Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 11 R 1714/07
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 R 105/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Die Klägerin ist 1962 geboren und war nach ihrer Übersiedlung aus der T. in die Bundesrepublik seit 1985 als Raumpflegerin und Hausarbeiterin beschäftigt. Seit 13. August 2002 war die Klägerin arbeitsunfähig. Vom 9. Januar 2003 bis zum 28. März 2003 befand sie sich in teilstationärer Behandlung im AK E ... Dort wurden die Diagnosen einer depressiven Symptomatik, einer Zwangsstörung, einer Somatisierungsstörung und einer Persönlichkeitsstörung gestellt.
Am 13. März 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte holte daraufhin ein neurologisch psychiatrisches Gutachten ein, welches Herr A. im Juni 2003 erstellte. Dieser hielt die Klägerin unter der Diagnose eines Erschöpfungssyndroms mit erhöhter neurotischer Reaktionsbereitschaft, Somatisierungstendenzen und Zwangshandlungen ohne schwerwiegende Beeinträchtigung der Alltagsführung weiterhin für in der Lage, vollschichtige Tätigkeiten bei qualitativen Einschränkungen auszuüben. Die Beklagte lehnte daraufhin im Juli 2003 den Antrag der Klägerin ab.
Nach Durchführung eines medizinischen Heilverfahrens vom 11. Juli bis 8. August 2006 (Diagnose: Mittelgradige depressive Episode, Somatisierungsstörung, emotional-instabile Persönlichkeitsstörung; vollschichtig leistungsfähig für Tätigkeiten mit mittelschweren Belastungen) und einem erneuten stationären Aufenthalt stellte die Klägerin im Februar 2007 erneut einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente bei der Beklagten. Für die Beklagte erstellte daraufhin die Neurologin und Psychiaterin Dr. F. ein medizinisches Gutachten, in welchem sie am 26. Juni 2007 ausführte, die Klägerin habe von der Stimmung her nicht tiefergehend depressiv herabgestimmt gewirkt, sondern eher besorgt und bedrückt sowie erschöpft aufgrund ihrer chronischen familiären Problematik. Der Erhalt eines gewissen sekundären Krankheitsgewinns durch die Versorgung durch Angehörige könne nicht ausgeschlossen werden. Während der Begutachtung habe es immer wieder Momente gegeben, in denen es den Anstrich eines demonstrativ erscheinenden Bildes gegeben habe. Bei der Diagnose eines Erschöpfungssyndroms auf dem Boden einer chronischen familiären Konfliktsituation mit der Entwicklung von Somatisierung- und Versagenstendenzen sei die Klägerin vollschichtig leistungsfähig für mittelschwere Arbeiten bei qualitativen Einschränkungen.
Mit Bescheid vom 9. Juli 2007 lehnte daraufhin die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ab. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2007).
Auf die am 20. November 2007 erhobene Klage hin hat das Sozialgericht ein orthopädisches Gutachten eingeholt, welches Dr. D. am 13. August 2008 für das Gericht erstellt hat. Dr. D. hat bei der Klägerin eine Minderbelastbarkeit des lumbalen Wirbelsäulenabschnitts auf der Basis einer lumbosakralen Bandscheibenschädigung mit angegebenen Ausstrahlungsbeschwerden ohne neuromuskuläre Ausfälle sowie geklagte Körperschmerzen im Rahmen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung festgestellt. Aus orthopädischer Sicht sei die Klägerin vollschichtig leistungsfähig.
Des Weiteren hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Einholung eines neurologischen-psychiatrischen Sachverständigengutachtens. Im Gutachten vom 10. Oktober 2008 führt der Neurologe und Psychiater Dr. L. aus, bei der Klägerin bestehe unzweifelhaft eine ausgeprägte Persönlichkeitsstörung vor dem Hintergrund frühkindlicher und lebensgeschichtlicher Traumatisierung. Es handele sich um eine emotional instabile Persönlichkeit, auch histrionische Züge würden deutlich. Angesichts dessen bestehe die Gefahr, dass man das Ausmaß der Depressivität unterschätze. Es sei eine weitere stationäre Rehamaßnahme erforderlich, um die Energie der Klägerin zu mobilisieren, ihre Aufmerksamkeit von ihrer körperlichen Befindlichkeit und von ihrer konflikthaften Situation abzuwenden und auf eine Tätigkeit nach außen zu richten. Ohne eine derartige Maßnahme sei die notwendige Belastbarkeit für Arbeiten von wirtschaftlichem Wert nicht hinreichend gegeben.
