Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 3757/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Stellt eine Krankenkasse rückwirkend fest, für einen Rentner habe bei ihr statt einer freiwilligen Mitgliedschaft eine Pflichtmitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V bestanden, so ist der Rentenversicherungsträger nicht berechtigt, die Bewilligung eines gezahlten Zuschusses zu den Aufwendungen für die freiwillige Krankenversicherung rückwirkend nach § 47 SGB X zu widerrufen, sofern der Rentner durchgehend seine Krankenversicherungsbeiträge entrichtet hatte.
1. Der Bescheid vom 20.3.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids am 8.10.2014 wird insoweit aufgehoben, als die Beklagte darin die Bewilligung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für eine freiwillige Krankenversicherung für die Zeit vom 1.1.2009 bis zum 23.10.2013 widerrufen oder aufgehoben und für diesen Zeitraum Erstattung des gezahlten Zuschusses gefordert hat. 2. Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf der Bewilligung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für ihre Krankenversicherung ab dem 1.1.2009.
Mit Bescheid vom 19.6.1997 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit ab dem xx.xx.1997 große Witwenrente und einen monatlichen Zuschuss zu den Aufwendungen für ihre freiwillige Krankenversicherung.
In der Folgezeit setzte die Beklagte den monatlichen Zuschuss wiederholt neu fest: für die Zeit ab dem 1.1.2009 auf 24,97 EUR (Bescheid vom 4.8.2009), ab dem 1.1.2011 auf 26,04 EUR (Bescheid vom 16.11.2010), ab dem 1.7.2012 auf 26,87 EUR (Bescheid vom 22.5.2012) und ab dem 1.7.2013 auf 26,94 EUR (Bescheid vom 24.7.2013).
Mit Bescheid vom 21.10.2013 stellte die Krankenkasse der Klägerin, die X-KV, fest, die Klägerin sei seit dem 1.1.2009 nicht freiwillig krankenversichert gewesen; vielmehr habe Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) bestanden. Zur Begründung gab sie an, zwar habe die Klägerin im streitigen Zeitraum eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt. Die Einkünfte aus dieser Tätigkeit seien aber verglichen mit den sonstigen Einnahmen (Witwenrente; Versorgungsbezug) nur von untergeordneter Bedeutung gewesen. Es habe sich also um keine hauptberufliche selbstständige Erwerbstätigkeit gehandelt. Angesichts dessen habe die Tätigkeit - entgegen der ursprünglichen Annahme - die Mitgliedschaft in der KVdR nicht gemäß § 5 Abs. 5 SGB V ausgeschlossen.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 4.12.2013 setzte die Beklagte daraufhin die Witwenrente rückwirkend zum 1.1.2009 neu fest und forderte von der Klägerin Erstattung überzahlter Rente in Höhe von 2.215,21 EUR; außerdem hob sie gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X die Bewilligung des Zuschusses zu den Aufwendungen für die freiwillige Krankenversicherung mit Wirkung zum 1.1.2014 auf. Hinsichtlich des Beitragszuschusses für die Zeit vom 1.1.2009 - 31.12.2013 erhalte die Klägerin noch gesondert Nachricht, so die Beklagte.
