L 4 AS 479/14 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 27 AS 2122/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 AS 479/14 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerinnen und Beschwerdeführerinnen (im Weiteren: Antragstellerinnen) begehren im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Gewährung von weiteren Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II); insbesondere geht es ihnen um die Berücksichtigung von weiteren Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) von 67,40 EUR monatlich und um die Gewährung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehung von 140,76 EUR monatlich.

Die am ... 1992 geborene Antragstellerin zu 1 stellte erstmals am 26. Januar 2012 bei dem Antragsgegner einen SGB II-Leistungsantrag und begehrte die Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Unterkunft. Sie gab an, sie sei aus schwerwiegenden sozialen Gründen gehindert, im Haushalt der Eltern zu leben. Sie sei im Alter von 14 Jahren freiwillig in ein Heim gegangen, da sie Probleme mit dem Lebensgefährten ihrer Mutter gehabt habe. Derzeit habe sie C. G. vorübergehend in seiner Wohnung in der ... Straße ... in Z. aufgenommen. Sie könne dort nicht dauerhaft wohnen, da die Wohnung zu klein sei. Außerdem verstehe sie sich mit Herrn G. nicht mehr. Nach entsprechender Zusicherung bezog die Antragstellerin am 1. Februar 2012 eine 35 m² große Wohnung im Haus ... in Z. und erhielt SGB II-Leistungen. Am 16. März 2012 zeigte sie ihre Schwangerschaft an und erklärte, der Vater des erwarteten Kindes sei C. G. (im Weiteren: Kindesvater).

Am 10. Mai 2012 sprach sie in Begleitung des Kindesvaters beim Antragsgegner vor und begehrte die Zusicherung für einen Umzug in die 65m² große Dreizimmerwohnung, ..., in Z. Eine gemeinsame Wohnung solle derzeit nicht bezogen werden. Der Antragsgegner lehnte die Zusicherung ab, da er die KdU von 421,58 EUR (Grundmiete: 281,58 EUR, Betriebskostenvorauszahlung: 75 EUR, Heizkostenvorauszahlung 65 EUR) für unangemessen hielt. Gleichwohl bezog die Antragstellerin zu 1 zum 1. Juli 2012 die Wohnung. In der Folge übernahm der Antragsgegner zunächst nur eine Bruttokaltmiete von 336 EUR sowie die Heizkosten in tatsächlicher Höhe (Kürzungsbetrag 20,58 EUR). Dem dagegen eingelegten Widerspruch half der Antragsgegner ab und übernahm rückwirkend die tatsächlichen KdU in voller Höhe.

Am ... 2012 wurde die Antragstellerin zu 2 geboren. Sie erhielt den Familiennamen des Kindesvaters, der am 20. November 2012 gegenüber dem Antragsgegner erklärte, er übe das Sorgerecht für die Antragstellerin zu 2 gemeinsam mit der Antragstellerin zu 1 aus. Er kümmere sich und unterstütze die Antragstellerin zu 1 nach Kräften. Deshalb halte er sich überwiegend in deren Wohnung auf. Unter dem 4. Dezember 2012 bescheinigte der Kinderarzt Dr. med. A. K., die Antragstellerin zu 2 habe in Begleitung des Kindesvaters einen Arzttermin wahrgenommen. Dieser sei daher am Erscheinen beim Antragsgegner gehindert.

Im Verwaltungsverfahren wegen Unterhaltsvorschussleistungen erklärten die Antragstellerin zu 1 und der Kindesvater unter dem 22. Januar 2013, dass ihnen ein dauerhaftes Zusammenleben nicht möglich sei. Daher erfolge keine gemeinsame Betreuung des Kindes. Daraufhin wurden für die Antragstellerin zu 2 Leistungen nach dem UVG (133 EUR monatlich) gewährt. Zudem bezog die Antragstellerin zu 1 Kindergeld für sich und die Antragstellerin zu 2 von je 184 EUR sowie Elterngeld von 300 EUR.

Unter dem 20. Juni 2013 stellte die Antragstellerin zu 1 erneut einen Antrag auf Zusicherung der KdU nach einem Umzug und gab an, ab 1. Oktober 2013 gemeinsam mit der Antragstellerin zu 2 und dem Kindesvater eine Wohnung in F.-Allee ... in Z. (Wohnfläche von 92,19 m²) beziehen zu wollen. Für ein Zusammenleben sei die derzeitige Wohnung zu klein. Ihnen gefalle die Wohnung toll und sie wollten nicht in einen "Block" ziehen. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 596 EUR monatlich (Grundmiete: 412 EUR, Betriebs- und Heizkosten: 184 EUR). Am 10. Juli 2013 sprachen die Antragstellerin zu 1 und der Kindesvater wegen der Zusicherung vor. Sie beabsichtigten, sofort den Mietvertrag abzuschließen. Mit Bescheid vom selben Tag lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Zusicherung ab, da die KdU unangemessen seien. Für eine dreiköpfige Bedarfsgemeinschaft sei eine Wohnfläche von bis zu 70m² und in der Stadt Z. eine maximale Bruttokaltmiete von 377,30 EUR angemessen. Heizkosten würden nach Maßgabe des Heizspiegels übernommen.