Vom 28. Oktober 2008 bis zum 22. November 2008 befand sich die Klägerin daraufhin in stationärer Behandlung in den S. Kliniken. Dort wurde die Diagnose einer Somatisierungsstörung, eine rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradig Episode sowie einer deutlichen Akzentuierung emotional instabiler und histrionische Persönlichkeitszüge gestellt. Zum Ende des stationären Aufenthalts habe sich die Symptomatik etwas stabilisiert, die Klägerin habe eine Reihe von Zukunftsperspektiven für sich entwickeln können, gleichwohl seien die körperlichen Beschwerden subjektiv unverändert geblieben. Angesichts des schwierigen Krankheitsverlaufes sei die Fortführung der ambulanten psychotherapeutischen Behandlung dringend indiziert, die Patientin werde in weiter arbeitsunfähigem Zustand entlassen. Auf eine Anfrage des Gerichts zum Umfang des Leistungsvermögens für andere Tätigkeiten als diejenige einer Hausarbeiterin in der Küche eines Kindergartens wurde von Seiten der S. Kliniken im September 2009 darauf hingewiesen, dass die Klägerin für die Zeit nach der Entlassung sich eine große Pilgerreise vorgenommen habe, die sie allein und ohne ihre Familie habe antreten wollen. Dies enthalte eine begrenzt verwertbare Aussage über die subjektive Einschätzung der Patienten selbst über ihr Leistungsvermögen. Die Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin beziehe sich selbstverständlich auf die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit. Die geklagten körperlichen Beschwerden seien als Ausdruck einer Somatisierungsstörung gewertet worden, so dass diese Beschwerden psychotherapeutisch zugänglich und demnach auch behandelbar seien, weshalb damit zu rechnen sei, dass die Beschwerden rückläufig seien und die Klägerin auch körperlich wieder belastbar werde. Des Weiteren sei darauf hinzuweisen, dass lediglich eine deutliche Akzentuierung emotional instabiler histrionische Persönlichkeitszüge festgehalten worden sei, nicht jedoch eine Persönlichkeitsstörung in vollem Umfang. Hierzu nahm Dr. L. im November 2009 noch einmal Stellung und führte aus, bei einer Gesamtschau von psychopathologischen Querschnittserhebungen durch ihn selbst und mehrwöchiger stationärer Beobachtung müsse man aufgrund der stationär gestellten Diagnosen und unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahme zu der Auffassung gelangen, dass eine derart gravierende psychische Fehlhaltung von Krankheitswert, aufgrund derer die subjektiv bestehenden Hemmungen gegenüber einer Wiederaufnahme einer Arbeit mit zumutbarer Willensanspannung nicht zu überwinden seien, nicht als belegt gelten können. Insofern sei davon auszugehen dass der Klägerin leichte und anspruchslose Tätigkeiten ohne Stressoren noch 6 h und mehr zugemutet werden könnten.
Zur Vorbereitung des Termins der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat Dr. L. am 30. Mai 2011 ein weiteres nervenärztliches Gutachten über die Klägerin erstattet, in welchem er ausgeführt hat, dass sich anlässlich der aktuellen Untersuchung keine tiefergreifenden depressiven Affekte hätten finden lassen. Die Klägerin habe strukturierter als in der Voruntersuchung gewirkt. Stark histrionische, extrovertierte Züge seien deutlich geworden, hätten aber nicht mehr in vergleichbarer Weise das psychopathologische Bild und Ensemble beherrscht. In psychopathologischer Hinsicht habe ein stark dysphorer Verstimmungszustand imponiert, antriebsreich kämpferisch mit einer Dramatisierungsneigung vorgetragen, ohne dass sich in den psychischen Grundfunktionen hinsichtlich der Aufmerksamkeit, der sozialen Interaktion, aber auch der Stimmungslage und des Antriebs derart gravierende Einschränkungen fänden, als dass man eine therapieresistente Fehlhaltung von einem derartigen Krankheitswert annehmen könne, aufgrund dessen belegbare Arbeiten jeglicher Art von wirtschaftlichem Wert nicht mehr zu leisten wären. Insofern sei von einer depressiven Störung mäßig bis maximal mittelschwer, einer Somatisierungsstörung und einer Persönlichkeit mit akzentuierten histrionischen Zügen auszugehen. Für zumindest leichte, körperlich nicht belastende Tätigkeiten ohne Stressoren und ohne Publikumsverkehr die überwiegend im Sitzen auszuführen seien, bestehe noch ein hinreichendes Leistungsvermögen von 6 h und mehr.
Das Sozialgericht hat daraufhin durch Urteil vom 16. Juni 2011 die Klage abgewiesen und ausgeführt, zwar sei der medizinische Sachverständige noch im Jahr 2008 davon ausgegangen, dass das Leistungsvermögen aufgehoben gewesen sei, dies habe sich jedoch vor dem Hintergrund der damals anstehenden medizinischen Behandlung ergeben. Erst die Behandlung in der S. Klinik habe zu der Feststellung geführt, dass das Leistungsvermögen der Klägerin nicht aufgehoben gewesen sei. Dies entspreche auch der Einschätzung der Kammer, die in der Verhandlung gewonnen worden sei. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin nicht mehr für alle Tätigkeiten in Betracht komme. Leichte Produktionsarbeiten seien der Klägerin aber möglich und zumutbar.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 27. Juni 2011 zugestellte Urteil am 25. Juli 2011 Berufung eingelegt, mit welcher sie vorträgt, ihre Einschränkungen auf neurologisch-psychiatrischen Bereich seien nicht ausreichend gewürdigt worden.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Juni 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Das Berufungsgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin eingeholt sowie Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens. Der medizinische Sachverständige Professor Dr. M. hat in seinem Gutachten vom 9. Oktober 2012 ausgeführt, die Klägerin habe über Ess- und Putzsucht geklagt, sowie darüber, dass sie immer wieder unter etwa zehn Tage andauernden Phasen von tiefer Depression leide, in denen sie sich zu nichts aufraffen könne und kaum aus dem Bett komme. Die Klägerin habe erhebliche familiäre Probleme geschildert und angegeben, selbst keine Ziele mehr zu haben. Die Erörterung des Tagesablaufes der Klägerin habe sich ausgesprochen zäh gestaltet und sei inhaltlich sehr dünn geblieben. Sie stehe manchmal erst zwischen 13:00 Uhr und 14:00 Uhr auf, ziehe sich an und gehe bei gutem Wetter ein bisschen raus. Manchmal suche sie ihren Schrebergarten auf. Richtig putzen würde sie nur einmal in der Woche, jedenfalls solange sie keinen Besuch bekomme. Einkaufen tue sie selbst und Essen bereite sie auch zu. Zwei- bis dreimal in der Woche gehe sie in die Moschee und zwischendurch schaue sie Fernsehen. Kontakt habe sie am häufigsten zu ihrem ältesten Sohn, der sie bei vielen Dingen unterstütze.
