Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 6150/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 4750/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. September 2012 sowie der Bescheid der Beklagten vom 25. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2010 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass das Ereignis vom 21. Februar 2010 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung des Ereignisses vom 21.02.2010 als Arbeitsunfall.
Im Rahmen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Rettungssanitäter bzw. Bergwachthelfer der B. S. e.V. wies der 1981 geborene Kläger am 21.02.2010 in M.-H. einen landenden Helikopter, der zum Abtransport eines verunfallten Skispringers angefordert worden war, ein. Nach der Unfallanzeige der B. S. e.V. vom 25.02.2010 stemmte sich der Kläger im Ausfallschritt gegen den Abwind der laufenden Maschine, worauf das linke Knie wegknickte. Er wurde daraufhin mit dem Rettungswagen in die Klinik nach W.-T. gebracht. Dr. P. stellte in seinem Durchgangsarztbericht vom 22.02.2010 die Diagnose einer Luxation der Patella. Er stellte am linken Knie eine Schwellung und einen Erguss fest sowie eine hypermobile Patella. Bei der Röntgenuntersuchung seien keine knöchernen Verletzungen festgestellt worden. Es bestehe der Verdacht auf eine Patellaluxation mit spontaner Reposition. Im Zwischenbericht von Dr. H. vom 25.02.2010 wurde über einen Kniegelenkserguss berichtet, welcher am 25.02.2010 vom Hausarzt punktiert worden ist (40 ml Blut). Im Bericht über eine am 02.03.2010 erfolgte Kernspintomographie des linken Knies stellte Dr. H. folgende Diagnosen: • Zustand nach lateraler Luxation der Patella bei Einriss des medialen Retinaculum mit bone bruise der Außenkante des lateralen Condylus und der medialen Patellafacette. • Diffuser retropatellarer Knorpelschaden mit Jägerhut-Patella in residualer lateraler Subluxation. • Anzeichen für einen peripheren Einriss des Innenmeniskushinterhornes am Übergang in die Pars intermedia. • Plica medialis und hämorrhagischer Erguss.
Am 03.03.2010 führte der Chirurg und Orthopäde Dr. T. unter den Diagnosen "komplizierte Patellaluxation mit Einriss des medialen Retinaculums und Lig. patellofemorale medialis, Hämarthros und traumatische Außenmeniskushinterhornquetschung bei Jägerhut-Dysplasie links" eine arthroskopische Lavage, eine Außenmeniskushinterhornresektion, ein laterales Release und eine retropatelläre Knorpelglättung sowie eine offene Re-Insertion des LPFM und mediale Retinaculumnaht nach V. durch.
Der Kläger gab in dem ihm übersandten Formblatt ("Fragebogen bei Knieverletzungen") an, zum Einweisen des Hubschraubers im Ausfallschritt positioniert gewesen zu sein. Beim Stemmen gegen den Abwind der laufenden Maschine sei das linke Knie weggeknickt. Durch Ankreuzen entsprechender Vorgaben gab er an, er sei seitlich im X-Sinn bei gebeugtem Kniegelenk eingeknickt. Die Fragen nach einer Verdrehung und einer Fixierung des Fußes bei dieser Verdrehung verneinte er jeweils. Er gab ferner an, zur Seite gestürzt zu sein und dass die Kniescheibe vor dem Sturz luxiert sei. Sie habe sich selbst, beim Sturz, wieder reponiert.
Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. E., der die Auffassung vertrat, es habe sich nicht um einen Unfall im Sinne des Gesetzes gehandelt, lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 21.02.2010 als Versicherungsfall mit Bescheid vom 25.03.2010 ab, wogegen der Kläger Widerspruch einlegte.
In seinem Schreiben vom 09.04.2010 nahm Dr. T. zur Ablehnung des Arbeitsunfalles Stellung und führte aus, dass es nachvollziehbar sei, dass ein Ausfallschritt kein Unfallereignis im eigentlichen Sinne sei und die aufgeführte, radiologisch nachgewiesene Jägerhutform der linken Kniescheibe als anlagebedingte Veränderung gewertet werde. Aus unfallchirurgischer Sicht sei jedoch darauf hinzuweisen, dass trotz der unfallunabhängigen krankhaften Veränderung (Jägerhutpatella) bis dato im alltäglichen Leben keinerlei gesundheitliche Beschwerden aufgetreten seien und sich die einwirkende Kraft als schädigendes Moment ausschließlich auf ein noch näher zu beschreibendes Unfallereignis bezogen habe und hierdurch eine klinisch, kernspintomographisch und auch intraoperativ nachgewiesene vollständige Zerreißung des inneren Kniescheibenhaltebandapparates eingetreten sei. Der nachträglich lateralisierte Lauf der Kniescheibe sei ebenso als Unfallfolge eingetreten und habe nicht vorbestanden. Aufgrund des nochmals erfragten Unfallereignisses gehe er von einem sogenannten "DOBN-WASH" (gemeint war wohl DOWN-WASH) aus, bei dem es infolge einer Hubschrauberlandung zu abrupten, für den einweisenden Rettungsassistenten nicht vorhersehbaren Luftverwirbelungen komme, die mit vergleichsweise Orkanstärke jeden Menschen umwerfen beziehungsweise - wie in diesem Fall - bei auf Schnee festgestelltem linken Fuß zu einer wurfartigen, abgewendeten Körperbewegung und damit gewaltsamen Verdrehung des linken Kniegelenkes führen würde. Dies sei nicht vergleichbar mit einem ähnlich gearteten Mechanismus bei Gelegenheit, sondern stelle einen Unfall im Sinne des Gesetzes dar. Der arthroskopische Befund habe keine fassbaren Knorpelveränderungen im Bereich des Kniescheibe gezeigt und die Zerreißung des Bandapparates müsse als frische Verletzung gewertet werden. Auch der behandelnde Allgemeinarzt Dr. B. ging in seinem Bericht vom 30.04.2010 von einer Gewalteinwirkung von Orkanstärke durch den Down-Wash des Hubschraubers aus, durch den der Kläger aus seiner Lage gewaltsam gehebelt und umgeworfen worden sei. Er habe den Unfall während seiner Notarzttätigkeit selber beobachtet.
Die Beklagte zog ein Vorerkrankungsverzeichnis der IKK C., F., bei. Dr. E. wies in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 12.05.2010 darauf hin, dass die Auffassung von Dr. T. im Widerspruch zu dem vom Versicherten mitgeteilten Unfallhergang stünde. Dieser habe angegeben, dass die Patella vor dem Sturz luxiert gewesen sei und der Sturz erst infolge der Patellaluxation erfolgt sei. Eine Verdrehung des Kniegelenkes habe nicht stattgefunden, auch eine Fixierung des Unterschenkels habe nicht bestanden. Gegen eine traumatische Luxation spreche auch, dass sich die Luxation spontan reponierte. Es handele sich seines Erachtens um eine klassische habituelle Patellaluxation. Durch die Dysplasie der Patella sei es durch das Überwiegen der Kräfte, die auf die laterale Patella eingewirkt hätten, zu einer Luxation gekommen. Die Luxation habe in Folge Hypomochlionwirkung zu einer Knorpelschädigung im Bereich des lateralen Femurcondylus geführt und auch zu einer Zerreißung des medialen Retinaculums mit anschließender Einblutung ins Kniegelenk. Es handele sich daher nicht um einen Unfall im Sinne des Gesetzes.
In dem daraufhin in Auftrag gegebenen Gutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. P., B.-K., vom 26.06.2010 gab der Kläger an, beim Einweisen des Hubschraubers auf einer ebenen Schneefläche gestanden zu haben. Während der Hubschrauberlandung habe er in ca. 10 Meter Entfernung vom Hubschrauber gestanden und sich mit beiden Beinen gegen die Abwinde der Hubschrauberrotoren stemmen müssen. Er habe im Ausfallschritt mit dem linken Fuß nach hinten versetzt gestanden und dabei mit dem linken Fuß und Unterschenkel in Außenrotationposition. Dabei sei es zur spontanen Kniescheibenverrenkung gekommen, worauf er zu Boden gestützt sei. Er glaube, das Zurückspringen der linken Kniescheibe gespürt zu haben. Dr. P. führte aus, dass der kontrollierten Kraftanstrengung mit nachfolgenden Schäden an einer Sehne oder an einem Gelenk in der gesetzlichen Unfallversicherung kein Unfallereignis zukomme. Das Ereignis vom 21.02.2010 stelle kein adäquates Unfallereignis im Sinne der Unfallversicherung dar. Bei dem Kläger seien mit der Jägerhut-Patella und der abgeflachten lateralen Femurcondyle die typischen Merkmale einer anlagebedingten Patelladysplasie nachweisbar. Nach Angaben der Literatur sei bei zunehmender Ausprägung der Patelladysplasie eine umso geringere Intensität der Verletzung notwendig, um eine habituelle Patellaluxation zu verursachen. Dieser Sachverhalt liege vor. Die bisherige radiologische Diagnostik habe eine hochgradige Dysplasie der linken Patella im Sinne einer Jägerhut-Patella bestätigt. Unter Berücksichtigung des Unfallherganges sei davon auszugehen, dass der Kläger auf einer ebenen Fläche (frei geräumte schneebedeckte Oberfläche) gestanden habe. Er habe sich während der Hubschrauberlandung kontrolliert gegen die Abwinde der Hubschrauberrotoren stemmen müssen. Hierbei habe es sich um eine kontrollierte Muskelanspannung gehandelt, die nach Angaben der Literatur nicht als adäquates Trauma gewertet werde, welche in der Lage sei, eine Kniescheibe nach lateral zu verrenken.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Gegen den seinen Bevollmächtigten am 02.11.2010 zugegangenen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 01.12.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben.
Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen eines orthopädischen Gutachtens bei Dr. M., F ... Auch ihm gegenüber hat der Kläger angegeben, dass es beim Gegenstemmen gegen den Wind des Rotors zu einem plötzlich einschießenden Schmerz im linken Kniegelenk durch das Ausrenken der Kniescheibe gekommen sei. Anschließend sei er zu Boden gestürzt und die Kniescheibe habe sich von selbst wieder eingerenkt. An ein Verdrehen des Kniegelenkes oder an einen andersartigen Unfallmechanismus könne er sich nicht erinnern. Dr. M. hat (Gutachten vom 01.06.2011) ausgeführt, dass aus orthopädischer Sicht keine durch das Ereignis vom 21.02.2010 verursachte unfallbedingte Gesundheitsstörung vorliege. Die von den behandelnden Ärzten angeführte Beschwerdefreiheit vor dem angeschuldigten Ereignis sei unzutreffend, weil der Kläger bereits vor dem Unfallereignis an retropatellaren Reibegeräuschen gelitten habe. Zum anderen gebe es keinen Hinweis auf eine traumatische Patellaluxation, weil auch die erstmalige habituelle Patellaluxation in der Regel ohne vorherige Kniegelenksbeschwerden auftrete. Die von Dr. T. arthroskopisch gesicherten umfangreichen Begleitschäden am betroffenen Kniegelenk (Zerreißung des medialen Retinaculums, Knorpelschaden am lateralen Femurcondylus und an der Patella) genügten nach der Literatur für die Anerkennung einer traumatischen Patellaluxation nicht, weil solche Zerreißungen bzw. Abscherfrakturen auch bei habituellen Luxationen beobachtet würden und abhängig von der Kippung der Kniescheibe und der Beugestellung des Kniegelenkes seien. Soweit Dr. B. und Dr. T. bezüglich des Unfallmechanismus ausführten, dass es sich bei dem Vorgang um einen "Down-Wash-Effekt" gehandelt habe, bei dem der Patient durch eine unvorhersehbare Luftverwirbelung aus seiner Position gehebelt und umgeworfen worden sei, widersprächen dieser Darstellung die Schilderungen im DAB vom 22.02.2010, im Unfallbericht vom 25.02.2010, im Bericht zum Unfallhergang vom 12.03.2010 und die nochmalige Schilderung des Unfallherganges durch den Kläger im Gutachten von Dr. P. und anlässlich der eigenen gutachterlichen Untersuchung. Beim Kläger fänden sich darüber hinaus zahlreiche Risikofaktoren, die das Auftreten einer habituellen und somit unfallunabhängigen Patellaluxation begünstigten. Hier sei vor allem der vermehrte linksseitige Q-Winkel, die beidseitige vermehrte Patellamobiliät, die Verkürzung der medialen Kniebeuger, die Patella- und Kondylendysplasie, die Patella alta bds. sowie die trotz medialer Raffung vorhandene Patellalateralisierung zu nennen.
Auf Kosten und Antrag des Klägers hat das SG Dr. T. mit der Erstellung eines weiteren Gutachtens beauftragt. Dieser hat unter dem 04.01.2012 folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Zustand nach Patellaluxation links und arthroskopisch lateralem Release sowie medialer Retinaculumnaht nach Viernstein und retropatellärer Knorpelglättung; Zustand nach lateraler Meniskushinterhornteilentfernung; leichter Patellahochstand beidseits bei anatomischer Patellavariante Typ Wiberg II-III; postoperativ noch nachweisbare Funktionsminderung mit endgradiger Beugeeinschränkung. Seines Erachtens seien die vorbestehenden anatomischen Varianten nicht als ursächlich für die erlittene Patellaluxation links anzusehen, sondern die natürliche Einwirkung des Ereignisses vom 21.02.2010. Die vorliegende Kniescheibenform sei auch nach der Rentenliteratur als Normalform und anatomische Variante des Kniescheibentyps III nach Wiberg und Baumgartel als allgemein akzeptiert angesehen worden. Die irrtümlich von der kernspintomographischen Befunddokumentation ausgehende Deklaration als Jägerhutpatella sei gekennzeichnet durch das völlige Fehlen der medialen Facette und somit der Ausbildung einer halben Kniescheibe, die als Sonderform tatsächlich, wie auch der Kniescheibentyp IV, als Dysplasie bezeichnet werde und damit ein erhöhtes Luxationsrisiko aufweise. Die variantenreiche Form der Kniescheibengleitrinne (Trochlea) sei nach der von ihm dokumentierten Diagnostik ebenfalls als normal mit einem Sulcuswinkel von 133° beidseits nach Hepp zu bezeichnen und zeige praktisch kein Luxationsrisiko. Seine eigenen klinischen und radiologischen Untersuchungen ergäben lediglich einen leichten Hochstand der Kniescheibe als auffälligen, jedoch noch nicht krankhaften Befund. Außer einer leichten Patella alta-Stellung bestünde kein weiterer dispositioneller Luxations-Faktor. Soweit beide Vorgutachter den erhöhten Q-Winkel als zusätzliches Luxationsrisiko beschrieben, sei darauf hinzuweisen, dass nach der vorliegenden Dokumentation der Unfallakte keine Ganzbeinstandaufnahmen angefertigt worden seien und ihm vorlägen. Die klinische Bestimmung eines Q-Winkels am liegenden Patienten sei nicht standardisiert und daher auch nicht verwertbar. Es bliebe damit lediglich der leichte Kniescheibenhochstand als nicht unfallbedingter Faktor zu diskutieren, welcher eine traumatische Patellaluxation begünstige. Die auf den Körper des Versicherten einwirkende Kraft sei erheblich gewesen. Es sei ein Mechanismus gegeben gewesen, der den Kläger wie eine Orkanböe von oben eintreffend nach seitlich gerichtet erfasst habe und zusätzlich durch den Verlust der räumlichen Orientierung im Schneewirbel unfallbedingend gewesen sei. Der Unfallmechanismus eines plötzlichen Herumreißens des gesamten Körpers durch den "Down-Wash" des Hubschraubers sei als wesentliche Ursache erkennbar. Unter Berücksichtigung der Kniegelenkstellung stelle er fest, dass der vom Versicherten angegebene feste Stand im Schnee ein funktionelles Festhalten des Unterschenkels zum übrigen Körper bedeutet habe, ganz egal ob der linke Fuß nach vorne oder nach hinten gestellt gewesen sei. Sofern in dieser Position eine von außen einwirkende Gewalt den Körper mit dem Oberschenkel gegen den feststehenden Unterschenkel im Kniegelenk treffe, komme es nur beim gestreckten Bein zu einer rein seitlichen Gewalteinwirkung. Insofern könne aus biomechanischer Betrachtung in allen anderen Kniegelenksstellungen auch mit nur leichter Kniegelenksbeugung ein seitliches Wegknicken nicht ohne Verdrehung (Rotation) im Kniegelenk geschehen. Dass sich dies tatsächlich ereignet habe, sei durch den arthroskopisch gesicherten Befund der Knorpelstauchungen im Bereich der äußeren Oberschenkelrolle, die im Außenmeniskushinterhorn erkennbar eingeblutete Quetschzone mit kleinem Lappenriss, sowie der Zerreißung des medialen Retinaculums mit Ausriss des Ligamentum patellofemurale medialis und dem entsprechenden Bluterguss belegt. Insofern liege aus Wertung der beschriebenen Schäden auch ohne Wissen der vom Unfallversicherten angegebenen Standposition des linken Beines mit höchster Wahrscheinlichkeit nahe, dass es sich bei dem erlittenen Unfall um ein Valgusaußenrotationstrauma gehandelt habe. Die Diskussion einer Begünstigung des Unfalles durch einen Kniescheibenhochstand sei insofern nicht mehr bedeutend.
Gegen diese Einschätzung hat die Beklagte im Schriftsatz vom 29.02.2012 Einwendungen erhoben.
Mit Urteil vom 26.09.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und die Auffassung vertreten, dass der Kläger kein Gesundheitsschaden erlitten habe, für den die versicherte Tätigkeit zumindest wesentlich mitursächlich gewesen sei. Zur Begründung hat es sich auf die Ausführungen von Dr. P. und Dr. M. gestützt, welche nachvollziehbar darauf hingewiesen hätten, dass auch die erstmalige habituelle Patellaluxation in der Regel ohne vorherige Kniegelenksbeschwerden auftrete. Beim Kläger lägen zahlreiche Risikofaktoren vor, die das Auftreten einer habituellen Patellaluxation begünstigten.
Gegen das ihm am 29.10.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.11.2012 Berufung eingelegt. Er verweist zur Begründung auf die Darstellung des sachverständigen Zeugen Dr. B. vom 30.04.2010, der Zeuge des Vorgangs und diensthabender Notarzt am Unfallort gewesen sei. Er habe den Vorgang beobachtet und die ergebnisorientierte Behauptung widerlegt, dass es sich bei dem Vorgang um einen "bewegungsüblichen Ablauf ohne äußere Einwirkung" gehandelt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. September 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2010 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 21. Februar 2010 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält daran fest, dass unter Berücksichtigung der Gutachten von Dr. M. und Dr. P. die Kausalität zwischen Ereignis und Gesundheitsschaden juristisch zutreffend verneint worden sei.