Nach vorangegangener Anhörung widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 20.3.2014 die Bewilligung des Zuschusses zu den Aufwendungen für die freiwillige Krankenversicherung für die Zeit ab dem 1.1.2009; zugleich forderte sie von der Klägerin Erstattung gezahlter Zuschüsse in Höhe von insgesamt 1.584,84 EUR. Zur Begründung gab sie an, der Widerruf beruhe auf § 47 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift könne ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, der eine Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes zuerkennt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird. So verhalte es sich hier: Bei dem Beitragszuschuss habe es sich um eine zweckbestimmte Leistung gehandelt. Die Klägerin habe ihn zwingend für ihre Aufwendungen zur freiwilligen Krankenversicherung verwenden müssen. Dies lasse der Bewilligungsbescheid vom 19.6.1997 deutlich erkennen. Denn darin weise sie, die Beklagte, darauf hin, dass der Anspruch auf den Beitragszuschuss mit der Aufgabe oder dem Ruhen der freiwilligen Krankenversicherung oder dem Eintritt von Krankenversicherungspflicht entfällt. Aufgrund der Entscheidung der X-KV sei die Pflicht der Klägerin, Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung zu zahlen, rückwirkend zum 1.1.2009 entfallen. Angesichts dessen sei eine zweckentsprechende Verwendung des Beitragszuschusses rückschauend betrachtet nicht mehr möglich. Der Widerruf sei auch nicht gemäß § 47 Abs. 2 S. 2 und 3 SGB X ausgeschlossen. Danach dürfe ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht widerrufen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einem Widerruf schutzwürdig ist. Das Vertrauen sei in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Im vorliegenden Fall könne sich die Klägerin nicht auf den Verbrauch des Beitragszuschusses berufen: Zwar habe sie die bewilligten Leistungen zur Beitragszahlung verwendet. Die Klägerin habe aber nun von der X-KV die gezahlten Beiträge erstattet bekommen. Im Ergebnis ständen ihr somit die zunächst verbrauchten Zuschüsse wieder zur Verfügung. Insgesamt überwiege das öffentliche Interesse an einem Widerruf. Auch die gebotene Ermessensausübung führe zu keinem anderen Ergebnis. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass sie, die Beklagte, für die Überzahlung des Beitragszuschusses keine Verantwortung trage. Zudem sei sie gemäß § 76 SGB IV verpflichtet, alle gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um der Versichertengemeinschaft zustehende Gelder einzufordern. Im Übrigen entstehe der Klägerin kein finanzieller Schaden; denn sie habe ihre Beiträge von der X-KV zurück erhalten.
Hiergegen legte die Klägerin am 11.4.2014 Widerspruch ein. Sie machte geltend, zu Unrecht habe die Beklagte ihre Entscheidung auf § 47 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB X gestützt. Hier komme kein Widerruf in Betracht, sondern allenfalls eine Aufhebung nach § 48 SGB X. Allerdings lägen die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X für eine rückwirkende Aufhebung der Bewilligung des Beitragszuschusses nicht vor. Sie, die Klägerin, habe stets korrekte Angaben gemacht. Die Verantwortung trage allein die X-KV. Aufgrund des Fehlers der X-KV habe sie jahrelang zu hohe Krankenversicherungsbeiträge gezahlt; dies habe zu einem erheblichen finanziellen Engpass geführt. Die Beitragsrückzahlung der X-KV habe sie dazu verwendet, private Schulden und die Erstattungsforderung der Beklagten aus dem Bescheid vom 4.12.2013 in Höhe von 2.215,21 EUR zu begleichen. Sie habe darauf vertraut, dass mit dieser Summe sämtliche den Vorgang betreffende Forderungen abgegolten sind; dieses Vertrauen sei schutzwürdig. Im Übrigen habe die Beklagte kein pflichtgemäßes Ermessen ausgeübt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 27.6.2012 (B 12 R 6/10 R) entschieden, dass die Bewilligung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für eine freiwillige Krankenversicherung für Zeiten, die vor Feststellung der Versicherungspflicht durch die Krankenkasse liegen, nicht gemäß § 48 SGB X aufgehoben werden kann. In derartigen Fällen müsse die Korrektur daher nach § 47 SGB X erfolgen.