Die Klägerin habe über den überwiegenden Zeitraum der Untersuchung keine eindeutige Niedergeschlagenheit gezeigt. Nur themenabhängig, also vorzugsweise bei der Erörterung ihrer Biografie und den Problemen mit dem jüngsten Sohn habe die Klägerin bedrückt und punktuell verzweifelt gewirkt. Bei der Erörterung von unbelasteten Themen habe sich dann jedoch schnell wieder ein eher ausgeglichener affektiver Zustand eingestellt. Der Antrieb sei nicht erkennbar verändert. Deutlich spürbar werde eine verminderte Lebensfreude in Verbindung mit einer überwiegend, aber nicht durchgehend pessimistischen Weltsicht, in der sie sich als Opfer begreife. Gedanken von Lebensüberdruss würden aber nicht geäußert. Zusammenfassend bleibe festzustellen, dass die Klägerin über eine lange psychiatrische Anamnese verfüge. Verschiedene Anknüpfungstatsachen wiesen eindeutig auf eine psychiatrische Multimorbidität hin, in Form einer rezidivierenden depressiven Störung, einem noch näher zu bezeichnenden Zwangsproblem und akzentuierten Persönlichkeitszügen. Alle mit der Klägerin befassten Ärzte und Psychotherapeuten seien sich einig über nur begrenzt vorliegende Möglichkeiten zur Introspektion. Die gegenwärtige Lebenssituation der Klägerin könne man im Vergleich zu der in den vorangegangenen Jahren oder auch Jahrzehnten als relativ befriedet bezeichnen. Es sei aber naiv, davon auszugehen, dass hierdurch eine seelische Stabilisierung erfolgen müsse. Das Leben der Klägerin sei durch überwiegend chronische lebensbelastende Ereignisse charakterisiert. Anlässlich der Untersuchung hätten sich keine emotional instabil akzentuierten Persönlichkeitszüge gezeigt. Dies schließe das Vorhandensein derartiger Persönlichkeitszüge nicht aus, weise aber auf eine Kontrollmöglichkeit der Klägerin hin und auch auf die Situationsabhängigkeit derartiger Züge. Ähnlich verhalte es sich mit den histrionisch akzentuierten Persönlichkeitszügen.
Eine rezidivierende depressive Störung sei bei der Klägerin eindeutig dokumentiert, vor allem durch die teilstationären und stationären Behandlungen. Es habe sich aber bei den verschiedenen gutachterlichen Untersuchungsanlässen immer eine vergleichsweise leichte depressive Symptomatik gezeigt. So auch bei der hiesigen Untersuchung. Diese sei charakterisiert durch eine depressive Verstimmung in Verbindung mit verminderter Energie, Klagsamkeit und Grübelneigung. Beides sei in der Intensität wechselnd.
Des Weiteren bestehe bei der Klägerin eine Zwangsstörung in Form von Zwangshandlungen, die vorwiegend bezogen seien auf übertriebene Reinlichkeit und Sauberkeit. Die Aktenlage spreche für ein schon seit vielen Jahren bestehendes Problem. Aufgrund dieser Einschränkungen seien der Klägerin Tätigkeiten, die durch Publikumsverkehr geprägt seien, gesundheitlich nicht zumutbar, ebenso wie Tätigkeiten, die mit besonderem Zeitdruck, Akkord, Schichtarbeit oder Nachtarbeit verbunden sein. Unter diesen Einschränkungen seien der Klägerin bis zu mittelschwere körperliche Arbeiten bzw. einfache geistige Tätigkeiten vollschichtig zumutbar.
Hierzu hat der behandelnde Nervenarzt der Klägerin Dr. H. dahingehend Stellung genommen, dass die emotionale Instabilität der Klägerin signifikant sei und diese mitunter sich als nicht wartezimmerfähig erweise. Dies habe sich auch bereits in den zwischenmenschlichen Beziehungen und im Arbeitsprozess folgenreich ausgewirkt. Die Klägerin sei nicht in der Lage, ihre Verhaltensmuster hinreichend zu modifizieren und den jeweiligen Situationen anzupassen. Aus diesem Grund könne sie nicht mehr einer geregelten Tätigkeit von wirtschaftlichem Nutzen nachgehen.
