Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 564/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 44.377,57 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Berichtigung der Honorarbescheide für die drei Quartale I bis III/06 und hierbei ausschließlich um eine Rückforderung des Auffüllbetrages in Höhe von insgesamt 44.377,57 EUR abzüglich Verwaltungskosten aufgrund der Regelung nach Ziff. 7.5 des Honorarverteilungsvertrags.
Der Kläger ist als Facharzt für Chirurgie mit Praxissitz in A-Stadt seit 08.03.2004 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Beklagte setzte in den Quartalen I/05 bis IV/06 das Honorar des Klägers wie folgt fest:
Quartal I/05 II/05 III/05 IV/05
Honorarbescheid v. 26.07.2005 22.01.2006 12.08.2006 06.08.2007 28.11.2006
Nettohonorar gesamt in EUR 46.307,11 34.397,79 50.193,35 78.628,68
Bruttohonorar Primär- u. Ersatzkassen in EUR 46.466,10 35.066,34 51.595,07 79.862,57
Fallzahl Primär- u. Ersatzkassen 545 680 778 828
Regelleistungsvolumen in Punkten 561.540,0 643.172,6 681.721,2
Überschreitung in Punkten 1.338.642,5 1.493.588,9 711.236,8
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV
Fallzahl im Vorjahresquartal 233 346 470
Referenz-Fallwert 84,2317 113,7063 101,6656
Fallwert im aktuellen Quartal 36,2816 37,8792 36,5886
Auffüllungsbetrag pro Fall in EUR 43,7385 60,9971 53,0875
Auffüllungsbetrag gesamt in EUR 10.191,07 21.104,98 24.951,13
Quartal I/06 II/06 III/06 IV/06
Honorarbescheid v. 20.01.2007 06.02.2007 17.03.2007 17.04.2007
Nettohonorar gesamt in EUR 72.712,63 61.327,91 81.829,98 92.033,47
Bruttohonorar Primär- u. Ersatzkassen in EUR 74.119,47 61.706,17 82.660,44 94.847,63
Fallzahl Primär- u. Ersatzkassen 1.017 939 1.005 1.045
Regelleistungsvolumen in Punkten 821.392,0 782.280,9 809.823,0 809.318,6
Überschreitung in Punkten 590.583,0 244.224,1 363.660,5 340.699,9
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV
Fallzahl im Vorjahresquartal 545 680 778 828
Referenz-Fallwert 67,9155 46,9604 65,0065 66,6950
Fallwert im aktuellen Quartal 27,0046 35,5130 32,8060 33,6928
Auffüllungsbetrag pro Fall in EUR 27,4489 10,1308 28,9575 29,2337
Auffüllungsbetrag gesamt in EUR 14.959,65 6.888,95 22.528,97 24.205,52
Die Beklagte nahm mit Bescheid vom 18.03.2008 eine Überprüfung der Regelung nach Ziff. 7.5 Honorarverteilungsvertrag für die streitbefangenen Quartale vor. Sie setzte für das Quartal IV/05 einen Honorarrückforderungsbetrag in Höhe von 23.418,79 EUR, für das Quartal I/06 von 14.959,65 EUR, für das Quartal II/06 von 6.888,95 EUR, für das Quartal III/06 von 22.528,97 EUR und für das Quartal IV/06 von 22.095,61 EUR, insgesamt in Höhe von 89.891,97 abzüglich Verwaltungskosten fest. Zur Begründung führte die Beklagte aus, in den Quartalen IV/05 bis III/06 betrage die Fallwertminderung mehr als 15 % in Bezug auf die gewährten Zahlungen im Rahmen der Maßnahme nach Nr. 7.5 des HVV, weshalb eine einzelfallbezogene Prüfung erforderlich sei. Ausweislich der jeweiligen Begleitschreiben zu den Honorarunterlagen bzw. der Anmerkung auf dem Nachweisbogen zur Ausgleichsregelung im Quartal III/06 habe sie bereits darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass die Fallwertminderung mehr als 15 % im aktuellen Quartal gegenüber dem Referenzquartal betrage, die geleisteten Zahlungen im Rahmen der sog. Ausgleichsregelung unter dem Vorbehalt einer einzelfallbezogenen Prüfung stünden. Im Bereich der Beratungs- und Betreuungsleistungen (Nr. 17 und 18 EBM 1996 bzw. Nr. 07220 EBM 2005), physikalisch-rehabilitativen Leistungen (z. B. Krankengymnastik Nr. 507 EBM 1996 bzw. Nr. 30420 EBM 2005) und konventionellen Radiologie (Nr. 5015 ff. EBM 1996 bzw. Nr. 34210 ff. EBM 2005) sei ein nicht unerheblicher Leistungsrückgang zu verzeichnen. Die Leistungslegende betreffend der physikalisch-rehabilitativen Leistungen und der konventionellen Radiologie habe sich nicht verändert. Lediglich bei den Beratungs- und Betreuungsleistungen hätten sich die Abrechnungsmöglichkeiten insoweit geändert, als die Nr. 17 und 18 EBM 1996 bei einer Beratung von maximal 10 Minuten nicht mehr gesondert abgerechnet werden könne, da diese bereits im Organisationskomplex enthalten sei. Erst je weitere 10 Minuten Beratung könne jeweils die Nr. 07220 EBM 2005 abgerechnet werden. Doch auch unter Berücksichtigung dieses Sachverhalts ergebe sich im Bereich der Gesprächsleistungen ein nicht unerheblicher Leistungsrückgang. Eine Vergleichbarkeit des Leistungsspektrums sei trotz dieses Sachverhalts nicht mehr gegeben. Im Vergleich zu dem Vorjahresquartal seien die Gesprächsleistungen um 95 %, 99 %, 96 % bzw. 92 %, die physikalisch-rehabilitativen Leistungen um 65 %, 73 %, 93 % bzw. 91 % und die konventionelle Radiologie um 60 %, 67 %, 83 % bzw. 82 % zurückgegangen. In den Quartalen II und III/06 sei im Vergleich zu den Vorjahresquartalen aufgefallen, dass jeweils mehr extrabudgetäre Leistungen (ambulantes Operieren gem. Strukturvertrag: Nr. 31101 ff. EBM 2005) und dafür dementsprechend weniger intrabudgetäre Leistungen (ambulantes Operieren: Nr. 31101 ff. EBM 2005) erbracht worden seien (allgemeine Leistungen Honorargruppe 2). Die Abrechnung gem. Strukturvertrag erfolge in den Quartalen II/04 bis III/05 über gesondert anzugebende Pseudoziffern. Ab dem Quartal IV/05 erfolge die Zuordnung zum ambulanten Operieren gem. Strukturvertrag EDV-gesteuert und über die Angabe der entsprechenden OPS-Codes. Extrabudgetäre Leistungen unterlägen nicht der Ausgleichsregelung. Somit erfolge neben der nun extrabudgetären Vergütung der Leistungen zusätzlich eine entsprechende Auffüllung im Rahmen der Ausgleichsregelung, da die Leistungen im Ausgangsquartal im Fallwert enthalten gewesen seien, im aktuellen Quartal aber herausgerechnet worden seien (Folge: Fallwertminderung). Aufgrund dieser Leistungsverlagerung seien die Bedingungen, um an der Ausgleichsregelung teilzunehmen, in den Quartalen II und III/06 ebf. nicht erfüllt. Im Vergleich zum Vorjahresquartal sei in den Quartalen II und III/06 die Anzahl ambulanter Operationen um 72 bzw. 68 % zurückgegangen. Die Fallwertminderung oberhalb von minus 15 % habe nicht vollständig ihre Ursache in der Einführung des EBM 2005 und ergebe sich in den Quartalen II und III/06 zusätzlich aus der Änderung des Leistungsspektrums (Verlagerung auf extrabudgetäre Leistungen). Sie fordere deshalb die Auffüllung in den Quartalen IV/05 und I/06 anteilig (Anteil, der 15 % Fallwertverlust überschreitet) und in den Quartalen II und III/06 vollständig zurück. Dies ergebe die festgesetzten Rückforderungsbeträge. Aus der Neuberechnung ergäben sich für das Quartal IV/06 ebenfalls neue Beträge für die Ausgleichsregelung.
Hiergegen legte der Kläger am 16.04.2008 Widerspruch ein. Er trug vor, eine Rückforderung hätte nur innerhalb von zwei Jahren erfolgen können. Er habe auf die Honorarfestsetzung vertraut. Ein nachträglicher Vergleich mit einer neueren Leistungsbewertung sei nicht zulässig. Es hätten die damals unterdurchschnittlichen Praxen gestützt werden sollen. Erst nachträglich wirtschaftlichere Leistungserbringung zu sanktionieren, widerspreche dem seinerzeit beabsichtigten Ziel der Ausgleichsregelung. Extrabudgetäre Leistungen könnten nicht berücksichtigt werden. Der Bescheid sei unverhältnismäßig, die Leistungen, die extrabudgetär erbracht worden seien, seien erforderlich gewesen. Sie könnten nicht nachträglich einer völlig anderen Berechnung unterworfen werden.
