Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 1354/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1706/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 22.03.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Aufnahme in die Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner (KVdR, PVdR).
Die 1950 geborene Klägerin war vom 25.01.1971 durchgehend bis 31.10.2011 im öffentlichen Dienst als Krankenschwester beschäftigt. Von der gesetzlichen Rentenversicherung war sie seit dem 25.01.1971 nach Art 2 § 1 Abs 2 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) befreit (Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 17.05.1971 (Blatt 21 SG-Akte). In den übrigen Zweigen der Sozialversicherung war die Klägerin vom 25.01.1971 bis zum 31.10.2011 wegen der abhängigen Beschäftigung versicherungspflichtig, so war sie durchgängig bei der Beklagten zu 1) krankenversichert (pflichtversichert). Seit dem 01.11.2011 erhält die Klägerin eine Betriebsrente wegen Alters aus der Pflichtversicherung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) iHv monatlich 416,56 EUR brutto.
Am 03.02.2012 beantragte der Ehemann der Klägerin für diese die Aufnahme in die KVdR und PVdR. Telefonisch wurde er darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen nicht erfüllt seien, weil kein Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe. Darauf beantragt die Klägerin die freiwillige Mitgliedschaft und wurde zum 01.11.2011 freiwilliges Mitglied bei den Beklagten. Die Beträge wurden mit Bescheid vom 10.02.2012 auf monatlich auf 287,41 EUR für die Krankenversicherung und auf 42,08 EUR für die Pflegeversicherung festgesetzt.
Mit Schreiben vom 13.02.2012 forderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte auf, zu bestätigen, dass nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis durchgehend eine Mitgliedschaft in der KVdR bzw der PVdR bestanden habe. Die Klägerin habe die Vorversicherungszeit erfüllt und erhalte eine Betriebsrente aus einer Pflichtversicherung. Auf diese seien die Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechend anzuwenden. Die VBL habe mitgeteilt, dass die Beklagte ihr gegenüber erklärt habe, die Klägerin sei beitragspflichtig, weshalb von der VBL auch Beiträge für die Klägerin an die Beklagte abgeführt würden.
Mit Bescheid vom 20.02.2012 teilte die Beklagte zu 1), auch im Namen der Beklagten zu 2), mit, ab dem 01.11.2011 sei keine Versicherungspflicht in der KVdR und PVdR begründet worden. Bei der Betriebsrente wegen Alters durch die VBL handle es sich nicht um eine Rente iSd Deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Voraussetzung für die Versicherungspflicht in der KVdR/PVdR sei, dass die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt würden. Die VBL werde verständigt, dass aus der Betriebsrente keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung einzubehalten seien.
Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2012 als unbegründet zurückgewiesen. Die Klägerin beziehe keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, sodass die Voraussetzungen der Mitgliedschaft in der KVdR bzw der PVdR nicht erfüllt seien.