Professor Dr. M. hat hierzu ausgeführt, die Entscheidung, ob es sich noch um einen normalen Persönlichkeitszug oder um einen solchen mit Krankheitswert handele, sei bei den Persönlichkeitsstörungen in aller Regel schwieriger zu treffen als bei anderen psychischen Störungen. Die Symptome einer Persönlichkeitsstörung würden häufig überlagert durch die Symptome von anderen psychischen Störungen. Die Eigenwahrnehmung des Patienten könne starken Verzerrungen unterworfen sein. Nicht wenige Behandler gingen automatisch von einer Persönlichkeitsstörung aus, wenn die Biografie des Betreffenden durch schwierige Traumata charakterisiert sei. Dies sei allerdings weder eine hinreichende noch eine notwendige Bedingung für Persönlichkeitsstörungen, sondern stelle lediglich einen Risikofaktor dar. In Bezug auf die Klägerin sei es eben so gewesen, dass sich in der Untersuchung nur wenige und nur gering ausgeprägter Züge histrionische und emotional-instabiler Art gezeigt hätten.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ausgeführt, sie habe seit der Untersuchung durch Prof. Dr. M. noch dreimal geheiratet, nämlich einmal in der T. im xxxxx 2013. Die Ehe habe 2 Monate gehalten. 2013 habe sie ein weiteres Mal in K. geheiratet. Dort habe sie den Stress mit der Familie des Mannes nicht ausgehalten. Im xxxxx letzten Jahres habe sie dann ihren jetzigen Mann geheiratet. Mit dem habe sie aber auch nur Stress. Man schlage sich und bewerfe sich mit Gegenständen. Hierzu führte der medizinische Sachverständige Prof. Dr. M. aus, Persönlichkeitsstörungen entwickelten sich im späten Jungendalter und seien im frühen Erwachsenenalter bereits vorhanden. Eine spätere Entwicklung sei daher kaum als Persönlichkeitsstörung zu deuten. Er weigere sich auch, die von der Klägerin geschilderten Eheschließungen zu psychiatrisieren. Es sei unklar, wie es dazu gekommen sei und welche Motive der Klägerin dabei eine Rolle gespielt hätten.
Eine höhergradige Zwangsstörung sei dadurch auch und insbesondere unter Berücksichtigung der verschiedenen Orte der Eheschließung nahezu ausgeschlossen. Gleiches gelte für eine höhergrade Depression. Die geschilderten mehrfachen Eheschließungen seine daher mit den bisherigen Erkenntnissen durchaus vereinbar. Für eine manische Erkrankung, die ein derartiges Verhalten erklären könnte, gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Auch sei die Entwicklung einer Manie im Lebensalter der Klägerin außerordentlich selten. Er sehe daher keine Anknüpfungstatsachen für das Auftreten einer neuen psychiatrischen Erkrankung.
In Bezug auf einen Wutanfall der Klägerin während der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige ausgeführt, er wisse nicht wie groß der Anteil einer bewusstseinsnahen Steuerung gewesen sei, gehe aber davon aus, dass der Auftritt zu einem guten Teil bewusst inszeniert gewesen sei. Er stehe im Einklang mit den Feststellungen, dass bei der Klägerin emotional instabile und hysterische Persönlichkeitszüge bekannt seien und auch eine Neigung zur Dramatisierung bezüglich der eigenen Person. Er habe nicht den Eindruck gehabt, dass hier eine tiefe innere Wut vorhanden, die zum Ausagieren eines großen Aggressionspotentials habe führen können. Daher sei er auch sehr ruhig geblieben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteilig-ten im Übrigen wird auf den Inhalt der ausweislich der Sitzungsniederschrift zum Gegen-stand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts, über die die Berichterstatterin mit dem Einverständnis der Beteiligten an Stelle des Senats nach § 155 Abs. 3, 4 Sozialgerichts-gesetz (SGG) entscheiden kann, ist nach §§ 143, 144 SGG statthaft und zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.
Sie ist jedoch unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Gründe des angefochtenen Urteils, denen das Berufungsgericht folgt, wird daher gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. Das Berufungsgericht hat sich nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) ebenso wenig wie zuvor schon die Beklagte und das Sozialgericht davon überzeugen können, dass die Klägerin erwerbsgemindert ist. Denn es lässt sich nicht mit der hierfür erforderlichen Gewissheit, d.h. im Vollbeweis, feststellen, dass sie durch Krankheit daran gehindert ist, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich in einer leichten bis mittelschweren Tätigkeit ohne Publikumsverkehr und ohne Tätigkeiten mit besonderem Zeitdruck, Akkord, Schichtarbeit oder Nachtarbeit erwerbstätig zu sein. Dies haben sämtliche im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren befragten Ärzte unter Hinweis darauf festgestellt, dass die bei der Klägerin vorgefundene depressive Symptomatik vergleichsweise leicht sei. Die zwischenzeitliche stationär behandlungsbedürftige mittelgradige depressive Episode hat sich nach dem Aufenthalt in den S. Kliniken so weit zurückgebildet, dass eine quantitative Leistungsminderung nicht mehr gegeben war. Ausreichende Anhaltspunkte für eine andere das quantitative Leistungsvermögen einschränkende psychische Störung, insbesondere für ein Borderline-Syndrom oder eine manisch-depressive Erkrankung gibt es nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof.Dr. M. nicht. Insbesondere bei psychischen Störungen müssen indes die Erkrankungen nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen validiert werden, um Verfälschungstendenzen entgegen zu wirken. Denn wegen der "Simulationsnähe" von Erkrankungen mit neurotischem Einschlag wird in der Rechtsprechung des BSG bei der Feststellung der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale ein strenger Maßstab gefordert. Für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit trifft den Rentenbewerber die (objektive) (vgl. BSG vom 20.10.2004 - B 5 RJ 48/03 R, vom 1.7.1964 - 11/1 RA 158/61 = BSGE 21, 189 = SozR Nr. 39 zu § 1246 RVO und BSG vom 21.10.1969 - 11 RA 219/66 = SozR Nr. 76 zu § 1246 RVO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Die Klägerin ist 1962 geboren und war nach ihrer Übersiedlung aus der T. in die Bundesrepublik seit 1985 als Raumpflegerin und Hausarbeiterin beschäftigt. Seit 13. August 2002 war die Klägerin arbeitsunfähig. Vom 9. Januar 2003 bis zum 28. März 2003 befand sie sich in teilstationärer Behandlung im AK E ... Dort wurden die Diagnosen einer depressiven Symptomatik, einer Zwangsstörung, einer Somatisierungsstörung und einer Persönlichkeitsstörung gestellt.