Mit der am 10.11.2014 erhobenen Klage wendet sich die Klägerin gegen den Widerruf der Bewilligung des Beitragszuschusses für die Zeit vor Zugang des Bescheids der X-KV. Sie trägt ergänzend vor, ihrer Krankenkasse sei immer bekannt gewesen, dass sie eine Witwenrente und Versorgungsbezüge erhält, ebenso, dass ihre Einnahmen aus der selbstständigen Tätigkeit gering sind; denn sie habe der Krankenkasse jedes Jahr ihre Einkommensteuerbescheide übersandt. Dennoch habe die X-KV erst mit Bescheid vom 21.10.2013 festgestellt, dass keine freiwillige Mitgliedschaft besteht, sondern Versicherungspflicht in der KVdR. Jedenfalls bis dahin sei sie gutgläubig gewesen. Die zu Unrecht gezahlten Beiträge in Höhe von 7.027,54 EUR habe ihr die X-KV am 26.11.2013 erstattet.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 20.3.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids am 8.10.2014 insoweit aufzuheben, als die Beklagte darin die Bewilligung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für eine freiwillige Krankenversicherung für die Zeit vom 1.1.2009 bis zum 23.10.2013 widerrufen oder aufgehoben und für diesen Zeitraum Erstattung des gezahlten Zuschusses gefordert hat.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt ergänzend vor, sie habe den Beitragszuschuss im Sinne des § 47 Abs. 2 S. 1 SGB X "zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes zuerkannt": Die Klägerin habe ihn zwingend für ihre Aufwendungen zur freiwilligen Krankenversicherung verwenden müssen. Dieser Zweck ergebe sich aus den gesamten Umständen, insbesondere wiederholten Hinweisen im Antragsformular, im Merkblatt zur KVdR und im Bewilligungsbescheid vom 19.6.1997. Alle diese Hinweise machten deutlich, dass ein Versicherter einen Beitragszuschuss nur solange beanspruchen kann, solange er freiwillig krankenversichert ist. Der Beitragszuschuss könne auch nicht mehr für den im Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet werden: Zwar habe die Klägerin den Zuschuss zunächst tatsächlich entsprechend seinem Zweck eingesetzt. Allerdings stehe sie nun durch die rückwirkende Feststellung von Versicherungspflicht in der KVdR und die Beitragserstattung so, als habe sie nie Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung entrichtet. Die Klägerin könne sich schließlich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Bereits die X-KV habe sie (u.a. mit einem Schreiben vom 20.11.2013) darüber informiert, dass sie, die Beklagte, beabsichtige, den Zuschuss zu den Aufwendungen für die freiwillige Krankenversicherung zurückzufordern. Auch habe die Klägerin nicht darauf vertrauen können, mit der Erstattungsforderung aus dem Bescheid vom 4.12.2013 sei der gesamte Vorgang abgeschlossen; denn darin habe sie, die Beklagte, darauf hingewiesen, hinsichtlich des Beitragszuschusses für die Zeit vom 1.1.2009 - 31.12.2013 erhalte die Klägerin noch gesondert Nachricht. Letztlich stehe die Klägerin bei Erstattung des Beitragszuschusses einerseits und der Rückzahlung der Beiträge durch die X-KV andererseits nur so, wie sie stünde, hätte die X-KV von Anfang an korrekt Versicherungspflicht in der KVdR festgestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1) Die Klage ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat die Beklagte die Bewilligung eines Beitragszuschusses für die Zeit vom 1.1.2009 - 23.10.2013 widerrufen oder aufgehoben (dazu a) und für diesen Zeitraum Erstattung des gezahlten Zuschusses gefordert (dazu b).
a) Die Beklagte durfte den Bescheid vom 19.6.1997 über die Bewilligung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für eine freiwillige Krankenversicherung für die Zeit vor dem 24.10.2013 weder widerrufen (dazu aa) noch aufheben (dazu bb).
aa) Als Rechtsgrundlage für den Widerruf kommt hier allenfalls § 47 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB X in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, der eine Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes zuerkennt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird. Die dritte Alternative ("nicht mehr ...") findet Anwendung, wenn die Behörde eine zweckbestimmte Geldleistung für einen längeren Zeitraum bewilligt hat und der Begünstigte die Leistung anfänglich auch zweckentsprechend einsetzt, nach einer gewissen Zeit aber die zweckgerechte Verwendung aufgibt (Waschull in: LPK-SGB X, 3. Aufl., § 47 Rdnr. 19; zur gleichlautenden Regelung des § 49 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG: Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 49 Rdnr. 104; Suerbaum in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 49 Rdnr. 138).
Gemessen hieran scheidet im vorliegenden Fall ein Widerruf aus. Die Kammer hat schon erhebliche Zweifel daran, dass der Bescheid der Beklagten vom 19.6.1997 über die Bewilligung eines Beitragszuschusses eine Zweckbestimmung im Sinne des § 47 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB X enthält. Dies kann indes dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn die Klägerin den Zuschuss zwingend für ihre Krankenversicherung hätte einsetzen müssen (wie die Beklagte meint), wäre ihr jedenfalls nicht vorzuhalten, sie habe die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet. Vielmehr hat die Klägerin ab dem 1.1.2009 laufend ihre Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung gezahlt; die Beitragszahlung hat sie zu keinem Zeitpunkt eingestellt. Dies räumt auch die Beklagte ein. Hat indes der Begünstigte die Leistung tatsächlich zweckentsprechend verwendet, so kann sich daran rückwirkend nichts mehr ändern. Angesichts dessen eröffnet die rückwirkende Umstellung des Krankenversicherungsverhältnisses durch die X-KV der Beklagten hier nicht die Möglichkeit, die Bewilligung des Beitragszuschusses zu widerrufen.
bb) Soweit der angefochtene Bescheid eine Aufhebung der Bewilligung des Beitragszuschusses für die Zeit vom 1.1.2009 - 23.10.2013 beinhaltet, ist auch diese Regelung rechtswidrig.