Am 23.05.2012 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Es liege eine Gesetzeslücke vor. Die Rente der VBL müsse wie eine gesetzliche Rente angesehen werden. Bei ihr sei anstelle der gesetzlichen Rentenversicherung eine befreiende Lebensversicherung getreten, die die Klägerin abgeschlossen habe. Auch betriebliche Altersvorsorge müsse der Versicherungspflicht der KVdR und PVdR unterliegen. Die Rente der VBL sei abhängig von der grundsätzlichen Berechtigung, eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu beziehen. § 5 Abs 1 Nr 11 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei zumindest analog anzuwenden. Als sie im Jahre 1971 von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit worden sei, habe es die KVdR noch nicht gegeben. Bei deren Einführung seien Fälle wie der vorliegende übersehen worden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.03.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin sei nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis nicht in der KVdR pflichtversichert. Sie habe keinen Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Als Renten der gesetzlichen Rentenversicherung gälten lediglich Renten der Träger nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Die von der VBL gewährte Betriebsrente sei keine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, auch wenn es sich bei der VBL um eine Anstalt des öffentlichen Rechts handele. Die der VBL zugrundeliegenden Regelungen ergäben sich aus deren Satzung. Das materielle Leistungsrecht werde durch den Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung) geregelt. Auch die Versicherungspflicht ergebe sich aus diesem Tarifvertrag. Die Regelungen der Betriebsrente aus der VBL gingen daher nicht auf den Bundesgesetzgeber zurück, sondern entstünden aus der Zusammenarbeit der Verwaltung mit den durch Gewerkschaften vertretenen Beschäftigten. Auch wenn die Satzung der VBL auf Vorschriften des SGB VI verweise und einen ähnlichen Leistungsumfang schaffe bzw ähnliche Verfahrensgrundsätze aufstelle, stehe die Rente aus der VBL außerhalb des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung. Von der VBL würden keine Beiträge zur Solidargemeinschaft der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung geleistet. Renten aus der VBL seien lediglich als Versorgungsbezüge gemäß §§ 226 Abs 1 Satz 1 Nr 3, 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V beitragspflichtig. Der Gesetzgeber habe die Rentenzahlungen aus den Zusatzversorgungen im öffentlichen Dienst eindeutig als Versorgungsbezug unter Abgrenzung zu Renten der gesetzlichen Rentenversicherung gewertet. Eine planwidrige Regelungslücke bestehe nicht.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 28.03.2013 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat die Klägerin am 17.04.2013 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung hat sie auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug genommen. Das SG habe unzulässigerweise durch Gerichtsbescheid entschieden, obgleich der Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht schon schwierig sei. Es müsse ernsthaft die Frage gestellt werden, ob die Rente aus der VBL nicht der gesetzlichen Rente gleichgestellt sei. Das SG habe die Besonderheit der Situation der Klägerin nicht berücksichtigt und sei nicht darauf eingegangen, dass möglicherweise eine Gesetzeslücke vorliege, die durch verfassungskonforme Auslegung geschlossen werden müsse. Der Klägerin werde aufgrund der Tatsache, dass hier vor langer Zeit die Befreiung aus der gesetzlichen Rentenversicherung beantragt und erhalten habe nun die Teilnahme an der KVdR/PVdR verwehrt. Das System der KVdR/PVdR sei geschaffen worden, um Rentnern den Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung zu erhalten. Deshalb seien auch die Vorversicherungszeiten (9/10 der zweiten Hälfte des Erwerbslebens in der gesetzlichen Krankenversicherung) entsprechend geregelt worden. Der Gesetzgeber habe Sachverhalte, wie sie bei der Klägerin vorlägen, offenbar übersehen. Auch sei sie nicht völlig frei in ihrer Entscheidung gewesen, sich von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen. Denn sie sei mit mehreren Tausend koreanischen Krankenschwestern nach Deutschland gekommen. Sie habe weder Einfluss darauf gehabt, in welche Region noch in welches Krankenhaus sie gekommen sei. Die Entscheidung einen Befreiungsantrag zu stellen, habe damals der zufällig für sie zuständige Personalvertreter des Krankenhauses getroffen. So sei für Kolleginnen in Mittel- oder Norddeutschland oder Berlin eine Befreiung von der Rentenversicherung nicht beantragt worden, während für Krankenschwestern in Süddeutschland eine Befreiung beantragt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 22.03.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 20.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.05.2012 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin seit dem 01.11.2011 Pflichtmitglied in die Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner bei den Beklagten ist.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nehmen auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide und der Ausführungen des SG Bezug.
In einem Erörterungstermin vom 07.06.2013 ist die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie ist nicht seit dem 01.11.2011 Pflichtmitglied in die Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner bei den Beklagten.
Nachdem die Beteiligten im Erörterungstermin vom 07.06.2013 klargestellt haben, dass einerseits die Beklagte zu 1) stets auch im Namen der Beklagten zu 2) entschieden hat und die Klägerin auch stets die Aufnahme in die PVdR begehrt hat, ist das Rubrum entsprechend berichtigt worden.
