 05.09.2014 hat das SG die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen auf die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 20.03.2014 und 10.06.2014 Bezug genommen. Ergänzend ist dargelegt worden, die Änderungsvoraussetzungen des § 33 a Abs. 2 Nr. 1 SGB I lägen nicht vor. Der Kläger selbst habe das Geburtsdatum 01.01.1956 bei seinem ersten Eintreten in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis in der Bundesrepublik Deutschland angegeben. Auch sämtliche andere Dokumente aus dieser Zeit enthielten, soweit bekannt, dieses Datum als Geburtsdatum. Ein Verschreiben bei der Angabe des Geburtsdatums sei nicht ersichtlich. Der Kläger habe auch keine neuen Urkunden vorgelegt, deren Original vor der ersten Angabe des ersten Geburtsdatums seitens des Klägers gegenüber einem deutschen Sozialleistungsträger ausgestellt worden sei.
Hiergegen hat der Kläger am 29.09.2014 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt mit der Begründung, er wolle medizinisch und psychologisch bezüglich seines Alters untersucht werden.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 5. September 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. März 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2014 aufzuheben und festzustellen, dass das maßgebliche Geburtsdatum des Klägers der 1. Januar 1951 ist, soweit im Rahmen des rentenversicherungsrechtlichen Rechtsverhältnisses des Klägers zu der Beklagen Rechte und Pflichten davon abhängig sind, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder überschritten ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen. Ergänzend sei auszuführen, dass zur medizinischen Bestimmung des Alters kein wissenschaftlich gesichertes Verfahren existiere. Dies sei jedoch unerheblich, da nach § 33 a SGB I zu Änderung des Geburtsdatums nur der Urkundsbeweis zulässig sei.
Im Rahmen eines Erörterungstermins am 22.01.2015 hat der Kläger angegeben, im Prozess vor dem türkischen Amtsgericht durch Zeugen bewiesen zu haben, dass er 1951 geboren worden sei. Geburtsurkunden habe es damals auf dem Land in der Türkei nicht gegeben. Er verfüge über kein Dokument, das aus der Zeit vor 1973 stamme und aus dem sich sein Geburtsdatum 1951 entnehmen lasse.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte, der Akte des SG sowie der Akte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid der Beklagten vom 20.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2014 nicht zu beanstanden ist.
Die Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 SGG ist hier statthaft. Das Feststellungsinteresse folgt hier bereits daraus, dass der Kläger bei erfolgreicher Klage bereits nächstes Jahr einen Antrag auf Altersrente stellen könnte. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG setzt nicht notwendig voraus, dass ein Rechtsverhältnis im Ganzen festgestellt werden soll; auch ein einzelnes Rechts oder eine einzelne Pflicht aus einem Rechtsverhältnis kann feststellbar sein (BSG, Urteil vom 28.04.2004, B 5 RJ 33/03 R m.w.N., Juris). Nach der genannten Rechtsprechung des BSG steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen, dass der Versicherte nach §§ 147 und 152 Nr. 3 SGB VI i.V.m. der Versicherungsnummern-, Kontoführungs- und Versicherungsverlaufs-Verordnung ([VKVV] vom 30.03.2001 [Bundesgesetzblatt I S. 475] in der Fassung vom 09.12.2004 [Bundesgesetzblatt I S. 3242]) unter den Voraussetzungen des § 33 a Abs. 2 SGB I einen Anspruch auf Neuvergabe (Berichtigung für die Zukunft) einer Versicherungsnummer durch Verwaltungsakt hat, den er bei einer Ablehnung mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage durchsetzen kann. Daraus, dass § 33 a Abs. 3 SGB I für die Vergabe der Versicherungsnummer die entsprechende Anwendung des § 33 a Abs. 1 und 2 SGB I vorschreibt, folgt nicht, dass der Versicherte hinsichtlich der Feststellung des für die Leistungsgewährung maßgeblichen Geburtsdatums außerhalb eines Verfahrens über einen Leistungsanspruch ausschließlich auf den Weg einer Neuvergabe der Versicherungsnummer verwiesen wird (BSG a.a.O.).