Zwar kann ein Widerruf nach § 47 SGB X in eine Aufhebung nach § 48 SGB X umgedeutet werden (Schütze in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 47 Rdnr. 15b). Allerdings sind die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X für eine Aufhebung der Bewilligung für die Zeit vor dem 24.10.2013 nicht erfüllt:
Nach dieser Vorschrift soll ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit (1.) die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, (2.) der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, (3.) nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder (4.) der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Im vorliegenden Fall haben sich die Verhältnisse nach Erlass des Bescheids vom 19.6.1997 wesentlich geändert; denn durch den Wegfall der freiwilligen Krankenversicherung zum 1.1.2009 stand der Klägerin seither kein Beitragszuschuss nach § 106 SGB VI mehr zu. Hierbei handelte es sich indes um keine Änderung zugunsten der Klägerin. Auch Mitteilungspflichten hat sie nicht verletzt. Ebenso wenig hat die Klägerin Einkommen oder Vermögen erzielt, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs auf den Beitragszuschuss geführt haben würde (vgl. zu dieser Variante BSGE 111, 132 Rdnr. 20 ff.). Den Wegfall des Anspruchs musste die Klägerin erst durch den Bescheid der X-KV vom 21.10.2013 erkennen, mit dem diese festgestellt hatte, die Klägerin sei seit dem 1.1.2009 nicht mehr freiwillig krankenversichert gewesen. Ausgehend von der gesetzlichen Fiktion des § 37 Abs. 2 S. 1 SGB X ist dieser Bescheid der Klägerin am 24.10.2013 zugegangen. Erst seit diesem Zeitpunkt war sie bösgläubig. Für die Zeit davor, also für die Zeit vom 1.1.2009 - 23.10.2013, scheidet hingegen eine Aufhebung nach § 48 SGB X aus. Dies entspricht offenkundig auch der Auffassung der Beklagten.
b) Erweisen sich also sowohl ein Widerruf als auch eine Aufhebung der Bewilligung des Beitragszuschusses für die Zeit vom 1.1.2009 - 23.10.2013 als rechtswidrig, kann die Beklagte die für diesen Zeitraum gezahlten Leistungen nicht gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zurückfordern.
2) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf der Bewilligung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für ihre Krankenversicherung ab dem 1.1.2009.
Mit Bescheid vom 19.6.1997 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit ab dem xx.xx.1997 große Witwenrente und einen monatlichen Zuschuss zu den Aufwendungen für ihre freiwillige Krankenversicherung.
In der Folgezeit setzte die Beklagte den monatlichen Zuschuss wiederholt neu fest: für die Zeit ab dem 1.1.2009 auf 24,97 EUR (Bescheid vom 4.8.2009), ab dem 1.1.2011 auf 26,04 EUR (Bescheid vom 16.11.2010), ab dem 1.7.2012 auf 26,87 EUR (Bescheid vom 22.5.2012) und ab dem 1.7.2013 auf 26,94 EUR (Bescheid vom 24.7.2013).
Mit Bescheid vom 21.10.2013 stellte die Krankenkasse der Klägerin, die X-KV, fest, die Klägerin sei seit dem 1.1.2009 nicht freiwillig krankenversichert gewesen; vielmehr habe Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) bestanden. Zur Begründung gab sie an, zwar habe die Klägerin im streitigen Zeitraum eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt. Die Einkünfte aus dieser Tätigkeit seien aber verglichen mit den sonstigen Einnahmen (Witwenrente; Versorgungsbezug) nur von untergeordneter Bedeutung gewesen. Es habe sich also um keine hauptberufliche selbstständige Erwerbstätigkeit gehandelt. Angesichts dessen habe die Tätigkeit - entgegen der ursprünglichen Annahme - die Mitgliedschaft in der KVdR nicht gemäß § 5 Abs. 5 SGB V ausgeschlossen.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 4.12.2013 setzte die Beklagte daraufhin die Witwenrente rückwirkend zum 1.1.2009 neu fest und forderte von der Klägerin Erstattung überzahlter Rente in Höhe von 2.215,21 EUR; außerdem hob sie gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X die Bewilligung des Zuschusses zu den Aufwendungen für die freiwillige Krankenversicherung mit Wirkung zum 1.1.2014 auf. Hinsichtlich des Beitragszuschusses für die Zeit vom 1.1.2009 - 31.12.2013 erhalte die Klägerin noch gesondert Nachricht, so die Beklagte.