Wegen eines anonymen Hinweises, der Kindesvater wohne nicht in seiner Wohnung, sondern halte sich bei den Antragstellerinnen auf, und wegen der Angabe der Antragstellerin, die derzeitige Wohnung sei für drei Personen zu klein, veranlasste der Antragsgegner einen Hausbesuch. Ausweislich des Protokolls vom 11. Juli 2013 wurde der Zutritt zunächst gestattet. Die Antragstellerin zu 1 habe erklärt, der Kindesvater halte sich jeden Tag bei ihr und der Antragstellerin zu 2 auf, fahre aber abends nach Hause. Der anwesende Kindesvater sei laut geworden. Er wünsche in dieser Wohnung keinen Hausbesuch. Der Besuch sei dann abgebrochen worden.

Mit Bewilligungsbescheid vom 25. Juli 2013 gewährte der Antragsgegner vorläufige Leistungen für die Zeit von August bis Dezember 2013. Dabei berücksichtigte er keinen Mehrbedarf für Alleinerziehung mehr und führte im Bescheid aus, nach den Angaben beim Hausbesuch sei davon auszugehen, dass sich der Kindesvater gemeinsam mit der Antragstellerin zu 1 um die Erziehung der Antragstellerin zu 2 kümmere. Dagegen legte die Antragstellerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte, Widerspruch ein und führte aus, der Kindesvater halte sich tagsüber nicht regelmäßig in der Wohnung der Antragstellerin zu 1 auf. Er sei lediglich manchmal besuchsweise anwesend und nehme Umgangskontakte mit der Antragstellerin zu 2 wahr. An der Pflege und Erziehung beteiligte er sich nicht.

Am 26. August 2013 sprachen die Antragstellerinnen und der Kindesvater beim Antragsgegner vor und teilten mit, die Antragstellerin zu 1 könne ab sofort eine Ausbildung in einem Friseurgeschäft in Z. beginnen, habe aber erst ab Oktober 2013 einen Kindertagesstättenplatz für die Antragstellerin zu 2. Daher übernehme in Absprache mit dem Jugendamt der Kindesvater die Betreuung der Antragstellerin zu 2. Er begebe sich dazu in Erziehungszeit und stehe für Vermittlungen und Maßnahmen des Antragsgegners nicht zur Verfügung. Auf Nachfrage gab die Antragstellerin zu 1 an, sie habe die Kündigung des Mietvertrags zurückgenommen, bleibe zunächst in der bisherigen Wohnung und ziehe nicht mit Kindesvater zusammen. Die begonnene Ausbildung brach sie am 20. Dezember 2013 ab.

Mit Widerspruchsbescheid vom 1. November 2013 wies der Antragsgegner den Widerspruch in Ansehung des Mehrbedarfs für Alleinerziehung zurück. Am 15. November 2013 erklärte der Kindesvater bei einer Vorsprache, er wolle sich weiterhin um die Antragstellerin zu 2 kümmern, und suche eine Wohnung, um mit der Antragstellerin zu 1 zusammenziehen zu können. Im Januar 2014 erhielt der Antragsgegner Kenntnis davon, dass die Antragstellerin seit Dezember 2013 ihre Mietzahlungen wegen eines Schimmelbefalls um monatlich 20% gemindert hatte. Am 29. Januar 2014 erklärte die Antragstellerin zu 1, sie wolle derzeit nicht mit dem Kindesvater zusammenziehen. Mit Bescheid vom 29. Januar 2014 bewilligte der Antragsgegner für den Zeitraum von Februar bis Juli 2014 erneut vorläufige SGB II-Leistungen ohne Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung.

Am 6. Mai 2014 teilte die Antragstellerin 1 mit, sie beziehe am 1. Juni 2014 eine Wohnung in der ... Straße ... in Z., und legte den am 5. Mai 2014 abgeschlossenen Mietvertrag vor. Für die 64 m² große Dreizimmerwohnung war eine Kaltmiete von 310 EUR sowie ein Abschlag auf die Betriebskosten von 100 EUR monatlich zu zahlen. Für eine Versorgung mit Gas für die Heizung hatte der Mieter einen Vertrag mit dem Gasversorger abzuschließen.

Mit Bescheid vom 26. Mai 2014 änderte der Antragsgegner die Leistungsbewilligung für die Monate Juni und Juli 2014 wegen des Umzugs ab und berücksichtigte bei den KdU eine Bruttokaltmiete von 342,60 EUR. Im Bescheid führte er aus, die Antragstellerin zu 1 habe in Kenntnis der Angemessenheitswerte erneut eine unangemessen teure Wohnung angemietet. Der Mehrbedarf für Alleinerziehung werde weiterhin nicht zuerkannt, denn sie habe bereits am 11. Juli 2013 erklärt, dass sich der Kindsvater tagsüber bei ihr aufhalte und sich um die Erziehung des Kindes kümmere. Nunmehr seien die Antragstellerinnen in das Haus gezogen, in dem auch der Kindesvater wohne, sodass von einer gemeinsamen Kindererziehung auszugehen sei.

