L 5 KA 61/13

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 KA 61/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Honorars des Klägers im Quartal III/2010. Der Kläger begehrt die Festsetzung eines höheren Regelleistungsvolumens (RLV).

Der Kläger ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin. Er ist seit dem 1. Juli 2006 in H. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Einen (Versorgungs-) Schwerpunkt im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 4 der Anlage A zu dem hier anwendbaren Verteilungsmaßstab vom 23. April 2010 (VM) hat er nicht ausgeprägt. Nach eigenen Angaben betreffen von seinen vertragsärztlichen kurativen Fällen durchschnittlich 75% bis 80% Kleinkinder bis zum vollendeten 5. Lebensjahr.

Durch Bescheid vom 2. Juni 2010 wies die Beklagte dem Kläger sein RLV für das Quartal III/2010 in Höhe von 17.390,36 Euro zu. Dem lagen zugrunde eine Basisfallzahl von 542, ein arztgruppenspezifischer Fallwert von 31,98 Euro, eine Berechnungsfallzahl von 542 und eine Altersstrukturquote von 1,0033. Diese Berechnung knüpfte an die RLV-Behandlungszahl aus dem Quartal III/2009 an. Zudem erhielt der Kläger qualitätsgebundene Zusatzvolumen (QZV) für Allergologie in Höhe von 173,44 Euro, Sonographie I in Höhe von 126,40 Euro und Zuschlag Versichertenpauschale in Höhe von 5.674,74 Euro zugewiesen. Die Summe aus RLV und QZV betrug 23.364,94 Euro.

Mit Bescheid vom 3. März 2011 rechnete die Beklagte das Honorar des Klägers für das Quartal III/2010 ab. Er erhielt ein Honorar in Höhe von 39.778,33 Euro. Dem lag eine Honoraranforderung des Klägers für insgesamt 691 Fälle mit einer Vergütung im RLV und QZV in Höhe von 29.046,67 Euro zugrunde. Er überschritt die Summe aus RLV und QZV mithin um 5.681,73 Euro. Diese Überschreitung vergütete die Beklagte abgestaffelt in Höhe von 609,56 Euro. Das Honorar im Bereich des RLV und QZV betrug danach insgesamt 23.974,50 Euro.

Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. September 2011 zurück. Zur Begründung wies die Beklagte darauf hin, dass dem Kläger ein zu hohes QZV zugewiesen worden sei. Doch habe es bei dem für das Quartal III/2010 fehlerhaft zur Verfügung gestellten QZV-Zuschlag für Versichertenpauschalen in Höhe von 5.674,74 Euro sein Bewenden; eine Korrektur werde zugunsten des Klägers nicht veranlasst, da diese für das Honorar eine Absenkung zur Folge haben würde. Der Laborwirtschaftlichkeitsbonus sei korrekt berechnet worden. Auch im Übrigen sei die Honorarabrechnung nach den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen durchgeführt worden, diese seien verbindlich, und von ihnen könne nicht abgewichen werden. Mit seiner Zulassung zum 1. Juli 2006 gelte der Kläger nach dem VM auch nicht mehr als "Vertragsarzt in der Anfangsphase".