Nach vorangegangener Anhörung widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 20.3.2014 die Bewilligung des Zuschusses zu den Aufwendungen für die freiwillige Krankenversicherung für die Zeit ab dem 1.1.2009; zugleich forderte sie von der Klägerin Erstattung gezahlter Zuschüsse in Höhe von insgesamt 1.584,84 EUR. Zur Begründung gab sie an, der Widerruf beruhe auf § 47 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift könne ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, der eine Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes zuerkennt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird. So verhalte es sich hier: Bei dem Beitragszuschuss habe es sich um eine zweckbestimmte Leistung gehandelt. Die Klägerin habe ihn zwingend für ihre Aufwendungen zur freiwilligen Krankenversicherung verwenden müssen. Dies lasse der Bewilligungsbescheid vom 19.6.1997 deutlich erkennen. Denn darin weise sie, die Beklagte, darauf hin, dass der Anspruch auf den Beitragszuschuss mit der Aufgabe oder dem Ruhen der freiwilligen Krankenversicherung oder dem Eintritt von Krankenversicherungspflicht entfällt. Aufgrund der Entscheidung der X-KV sei die Pflicht der Klägerin, Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung zu zahlen, rückwirkend zum 1.1.2009 entfallen. Angesichts dessen sei eine zweckentsprechende Verwendung des Beitragszuschusses rückschauend betrachtet nicht mehr möglich. Der Widerruf sei auch nicht gemäß § 47 Abs. 2 S. 2 und 3 SGB X ausgeschlossen. Danach dürfe ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht widerrufen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einem Widerruf schutzwürdig ist. Das Vertrauen sei in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Im vorliegenden Fall könne sich die Klägerin nicht auf den Verbrauch des Beitragszuschusses berufen: Zwar habe sie die bewilligten Leistungen zur Beitragszahlung verwendet. Die Klägerin habe aber nun von der X-KV die gezahlten Beiträge erstattet bekommen. Im Ergebnis ständen ihr somit die zunächst verbrauchten Zuschüsse wieder zur Verfügung. Insgesamt überwiege das öffentliche Interesse an einem Widerruf. Auch die gebotene Ermessensausübung führe zu keinem anderen Ergebnis. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass sie, die Beklagte, für die Überzahlung des Beitragszuschusses keine Verantwortung trage. Zudem sei sie gemäß § 76 SGB IV verpflichtet, alle gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um der Versichertengemeinschaft zustehende Gelder einzufordern. Im Übrigen entstehe der Klägerin kein finanzieller Schaden; denn sie habe ihre Beiträge von der X-KV zurück erhalten.
Hiergegen legte die Klägerin am 11.4.2014 Widerspruch ein. Sie machte geltend, zu Unrecht habe die Beklagte ihre Entscheidung auf § 47 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB X gestützt. Hier komme kein Widerruf in Betracht, sondern allenfalls eine Aufhebung nach § 48 SGB X. Allerdings lägen die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X für eine rückwirkende Aufhebung der Bewilligung des Beitragszuschusses nicht vor. Sie, die Klägerin, habe stets korrekte Angaben gemacht. Die Verantwortung trage allein die X-KV. Aufgrund des Fehlers der X-KV habe sie jahrelang zu hohe Krankenversicherungsbeiträge gezahlt; dies habe zu einem erheblichen finanziellen Engpass geführt. Die Beitragsrückzahlung der X-KV habe sie dazu verwendet, private Schulden und die Erstattungsforderung der Beklagten aus dem Bescheid vom 4.12.2013 in Höhe von 2.215,21 EUR zu begleichen. Sie habe darauf vertraut, dass mit dieser Summe sämtliche den Vorgang betreffende Forderungen abgegolten sind; dieses Vertrauen sei schutzwürdig. Im Übrigen habe die Beklagte kein pflichtgemäßes Ermessen ausgeübt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 27.6.2012 (B 12 R 6/10 R) entschieden, dass die Bewilligung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für eine freiwillige Krankenversicherung für Zeiten, die vor Feststellung der Versicherungspflicht durch die Krankenkasse liegen, nicht gemäß § 48 SGB X aufgehoben werden kann. In derartigen Fällen müsse die Korrektur daher nach § 47 SGB X erfolgen.