Am 13. März 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte holte daraufhin ein neurologisch psychiatrisches Gutachten ein, welches Herr A. im Juni 2003 erstellte. Dieser hielt die Klägerin unter der Diagnose eines Erschöpfungssyndroms mit erhöhter neurotischer Reaktionsbereitschaft, Somatisierungstendenzen und Zwangshandlungen ohne schwerwiegende Beeinträchtigung der Alltagsführung weiterhin für in der Lage, vollschichtige Tätigkeiten bei qualitativen Einschränkungen auszuüben. Die Beklagte lehnte daraufhin im Juli 2003 den Antrag der Klägerin ab.
Nach Durchführung eines medizinischen Heilverfahrens vom 11. Juli bis 8. August 2006 (Diagnose: Mittelgradige depressive Episode, Somatisierungsstörung, emotional-instabile Persönlichkeitsstörung; vollschichtig leistungsfähig für Tätigkeiten mit mittelschweren Belastungen) und einem erneuten stationären Aufenthalt stellte die Klägerin im Februar 2007 erneut einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente bei der Beklagten. Für die Beklagte erstellte daraufhin die Neurologin und Psychiaterin Dr. F. ein medizinisches Gutachten, in welchem sie am 26. Juni 2007 ausführte, die Klägerin habe von der Stimmung her nicht tiefergehend depressiv herabgestimmt gewirkt, sondern eher besorgt und bedrückt sowie erschöpft aufgrund ihrer chronischen familiären Problematik. Der Erhalt eines gewissen sekundären Krankheitsgewinns durch die Versorgung durch Angehörige könne nicht ausgeschlossen werden. Während der Begutachtung habe es immer wieder Momente gegeben, in denen es den Anstrich eines demonstrativ erscheinenden Bildes gegeben habe. Bei der Diagnose eines Erschöpfungssyndroms auf dem Boden einer chronischen familiären Konfliktsituation mit der Entwicklung von Somatisierung- und Versagenstendenzen sei die Klägerin vollschichtig leistungsfähig für mittelschwere Arbeiten bei qualitativen Einschränkungen.
Mit Bescheid vom 9. Juli 2007 lehnte daraufhin die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ab. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2007).
Auf die am 20. November 2007 erhobene Klage hin hat das Sozialgericht ein orthopädisches Gutachten eingeholt, welches Dr. D. am 13. August 2008 für das Gericht erstellt hat. Dr. D. hat bei der Klägerin eine Minderbelastbarkeit des lumbalen Wirbelsäulenabschnitts auf der Basis einer lumbosakralen Bandscheibenschädigung mit angegebenen Ausstrahlungsbeschwerden ohne neuromuskuläre Ausfälle sowie geklagte Körperschmerzen im Rahmen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung festgestellt. Aus orthopädischer Sicht sei die Klägerin vollschichtig leistungsfähig.
Des Weiteren hat das Sozialgericht Beweis erhoben durch Einholung eines neurologischen-psychiatrischen Sachverständigengutachtens. Im Gutachten vom 10. Oktober 2008 führt der Neurologe und Psychiater Dr. L. aus, bei der Klägerin bestehe unzweifelhaft eine ausgeprägte Persönlichkeitsstörung vor dem Hintergrund frühkindlicher und lebensgeschichtlicher Traumatisierung. Es handele sich um eine emotional instabile Persönlichkeit, auch histrionische Züge würden deutlich. Angesichts dessen bestehe die Gefahr, dass man das Ausmaß der Depressivität unterschätze. Es sei eine weitere stationäre Rehamaßnahme erforderlich, um die Energie der Klägerin zu mobilisieren, ihre Aufmerksamkeit von ihrer körperlichen Befindlichkeit und von ihrer konflikthaften Situation abzuwenden und auf eine Tätigkeit nach außen zu richten. Ohne eine derartige Maßnahme sei die notwendige Belastbarkeit für Arbeiten von wirtschaftlichem Wert nicht hinreichend gegeben.