Am 2. Juni 2014 legte die Antragstellerin zu 1 Widerspruch gegen den Bescheid ein und führte aus, es sei nicht richtig, dass sich der Kindesvater tagsüber in ihrem Haushalt aufhalte und sich an der Erziehung der Antragstellerin zu 2 beteilige. Ihm sei es aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit zeitlich nicht möglich, sich um diese zu kümmern. Es sei nicht relevant, dass er eine Wohnung im selben Haus bewohne. Am 12. Juni 2014 legte sie zwei Mietangebote für Dreiraumwohnungen zu Gesamtmieten von 520 EUR bzw. 485 EUR vor. Die Angebote belegten aus ihrer Sicht, dass eine preisgünstigere Wohnung nicht erhältlich gewesen sei. Zudem teilte sie monatliche Abschlagszahlungen von 80 EUR für die Gasversorgung mit. Diese berücksichtigte der Antragsgegner mit Änderungsbescheid vom 19. Juni 2014.

Zur weiteren Begründung ihres Widerspruchs führten die Antragstellerinnen – nunmehr anwaltlich vertreten – aus, der Kindesvater lebe zwar im selben Haus, nehme jedoch lediglich sein Umgangsrecht wahr. Denn er sei aus zeitlichen Gründen nicht in der Lage, sich an der Erziehung der Antragstellerin zu 2 zu beteiligen. Er sei selbständig tätig und betreibe eine Werkstatt. Es komme werktags nur zu zufälligen Begegnungen im Haus. Die Kürzung der KdU sei rechtswidrig, denn der Umzug sei erforderlich gewesen. In der zuvor bewohnten Wohnung sei Schimmel aufgetreten. Mehrere Versuche der Beseitigung seien fehlgeschlagen. Bereits wenige Tage nach der letzten Sanierungsmaßnahme im Februar 2014 sei der Schimmel erneut aufgetreten. Aus gesundheitlichen Gründen sei den Antragstellerinnen der weitere Verbleib in der Wohnung nicht zuzumuten gewesen. Sie hätten das Mietverhältnis gekündigt und seien umgezogen. Die KdU seien angemessen, denn das den Werten des Antragsgegners zu Grunde liegende KdU-Konzept sei nicht rechtswirksam. Der festgelegte Vergleichsraum entspreche nicht der Rechtsprechung des BSG. Es seien daher die Werte nach § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10% anzuwenden. Daraus ergebe sich eine zulässige Gesamtmiete von 418 EUR; ihre Bruttokaltmiete betrage nur 410 EUR.

Der Antragsgegner gab bei seinem Ermittlungsdienst erneut einen Hausbesuch in Auftrag und führte zur Erläuterung aus, die nunmehr von der Antragstellerin zu 1 bewohnte Wohnung sei zuvor vom Kindesvater bewohnt worden. Dieser habe ab Juni 2014 im selben Haus Räume im Erdgeschoss links angemietet. Wegen der angekündigten selbständigen Tätigkeit sei am 16. Juni 2014 ein Hausbesuch erfolgt. Die Mitarbeiter seien nicht eingelassen worden. Die Wohnung scheine von außen eher als Abstellfläche genutzt zu werden. Es sei zu vermuten, dass die Antragstellerinnen und der Kindsvater gemeinsam in der oberen Wohnung wohnten. In der Folge schlugen zwei Hausbesuchsversuche am 10. Juli 2014 sowie weitere Versuche am 17. und 24. Juli 2014, 4. und 15. September sowie 9. Oktober 2014 fehl, weil auf Klingeln niemand öffnete. In den Hausbesuchsberichten ist u.a. vermerkt, die Erdgeschosswohnung wirke unbewohnt; es befänden sich dort keine Möbel.

Auf den Weiterbewilligungsantrag gewährte der Antragsgegner den Antragstellerinnen mit Bescheid vom 17. Juli 2014 für den Bewilligungszeitraum von August bis Dezember 2014 monatliche Gesamtleistungen von 582,42 EUR. Dabei berücksichtigte er KdU in einer Gesamthöhe von 422,60 EUR (Abzug wegen Unangemessenheit 67,40 EUR) und keinen Mehrbedarf für Alleinerziehung. Auch gegen diesen Bescheid legten die Antragstellerinnen Widerspruch ein.

Nach einer Abrechnung des Gasversorgers vom 29. August 2014, die mit einem Guthaben von 167,22 EUR endete, wurde ab September 2014 der Abschlag auf 90 EUR erhöht. Dies berücksichtigte der Antragsgegner im Änderungsbescheid vom 30. September 2014.

Zu seinem Weiterbewilligungsantrag erklärte der Kindesvater am 9. September 2014, er habe bislang nicht gearbeitet, gehe aber seit dem 16. August 2014 einer geringfügigen Beschäftigung nach. Für seine Wohnung habe er im August 2014 einen Gaslieferungsvertrag abgeschlossen. Dazu lägen ihm noch keine Unterlagen vor. Die SGB II-Leistungen sollten zukünftig auf das Konto der Antragstellerin zu 1 überwiesen werden.