Mit der am 10.11.2014 erhobenen Klage wendet sich die Klägerin gegen den Widerruf der Bewilligung des Beitragszuschusses für die Zeit vor Zugang des Bescheids der X-KV. Sie trägt ergänzend vor, ihrer Krankenkasse sei immer bekannt gewesen, dass sie eine Witwenrente und Versorgungsbezüge erhält, ebenso, dass ihre Einnahmen aus der selbstständigen Tätigkeit gering sind; denn sie habe der Krankenkasse jedes Jahr ihre Einkommensteuerbescheide übersandt. Dennoch habe die X-KV erst mit Bescheid vom 21.10.2013 festgestellt, dass keine freiwillige Mitgliedschaft besteht, sondern Versicherungspflicht in der KVdR. Jedenfalls bis dahin sei sie gutgläubig gewesen. Die zu Unrecht gezahlten Beiträge in Höhe von 7.027,54 EUR habe ihr die X-KV am 26.11.2013 erstattet.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 20.3.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids am 8.10.2014 insoweit aufzuheben, als die Beklagte darin die Bewilligung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für eine freiwillige Krankenversicherung für die Zeit vom 1.1.2009 bis zum 23.10.2013 widerrufen oder aufgehoben und für diesen Zeitraum Erstattung des gezahlten Zuschusses gefordert hat.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt ergänzend vor, sie habe den Beitragszuschuss im Sinne des § 47 Abs. 2 S. 1 SGB X "zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes zuerkannt": Die Klägerin habe ihn zwingend für ihre Aufwendungen zur freiwilligen Krankenversicherung verwenden müssen. Dieser Zweck ergebe sich aus den gesamten Umständen, insbesondere wiederholten Hinweisen im Antragsformular, im Merkblatt zur KVdR und im Bewilligungsbescheid vom 19.6.1997. Alle diese Hinweise machten deutlich, dass ein Versicherter einen Beitragszuschuss nur solange beanspruchen kann, solange er freiwillig krankenversichert ist. Der Beitragszuschuss könne auch nicht mehr für den im Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet werden: Zwar habe die Klägerin den Zuschuss zunächst tatsächlich entsprechend seinem Zweck eingesetzt. Allerdings stehe sie nun durch die rückwirkende Feststellung von Versicherungspflicht in der KVdR und die Beitragserstattung so, als habe sie nie Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung entrichtet. Die Klägerin könne sich schließlich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Bereits die X-KV habe sie (u.a. mit einem Schreiben vom 20.11.2013) darüber informiert, dass sie, die Beklagte, beabsichtige, den Zuschuss zu den Aufwendungen für die freiwillige Krankenversicherung zurückzufordern. Auch habe die Klägerin nicht darauf vertrauen können, mit der Erstattungsforderung aus dem Bescheid vom 4.12.2013 sei der gesamte Vorgang abgeschlossen; denn darin habe sie, die Beklagte, darauf hingewiesen, hinsichtlich des Beitragszuschusses für die Zeit vom 1.1.2009 - 31.12.2013 erhalte die Klägerin noch gesondert Nachricht. Letztlich stehe die Klägerin bei Erstattung des Beitragszuschusses einerseits und der Rückzahlung der Beiträge durch die X-KV andererseits nur so, wie sie stünde, hätte die X-KV von Anfang an korrekt Versicherungspflicht in der KVdR festgestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1) Die Klage ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat die Beklagte die Bewilligung eines Beitragszuschusses für die Zeit vom 1.1.2009 - 23.10.2013 widerrufen oder aufgehoben (dazu a) und für diesen Zeitraum Erstattung des gezahlten Zuschusses gefordert (dazu b).
a) Die Beklagte durfte den Bescheid vom 19.6.1997 über die Bewilligung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für eine freiwillige Krankenversicherung für die Zeit vor dem 24.10.2013 weder widerrufen (dazu aa) noch aufheben (dazu bb).