Der Senat hat Beweis erhoben durch das Einholen eines orthopädisch-unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens bei Prof. Dr. O., M ... Dieser hat (Gutachten vom 21.02.2014) ausgeführt, dass es am 21.02.2010 während eines grundsätzlich versicherten Einsatzes als Bergretter zu einem akuten Ereignis gekommen sei, bei dem oder in Folge dessen die linke Patella aus ihrem Halteapparat gerissen worden und weitere Gewebsanteile des linken Kniegelenkes mitgeschädigt worden seien. Darüber hinaus gebe es - wenn auch in wenig ausgeprägter Form - vorbestehende sogenannte Anlageformabweichungen von Patella und Patella-gleitlager bzw. -halteapparat beim Kläger. Zum eigentlichen Schadensablauf, insbesondere aus der ereignisnahen Zeit, bestünden widersprüchliche Aussagen des Klägers und der primär behandelnden oder dokumentierenden Ärzte. Aus jetziger Sicht seien alle Annahmen (von Klägerseite wie von Gutachterseite) Spekulation und gingen noch darüber hinaus (z. B. Kraft von Fallwinden eines Hubschrauberrotors). Einzig feststehend dürfte sein, dass der Kläger bei o. g. Ereignis keinen sicheren Stand gehabt habe (Schnee, Hubschrauber), wobei er aber in seinem eigentlichen Beruf als Elektriker regelmäßig klettern und Leitern nutzen musste und ein unsicherer bzw. Zwangsstand arbeitstäglich aufgetreten sei. Im vorliegenden Fall neige er aufgrund der doch gering ausgeprägten Anlageformabweichung und der zweifelsfrei unsicheren Standsituation des Klägers eher der Annahme eines Unfallgeschehens zu. Es falle ihm schwer anzunehmen, dass bei dem Kläger mit seiner konkreten arbeitstäglichen, langjährigen beruflichen Belastung beim Stehen/Klettern das Ereignis vom 21.02.2010 ein bloßes Anlassgeschehen gewesen sei, welches in gleicher Form auch zu jedem anderen Zeitpunkt hätte eintreten können und mit den gleichen Schäden verbunden gewesen wäre. Ein weiteres Argument für die Unfallursächlichkeit könne die Feststellung sein, dass es auch zu komplexeren Schäden im Kniegelenk gekommen sei (Bänder und Menisken).
Die Beklagte hat hierauf unter Vorlage einer unfallchirurgisch/orthopädischen Stellungnahme von Prof. Dr. H. Stellung genommen. Prof. Dr. H. hat die Auffassung vertreten, dass mehrere Zeichen einer dysplastischen Formabweichung im retropatellaren Gelenk vorgelegen hätten, die eine Neigung zur Kniescheibenluxation begünstigten. Er führte aus, dass die Angaben zum Ablauf des Ereignisses variierten, aber doch eindeutig festzustellen sei, dass eine Gewalteinwirkung von außen oder aber ein Sturz mit gewaltsamer Rotation des Kniegelenkes nicht stattgefunden habe. Der Kläger habe das Bein im Ausfallschritt als Abstemmung gegen den Wind belastet. Es habe sich um eine kontrollierte Muskelanspannung gehandelt, bei der ein normal konfiguriertes Kniegelenk nicht zur Patellaluxation neige. Nur wegen der Fehlform der Patella, der Lateralisation der Patella und der etwas nach außen abgeflachten Femurkondyle habe ein solches kontrolliertes Abstemmen zur Patellaluxation führen können. Es sei also die Fehlform der wesentliche Anteil und die willkürliche Kraftanstrengung das auslösende Moment gewesen. Soweit Prof. Dr. O. erwähne, der Kläger habe keinen sicheren Stand gehabt, sei diese Annahme wie die Annahme orkanartiger Luftwirbel reine Spekulation und könne kaum von Relevanz sein. Die Standunsicherheit sei hypothetisch und werde nicht einmal vom Kläger selbst vorgetragen. Auch dass der Kläger vor dem Ereignis seinen Beruf ohne Luxation habe ausüben können, sei kein Argument gegen die tatsächlich nachgewiesene Formveränderung im retropatellaren Gelenk. Solche Formveränderungen könnten irgendwann zur Luxation führen, auch wenn kein von außen wirkendes Ereignis oder keine gewaltsame Verdrehung als wesentlicher Grund für die Luxation zu finden sei. Dass bei einer Luxation Retinaculum-Zerreißungen auftreten könnten, sei ebenfalls kein Argument gegen das Vorliegen einer Luxation auf dem Boden einer angeborenen Fehlform. Die Fehlform der Patella sei mit den Tangential-Aufnahmen der Kniescheibe vom 08.08.2013 sehr gut dargestellt. Sie sei links wie rechts ausgeprägt.
Hierzu hat der Kläger nochmals Stellung genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig und begründet.
Die angefochtenen Entscheidungen sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
Für das vom Kläger zur Entscheidung gestellte Begehren, das Ereignis vom 21.02.2010 als Arbeitsunfall anzuerkennen, ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nach ständiger Rechtsprechung BSG die zulässige Klageart (BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 3 Rn. 4, SozR 4-2700 § 8 Nr. 25 Rn. 8).
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 (oder 8 Abs. 2) SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs. 1 Satz 2).
Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung wesentlich ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) verursacht hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis wesentlich einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" erfüllen sollen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R -, zitiert nach juris Rn. 16 f.). Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf Grund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung im Urteil des BSG vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196-209 und in Juris).
Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nach dem Urteil des BSG vom 09.05.2006 (a.a.O., Rdnr. 15) nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Kläger am 21.02.2010 einen Arbeitsunfall erlitten. Sein Versicherungsschutz ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 12 SGB VII, wonach Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind (oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen teilnehmen), kraft Gesetzes gegen Arbeitsunfälle versichert sind. Die Bergwacht gehört ebenso wie das Deutsche Rote Kreuz, die DLRG und die Freiwillige Feuerwehr zu den von der Vorschrift erfassten Hilfeleistungsunternehmen (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 25.05.2009, L 2 U 25/08, in Juris). Der Kläger war am 21.02.2010 in der Zeit von 9:00 Uhr bis 17:00 Uhr unentgeltlich und ehrenamtlich als Bergwachthelfer für die B. S. e.V., Ortsgruppe M., tätig, was der Senat den Angaben in der Unfallanzeige und den Angaben des Klägers entnimmt und was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist. Der Kläger stand daher auch grundsätzlich unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Der Senat stellt darüber hinaus fest, dass die konkret ausgeübte Tätigkeit der Einweisung des landenden Hubschraubers Teil der Aufgaben des Klägers als Bergwachthelfer war und er im Rahmen dieser Tätigkeit den Einwirkungen der Rotoren und der hierdurch verursachten Abwinde des landenden Hubschraubers ausgesetzt war, die ein Entgegenstemmen des Körpers mit erheblicher Muskelkraft erforderte. Dabei kam es zu Schmerzen im Bereich des linken Kniegelenkes und zu einer Schwellung und Ergussbildung des linken Kniegelenkes bei hypermobiler Patella (so der D-Arztbericht von Dr. P. vom 22.02.2010). Erwiesen ist für den Senat aufgrund der vorliegenden Gutachten, wie Prof Dr. O. in seinem Gutachten vom 21.02.2014 ausführte, dass die Patella aus ihrem Halteapparat gerissen und weitere Gewebsanteile des linken Kniegelenkes mit geschädigt wurden. Dies ist durch den zeitlichen Ablauf, durch die MRT-Diagnostik und den Operationsbefund belegt, wo eine Zerreißung des medialen Retinaculums, ein Knorpelschaden am lateralen Femurkondylus und an der Patella beschrieben werden. Keiner der gehörten Sachverständigen hat dies in Zweifel gezogen, sodass der feststellbare Gesundheits(erst)schaden diese Gesundheitsstörungen umfasst.