Am 20. August 2014 haben die Antragstellerinnen beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und die Gewährung weiterer SGB-Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen KdU sowie des Mehrbedarfs für Alleinerziehung ab gerichtlicher Antragstellung begehrt. Zur Begründung haben sie ausgeführt, sie hätten den Mietvertrag für die vorige Wohnung wegen der Schimmelproblematik, die bei ihnen zu Atemwegsbeschwerden geführt hätte, gekündigt. Bei ihrer Wohnungssuche sei die nunmehr angemietete Wohnung in der ... Straße ... die günstigste gewesen. Der Kindesvater habe im selben Haus ebenfalls eine Wohnung und eine Werkstatt, in der er seine selbständige Tätigkeit ausübe. Sie haben ihr Vorbringen aus den Widerspruchsverfahren wiederholt. Da der Antragsgegner nicht über ein schlüssiges Konzept hinsichtlich der KdU verfüge, seien ihre KdU voll zu übernehmen. Die Umgangskontakte des Kindesvaters führten nicht dazu, dass die Antragstellerin zu 1 nachhaltig bei der Erziehung unterstützt würde. Die Gewährung des Mehrbedarfs für Alleinerziehende sei erforderlich, da sie erhöhte Aufwendungen habe. Ein Anordnungsgrund sei gegeben. Da der Antragsgegner die vollständige Miete an die Vermieterin überweise, fehle ihnen ein monatlicher Regelleistungsbetrag von 67,40 EUR. Die an sie ausgezahlten Leistungen reichten nicht aus, um das Existenzminimum zu sichern. In einer beigefügten eidesstattlichen Versicherung hat die Antragstellerin zu 1 erklärt, die derzeit bewohnte Wohnung sei die günstigste, die sie in Z. habe finden können. Sie sei alleinerziehend, denn der Kindesvater trage aus zeitlichen Gründen nicht zur Erziehung der Antragstellerin zu 2 bei. Er sei selbständig tätig gewesen und habe eine Werkstatt geführt, die er jetzt wohl aufgegeben habe. Der Umgang beschränke sich auf wenige Stunden am Wochenende.

Der Antragsgegner hat ausgeführt, der Kindsvater habe sich in der Vergangenheit so intensiv an der Pflege und Erziehung der Antragstellerin zu 2 beteiligt, dass er keiner eigenen Erwerbstätigkeit/Maßnahme habe nachgehen können. Im Januar 2014 sei eine gemeinsame Wohnungssuche erfolgt. Es sei nicht belegt, dass er aus der bisherigen Wohnung, die nunmehr die Antragstellerin zu 1 angemietet habe, ausgezogen sei.

Mit Beschluss vom 26. August 2014 hat das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Es hat ausgeführt, es bestehe weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch. Nach summarischer Prüfung spreche mehr für eine Rechtmäßigkeit des Bescheides des Antragsgegners als dagegen. Die Antragstellerin zu 1 sei in die Wohnung eingezogen, die der Kindesvater bisher bewohnt habe. Es sei nicht von einer Alleinerziehung auszugehen. Die berufliche Tätigkeit des Kindesvaters sei unbeachtlich. Den Antragstellerinnen sei ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens zuzumuten.

Gegen den ihnen am 1. September 2014 zugestellten Beschluss haben die Antragstellerinnen am 26. September 2014 Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren beantragt. Sie haben vertiefend geltend gemacht: Es bestehe ein Anordnungsgrund, weil ihnen aufgrund der Überweisung der vollständigen Miete an den Vermieter durch den Antragsgegner monatlich 67,40 EUR zur Bestreitung ihrer Lebenshaltungskosten fehlten. Sie verfügten nicht über Vermögen, das sie vorübergehend einsetzen könnten. Zudem fehle der Mehrbedarf für Alleinerziehende. Der Umzug sei aufgrund des erheblichen Schimmelbefalls der vormaligen Wohnung erforderlich gewesen. Sie hätten alles versucht, um eine dauerhafte Mängelbeseitigung zu erreichen. Die Maßnahmen des Vermieters hätten jedoch nur kurzfristig Wirkung gezeigt. Trotz häufigen Lüftens sei kurz nach der letzten Mängelbeseitigung der Schimmel erneut aufgetreten. Es sei ihnen daher nicht mehr zuzumuten gewesen, weiterhin in der Wohnung zu bleiben. Die neuen KdU seien angemessen. Der Antragsgegner verfüge nicht über ein sog. schlüssiges Konzept. Denn er habe insbesondere den Vergleichsraum nicht zutreffend bestimmt. Die Städte Z. und A. seien einem Wohnungsmarkttyp zugeordnet, obwohl sie durch die Elbe getrennt und verkehrstechnisch nur unzureichend verbunden seien. Der Kindesvater nehme lediglich sein Umgangsrecht wahr, das sich auf wenige Stunden überwiegend am Wochenende beschränke. Die Antragstellerin zu 2 übernachte nicht bei ihm. Vor ihrem Einzug in die Wohnung in der ... Straße sei der Kindesvater ausgezogen und die Wohnung umfangreich renoviert worden. Der Kindesvater habe eine Wohnung im Erdgeschoss des Hauses bezogen.