aa) Als Rechtsgrundlage für den Widerruf kommt hier allenfalls § 47 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB X in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, der eine Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes zuerkennt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird. Die dritte Alternative ("nicht mehr ...") findet Anwendung, wenn die Behörde eine zweckbestimmte Geldleistung für einen längeren Zeitraum bewilligt hat und der Begünstigte die Leistung anfänglich auch zweckentsprechend einsetzt, nach einer gewissen Zeit aber die zweckgerechte Verwendung aufgibt (Waschull in: LPK-SGB X, 3. Aufl., § 47 Rdnr. 19; zur gleichlautenden Regelung des § 49 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG: Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 49 Rdnr. 104; Suerbaum in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 49 Rdnr. 138).
Gemessen hieran scheidet im vorliegenden Fall ein Widerruf aus. Die Kammer hat schon erhebliche Zweifel daran, dass der Bescheid der Beklagten vom 19.6.1997 über die Bewilligung eines Beitragszuschusses eine Zweckbestimmung im Sinne des § 47 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB X enthält. Dies kann indes dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn die Klägerin den Zuschuss zwingend für ihre Krankenversicherung hätte einsetzen müssen (wie die Beklagte meint), wäre ihr jedenfalls nicht vorzuhalten, sie habe die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet. Vielmehr hat die Klägerin ab dem 1.1.2009 laufend ihre Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung gezahlt; die Beitragszahlung hat sie zu keinem Zeitpunkt eingestellt. Dies räumt auch die Beklagte ein. Hat indes der Begünstigte die Leistung tatsächlich zweckentsprechend verwendet, so kann sich daran rückwirkend nichts mehr ändern. Angesichts dessen eröffnet die rückwirkende Umstellung des Krankenversicherungsverhältnisses durch die X-KV der Beklagten hier nicht die Möglichkeit, die Bewilligung des Beitragszuschusses zu widerrufen.
bb) Soweit der angefochtene Bescheid eine Aufhebung der Bewilligung des Beitragszuschusses für die Zeit vom 1.1.2009 - 23.10.2013 beinhaltet, ist auch diese Regelung rechtswidrig.
Zwar kann ein Widerruf nach § 47 SGB X in eine Aufhebung nach § 48 SGB X umgedeutet werden (Schütze in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 47 Rdnr. 15b). Allerdings sind die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X für eine Aufhebung der Bewilligung für die Zeit vor dem 24.10.2013 nicht erfüllt:
Nach dieser Vorschrift soll ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit (1.) die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, (2.) der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, (3.) nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder (4.) der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Im vorliegenden Fall haben sich die Verhältnisse nach Erlass des Bescheids vom 19.6.1997 wesentlich geändert; denn durch den Wegfall der freiwilligen Krankenversicherung zum 1.1.2009 stand der Klägerin seither kein Beitragszuschuss nach § 106 SGB VI mehr zu. Hierbei handelte es sich indes um keine Änderung zugunsten der Klägerin. Auch Mitteilungspflichten hat sie nicht verletzt. Ebenso wenig hat die Klägerin Einkommen oder Vermögen erzielt, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs auf den Beitragszuschuss geführt haben würde (vgl. zu dieser Variante BSGE 111, 132 Rdnr. 20 ff.). Den Wegfall des Anspruchs musste die Klägerin erst durch den Bescheid der X-KV vom 21.10.2013 erkennen, mit dem diese festgestellt hatte, die Klägerin sei seit dem 1.1.2009 nicht mehr freiwillig krankenversichert gewesen. Ausgehend von der gesetzlichen Fiktion des § 37 Abs. 2 S. 1 SGB X ist dieser Bescheid der Klägerin am 24.10.2013 zugegangen. Erst seit diesem Zeitpunkt war sie bösgläubig. Für die Zeit davor, also für die Zeit vom 1.1.2009 - 23.10.2013, scheidet hingegen eine Aufhebung nach § 48 SGB X aus. Dies entspricht offenkundig auch der Auffassung der Beklagten.
b) Erweisen sich also sowohl ein Widerruf als auch eine Aufhebung der Bewilligung des Beitragszuschusses für die Zeit vom 1.1.2009 - 23.10.2013 als rechtswidrig, kann die Beklagte die für diesen Zeitraum gezahlten Leistungen nicht gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zurückfordern.
2) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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