Offen bleiben kann, ob die Prüfung des Geburtsdatums im Rahmen des § 44 SGB X zu erfolgen hatte vor dem Hintergrund, dass bereits am 01.08.2007 ein Bescheid erging, in dem die Änderung des Geburtsdatums abgelehnt wurde. Der Kläger bestreitet, dass dieser Bescheid ihm zugegangen ist. Im hier angefochtenen Bescheid vom 20.03.2014 hat die Beklagte dementsprechend § 44 SGB X auch nicht erwähnt. Im Rahmen des Widerspruchsbescheids vom 10.06.2014 hingegen bezieht sich die Beklagte auf § 44 SGB X. In Bezug auf die Neuvergabe einer Versicherungsnummer finden nach der Rechtsprechung die §§ 44 ff. SGB X und insbesondere die Kriterien des Vertrauensschutzes im Hinblick auf die Spezialregelungen der VKVV keine Anwendung, wonach immer dann eine neue Versicherungsnummer zu vergeben sei, wenn sich das Geburtsdatum in der bisherigen Versicherungsnummer als unrichtig erweise (s. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.03.2014, L 10 R 2657/12; BSG, Beschluss vom 17.02.1998, B 13 RJ 31/96 R). Die Rechtsprechung hat hier argumentiert, der erheblichen Bedeutung der Richtigkeit des Geburtsdatums für die Verwendbarkeit einer Versicherungsnummer im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung würden die verwaltungsverfahrensrechtlichen Beschränkungen nach den §§ 44 ff. SGB X zuwiderlaufen (LSG a.a.O.). Ob dies auch gilt, wenn zu Lasten des Versicherten eine Änderung des Geburtsdatums bereits abgelehnt worden ist, kann hier offenbleiben, da jedenfalls kein Anspruch auf Änderung des Geburtsdatums besteht. Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob dem Kläger der Bescheid vom 01.08.2007 zugegangen ist oder nicht.
Sind Rechte oder Pflichten davon abhängig, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist, ist das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder, soweit es sich um eine Angabe im Rahmen des dritten oder sechsten Abschnitts des Vierten Buches handelt, gegenüber dem Arbeitgeber ergibt (§ 33 a Abs. 1 SGB I). Gemäß § 33 a Abs. 2 SGB I darf von einem nach Absatz 1 maßgebenden Geburtsdatum nur dann abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass ein Schreibfehler vorliegt (Nr. 1) oder sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Absatz 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt (Nr. 2). Die Absätze 1 und 2 gelten für Geburtsdaten, die Bestandteil der Versicherungsnummer oder eines anderen in den Sozialleistungsbereichen des Sozialgesetzbuch verwendeten Kennzeichens sind, entsprechend (§ 33 a Abs. 3 SGB I).
Mit § 33 a SGB I hat der Gesetzgeber die Anknüpfung an das "wahre" Geburtsdatum aufgegeben und zur Vermeidung einer dafür besonders verwaltungsintensiven Überprüfung und um missbräuchliche Inanspruchnahme von Leistungen vorzubeugen, das im Geltungsbereich des SGB für altersabhängige Rechte und Pflichten maßgebende Geburtsdatum eigenständig definiert (s. hierzu LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 24.06.2014, L 11 R 2651/13, BSG, Urteil v. 28.04.2004, B 5 RJ 33/03 R, beide in Juris).
Vorliegend hat der Kläger 1973 im Rahmen seiner ersten Angabe das Jahr 1956 als Geburtsdatum genannt. Ein Schreibfehler im Sinne des § 33 a Abs. 2 Ziff. 1 SGB I ist nicht ersichtlich. Ein solcher setzt nach allgemeinem Sprachgebrauch voraus, dass von einer mündlichen oder schriftlichen Vorgabe schriftlich unbewusst abgewichen wird, also sich das Gewollte von dem tatsächlich Geschriebenen unterscheidet (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 07.03.2012, L 4 R 487/11; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 24.06.2014, L 11 R 2651/13, beide in Juris m. w. N.). Diesbezüglich hatte Kläger im Verwaltungsverfahren zwar vorgetragen, es liege ein Schreibfehler vor, wie dem Urteil des Amtsgerichts von A. vom 16.11.2006 entnommen werden könne. Ein Schreibfehler ergibt sich aber aus der Urteilsbegründung gerade nicht. Vielmehr hat der Kläger, wie er auch im Erörterungstermin am 22.01.2015 dargelegt hat, mit Hilfe von Zeugen nachweisen können, dass er statt 1956 bereits 1951 geboren ist. Es handelte sich deshalb gerade nicht um die Korrektur eines das Geburtsjahr betreffenden Schreibfehlers in den Personenstandsunterlagen des Klägers, sondern um einen anders gearteten Fehler. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass dem Kläger bei der Nennung seines Geburtsjahres im Jahr 1973 im Rahmen der Erstangabe ein Schreibfehler unterlaufen ist.