Am 12.01.2011 hat der Kläger einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Er trug u. a, vor, die Honorarrückforderung sei offensichtlich rechtswidrig und verletze ihn in seinen Rechten. Der Rückforderungsbescheid sei auch rechtswidrig aus den bereits im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Gründen. Darüber hinaus habe das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 03.02.2010 die Besonderheiten junger Praxen dargelegt, welche die Beklagte nicht berücksichtigt habe. Sein durchschnittlicher Honorarbruttoumsatz habe in den Quartalen IV/05 bis III/06 jeweils unter den Durchschnitt der Fachgruppe gelegen. Maßgeblich sei der Umsatz nach Abzug der Rückforderungsbeträge. Das bezüglich einer Rückforderung ergangene erstinstanzliche Urteil sei noch nicht in Rechtskraft erwachsen, es sei noch ein Berufungsverfahren anhängig. Nach Ziffer 7.5 HVV sei ein nachträglicher Vergleich mit einer neueren Leistungsbewertung nicht zulässig. Es dürfe nicht nachträglich in die Stützungswürdigkeit der Praxis eingegriffen werden. Es sei auch unerheblich, ob Leistungen aufgrund anderer Rechtsgrundlagen erbracht werden. Es könne nicht darauf ankommen, ob die Leistungen vormals im Fallwert enthalten gewesen seien. Die Beklagte räume auch selbst ein, dass sich anspruchsrelevante Veränderungen im EBM 2005 ergeben hätten, nämlich bei den physikalisch-rehabilitativen Leistungen und der konventionellen Radiologie in Bezug auf die Leistungsbewertung sowie bei den Beratungs- und Betreuungsleistungen in Bezug auf die Abrechnungsmöglichkeiten. Seine Fallzahlen hätten in den ersten fünf Quartalen IV/04 bis IV/05 sowie im Quartal III/06 jeweils unterhalb des Durchschnitts der Fachgruppe gelegen. Es treffe daher nicht zu, dass die Rückforderung mit der Praxisbesonderheit einer "jungen Praxis" nicht in Zusammenhang stehe.
Unter weitgehender Wiederholung ihrer Darlegungen im Rückforderungsbescheid war die Beklagte der Auffassung, dass die Rückforderung insgesamt rechtmäßig sei. Weiter führte sie u. a. aus, die Rückforderung beruhe auf einem Leistungsrückgang und stehe mit der Praxisbesonderheit "junge Praxis" nicht im Zusammenhang. Auch eine "junge Praxis" müsse zum Erhalt von Ausgleichsbeträgen die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllen. Auf Vertrauensschutzgesichtspunkte könne sich der Kläger nicht berufen. Sie habe ihn ausdrücklich unter Nennung der Gründe auf die nur vorläufige Festsetzung im Honorarbescheid hingewiesen. Es handele sich auch nicht um eine unzulässige echte Rückwirkung. Es habe kein in der Vergangenheit abgeschlossener Sachverhalt vorgelegen, da alle gewährten Auffüllungen ausdrücklich und unter dem Vorbehalt der Rückforderung gestanden hätten.
SG Marburg, Beschl. v. 10.03.2011 - S 12 KA 26/11 ER - wies den Antrag ab, LSG Hessen, Beschl. v. 02.08.2011 - L 4 KA 19/11 B ER - die Beschwerde zurück.
Die Beklagte trennte die Verfahren bzgl. der Quartale IV/05 und IV/06 ab und wies mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2012 für die Quartale I bis III/06 den Widerspruch als unbegründet zurück. Ergänzend zu ihren Ausführungen im Ausgangsbescheid wies die Beklagte auf den Leistungsrückgang im Einzelnen hin. So sei die Anzahl der abgerechneten Leistungen nach Nr. 07220 EBM 2005 im Quartal I/06 im Vergleich zur Nr. 18 EBM 1996 im Quartal I/05 von 250 auf 2 Fälle, im Quartal II/06 im Vergleich zum Quartal II/05 von 401 auf 15 Fälle und im Quartal III/06 im Vergleich zum Quartal III/05 von 171 auf 14 Fälle gesunken. Die Anzahl der physikalisch-rehabilitativen Leistungen in der Leistungsgruppe 9 sei in den Quartalen I bis III/06 im Vergleich zu den Aufsatzquartalen von 1.697 auf 455, 1.029 auf 70 bzw. 1.230 auf 114 Fälle gesunken. Die Anzahl der Leistungen der konventionellen Radiologie sei von 675 auf 222, 945 auf 161 bzw. 852 auf 153 Fälle gesunken. Der Anteil aller Leistungsbereiche am Gesamtpunktzahlvolumen betrage im Quartal I/06 20,7 %, im Quartal II/06 26,4 % und im Quartal III/06 16,7 %. Die Anzahl der intrabudgetären Leistungen des ambulanten Operierens sei von 150 bzw. 166 in den Quartalen II und III/05 auf 42 bzw. 60 Leistungen im Quartal II und III/06 gesunken. Gleichzeitig seien die extrabudgetär abgerechneten ambulanten Operationen von jeweils 0 auf 72 bzw. 95 Leistungen angestiegen. Das LSG Hessen habe in seinem Beschluss bereits ausgeführt, dass der Gesichtspunkt "junge Praxis" nur für die ursprüngliche Honorarfestsetzung von Bedeutung sei. Die ursprüngliche Honorarfestsetzung sei aber in den streitbefangenen Quartalen und den Aufsatzquartalen bereits bestandskräftig abgeschlossen. Vertrauensschutzgesichtspunkte stünden der Rückforderung nicht entgegen.
Hiergegen hat der Kläger am 26.10.2012 die Klage erhoben. Er ist weiterhin der Auffassung, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 03.02.2010 zu sog. jungen Praxen werde nicht hinreichend berücksichtigt. In den Quartalen II und III/06 hätten seine Fallzahlen mit 939 und 1.005 Fällen unter den durchschnittlichen Fallzahlen der Fachgruppe von 986 und 1.017 Fällen gelegen. Nach Abzug der Honorarkürzung liege sein Honorar unterhalb dem der Fachgruppe. Er habe auch darauf vertrauen dürfen, dass die Ausgleichsregelung im Honorarbescheid richtig angewandt worden sei. Der Bescheid verstoße auch gegen das Rückwirkungsverbot. Es sei auch unzulässig, nachträglich eine wirtschaftlichere Leistungserbringung zu sanktionieren. Es komme nicht darauf an, ob extrabudgetäre Leistungen in den Stützungsquartalen nicht erbracht worden seien und im Ausgangsquartal im Fallwert enthalten gewesen seien. Die Beklagte räume selbst ein, soweit sie Leistungsrückgänge festgestellt habe, dass diese sich auch aus Veränderungen im EBM 2005 ergeben hätten. Wenn die Beklagte meine, dass die Fallwertminderung oberhalb von 15 % angeblich ihre Ursache nicht vollständig in der Einführung des EBM 2005 gehabt habe, entbehre dies jedenfalls eine Nachvollziehbaren und auch erforderlichen Begründung. Es sei sachfremd, die Verlagerung intrabudgetär vergüteter ambulanter Operationen auf extrabudgetäre Leistungen zu berücksichtigen. Es fehle eine Begründung für den Grund der Honorarrückforderung und deren Höhe. Die Ursache für einen Teil des erheblichen Rückgangs im Leistungsgeschehen habe der Prüfungsausschuss gesetzt. Für die Quartale I bis III/04 habe er ihm die Leitungsgruppen 3, 9 und 12 auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise hingewiesen. Für die Quartale IV/04 und I/05 habe er eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durchgeführt und eine bestandskräftige Honorarkürzung festgesetzt. Er habe nicht nur auf Unwirtschaftlichkeit in den Leistungsgruppen 3, 9 und 12 abgestellt. Nach Ansicht des Prüfungsausschusses habe er hinsichtlich der Abrechnungsfähigkeit von einzelnen Leistungen Fehlinterpretationen vorgenommen. Für die Leistungsgruppe 9 habe der Prüfungsausschuss für die Quartale II und III/05 ein weiteres Prüfverfahren eingeleitet. Er habe deshalb sukzessiv sein Abrechnungsverhalten verändert. Deshalb sei es auch zu massiven Rückgängen im Leistungsgeschehen bei den Gesprächsleistungen, physikalisch-rehabilitativen Leistungen und bei der konventionellen Radiologie gekommen. Die Honorarkürzungen für die Quartale IV/04 und I/05 hätten beim Fallwertvergleich berücksichtigt werden müssen. Er sei daher so zu stellen, wie er nach Vornahme der damaligen Kürzungen gestanden hätte.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 18.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und dem Leistungsrückgang in den vielen Leistungsbereichen sowie die Verlagerung von intrabudgetären auf extrabudgetäre Operationen. Der Kläger gebe selbst an, dass er hinsichtlich der EBM-Leistungsgruppen 3, 9 und 12 auf Grund stattgefundener Wirtschaftlichkeitsprüfungen ab dem Quartal IV/04 die Leistungen nach und nach immer weniger abgerechnet habe und das dies einen Grund für den Rückgang in seinem Leistungsgeschehen darstelle. Die Honorarbescheide seien für die streitgegenständlichen Quartale als auch für die Referenzquartale bestandskräftig. Es würde zudem zu Lasten des Klägers gehen, wenn man seiner Auffassung folgen würde, die Wirtschaftlichkeitsprüfung zu berücksichtigen, da der Referenzfallwert dann niedriger gewesen wäre und so in jedem Fall zu hoch aufgefüllt worden wäre. Vertrauensschutz scheide schon nach der Rechtsprechung des LSG Hessen aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. LSG Hessen hat bereits in verschiedenen Berufungsverfahren zur Rückforderung des Auffüllbetrages aufgrund der Regelung nach Ziffer 7.5 des Honorarverteilungsvertrags entschieden (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 13.07.2011 - L 4 KA 14/10 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris; Urt. v. 14.05.2014 L 4 KA 63/12 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 34). Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 25.09.2014 angehört. Die Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 18.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2012 ist rechtmäßig und war nicht aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Die Beklagte war grundsätzlich im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Berichtigung zuständig und berechtigt, eine Überprüfung der Ausgleichszahlung nach Ziffer 7.5 HVV vorzunehmen. Die ursprünglichen Honorarbescheide für die streitbefangenen Quartale waren rechtswidrig, soweit die Beklagte die sog. Ausgleichsregelung nach Ziff. 7.5 der Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und den Verbänden der Krankenkassen zur Honorarverteilung für die Quartale 2/2005 bis 4/2005, bekannt gemacht als Anlage 2 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 10.11.2005 (HVV), die insoweit bis zum Quartal I/07 fortgeführt wurde, in einem Umfang angewandt hat, der über die hier strittige Berichtigung hinausging.