Hiergegen hat der Kläger am 7. Oktober 2011 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben und unter anderem vorgetragen, das der Honorarabrechnung zugrunde gelegte RLV sei insoweit rechtswidrig, als der Arztgruppenfallwert im Quartal III/2010 mit 31,98 Euro so niedrig sei, dass er die Versichertenpauschale nach der Gebührenordnungsposition (GOP) 04110 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) für Kinder bis zum vollendeten 5. Lebensjahr (35,048 Euro) nicht abdecke und die Versichertenpauschale nach der GOP 04111 EBM für Kinder ab Beginn des 6. Lebensjahres (31,543 Euro) diesen Wert fast vollständig ausfülle. Der niedrige Arztgruppenfallwert der Kinderärzte verstoße gegen § 87b Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Das RLV müsse danach so bemessen sein, dass es zumindest das notwendige Minimum an vertragsärztlichen Leistungen, die bei einem durchschnittlichen Regelbehandlungsfall zu erbringen seien, mindestens aber die Versichertenpauschalen abdecke. Der arztgruppenspezifische Fallwert könne nicht beliebig niedrig sein und in keinem Verhältnis zu dem von der jeweiligen Arztgruppe zu erfüllenden Leistungsbedarf der Versicherten stehen. Bei dem RLV handele es sich nicht nur um eine Rechengröße, die – theoretisch – ins Bodenlose fallen könne, wenn die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) in andere Leistungsbereiche fließe. Dass das RLV nicht dem Leistungsbedarf entspreche, könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Anfangs- und Erprobungsregelung gerechtfertigt werden, da es sich hier um das siebte Quartal nach Einführung der RLV handele. Der Bewertungsausschuss habe es zudem in seinem Beschluss vom 26. März 2010 in das pflichtgemäße Ermessen der Partner der Gesamtverträge gestellt, in dem Fall, dass der Fallwert einer Arztgruppe nicht einmal die Versichertenpauschalen abdecke, steuernd einzugreifen. Hier sei dieses eingeräumte Ermessen auf Null reduziert, weil im Fall der H. Kinderärzte die pädiatrische Versichertenpauschale für Kinder bis zum vollendeten 5. Lebensjahr höher sei als der Arztgruppenfallwert und dieser Umstand auch nicht durch die Behandlung von Patienten ab Beginn des 6. Lebensjahres kompensiert werden könne. Der Bewertungsausschuss sei ersichtlich davon ausgegangen, dass das RLV für die Vergütung der arztgruppen- und versichertenspezifischen Grundpauschalen einer Arztgruppe ausreichen müsste. Wenn dies nicht der Fall sei, verlange er eine Abwägung zwischen der Erhöhung der RLV und der Vergütung anderer (spezialisierter) Leistungen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Gesamtvertragspartner eine solche Abwägung vorgenommen hätten. Auch müsse entgegen der Angaben der Beklagten bezweifelt werden, dass eine andere Entscheidung als das Festhalten am Status quo ermessensfehlerhaft gewesen wäre. Es sei nicht nachvollziehbar, wie gewährleistet werde, dass der Vertragsarzt die medizinisch erforderlichen Leistungen in der Regel im Rahmen des RLV erbringen könne, wenn es für den Arztgruppenfallwert keinen unteren Interventionswert geben solle.