Vom 28. Oktober 2008 bis zum 22. November 2008 befand sich die Klägerin daraufhin in stationärer Behandlung in den S. Kliniken. Dort wurde die Diagnose einer Somatisierungsstörung, eine rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradig Episode sowie einer deutlichen Akzentuierung emotional instabiler und histrionische Persönlichkeitszüge gestellt. Zum Ende des stationären Aufenthalts habe sich die Symptomatik etwas stabilisiert, die Klägerin habe eine Reihe von Zukunftsperspektiven für sich entwickeln können, gleichwohl seien die körperlichen Beschwerden subjektiv unverändert geblieben. Angesichts des schwierigen Krankheitsverlaufes sei die Fortführung der ambulanten psychotherapeutischen Behandlung dringend indiziert, die Patientin werde in weiter arbeitsunfähigem Zustand entlassen. Auf eine Anfrage des Gerichts zum Umfang des Leistungsvermögens für andere Tätigkeiten als diejenige einer Hausarbeiterin in der Küche eines Kindergartens wurde von Seiten der S. Kliniken im September 2009 darauf hingewiesen, dass die Klägerin für die Zeit nach der Entlassung sich eine große Pilgerreise vorgenommen habe, die sie allein und ohne ihre Familie habe antreten wollen. Dies enthalte eine begrenzt verwertbare Aussage über die subjektive Einschätzung der Patienten selbst über ihr Leistungsvermögen. Die Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin beziehe sich selbstverständlich auf die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit. Die geklagten körperlichen Beschwerden seien als Ausdruck einer Somatisierungsstörung gewertet worden, so dass diese Beschwerden psychotherapeutisch zugänglich und demnach auch behandelbar seien, weshalb damit zu rechnen sei, dass die Beschwerden rückläufig seien und die Klägerin auch körperlich wieder belastbar werde. Des Weiteren sei darauf hinzuweisen, dass lediglich eine deutliche Akzentuierung emotional instabiler histrionische Persönlichkeitszüge festgehalten worden sei, nicht jedoch eine Persönlichkeitsstörung in vollem Umfang. Hierzu nahm Dr. L. im November 2009 noch einmal Stellung und führte aus, bei einer Gesamtschau von psychopathologischen Querschnittserhebungen durch ihn selbst und mehrwöchiger stationärer Beobachtung müsse man aufgrund der stationär gestellten Diagnosen und unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahme zu der Auffassung gelangen, dass eine derart gravierende psychische Fehlhaltung von Krankheitswert, aufgrund derer die subjektiv bestehenden Hemmungen gegenüber einer Wiederaufnahme einer Arbeit mit zumutbarer Willensanspannung nicht zu überwinden seien, nicht als belegt gelten können. Insofern sei davon auszugehen dass der Klägerin leichte und anspruchslose Tätigkeiten ohne Stressoren noch 6 h und mehr zugemutet werden könnten.
Zur Vorbereitung des Termins der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat Dr. L. am 30. Mai 2011 ein weiteres nervenärztliches Gutachten über die Klägerin erstattet, in welchem er ausgeführt hat, dass sich anlässlich der aktuellen Untersuchung keine tiefergreifenden depressiven Affekte hätten finden lassen. Die Klägerin habe strukturierter als in der Voruntersuchung gewirkt. Stark histrionische, extrovertierte Züge seien deutlich geworden, hätten aber nicht mehr in vergleichbarer Weise das psychopathologische Bild und Ensemble beherrscht. In psychopathologischer Hinsicht habe ein stark dysphorer Verstimmungszustand imponiert, antriebsreich kämpferisch mit einer Dramatisierungsneigung vorgetragen, ohne dass sich in den psychischen Grundfunktionen hinsichtlich der Aufmerksamkeit, der sozialen Interaktion, aber auch der Stimmungslage und des Antriebs derart gravierende Einschränkungen fänden, als dass man eine therapieresistente Fehlhaltung von einem derartigen Krankheitswert annehmen könne, aufgrund dessen belegbare Arbeiten jeglicher Art von wirtschaftlichem Wert nicht mehr zu leisten wären. Insofern sei von einer depressiven Störung mäßig bis maximal mittelschwer, einer Somatisierungsstörung und einer Persönlichkeit mit akzentuierten histrionischen Zügen auszugehen. Für zumindest leichte, körperlich nicht belastende Tätigkeiten ohne Stressoren und ohne Publikumsverkehr die überwiegend im Sitzen auszuführen seien, bestehe noch ein hinreichendes Leistungsvermögen von 6 h und mehr.
Das Sozialgericht hat daraufhin durch Urteil vom 16. Juni 2011 die Klage abgewiesen und ausgeführt, zwar sei der medizinische Sachverständige noch im Jahr 2008 davon ausgegangen, dass das Leistungsvermögen aufgehoben gewesen sei, dies habe sich jedoch vor dem Hintergrund der damals anstehenden medizinischen Behandlung ergeben. Erst die Behandlung in der S. Klinik habe zu der Feststellung geführt, dass das Leistungsvermögen der Klägerin nicht aufgehoben gewesen sei. Dies entspreche auch der Einschätzung der Kammer, die in der Verhandlung gewonnen worden sei. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin nicht mehr für alle Tätigkeiten in Betracht komme. Leichte Produktionsarbeiten seien der Klägerin aber möglich und zumutbar.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 27. Juni 2011 zugestellte Urteil am 25. Juli 2011 Berufung eingelegt, mit welcher sie vorträgt, ihre Einschränkungen auf neurologisch-psychiatrischen Bereich seien nicht ausreichend gewürdigt worden.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Juni 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Das Berufungsgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin eingeholt sowie Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens. Der medizinische Sachverständige Professor Dr. M. hat in seinem Gutachten vom 9. Oktober 2012 ausgeführt, die Klägerin habe über Ess- und Putzsucht geklagt, sowie darüber, dass sie immer wieder unter etwa zehn Tage andauernden Phasen von tiefer Depression leide, in denen sie sich zu nichts aufraffen könne und kaum aus dem Bett komme. Die Klägerin habe erhebliche familiäre Probleme geschildert und angegeben, selbst keine Ziele mehr zu haben. Die Erörterung des Tagesablaufes der Klägerin habe sich ausgesprochen zäh gestaltet und sei inhaltlich sehr dünn geblieben. Sie stehe manchmal erst zwischen 13:00 Uhr und 14:00 Uhr auf, ziehe sich an und gehe bei gutem Wetter ein bisschen raus. Manchmal suche sie ihren Schrebergarten auf. Richtig putzen würde sie nur einmal in der Woche, jedenfalls solange sie keinen Besuch bekomme. Einkaufen tue sie selbst und Essen bereite sie auch zu. Zwei- bis dreimal in der Woche gehe sie in die Moschee und zwischendurch schaue sie Fernsehen. Kontakt habe sie am häufigsten zu ihrem ältesten Sohn, der sie bei vielen Dingen unterstütze.
