L 9 U 3471/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 2123/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 3471/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 14. Juli 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten beider Instanzen sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung von Gesundheitsstörungen als Folge eines Arbeitsunfalls streitig.

Die 12.05.1954 geborene Klägerin erlitt im Rahmen ihrer bei der Beklagten unfallversicherten Tätigkeit bei der p. b. logistics GmbH am 03.02.2009 einen Arbeitsunfall. Nach ihren Angaben trug sie einen großen mit Styroporflocken befüllten Plastiksack zum Sammelplatz und übersah, da ihr der Plastiksack die Sicht versperrte, einen am Boden liegenden Kunststoffring, der sich dann beim Weiterlaufen um ihre Füße wickelte. Sie sei gestürzt und dabei direkt auf die Knie gefallen; das rechte Knie sei am stärksten betroffen gewesen.

Im ersten Durchgangsarztbericht vom 03.02.2009 beschrieb Dr. L. nach einer Röntgenuntersuchung des linken Kniegelenks und der linken Hand keine frische knöcherne Verletzung und diagnostizierte eine Kniekontusion beidseits mit oberflächlicher Schürfung und eine Mittelhandkontusion links. Im Bereich des rechten Kniegelenks zeigte sich präpatellar sowie im Bereich des linken Kniegelenks suprapatellar eine oberflächliche Schürfwunde bei freier Beweglichkeit beider Kniegelenke ohne intraarticulären Erguss und ohne nachweisbare Bandinstabilität.

In der Folgezeit litt die Klägerin weiter unter Schmerzen, insbesondere im Bereich des rechten Knies. Nachdem sich fortlaufend eine Schwellsymptomatik und keine Besserung zeigte, wurde eine kernspintomographische Untersuchung des rechten Knies veranlasst. In dem Bericht der radiologischen Gemeinschaftspraxis Göppingen vom 17.06.2009 wird eine breite, schräg nach tibial verlaufende Rissbildung des Innenmeniskus im Bereich des Hinterhorns und der gesamten Pars intermedia, zusätzlich eine vertikale Rissbildung mit Abtrennung der Hinterhornspitze in Höhe des Übergangs Pars intermedia/Hinterhorn und eine breite horizontale Rissbildung des Außenmeniskus im Bereich des Vorderhorns und der gesamten Pars intermedia beschrieben. Zudem zeigte sich eine begleitende Chondrose Stadium II des medialen Femorotibialgelenks mit deutlicher Verschmälerung der Knorpelbelege des medialen Femurkondylus und des medialen Tibiakopfplateaus sowie beginnenden erosiven Veränderungen ihrer Oberflächen und eine mäßig ausgeprägte Begleitsynovitis mit leichter Verdickung der Synovia und eine ausgeprägte Ergussbildung.

Bei der am 17.07.2009 durch Dr. B. durchgeführten arthroskopischen Operation des rechten Kniegelenks fand sich eine Innenmeniskusdegeneration mit Lappenbildung, eine Chondromalazie am medialen Kompartiment Grad II bis III und eine Plica medio-patellaris. Es erfolgte eine Innenmeniskusresektion, eine Knorpelglättung durch Shaving und eine Plica-Resektion.

Die Beklagte zog eine Übersicht über die Arbeitsunfähigkeitszeiten der Klägerin bei der Krankenkasse seit dem 08.09.1997 bei, welcher vor dem 03.02.2009 keine Behandlungen wegen der Kniegelenke zu entnehmen sind, und leitete diese dem Beratungsarzt Dr. S.zu, der in der Stellungnahme vom 14.02.2010 nach Aktenlage ausführte, es sei lediglich eine Prellung des rechten Knies durch das Unfallereignis verursacht; die bei der Arthroskopie gestellten Diagnosen seien sämtlich unfallunabhängig.

Mit Bescheid vom 09.03.2010 anerkannte die Beklagte als Folge des Arbeitsunfalls eine folgenlos verheilte Prellung der Kniegelenke beidseits. Keine Folge des Arbeitsunfalls - weder im Sinne der Entstehung noch der Verschlimmerung - seien die Knorpelschäden sowie Meniskusveränderungen am rechten Kniegelenk. Zugleich lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen über den 02.03.2009 hinaus ab, da die unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit nur für vier Wochen bestanden habe.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin vom 24.03.2010 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.06.2010 zurück. Der Meniskusschaden sei nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Insbesondere sei vorliegend ein geeignetes Unfallereignis im Sinne eines Verwindungstraumas oder Drehsturzes nicht gegeben, denn der von der Klägerin geschilderte Unfallhergang sei aus biomechanischer Sicht nicht geeignet, einen Meniskusriss herbeizuführen. Zudem ergebe die kernspintomographische Aufnahme vom 16.06.2009 keine Hinweise auf eine traumatische Verletzung. Es zeigten sich vielmehr anlagebedingte, schicksalhaft erworbene Erkrankungen.