Die Beklagte hat dem entgegengehalten, der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass sämtliche abgerechneten Versichertenpauschalen, auch nicht in Höhe der RLV-Basisfallzahl, zum vollen Betrag der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet würden. Arztgruppenspezifischer Fallwert und Versichertenpauschale seien nicht miteinander vergleichbar, der arztgruppenspezifische RLV-Fallwert sei keine "Fallpauschale". Er sei eine Rechengröße im Rahmen der Berechnung des RLV. Das Gesetz gebe in Bezug auf das RLV vor, dass nur die hierdurch bestimmte Menge von Leistungen mit einem festen Preis und die über diese Menge hinausgehenden Leistungen mit einem abgestaffelten Preis vergütet werde. Der Arzt könne keine bestimmte Höhe seines RLV beanspruchen. Es könne der aus rechtlicher Sicht unschädliche Fall eintreten, dass nicht alle zur Abrechnung gelangenden Pauschalen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet würden. Dass die Höhe des RLV-Fallwerts vorliegend unter der Versichertenpauschale GOP 04110 EBM gelegen habe, sei auch in einer Gesamtschau nicht bedenklich, weil der RLV-Fallwert nur zum Teil unter den Versichertenpauschalen gelegen und der Kläger ca. 40% seines Bruttohonorars außerhalb RLV und der MGV erzielt habe. Zudem habe dem Kläger auf der Grundlage der RLV-/QZV-Bezugsgröße von 23.364,94 Euro die Versichertenpauschale GOP 04110 EBM im Umfang der RLV-Basisfallzahl von 542 Fällen zum vollen Preis vergütet werden können. Eine andere Bewertung ergebe sich auch nicht aus dem Beschluss des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010, der gerade die Möglichkeit voraussetze, dass der arztgruppenspezifische Fallwert unter der Versicherungspauschale liege. Der Beschluss fordere allein eine ausreichende Vergütung der Pauschalen mit den RLV. Das im Beschluss des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010 eingeräumte Ermessen hätten die Gesamtvertragspartner auch betätigt und seien zu dem Ergebnis gekommen, dass das arztgruppenspezifische Verteilungsvolumen zu gering gewesen sei, um innerhalb dieses Volumens Maßnahmen zu treffen. Wären die RLV erhöht worden, hätte sich diese Entscheidung zulasten der spezialisierten Leistungen ausgewirkt. Vor diesem Hintergrund wäre jede andere Entscheidung ermessensfehlerhaft gewesen. Im Übrigen könne der Kläger aus diesem, an die Gesamtvertragspartner gerichteten Beschluss des Bewertungsausschusses keine subjektiven Rechte herleiten. Seine Rechtsschutzposition sei darauf beschränkt, dass er bei der Verteilung der Gesamtvergütung angemessen berücksichtigt werde. Dies sei vorliegend der Fall.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 31. Juli 2013 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide stünden in Einklang mit dem Ihnen zugrunde liegenden VM, den diesem VM zugrunde liegenden Beschlüssen des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010 und den gesetzlichen Vorgaben für die Honorarverteilung nach § 85 Abs. 4 Satz 2 in Verbindung mit § 87b SGB V (hier in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbes in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV – Wettbewerbsstärkungsgesetz [GKV-WSG]), BGBl. I , 387 vom 23. April 2007, alte Fassung (a.F.)). Zwar hänge die Höhe des Honoraranspruchs eines Arztes von der Höhe des RLV ab. Der Arzt könne aber keine feste Mindestvergütung oder ein bestimmtes Vergütungsniveau beanspruchen. Die Beklagte habe die RLV-Fallzahl und den arztgruppenspezifischen Fallwert in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Bewertungsausschusses festgesetzt. Die Gesamtvertragspartner hätten auch ermessensfehlerfrei Korrekturen des RLV abgelehnt. Dem Kläger stünde insoweit aber auch kein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zu. Die Korrekturermächtigung stehe in Zusammenhang mit der Vereinbarung und Umsetzung des VM. Der Kläger könne daraus keine Erweiterung seines Anspruchs auf angemessene und leistungsgerechte Teilhabe an der Gesamtvergütung herleiten. Der sich für den Kläger rechnerisch ergebende arztgruppenspezifische Fallwert sei auch nicht deswegen rechtswidrig, weil er die hier relevanten Versichertenpauschalen (teilweise) unterschreite. Auch bei einer leichten Unterschreitung in einem Teilbereich sei die Vergütungshöhe eines Arztes über alle Behandlungsfälle hinweg nicht notwendig unzureichend. Allenfalls bei einer substanziellen Unterschreitung, die jedenfalls bei einem Unterschreiten von 10% noch nicht vorliege, könne ein korrigierendes Einschreiten geboten sein. Eine unangemessene, nicht mehr leistungsgerechte Teilhabe des Klägers an der Gesamtvergütung liege bei der gebotenen Gesamtschau auch deshalb nicht vor, da der Kläger sein vertragsärztliches Bruttohonorar zu ca. 40% außerhalb von RLV und MGV erziele und ihm zudem mit der zugewiesenen RLV/MGV-Bezugsgröße die Versichertenpauschale auch für Versicherte bis zum 5. Lebensjahr im Ergebnis in allen Fällen zum vollen Preis habe vergütet werden können.