Im Einzelnen bestimmt Ziffer 7.5 HVV:
7.5.1 Zur Vermeidung von praxisbezogenen Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2000plus erfolgt nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 ein Vergleich des für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranspruches (Fallwert in EUR) der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung in EUR im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 ausschließlich beschränkt auf Leistungen, die dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung unterliegen und mit Ausnahme der zeitbezogenen genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen. Bei der Ermittlung des Fallwertes bleiben Fälle, die gemäß Anlage 1 bzw. 2 zu Ziffer 7.1 zur Honorierung kommen, unberücksichtigt. Zeigt der Fallwertvergleich eine Fallwertminderung oder Fallwerterhöhung von jeweils mehr als 5% (bezogen auf den Ausgangswert des Jahres 2004), so erfolgt eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5%. Die für eine Stützung bei Fallwertminderungen – Einzelheiten siehe Ziffer 7.5.2 – notwendigen Honoraranteile gehen zu Lasten der jeweiligen Honorar(unter)gruppe, der die Praxis im aktuellen Quartal zugeordnet ist, und sind gegebenenfalls durch weitergehende Quotierung der Bewertungen bzw. Punktwerte zu generieren, falls die aus der Begrenzung der Fallwerte auf einen Zuwachs von 5% resultierende Honoraranteile hierfür nicht ausreichend sein sollten. Sollte durch eine solche Quotierung die Fallwertminderung (wieder) auf einen Wert oberhalb von 5% steigen, führt dies zu keinem weitergehenden Ausgleich.
7.5.2 Ein Ausgleich von Fallwertminderungen bis zur Grenze von 5% erfolgt grundsätzlich auf der Basis vergleichbarer Praxisstrukturen und maximal bis zu der Fallzahl, die im entsprechenden Quartal des Jahres 2004 zur Abrechnung gekommen ist. Ein Ausgleich ist in diesem Sinne u. a. dann ausgeschlossen, wenn im aktuellen Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal erkennbar (ausgewählte) Leistungsbereiche nicht mehr erbracht wurden oder sich das Leistungsspektrum der Praxis, u. a. als Folge einer geänderten personellen Zusammensetzung der Praxis, verändert hat. Er ist des weiteren ausgeschlossen, wenn sich die Kooperationsform der Praxis entsprechend Ziffer 5.2 Buchstabe g) im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal geändert hat. Beträgt die Fallwertminderung mehr als 15%, ist eine auf die einzelne Praxis bezogene Prüfung im Hinblick auf vorstehend aufgeführte Kriterien durchzuführen, bevor eine Ausgleichszahlung erfolgt. Ausgleichsfähige Fallwertminderungen oberhalb von 15% müssen vollständig ihre Ursache in der Einführung des EBM 2000plus haben.
7.5.3 Die vorstehende Ausgleichsvorschrift steht im Übrigen unter dem Vorbehalt, dass von Seiten der Verbände der Krankenkassen mindestens eine gegenüber dem Ausgangsquartal vergleichbare budgetierte Gesamtvergütungszahlung geleistet wird und die aufgrund der Beschlussfassung des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 vorzunehmenden Honorarverschiebungen nach Abschluss des Abrechnungsquartals – siehe Ziffer 2.5 der Anlage 1 bzw. 2 zu Ziffer 7.2 – noch ein ausreichendes Honorarvolumen für diese Maßnahme in der einzelnen Honorar(unter)gruppe belassen.
Für die Quartale ab 2006 wurde als Aufsatzquartal das jeweilige Vorjahresquartal bestimmt.
Ziffer 7.5 HVV ist grundsätzlich rechtmäßig, soweit sie im Sinne einer Härtefallregelung zur Begünstigung eines Vertragsarztes führt (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 04.11.2009 L 4 KA 99/08 –; LSG Hessen, Urt. v. 11.02.2009 – L 4 KA 82/07 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris; s. a. BSG, Urt. v. 08.12.2010 - B 6 KA 42/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 61 = USK 2010-174, 17 juris Rdnr. 17). Lediglich soweit die sog. Ausgleichsregelung nach Ziff. 7.5 HVV bei Überschreiten des Fallwerts des Vorjahresquartals von mehr als 5 % u. U. zu einer Honorarkürzung führt, ist die Regelung zu beanstanden (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 29.04.2009 – L 4 KA 80/08 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Revision zurückgewiesen durch BSG, Urt. v. 18.08.2010 - B 6 KA 16/09 R – juris; LSG Hessen, Urt. v. 24.06.2009 – L 4 KA 110/08 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Revision zurückgewiesen durch BSG, Urt. v. 18.08.2010 durch BSG - B 6 KA 26/09 R -; LSG Hessen, Urt. v. 24.06.2009 – L 4 KA 85 u. 86/08 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Revision zurückgewiesen durch BSG, Urt. v. 18.08.2010 - B 6 KA 27/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 58 = USK 2010-95 = GesR 2011, 304 = Breith 2011, 415 bzw. B 6 KA 28/09 R).
Danach war die Beklagte grundsätzlich berechtigt, Ziff. 7.5 HVV im Sinne einer begünstigenden Regelung anzuwenden. Die Beklagte hat aber, was gerichtsbekannt ist, nicht nur im Falle des Klägers bei Erlass des Honorarbescheids Ziff. 7.5 HVV lediglich schematisch angewandt, ohne in die von Ziff. 7.5 HVV gebotene Einzelfallprüfung bei Überschreiten der 15 %-Grenze einzutreten. Nach Ziff. 7.5.2 Satz 4 und 5 HVV ist, wenn die Fallwertminderung mehr als 15%, beträgt, eine auf die einzelne Praxis bezogene Prüfung im Hinblick auf vorstehend aufgeführte Kriterien durchzuführen, bevor eine Ausgleichszahlung erfolgt. Dabei müssen ausgleichsfähige Fallwertminderungen oberhalb von 15% vollständig ihre Ursache in der Einführung des EBM 2005 haben. Als maßgebliche Kriterien nennt Ziff. 7.5.2 Satz 1 bis 3 HVV vergleichbare Praxisstrukturen; ausgeschlossen ist ein Ausgleich bei Nichterbringung (ausgewählter) Leistungsbereiche oder Veränderung des Leistungsspektrums der Praxis, u. a. als Folge einer geänderten personellen Zusammensetzung der Praxis sowie der Kooperationsform der Praxis entsprechend Ziff. 5.2 Buchstabe g). Ziff. 5.2.1 Buchstabe g) HVV nennt u. a. den Wechsel von der Praxisgemeinschaft zur Gemeinschaftspraxis und umgekehrt.
Die Kammer hält diese Regelung, soweit bisher die Regelung nach Ziff. 7.5 HVV als zulässig angesehen wurde, ebf. für zulässig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen tragen dafür Sorge, dass nur EBM-bedingte, nicht aber solche Honorarverluste, für die der Vertragsarzt die Verantwortung selbst zu tragen hat, ausgeglichen werden. Der aktuelle Fallwert und der Fallwert des Vorjahresquartals müssen miteinander vergleichbar sein. Bei verändertem Leistungsspektrum der Praxis ist dies nicht mehr der Fall. Ebenso können veränderte Kooperationsformen eine Vergleichbarkeit ausschließen. Gleiches gilt für veränderte Berechnung des Honorars durch Einschließung oder Ausschließung von Vergütungsanteilen, insbesondere sog. extrabudgetären Leistungen, im Vergleich zum Vorjahresquartal. Im Gegensatz zu der von den Sozialgerichten beanstandeten Honorarkürzungen nach Ziff. 7.5.1 Satz 3 HVV wird nicht das regulär nach dem HVV zustehende Honorar gekürzt, sondern erfolgt lediglich eine genauere Ursachenforschung und Berechnung der den Vertragsarzt begünstigenden Ausgleichsregelung. Die Regelung zur Beschränkung der Ausgleichsregelung ist damit selbst unmittelbarer Teil der Ausgleichsregelung im Sinne einer Härteregelung. Ihr Inhalt ist aus den genannten Gründen nicht zu beanstanden und ist vom Gestaltungsspielraum der Vertragsparteien des HVV gedeckt.
Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Berichtigungsbescheid die ursprünglich fehlerhafte Festsetzung des Ausgleichsbetrags zutreffend korrigiert. Sie hat im Einzelnen im angefochtenen Ausgangsbescheid und Widerspruchsbescheid dargelegt, weshalb es zu Verzerrungen bei den Fallwertvergleichen in den streitbefangenen Quartalen mit den Referenzquartalen gekommen ist. Dies war für die Kammer nachvollziehbar. Fehler sind nicht ersichtlich. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Kammer auf die angefochtenen Widerspruchsbescheide (§ 136 Abs. 3 SGG).
Auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 03.02.2010 zu sog. jungen Praxen kommt es nicht an, da es nicht um die Bewilligung der Ausgleichszahlung geht, sondern um die Korrektur einer bereits festgesetzten und vom Kläger nicht angefochtenen Festsetzung. Im Übrigen betrifft die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die maßgebliche Fallzahl für die Bewilligung der Ausgleichszahlung, nicht aber Fragen des Fallwerts bzw. Fallwertrückgangs. Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob das Honorar des Klägers nach Abzug der Honorarkürzung unterhalb dem der Fachgruppe liegt. Zutreffend geht die Beklagte von einem Rückgang der Leistungen aus, was sich auch aus nachfolgender Übersicht ergibt, in der die Kammer den streitgegenständlichen Quartalen jeweils das Vorjahresquartal gegenübergestellt und die die Kammer auf der Grundlage der Frequenzstatistik für den Primär- und Ersatzkassenbereich erstellt hat:
Leistungen I/05 I/06 II/05 II/06 III/05 III/06
Nr. 17 EBM 1996* 68
Nr. 18 EBM 1996* 40
Nr. 07220 EBM 2005* 0 59 2 22 1
Nr. 507 EBM 1996* 81
Nr. 30420 EBM 2005* 3 53 1 33 1
Nr. 5015 - 5032 EBM 1996* 389,3
Wert aller Röntgenleistungen Nr. 34210 - 34236 EBM 2005 je Fall im Durschnitt in Punkten
63,2 416,5 49,0 342,6 42,9
* Angaben in Zahl der Leistungen auf 100 Behandlungsfälle
Der Kläger räumt einen Leistungsrückgang selbst ein, wenn er als (Teil-)Ursache auf den Prüfungsausschuss bzw. ein Wirtschaftlichkeitsprüfverfahren verweist, das mit einer bestandskräftigen Honorarkürzung abgeschlossen sei, weshalb er deshalb sukzessiv sein Abrechnungsverhalten verändert habe und es auch zu massiven Rückgängen im Leistungsgeschehen bei den Gesprächsleistungen, physikalisch-rehabilitativen Leistungen und bei der konventionellen Radiologie gekommen sei. Der Kläger gesteht damit zu, dass er wesentlich weniger Leistungen in den von der Beklagten genannten Leistungsbereichen erbracht hat, weshalb ein Rückgang im Leistungsgeschehen nicht EBM-bedingt sein kann. Im Hinblick auf die bestandskräftig festgestellte Unwirtschaftlichkeit kann der Kläger auch nicht erwarten, dass Honorarkürzungen berücksichtigt werden. Im Übrigen könnte eine Berücksichtigung nur zur Verminderung der Fallwerte im Ausgangsquartal führen, wodurch sich ebf. eine Verminderung der Ausgleichszahlung ergeben würde.
Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen der Berichtigung nicht entgegen (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 10.02.2010 - S 12 KA 639/09 -, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Urt. v. 13.07.2011 - L 4 KA 14/10 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 28.; LSG Hessen, Urt. v. 14.05.2014 - L 4 KA 63/12 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 34). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die umfassende Berichtigungsbefugnis der KV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei solchen, die auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung, insbesondere der Unwirksamkeit der ihr zu Grunde liegenden Vorschriften, beruhen. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS 2005, 549 = USK 2004-124 - juris Rdnr. 21). Die Befugnis der KV zur nachträglichen Honorarberichtigung auf der Grundlage der bundesmantelvertraglichen Vorschriften endet nicht nur mit dem Ablauf der dazu vorgesehenen Fristen, sondern auch dann, wenn die KV eine sachlich-rechnerische Berichtigung durchgeführt und diese auf Rechtsbehelfe des Vertragsarztes hin ohne jegliche Einschränkung rückgängig gemacht hat. In diesem Fall wird die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt insoweit aufgehoben, und die KV kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen. Unabhängig davon hat das Bundessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen das Vertrauen des Vertragsarztes auf die Rechtmäßigkeit einer bestimmten Abrechnungsweise gegenüber rückwirkenden Bescheidkorrekturen im Zusammenhang mit der Erbringung fachfremder Leistungen für schutzwürdig gehalten (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, aaO., Rdnr. 27). Soweit die anfängliche Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung beruht, wird der Vertrauensschutz des Arztes durch die Grundsätze über die Anbringung von Vorläufigkeitshinweisen und deren inhaltliche und umfangmäßige Begrenzung realisiert (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, aaO., Rdnr. 28). In der Konstellation einer individuell fehlerhaften Rechtsanwendung der KV bei Erlass des ursprünglichen Honorarbescheides können Honorarberichtigungen nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Vorschriften über die nachträgliche Korrektur von anfänglich rechtswidrigen Honorarbescheiden durchgeführt werden, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind aber die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 SGB X entsprechend heranzuziehen (vgl. zur Begründung im Einzelnen BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, aaO., Rdnr. 30-36).
Es kann hier letztlich dahinstehen, ob die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 SGB X entsprechend heranzuziehen sind. Danach entfällt Vertrauen u. a. dann, wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X).
Jedenfalls kann dann kein Vertrauen auf den Bestand oder Teile des Honorarbescheids bestehen, wenn der Vertragsarzt ausdrücklich unter Nennung der Gründe auf die Vorläufigkeit der Festsetzung hingewiesen wird.
Eine schnelle und möglichst umfassende Auskehrung der für die Honorarverteilung zur Verfügung stehenden Beträge entspricht vor allem auch der Interessenlage der Vertragsärzte; denn sie sind zum einen – insbesondere wegen der Bestreitung der Praxiskosten - regelmäßig auf eine möglichst kurze Zeitspanne zwischen Leistungserbringung und Leistungshonorierung angewiesen. Zum anderen widerspräche die Zahlung lediglich von Abschlägen auf das voraussichtliche Quartalshonorar über einen längeren Zeitraum hinweg dem berechtigten Interesse der Ärzte an einer Kalkulierbarkeit ihrer Einnahmen (vgl. BSG, Urt. v. 31.10.2001 - B 6 KA 16/00 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 42 = BSGE 89, 62 = Breith 2002, 392 = NZS 2002, 552 = USK 2001-216, juris Rdnr. 26). Im Hinblick auf den Aufwand der Einzelfallprüfung zahlreicher Bescheide, die wegen des Rückkoppelungseffekts auf den Punktwert dann vor Erlass sämtlicher Honorarbescheide hätte durchgeführt werden müssen, hätte dies zu – weiteren – erheblichen Verzögerung der Honorarbescheide geführt. Auch begrenzt auf die lediglich betroffenen Ärzte, hätte dies bei diesen zu einer erheblichen Verzögerung geführt. Insofern war die Ausgangslage hier, da sie die gesamte Honorarbescheidung betraf, vergleichbar mit Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung.
Die Beklagte hat aber von Anfang an, das heißt seit Geltung der Regelung nach Ziff. 7.5 HVV, die Vertragsärzte ausdrücklich auf die nachträgliche Überprüfung hingewiesen. In den Quartalen II/05 bis II/06 hat sie in Begleitschreiben zu den Honorarbescheiden jeweils darauf hingewiesen, dass sie die Überprüfung aufgrund der 15 %-Regelung erst nachträglich vornehmen werde. Ab dem Quartal III/06 hat sie an den mit "Nachweis zur Ausgleichsregelung gemäß Ziffer 7.5 des Honorarverteilungsvertrages" überschrieben Teil des Honorarbescheids den "Hinweis" angefügt: "Honorarzahlungen aus der sog. ‚Ausgleichsregelung’ stehen ausschließlich bei den Praxen bzw. MVZ unter einem Vorbehalt, bei denen (vor Durchführung der sog. ‚Ausgleichsregelung’) die Fallwertminderung mehr als 15 % beträgt."
Die Beklagte war auch berechtigt, die Berichtigung nachträglich vorzunehmen. Insofern steht der nachträglichen Berichtigung auch nicht Ziff. 7.5.2 Satz 4 HVV entgegen. Zwar soll danach die Prüfung erfolgen, "bevor eine Ausgleichszahlung erfolgt". Der Sinn der Regelung liegt insbesondere im Rückkoppelungseffekt auf den Punktwert bei einer fehlerhaften Festsetzung, da im Regelfall der Ausgleichsbetrag dem Honorartopf der Fachgruppe zu entnehmen ist und so zu einer Senkung des Punktwertes führt. Nur mittelbar dient diese Vorschrift dem Schutz des einzelnen Vertragsarztes. Im Übrigen kann davon ausgegangen werden, dass der Vertragsarzt wenigstens im Ansatz die Veränderungen der Leistungsstruktur oder die Einschließung oder Ausschließung von Vergütungsanteilen bei der Berechnung der zu vergleichenden Fallwerte kennt.
Von daher kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen nach Ziff. 7.5.3 HVV vorlagen. Danach steht die Ausgleichsvorschrift insb. unter dem Vorbehalt, dass eine gegenüber dem Ausgangsquartal vergleichbare budgetierte Gesamtvergütungszahlung geleistet wird. Danach ist nicht maßgeblich, dass zum Zeitpunkt der Honorarfestsetzung bereits der Umfang der Gesamtvergütung feststeht, sondern nur die letztlich gezahlte Höhe. Diese Regelung trifft insofern Vorsorge im Sinne eines "Wegfalls der Geschäftsgrundlage", nämlich für den Fall, dass die erwartete Gesamtvergütung geringer ausfällt und von daher die Ausgleichsregelung nicht als finanzierbar angesehen wird. Für diesen Fall sieht Ziff. 7.5.3 HVV eine Neuberechnung vor. Dies betrifft aber alle Honorarbescheide mit begünstigenden Ausgleichszahlungen und nicht lediglich Ausgleichszahlungen bei Fallwertverlusten mit 15 % oder mehr. Im Übrigen ist von der Beklagten auch nicht vorgetragen worden, dass die Gesamtvergütungszahlung hinter dem Vorjahresquartal zurückgeblieben sei.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Der wirtschaftliche Wert folgt aus dem Berichtigungsbetrag. Dies ergab den festgesetzten Wert.
2. Der Kläger hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 44.377,57 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Berichtigung der Honorarbescheide für die drei Quartale I bis III/06 und hierbei ausschließlich um eine Rückforderung des Auffüllbetrages in Höhe von insgesamt 44.377,57 EUR abzüglich Verwaltungskosten aufgrund der Regelung nach Ziff. 7.5 des Honorarverteilungsvertrags.