Die Klägerin habe über den überwiegenden Zeitraum der Untersuchung keine eindeutige Niedergeschlagenheit gezeigt. Nur themenabhängig, also vorzugsweise bei der Erörterung ihrer Biografie und den Problemen mit dem jüngsten Sohn habe die Klägerin bedrückt und punktuell verzweifelt gewirkt. Bei der Erörterung von unbelasteten Themen habe sich dann jedoch schnell wieder ein eher ausgeglichener affektiver Zustand eingestellt. Der Antrieb sei nicht erkennbar verändert. Deutlich spürbar werde eine verminderte Lebensfreude in Verbindung mit einer überwiegend, aber nicht durchgehend pessimistischen Weltsicht, in der sie sich als Opfer begreife. Gedanken von Lebensüberdruss würden aber nicht geäußert. Zusammenfassend bleibe festzustellen, dass die Klägerin über eine lange psychiatrische Anamnese verfüge. Verschiedene Anknüpfungstatsachen wiesen eindeutig auf eine psychiatrische Multimorbidität hin, in Form einer rezidivierenden depressiven Störung, einem noch näher zu bezeichnenden Zwangsproblem und akzentuierten Persönlichkeitszügen. Alle mit der Klägerin befassten Ärzte und Psychotherapeuten seien sich einig über nur begrenzt vorliegende Möglichkeiten zur Introspektion. Die gegenwärtige Lebenssituation der Klägerin könne man im Vergleich zu der in den vorangegangenen Jahren oder auch Jahrzehnten als relativ befriedet bezeichnen. Es sei aber naiv, davon auszugehen, dass hierdurch eine seelische Stabilisierung erfolgen müsse. Das Leben der Klägerin sei durch überwiegend chronische lebensbelastende Ereignisse charakterisiert. Anlässlich der Untersuchung hätten sich keine emotional instabil akzentuierten Persönlichkeitszüge gezeigt. Dies schließe das Vorhandensein derartiger Persönlichkeitszüge nicht aus, weise aber auf eine Kontrollmöglichkeit der Klägerin hin und auch auf die Situationsabhängigkeit derartiger Züge. Ähnlich verhalte es sich mit den histrionisch akzentuierten Persönlichkeitszügen.
Eine rezidivierende depressive Störung sei bei der Klägerin eindeutig dokumentiert, vor allem durch die teilstationären und stationären Behandlungen. Es habe sich aber bei den verschiedenen gutachterlichen Untersuchungsanlässen immer eine vergleichsweise leichte depressive Symptomatik gezeigt. So auch bei der hiesigen Untersuchung. Diese sei charakterisiert durch eine depressive Verstimmung in Verbindung mit verminderter Energie, Klagsamkeit und Grübelneigung. Beides sei in der Intensität wechselnd.
Des Weiteren bestehe bei der Klägerin eine Zwangsstörung in Form von Zwangshandlungen, die vorwiegend bezogen seien auf übertriebene Reinlichkeit und Sauberkeit. Die Aktenlage spreche für ein schon seit vielen Jahren bestehendes Problem. Aufgrund dieser Einschränkungen seien der Klägerin Tätigkeiten, die durch Publikumsverkehr geprägt seien, gesundheitlich nicht zumutbar, ebenso wie Tätigkeiten, die mit besonderem Zeitdruck, Akkord, Schichtarbeit oder Nachtarbeit verbunden sein. Unter diesen Einschränkungen seien der Klägerin bis zu mittelschwere körperliche Arbeiten bzw. einfache geistige Tätigkeiten vollschichtig zumutbar.
Hierzu hat der behandelnde Nervenarzt der Klägerin Dr. H. dahingehend Stellung genommen, dass die emotionale Instabilität der Klägerin signifikant sei und diese mitunter sich als nicht wartezimmerfähig erweise. Dies habe sich auch bereits in den zwischenmenschlichen Beziehungen und im Arbeitsprozess folgenreich ausgewirkt. Die Klägerin sei nicht in der Lage, ihre Verhaltensmuster hinreichend zu modifizieren und den jeweiligen Situationen anzupassen. Aus diesem Grund könne sie nicht mehr einer geregelten Tätigkeit von wirtschaftlichem Nutzen nachgehen.