Mit seiner am 9. September 2013, einem Montag, gegen das ihm am 8. August 2013 zugestellte Urteil eingelegten Berufung wendet sich der Kläger zunächst gegen die Annahme des Sozialgerichts, der Arztgruppenfallwert stünde in keinem Verhältnis zur Versichertenpauschale. Diese decke nicht alle wesentlichen Leistungen eines Behandlungsfalles ab, der Fallwert dürfe deshalb nicht niedriger sein, zumal bei Kleinkindern die Besuchsfrequenz überdurchschnittlich hoch sei. Nach § 87 Abs. 2 SGB V a.F. seien die erbrachten Leistungen in einem gewissen Mindestumfang auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung zu vergüten. Im Quartal IV/2010 habe seine Vergütungsquote aber nur bei 72,65% gelegen, in dem hier streitigen Quartal sei diese nur wegen des irrtümlich gewährten QZV nicht ähnlich niedrig. Dass Präventionsleistungen außerhalb der MGV vergütet würden, sei kein Indiz für eine leistungsgerechte Teilhabe an der budgetierten MGV. Schließlich müsse das den Gesamtvertragspartnern durch den Bewertungsausschuss eingeräumte Ermessen, bei zu niedrigen Fallwerten steuernd eingreifen zu können, gerichtlich überprüfbar sein. Der Vertragsarzt könne dies nur durch Klage gegen die Zuweisung des RLV bzw. den Honorarbescheid erreichen. Der dazu behauptete Meinungsaustausch zwischen den Gesamtvertragspartnern sei aufzuklären. Der Kläger beantragt insoweit, Beweis über die Behauptung der Beklagten zu erheben, dass die Gesamtvertragspartner in H. erwogen haben, Maßnahmen zur Anhebung des Fallwertes der Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin zu treffen, sich dann aber aus bestimmten Gründen dagegen entschieden zu haben, durch Vernehmung des 1. Herrn P., Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung H., 2. Herr W., Vorstandsvorsitzender der AOK R./ H., 3. P1, Vorstandsvorsitzender des BKK-Landesverbands N., 4. Frau H1, Leiterin der Landesvertretung H. des V ...

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts vom 31. Juli 2013 sowie den Zuweisungsbescheid vom 2. Juni 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 3. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Honorar des Klägers für das Quartal III/2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie wendet ein, der Kläger könne die Abrechnung seiner Leistungen nach der Euro-Gebührenordnung nur innerhalb seines RLV verlangen. Die Versichertenpauschale stehe für eine unbestimmte Menge von Leistungen, sie seien aber in Höhe des RLV mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung und nur soweit die Menge darüber hinausgehe, abgestaffelt zu vergüten. Der Fall, dass keine Pauschale vollständig vergütet werde, könne deshalb nicht eintreten. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Überprüfung, ob und wie die Gesamtvertragspartner von der ihnen eingeräumten Ermächtigung Gebrauch gemacht hätten, Maßnahmen zur Anhebung des Fallwertes zu treffen. Auch aus der Beobachtungs- und Reaktionspflicht der Kassenärztlichen Vereinigungen könne der Kläger im Streitfall keinen höheren Honoraranspruch herleiten. Der Normgeber habe eine weite Gestaltungsfreiheit bei Anfangs- und Erprobungsregeln. Da im streitgegenständlichen Quartal erstmals mit den QZV ein neues Steuerungsinstrument in Kraft getreten sei, könne sich für den Kläger kein Anspruch ergeben. Es sei nicht ersichtlich, wieso die Mehrzahl der erbrachten Leistungen nicht angemessen vergütet worden sein sollte. Der Kläger habe in dem streitigen Quartal seine Basisfallzahl deutlich überschritten. Dass dann das Fallwachstum nicht voll vergütet werde, liege an der RLV-Systematik, sei aber keine Frage der Rechtmäßigkeit des RLV-Fallwertes. Auch unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen aus § 72 SGB V a.F. in Verbindung mit Art. 12 Grundgesetz (GG) ergebe sich kein Anspruch des Klägers, da nicht ersichtlich sei, dass in dem hier fraglichen fachlichen oder örtlichen Teilbereich kein ausreichender Anreiz mehr bestünde, vertragsärztlich tätig zu werden.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Der Senat hat am 25. Februar 2015 über die Berufung mündlich verhandelt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Sitzungsnieder-schrift vom 25. Februar 2015 sowie den Inhalt der darin aufgeführten Akten und Unterla-gen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Aufhebung des Honorarbescheides vom 3. März 2011 und des Widerspruchsbescheids vom 8. September 2011 ebenso verneint wie einen Anspruch des Klägers auf Neufestsetzung seines Honorars für das Quartal III/2010.