Versicherungspflichtig nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V und Mitglied in der KVdR und PVdR (§ 20 Abs 1 Satz 2 Nr 11 SGB XI) sind Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert waren.
Auf die Klägerin treffen diese Voraussetzungen nicht zu, da sie die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erfüllt. Sie ist 1971 auf ihren Antrag von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden. Schon damals war für die KVdR Voraussetzung, dass die betreffenden Personen die Voraussetzung für den Bezug einer Rente aus der Rentenversicherung der Arbeiter oder Angestellten erfüllen (§ 165 Abs 1 Nr 3 Reichsversicherungsordnung).
Die VBL-Rente der Klägerin ist keine Rente iSv § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V. Renten der gesetzlichen Rentenversicherung sind die in § 33 SGB VI aufgeführten Renten (Peters in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn 132; Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn 57). Derartige Leistungen bezieht die Klägerin nicht. Keine Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind Renten aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen oder aus Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes. Die von der VBL gezahlte Betriebsrente steht außerhalb des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Renten aus Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes führen nicht zur Versicherungspflicht in der KVdR/PVdR (LSG Niedersachsen 29.04.1987, L 4 KR 27/86, Breith 1988, 272).
Renten aus der VBL sind zwar bei versicherungspflichtigen Rentnern als Versorgungsbezüge gemäß §§ 237 Satz 1 Nr 2, Satz 2, 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V beitragspflichtige Einnahmen, sie begründen aber keine Mitgliedschaft bzw Versicherungspflicht in der KVdR (vgl Sächsisches LSG 06.02.2009, L 1 B 383/07 KR-ER). Der Gesetzgeber hat bewusst die KVdR in die gesetzliche Sozialversicherung eingebunden und stellt daher allein auf den Bezug einer gesetzlichen Rente als Mitgliedsvoraussetzung ab; er hat die Rentenzahlungen aus den Zusatzversorgungen im öffentlichen Dienst als Versorgungsbezug unter Abgrenzung zu Renten der gesetzlichen Rentenversicherung gewertet (ausführlich Schleswig-Holsteinisches LSG 30.03.2004, L 1 KR 43/03, juris Rn 19; die Revision gegen dieses Urteil wurde vom BSG nicht zugelassen, BSG 16.08.2004, B 12 KR 37/04 B, juris; Rüschen/Sieben, KVdR Kommentar, § 5 SGB V, Rn 17). Eine planwidrige Regelungslücke oder gar eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung liegt nicht vor. Bezieher von Versorgungsbezügen berufsständischer Versorgungsbezüge müssen nicht zwingend in die KVdR aufgenommen werden (eingehend Schleswig-Holsteinisches LSG 30.03.2004, L 1 KR 43/03, juris Rn 19; LSG Niedersachsen 29.04.1987, L 4 KR 27/86, Breith 1988, 272).
Der Auszahlungsbetrag der befreienden Lebensversicherung ist ebenfalls keine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, auch wenn der Abschluss der Lebensversicherung Voraussetzung der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung war (BSG 05.05.2010, B 12 KR 15/09 R, NZS 2011, 300; 27.01.2000, B 12 KR 17/99 R, SozR 3-2500 § 240 Nr 32).
Die Zugangsvoraussetzungen zur KVdR/PVdR auf der Grundlage des § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V verstoßen nicht gegen Verfassungsrecht, wie das BSG, dem sich der Senat anschließt, entschieden hat (BSG 04.06.2009, B 12 KR 26/07 R, BSGE 103, 235 = SozR 4-2500 § 5 Nr 8 mwN). Es ist verfassungsrechtlich nicht geboten, für Personen, die sich auf eigenen Antrag von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung haben befreien lassen und keine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, einen Zugang zur KVdR/PVdR zu schaffen. Der Gesetzgeber darf insoweit generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen (BSG 04.06.2009 aaO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Aufnahme in die Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner (KVdR, PVdR).
Die 1950 geborene Klägerin war vom 25.01.1971 durchgehend bis 31.10.2011 im öffentlichen Dienst als Krankenschwester beschäftigt. Von der gesetzlichen Rentenversicherung war sie seit dem 25.01.1971 nach Art 2 § 1 Abs 2 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) befreit (Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 17.05.1971 (Blatt 21 SG-Akte). In den übrigen Zweigen der Sozialversicherung war die Klägerin vom 25.01.1971 bis zum 31.10.2011 wegen der abhängigen Beschäftigung versicherungspflichtig, so war sie durchgängig bei der Beklagten zu 1) krankenversichert (pflichtversichert). Seit dem 01.11.2011 erhält die Klägerin eine Betriebsrente wegen Alters aus der Pflichtversicherung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) iHv monatlich 416,56 EUR brutto.
Am 03.02.2012 beantragte der Ehemann der Klägerin für diese die Aufnahme in die KVdR und PVdR. Telefonisch wurde er darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen nicht erfüllt seien, weil kein Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe. Darauf beantragt die Klägerin die freiwillige Mitgliedschaft und wurde zum 01.11.2011 freiwilliges Mitglied bei den Beklagten. Die Beträge wurden mit Bescheid vom 10.02.2012 auf monatlich auf 287,41 EUR für die Krankenversicherung und auf 42,08 EUR für die Pflegeversicherung festgesetzt.
Mit Schreiben vom 13.02.2012 forderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte auf, zu bestätigen, dass nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis durchgehend eine Mitgliedschaft in der KVdR bzw der PVdR bestanden habe. Die Klägerin habe die Vorversicherungszeit erfüllt und erhalte eine Betriebsrente aus einer Pflichtversicherung. Auf diese seien die Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechend anzuwenden. Die VBL habe mitgeteilt, dass die Beklagte ihr gegenüber erklärt habe, die Klägerin sei beitragspflichtig, weshalb von der VBL auch Beiträge für die Klägerin an die Beklagte abgeführt würden.
Mit Bescheid vom 20.02.2012 teilte die Beklagte zu 1), auch im Namen der Beklagten zu 2), mit, ab dem 01.11.2011 sei keine Versicherungspflicht in der KVdR und PVdR begründet worden. Bei der Betriebsrente wegen Alters durch die VBL handle es sich nicht um eine Rente iSd Deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Voraussetzung für die Versicherungspflicht in der KVdR/PVdR sei, dass die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt würden. Die VBL werde verständigt, dass aus der Betriebsrente keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung einzubehalten seien.
Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2012 als unbegründet zurückgewiesen. Die Klägerin beziehe keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, sodass die Voraussetzungen der Mitgliedschaft in der KVdR bzw der PVdR nicht erfüllt seien.
Am 23.05.2012 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Es liege eine Gesetzeslücke vor. Die Rente der VBL müsse wie eine gesetzliche Rente angesehen werden. Bei ihr sei anstelle der gesetzlichen Rentenversicherung eine befreiende Lebensversicherung getreten, die die Klägerin abgeschlossen habe. Auch betriebliche Altersvorsorge müsse der Versicherungspflicht der KVdR und PVdR unterliegen. Die Rente der VBL sei abhängig von der grundsätzlichen Berechtigung, eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu beziehen. § 5 Abs 1 Nr 11 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei zumindest analog anzuwenden. Als sie im Jahre 1971 von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreit worden sei, habe es die KVdR noch nicht gegeben. Bei deren Einführung seien Fälle wie der vorliegende übersehen worden.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.03.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin sei nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis nicht in der KVdR pflichtversichert. Sie habe keinen Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Als Renten der gesetzlichen Rentenversicherung gälten lediglich Renten der Träger nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Die von der VBL gewährte Betriebsrente sei keine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, auch wenn es sich bei der VBL um eine Anstalt des öffentlichen Rechts handele. Die der VBL zugrundeliegenden Regelungen ergäben sich aus deren Satzung. Das materielle Leistungsrecht werde durch den Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung) geregelt. Auch die Versicherungspflicht ergebe sich aus diesem Tarifvertrag. Die Regelungen der Betriebsrente aus der VBL gingen daher nicht auf den Bundesgesetzgeber zurück, sondern entstünden aus der Zusammenarbeit der Verwaltung mit den durch Gewerkschaften vertretenen Beschäftigten. Auch wenn die Satzung der VBL auf Vorschriften des SGB VI verweise und einen ähnlichen Leistungsumfang schaffe bzw ähnliche Verfahrensgrundsätze aufstelle, stehe die Rente aus der VBL außerhalb des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung. Von der VBL würden keine Beiträge zur Solidargemeinschaft der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung geleistet. Renten aus der VBL seien lediglich als Versorgungsbezüge gemäß §§ 226 Abs 1 Satz 1 Nr 3, 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V beitragspflichtig. Der Gesetzgeber habe die Rentenzahlungen aus den Zusatzversorgungen im öffentlichen Dienst eindeutig als Versorgungsbezug unter Abgrenzung zu Renten der gesetzlichen Rentenversicherung gewertet. Eine planwidrige Regelungslücke bestehe nicht.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 28.03.2013 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat die Klägerin am 17.04.2013 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung hat sie auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug genommen. Das SG habe unzulässigerweise durch Gerichtsbescheid entschieden, obgleich der Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht schon schwierig sei. Es müsse ernsthaft die Frage gestellt werden, ob die Rente aus der VBL nicht der gesetzlichen Rente gleichgestellt sei. Das SG habe die Besonderheit der Situation der Klägerin nicht berücksichtigt und sei nicht darauf eingegangen, dass möglicherweise eine Gesetzeslücke vorliege, die durch verfassungskonforme Auslegung geschlossen werden müsse. Der Klägerin werde aufgrund der Tatsache, dass hier vor langer Zeit die Befreiung aus der gesetzlichen Rentenversicherung beantragt und erhalten habe nun die Teilnahme an der KVdR/PVdR verwehrt. Das System der KVdR/PVdR sei geschaffen worden, um Rentnern den Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung zu erhalten. Deshalb seien auch die Vorversicherungszeiten (9/10 der zweiten Hälfte des Erwerbslebens in der gesetzlichen Krankenversicherung) entsprechend geregelt worden. Der Gesetzgeber habe Sachverhalte, wie sie bei der Klägerin vorlägen, offenbar übersehen. Auch sei sie nicht völlig frei in ihrer Entscheidung gewesen, sich von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien zu lassen. Denn sie sei mit mehreren Tausend koreanischen Krankenschwestern nach Deutschland gekommen. Sie habe weder Einfluss darauf gehabt, in welche Region noch in welches Krankenhaus sie gekommen sei. Die Entscheidung einen Befreiungsantrag zu stellen, habe damals der zufällig für sie zuständige Personalvertreter des Krankenhauses getroffen. So sei für Kolleginnen in Mittel- oder Norddeutschland oder Berlin eine Befreiung von der Rentenversicherung nicht beantragt worden, während für Krankenschwestern in Süddeutschland eine Befreiung beantragt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 22.03.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 20.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.05.2012 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin seit dem 01.11.2011 Pflichtmitglied in die Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner bei den Beklagten ist.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nehmen auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide und der Ausführungen des SG Bezug.
In einem Erörterungstermin vom 07.06.2013 ist die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie ist nicht seit dem 01.11.2011 Pflichtmitglied in die Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner bei den Beklagten.
Nachdem die Beteiligten im Erörterungstermin vom 07.06.2013 klargestellt haben, dass einerseits die Beklagte zu 1) stets auch im Namen der Beklagten zu 2) entschieden hat und die Klägerin auch stets die Aufnahme in die PVdR begehrt hat, ist das Rubrum entsprechend berichtigt worden.
Versicherungspflichtig nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V und Mitglied in der KVdR und PVdR (§ 20 Abs 1 Satz 2 Nr 11 SGB XI) sind Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert waren.
Auf die Klägerin treffen diese Voraussetzungen nicht zu, da sie die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erfüllt. Sie ist 1971 auf ihren Antrag von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden. Schon damals war für die KVdR Voraussetzung, dass die betreffenden Personen die Voraussetzung für den Bezug einer Rente aus der Rentenversicherung der Arbeiter oder Angestellten erfüllen (§ 165 Abs 1 Nr 3 Reichsversicherungsordnung).
Die VBL-Rente der Klägerin ist keine Rente iSv § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V. Renten der gesetzlichen Rentenversicherung sind die in § 33 SGB VI aufgeführten Renten (Peters in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V Rn 132; Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, § 5 SGB V Rn 57). Derartige Leistungen bezieht die Klägerin nicht. Keine Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind Renten aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen oder aus Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes. Die von der VBL gezahlte Betriebsrente steht außerhalb des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Renten aus Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes führen nicht zur Versicherungspflicht in der KVdR/PVdR (LSG Niedersachsen 29.04.1987, L 4 KR 27/86, Breith 1988, 272).
Renten aus der VBL sind zwar bei versicherungspflichtigen Rentnern als Versorgungsbezüge gemäß §§ 237 Satz 1 Nr 2, Satz 2, 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V beitragspflichtige Einnahmen, sie begründen aber keine Mitgliedschaft bzw Versicherungspflicht in der KVdR (vgl Sächsisches LSG 06.02.2009, L 1 B 383/07 KR-ER). Der Gesetzgeber hat bewusst die KVdR in die gesetzliche Sozialversicherung eingebunden und stellt daher allein auf den Bezug einer gesetzlichen Rente als Mitgliedsvoraussetzung ab; er hat die Rentenzahlungen aus den Zusatzversorgungen im öffentlichen Dienst als Versorgungsbezug unter Abgrenzung zu Renten der gesetzlichen Rentenversicherung gewertet (ausführlich Schleswig-Holsteinisches LSG 30.03.2004, L 1 KR 43/03, juris Rn 19; die Revision gegen dieses Urteil wurde vom BSG nicht zugelassen, BSG 16.08.2004, B 12 KR 37/04 B, juris; Rüschen/Sieben, KVdR Kommentar, § 5 SGB V, Rn 17). Eine planwidrige Regelungslücke oder gar eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung liegt nicht vor. Bezieher von Versorgungsbezügen berufsständischer Versorgungsbezüge müssen nicht zwingend in die KVdR aufgenommen werden (eingehend Schleswig-Holsteinisches LSG 30.03.2004, L 1 KR 43/03, juris Rn 19; LSG Niedersachsen 29.04.1987, L 4 KR 27/86, Breith 1988, 272).
Der Auszahlungsbetrag der befreienden Lebensversicherung ist ebenfalls keine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, auch wenn der Abschluss der Lebensversicherung Voraussetzung der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung war (BSG 05.05.2010, B 12 KR 15/09 R, NZS 2011, 300; 27.01.2000, B 12 KR 17/99 R, SozR 3-2500 § 240 Nr 32).
Die Zugangsvoraussetzungen zur KVdR/PVdR auf der Grundlage des § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V verstoßen nicht gegen Verfassungsrecht, wie das BSG, dem sich der Senat anschließt, entschieden hat (BSG 04.06.2009, B 12 KR 26/07 R, BSGE 103, 235 = SozR 4-2500 § 5 Nr 8 mwN). Es ist verfassungsrechtlich nicht geboten, für Personen, die sich auf eigenen Antrag von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung haben befreien lassen und keine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, einen Zugang zur KVdR/PVdR zu schaffen. Der Gesetzgeber darf insoweit generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen (BSG 04.06.2009 aaO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
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