Die Antragstellerinnen beantragen nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 26. August 2014 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig weitere SGB II-Leistungen unter Berücksichtigung von weiteren KdU in Höhe von 67,40 EUR und eines Mehrbedarfs für Alleinerziehung von 140,76 EUR ab Antragstellung zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er weist darauf hin, nach Aktenlage beteilige sich der Kindesvater intensiv an der Pflege und Erziehung der Antragstellerin zu 2. Es sei nicht glaubhaft, dass er dies nach dem Umzug aufgegeben habe, zumal er eine kurzzeitig aufgenommene selbständige Tätigkeit wieder aufgegeben habe. Die KdU seien unangemessen hoch. Die Antragstellerin zu 1 sei bereits im Januar und im Juli 2013 über die im Landkreis Anhalt-Bitterfeld geltenden KdU-Richtwerte informiert worden. Er gehe davon aus, dass das gesamte Gebiet des Landkreises Anhalt-Bitterfeld ein Vergleichsraum sei. Dieser sei in verschiedene Wohnungsmärkte unterteilt, für die jeweils eigene Richtwerte gelten würden. Dies trage dem Umstand Rechnung, dass es keinen einheitlichen Wohnungsmarkt gebe, sondern das Wohnungsangebot und die Mietpreise je nach Kommune unterschiedlich seien.

Mit Bescheiden vom 30. September und 6. November 2014 hat der Antragsgegner die Leistungsgewährung im streitigen Zeitraum aufgrund der mit Gültigkeit ab dem 1. April 2014 fortgeschrieben KdU-Werte (berücksichtigte Bruttokaltmiete nunmehr 348,60 EUR) und der Änderung der Regelbedarfe ab Januar 2015 erneut abgeändert und nunmehr Gesamtleistungen in Höhe von 508,42 EUR für August und Oktober 2014 EUR, 588,42 EUR für September 2014, 531,20 EUR für November 2014, 598,42 EUR für Dezember 2014 und 611,65 EUR für Januar 2015 bewilligt:

Unter dem 27. November 2014 haben die Antragstellerinnen ergänzend vorgetragen, nach dem Abbruch der Ausbildung im Dezember 2013 kümmere sich die Antragstellerin zu 1 allein um die Erziehung der Antragstellerin zu 2. Nach einem Streit im Januar 2014 zeige der Kindesvater kein Interesse mehr und wolle auch keine Verantwortung übernehmen. Ihre Lage sei die einer typischen Alleinerziehenden. Zu ihrem PKH-Gesuch hat die Antragstellerin zu 1 eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und Belege vorgelegt. Aus den Kontoauszügen ihres Girokontos ergibt sich die Gutschrift von SGB II-Leistungen für den Kindesvater am 15. und 29. September 2014, ohne dass in der Folge entsprechende Barabhebungen erfolgt sind. Zudem erfolgten vom Konto am 17. September und 13. Oktober 2014 zwei Überweisungen mit Verwendungszwecken des Kindsvaters über 50 und 20 EUR.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Die Unterlagen waren Gegenstand der Beratung des Senats.

II.

Die Beschwerde ist statthaft gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG), form- und fristgelegt eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch sonst zulässig. Der Beschwerdewert nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG von 750 EUR ist überschritten. Die von den Antragstellerinnen erstinstanzlich begehrten weiteren Leistungen von insgesamt 208,16 EUR monatlich (KdU: 67,40 EUR, Mehrbedarf: 140,76 EUR) ergeben im streitigen mehr als fünfmonatigen Zeitraum (20. August 2014 bis 31. Januar 2015) einen Gesamtbetrag, der die Beschwerdewertgrenze übersteigt.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Den Antragstellerinnen sind im streitigen Zeitraum nicht vorläufig weitere SGB II-Leistungen zu gewähren.

Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für die Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Glaubhaftmachung sowohl eines Anordnungsgrunds (die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweg genommen werden.

Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Klageverfahrens getroffen werden, die das Gericht der Hauptsache nicht bindet. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 86b RN 16b). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, weil etwa eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung insbesondere der grundrechtlichen Belange des Antragstellers zu entscheiden. Die vorstehenden Ausführungen gelten uneingeschränkt, soweit es im einstweiligen Rechtsschutzverfahren um eine vorläufige Leistungsgewährung geht, die ggf. im Hauptsacheverfahren noch rückgängig gemacht werden kann. Insoweit können nicht aufklärbare Sachverhaltselemente grundsätzlich nach den Beweislastregeln entschieden werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. Februar 2010, Az.: 1 BvR 20/10, juris). Verbleibende Unklarheiten können dann zu Lasten des Antragstellers in die Abwägungsentscheidung eingestellt werden (vgl. Bay. LSG, Beschluss vom 15. Juni 2012 Az.: L 7 AS 403/12 B ER, juris RN 28).