1. Das Sozialgericht ist im Ergebnis zu Recht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Zwar hat der Kläger vor dem Sozialgericht den Zuweisungsbescheid vom 2. Juni 2010 nicht angefochten, doch ist gleichwohl aus Gründen des Vertrauensschutzes eine Bindungswirkung dieses Bescheides nicht eingetreten. Allerdings ist ein Vertragsarzt, der die Zuweisung eines RLV hat bestandskräftig werden lassen, grundsätzlich an diese Festsetzung gebunden und kann im nachfolgenden Honorarstreitverfahren nicht mehr deren Fehlerhaftigkeit geltend machen. Das ergibt sich aus der Verweisung in § 87b Abs. 5 Sätze 1 und 2 SGB V a.F., der die Zuweisung von Regelleistungsvolumina betrifft, auf dessen Abs. 4 Satz 9 SGB V a.F. Nach dieser Vorschrift hatten Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung keine aufschiebende Wirkung. Das Gesetz sah somit – wie gerade die in Satz 2 enthaltene Verweisung auf § 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V in der damals geltenden Fassung zeigt – ausdrücklich einen Fall der Elementenfeststellung durch Bescheid vor (vgl. BSG, Urteil vom 15. August 2012 – B 6 KA 38/11 R, SozR 4-2500, § 87b Nr. 1; im Anschluss daran auch Sächsisches LSG, Urteil vom 20. März 2013 – L 8 KA 33/11, juris, Rn. 20).

Die Beklagte hält allerdings im Anschluss an ein Urteil des SG Marburg (vom 20. März 2013 – S 12 KA 891/11, juris) schutzwürdiges Vertrauen für gegeben, wenn ein Vertragsarzt auf den Hinweis der Kassenärztlichen Vereinigung vertraut, dass ein Widerspruch gegen den Zuweisungsbescheid nicht erforderlich sei und eine inhaltliche Prüfung des RLV auch auf den Widerspruch gegen den Honorarbescheid hin erfolgen werde. Eine entsprechende Verwaltungspraxis lässt sich im Streitfall feststellen. Die Beklagte hat auf entsprechende Nachfrage des Senats ihr Informationsschreiben vom 9. Juni 2010 ("KVH Telegramm Nr. 54") vorgelegt, in dem auf S. 4 darauf hingewiesen wird, dass es nicht nötig sei, gegen den RLV-Bescheid Widerspruch einzulegen, die Zuweisung könne immer noch im Rahmen eines Widerspruchs gegen die Abrechnung angegriffen werden. Damit ist davon auszugehen, dass die Vertragsärzte im Bezirk der Beklagten trotz anderslautender und zutreffender Rechtsbehelfsbelehrung in den RLV-Zuweisungsbescheiden von der Einlegung eines Widerspruchs abgehalten wurden. Die Bindungswirkung des Zuweisungsbescheides kann dem Kläger dann aber nicht entgegengehalten werden (vgl. BSG, Urteil vom 17. September 2008 – B 6 KA 28/07 R, BSGE 101, 235 = SozR 4-1300 § 44 Nr. 17).

2. Soweit das Sozialgericht dargelegt hat, wie das RLV im Streitfall festzusetzen ist, wird auf dessen zutreffende Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

3. Der Kläger wendet sich im Berufungsverfahren in erster Linie gegen die Annahme des Sozialgerichts, der Arztgruppenfallwert und die Versichertenpauschale stünden in keinem Zusammenhang und rügt eine Ermessensunterschreitung im Hinblick auf die Korrekturmöglichkeit der Partner des Gesamtvertrages nach Anlage 6 zum Beschluss des BewA vom 26. März 2010 Teil F Abschnitt 1 Nr. 2 (veröffentlicht in: Deutsches Ärzteblatt 2010, A 568-569).

a) Dem Kläger kann nicht beigepflichtet werden, dass aus dem Sinn und Zweck von § 87b Abs. 1 und 2 SGB V a.F. zwingend folge, dass der Arztgruppenfallwert nicht niedriger als die Versichertenpauschale sein dürfe.