Dass die Patella im konkreten Fall aufgrund der erforderlichen gegen den Abwind der Rotatoren aufzuwendenden Kraft luxieren kann und dies zumindest mitursächlich gewesen ist, steht für den Senat unter Berücksichtigung des Beweisergebnisses fest. Dabei legt der Senat zugrunde, dass der Kläger nicht alltägliche, sondern eine erhebliche Kraft, insbesondere im Bereich beider Beine hat aufwenden müssen, um sich dem in 10 Meter Entfernung im Landevorgang befindlichen Hubschrauber und dessen Abwinden entgegenstemmen zu können, was auch Dr. T., der selbst als stellvertretender Landesarzt für die B. S. e. V. tätig ist und dies aus eigener Anschauung beurteilen kann, für den Senat überzeugend dargelegt hat. Nach der von ihm zitierten Literatur unter Berücksichtigung der erforderlichen erheblichen Kraftaufwendung und der konkreten Situation des Einweisevorganges ist der Kläger im Ausfallschritt mit dem linken Fuß nach hinten versetzt und mit Fuß und Unterschenkel in Außenrotationsposition gestanden (vgl. Angaben gegenüber Dr. P. bei der ersten gutachterlichen Befragung nach dem Unfallereignis, die der Senat als aussagekräftig berücksichtigt). Nach den Angaben des gehörten Sachverständigen Dr. T. entspricht die Verrenkung bzw. Luxation der Kniescheibe einem Valgusextensionsaußenrotationsmechanismus. Bei voll belastetem Bein - so die von ihm zitierte Rentenliteratur - wird die Kniescheibe bei leichter Beugestellung im Kniegelenk (30°) und leichter Außendrehung des Unterschenkels bzw. Innendrehung des Oberschenkels durch maximale Anspannung der Streckmuskulatur aus ihrem Lager nach außen verrenkt. Angesichts der nach dem Ereignis feststellbaren erheblichen Folgen mit bereits beschriebener erheblicher Kniebinnenschädigung, den fehlenden durchschlagenden Hinweisen auf eine Verursachung durch körpereigene Ursachen (siehe unten), einem leeren Vorerkrankungsverzeichnis für Gesundheitsschäden im Bereich der Knie und der langjährigen Tätigkeit des Klägers als Bergwachthelfer sowie seines ebenfalls körperlich anspruchsvollen Berufes als Elektriker sieht der Senat eine entsprechende Stellung des Beines und die Kraftaufwendung des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalles nicht nur als wahrscheinlich, sondern als nachgewiesen an. Soweit die Beklagte insoweit auf die Erstangaben des Klägers verweist, vermag dies nicht zu überzeugen. Eine konkrete ausführliche Schilderung des Unfallherganges hatte sie nicht erhoben. Antworten des Verletzten zu formularmäßig vorgehaltenen Fragen vermochten nach Auffassung des Senats zumindest in dem vorliegenden Fall die konkrete Situation und Belastung während des Landemanövers des Hubschraubers nicht vollständig abzubilden. Dies gilt auch für das Gutachten von Dr. M., der die konkrete Position des linken Fußes nicht erfragte. Entscheidend ist im konkreten Fall, dass man nach dem unerwarteten Einschießen von Schmerzen im Rahmen einer erstmalig auftretenden Patellaluxation verständlicherweise nicht mehr erwarten kann, der Verletzte könne sich an die Stellung des Beines und Kniegelenkes und an ein Verdrehen des Kniegelenkes in diesem Moment tatsächlich erinnern. Dass sich der Kläger hieran nicht erinnern konnte, wie im Gutachten von Dr. M. angegeben, steht der begründeten Annahme, dass es dennoch zu einem solchen Verdrehmechanismus gekommen war, jedenfalls nicht entgegen.
Hat damit das versicherte Ereignis den Unfallschaden - wie hier - (s.o.) hervorgerufen und zumindest mitverursacht, ist zu prüfen, ob die versicherte Einwirkung diesen rechtlich wesentlich verursacht hat. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn nicht dem Versicherungsschutz unterliegende Mitursachen vorliegen, die ihrerseits rechtlich wesentlich sind. Unter Berücksichtigung oben genannter Grundsätze vermag sich der Senat nicht von einer überragenden Bedeutung der unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen überzeugen. Er folgt damit den Einlassungen von Dr. T. und Prof. Dr. O ... Rechtlich wesentlich haben auch nach Überzeugung des Senats in Übereinstimmung mit deren Ausführungen die Einwirkungen aus der versicherten Tätigkeit zur Knieluxation und den Kniebinnenschäden geführt.
Hierzu stellt der Senat fest, dass - wie vor allem Dr. P. und Dr. M. ausgeführt haben - eine sogenannte habituelle Kniescheibenluxation vorgelegen haben könnte, also ein und u.U. auch rechtlich wesentlich auf inneren und vorbestehenden Ursachen beruhender Grund für die festgestellten Unfallfolgen. Eine solche anlagebedingte Neigung zur Luxation wird begünstigt durch Form- und Lageanomalien der Kniescheibe, eine Dysplasie der Kniescheibe, eine Lateralisation der Tuberositas tibiae, ein Genu valgum, eine Lateralisation des Quadrizepszuges und schlaffe Retinakulae patellae und durch einen vergrößerten Q-Winkel (so Dr. Peters unter Berücksichtigung der aktuellen Rentenliteratur von Rompe und Erlenkämper). Dr. Peters führte weiter aus, dass sich habituelle Luxationen häufig spontan wieder einrenken, es bei einer ersten Luxation häufig zu einer Schädigung der medialen Zugverspannung der Kniescheibe, zu einem Reizerguss und zu Knorpelschäden am lateralen Femurkondylus und an der medialen Patellafacette komme. Ferner weist er darauf hin, dass auch plötzliche starke unkontrollierte Muskelanspannungen geeignet seien, eine Patellaluxation nach lateral zu verursachen. Dabei sei die Außenrotationsstellung des Unterschenkels bei Innenrotation des Oberschenkels unter voller Belastung des Beines ein begünstigender mitwirkender Faktor. In seinem Gutachten stellte er - wie Dr. M. und Dr. H. (Bericht über die MRT vom 02.03.2010) eine Jägerhut-Patella und eine abgeflachte laterale Femurkondyle aufgrund der Kernspintomographie vom 02.03.2010 und der von ihm angefertigten Röntgenaufnahmen fest und führte mit Blick auf die Rentenliteratur aus, dass bei zunehmender Ausprägung der Patelladysplasie eine umso geringere Intensität "der Verletzung" notwendig sei, um eine habituelle Patellaluxation zu verursachen. Der hochgradigen Dysplasie der linken Patella kommt seiner Einschätzung nach die überragende Bedeutung zu, nachdem sich der Kläger kontrolliert gegen die Abwinde gestemmt habe. Dieser Auffassung hat sich Dr. M. mit ähnlichen Erwägungen angeschlossen, wobei sein weitergehendes Argument eines vermehrten Q-Winkels deshalb nicht zusätzlich berücksichtigt werden kann, weil dessen Bestimmung nicht regelkonform mittels einer Ganzbeinstandaufnahme ermittelt wurde, worauf Dr. T. und Prof. Dr. O. zu Recht hinwiesen.
Dieser Argumentation vermochte sich der Senat jedoch nicht anzuschließen. Denn beide Sachverständige haben nicht darzulegen vermocht, dass die von ihnen angenommene Dysplasie der Patella (Jägerhut-Dysplasie), so sie denn besteht, auch im konkreten Fall wesentlich ursächlich geworden ist. Nach der von ihnen zitierten Rentenliteratur schaffen die beschriebenen Anomalien lediglich eine Disposition für eine Luxation, eine solche tritt aber nicht zwangsläufig ein. Vielmehr - und darauf hat Dr. P. selbst hingewiesen -, besteht eine Wechselwirkung zwischen Ausprägung der Patelladysplasie und der Intensität der Verletzung, was der Senat dahingehend versteht, dass die Intensität der Einwirkung umso geringer sein muss, je ausgeprägter die vorliegende Anomalie ausgeprägt ist. Dabei sieht der Senat eine solche Disposition aber keineswegs als nachgewiesen an, da sowohl Dr. T. als auch Prof. Dr. O. mit der Bestimmung einer Patella Wiberg III eine solche gerade verneint haben. Dies ist für den Senat angesichts der dem Gutachten O. im Anhang beigefügten Röngenbilder (vom 08.08.2013) nebst der bildhaften Lehrbucherläuterung der Klassifikation der Patellaform nach Wiberg schlüssig und nachvollziehbar, weil sich auch für den Senat die typische Jägerhutform am linken Knie nicht aus den Bildern ergibt. Wollte man eine solche dennoch unterstellen, ergäbe sich aber nicht zwangsläufig die Wesentlichkeit der Verursachung. Der Senat berücksichtigt insoweit, dass der Kläger seit November 1998 bei der Bergwacht ehrenamtlich tätig ist und einen körperlich anspruchsvollen Beruf als Elektriker ausgeübt hat, ohne dass es bislang zu behandlungsbedürftigen Erkrankungen oder gar Luxationen im Bereich der Kniegelenke gekommen war. Der Senat vermag sich daher auch nicht davon zu überzeugen, dass die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar gewesen ist (vgl. BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO; BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO), dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Dies hat insbesondere Prof. Dr. O. mit überzeugenden Gründen, denen sich der Senat anschließt, verneint.
Ebenso wenig vermögen den Senat die Einlassungen von Prof. Dr. H. von der rechtlich wesentlichen Verursachung durch eine anlagebedingte Erkrankung zu überzeugen. Dass Normabweichungen beim Kläger vorliegen, wird weder von Dr. T. noch von Prof. Dr. O. in Abrede gestellt. Beide bewerten diese allerdings als gering ausgeprägt. Entscheidend ist aber gerade sowohl deren Ausprägung als auch die Quantifizierung des Verursachungsbeitrages. Diesen von Prof. Dr. H. anders bewerteten Beitrag hält der Senat in der beratungsärztlichen Stellungnahme nicht für schlüssig dargelegt, weil hierzu auch gehört hätte, dass er sich eindeutig zur Klassifikation der auch ihm vorliegenden Tangential-Aufnahmen der Kniescheibe vom 08.08.2013 äußert. Dies hat er aber nicht getan, sondern offengelassen, ob er diese als Patella nach Wiberg III wertet oder als Jägerhut-Dysplasie. Nur letztere wird aber nach Auffassung aller gehörter Sachverständiger als unphysiologisch angesehen und als dispositioneller Faktor für einen habituellen Luxationsvorgang gewertet. Eine solche sieht der Senat hier aber nicht als nachgewiesen an. Schließlich führen auch Schönberger/Mehrtens/Valentin (Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 606) aus, dass sich nur über die Ausprägung der anatomischen Variante und die Zahl der erfüllten Einzelfaktoren Aussagen zum Risiko einer habituellen Luxationsverschiebung der Kniescheibe treffen lassen. Seiner Wertung, dass diesen hier die überragende Bedeutung zukommt, vermochte sich der Senat angesichts der gutachterlichen Wertungen von Dr. T. und Prof. Dr. O. aber nicht anzuschließen.
Der Berufung war daher unter Anerkennung des Ereignisses vom 21.02.2010 als Arbeitsunfall stattzugeben.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Es wird festgestellt, dass das Ereignis vom 21. Februar 2010 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung des Ereignisses vom 21.02.2010 als Arbeitsunfall.