Gemessen an diesen Anforderungen fehlt es vorliegend an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Auch eine Folgenabwägung zugunsten der Antragstellerinnen kommt nicht in Betracht. Dies betrifft sowohl den geltend gemachten Mehrbedarf für Alleinerziehende gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II als auch die Berücksichtigung von weiteren KdU auf der Grundlage der tatsächlichen Aufwendungen gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

Es ist für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner den Alleinerziehendenzuschlag bei der Bedarfsberechnung außer Betracht gelassen hat. Denn insoweit ist ein Anspruch nicht zur Überzeugung des Senats dargelegt und glaubhaft gemacht. Vorliegend ist die sich aus dem Verwaltungsvorgang ergebende Faktenlage nicht in Einklang zu bringen mit den Bekundungen der Antragstellerin zu 1 im gerichtlichen Verfahren. Angesichts des Umstandes, dass durch diese Mehrbedarfsleistung das in Art. 1 Grundgesetz geschützte Existenzminimum nicht unmittelbar berührt ist, war diese Bedarfsposition auch nicht im Wege einer Folgeabwägung vorläufig zuzusprechen.

Nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGG II ist bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ein Mehrbedarf in Höhe von 36 % des nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Bedarfs anzuerkennen, wenn sie mit einem Kind unter 7 Jahren zusammen leben. Insoweit müssen drei Tatbestandsmerkmale kumulativ erfüllt sein: Zu dem hier unstreitig gegebenen Zusammenleben mit der minderjährigen Antragstellerin zu 2 in einem Haushalt (sog. räumliche Bedingung) müssen die alleinige Versorgung des Kindes (materielle Bedingung) und dessen alleinige Pflege und Erziehung (immaterielle Bedingung) treten. Voraussetzung ist nicht die alleinige Inhaberschaft des Personensorgerechts. Maßgeblich geht es darum, dass bei der Pflege und Erziehung keine andere Person gleichberechtigt und unentgeltlich in erheblichem Umfang mitwirkt, bzw. der Antragsteller nicht von dem anderen Elternteil oder anderen nachhaltig unterstützt wird (vgl. BSG, Urteile vom 23. August 2012, Az.: B 4 AS 167/11 R, juris; und vom 3. März 2009, Az.: B 4 AS 50/07 R). Es kommt auch nicht allein auf den zeitlichen Umfang der Mitwirkung an, denn auch zusammenlebende Elternteile stehen für die Aufgabe der Pflege und Erziehung nicht ständig, sondern ggf. aufgrund einer Erwerbstätigkeit nur im eingeschränkten Umfang zur Verfügung.

Entscheidend kommt es jedoch auf die tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall an. Insoweit reicht nicht aus, dass die Antragstellerin zu 1 behauptet hat, der Kindesvater beteilige sich nicht an Erziehung und Pflege. Denn die äußeren Umstände deuten weit überwiegend darauf hin, dass sich der Kindesvater in einem erheblichen Umfang bei der Sorge für die Antragstellerin zu 2 eingebracht hat und auch aktuell einbringt.

Zunächst üben die Antragstellerin zu 1 und der Kindesvater bereits seit der Geburt gemeinsam das Sorgerecht für die Antragstellerin zu 2 aus. Seit ihrer Geburt hat sich der Kindesvater nach eigenem Bekunden dazu überwiegend in der Wohnung der Antragstellerin zu 1 aufgehalten, um diese nach seinen Möglichkeiten bei der Erziehung und Pflege zu unterstützen. Am 4. Dezember 2012 hat er mit der Antragstellerin zu 2 einen Kinderarzttermin wahrgenommen. Bereits im Juni 2013 war der Bezug einer gemeinsamen Wohnung geplant. Beim Hausbesuch im Juli 2013 erklärte die Antragstellerin zu 1, der Kindesvater halte sich (weiterhin) jeden Tag in ihrer Wohnung auf, um sich mit der Antragstellerin zu 2 zu beschäftigen. In der Zeit von Ende August bis Dezember 2013 hat der Kindesvater anstelle der Antragstellerin zu 1 tagsüber die Pflege und Erziehung vollständig übernommen, als diese eine Ausbildung machte und noch kein Kindertagesstättenplatz zur Verfügung stand. In dieser Zeit erklärte der Kindesvater im November 2013, er suche weiterhin nach einer gemeinsame Wohnung.

Darüber hinaus deutet vieles darauf hin, dass die Antragstellerinnen und der Kindesvater aktuell als Familie gemeinsam in der früheren Wohnung des Kindesvaters und nunmehrigen Wohnung der Antragstellerinnen leben. Sein Auszug aus der Wohnung ist nicht belegt; die von ihm im Erdgeschoss des Hauses neu angemietete Wohnung steht nach der äußeren Inaugenscheinnahme durch die Mitarbeiter des Antragsgegners leer, denn diese ist nicht möbliert und wird nicht bewohnt. Im September 2014 hat der Kindesvater angegeben, er habe im August 2014 – mehr als zwei Monate nach dem vorgeblichen Einzugstermin – einen Vertrag mit dem Gasversorger abgeschlossen, konnte hierüber aber weder Belege vorweisen noch den monatlich fälligen Abschlagsbetrag nennen.

Zwar behauptet die Antragstellerin zu 1, der Kindesvater lebe nicht mit in der von ihr angemieteten Wohnung, indes ist diese Bekundung nicht glaubhaft und auch nicht belegt. In diesem Zusammenhang sprich es für sich, dass seit dem Einzug der Antragstellerinnen insgesamt acht Hausbesuchsversuche im Zeitraum von Juli bis Oktober 2014 fehlschlugen, weil den Mitarbeitern des Antragsgegners der Zutritt in die Wohnung verwehr wurde. Angesichts der Vielzahl dieser Versuche, einen Hausbesuch durchzuführen, bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerinnen bewusst nicht geöffnet haben, um eine Klärung der tatsächlichen Wohnverhältnisse zu vereiteln. Eine Begründung für ihr Verhalten haben sie nicht angegeben.