Hiergegen hat die Klägerin am 17.06.2010 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens bei dem Orthopäden Dr. P ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 03.09.2010 eine Beugeeinschränkung des rechten Kniegelenkes, eine verminderte Mobilität der Patella rechts, geringe Zeichen der Mehrbelastung der Innenseite bei Varuseinstellung und eine Patelladysplasie Wiberg I beschrieben. Die Klägerin sei mit dem linken Bein auf das Band getreten, wodurch dieses Bein zum Standbein geworden sei. Die nachfolgende Vorwärtsbewegung des rechten Beines sei abrupt durch die durch das linke Bein fixierte Schlinge gestoppt und so passiv in die Streckung gezwungen worden ohne die Möglichkeit der physiologischen Schlussrotation. Dies sei neben einer direkten Einwirkung oder einer passiven Rotation des gebeugten Kniegelenks die dritte Möglichkeit einer unfallausgelösten Meniskusläsion. Der Lappenriss am medialen Meniskus des rechten Kniegelenks sei wahrscheinlich ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 03.02.2009 zurückzuführen. Eine altersadäquate Degeneration des Meniskus könne nicht von vornherein als Ursache eines Meniskusrisses - und hier eines Lappenrisses - angesehen werden.

Die Beklagte hat eine Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. S. vom 05.10.2010 vorgelegt, welcher ausführt, die Annahme eines Drehsturzes sei nicht hinreichend begründet. Zudem belege der Primärbefund vom 03.02.2009 nicht hinreichend eine schwere Traumatisierung des rechten Knies bei freier Beweglichkeit ohne Nachweis eines Ergusses. Der intraoperative Befund vom 17.07.2009 belege, dass Zeichen der Abnutzung und des Verschleißes sowohl am innenseitigen wie auch am außenseitigen Meniskus vorliegen. Es handle es sich somit nicht um einen Meniskusriss in einem Gelenk, welches keine Zeichen des Verschleißes und der Abnutzung aufweise.

Dr. P. hat in einer ergänzenden Stellungnahme vom 10.11.2010 an seiner Einschätzung festgehalten.

Mit Urteil vom 14.07.2011 hat das SG den Bescheid vom 09.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2010 abgeändert und die Meniskusveränderungen, insbesondere den Lappenriss des Meniskus des rechten Kniegelenks als Folge des Arbeitsunfalls vom 03.02.2009 festgestellt. Die Anfechtungs- und Feststellungsklage sei zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten, denn zu Unrecht seien die Meniskusveränderungen, insbesondere der Lappenriss des Meniskus des rechten Knies nicht als Folge des Arbeitsunfalls vom 03.02.2009 festgestellt worden. Die von der Klägerin im Rahmen ihres Klageantrags aufgeführten Gesundheitsstörungen seien Folge des Arbeitsunfalls vom 03.02.2009. Das SG stützt seine Auffassung im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr. P ... Der Gutachter habe nach einer detaillierten ambulanten Untersuchung überzeugend begründet, warum die Meniskusveränderungen, insbesondere der Lappenriss im rechten Kniegelenk Folgen des Arbeitsunfalls seien. Die Meniskusveränderungen und der Lappenriss seien im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen. Diese Gesundheitsstörungen seien mit Wahrscheinlichkeit auf den anerkannten Arbeitsunfall vom 03.02.2009 zurückzuführen. Im Rahmen der Kausalitätsprüfung sei entscheidend, dass der Unfallhergang im Einzelnen zwar von erheblicher Bedeutung sei, dass aber - entgegen den teilweise widersprüchlichen Darlegungen der Beklagten - das "geeignete Unfallereignis" nicht im Einzelnen mit Vollbeweis nachgewiesen werden müsse, sondern dass dem Unfallhergang lediglich eine (wenn auch eine entscheidende) Indizwirkung für die Frage zuzumessen sei, ob eine bestimmte Gesundheitsstörung Folge des Arbeitsunfalls sei oder nicht. Das Ereignis vom 03.02.2009 sei zur Überzeugung des SG durchaus geeignet gewesen, den nachgewiesenen Meniskusschaden hervorzurufen. Die Klägerin habe anlässlich der Untersuchung bei Dr. P. den Unfallhergang detailliert geschildert, d.h. sie sei mit dem linken Bein auf ein unelastisches, zur Schnürung von Paketen dienendes Band getreten und zwar so, dass sich eine kurze Schlinge nach rechts gebildet habe. Das Standbein sei zunächst das linke Bein gewesen, allerdings habe sich die Klägerin beim Vorwärtsgehen mit dem rechten Fuß in dieser Schlinge verfangen, d.h. sie habe sich in einer dynamischen Streckbewegung befunden und sei gestürzt. Der Gutachter habe in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10.11.2010 hierzu zutreffend ausgeführt, dass das rechte Bein der Klägerin mithin in der Streckstellung zum plötzlichen Auftritt und in die Linksrotation gezwungen worden sei. Die Kammer schließe sich den durch Dr. P. gezogenen Schlussfolgerungen an, wonach dieser Hergang alle Merkmale besitze, die für eine traumatische Innenmeniskusläsion gefordert werden. Für den isolierten Meniskusriss könne insbesondere der sogenannte Drehsturz ursächlich sein. Wirke auf einen vorgeschädigten Meniskus - wie hier - ein geeigneter Unfallmechanismus ein und führe dies zum Zerreißen des Gewebes, so gebe es mit dem Vorschaden und der Unfalleinwirkung zwei Ursachen für den Schaden, die in ihrer Bedeutung für die Entstehung des Schadens zu bewerten seien. Vor diesem Hintergrund habe Dr. P. nachvollziehbar begründet, dass die intraoperativ festgestellte Chondromalazia II bis III nicht als entscheidendes Indiz gegen einen traumatischen Meniskusriss gewertet werden könne, denn dieser auch erst im Juni 2009 nachgewiesene Knorpelschaden könne sich durchaus durch die über fünf Monate andauernde Belastung nach dem Unfall (mit Meniskusabriss) weiter oder auch initial entwickelt haben. Insofern seien die Ausführungen von Dr. S. in der fachärztlichen Stellungnahme vom 14.02.2010 nicht plausibel, wonach er die bei der Arthroskopie festgestellten Diagnosen ausnahmslos als unfallunabhängig bewertet habe. Dr. P. habe zur Kausalitätsbeurteilung schlüssig ausgeführt, dass die Prellung des rechten Kniegelenkes als Erstdiagnose des Durchgangsarztes am Unfalltag nur das Endergebnis des Sturzes darstelle und dass, wie häufig, der weitergehende/schwerwiegendere Meniskusriss mangels einer entsprechenden zeitnahen CT- oder MRT-Untersuchung zunächst nicht objektiviert werden konnte. Dr. P. weise auch zu Recht darauf hin, dass nach den Beschreibungen und Briefen des Hausarztes Dr. Kölle durchaus eine Brückensymptomatik zwischen dem Unfall und dem erst im Juni 2009 gesicherten Meniskusriss bestanden habe, denn die Klägerin sei durchgehend seit dem Unfall durch den Hausarzt medikamentös behandelt und letztlich wegen andauernder Schmerzen durch die Fachärzte Dr. L./Dr. B. zur kernspintomographischen Untersuchung überwiesen worden. Ungeachtet der Tatsache, dass die Klägerin (bestätigt durch das Vorerkrankungsverzeichnis) zuvor an keinen Beschwerden im Bereich der Kniegelenke gelitten habe, komme somit letztlich der Tatsache, dass bestimmte degenerative Veränderungen im rechten Kniegelenk auch vorbestehend waren, keine wesentliche Bedeutung zu.