Professor Dr. M. hat hierzu ausgeführt, die Entscheidung, ob es sich noch um einen normalen Persönlichkeitszug oder um einen solchen mit Krankheitswert handele, sei bei den Persönlichkeitsstörungen in aller Regel schwieriger zu treffen als bei anderen psychischen Störungen. Die Symptome einer Persönlichkeitsstörung würden häufig überlagert durch die Symptome von anderen psychischen Störungen. Die Eigenwahrnehmung des Patienten könne starken Verzerrungen unterworfen sein. Nicht wenige Behandler gingen automatisch von einer Persönlichkeitsstörung aus, wenn die Biografie des Betreffenden durch schwierige Traumata charakterisiert sei. Dies sei allerdings weder eine hinreichende noch eine notwendige Bedingung für Persönlichkeitsstörungen, sondern stelle lediglich einen Risikofaktor dar. In Bezug auf die Klägerin sei es eben so gewesen, dass sich in der Untersuchung nur wenige und nur gering ausgeprägter Züge histrionische und emotional-instabiler Art gezeigt hätten.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ausgeführt, sie habe seit der Untersuchung durch Prof. Dr. M. noch dreimal geheiratet, nämlich einmal in der T. im xxxxx 2013. Die Ehe habe 2 Monate gehalten. 2013 habe sie ein weiteres Mal in K. geheiratet. Dort habe sie den Stress mit der Familie des Mannes nicht ausgehalten. Im xxxxx letzten Jahres habe sie dann ihren jetzigen Mann geheiratet. Mit dem habe sie aber auch nur Stress. Man schlage sich und bewerfe sich mit Gegenständen. Hierzu führte der medizinische Sachverständige Prof. Dr. M. aus, Persönlichkeitsstörungen entwickelten sich im späten Jungendalter und seien im frühen Erwachsenenalter bereits vorhanden. Eine spätere Entwicklung sei daher kaum als Persönlichkeitsstörung zu deuten. Er weigere sich auch, die von der Klägerin geschilderten Eheschließungen zu psychiatrisieren. Es sei unklar, wie es dazu gekommen sei und welche Motive der Klägerin dabei eine Rolle gespielt hätten.
Eine höhergradige Zwangsstörung sei dadurch auch und insbesondere unter Berücksichtigung der verschiedenen Orte der Eheschließung nahezu ausgeschlossen. Gleiches gelte für eine höhergrade Depression. Die geschilderten mehrfachen Eheschließungen seine daher mit den bisherigen Erkenntnissen durchaus vereinbar. Für eine manische Erkrankung, die ein derartiges Verhalten erklären könnte, gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Auch sei die Entwicklung einer Manie im Lebensalter der Klägerin außerordentlich selten. Er sehe daher keine Anknüpfungstatsachen für das Auftreten einer neuen psychiatrischen Erkrankung.
In Bezug auf einen Wutanfall der Klägerin während der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige ausgeführt, er wisse nicht wie groß der Anteil einer bewusstseinsnahen Steuerung gewesen sei, gehe aber davon aus, dass der Auftritt zu einem guten Teil bewusst inszeniert gewesen sei. Er stehe im Einklang mit den Feststellungen, dass bei der Klägerin emotional instabile und hysterische Persönlichkeitszüge bekannt seien und auch eine Neigung zur Dramatisierung bezüglich der eigenen Person. Er habe nicht den Eindruck gehabt, dass hier eine tiefe innere Wut vorhanden, die zum Ausagieren eines großen Aggressionspotentials habe führen können. Daher sei er auch sehr ruhig geblieben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteilig-ten im Übrigen wird auf den Inhalt der ausweislich der Sitzungsniederschrift zum Gegen-stand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts, über die die Berichterstatterin mit dem Einverständnis der Beteiligten an Stelle des Senats nach § 155 Abs. 3, 4 Sozialgerichts-gesetz (SGG) entscheiden kann, ist nach §§ 143, 144 SGG statthaft und zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.
Sie ist jedoch unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Gründe des angefochtenen Urteils, denen das Berufungsgericht folgt, wird daher gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. Das Berufungsgericht hat sich nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) ebenso wenig wie zuvor schon die Beklagte und das Sozialgericht davon überzeugen können, dass die Klägerin erwerbsgemindert ist. Denn es lässt sich nicht mit der hierfür erforderlichen Gewissheit, d.h. im Vollbeweis, feststellen, dass sie durch Krankheit daran gehindert ist, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich in einer leichten bis mittelschweren Tätigkeit ohne Publikumsverkehr und ohne Tätigkeiten mit besonderem Zeitdruck, Akkord, Schichtarbeit oder Nachtarbeit erwerbstätig zu sein. Dies haben sämtliche im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren befragten Ärzte unter Hinweis darauf festgestellt, dass die bei der Klägerin vorgefundene depressive Symptomatik vergleichsweise leicht sei. Die zwischenzeitliche stationär behandlungsbedürftige mittelgradige depressive Episode hat sich nach dem Aufenthalt in den S. Kliniken so weit zurückgebildet, dass eine quantitative Leistungsminderung nicht mehr gegeben war. Ausreichende Anhaltspunkte für eine andere das quantitative Leistungsvermögen einschränkende psychische Störung, insbesondere für ein Borderline-Syndrom oder eine manisch-depressive Erkrankung gibt es nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof.Dr. M. nicht. Insbesondere bei psychischen Störungen müssen indes die Erkrankungen nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen validiert werden, um Verfälschungstendenzen entgegen zu wirken. Denn wegen der "Simulationsnähe" von Erkrankungen mit neurotischem Einschlag wird in der Rechtsprechung des BSG bei der Feststellung der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale ein strenger Maßstab gefordert. Für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit trifft den Rentenbewerber die (objektive) (vgl. BSG vom 20.10.2004 - B 5 RJ 48/03 R, vom 1.7.1964 - 11/1 RA 158/61 = BSGE 21, 189 = SozR Nr. 39 zu § 1246 RVO und BSG vom 21.10.1969 - 11 RA 219/66 = SozR Nr. 76 zu § 1246 RVO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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