Der Kläger ist als Facharzt für Chirurgie mit Praxissitz in A-Stadt seit 08.03.2004 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Beklagte setzte in den Quartalen I/05 bis IV/06 das Honorar des Klägers wie folgt fest:
Quartal I/05 II/05 III/05 IV/05
Honorarbescheid v. 26.07.2005 22.01.2006 12.08.2006 06.08.2007 28.11.2006
Nettohonorar gesamt in EUR 46.307,11 34.397,79 50.193,35 78.628,68
Bruttohonorar Primär- u. Ersatzkassen in EUR 46.466,10 35.066,34 51.595,07 79.862,57
Fallzahl Primär- u. Ersatzkassen 545 680 778 828
Regelleistungsvolumen in Punkten 561.540,0 643.172,6 681.721,2
Überschreitung in Punkten 1.338.642,5 1.493.588,9 711.236,8
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV
Fallzahl im Vorjahresquartal 233 346 470
Referenz-Fallwert 84,2317 113,7063 101,6656
Fallwert im aktuellen Quartal 36,2816 37,8792 36,5886
Auffüllungsbetrag pro Fall in EUR 43,7385 60,9971 53,0875
Auffüllungsbetrag gesamt in EUR 10.191,07 21.104,98 24.951,13
Quartal I/06 II/06 III/06 IV/06
Honorarbescheid v. 20.01.2007 06.02.2007 17.03.2007 17.04.2007
Nettohonorar gesamt in EUR 72.712,63 61.327,91 81.829,98 92.033,47
Bruttohonorar Primär- u. Ersatzkassen in EUR 74.119,47 61.706,17 82.660,44 94.847,63
Fallzahl Primär- u. Ersatzkassen 1.017 939 1.005 1.045
Regelleistungsvolumen in Punkten 821.392,0 782.280,9 809.823,0 809.318,6
Überschreitung in Punkten 590.583,0 244.224,1 363.660,5 340.699,9
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV
Fallzahl im Vorjahresquartal 545 680 778 828
Referenz-Fallwert 67,9155 46,9604 65,0065 66,6950
Fallwert im aktuellen Quartal 27,0046 35,5130 32,8060 33,6928
Auffüllungsbetrag pro Fall in EUR 27,4489 10,1308 28,9575 29,2337
Auffüllungsbetrag gesamt in EUR 14.959,65 6.888,95 22.528,97 24.205,52
Die Beklagte nahm mit Bescheid vom 18.03.2008 eine Überprüfung der Regelung nach Ziff. 7.5 Honorarverteilungsvertrag für die streitbefangenen Quartale vor. Sie setzte für das Quartal IV/05 einen Honorarrückforderungsbetrag in Höhe von 23.418,79 EUR, für das Quartal I/06 von 14.959,65 EUR, für das Quartal II/06 von 6.888,95 EUR, für das Quartal III/06 von 22.528,97 EUR und für das Quartal IV/06 von 22.095,61 EUR, insgesamt in Höhe von 89.891,97 abzüglich Verwaltungskosten fest. Zur Begründung führte die Beklagte aus, in den Quartalen IV/05 bis III/06 betrage die Fallwertminderung mehr als 15 % in Bezug auf die gewährten Zahlungen im Rahmen der Maßnahme nach Nr. 7.5 des HVV, weshalb eine einzelfallbezogene Prüfung erforderlich sei. Ausweislich der jeweiligen Begleitschreiben zu den Honorarunterlagen bzw. der Anmerkung auf dem Nachweisbogen zur Ausgleichsregelung im Quartal III/06 habe sie bereits darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass die Fallwertminderung mehr als 15 % im aktuellen Quartal gegenüber dem Referenzquartal betrage, die geleisteten Zahlungen im Rahmen der sog. Ausgleichsregelung unter dem Vorbehalt einer einzelfallbezogenen Prüfung stünden. Im Bereich der Beratungs- und Betreuungsleistungen (Nr. 17 und 18 EBM 1996 bzw. Nr. 07220 EBM 2005), physikalisch-rehabilitativen Leistungen (z. B. Krankengymnastik Nr. 507 EBM 1996 bzw. Nr. 30420 EBM 2005) und konventionellen Radiologie (Nr. 5015 ff. EBM 1996 bzw. Nr. 34210 ff. EBM 2005) sei ein nicht unerheblicher Leistungsrückgang zu verzeichnen. Die Leistungslegende betreffend der physikalisch-rehabilitativen Leistungen und der konventionellen Radiologie habe sich nicht verändert. Lediglich bei den Beratungs- und Betreuungsleistungen hätten sich die Abrechnungsmöglichkeiten insoweit geändert, als die Nr. 17 und 18 EBM 1996 bei einer Beratung von maximal 10 Minuten nicht mehr gesondert abgerechnet werden könne, da diese bereits im Organisationskomplex enthalten sei. Erst je weitere 10 Minuten Beratung könne jeweils die Nr. 07220 EBM 2005 abgerechnet werden. Doch auch unter Berücksichtigung dieses Sachverhalts ergebe sich im Bereich der Gesprächsleistungen ein nicht unerheblicher Leistungsrückgang. Eine Vergleichbarkeit des Leistungsspektrums sei trotz dieses Sachverhalts nicht mehr gegeben. Im Vergleich zu dem Vorjahresquartal seien die Gesprächsleistungen um 95 %, 99 %, 96 % bzw. 92 %, die physikalisch-rehabilitativen Leistungen um 65 %, 73 %, 93 % bzw. 91 % und die konventionelle Radiologie um 60 %, 67 %, 83 % bzw. 82 % zurückgegangen. In den Quartalen II und III/06 sei im Vergleich zu den Vorjahresquartalen aufgefallen, dass jeweils mehr extrabudgetäre Leistungen (ambulantes Operieren gem. Strukturvertrag: Nr. 31101 ff. EBM 2005) und dafür dementsprechend weniger intrabudgetäre Leistungen (ambulantes Operieren: Nr. 31101 ff. EBM 2005) erbracht worden seien (allgemeine Leistungen Honorargruppe 2). Die Abrechnung gem. Strukturvertrag erfolge in den Quartalen II/04 bis III/05 über gesondert anzugebende Pseudoziffern. Ab dem Quartal IV/05 erfolge die Zuordnung zum ambulanten Operieren gem. Strukturvertrag EDV-gesteuert und über die Angabe der entsprechenden OPS-Codes. Extrabudgetäre Leistungen unterlägen nicht der Ausgleichsregelung. Somit erfolge neben der nun extrabudgetären Vergütung der Leistungen zusätzlich eine entsprechende Auffüllung im Rahmen der Ausgleichsregelung, da die Leistungen im Ausgangsquartal im Fallwert enthalten gewesen seien, im aktuellen Quartal aber herausgerechnet worden seien (Folge: Fallwertminderung). Aufgrund dieser Leistungsverlagerung seien die Bedingungen, um an der Ausgleichsregelung teilzunehmen, in den Quartalen II und III/06 ebf. nicht erfüllt. Im Vergleich zum Vorjahresquartal sei in den Quartalen II und III/06 die Anzahl ambulanter Operationen um 72 bzw. 68 % zurückgegangen. Die Fallwertminderung oberhalb von minus 15 % habe nicht vollständig ihre Ursache in der Einführung des EBM 2005 und ergebe sich in den Quartalen II und III/06 zusätzlich aus der Änderung des Leistungsspektrums (Verlagerung auf extrabudgetäre Leistungen). Sie fordere deshalb die Auffüllung in den Quartalen IV/05 und I/06 anteilig (Anteil, der 15 % Fallwertverlust überschreitet) und in den Quartalen II und III/06 vollständig zurück. Dies ergebe die festgesetzten Rückforderungsbeträge. Aus der Neuberechnung ergäben sich für das Quartal IV/06 ebenfalls neue Beträge für die Ausgleichsregelung.
Hiergegen legte der Kläger am 16.04.2008 Widerspruch ein. Er trug vor, eine Rückforderung hätte nur innerhalb von zwei Jahren erfolgen können. Er habe auf die Honorarfestsetzung vertraut. Ein nachträglicher Vergleich mit einer neueren Leistungsbewertung sei nicht zulässig. Es hätten die damals unterdurchschnittlichen Praxen gestützt werden sollen. Erst nachträglich wirtschaftlichere Leistungserbringung zu sanktionieren, widerspreche dem seinerzeit beabsichtigten Ziel der Ausgleichsregelung. Extrabudgetäre Leistungen könnten nicht berücksichtigt werden. Der Bescheid sei unverhältnismäßig, die Leistungen, die extrabudgetär erbracht worden seien, seien erforderlich gewesen. Sie könnten nicht nachträglich einer völlig anderen Berechnung unterworfen werden.
Am 12.01.2011 hat der Kläger einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Er trug u. a, vor, die Honorarrückforderung sei offensichtlich rechtswidrig und verletze ihn in seinen Rechten. Der Rückforderungsbescheid sei auch rechtswidrig aus den bereits im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Gründen. Darüber hinaus habe das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 03.02.2010 die Besonderheiten junger Praxen dargelegt, welche die Beklagte nicht berücksichtigt habe. Sein durchschnittlicher Honorarbruttoumsatz habe in den Quartalen IV/05 bis III/06 jeweils unter den Durchschnitt der Fachgruppe gelegen. Maßgeblich sei der Umsatz nach Abzug der Rückforderungsbeträge. Das bezüglich einer Rückforderung ergangene erstinstanzliche Urteil sei noch nicht in Rechtskraft erwachsen, es sei noch ein Berufungsverfahren anhängig. Nach Ziffer 7.5 HVV sei ein nachträglicher Vergleich mit einer neueren Leistungsbewertung nicht zulässig. Es dürfe nicht nachträglich in die Stützungswürdigkeit der Praxis eingegriffen werden. Es sei auch unerheblich, ob Leistungen aufgrund anderer Rechtsgrundlagen erbracht werden. Es könne nicht darauf ankommen, ob die Leistungen vormals im Fallwert enthalten gewesen seien. Die Beklagte räume auch selbst ein, dass sich anspruchsrelevante Veränderungen im EBM 2005 ergeben hätten, nämlich bei den physikalisch-rehabilitativen Leistungen und der konventionellen Radiologie in Bezug auf die Leistungsbewertung sowie bei den Beratungs- und Betreuungsleistungen in Bezug auf die Abrechnungsmöglichkeiten. Seine Fallzahlen hätten in den ersten fünf Quartalen IV/04 bis IV/05 sowie im Quartal III/06 jeweils unterhalb des Durchschnitts der Fachgruppe gelegen. Es treffe daher nicht zu, dass die Rückforderung mit der Praxisbesonderheit einer "jungen Praxis" nicht in Zusammenhang stehe.
Unter weitgehender Wiederholung ihrer Darlegungen im Rückforderungsbescheid war die Beklagte der Auffassung, dass die Rückforderung insgesamt rechtmäßig sei. Weiter führte sie u. a. aus, die Rückforderung beruhe auf einem Leistungsrückgang und stehe mit der Praxisbesonderheit "junge Praxis" nicht im Zusammenhang. Auch eine "junge Praxis" müsse zum Erhalt von Ausgleichsbeträgen die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllen. Auf Vertrauensschutzgesichtspunkte könne sich der Kläger nicht berufen. Sie habe ihn ausdrücklich unter Nennung der Gründe auf die nur vorläufige Festsetzung im Honorarbescheid hingewiesen. Es handele sich auch nicht um eine unzulässige echte Rückwirkung. Es habe kein in der Vergangenheit abgeschlossener Sachverhalt vorgelegen, da alle gewährten Auffüllungen ausdrücklich und unter dem Vorbehalt der Rückforderung gestanden hätten.
SG Marburg, Beschl. v. 10.03.2011 - S 12 KA 26/11 ER - wies den Antrag ab, LSG Hessen, Beschl. v. 02.08.2011 - L 4 KA 19/11 B ER - die Beschwerde zurück.
Die Beklagte trennte die Verfahren bzgl. der Quartale IV/05 und IV/06 ab und wies mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2012 für die Quartale I bis III/06 den Widerspruch als unbegründet zurück. Ergänzend zu ihren Ausführungen im Ausgangsbescheid wies die Beklagte auf den Leistungsrückgang im Einzelnen hin. So sei die Anzahl der abgerechneten Leistungen nach Nr. 07220 EBM 2005 im Quartal I/06 im Vergleich zur Nr. 18 EBM 1996 im Quartal I/05 von 250 auf 2 Fälle, im Quartal II/06 im Vergleich zum Quartal II/05 von 401 auf 15 Fälle und im Quartal III/06 im Vergleich zum Quartal III/05 von 171 auf 14 Fälle gesunken. Die Anzahl der physikalisch-rehabilitativen Leistungen in der Leistungsgruppe 9 sei in den Quartalen I bis III/06 im Vergleich zu den Aufsatzquartalen von 1.697 auf 455, 1.029 auf 70 bzw. 1.230 auf 114 Fälle gesunken. Die Anzahl der Leistungen der konventionellen Radiologie sei von 675 auf 222, 945 auf 161 bzw. 852 auf 153 Fälle gesunken. Der Anteil aller Leistungsbereiche am Gesamtpunktzahlvolumen betrage im Quartal I/06 20,7 %, im Quartal II/06 26,4 % und im Quartal III/06 16,7 %. Die Anzahl der intrabudgetären Leistungen des ambulanten Operierens sei von 150 bzw. 166 in den Quartalen II und III/05 auf 42 bzw. 60 Leistungen im Quartal II und III/06 gesunken. Gleichzeitig seien die extrabudgetär abgerechneten ambulanten Operationen von jeweils 0 auf 72 bzw. 95 Leistungen angestiegen. Das LSG Hessen habe in seinem Beschluss bereits ausgeführt, dass der Gesichtspunkt "junge Praxis" nur für die ursprüngliche Honorarfestsetzung von Bedeutung sei. Die ursprüngliche Honorarfestsetzung sei aber in den streitbefangenen Quartalen und den Aufsatzquartalen bereits bestandskräftig abgeschlossen. Vertrauensschutzgesichtspunkte stünden der Rückforderung nicht entgegen.
Hiergegen hat der Kläger am 26.10.2012 die Klage erhoben. Er ist weiterhin der Auffassung, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 03.02.2010 zu sog. jungen Praxen werde nicht hinreichend berücksichtigt. In den Quartalen II und III/06 hätten seine Fallzahlen mit 939 und 1.005 Fällen unter den durchschnittlichen Fallzahlen der Fachgruppe von 986 und 1.017 Fällen gelegen. Nach Abzug der Honorarkürzung liege sein Honorar unterhalb dem der Fachgruppe. Er habe auch darauf vertrauen dürfen, dass die Ausgleichsregelung im Honorarbescheid richtig angewandt worden sei. Der Bescheid verstoße auch gegen das Rückwirkungsverbot. Es sei auch unzulässig, nachträglich eine wirtschaftlichere Leistungserbringung zu sanktionieren. Es komme nicht darauf an, ob extrabudgetäre Leistungen in den Stützungsquartalen nicht erbracht worden seien und im Ausgangsquartal im Fallwert enthalten gewesen seien. Die Beklagte räume selbst ein, soweit sie Leistungsrückgänge festgestellt habe, dass diese sich auch aus Veränderungen im EBM 2005 ergeben hätten. Wenn die Beklagte meine, dass die Fallwertminderung oberhalb von 15 % angeblich ihre Ursache nicht vollständig in der Einführung des EBM 2005 gehabt habe, entbehre dies jedenfalls eine Nachvollziehbaren und auch erforderlichen Begründung. Es sei sachfremd, die Verlagerung intrabudgetär vergüteter ambulanter Operationen auf extrabudgetäre Leistungen zu berücksichtigen. Es fehle eine Begründung für den Grund der Honorarrückforderung und deren Höhe. Die Ursache für einen Teil des erheblichen Rückgangs im Leistungsgeschehen habe der Prüfungsausschuss gesetzt. Für die Quartale I bis III/04 habe er ihm die Leitungsgruppen 3, 9 und 12 auf eine unwirtschaftliche Behandlungsweise hingewiesen. Für die Quartale IV/04 und I/05 habe er eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durchgeführt und eine bestandskräftige Honorarkürzung festgesetzt. Er habe nicht nur auf Unwirtschaftlichkeit in den Leistungsgruppen 3, 9 und 12 abgestellt. Nach Ansicht des Prüfungsausschusses habe er hinsichtlich der Abrechnungsfähigkeit von einzelnen Leistungen Fehlinterpretationen vorgenommen. Für die Leistungsgruppe 9 habe der Prüfungsausschuss für die Quartale II und III/05 ein weiteres Prüfverfahren eingeleitet. Er habe deshalb sukzessiv sein Abrechnungsverhalten verändert. Deshalb sei es auch zu massiven Rückgängen im Leistungsgeschehen bei den Gesprächsleistungen, physikalisch-rehabilitativen Leistungen und bei der konventionellen Radiologie gekommen. Die Honorarkürzungen für die Quartale IV/04 und I/05 hätten beim Fallwertvergleich berücksichtigt werden müssen. Er sei daher so zu stellen, wie er nach Vornahme der damaligen Kürzungen gestanden hätte.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 18.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und dem Leistungsrückgang in den vielen Leistungsbereichen sowie die Verlagerung von intrabudgetären auf extrabudgetäre Operationen. Der Kläger gebe selbst an, dass er hinsichtlich der EBM-Leistungsgruppen 3, 9 und 12 auf Grund stattgefundener Wirtschaftlichkeitsprüfungen ab dem Quartal IV/04 die Leistungen nach und nach immer weniger abgerechnet habe und das dies einen Grund für den Rückgang in seinem Leistungsgeschehen darstelle. Die Honorarbescheide seien für die streitgegenständlichen Quartale als auch für die Referenzquartale bestandskräftig. Es würde zudem zu Lasten des Klägers gehen, wenn man seiner Auffassung folgen würde, die Wirtschaftlichkeitsprüfung zu berücksichtigen, da der Referenzfallwert dann niedriger gewesen wäre und so in jedem Fall zu hoch aufgefüllt worden wäre. Vertrauensschutz scheide schon nach der Rechtsprechung des LSG Hessen aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. LSG Hessen hat bereits in verschiedenen Berufungsverfahren zur Rückforderung des Auffüllbetrages aufgrund der Regelung nach Ziffer 7.5 des Honorarverteilungsvertrags entschieden (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 13.07.2011 - L 4 KA 14/10 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris; Urt. v. 14.05.2014 L 4 KA 63/12 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 34). Die Kammer hat die Beteiligten hierzu mit Verfügung vom 25.09.2014 angehört. Die Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 18.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2012 ist rechtmäßig und war nicht aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Die Beklagte war grundsätzlich im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Berichtigung zuständig und berechtigt, eine Überprüfung der Ausgleichszahlung nach Ziffer 7.5 HVV vorzunehmen. Die ursprünglichen Honorarbescheide für die streitbefangenen Quartale waren rechtswidrig, soweit die Beklagte die sog. Ausgleichsregelung nach Ziff. 7.5 der Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und den Verbänden der Krankenkassen zur Honorarverteilung für die Quartale 2/2005 bis 4/2005, bekannt gemacht als Anlage 2 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 10.11.2005 (HVV), die insoweit bis zum Quartal I/07 fortgeführt wurde, in einem Umfang angewandt hat, der über die hier strittige Berichtigung hinausging.
Im Einzelnen bestimmt Ziffer 7.5 HVV:
7.5.1 Zur Vermeidung von praxisbezogenen Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2000plus erfolgt nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 ein Vergleich des für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranspruches (Fallwert in EUR) der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung in EUR im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 ausschließlich beschränkt auf Leistungen, die dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung unterliegen und mit Ausnahme der zeitbezogenen genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen. Bei der Ermittlung des Fallwertes bleiben Fälle, die gemäß Anlage 1 bzw. 2 zu Ziffer 7.1 zur Honorierung kommen, unberücksichtigt. Zeigt der Fallwertvergleich eine Fallwertminderung oder Fallwerterhöhung von jeweils mehr als 5% (bezogen auf den Ausgangswert des Jahres 2004), so erfolgt eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5%. Die für eine Stützung bei Fallwertminderungen – Einzelheiten siehe Ziffer 7.5.2 – notwendigen Honoraranteile gehen zu Lasten der jeweiligen Honorar(unter)gruppe, der die Praxis im aktuellen Quartal zugeordnet ist, und sind gegebenenfalls durch weitergehende Quotierung der Bewertungen bzw. Punktwerte zu generieren, falls die aus der Begrenzung der Fallwerte auf einen Zuwachs von 5% resultierende Honoraranteile hierfür nicht ausreichend sein sollten. Sollte durch eine solche Quotierung die Fallwertminderung (wieder) auf einen Wert oberhalb von 5% steigen, führt dies zu keinem weitergehenden Ausgleich.
7.5.2 Ein Ausgleich von Fallwertminderungen bis zur Grenze von 5% erfolgt grundsätzlich auf der Basis vergleichbarer Praxisstrukturen und maximal bis zu der Fallzahl, die im entsprechenden Quartal des Jahres 2004 zur Abrechnung gekommen ist. Ein Ausgleich ist in diesem Sinne u. a. dann ausgeschlossen, wenn im aktuellen Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal erkennbar (ausgewählte) Leistungsbereiche nicht mehr erbracht wurden oder sich das Leistungsspektrum der Praxis, u. a. als Folge einer geänderten personellen Zusammensetzung der Praxis, verändert hat. Er ist des weiteren ausgeschlossen, wenn sich die Kooperationsform der Praxis entsprechend Ziffer 5.2 Buchstabe g) im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal geändert hat. Beträgt die Fallwertminderung mehr als 15%, ist eine auf die einzelne Praxis bezogene Prüfung im Hinblick auf vorstehend aufgeführte Kriterien durchzuführen, bevor eine Ausgleichszahlung erfolgt. Ausgleichsfähige Fallwertminderungen oberhalb von 15% müssen vollständig ihre Ursache in der Einführung des EBM 2000plus haben.
7.5.3 Die vorstehende Ausgleichsvorschrift steht im Übrigen unter dem Vorbehalt, dass von Seiten der Verbände der Krankenkassen mindestens eine gegenüber dem Ausgangsquartal vergleichbare budgetierte Gesamtvergütungszahlung geleistet wird und die aufgrund der Beschlussfassung des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 vorzunehmenden Honorarverschiebungen nach Abschluss des Abrechnungsquartals – siehe Ziffer 2.5 der Anlage 1 bzw. 2 zu Ziffer 7.2 – noch ein ausreichendes Honorarvolumen für diese Maßnahme in der einzelnen Honorar(unter)gruppe belassen.
Für die Quartale ab 2006 wurde als Aufsatzquartal das jeweilige Vorjahresquartal bestimmt.
Ziffer 7.5 HVV ist grundsätzlich rechtmäßig, soweit sie im Sinne einer Härtefallregelung zur Begünstigung eines Vertragsarztes führt (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 04.11.2009 L 4 KA 99/08 –; LSG Hessen, Urt. v. 11.02.2009 – L 4 KA 82/07 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris; s. a. BSG, Urt. v. 08.12.2010 - B 6 KA 42/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 61 = USK 2010-174, 17 juris Rdnr. 17). Lediglich soweit die sog. Ausgleichsregelung nach Ziff. 7.5 HVV bei Überschreiten des Fallwerts des Vorjahresquartals von mehr als 5 % u. U. zu einer Honorarkürzung führt, ist die Regelung zu beanstanden (vgl. LSG Hessen, Urt. v. 29.04.2009 – L 4 KA 80/08 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Revision zurückgewiesen durch BSG, Urt. v. 18.08.2010 - B 6 KA 16/09 R – juris; LSG Hessen, Urt. v. 24.06.2009 – L 4 KA 110/08 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Revision zurückgewiesen durch BSG, Urt. v. 18.08.2010 durch BSG - B 6 KA 26/09 R -; LSG Hessen, Urt. v. 24.06.2009 – L 4 KA 85 u. 86/08 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Revision zurückgewiesen durch BSG, Urt. v. 18.08.2010 - B 6 KA 27/09 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 58 = USK 2010-95 = GesR 2011, 304 = Breith 2011, 415 bzw. B 6 KA 28/09 R).
Danach war die Beklagte grundsätzlich berechtigt, Ziff. 7.5 HVV im Sinne einer begünstigenden Regelung anzuwenden. Die Beklagte hat aber, was gerichtsbekannt ist, nicht nur im Falle des Klägers bei Erlass des Honorarbescheids Ziff. 7.5 HVV lediglich schematisch angewandt, ohne in die von Ziff. 7.5 HVV gebotene Einzelfallprüfung bei Überschreiten der 15 %-Grenze einzutreten. Nach Ziff. 7.5.2 Satz 4 und 5 HVV ist, wenn die Fallwertminderung mehr als 15%, beträgt, eine auf die einzelne Praxis bezogene Prüfung im Hinblick auf vorstehend aufgeführte Kriterien durchzuführen, bevor eine Ausgleichszahlung erfolgt. Dabei müssen ausgleichsfähige Fallwertminderungen oberhalb von 15% vollständig ihre Ursache in der Einführung des EBM 2005 haben. Als maßgebliche Kriterien nennt Ziff. 7.5.2 Satz 1 bis 3 HVV vergleichbare Praxisstrukturen; ausgeschlossen ist ein Ausgleich bei Nichterbringung (ausgewählter) Leistungsbereiche oder Veränderung des Leistungsspektrums der Praxis, u. a. als Folge einer geänderten personellen Zusammensetzung der Praxis sowie der Kooperationsform der Praxis entsprechend Ziff. 5.2 Buchstabe g). Ziff. 5.2.1 Buchstabe g) HVV nennt u. a. den Wechsel von der Praxisgemeinschaft zur Gemeinschaftspraxis und umgekehrt.
Die Kammer hält diese Regelung, soweit bisher die Regelung nach Ziff. 7.5 HVV als zulässig angesehen wurde, ebf. für zulässig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen tragen dafür Sorge, dass nur EBM-bedingte, nicht aber solche Honorarverluste, für die der Vertragsarzt die Verantwortung selbst zu tragen hat, ausgeglichen werden. Der aktuelle Fallwert und der Fallwert des Vorjahresquartals müssen miteinander vergleichbar sein. Bei verändertem Leistungsspektrum der Praxis ist dies nicht mehr der Fall. Ebenso können veränderte Kooperationsformen eine Vergleichbarkeit ausschließen. Gleiches gilt für veränderte Berechnung des Honorars durch Einschließung oder Ausschließung von Vergütungsanteilen, insbesondere sog. extrabudgetären Leistungen, im Vergleich zum Vorjahresquartal. Im Gegensatz zu der von den Sozialgerichten beanstandeten Honorarkürzungen nach Ziff. 7.5.1 Satz 3 HVV wird nicht das regulär nach dem HVV zustehende Honorar gekürzt, sondern erfolgt lediglich eine genauere Ursachenforschung und Berechnung der den Vertragsarzt begünstigenden Ausgleichsregelung. Die Regelung zur Beschränkung der Ausgleichsregelung ist damit selbst unmittelbarer Teil der Ausgleichsregelung im Sinne einer Härteregelung. Ihr Inhalt ist aus den genannten Gründen nicht zu beanstanden und ist vom Gestaltungsspielraum der Vertragsparteien des HVV gedeckt.
Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Berichtigungsbescheid die ursprünglich fehlerhafte Festsetzung des Ausgleichsbetrags zutreffend korrigiert. Sie hat im Einzelnen im angefochtenen Ausgangsbescheid und Widerspruchsbescheid dargelegt, weshalb es zu Verzerrungen bei den Fallwertvergleichen in den streitbefangenen Quartalen mit den Referenzquartalen gekommen ist. Dies war für die Kammer nachvollziehbar. Fehler sind nicht ersichtlich. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Kammer auf die angefochtenen Widerspruchsbescheide (§ 136 Abs. 3 SGG).
Auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 03.02.2010 zu sog. jungen Praxen kommt es nicht an, da es nicht um die Bewilligung der Ausgleichszahlung geht, sondern um die Korrektur einer bereits festgesetzten und vom Kläger nicht angefochtenen Festsetzung. Im Übrigen betrifft die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die maßgebliche Fallzahl für die Bewilligung der Ausgleichszahlung, nicht aber Fragen des Fallwerts bzw. Fallwertrückgangs. Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob das Honorar des Klägers nach Abzug der Honorarkürzung unterhalb dem der Fachgruppe liegt. Zutreffend geht die Beklagte von einem Rückgang der Leistungen aus, was sich auch aus nachfolgender Übersicht ergibt, in der die Kammer den streitgegenständlichen Quartalen jeweils das Vorjahresquartal gegenübergestellt und die die Kammer auf der Grundlage der Frequenzstatistik für den Primär- und Ersatzkassenbereich erstellt hat:
Leistungen I/05 I/06 II/05 II/06 III/05 III/06
Nr. 17 EBM 1996* 68
Nr. 18 EBM 1996* 40
Nr. 07220 EBM 2005* 0 59 2 22 1
Nr. 507 EBM 1996* 81
Nr. 30420 EBM 2005* 3 53 1 33 1
Nr. 5015 - 5032 EBM 1996* 389,3
Wert aller Röntgenleistungen Nr. 34210 - 34236 EBM 2005 je Fall im Durschnitt in Punkten
63,2 416,5 49,0 342,6 42,9
* Angaben in Zahl der Leistungen auf 100 Behandlungsfälle
Der Kläger räumt einen Leistungsrückgang selbst ein, wenn er als (Teil-)Ursache auf den Prüfungsausschuss bzw. ein Wirtschaftlichkeitsprüfverfahren verweist, das mit einer bestandskräftigen Honorarkürzung abgeschlossen sei, weshalb er deshalb sukzessiv sein Abrechnungsverhalten verändert habe und es auch zu massiven Rückgängen im Leistungsgeschehen bei den Gesprächsleistungen, physikalisch-rehabilitativen Leistungen und bei der konventionellen Radiologie gekommen sei. Der Kläger gesteht damit zu, dass er wesentlich weniger Leistungen in den von der Beklagten genannten Leistungsbereichen erbracht hat, weshalb ein Rückgang im Leistungsgeschehen nicht EBM-bedingt sein kann. Im Hinblick auf die bestandskräftig festgestellte Unwirtschaftlichkeit kann der Kläger auch nicht erwarten, dass Honorarkürzungen berücksichtigt werden. Im Übrigen könnte eine Berücksichtigung nur zur Verminderung der Fallwerte im Ausgangsquartal führen, wodurch sich ebf. eine Verminderung der Ausgleichszahlung ergeben würde.
Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen der Berichtigung nicht entgegen (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 10.02.2010 - S 12 KA 639/09 -, Berufung zurückgewiesen durch LSG Hessen, Urt. v. 13.07.2011 - L 4 KA 14/10 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 28.; LSG Hessen, Urt. v. 14.05.2014 - L 4 KA 63/12 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 34). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die umfassende Berichtigungsbefugnis der KV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trägt, im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gilt sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes finden, wie auch bei solchen, die auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung, insbesondere der Unwirksamkeit der ihr zu Grunde liegenden Vorschriften, beruhen. Insbesondere im letztgenannten Fall müssen die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS 2005, 549 = USK 2004-124 - juris Rdnr. 21). Die Befugnis der KV zur nachträglichen Honorarberichtigung auf der Grundlage der bundesmantelvertraglichen Vorschriften endet nicht nur mit dem Ablauf der dazu vorgesehenen Fristen, sondern auch dann, wenn die KV eine sachlich-rechnerische Berichtigung durchgeführt und diese auf Rechtsbehelfe des Vertragsarztes hin ohne jegliche Einschränkung rückgängig gemacht hat. In diesem Fall wird die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt insoweit aufgehoben, und die KV kann einen Honorarbescheid wegen anfänglicher Fehlerhaftigkeit nur noch unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurücknehmen. Unabhängig davon hat das Bundessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen das Vertrauen des Vertragsarztes auf die Rechtmäßigkeit einer bestimmten Abrechnungsweise gegenüber rückwirkenden Bescheidkorrekturen im Zusammenhang mit der Erbringung fachfremder Leistungen für schutzwürdig gehalten (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, aaO., Rdnr. 27). Soweit die anfängliche Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung beruht, wird der Vertrauensschutz des Arztes durch die Grundsätze über die Anbringung von Vorläufigkeitshinweisen und deren inhaltliche und umfangmäßige Begrenzung realisiert (vgl. BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, aaO., Rdnr. 28). In der Konstellation einer individuell fehlerhaften Rechtsanwendung der KV bei Erlass des ursprünglichen Honorarbescheides können Honorarberichtigungen nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Vorschriften über die nachträgliche Korrektur von anfänglich rechtswidrigen Honorarbescheiden durchgeführt werden, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind aber die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 SGB X entsprechend heranzuziehen (vgl. zur Begründung im Einzelnen BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R -, aaO., Rdnr. 30-36).
Es kann hier letztlich dahinstehen, ob die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 SGB X entsprechend heranzuziehen sind. Danach entfällt Vertrauen u. a. dann, wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X).
Jedenfalls kann dann kein Vertrauen auf den Bestand oder Teile des Honorarbescheids bestehen, wenn der Vertragsarzt ausdrücklich unter Nennung der Gründe auf die Vorläufigkeit der Festsetzung hingewiesen wird.
Eine schnelle und möglichst umfassende Auskehrung der für die Honorarverteilung zur Verfügung stehenden Beträge entspricht vor allem auch der Interessenlage der Vertragsärzte; denn sie sind zum einen – insbesondere wegen der Bestreitung der Praxiskosten - regelmäßig auf eine möglichst kurze Zeitspanne zwischen Leistungserbringung und Leistungshonorierung angewiesen. Zum anderen widerspräche die Zahlung lediglich von Abschlägen auf das voraussichtliche Quartalshonorar über einen längeren Zeitraum hinweg dem berechtigten Interesse der Ärzte an einer Kalkulierbarkeit ihrer Einnahmen (vgl. BSG, Urt. v. 31.10.2001 - B 6 KA 16/00 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 42 = BSGE 89, 62 = Breith 2002, 392 = NZS 2002, 552 = USK 2001-216, juris Rdnr. 26). Im Hinblick auf den Aufwand der Einzelfallprüfung zahlreicher Bescheide, die wegen des Rückkoppelungseffekts auf den Punktwert dann vor Erlass sämtlicher Honorarbescheide hätte durchgeführt werden müssen, hätte dies zu – weiteren – erheblichen Verzögerung der Honorarbescheide geführt. Auch begrenzt auf die lediglich betroffenen Ärzte, hätte dies bei diesen zu einer erheblichen Verzögerung geführt. Insofern war die Ausgangslage hier, da sie die gesamte Honorarbescheidung betraf, vergleichbar mit Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung.
Die Beklagte hat aber von Anfang an, das heißt seit Geltung der Regelung nach Ziff. 7.5 HVV, die Vertragsärzte ausdrücklich auf die nachträgliche Überprüfung hingewiesen. In den Quartalen II/05 bis II/06 hat sie in Begleitschreiben zu den Honorarbescheiden jeweils darauf hingewiesen, dass sie die Überprüfung aufgrund der 15 %-Regelung erst nachträglich vornehmen werde. Ab dem Quartal III/06 hat sie an den mit "Nachweis zur Ausgleichsregelung gemäß Ziffer 7.5 des Honorarverteilungsvertrages" überschrieben Teil des Honorarbescheids den "Hinweis" angefügt: "Honorarzahlungen aus der sog. ‚Ausgleichsregelung’ stehen ausschließlich bei den Praxen bzw. MVZ unter einem Vorbehalt, bei denen (vor Durchführung der sog. ‚Ausgleichsregelung’) die Fallwertminderung mehr als 15 % beträgt."
Die Beklagte war auch berechtigt, die Berichtigung nachträglich vorzunehmen. Insofern steht der nachträglichen Berichtigung auch nicht Ziff. 7.5.2 Satz 4 HVV entgegen. Zwar soll danach die Prüfung erfolgen, "bevor eine Ausgleichszahlung erfolgt". Der Sinn der Regelung liegt insbesondere im Rückkoppelungseffekt auf den Punktwert bei einer fehlerhaften Festsetzung, da im Regelfall der Ausgleichsbetrag dem Honorartopf der Fachgruppe zu entnehmen ist und so zu einer Senkung des Punktwertes führt. Nur mittelbar dient diese Vorschrift dem Schutz des einzelnen Vertragsarztes. Im Übrigen kann davon ausgegangen werden, dass der Vertragsarzt wenigstens im Ansatz die Veränderungen der Leistungsstruktur oder die Einschließung oder Ausschließung von Vergütungsanteilen bei der Berechnung der zu vergleichenden Fallwerte kennt.
Von daher kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen nach Ziff. 7.5.3 HVV vorlagen. Danach steht die Ausgleichsvorschrift insb. unter dem Vorbehalt, dass eine gegenüber dem Ausgangsquartal vergleichbare budgetierte Gesamtvergütungszahlung geleistet wird. Danach ist nicht maßgeblich, dass zum Zeitpunkt der Honorarfestsetzung bereits der Umfang der Gesamtvergütung feststeht, sondern nur die letztlich gezahlte Höhe. Diese Regelung trifft insofern Vorsorge im Sinne eines "Wegfalls der Geschäftsgrundlage", nämlich für den Fall, dass die erwartete Gesamtvergütung geringer ausfällt und von daher die Ausgleichsregelung nicht als finanzierbar angesehen wird. Für diesen Fall sieht Ziff. 7.5.3 HVV eine Neuberechnung vor. Dies betrifft aber alle Honorarbescheide mit begünstigenden Ausgleichszahlungen und nicht lediglich Ausgleichszahlungen bei Fallwertverlusten mit 15 % oder mehr. Im Übrigen ist von der Beklagten auch nicht vorgetragen worden, dass die Gesamtvergütungszahlung hinter dem Vorjahresquartal zurückgeblieben sei.
Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Der wirtschaftliche Wert folgt aus dem Berichtigungsbetrag. Dies ergab den festgesetzten Wert.
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