Gegen das am 27.07.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 15.08.2011 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, da es sich bei dem Kniegelenk um ein Scharniergelenk ohne jegliche knöcherne Führung und knöchernen Anschlag handle und nur der Bandapparat die Bewegungen begrenze, würden durch Traumata in erster Linie der Bandapparat und seltener zugleich die Menisken oder Knorpelbezüge beschädigt. Gleichzeitige Verletzungen der Seiten- und Kreuzbänder könnten daher eine unfallbedingte Verletzung des Meniskus beweisen. Derartige Verletzungen lägen bei der Klägerin aber nicht vor. Ein - wie bei der Klägerin vorliegender - isolierter Meniskusschaden könne daher nur bei besonderen Geschehensabläufen als traumatisch bedingt anerkannt werden. Als geeignetes Unfallereignis gelte das sogenannte Verwindungstrauma oder der Drehsturz bei fest fixiertem Unter- bzw. Oberschenkel. Der Auffassung des SG, wonach ein sogenannter Drehsturz mit fixiertem Unterschenkel vorgelegen habe, sei nicht zu folgen. Das von der Klägerin geschilderte Unfallereignis mit Verfangen des rechten Fußes in einem Paketband, auf dem der linke Fuß stand, führe nicht zur unüberwindbaren Fixierung des rechten Unterschenkels, da sich der Fuß bzw. Unterschenkel auch beim Verfangen in diesem Band weiterdrehen könne. Der durch das SG angenommene Unfallhergang sei somit nicht geeignet, eine isolierte Meniskusschädigung zu verursachen. Gegen die Annahme des ursächlichen Zusammenhangs spreche auch, dass gemäß dem MRT-Befundbericht von Dr. H. vom 17.06.2009 neben der schräg nach tibial verlaufenden Rissbildung des Innenmeniskus im Bereich des Hinterhorns und der gesamten Pars media zusätzlich noch eine vertikale Rissbildung mit Abtrennung der Hinterhornspitze sowie eine breite horizontale Rissbildung des Außenmeniskus im Bereich des Vorderhorns und der gesamten Pars intermedia vorliegen. Insbesondere die gleichzeitige Schädigung des Innen- und Außenmeniskus durch ein- und dasselbe Trauma werde für äußerst unwahrscheinlich erachtet. Sowohl der intraoperative Befund vom 17.07.2009 als auch der MRT-Befund vom 17.06.2009 belegten eindeutig, dass das rechte Kniegelenk der Klägerin degenerativ vorgeschädigt gewesen sei. Entgegen der von Dr. P. vertretenen Auffassung könne sich insbesondere die bei der Klägerin bestehende Chondromalazie II. Grades nicht in der Zeit zwischen dem Ereignis vom 03.02.2009 bis zur Durchführung des MRT am 16.06.2009 entwickelt haben.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 14. Juli 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, den Rechtsstreit zu vertagen, um Dr. P. ergänzend zu hören, hilfsweise Prof. Dr. S. und Dr. U. unter Mitteilung der Anknüpfungstatsachen, von denen das Gericht in Bezug auf den Unfallhergang ausgeht, erneut zu hören.

Das angefochtene Urteil sei zutreffend und schlüssig begründet. Soweit die Beklagte behaupte, für die Anerkennung des isolierten Meniskusschadens sei eine unüberwindbare Fixierung des rechten Unterschenkels erforderlich, da sich der Fuß bzw. der Unterschenkel auch beim Verfangen in dem Paketband weiter hätte drehen können, sei dies nicht zutreffend.