Auch ergibt sich das vom Kläger begehrte Geburtsdatum nicht aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach § 33 a Abs. 1 SGB I ausgestellt worden ist, vorliegend somit vor dem 05.06.1973 (§ 33 a Abs. 2 Ziff. 2 SGB I). Sämtliche vom Kläger vorgelegten Urkunden sind jüngeren Datums. Im Rahmen des Erörterungstermins am 22.01.2015 hat der Kläger auch selber vorgetragen, über kein Dokument zu verfügen, das aus der Zeit vor 1973 stamme und aus dem sich sein Geburtsdatum 1951 entnehmen lasse.
Auf das Urteil des türkischen Amtsgerichts kann sich der Kläger hierbei nicht berufen. Zwar handelt es sich bei diesem Urteil um eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 415 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO), doch stammt dieses Urteil aus dem Jahre 2006 und ist eben gerade nicht vor dem 05.06.1973 ergangen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH): Wie der EuGH in der Rechtssache Dafeki vom 02.12.1997 (C-336/94, SozR 3-7670 § 66 Nr. 1 oder in Juris) ausgeführt hat, sind die nationalen Sozialversicherungsträger und Gerichte eines Mitgliedstaates verpflichtet, von den zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten ausgestellte Urkunden und ähnliche Schriftstücke über den Personenstand zu beachten, sofern deren Richtigkeit nicht durch konkrete, auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Anhaltspunkte ernstlich in Frage gestellt ist (s. auch BSG, Urteil vom 05.04.2001, B 13 RJ 35/00 R, Juris). Vorliegend wird hingegen nicht die Richtigkeit des amtsgerichtlichen Urteils in Zweifel gezogen, sondern wird lediglich die Vorschrift des § 33 a SGB I auch auf dieses türkische Urteil angewendet. Dass dies nicht gegen Europarecht verstößt, hat der EuGH in den Rechtssachen Kocak und Örs (C-102/98 und C-211/98 = SozR 3-6940 Art. 3 Nr. 1) entschieden, worin er eine Diskriminierung türkischer Staatsangehöriger durch Art. 33 a SGB I verneint hat, weil die Vorschrift nicht an die Staatsangehörigkeit anknüpfe. § 33 a ist somit europarechtlich unbedenklich (s. auch BSG, Urteil vom 19.05.2004, B 13 RJ 26/03 R, Juris).
Einen Anspruch auf eine medizinische Untersuchung zur Feststellung seines Alters hat der Kläger nicht. Abgesehen davon, dass in dem Alter des Klägers eine medizinische Bestimmung desselben nicht mehr möglich ist, lässt § 33 a Abs. 2 SGB I einen medizinischen Nachweis des Geburtsdatums nicht zu.
Ohne Auswirkung ist auch, dass dem Kläger - ohne dass sich der Grund hierfür der Verwaltungsakte entnehmen ließe - am 30.11.2011 ein Sozialversicherungsausweis ausgestellt worden war mit einer Versicherungsnummer, die als Geburtsdatum den 01.01.1951 auswies. Versicherungsnummern stellen nur Ordnungsmerkmale dar, die zwar nach den Grundsätzen nach § 33 a Abs. 1 und 2 SGB I gebildet werden, nicht aber zur Begründung eines Leistungsanspruchs heranzuziehen sind (s. hierzu Hessisches LSG, Urteil vom 31.01.2006, L 2 R 225/05, Juris) und deshalb auch nicht Grundlage für eine Änderung des Geburtsdatums sein können. Auch finden, wie bereits oben dargelegt, die Vorschriften der §§ 44 ff. SGB X gemäß § 37 SGB I keine Anwendung in Bezug auf die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer, weil sich aus der VKVV spezielle Regelungen ergeben. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 VKVV werden Versicherungsnummern, in denen das Geburtsdatum oder die Seriennummer unrichtig sind, oder Versicherungsnummern, die aufgrund einer nach § 33 a SGB I zu berücksichtigenden Änderung des Geburtsdatums fehlerhaft geworden sind, gesperrt. Dies hat die Beklagte getan, als ihr durch die Nachfrage der AOK das abweichende Geburtsdatum aufgefallen war. Ein Anspruch des Klägers auf Änderung seines Geburtsdatums lässt sich hieraus nicht herleiten.
Die Berufung war somit zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Berufung ohne Erfolg geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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