Im Rahmen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Rettungssanitäter bzw. Bergwachthelfer der B. S. e.V. wies der 1981 geborene Kläger am 21.02.2010 in M.-H. einen landenden Helikopter, der zum Abtransport eines verunfallten Skispringers angefordert worden war, ein. Nach der Unfallanzeige der B. S. e.V. vom 25.02.2010 stemmte sich der Kläger im Ausfallschritt gegen den Abwind der laufenden Maschine, worauf das linke Knie wegknickte. Er wurde daraufhin mit dem Rettungswagen in die Klinik nach W.-T. gebracht. Dr. P. stellte in seinem Durchgangsarztbericht vom 22.02.2010 die Diagnose einer Luxation der Patella. Er stellte am linken Knie eine Schwellung und einen Erguss fest sowie eine hypermobile Patella. Bei der Röntgenuntersuchung seien keine knöchernen Verletzungen festgestellt worden. Es bestehe der Verdacht auf eine Patellaluxation mit spontaner Reposition. Im Zwischenbericht von Dr. H. vom 25.02.2010 wurde über einen Kniegelenkserguss berichtet, welcher am 25.02.2010 vom Hausarzt punktiert worden ist (40 ml Blut). Im Bericht über eine am 02.03.2010 erfolgte Kernspintomographie des linken Knies stellte Dr. H. folgende Diagnosen: • Zustand nach lateraler Luxation der Patella bei Einriss des medialen Retinaculum mit bone bruise der Außenkante des lateralen Condylus und der medialen Patellafacette. • Diffuser retropatellarer Knorpelschaden mit Jägerhut-Patella in residualer lateraler Subluxation. • Anzeichen für einen peripheren Einriss des Innenmeniskushinterhornes am Übergang in die Pars intermedia. • Plica medialis und hämorrhagischer Erguss.
Am 03.03.2010 führte der Chirurg und Orthopäde Dr. T. unter den Diagnosen "komplizierte Patellaluxation mit Einriss des medialen Retinaculums und Lig. patellofemorale medialis, Hämarthros und traumatische Außenmeniskushinterhornquetschung bei Jägerhut-Dysplasie links" eine arthroskopische Lavage, eine Außenmeniskushinterhornresektion, ein laterales Release und eine retropatelläre Knorpelglättung sowie eine offene Re-Insertion des LPFM und mediale Retinaculumnaht nach V. durch.
Der Kläger gab in dem ihm übersandten Formblatt ("Fragebogen bei Knieverletzungen") an, zum Einweisen des Hubschraubers im Ausfallschritt positioniert gewesen zu sein. Beim Stemmen gegen den Abwind der laufenden Maschine sei das linke Knie weggeknickt. Durch Ankreuzen entsprechender Vorgaben gab er an, er sei seitlich im X-Sinn bei gebeugtem Kniegelenk eingeknickt. Die Fragen nach einer Verdrehung und einer Fixierung des Fußes bei dieser Verdrehung verneinte er jeweils. Er gab ferner an, zur Seite gestürzt zu sein und dass die Kniescheibe vor dem Sturz luxiert sei. Sie habe sich selbst, beim Sturz, wieder reponiert.
Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. E., der die Auffassung vertrat, es habe sich nicht um einen Unfall im Sinne des Gesetzes gehandelt, lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 21.02.2010 als Versicherungsfall mit Bescheid vom 25.03.2010 ab, wogegen der Kläger Widerspruch einlegte.
In seinem Schreiben vom 09.04.2010 nahm Dr. T. zur Ablehnung des Arbeitsunfalles Stellung und führte aus, dass es nachvollziehbar sei, dass ein Ausfallschritt kein Unfallereignis im eigentlichen Sinne sei und die aufgeführte, radiologisch nachgewiesene Jägerhutform der linken Kniescheibe als anlagebedingte Veränderung gewertet werde. Aus unfallchirurgischer Sicht sei jedoch darauf hinzuweisen, dass trotz der unfallunabhängigen krankhaften Veränderung (Jägerhutpatella) bis dato im alltäglichen Leben keinerlei gesundheitliche Beschwerden aufgetreten seien und sich die einwirkende Kraft als schädigendes Moment ausschließlich auf ein noch näher zu beschreibendes Unfallereignis bezogen habe und hierdurch eine klinisch, kernspintomographisch und auch intraoperativ nachgewiesene vollständige Zerreißung des inneren Kniescheibenhaltebandapparates eingetreten sei. Der nachträglich lateralisierte Lauf der Kniescheibe sei ebenso als Unfallfolge eingetreten und habe nicht vorbestanden. Aufgrund des nochmals erfragten Unfallereignisses gehe er von einem sogenannten "DOBN-WASH" (gemeint war wohl DOWN-WASH) aus, bei dem es infolge einer Hubschrauberlandung zu abrupten, für den einweisenden Rettungsassistenten nicht vorhersehbaren Luftverwirbelungen komme, die mit vergleichsweise Orkanstärke jeden Menschen umwerfen beziehungsweise - wie in diesem Fall - bei auf Schnee festgestelltem linken Fuß zu einer wurfartigen, abgewendeten Körperbewegung und damit gewaltsamen Verdrehung des linken Kniegelenkes führen würde. Dies sei nicht vergleichbar mit einem ähnlich gearteten Mechanismus bei Gelegenheit, sondern stelle einen Unfall im Sinne des Gesetzes dar. Der arthroskopische Befund habe keine fassbaren Knorpelveränderungen im Bereich des Kniescheibe gezeigt und die Zerreißung des Bandapparates müsse als frische Verletzung gewertet werden. Auch der behandelnde Allgemeinarzt Dr. B. ging in seinem Bericht vom 30.04.2010 von einer Gewalteinwirkung von Orkanstärke durch den Down-Wash des Hubschraubers aus, durch den der Kläger aus seiner Lage gewaltsam gehebelt und umgeworfen worden sei. Er habe den Unfall während seiner Notarzttätigkeit selber beobachtet.
Die Beklagte zog ein Vorerkrankungsverzeichnis der IKK C., F., bei. Dr. E. wies in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 12.05.2010 darauf hin, dass die Auffassung von Dr. T. im Widerspruch zu dem vom Versicherten mitgeteilten Unfallhergang stünde. Dieser habe angegeben, dass die Patella vor dem Sturz luxiert gewesen sei und der Sturz erst infolge der Patellaluxation erfolgt sei. Eine Verdrehung des Kniegelenkes habe nicht stattgefunden, auch eine Fixierung des Unterschenkels habe nicht bestanden. Gegen eine traumatische Luxation spreche auch, dass sich die Luxation spontan reponierte. Es handele sich seines Erachtens um eine klassische habituelle Patellaluxation. Durch die Dysplasie der Patella sei es durch das Überwiegen der Kräfte, die auf die laterale Patella eingewirkt hätten, zu einer Luxation gekommen. Die Luxation habe in Folge Hypomochlionwirkung zu einer Knorpelschädigung im Bereich des lateralen Femurcondylus geführt und auch zu einer Zerreißung des medialen Retinaculums mit anschließender Einblutung ins Kniegelenk. Es handele sich daher nicht um einen Unfall im Sinne des Gesetzes.
In dem daraufhin in Auftrag gegebenen Gutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. P., B.-K., vom 26.06.2010 gab der Kläger an, beim Einweisen des Hubschraubers auf einer ebenen Schneefläche gestanden zu haben. Während der Hubschrauberlandung habe er in ca. 10 Meter Entfernung vom Hubschrauber gestanden und sich mit beiden Beinen gegen die Abwinde der Hubschrauberrotoren stemmen müssen. Er habe im Ausfallschritt mit dem linken Fuß nach hinten versetzt gestanden und dabei mit dem linken Fuß und Unterschenkel in Außenrotationposition. Dabei sei es zur spontanen Kniescheibenverrenkung gekommen, worauf er zu Boden gestützt sei. Er glaube, das Zurückspringen der linken Kniescheibe gespürt zu haben. Dr. P. führte aus, dass der kontrollierten Kraftanstrengung mit nachfolgenden Schäden an einer Sehne oder an einem Gelenk in der gesetzlichen Unfallversicherung kein Unfallereignis zukomme. Das Ereignis vom 21.02.2010 stelle kein adäquates Unfallereignis im Sinne der Unfallversicherung dar. Bei dem Kläger seien mit der Jägerhut-Patella und der abgeflachten lateralen Femurcondyle die typischen Merkmale einer anlagebedingten Patelladysplasie nachweisbar. Nach Angaben der Literatur sei bei zunehmender Ausprägung der Patelladysplasie eine umso geringere Intensität der Verletzung notwendig, um eine habituelle Patellaluxation zu verursachen. Dieser Sachverhalt liege vor. Die bisherige radiologische Diagnostik habe eine hochgradige Dysplasie der linken Patella im Sinne einer Jägerhut-Patella bestätigt. Unter Berücksichtigung des Unfallherganges sei davon auszugehen, dass der Kläger auf einer ebenen Fläche (frei geräumte schneebedeckte Oberfläche) gestanden habe. Er habe sich während der Hubschrauberlandung kontrolliert gegen die Abwinde der Hubschrauberrotoren stemmen müssen. Hierbei habe es sich um eine kontrollierte Muskelanspannung gehandelt, die nach Angaben der Literatur nicht als adäquates Trauma gewertet werde, welche in der Lage sei, eine Kniescheibe nach lateral zu verrenken.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Gegen den seinen Bevollmächtigten am 02.11.2010 zugegangenen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 01.12.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben.
Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen eines orthopädischen Gutachtens bei Dr. M., F ... Auch ihm gegenüber hat der Kläger angegeben, dass es beim Gegenstemmen gegen den Wind des Rotors zu einem plötzlich einschießenden Schmerz im linken Kniegelenk durch das Ausrenken der Kniescheibe gekommen sei. Anschließend sei er zu Boden gestürzt und die Kniescheibe habe sich von selbst wieder eingerenkt. An ein Verdrehen des Kniegelenkes oder an einen andersartigen Unfallmechanismus könne er sich nicht erinnern. Dr. M. hat (Gutachten vom 01.06.2011) ausgeführt, dass aus orthopädischer Sicht keine durch das Ereignis vom 21.02.2010 verursachte unfallbedingte Gesundheitsstörung vorliege. Die von den behandelnden Ärzten angeführte Beschwerdefreiheit vor dem angeschuldigten Ereignis sei unzutreffend, weil der Kläger bereits vor dem Unfallereignis an retropatellaren Reibegeräuschen gelitten habe. Zum anderen gebe es keinen Hinweis auf eine traumatische Patellaluxation, weil auch die erstmalige habituelle Patellaluxation in der Regel ohne vorherige Kniegelenksbeschwerden auftrete. Die von Dr. T. arthroskopisch gesicherten umfangreichen Begleitschäden am betroffenen Kniegelenk (Zerreißung des medialen Retinaculums, Knorpelschaden am lateralen Femurcondylus und an der Patella) genügten nach der Literatur für die Anerkennung einer traumatischen Patellaluxation nicht, weil solche Zerreißungen bzw. Abscherfrakturen auch bei habituellen Luxationen beobachtet würden und abhängig von der Kippung der Kniescheibe und der Beugestellung des Kniegelenkes seien. Soweit Dr. B. und Dr. T. bezüglich des Unfallmechanismus ausführten, dass es sich bei dem Vorgang um einen "Down-Wash-Effekt" gehandelt habe, bei dem der Patient durch eine unvorhersehbare Luftverwirbelung aus seiner Position gehebelt und umgeworfen worden sei, widersprächen dieser Darstellung die Schilderungen im DAB vom 22.02.2010, im Unfallbericht vom 25.02.2010, im Bericht zum Unfallhergang vom 12.03.2010 und die nochmalige Schilderung des Unfallherganges durch den Kläger im Gutachten von Dr. P. und anlässlich der eigenen gutachterlichen Untersuchung. Beim Kläger fänden sich darüber hinaus zahlreiche Risikofaktoren, die das Auftreten einer habituellen und somit unfallunabhängigen Patellaluxation begünstigten. Hier sei vor allem der vermehrte linksseitige Q-Winkel, die beidseitige vermehrte Patellamobiliät, die Verkürzung der medialen Kniebeuger, die Patella- und Kondylendysplasie, die Patella alta bds. sowie die trotz medialer Raffung vorhandene Patellalateralisierung zu nennen.
Auf Kosten und Antrag des Klägers hat das SG Dr. T. mit der Erstellung eines weiteren Gutachtens beauftragt. Dieser hat unter dem 04.01.2012 folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Zustand nach Patellaluxation links und arthroskopisch lateralem Release sowie medialer Retinaculumnaht nach Viernstein und retropatellärer Knorpelglättung; Zustand nach lateraler Meniskushinterhornteilentfernung; leichter Patellahochstand beidseits bei anatomischer Patellavariante Typ Wiberg II-III; postoperativ noch nachweisbare Funktionsminderung mit endgradiger Beugeeinschränkung. Seines Erachtens seien die vorbestehenden anatomischen Varianten nicht als ursächlich für die erlittene Patellaluxation links anzusehen, sondern die natürliche Einwirkung des Ereignisses vom 21.02.2010. Die vorliegende Kniescheibenform sei auch nach der Rentenliteratur als Normalform und anatomische Variante des Kniescheibentyps III nach Wiberg und Baumgartel als allgemein akzeptiert angesehen worden. Die irrtümlich von der kernspintomographischen Befunddokumentation ausgehende Deklaration als Jägerhutpatella sei gekennzeichnet durch das völlige Fehlen der medialen Facette und somit der Ausbildung einer halben Kniescheibe, die als Sonderform tatsächlich, wie auch der Kniescheibentyp IV, als Dysplasie bezeichnet werde und damit ein erhöhtes Luxationsrisiko aufweise. Die variantenreiche Form der Kniescheibengleitrinne (Trochlea) sei nach der von ihm dokumentierten Diagnostik ebenfalls als normal mit einem Sulcuswinkel von 133° beidseits nach Hepp zu bezeichnen und zeige praktisch kein Luxationsrisiko. Seine eigenen klinischen und radiologischen Untersuchungen ergäben lediglich einen leichten Hochstand der Kniescheibe als auffälligen, jedoch noch nicht krankhaften Befund. Außer einer leichten Patella alta-Stellung bestünde kein weiterer dispositioneller Luxations-Faktor. Soweit beide Vorgutachter den erhöhten Q-Winkel als zusätzliches Luxationsrisiko beschrieben, sei darauf hinzuweisen, dass nach der vorliegenden Dokumentation der Unfallakte keine Ganzbeinstandaufnahmen angefertigt worden seien und ihm vorlägen. Die klinische Bestimmung eines Q-Winkels am liegenden Patienten sei nicht standardisiert und daher auch nicht verwertbar. Es bliebe damit lediglich der leichte Kniescheibenhochstand als nicht unfallbedingter Faktor zu diskutieren, welcher eine traumatische Patellaluxation begünstige. Die auf den Körper des Versicherten einwirkende Kraft sei erheblich gewesen. Es sei ein Mechanismus gegeben gewesen, der den Kläger wie eine Orkanböe von oben eintreffend nach seitlich gerichtet erfasst habe und zusätzlich durch den Verlust der räumlichen Orientierung im Schneewirbel unfallbedingend gewesen sei. Der Unfallmechanismus eines plötzlichen Herumreißens des gesamten Körpers durch den "Down-Wash" des Hubschraubers sei als wesentliche Ursache erkennbar. Unter Berücksichtigung der Kniegelenkstellung stelle er fest, dass der vom Versicherten angegebene feste Stand im Schnee ein funktionelles Festhalten des Unterschenkels zum übrigen Körper bedeutet habe, ganz egal ob der linke Fuß nach vorne oder nach hinten gestellt gewesen sei. Sofern in dieser Position eine von außen einwirkende Gewalt den Körper mit dem Oberschenkel gegen den feststehenden Unterschenkel im Kniegelenk treffe, komme es nur beim gestreckten Bein zu einer rein seitlichen Gewalteinwirkung. Insofern könne aus biomechanischer Betrachtung in allen anderen Kniegelenksstellungen auch mit nur leichter Kniegelenksbeugung ein seitliches Wegknicken nicht ohne Verdrehung (Rotation) im Kniegelenk geschehen. Dass sich dies tatsächlich ereignet habe, sei durch den arthroskopisch gesicherten Befund der Knorpelstauchungen im Bereich der äußeren Oberschenkelrolle, die im Außenmeniskushinterhorn erkennbar eingeblutete Quetschzone mit kleinem Lappenriss, sowie der Zerreißung des medialen Retinaculums mit Ausriss des Ligamentum patellofemurale medialis und dem entsprechenden Bluterguss belegt. Insofern liege aus Wertung der beschriebenen Schäden auch ohne Wissen der vom Unfallversicherten angegebenen Standposition des linken Beines mit höchster Wahrscheinlichkeit nahe, dass es sich bei dem erlittenen Unfall um ein Valgusaußenrotationstrauma gehandelt habe. Die Diskussion einer Begünstigung des Unfalles durch einen Kniescheibenhochstand sei insofern nicht mehr bedeutend.
Gegen diese Einschätzung hat die Beklagte im Schriftsatz vom 29.02.2012 Einwendungen erhoben.
Mit Urteil vom 26.09.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und die Auffassung vertreten, dass der Kläger kein Gesundheitsschaden erlitten habe, für den die versicherte Tätigkeit zumindest wesentlich mitursächlich gewesen sei. Zur Begründung hat es sich auf die Ausführungen von Dr. P. und Dr. M. gestützt, welche nachvollziehbar darauf hingewiesen hätten, dass auch die erstmalige habituelle Patellaluxation in der Regel ohne vorherige Kniegelenksbeschwerden auftrete. Beim Kläger lägen zahlreiche Risikofaktoren vor, die das Auftreten einer habituellen Patellaluxation begünstigten.
Gegen das ihm am 29.10.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.11.2012 Berufung eingelegt. Er verweist zur Begründung auf die Darstellung des sachverständigen Zeugen Dr. B. vom 30.04.2010, der Zeuge des Vorgangs und diensthabender Notarzt am Unfallort gewesen sei. Er habe den Vorgang beobachtet und die ergebnisorientierte Behauptung widerlegt, dass es sich bei dem Vorgang um einen "bewegungsüblichen Ablauf ohne äußere Einwirkung" gehandelt habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. September 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2010 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 21. Februar 2010 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält daran fest, dass unter Berücksichtigung der Gutachten von Dr. M. und Dr. P. die Kausalität zwischen Ereignis und Gesundheitsschaden juristisch zutreffend verneint worden sei.
Der Senat hat Beweis erhoben durch das Einholen eines orthopädisch-unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens bei Prof. Dr. O., M ... Dieser hat (Gutachten vom 21.02.2014) ausgeführt, dass es am 21.02.2010 während eines grundsätzlich versicherten Einsatzes als Bergretter zu einem akuten Ereignis gekommen sei, bei dem oder in Folge dessen die linke Patella aus ihrem Halteapparat gerissen worden und weitere Gewebsanteile des linken Kniegelenkes mitgeschädigt worden seien. Darüber hinaus gebe es - wenn auch in wenig ausgeprägter Form - vorbestehende sogenannte Anlageformabweichungen von Patella und Patella-gleitlager bzw. -halteapparat beim Kläger. Zum eigentlichen Schadensablauf, insbesondere aus der ereignisnahen Zeit, bestünden widersprüchliche Aussagen des Klägers und der primär behandelnden oder dokumentierenden Ärzte. Aus jetziger Sicht seien alle Annahmen (von Klägerseite wie von Gutachterseite) Spekulation und gingen noch darüber hinaus (z. B. Kraft von Fallwinden eines Hubschrauberrotors). Einzig feststehend dürfte sein, dass der Kläger bei o. g. Ereignis keinen sicheren Stand gehabt habe (Schnee, Hubschrauber), wobei er aber in seinem eigentlichen Beruf als Elektriker regelmäßig klettern und Leitern nutzen musste und ein unsicherer bzw. Zwangsstand arbeitstäglich aufgetreten sei. Im vorliegenden Fall neige er aufgrund der doch gering ausgeprägten Anlageformabweichung und der zweifelsfrei unsicheren Standsituation des Klägers eher der Annahme eines Unfallgeschehens zu. Es falle ihm schwer anzunehmen, dass bei dem Kläger mit seiner konkreten arbeitstäglichen, langjährigen beruflichen Belastung beim Stehen/Klettern das Ereignis vom 21.02.2010 ein bloßes Anlassgeschehen gewesen sei, welches in gleicher Form auch zu jedem anderen Zeitpunkt hätte eintreten können und mit den gleichen Schäden verbunden gewesen wäre. Ein weiteres Argument für die Unfallursächlichkeit könne die Feststellung sein, dass es auch zu komplexeren Schäden im Kniegelenk gekommen sei (Bänder und Menisken).
Die Beklagte hat hierauf unter Vorlage einer unfallchirurgisch/orthopädischen Stellungnahme von Prof. Dr. H. Stellung genommen. Prof. Dr. H. hat die Auffassung vertreten, dass mehrere Zeichen einer dysplastischen Formabweichung im retropatellaren Gelenk vorgelegen hätten, die eine Neigung zur Kniescheibenluxation begünstigten. Er führte aus, dass die Angaben zum Ablauf des Ereignisses variierten, aber doch eindeutig festzustellen sei, dass eine Gewalteinwirkung von außen oder aber ein Sturz mit gewaltsamer Rotation des Kniegelenkes nicht stattgefunden habe. Der Kläger habe das Bein im Ausfallschritt als Abstemmung gegen den Wind belastet. Es habe sich um eine kontrollierte Muskelanspannung gehandelt, bei der ein normal konfiguriertes Kniegelenk nicht zur Patellaluxation neige. Nur wegen der Fehlform der Patella, der Lateralisation der Patella und der etwas nach außen abgeflachten Femurkondyle habe ein solches kontrolliertes Abstemmen zur Patellaluxation führen können. Es sei also die Fehlform der wesentliche Anteil und die willkürliche Kraftanstrengung das auslösende Moment gewesen. Soweit Prof. Dr. O. erwähne, der Kläger habe keinen sicheren Stand gehabt, sei diese Annahme wie die Annahme orkanartiger Luftwirbel reine Spekulation und könne kaum von Relevanz sein. Die Standunsicherheit sei hypothetisch und werde nicht einmal vom Kläger selbst vorgetragen. Auch dass der Kläger vor dem Ereignis seinen Beruf ohne Luxation habe ausüben können, sei kein Argument gegen die tatsächlich nachgewiesene Formveränderung im retropatellaren Gelenk. Solche Formveränderungen könnten irgendwann zur Luxation führen, auch wenn kein von außen wirkendes Ereignis oder keine gewaltsame Verdrehung als wesentlicher Grund für die Luxation zu finden sei. Dass bei einer Luxation Retinaculum-Zerreißungen auftreten könnten, sei ebenfalls kein Argument gegen das Vorliegen einer Luxation auf dem Boden einer angeborenen Fehlform. Die Fehlform der Patella sei mit den Tangential-Aufnahmen der Kniescheibe vom 08.08.2013 sehr gut dargestellt. Sie sei links wie rechts ausgeprägt.
Hierzu hat der Kläger nochmals Stellung genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig und begründet.
Die angefochtenen Entscheidungen sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
Für das vom Kläger zur Entscheidung gestellte Begehren, das Ereignis vom 21.02.2010 als Arbeitsunfall anzuerkennen, ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nach ständiger Rechtsprechung BSG die zulässige Klageart (BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 3 Rn. 4, SozR 4-2700 § 8 Nr. 25 Rn. 8).
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 (oder 8 Abs. 2) SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs. 1 Satz 2).
Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung wesentlich ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) verursacht hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis wesentlich einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" erfüllen sollen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R -, zitiert nach juris Rn. 16 f.). Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf Grund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung im Urteil des BSG vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196-209 und in Juris).
Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nach dem Urteil des BSG vom 09.05.2006 (a.a.O., Rdnr. 15) nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Kläger am 21.02.2010 einen Arbeitsunfall erlitten. Sein Versicherungsschutz ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 12 SGB VII, wonach Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind (oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen teilnehmen), kraft Gesetzes gegen Arbeitsunfälle versichert sind. Die Bergwacht gehört ebenso wie das Deutsche Rote Kreuz, die DLRG und die Freiwillige Feuerwehr zu den von der Vorschrift erfassten Hilfeleistungsunternehmen (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 25.05.2009, L 2 U 25/08, in Juris). Der Kläger war am 21.02.2010 in der Zeit von 9:00 Uhr bis 17:00 Uhr unentgeltlich und ehrenamtlich als Bergwachthelfer für die B. S. e.V., Ortsgruppe M., tätig, was der Senat den Angaben in der Unfallanzeige und den Angaben des Klägers entnimmt und was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist. Der Kläger stand daher auch grundsätzlich unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Der Senat stellt darüber hinaus fest, dass die konkret ausgeübte Tätigkeit der Einweisung des landenden Hubschraubers Teil der Aufgaben des Klägers als Bergwachthelfer war und er im Rahmen dieser Tätigkeit den Einwirkungen der Rotoren und der hierdurch verursachten Abwinde des landenden Hubschraubers ausgesetzt war, die ein Entgegenstemmen des Körpers mit erheblicher Muskelkraft erforderte. Dabei kam es zu Schmerzen im Bereich des linken Kniegelenkes und zu einer Schwellung und Ergussbildung des linken Kniegelenkes bei hypermobiler Patella (so der D-Arztbericht von Dr. P. vom 22.02.2010). Erwiesen ist für den Senat aufgrund der vorliegenden Gutachten, wie Prof Dr. O. in seinem Gutachten vom 21.02.2014 ausführte, dass die Patella aus ihrem Halteapparat gerissen und weitere Gewebsanteile des linken Kniegelenkes mit geschädigt wurden. Dies ist durch den zeitlichen Ablauf, durch die MRT-Diagnostik und den Operationsbefund belegt, wo eine Zerreißung des medialen Retinaculums, ein Knorpelschaden am lateralen Femurkondylus und an der Patella beschrieben werden. Keiner der gehörten Sachverständigen hat dies in Zweifel gezogen, sodass der feststellbare Gesundheits(erst)schaden diese Gesundheitsstörungen umfasst.
Dass die Patella im konkreten Fall aufgrund der erforderlichen gegen den Abwind der Rotatoren aufzuwendenden Kraft luxieren kann und dies zumindest mitursächlich gewesen ist, steht für den Senat unter Berücksichtigung des Beweisergebnisses fest. Dabei legt der Senat zugrunde, dass der Kläger nicht alltägliche, sondern eine erhebliche Kraft, insbesondere im Bereich beider Beine hat aufwenden müssen, um sich dem in 10 Meter Entfernung im Landevorgang befindlichen Hubschrauber und dessen Abwinden entgegenstemmen zu können, was auch Dr. T., der selbst als stellvertretender Landesarzt für die B. S. e. V. tätig ist und dies aus eigener Anschauung beurteilen kann, für den Senat überzeugend dargelegt hat. Nach der von ihm zitierten Literatur unter Berücksichtigung der erforderlichen erheblichen Kraftaufwendung und der konkreten Situation des Einweisevorganges ist der Kläger im Ausfallschritt mit dem linken Fuß nach hinten versetzt und mit Fuß und Unterschenkel in Außenrotationsposition gestanden (vgl. Angaben gegenüber Dr. P. bei der ersten gutachterlichen Befragung nach dem Unfallereignis, die der Senat als aussagekräftig berücksichtigt). Nach den Angaben des gehörten Sachverständigen Dr. T. entspricht die Verrenkung bzw. Luxation der Kniescheibe einem Valgusextensionsaußenrotationsmechanismus. Bei voll belastetem Bein - so die von ihm zitierte Rentenliteratur - wird die Kniescheibe bei leichter Beugestellung im Kniegelenk (30°) und leichter Außendrehung des Unterschenkels bzw. Innendrehung des Oberschenkels durch maximale Anspannung der Streckmuskulatur aus ihrem Lager nach außen verrenkt. Angesichts der nach dem Ereignis feststellbaren erheblichen Folgen mit bereits beschriebener erheblicher Kniebinnenschädigung, den fehlenden durchschlagenden Hinweisen auf eine Verursachung durch körpereigene Ursachen (siehe unten), einem leeren Vorerkrankungsverzeichnis für Gesundheitsschäden im Bereich der Knie und der langjährigen Tätigkeit des Klägers als Bergwachthelfer sowie seines ebenfalls körperlich anspruchsvollen Berufes als Elektriker sieht der Senat eine entsprechende Stellung des Beines und die Kraftaufwendung des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalles nicht nur als wahrscheinlich, sondern als nachgewiesen an. Soweit die Beklagte insoweit auf die Erstangaben des Klägers verweist, vermag dies nicht zu überzeugen. Eine konkrete ausführliche Schilderung des Unfallherganges hatte sie nicht erhoben. Antworten des Verletzten zu formularmäßig vorgehaltenen Fragen vermochten nach Auffassung des Senats zumindest in dem vorliegenden Fall die konkrete Situation und Belastung während des Landemanövers des Hubschraubers nicht vollständig abzubilden. Dies gilt auch für das Gutachten von Dr. M., der die konkrete Position des linken Fußes nicht erfragte. Entscheidend ist im konkreten Fall, dass man nach dem unerwarteten Einschießen von Schmerzen im Rahmen einer erstmalig auftretenden Patellaluxation verständlicherweise nicht mehr erwarten kann, der Verletzte könne sich an die Stellung des Beines und Kniegelenkes und an ein Verdrehen des Kniegelenkes in diesem Moment tatsächlich erinnern. Dass sich der Kläger hieran nicht erinnern konnte, wie im Gutachten von Dr. M. angegeben, steht der begründeten Annahme, dass es dennoch zu einem solchen Verdrehmechanismus gekommen war, jedenfalls nicht entgegen.
Hat damit das versicherte Ereignis den Unfallschaden - wie hier - (s.o.) hervorgerufen und zumindest mitverursacht, ist zu prüfen, ob die versicherte Einwirkung diesen rechtlich wesentlich verursacht hat. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn nicht dem Versicherungsschutz unterliegende Mitursachen vorliegen, die ihrerseits rechtlich wesentlich sind. Unter Berücksichtigung oben genannter Grundsätze vermag sich der Senat nicht von einer überragenden Bedeutung der unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen überzeugen. Er folgt damit den Einlassungen von Dr. T. und Prof. Dr. O ... Rechtlich wesentlich haben auch nach Überzeugung des Senats in Übereinstimmung mit deren Ausführungen die Einwirkungen aus der versicherten Tätigkeit zur Knieluxation und den Kniebinnenschäden geführt.
Hierzu stellt der Senat fest, dass - wie vor allem Dr. P. und Dr. M. ausgeführt haben - eine sogenannte habituelle Kniescheibenluxation vorgelegen haben könnte, also ein und u.U. auch rechtlich wesentlich auf inneren und vorbestehenden Ursachen beruhender Grund für die festgestellten Unfallfolgen. Eine solche anlagebedingte Neigung zur Luxation wird begünstigt durch Form- und Lageanomalien der Kniescheibe, eine Dysplasie der Kniescheibe, eine Lateralisation der Tuberositas tibiae, ein Genu valgum, eine Lateralisation des Quadrizepszuges und schlaffe Retinakulae patellae und durch einen vergrößerten Q-Winkel (so Dr. Peters unter Berücksichtigung der aktuellen Rentenliteratur von Rompe und Erlenkämper). Dr. Peters führte weiter aus, dass sich habituelle Luxationen häufig spontan wieder einrenken, es bei einer ersten Luxation häufig zu einer Schädigung der medialen Zugverspannung der Kniescheibe, zu einem Reizerguss und zu Knorpelschäden am lateralen Femurkondylus und an der medialen Patellafacette komme. Ferner weist er darauf hin, dass auch plötzliche starke unkontrollierte Muskelanspannungen geeignet seien, eine Patellaluxation nach lateral zu verursachen. Dabei sei die Außenrotationsstellung des Unterschenkels bei Innenrotation des Oberschenkels unter voller Belastung des Beines ein begünstigender mitwirkender Faktor. In seinem Gutachten stellte er - wie Dr. M. und Dr. H. (Bericht über die MRT vom 02.03.2010) eine Jägerhut-Patella und eine abgeflachte laterale Femurkondyle aufgrund der Kernspintomographie vom 02.03.2010 und der von ihm angefertigten Röntgenaufnahmen fest und führte mit Blick auf die Rentenliteratur aus, dass bei zunehmender Ausprägung der Patelladysplasie eine umso geringere Intensität "der Verletzung" notwendig sei, um eine habituelle Patellaluxation zu verursachen. Der hochgradigen Dysplasie der linken Patella kommt seiner Einschätzung nach die überragende Bedeutung zu, nachdem sich der Kläger kontrolliert gegen die Abwinde gestemmt habe. Dieser Auffassung hat sich Dr. M. mit ähnlichen Erwägungen angeschlossen, wobei sein weitergehendes Argument eines vermehrten Q-Winkels deshalb nicht zusätzlich berücksichtigt werden kann, weil dessen Bestimmung nicht regelkonform mittels einer Ganzbeinstandaufnahme ermittelt wurde, worauf Dr. T. und Prof. Dr. O. zu Recht hinwiesen.
Dieser Argumentation vermochte sich der Senat jedoch nicht anzuschließen. Denn beide Sachverständige haben nicht darzulegen vermocht, dass die von ihnen angenommene Dysplasie der Patella (Jägerhut-Dysplasie), so sie denn besteht, auch im konkreten Fall wesentlich ursächlich geworden ist. Nach der von ihnen zitierten Rentenliteratur schaffen die beschriebenen Anomalien lediglich eine Disposition für eine Luxation, eine solche tritt aber nicht zwangsläufig ein. Vielmehr - und darauf hat Dr. P. selbst hingewiesen -, besteht eine Wechselwirkung zwischen Ausprägung der Patelladysplasie und der Intensität der Verletzung, was der Senat dahingehend versteht, dass die Intensität der Einwirkung umso geringer sein muss, je ausgeprägter die vorliegende Anomalie ausgeprägt ist. Dabei sieht der Senat eine solche Disposition aber keineswegs als nachgewiesen an, da sowohl Dr. T. als auch Prof. Dr. O. mit der Bestimmung einer Patella Wiberg III eine solche gerade verneint haben. Dies ist für den Senat angesichts der dem Gutachten O. im Anhang beigefügten Röngenbilder (vom 08.08.2013) nebst der bildhaften Lehrbucherläuterung der Klassifikation der Patellaform nach Wiberg schlüssig und nachvollziehbar, weil sich auch für den Senat die typische Jägerhutform am linken Knie nicht aus den Bildern ergibt. Wollte man eine solche dennoch unterstellen, ergäbe sich aber nicht zwangsläufig die Wesentlichkeit der Verursachung. Der Senat berücksichtigt insoweit, dass der Kläger seit November 1998 bei der Bergwacht ehrenamtlich tätig ist und einen körperlich anspruchsvollen Beruf als Elektriker ausgeübt hat, ohne dass es bislang zu behandlungsbedürftigen Erkrankungen oder gar Luxationen im Bereich der Kniegelenke gekommen war. Der Senat vermag sich daher auch nicht davon zu überzeugen, dass die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar gewesen ist (vgl. BSG SozR Nr. 69 zu § 542 a.F. RVO; BSG SozR Nr. 6 zu § 589 RVO), dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Dies hat insbesondere Prof. Dr. O. mit überzeugenden Gründen, denen sich der Senat anschließt, verneint.
Ebenso wenig vermögen den Senat die Einlassungen von Prof. Dr. H. von der rechtlich wesentlichen Verursachung durch eine anlagebedingte Erkrankung zu überzeugen. Dass Normabweichungen beim Kläger vorliegen, wird weder von Dr. T. noch von Prof. Dr. O. in Abrede gestellt. Beide bewerten diese allerdings als gering ausgeprägt. Entscheidend ist aber gerade sowohl deren Ausprägung als auch die Quantifizierung des Verursachungsbeitrages. Diesen von Prof. Dr. H. anders bewerteten Beitrag hält der Senat in der beratungsärztlichen Stellungnahme nicht für schlüssig dargelegt, weil hierzu auch gehört hätte, dass er sich eindeutig zur Klassifikation der auch ihm vorliegenden Tangential-Aufnahmen der Kniescheibe vom 08.08.2013 äußert. Dies hat er aber nicht getan, sondern offengelassen, ob er diese als Patella nach Wiberg III wertet oder als Jägerhut-Dysplasie. Nur letztere wird aber nach Auffassung aller gehörter Sachverständiger als unphysiologisch angesehen und als dispositioneller Faktor für einen habituellen Luxationsvorgang gewertet. Eine solche sieht der Senat hier aber nicht als nachgewiesen an. Schließlich führen auch Schönberger/Mehrtens/Valentin (Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 606) aus, dass sich nur über die Ausprägung der anatomischen Variante und die Zahl der erfüllten Einzelfaktoren Aussagen zum Risiko einer habituellen Luxationsverschiebung der Kniescheibe treffen lassen. Seiner Wertung, dass diesen hier die überragende Bedeutung zukommt, vermochte sich der Senat angesichts der gutachterlichen Wertungen von Dr. T. und Prof. Dr. O. aber nicht anzuschließen.
Der Berufung war daher unter Anerkennung des Ereignisses vom 21.02.2010 als Arbeitsunfall stattzugeben.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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