Angesichts dieses äußeren Erscheinungsbilds, dass dafür spricht, dass die Antragstellerinnen und der Kindesvater gemeinsam in der nunmehr bewohnten Wohnung wohnen, reicht das Bestreiten einer Beteiligung des Kindesvaters an der Erziehung und Pflege nicht aus; zumal sich die hierfür angeführten Gründe als nicht stichhaltig erweisen. Der zunächst angeführte Grund, der Kindesvater habe aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit keine Zeit, sich um die Antragstellerin zu 2 zu kümmern, ist ersichtlich vorgeschoben, denn auch eine Vollzeiterwerbstätigkeit schließt nicht aus, dass sich ein Elternteil in die Erziehung und Pflege seines Kindes einbringt und das überwiegend mit häuslichen Aufgaben befasste Elternteil nachhaltig unterstützt. Soweit die Antragstellerin erstmals im Beschwerdeverfahren ausgeführt hat, nachdem sie ihre Ausbildung im Dezember 2013 abgebrochen habe, sei es zum Streit mit dem Kindesvater gekommen. Sie kümmere sich in dessen Folge alleine um die Erziehung der Antragstellerin zu 2, da dieser kein Interesse mehr zeige. Das geltend gemachte Zerwürfnis ist nicht im Einklang zu bringen mit den im PKH-Verfahren vorgelegten Kontoauszügen der Antragstellerin zu 1, aus denen sich ergibt, dass jedenfalls im September 2014 noch die SGB II-Leistungen für den Kindesvater auf dem Konto eingingen, und dass sie für den Kindesvater im September und Oktober 2014 Überweisungen vornahm. Da den Kontogutschriften auf Grundlage der Überweisungen des Antragsgegners keine entsprechenden Barabhebungen der Antragstellerin zu 1 folgten, handelt es sich wohl nicht um eine rein formale Abwicklung des Zahlungsverkehrs des Kindesvaters über das Konto der Antragstellerin zu 1. Die beiden ausgeführten Überweisungen betreffen insgesamt 70 EUR; sie wiegen die Gutschriften in Höhe von 750 EUR nicht auf. Dies spricht nicht nur gegen das von der Antragstellerin zu 1 behauptete Zerwürfnis, sondern darüber hinaus auch dafür, dass tatsächlich ein Zusammenleben erfolgt. Zudem wurden die Antragstellerinnen und der Kindesvater noch am 29. September 2014 von einer Mitarbeiterin des Antragsgegners beim gemeinsamen Einkauf in einem Lebensmittelmarkt angetroffen. Es erscheint nach alledem daher sehr unwahrscheinlich, dass die Behauptung der Antragstellerin zu 1 zur Alleinerziehung zutrifft.

Auch einen Anspruch auf weitere KdU-Leistungen in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen für die derzeit bewohnte Wohnung haben die Antragstellerinnen nicht glaubhaft gemacht. Sollte die Wohnung in der ... Straße auch vom Kindesvater mitbewohnt werden, wären sie Antragstellerin im Hinblick auf die dann kopfteilig zu erbringenden KdU (2/3 der Gesamtmiete von 500 EUR) aufgrund der insoweit berücksichtigten Kosten von 438,60 EUR (Änderungsbescheid vom 6. November 2014) bereits deutlich überzahlt.

Nach vorläufiger Einschätzung des Senats sind die KdU der Antragstellerinnen unangemessen hoch. Entgegen ihren Ausführungen bestehen im Hinblick auf ihren Wohnort (Stadt Z.) keine durchgreifenden Zweifel an der Bestimmung der Höhe der angemessenen Mietkosten durch den Antragsgegner.

Es ist zunächst Angelegenheit der Grundsicherungsträgers, für seinen Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten sind. Dabei müssen folgende Mindestanforderungen erfüllt sein: Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten Bereich und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen. Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstands der Beobachtung, zum Beispiel welche Art von Wohnungen – Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, Angaben über den Beobachtungszeitraum, Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten, Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und Angaben über die gezogenen Schlüsse (zum Beispiel Spannenoberwert oder Kappungsgrenze) (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013, Az.: B 4 AS 77/12 R, juris RN 28, "München II"). Wird das Konzept eines kommunalen Trägers diesen Vorgaben nicht (vollständig) gerecht, sind nicht ohne weiteres die tatsächlichen KdU – bis zur Grenze der Werte nach WoGG einschließlich eines Sicherheitszuschlags – zu übernehmen. Vielmehr obliegt es den Sozialgerichten, zunächst den Versuch zu unternehmen, die insoweit unzulänglichen Feststellungen mit Hilfe der Verwaltung nachzubessern und dazu ggf. noch weitere Ermittlungen anzustellen. Erst wenn diese Ermittlungen nicht zu einem Erfolg führen, kann ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten bestehen (ständige Rechtsprechung des BSG, zuletzt: Urteil vom 18. Februar 2014, Az.: B 14 As 73/08 R, juris RN 29)

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist hier von einem schlüssigen Konzept auszugehen. Der Antragsgegner hat sich eines professionellen Konzepterstellers bedient, der eine Mietwerterhebung im Landkreis Anhalt-Bitterfeld durchgeführt und in Umsetzung der Vorgaben der Rechtsprechung ein sog. schlüssiges Konzept erstellt hat. Nach vorläufiger Bewertung des Senats bestehen keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich der Schlüssigkeit der Konzeption, die den Angemessenheitswerten des Antragsgegners zugrunde liegt; jedenfalls erscheinen etwaige Mängel auf der Grundlage der vorhandenen Daten heilbar. Dagegen haben die Antragstellerinnen nichts vorgetragen.