Der Senat folgt auch insoweit (Verhältnis von Versicherten- und Grundpauschalen zu arztgruppenspezifischem Fallwert) der ausführlichen Begründung des Urteils des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Sozialgericht hat zutreffend dargelegt, dass eine (Versicherten-) Pauschale – wie der Name schon sagt – ein Betrag ist, der sich aus mehreren Komponenten zusammensetzt und der aus Vereinfachungsgründen auf eine genaue Berechnung verzichtet. Eine Versichertenpauschale kann deshalb nicht alle RLV-Fälle punktgenau treffen, es besteht immer das Risiko, dass eine Leistung zu hoch oder eben auch zu gering vergütet wird. Trotz der damit beabsichtigten Vereinfachung muss ein Pauschalbetrag eine realistische Höhe aufweisen, er muss aber nicht alle RLV-Fälle in jedem Fall überschreiten. Das Sozialgericht hat deshalb im Anschluss an die Entscheidungen des SG Marburg (Urteil vom 6. Oktober 2010 – S 11 KA 340/09, juris) und des SG Berlin (Urteil vom 19. September 2012 – S 83 K 399/11, juris) die Auffassung vertreten, rechtlich relevante Bedenken gegen die Höhe des RLV könnten allenfalls dann bestehen, wenn der RLV-Fallwert substantiell unter die Grundpauschalen der jeweiligen Arztgruppe abfiele, die die notwendigen Leistungen in diesem Bereich abbildeten. Der Senat schließt sich dem ebenso an, wie der Überlegung, dass im Streitfall die Erheblichkeitsgrenze bei einem Unterschreiten des Fallwertes gegenüber den Versichertenpauschalen von insgesamt weniger als 10% jedenfalls nicht erreicht ist.

b) Der Kläger hat auch kein subjektives Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Gesamtvertragspartner über die Frage, ob (und ggf. wie) diese von der Korrekturmöglichkeit, die ihnen Teil F Abschnitt I der nlage 6 zum Beschluss des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010 einräumt, Gebrauch machen. Er ist der Auffassung, er könne unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 11. Dezember 2013 (B 6 KA 4/13 R – SozR 4-2500 § 87b Nr. 5) deren Entscheidung gerichtlich überprüfen lassen. Der Kläger unterliegt damit einem Missverständnis. In der zitierten Entscheidung hat das BSG seine frühere Rechtsprechung bestätigt, wonach der einzelne Vertragsarzt die Höhe der zwischen den Vertragspartnern auf Gesamtvertragsebene vereinbarten Gesamtvergütungen nicht gerichtlich überprüfen lassen kann, weil dem Abschluss der Verträge ein Verhandlungsprozess zwischen den Vertragspartnern zugrunde liege, der nicht rechtlich voll determiniert sei (vgl. BSG, Urteil vom 31. August 2005 – B 6 KA 6/04 R, BSGE 95, 86). Zugleich weist das BSG darauf hin, dass dieser Gedanke nicht auf alle Regelungen übertragen werden könne, die für die Ermittlung des Honorars eines Vertragsarztes maßgeblich seien. Soweit die Festsetzung des RLV lediglich einen Normvollzug darstelle, der nicht Gegenstand von Verhandlungen der Partner der Gesamtverträge sei, stünden alle normativen Vorgaben zur gerichtlichen Überprüfung jeweils darauf, ob der zuständige Normgeber die ihn verpflichtenden höherrangigen Normen beachtet habe. Ein subjektives Recht des betroffenen Vertragsarztes auf ermessensfehlerfreie Entscheidung besteht danach etwa, wenn ein Honorarverteilungsvertrag der Kassenärztlichen Vereinigung ein Ermessen einräumt, unter bestimmten tatbestandlichen Voraussetzungen eine Erhöhung des RLV vorzunehmen (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 – B 6 KA 17/10 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 66).

Lediglich der eigentliche Aushandlungsprozess der Partner der Gesamtverträge hinsichtlich der Höhe der Gesamtvergütungen ist der gerichtlichen Kontrolle auf Klagen von Vertragsärzten wie auch von einzelnen Krankenkassen entzogen (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2013 a.a.O.; Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 21 Rn. 15). Gerade darum geht es hier jedoch. Die im letzten Satz des Abschnitts 1 der Anlage 6 zum Beschluss Teil F des Bewertungsausschusses vom 26. März 2010 vorgesehene Möglichkeit, geeignete Maßnahmen treffen zu können, wenn die Partner der Gesamtverträge bei der Festsetzung des RLV feststellen, dass mit den praxisbezogenen RLV in einer Arztgruppe die arztgruppenspezifischen Versicherten- bzw. Grundpauschalen nicht in ausreichendem Maße vergütet werden können, betrifft diesen Aushandlungsprozess. Im Rahmen dieses Verfahrens gab der Bewertungsausschuss den Gesamtvertragspartnern keine strikt zu beachtende Vorgabe. Er räumte ihnen vielmehr einen Ermessenspielraum ein, ob sie von dem Ergebnis der im Einzelnen vorgegebenen Berechnungsmethode abweichen möchten, um bei Unterschreiten der Grundpauschalen einvernehmlich korrigierend eingreifen zu können. Der Bewertungsausschuss ist mit der Aufnahme u.a. dieser Korrekturmöglichkeit seiner besonderen Beobachtungs- und Reaktionspflicht nach der Einführung der RLV nachgekommen (s. dazu SG Berlin, Urteil vom 19. September 2012, a.a.O.). Er zog damit offensichtlich die Konsequenz aus der vorgegebenen starren Berechnungsmethode für das RLV, mit der den Gesamtvertragspartnern eine Korrekturmöglichkeit eröffnet werden sollte. Diese Möglichkeit gibt dem Kläger aber kein subjektives Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung in dieser Frage. Das würde voraussetzen, dass die Ermessensentscheidung zumindest auch Individualinteressen dienen soll (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 54 Rn. 26). Das Sozialgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass lediglich die Gesamtvertragspartner im Rahmen der Vereinbarung und Umsetzung des VM zu einer Ermessensentscheidung berufen sind. Die Korrekturmöglichkeit dient zunächst nicht den Interessen der davon letztlich betroffenen Ärzte; deren Interessen werden nur mittelbar im Sinne eines Rechtsreflexes berührt. Die Rechte des Klägers werden damit aber nicht erweitert, da die Ermessensentscheidung nicht ihm gegenüber ergeht.

Dem Beweisantrag des Klägers ist nicht nachzugehen. Mit ihm möchte der Kläger offenbar anregen, die Einzelheiten, ob und wie die Gesamtvertragspartner von dem ihnen eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht haben, aufzuklären. Da dem Kläger aber ein gegen die Gesamtvertragspartner gerichteter Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nicht zusteht, kommt es hierauf nicht an. Wegen der Entbehrlichkeit weiterer Ermittlungen zu diesem Punkt kann auch die Frage offen bleiben, ob der Antrag des Klägers, Beweis über die Behauptung der Beklagten zu den Erwägungen der Gesamtvertragspartner als zulässiger Beweisantrag oder als dem Ausforschungsbeweis dienender unzulässiger Beweisermittlungsantrag (s. dazu BSG, Beschluss vom 19. November 2009 – B 13 R 303/09 B, juris; Reichold in: Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl. 2014, § 284 Rn. 3) zu qualifizieren wäre. Tatsächlich dürfte kein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag vorliegen, da dieser die Behauptung einer bestimmten entscheidungserheblichen Tatsache und die Angabe des Beweismittels für diese voraussetzte (vgl. BSG, Beschluss vom 12. Dezember 2003 – B 13 RJ 179/03 B, SozR 4-1500 § 160a Nr. 3).

c) Es bleibt damit bei dem Grundsatz, dass der einzelne Vertragsarzt keinen Anspruch auf eine bestimmte Honorarhöhe hat; auch im Hinblick auf die Angemessenheit der Vergütung kann der Kläger im Streitfall kein höheres Honorar beanspruchen. Das BSG hat wiederholt entschieden, nach welchen gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Grundsätzen die Angemessenheit der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen zu beurteilen ist. Danach kommt aus § 72 Abs. 2 SGB V ein subjektives Recht des einzelnen Vertragsarztes auf höheres Honorar erst dann in Betracht, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen, etwa in einer Arztgruppe, und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem teilnehmenden Vertragsärzte gefährdet wird (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004 – B 6 KA 44/03 R, SozR 4-2500 § 72 Nr. 2, BSGE 94, 50). Auch unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergibt sich kein weitergehender Vergütungsanspruch. Denn in diesem Zusammenhang ist ein Ausgleich zwischen dem Ziel der Gewährung angemessener Vergütungen der Vertragsärzte und dem besonders hochrangigen Ziel der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten vorzunehmen. Dieser Ausgleich ist erst dann nicht mehr verhältnismäßig gegeben, wenn in einem – fachlichen und/oder örtlichen – Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden, und dadurch in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004 – B 6 KA 44/03 R, a.a.O.) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erkennbar und werden von dem Kläger auch nicht behauptet.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keinen Antrag gestellt haben.

5. Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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