Im Rahmen der Beweisaufnahme hat der Senat zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. K. hat unter dem 09.12.2011 angegeben, die Klägerin sei am 04.02.2009 und 12.03.2009 (zur Vorsorgeuntersuchung), am 27.04.2009 (wegen grippalem Infekt), am 07.05.2009 (wegen Laryngitis) und am 18.05.2009 (wegen Husten) in Behandlung gewesen. Kniegelenksbeschwerden seien von ihm in der Zeit vom 03.02.2009 bis 15.06.2009 nicht dokumentiert worden; bezüglich des Kniegelenks seien keine Befunde erhoben worden. Es liege ein Vertreterschein vom 28.05.2009 vor mit der Diagnose "Z.n. Prellung re. KG" und der Therapieangabe "Ibu 600 ratiopharm 10 Tbl." Der Allgemeinarzt Dr. K. hat unter dem 06.02.2012 mitgeteilt, die Klägerin einmalig am 28.05.2009 aufgrund von Kniegelenksbeschwerden rechts behandelt zu haben. Als Diagnose habe er den Zustand nach einer Prellung des rechten Kniegelenks erhoben und Ibuprophen 600 (1-0-1) verordnet. Unter dem 16.06.2012 hat Dr. Kölle ergänzend mitgeteilt, die Klägerin sei am Unfalltag (03.02.2009) offensichtlich nur für diesen Tag krankgeschrieben worden. Gleichzeitig hätten die genannten Ärzte im D-Arztbericht eine Weiterbehandlung durch den Hausarzt mit einer obligatorischen Befristung der durch den Hausarzt möglichen weiteren AU-Bescheinigung festgelegt. Im Rahmen dieser Festlegung habe er die Klägerin bis maximal zum 05.02.2009 krankschreiben können. Dies habe er getan, ohne allerdings die Kniebeschwerden einen Tag nach dem Unfall detailliert in der Akte zu dokumentieren.

Die Beklagte hat eine Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. B.vom 06.06.2012 vorgelegt. Dieser hat angegeben, nach den vorliegenden Fotos sei das Band nicht um den Fuß geschlungen, sondern um das obere Sprunggelenk. Dadurch, dass es durch den linken Fuß blockiert gewesen sei, habe es den Bewegungsablauf des rechten Beines gestört, was zum Sturz geführt habe. Dabei könne es durchaus zur Drehung des Unterschenkels gegen den Oberschenkel gekommen sein. Das um das obere Sprunggelenk verlaufende Band könne aber die Drehung des Fußes nicht blockiert haben. Damit fehle die entscheidende Voraussetzung für eine traumabedingte Meniskusschädigung, nämlich die Drehung bei fixiertem Fuß.

Der Senat hat dann den Orthopäden und Unfallchirurgen Prof. Dr. S. mit der Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage beauftragt. In seinem Gutachten vom 28.11.2012 hat dieser angegeben, es sei wahrscheinlich, wenngleich nicht vollständig zu rekonstruieren, dass das Kniegelenk beim Hängenbleiben des Fußes in der Kunststoffschlinge nicht vollständig gestreckt gewesen und die Klägerin bei nicht vollständig gestrecktem Kniegelenk nach vorne auf das dann schlussendlich gebeugte Kniegelenk gestürzt sei, wobei sie sich die dokumentierten Prellmarken am Kniegelenk zugezogen habe. Eine gewaltsame Streckung des Kniegelenkes durch das Hindernis halte er nicht für wahrscheinlich, jedoch nicht mit Sicherheit auszuschließen. Unmöglich erscheine jedoch die vollständige Rotationsfixierung des Fußes in der Kunststoffschlinge, da mit einer Schlinge niemals eine Rotationssicherung des Fußes oder Unterschenkels erzielt werden könne. Konkret sei somit biomechanisch der sogenannte Drehsturz, bei welchem das Bein im Kniegelenk gewaltsam überstreckt werde und gleichzeitig die physiologische Schlussrotation nach außen durch die Fixierung des Fußes verhindert werde, nicht wahrscheinlich. Für die Anerkennung der nachgewiesenen Innenmeniskusschädigung des rechten Kniegelenkes sprächen die möglicherweise vorliegende Brückensymptomatik sowie die Tatsache, dass nach den dokumentierten Unterlagen keine Behandlungen oder Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Kniegelenksbeschwerden rechtsseitig dokumentiert seien und die Klägerin am Unfalltag in der Lage gewesen sei, zumindest mittelschwere körperliche Arbeiten auszuführen. Gegen die unfallbedingte Verursachung der nachgewiesenen Kniegelenksbeschwerden spreche der Unfallmechanismus, der dokumentierte Erstbefund, die relativ kurz bescheinigte Arbeitsunfähigkeitszeit sowie, mit Einschränkungen, die Lage der Meniskusverletzung. Somit spreche mehr gegen die Verursachung der vorliegenden Gesundheitsstörungen am rechten Kniegelenk durch den Arbeitsunfall vom 03.02.2009 als dafür. Die beklagten Beschwerden mit nachfolgender Notwendigkeit zur Operation seien auf degenerative Veränderungen des Innenmeniskushinterhorns, die aktuell dokumentierten Gesundheitsstörungen am rechten Kniegelenk anlässlich der Begutachtung durch Dr. P. auf arthrotische Veränderungen des rechten Kniegelenkes zurückzuführen.

Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin hat der Senat dann Prof. Dr. U., Chefarzt der Unfallchirurgischen Klinik, Klinikum am Eichert, mit der Erstattung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beauftragt. Dieser hat - zusammenfassend - unter dem 23.04.2013 ausgeführt, die Klägerin habe bei dem Arbeitsunfall vom 03.02.2009 am rechten Knie lediglich eine Prellung erlitten. Die später dokumentierte, zweifelsfrei vorliegende Meniskusschädigung sei mit hoher Wahrscheinlichkeit auf degenerative Veränderungen zurückzuführen; durch den Arbeitsunfall komme es zu keiner dauerhaften Verschlimmerung vorbestehender Gesundheitsstörungen. Bei vernünftiger Abwägung aller Umstände spreche mehr für ein degeneratives Geschehen als für einen traumatischen ursächlichen Zusammenhang. Dem Gutachten von Prof Dr. S. könne hinsichtlich der Darstellung des Unfallhergangs, der Einschätzung der MdE und für die dargestellte Brückensymptomatik zugestimmt werden. Der von Dr. P. angegebene Hergang könne mit dem geschilderten Unfallhergang nicht in Einklang gebracht werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung der von ihr geltend gemachten Gesundheitsstörung (Meniskusveränderungen, insbesondere Lappenriss des Meniskus des rechten Kniegelenks) als Folgen des Arbeitsunfalls vom 03.02.2009.

Die Beklagte hat in dem (teilweise) angefochtenen Bescheid vom 09.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.06.2010 festgestellt, dass die Klägerin am 03.02.2009 einen Arbeitsunfall und als dessen Folge eine folgenlos verheilte Prellung der Kniegelenke beidseits erlitten hat. Zugleich hat sie die Anerkennung von Knorpelschäden sowie Meniskusveränderungen des rechten Kniegelenks und die Gewährung von Leistungen über den 02.03.2009 hinaus abgelehnt. Mit der erstinstanzlich erhobenen Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG kann die Klägerin den behaupteten materiellen Anspruch auf Feststellung der weiteren Unfallfolge (Meniskusveränderungen, insbesondere der Lappenriss des Meniskus des rechten Kniegelenks) durchsetzen (BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R -, Juris).

Die von der Klägerin zur Feststellung begehrten Gesundheitsstörungen sind keine Unfallfolgen.

Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 102 SGB VII haben Versicherte gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger Anspruch auf Feststellung einer Unfallfolge, wenn ein Gesundheitsschaden durch den Versicherungsfall rechtlich wesentlich verursacht wird (BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R -, Juris). Versicherungsfälle im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für einen Arbeitsunfall ist in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R -, Juris, m.w.N.).

Hier ist zwischen den Beteiligten - zu Recht - völlig unstreitig, dass die Klägerin am 03.02.2009 einen versicherten Arbeitsunfall erlitten hat. Denn der in Rede stehende Sturz ereignete sich in Ausübung der versicherten Tätigkeit. Dementsprechend anerkannte die Beklagte im angefochtenen Bescheid den Unfall vom 03.02.2009 als Arbeitsunfall und eine folgenlos verheilte Prellung der Kniegelenke beidseits als Folge des Arbeitsunfalls. Damit ist aber nicht zugleich die Annahme gerechtfertigt, dass der nach dem Arbeitsunfall festgestellte weitere Gesundheitsschaden, hier die Meniskusveränderungen, insbesondere der Lappenriss des Meniskus des rechten Kniegelenkes, den die Klägerin als Unfallfolge festgestellt haben will, ursächlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen ist.

Voraussetzung für die Anerkennung bzw. Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalles ist u.a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitserstschaden (haftungsbegründende Kausalität) und dem Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985 - 2 RU 43/84 -). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen Einwirkung und dem Gesundheitserstschaden sowie dem Gesundheitserstschaden und fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt im Bereich in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Dabei ist auf einer ersten Prüfungsstufe zu fragen, ob der Versicherungsfall eine naturwissenschaftlich-philosophische Bedingung für den Eintritt der Gesundheitsstörung ist, wobei insoweit jedes Ereignis Ursache eines Erfolges ist, das nach den einschlägigen Erfahrungssätzen nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Wenn festzustellen ist, dass der Versicherungsfall in diesem Sinne eine Bedingung für den Erfolg - hier die Meniskusveränderungen, insbesondere der Lappenriss des Meniskus des rechten Kniegelenks - ist, ist auf der ersten Prüfungsstufe weiter zu fragen, ob es für den Eintritt des Erfolgs noch andere Ursachen i. S. der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie gibt; das können Bedingungen aus dem nicht versicherten Lebensbereich wie z. B. Vorerkrankungen, Anlagen, nicht versicherte Betätigungen oder Verhaltensweisen sein (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, Juris). Hinsichtlich des Überzeugungsmaßstabs genügt für die Feststellung des naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhangs der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSG, vgl. Urteile vom 02.02.1978 - 8 RU 66/77 - und 30.04.1985 - 2 RU 43/84 -, Juris). Dieser ist erfüllt, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht; allein die Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs genügt dagegen nicht (BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R- und 18.01.2011 - B 2 U 5/10 R -, Juris). Erst wenn sowohl der Versicherungsfall als auch andere Umstände als Ursachen des Gesundheitsschadens feststehen, ist auf einer zweiten Prüfungsstufe rechtlich wertend zu entscheiden, welche der positiv festzustellenden adäquaten Ursachen für die Gesundheitsstörung die rechtlich "Wesentliche" ist. Dasselbe gilt für die Frage, ob eine MdE vorliegt und im Wesentlichen durch Unfallfolgen verursacht wurde (BSG, Urteil vom 15.05.2012, - B 2 U 31/11 R -, Juris). Die hier vorzunehmende Kausalitätsbeurteilung hat im Übrigen auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt die Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet war, eine bestimmte körperliche Störung hervorzurufen (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, a.a.O.).

Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen können die erstmals durch die Kernspintomographie vom 16.06.2009 nachgewiesenen Meniskusveränderungen nicht als Folge des anerkannten Arbeitsunfalls vom 03.02.2009 festgestellt werden. Das haben die Sachverständigen Prof. Dr. S. und Prof. Dr. U. übereinstimmend und für den Senat überzeugend dargelegt. Demgegenüber vermochte der Senat dem Gutachten von Dr. P. nicht zu folgen.

Schon auf der ersten Stufe des naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhangs hält es der Senat nicht für hinreichend wahrscheinlich, dass das Unfallereignis ursächlich im Sinne der Bedingungstheorie für die Meniskusveränderungen war. Vielmehr hält der Senat einen solchen Ursachenzusammenhang allenfalls für möglich. Dass nicht mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, ergibt sich für den Senat insbesondere in Auswertung der zuletzt eingeholten Gutachten. Nach den Sachverständigen Prof. Dr. S. und Prof. Dr. U. ergibt sich der fehlende Kausalzusammenhang aus den folgenden Umständen:

Für eine naturwissenschaftliche Ursächlichkeit spricht die von der Klägerin behauptete Beschwerdefreiheit vor dem Ereignis, die durch das seitens der Krankenkasse vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsverzeichnis bestätigt wird. Hieraus kann aber nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass eine Schädigung des Meniskus vorher nicht bestand. Zuzugeben ist der Klägerin, dass ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Beginn der Beschwerden besteht, was zunächst auf einen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang hindeutet. Der ursächliche Zusammenhang kann jedoch nicht rein zeitlich begründet werden, sondern muss sachlich-inhaltlich nachvollziehbar sein. Dementsprechend kann im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung auch nicht im Sinne eines Anscheinbeweises aus dem Vorliegen einer bestimmten Einwirkung auf die berufliche Verursachung der Erkrankung geschlossen werden (BSG, Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 34/03 R -, Juris). Dabei ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolgen positiv festgestellt werden muss. So gibt es keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache und einem rein zeitlichen Zusammenhang die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexerem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, Urteil vom 09.05.2006, a.a.O.). Die Tatsache, dass die Klägerin vor dem Ereignis am 03.02.2009 keine Beschwerden im Bereich des rechten Knies hatte, beweist nicht die Intaktheit des Meniskus vor diesem Ereignis. Zwar führt Dr. P. aus, die intraoperativ beschriebenen Beschwerden seien so geartet, dass sie hochwahrscheinlich Beschwerden hervorgerufen hätten; zwingend wäre das Auftreten von Beschwerden demnach aber nicht. Hinzu kommt, dass im MRT vom 17.07.2009 ausdrücklich eine Degeneration des Innenmeniskus mit Lappen als Diagnose genannt wird, so dass die Vorschädigung dokumentiert ist.

Zwar ist auch eine lückenlose Brückensymptomatik nicht dokumentiert, aber, wie Prof. Dr. S. ausführt, zumindest möglich. Dokumentiert ist in den Akten, dass die Klägerin unmittelbar nach dem Unfall die Arbeit niederlegte und ärztliche Hilfe in Anspruch nahm. Der Gutachter weist in diesem Zusammenhang auch zutreffend darauf hin, dass im Erstbefund des Durchgangsarztes Dr. L. das linke Kniegelenk beschwerdeführend war; allein das linke Kniegelenk wurde zum Ausschluss knöcherner Verletzungen geröntgt. Arbeitsunfähigkeit wurde dann zunächst nur für zwei Tage attestiert. Erst am 28.05.2009 ist dann wieder eine Vorstellung wegen der Kniegelenksbeschwerden erfolgt, obwohl zwischenzeitlich, wie Dr. K. in seiner Aussage vom 09.12.2011 mitgeteilt hat, am 04.02.2009, 12.03.2009 (zur Vorsorgeuntersuchung), 27.04.2009 (wegen grippalem Infekt), am 07.05.2009 (wegen Laryngitis) und am 18.05.2009 (wegen Husten) Konsultationen stattgefunden haben. Bis zum 28.05.2009 wurden durch Dr. Kölle weder Kniebeschwerden dokumentiert noch Befunde bezüglich des Kniegelenks erhoben. Arbeitsunfähigkeit wegen des Kniegelenks ist damit lediglich für zwei Tage dokumentiert. Aus den vorgelegten Zeitnachweislisten ergibt sich aber, dass die Klägerin an einzelnen Tagen, so am 19.02.2012, 03.03.2012, 11.03.2012, 01.04.2012, 06.05.2012, 27.05.2012 und 16.06.2012 die Arbeitszeit reduziert und am 12.03.2009 sowie vom 05.06.2009 bis zum 15.06.2009 aufgrund von "Freizeit Abbau" frei hatte. Die vom 27.03.2009 bis 30.03.2009 und vom 12.05.2009 bis 17.05.2009 dokumentierte Arbeitsunfähigkeit beruht auf einer akuten Infektion der oberen Atemwege und einer akuten Bronchitis. Der Senat folgt daher der Einschätzung von Prof. Dr. Simank, wonach eine Brückensymptomatik in klassischer Weise zwar nicht dokumentiert, aber unter Zugrundelegung der Angaben der Klägerin möglich ist. Nach der aktuellen unfallmedizinischen Fachliteratur (Schönberger/Mehrens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 625) ist die im älteren Schrifttum erhobene Forderung, eine Meniskusverletzung müsse unbedingt von starken Schmerzen, den Zeichen schwerer körperlicher Beeinträchtigung und sofortiger bzw. baldiger Arbeitsniederlegung begleitet sein, umstritten. Zumindest eine relevante zerrungsbedingte Beschwerdesymptomatik muss nach dem Unfall vorgelegen haben. Eine entsprechende Symptomatik kann dem D-Arztbericht vom 03.02.2009 entnommen werden. Andererseits war die Klägerin - die oben genannten Tagen und Zeiträumen ausgenommen - in der Lage, regelmäßig mehr als acht Stunden zu arbeiten.

Gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht der Unfallhergang. Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Unfallhergang einen geeigneten Verletzungsmechanismus darstellen kann. Der frische Unfallriss setzt nach der unfallmedizinischen Fachliteratur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 617 ff) ein geeignetes Unfallereignis im Sinne eines ganz bestimmten Ablaufs voraus. Für den Meniskusriss sind ursächlich die passive Rotation des gebeugten Kniegelenks oder die plötzliche passive Streckung des gebeugten und rotierten Unterschenkels bei gleichzeitiger Verhinderung der physiologischen Schlussrotation (Drehsturz). Im Falle des Drehsturzes wird die Bewegung brüsk und wuchtig durch die Fixierung des Unterschenkels unterbrochen, wie z. B. bei einem festgestellten Fuß in einer tiefen Wagenfurche und starker Drehung des Oberkörpers. Hiermit ist der Unfallhergang auch ausgehend von den Angaben der Klägerin nicht vergleichbar. Für den Senat steht - ausgehend von den glaubwürdigen Aussagen der Klägerin während des Verwaltungsverfahrens und auch gegenüber Dr. P. - fest, dass sie mit dem linken Fuß auf ein festes Kunststoffband getreten ist, wodurch sich eine Schlinge bildete. In der durch den linken Fuß am Boden festgehaltenen Kunststoffschlinge blieb die Klägerin mit dem rechten Fuß hängen, sie stolperte und stürzte zu Boden, wobei sie direkt auf die Knie fiel. Laut dem Durchgangsarztbericht vom 03.02.2008 fand sich die Schürfwunde am rechten Kniegelenk präpatellar sowie am linken Kniegelenk suprapatellar. Nachdem an beiden Kniegelenken Prellmarken dokumentiert sind, ist davon auszugehen, dass die Klägerin, wie Prof. Dr. Simank ausführt, zumindest in der finalen Phase des Sturzes auf die gebeugten Kniegelenke aufgeschlagen ist. Der Senat stimmt daher mit Prof. Dr. S. überein, soweit er ausführt, es sei wahrscheinlich, wenngleich aber nicht vollständig zu rekonstruieren, dass das Kniegelenk beim Hängenbleiben des Fußes in der Kunststoffschlinge sowie beim Sturz nicht vollständig gestreckt war. Der Gutachter hält dementsprechend eine gewaltsame Streckung des Kniegelenks durch das Hindernis nicht für wahrscheinlich, vermag sie aber auch nicht mit Sicherheit auszuschließen. Unmöglich erscheint ihm jedoch die vollständige Rotations-Fixierung des Fußes in der Kunststoffschlinge, da mit einer Schlinge niemals eine Rotations-Fixierung des Fußes erreicht werden kann. Der Senat folgt Prof. Dr. S. in dieser Einschätzung. Biomechanisch ist daher ein sog. Drehsturz, bei welchem das Bein im Kniegelenk gewaltsam überstreckt wird und gleichzeitig die physiologische Schlussrotation nach außen durch die Fixierung des Fußes verhindert wird, nicht wahrscheinlich. Dies deckt sich mit der Einschätzung von Prof. Dr. U., der ebenfalls ausführt, aus gutachterlicher Sicht könne eine Fixierung des rechten Beines durch eine Schlingenbildung nicht nachvollzogen werden. Der von Dr. P. zugrunde gelegten Unfallhergang, wonach das rechte Bein abrupt durch die durch das linke Bein fixierte Schlinge gestoppt und so passiv in die Streckung gezwungen worden sei, ohne die Möglichkeit der der physiologischen Schlussrotation, ist für den Senat im Hinblick auf die überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. S. und Prof. Dr. U. nicht überzeugend. Insbesondere ist die unüberwindbare Fixierung des Unterschenkels in der Schlinge nicht möglich. Überwiegend wahrscheinlich ist vielmehr, wie Prof. Dr. S. darlegt, ein "Stolpermechanismus", bei dem das Kniegelenk nicht in vollständige Streckung gebracht wird und der Verunfallte in Beugung auf die Kniegelenke stürzt. Dieser Hergang ist aber kein für den Meniskusriss geeigneter Verletzungsmechanismus.

Ein weiteres Argument gegen die unfallbedingte Verletzung ist ferner die Lage der Meniskusverletzung. Die Schädigung des Innenmeniskus ist sowohl durch das MRT vom 17.06.2009 als auch durch den Operationsbericht vom 17.07.2009 gesichert. Es findet sich eine Kombinationsverletzung mit Lappenrissbildung von der Pars intermedia und des Hinterhorns. Aus der Form des Meniskusrisses lassen sich nach der Einschätzung von Prof. Dr. S. keine sicheren Schlüsse auf eine traumatische oder nicht traumatische Entstehung ziehen (so auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 627 f). Der Hinterhornschaden scheint jedoch eher degenerativ bedingt und wird in aller Regel durch übermäßige Belastung und folgende Krafteinwirkung bei maximaler Beugung des Kniegelenkes verursacht, wogegen Stauchungen des Beines in Längsrichtung eher Vorderhornverletzungen des Meniskus verursachen. Somit schließt die dokumentierte Lokalisation des Meniskusschadens im Hinterhornbereich die Verursachung durch das angeschuldigte Unfallereignis zwar nicht aus, macht sie jedoch eher unwahrscheinlich, da bei forcierter Krafteinleitung in Streckung und hierdurch hervorgerufener Meniskusverletzung eine Verletzung im Vorderhornbereich zu erwarten wäre.