Es kann für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dahinstehen, ob die Auffassung des Antragsgegners im Konzept, der gesamte Landkreis Anhalt-Bitterfeld bilde einen einheitlichen Vergleichsraum, zutrifft, oder ob dieser – wie die Antragsstellerinnen ausführen – u.a. wegen der Ausrichtung zu verschiedenen Mittel- und Oberzentren und der vorhandenen Infrastruktur (insbesondere Verkehrsanbindung) aus mehreren Vergleichsräumen besteht. Ebenso kann zunächst dahinstehen, ob es zulässig ist, innerhalb eines Vergleichsraums unterschiedliche Angemessenheitsrichtwerte für die KdU in Abhängigkeit von der Zuweisung der einzelnen Kommunen zu verschiedenen Wohnungsmarkttypen zu regeln. Denn vorliegend sind nach dem Konzept des Antragsgegners die Stadt Z. sowie die südlich angrenzenden Nachbargemeinden, die Stadt A. und die Verwaltungsgemeinschaft Osternienburger Land, u.a. aufgrund der Nähe und der Orientierung zum Oberzentrum Dessau-Roßlau, das nicht mehr im Gebiet des Antragsgegners liegt, einem eigenen Wohnungsmarkttyp (I) zugewiesen, für den eine gesonderte Mietwerterhebung durchgeführt worden ist. Selbst wenn dieser Wohnungsmarkttyp I, der annähernd die nördliche Hälfte des Kreisgebiets erfasst, einen eigener Vergleichsraum darstellen würde, hätte dies keine Auswirkungen auf die ermittelten maßgeblichen Angemessenheitswerte. Nur dann, wenn jede Kommune des Wohnungsmarkttyp I ein eigener Vergleichsraum wäre, könnten sich – nach ergänzender gesonderter Auswertung – theoretisch differierende Mietwerte ergeben. Insoweit handelte es sich um relativ geringfügige Mängel des KdU-Konzepts des Antragsgegners, die ggf. im Hauptsacheverfahren durch das SG zu korrigieren wären, aber wohl keine maßgeblichen Auswirkungen auf den für die Antragstellerinnen herangezogenen Angemessenheitswert – bezogen auf den Wohnort der Antragstellerinnen – hätten.

Der Senat hat nach summarischer Prüfung keine Zweifel daran, dass die im Konzept ermittelten Daten den Mietpreis des Wohnungsmarktes in Z. korrekt abbilden. Insoweit besteht im Wohnungsmarkttyp I die Besonderheit, dass die festgestellte Bestandsmiete bei Wohnungen mit einer Größe von 50 bis 60 m² von 4,09 EUR als Netto-Kaltmiete pro Quadratmeter nur relativ geringfügig abweicht von den Angebotsmieten (4,20 EUR/m²) und den Neuvertragsmieten (4,15 EUR/m²). Zudem besteht in der für die Antragstellerinnen maßgeblichen Wohnungsgröße ein hinreichendes Angebot an Mietwohnungen auf dem Markt (49 im Erhebungszeitraum). Mithin sind mit dem für die Antragstellerinnen geltenden Angemessenheitsrichtwert des Konzepts 2012 in Höhe von 342,60 EUR (Bruttokaltmiete) 57 % der auf den Mietwohnungsmarkt angebotenen Wohnungen auch finanzierbar.

Diese Angaben im Konzept werden bestätigt durch die am 18. November 2014 durchgeführte Internetrecherche der Berichterstatterin. Von insgesamt zehn in zwei Internetportalen angebotenen Mietwohnungen im Größensegment der Antragstellerinnen (zwischen 54 und 71 m²) entsprachen sieben den Angemessenheitswerten des Antragsgegners. Lediglich drei Wohnungen waren teurer. Insoweit ist die nicht belegte Behauptung der Antragstellerin zu 1, eine preisgünstigere Wohnung habe sie bei ihrer Wohnungssuche nicht finden können, nicht nachzuvollziehen.

Nach den vorstehenden Ausführungen erscheint es unwahrscheinlich, dass sich bei einer Entscheidung in der Hauptsache bei Prüfung des sog. schlüssigen Konzepts des Antragsgegners für die Stadt Z. im Größensegment der Antragstellerinnen ein Anspruch auf weitere KdU-Leistungen ergibt. Die Beschwerde war daher insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Der Antrag auf Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren war gemäß § 73a SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung – wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt – abzulehnen.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved