L 12 KA 5036/14 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 43 KA 5085/14 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 5036/14 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die nach § 32 Abs. 2 S. 1 Zahnärzte ZV notwendige Genehmigung setzt eine Approbation des Vorbereitungsassistenten voraus. Eine Erlaubnis nach § 13 ZHG genügt nicht.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 2.6.2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer.



Gründe:


I.

Streitig ist, ob die Antragstellerin einen Anspruch auf die Genehmigung einer Vorbereitungassistentin in der Praxis A-Straße, A-Stadt, hat, die lediglich über eine Berufserlaubnis gemäß § 13 ZHG verfügt.

Die Antragstellerin betreibt eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft in A-Stadt, bestehend aus Vertragszahnärzten. Am 3.4.2014 stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Genehmigung zur Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten für V., die in Serbien Zahnmedizin abgeschlossen hatte, jedoch keine Gleichwertigkeitsprüfung abgelegt hat. V. hat eine Erlaubnis nach § 13 ZHG zur vorübergehenden Ausübung des zahnärztlichen Berufes in Oberfranken, befristet bis 14.3.2016, beschränkt auf eine zahnärztliche Tätigkeit in fachlich abhängiger Stellung.

Bereits am 16.4.2014 beantragte der Klägerbevollmächtigte den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG mit dem Ziel, im Wege der Anordnung eine einstweilige Genehmigung zu erhalten. Das Sozialgericht München lehnte den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 2.6.2014 ab. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei die normale Bearbeitungszeit nicht abgewartet worden. Auch sei nicht erkenn- bar, worin eine Unzumutbarkeit für die Antragstellerin bestehen könne, wenn noch keine Entscheidung vorliege. Der Vortrag, dass an jedem weiteren Tag, an dem die Arbeitskraft V.s nicht genutzt werden könne, ein irreversibler Verlust entstehen, bedinge keinen unzumutbaren Nachteil für die Antragstellerin. Eine besondere Eilbedürftigkeit sei nicht erkenn- bar.

Gegen den am 7.6.2014 zugestellten Beschluss legte die Antragstellerin Beschwerde ein. Eine besondere Eilbedürftigkeit liege vor, da die Antragstellerin nur mühsam überhaupt einen Zahnarzt für den Standort ihrer Praxen hätten gewinnen können. Außerdem sei bekannt, dass die Genehmigung in anderen Bundesländern auf der Grundlage einer Berufserlaubnis erteilt werde. Es sei keinem Bewerber zumutbar, dass er zwei, eventuell 4 bis 5 Jahre abwarte, bis die streitige Frage im Verwaltungs- und Klageverfahren entschieden sei.

Mit Bescheid vom 16.7.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung der beantragten Genehmigung ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchs- bescheid vom 24.11.2014 zurückgewiesen.

Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 2.6.2014 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, eine Genehmigung zur Beschäftigung der
Dr. A. V. nach Vorlage einer Aufenthaltserlaubnis bis zu einem rechtskräftigen Urteil im Hauptsacheverfahren oder bis zum Erhalt einer rechtskräftigen Approbation als Vorbereitungsassistentin der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft Dres K. und Kollegen, A-Straße, A-Stadt, zu erteilen, wobei die Zuordnung innerhalb der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft an Herrn H. K. erfolgt.

Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen.

Die Antragstellerin hat keinen Anspruch darauf, im einstweiligen Rechtsschutz eine vorläufige Genehmigung zur Beschäftigung der aus Serbien stammenden V. als Vorbereitungsassistentin zu erhalten. Das SG hat zutreffend den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG abgelehnt. Die Antragstellerin begehrt eine Regelungsanordnung, mit der vorläufig eine Genehmigung zur Beschäftigung V.s gewährt werden soll. Der Erlass dieser einstweiligen Anordnung ist nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Damit ist für den Erlass der einstweiligen Anordnung zu prüfen, ob ein Anordnungsanspruch, d.h. ein materielles Recht auf Erteilung der Genehmigung, besteht und ob ein Anordnungsgrund gegeben ist, ob die Regelung also zu Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Beide Voraussetzungen sind im vorliegenden Verfahren nicht erfüllt.

Ein Anordnungsgrund wurde von der Antragstellerin nicht in hinreichendem Maße dargetan. Nachdem mittlerweile der Widerspruchsbescheid vom 24. 11. 2014 vorliegt, gegen den nach dem Vortrag des Bevollmächtigten auch Klage eingelegt wurde, fehlt zumindest nicht mehr das Rechtsschutzinteresse, so dass der Antrag bereits unzulässig wäre. Bezüglich des Vorliegens eines wesentlichen Nachteils wird auch in der Beschwerdeschrift vom 26.6.2014 wenig ausgeführt. Dargelegt wird lediglich, dass die fehlende Beschäftigungsmöglichkeit des Weiterbildungsassistenten zu Nachteilen führe und von einem Bewerber nicht erwartet werden könne, dass er mindestens zwei, eventuell 4 bis 5 Jahre abwarten müsse, bis die streitige Frage im Verwaltung- und Klageverfahren entschieden sei. Dies ist nicht ausreichend, um darzulegen, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Weiterhin ist zu beachten, dass die Erteilung einer Genehmigung eine statusrelevante Entscheidung ist, bei der es, da der Arzt sein Honorar für die während der Dauer der Wirksamkeit der einstweiligen Anordnung erfolgten Behandlungen auch bei Unterliegen im Hauptsache- verfahren behalten kann, zu einer echten Vorwegnahme der Hauptsache kommt. Deshalb ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung auch im Falle des Vorliegens wesentlicher Nachteile auf eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt (Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86 b Rn. 33). Bezüglich dieser eng begrenzten Ausnahmesituation erfolgte keinerlei Sachvortrag.

Auch ein Anordnungsanspruch ist nicht gegeben. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung zur Beschäftigung V.s als Vorbereitungsassistentin. Die nach § 32 Abs. 2 Satz 1 Zahnärzte-ZV für die Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten notwendige Genehmigung setzt entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin eine Approbation des Vorbereitungsassistenten voraus, wovon die Antragsgegnerin zutreffend ausgeht. § 32 Abs. 2 Satz 1 Zahnärzte-ZV trifft keine Regelung darüber, ob der Vorbereitungsassistent eine Approbation im Sinne von § 2 ZHG haben muss. Jedoch ergibt eine Auslegung der Vorschriften der Zahnärzte-ZV unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers und des systematischen Zusammenhangs, dass die Tätigkeit als Vorbereitungsassistent eine Approbation nach § 2 ZHG voraussetzt. Die Antragsgegnerin weist zutreffend darauf hin, dass sich aus § 4 Abs. 2 Buchst. c Zahnärzte-ZV bereits ein Hinweis darauf ergibt, dass die zahnärztliche Tätigkeit als Vorbereitungsassistent nach der Approbation liegen muss. Außerdem ist die Tätigkeit als Vorbereitungsassistent eine kumulative, nur für den Bereich der Tätigkeit als Vertragszahnarzt erforderliche Voraussetzung für die Eintragung ins Zahnarztregister und damit für die Tätigkeit als Vertragszahnarzt, die zum Erfordernis der Approbation im Sinne des § 2 ZHG hinzutritt. Entscheidend ist jedoch aus der Sicht des Senats der Wille des Gesetzgebers. Dabei ist zu beachten, dass während des Gesetzgebungsverfahrens zum Vertragsarztrechts-Änderungsgesetz nach den Empfehlungen der Ausschüsse eine Ergänzung des § 32 Abs. 2 Satz 1 Zahnärzte-ZV vorgesehen war: "für die Beschäftigung genügt es, dass die Assistenten Inhaber einer Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung der Zahnheilkunde gemäß § 13 ZHG sind." (BR-Drucks 353/1/06, Seite 15 ff.). Diese Gesetzesänderung hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung (BT-Drucks. 16/2474, S. 42, 43) abgelehnt, da "die Erlaubnis nach § 13 ZHG keinen gleichwertigen Ausbildungsstand (gewährleistet). So weist zum Beispiel die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung ausdrücklich darauf hin, dass die langjährige praktische Erfahrung in Kommissionen der Zahnärztekammern auf Landesebene, die die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes dieser Personengruppen überprüfen, ergeben habe, "dass in der weit über- wiegenden Mehrzahl der Fälle ein Ausbildungsniveau und ein Stand der praktischen Fertigkeiten vorliegt, das nicht nur mit dem Ausbildungs- und Kenntnisstand eines deutschen Hochschulabsolventen in keiner Weise vergleichbar ist, sondern oft auch die elementarsten Voraussetzungen für eine praktische Tätigkeit am Patienten vermissen lässt". Zu berücksichtigen ist zudem, dass die dargelegten Bedenken durch die im Gesetzentwurf vorgesehene Ausweitung der Anstellungsmöglichkeiten noch an Bedeutung gewinnen." Damit lässt sich die von Seiten der Antragstellerin vertretene Rechtsauffassung nicht vereinbaren. Die von ihr zitierte bisherige Rechtsprechung, insbesondere das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts aus dem Jahr 2005 (Beschluss vom 14. Juli 2005, L 4 KA 21/05 ER), kann vor diesem Hintergrund keine Geltung mehr beanspruchen. Dies gilt auch für die Kommentarliteratur, die sich auf dieses Urteil bezieht (Schallen, Zulassungsverordnung, Kommentar, 8. Auflage, § 32 ZV-Z Rn. 5 ff.; Bäune/Meschke/Rothfuß, Kommentar zur Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte, § 32 Rn. 66 ff.). Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung ist also, dass der Vorbereitungsassistent eine Approbation nach § 2 ZHG hat. Eine Erlaubnis nach § 13 ZHG genügt nicht.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die bestehende gesetzliche Regelung bestehen nicht. Grundrechte des Antragstellers werden nicht verletzt. Regelungen über die Modalitäten der Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit - wie die Voraussetzungen einer Genehmigung nach § 32 Abs. 2 Satz 1 Zahnärzte-ZV - sind Berufsausübungsregelungen im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz, die bereits durch den beabsichtigten Schutz der Gesundheit gesetzlich Krankenversicherter gerechtfertigt sind.

Grundrechte des Vorbereitungsassistenten werden ebenfalls nicht beeinträchtigt. Das Grundrecht der freien Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) erfasst Ausländer nicht, so dass sich diese nur auf das Auffanggrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG berufen können, das durch die gesamte verfassungsrechtliche Ordnung eingeschränkt werden kann. Gegen die Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit durch § 32 Abs. 2 Satz 1 Zahnärzte-ZV bestehen unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Gesundheit der Versicherten (Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz) keine Bedenken.

Im Übrigen setzt § 2 ZHG für die Erteilung der Approbation nicht mehr die deutsche Staatsbürgerschaft voraus, da § 2 Abs. 1 Nummer 1 ZHG mit Wirkung vom 01.04.2012 aufgehoben wurde. Die Erteilung der Approbation ist also - abgesehen von der Würdigkeit und Zuverlässigkeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 ZHG), der gesundheitlichen Eignung (§ 2 Abs. 1 Nummer 3 ZHG) und ausreichenden Sprachkenntnissen (§ 2 Abs. 1 Nummer 5 ZHG) - nur davon abhängig, dass nach einem mindestens fünfjährigen Studium der Zahnheilkunde an einer wissenschaftlichen Hochschule die zahnärztliche Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes absolviert wurde (§ 2 Abs. 1 Nummer 4 ZHG), wobei die Approbation auch Antragstellern aus Drittländern wie V. zu erteilen ist, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist (§ 2 Abs. 3 ZHG), die durch das Ablegen einer Prüfung nachzuweisen ist. Diese gesetzliche Regelung ist sachgerecht und dient dem Gesundheitsschutz Krankenversicherter, also einem zentralen Gemeinwohlbelang. Es ist V. unbenommen, die Gleichwertigkeitsprüfung abzulegen und dann die Approbation zu beantragen.

Da weder einen Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch gegeben ist, war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unbegründet. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden, so dass die Beschwerde zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG, § 154 Abs. 2 VwGO.

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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