Gegen die unfallbedingte Verursachung der nachgewiesenen Meniskusschädigung sprechen daher bei Gesamtwürdigung ganz überragende Umstände, nämlich der Unfallmechanismus, der dokumentierte Erstbefund, die relativ kurz bescheinigte Arbeitsunfähigkeit sowie - mit Einschränkungen - die Lokalisation der Meniskusverletzung.

Insgesamt hält der Senat es deswegen nicht für hinreichend wahrscheinlich, dass durch den Arbeitsunfall Meniskusschädigungen, insbesondere der Lappenriss des Meniskus des rechten Kniegelenks eingetreten ist; dies ist allenfalls möglich.

Der Senat sah sich durch die in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträge der Klägerin auch nicht zu weiteren Ermittlungen veranlasst. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob ein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag (vgl. § 118 SGG i. V. m. §§ 402, 403 Zivilprozessordnung (ZPO)) vorlag. Einer erneuten Befragung des erstinstanzlich als Gutachter gehörten Dr. P. bedurfte es nach Auffassung des Senats nicht. Allein der Umstand, dass die im Berufungsverfahren beauftragten Gutachter zu einer anderen Wertung der Kausalität bei ansonsten übereinstimmendem und unstreitigem Sachverhalt gelangten, begründet keinen Anspruch auf erneute Befragung des erstinstanzlichen Gutachters. Dr. P. hat sich sowohl in seinem Gutachten vom 03.08.2010 als auch in einer ergänzenden Stellungnahme vom 10.11.2010 ausführlich geäußert; neue Erkenntnisse hinsichtlich des Unfallhergangs oder neue Befunde, zu denen sich Dr. P. nicht hätte äußern können, haben sich seither nicht ergeben. Allein die unterschiedliche Würdigung desselben Sachverhalts durch die übrigen Gutachter begründet keinen Anspruch auf erneute Befragung des Gutachters Dr. P ... Die Würdigung von (auch unterschiedlichen) Gutachtensergebnissen gehört zur Beweiswürdigung (BSG, Urteil vom 22.10.2008 - B 5 KN 1/06 B -,-Juris)), die dem Senat vorbehalten ist. Insbesondere ist kein Grund ersichtlich, weshalb einem bestimmten gehörten Gutachter das "letzte Wort" verbleiben muss (s. ebenso zum Gutachter nach § 109 SGG, Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, 11. Auflage 2014, § 109 Rdnr. 10b m.w.N.).

Der Senat sah auch keine Veranlassung, Prof. Dr. S. und Dr. U. erneut zu hören. Beiden Gutachtern war das Gutachten von Dr. P. bekannt; sie haben ihrer Beurteilung den von der Klägerin mehrfach im Verwaltungsverfahren und nochmals gegenüber Dr. P. geschilderten Unfallhergang - der auch Grundlage der Entscheidung des Senats war - zugrunde gelegt, im Ergebnis aber die Frage, ob es sich auf der Grundlage der Unfallschilderungen der Klägerin hierbei um einen geeigneten Verletzungsmechanismus in Form eines sog. Drehsturzes (vgl. Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 619) gehandelt hat und die Knieverletzungen daher dem Unfallereignis als hierdurch wesentlich verursacht zugeordnet werden können, unterschiedlich bewertet. Insofern liegt eine abweichende Würdigung und Bewertung aufgrund ein- und derselben tatsächlichen Schilderung - und nicht die Zugrundelegung eines abweichenden tatsächlichen Unfallablaufs vor, weshalb keiner weiteren Ausführungen bedarf, ob eine nochmalige Unfallschilderung und -demonstration der Klägerin gegenüber den Gutachtern Prof. Dr. S. und Dr. U. mehr als sechs Jahre nach dem Unfallereignis geeignet wäre, den konkreten damaligen Ablauf authentischer zu dokumentieren als ihre früheren Schilderungen (s. zur Zuverlässigkeit der Schilderung von Unfallmechanismen auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 18. 07. 2013 - L 6 U 283/11 -, Juris)). Soweit die Klägerin beanstandet, den Gutachtern Prof. Dr. S. und Dr. U. seien die Anknüpfungstatsachen nicht mitgeteilt worden, so ist (nochmals) darauf hinzuweisen, dass die Würdigung, von welchem Sachverhalt und damit hier von welchem Bewegungsablauf auszugehen ist, dem Gericht - und nicht dem Sachverständigen - obliegt und vom Senat (erst) im Rahmen der abschließenden Entscheidung unter Würdigung sämtlicher Beweisergebnisse vorzunehmen und nicht etwa bei Beauftragung eines Sachverständigen zu antizipieren ist. Soweit es um die Mitteilung der medizinischen Anknüpfungstatsachen für die Kausalitätsbeurteilung der Knieverletzungen der Klägerin geht, waren diese für die Sachverständigen aus den ihnen übersandten Verwaltungs- und Gerichtsakten einschließlich der darin enthaltenen Unfallschilderungen und ärztlichen Untersuchungsbefunde zu entnehmen. Eine ergänzende Befragung der Gutachter war daher nicht geboten.

Der Berufung der Beklagten war daher stattzugeben, das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
Saved