S 33 AS 2796/14

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
33
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 33 AS 2796/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 AS 737/15
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand:

Streitig ist ein durch den Kläger als überörtlichen Träger der Sozialhilfe im Wege der Prozessstandschaft geltend gemachter Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 01.04.2014 bis zum 31.07.2014, während der Beigeladene sich im Haus Segenborn aufhielt.

Der am XX.XX.1982 geborene Beigeladene lebte von 2003 bis Mai 2012 in der X. Anschließend hielt er sich bis zum 18.07.2012 ohne festen Wohnsitz in Radevormwald auf, nachdem er nach jahrelanger Arbeitslosigkeit aufgrund von Mietschulden seine Wohnung verloren hatte. Während dieser Zeit war er zunehmend mit behördlichen und administrativen Angelegenheiten überfordert. Er kümmerte sich beispielsweise seit Anfang 2012 auch nicht mehr und um die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II und verlor dadurch seine Krankenversicherung.

Am X wurde er in das Haus Segenborn von der Diakonie Michaelshoven e. V. aufgenommen. Er verfügte weder über Einkommen noch Vermögen.

Mit Bescheid vom 27.07.2012 teilte der Kläger dem Beigeladenen mit, dass die Kosten seines Aufenthaltes ab dem 18.07.2012 jeweils monatlich von dem Kläger als zuständigem Leistungsträger übernommen würden. Für seine persönlichen Ausgaben erhalte er einen monatlichen Barbetrag i.H.v. 100,98 EUR. Dieser werde ihm von der Einrichtung im Auftrag des Klägers ausgezahlt. Als Leistungsempfänger habe er sich grundsätzlich mit seinem Einkommen und Vermögen bis zur Höhe der Kosten des Lebensunterhaltes an der Hilfe zur Überwindung besonderer Schwierigkeiten zu beteiligen.

Entsprechend der Vorgaben des Klägers wurde für den Beigeladenen ein so genannter Hilfeplan erstellt, der auch laufend fortgeschrieben wurde. Der für den streitigen Zeitraum maßgebende Hilfeplan datiert vom 29.12.2013. Darin ist festgehalten, dass der Beigeladene die Leistungen von dem Beklagten als Heimkostenbeitrag an den Kläger abgeführt. Darüber hinaus wurden mit dem Beigeladenen Ziele im Bereich wirtschaftliche Situation, soziale Kompetenz, Ausbildung, Berufs- und Arbeitssituation, medizinischer Status und Suchtproblematik sowie Wohnsituation vereinbart.

Der Beigeladene erhielt bereits in der Vergangenheit für die Zeit seines Aufenthaltes im Haus Segenborn von dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Kosten der Unterkunft wurden seitens des Beklagten nicht bezahlt.

Mit Weiterbewilligungsantrag vom 14.02.2014 beanspruchte der Beigeladene die Weitergewährung von Leistungen. Mit dem Weiterbewilligungsantrag legte er ein Schreiben der Diakonie Michaelshoven vom 16.02.2014 an den Beklagten vor, worin vermerkt war, dass ergänzend zum Antrag auf Arbeitslosengeld II für den Beigeladenen die monatliche Mietbelastung 287 EUR betrage und vom dem Kläger festgelegt worden sei. Die Kosten der Unterkunft seien nicht Gegenstand der stationären Betreuungsleistungen nach § 67 SGB XII und würden deshalb nicht durch den Kläger finanziert.

Mit Bescheid vom 18.02.2014 gewährte der Beklagte dem Beigeladenen weiterhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vom 01.04.2014 bis zum 31.07.2014 in Höhe des Regelbedarfs von 391 EUR. Kosten der Unterkunft und Heizung wurden hingegen nicht bewilligt.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und wies auf seine Widerspruchsbefugnis gemäß § 95 S. 1 SGB XII in. Er beanspruchte über die Regelleistungen hinaus die Kosten der Unterkunft und Heizung. Mit Widerspruchbescheid vom 11.07.2014 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Der Beigeladene habe für den streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, da er nach neuester höchstrichterlicher Rechtsprechung gemäß § 7 Abs. 4 S. 1 SGB II durch seine Unterbringung im Haus Segenborn von den Leistungen des SGB II ausgeschlossen sei. Die Zuweisung zum SGB XII schließe einen parallelen SGB II Anspruch aus. Der Aufenthalt im Haus Segenborn werde aus Mitteln des SGB XII finanziert. Es handele sich um eine stationäre Einrichtung, in der der Beigeladene untergebracht sei. Er sei auch nicht unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig gewesen.

Hiergegen richtet sich die am 01.08.2014 bei Gericht eingegangene Klage. Der Kläger meint, maßgeblich für einen Leistungsausschluss sei, ob der Träger die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung und Integration übernommen habe, was vorliegend nicht der Fall sei. Im Haus Segenborn werde gerade die berufliche Eingliederung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten angestrebt. Dort werde nur Hilfe zur Selbsthilfe gegeben. Der Beigeladene müsse sein Leben dort selbstverantwortlich gestalten. Er dürfe nicht gegenüber Personen ungleich behandelt werden, die außerhalb einer entsprechenden Einrichtung lebten. Er habe eigenverantwortlichen Spielraum, erwerbstätig zu sein.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 18.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 11.07.2014 abzuändern und über die gewährten Regelleistungen hinaus für die Zeit vom 1. 4. 2014 bis zum 31.07.2014 Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 287 EUR monatlich zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, das Haus Segenborn sei eine stationäre Einrichtung, in der der Beigeladene auch untergebracht sei. Die Unterbringung sei Teil der Leistungserbringung. Auch werde von der Einrichtung die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung des Beigeladenen getragen. Dies ergebe sich auch aus dem Rahmenkonzept der Diakonie Michaelshoven. Zudem seien dem Beigeladenen tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nicht entstanden. Tatsächliche Aufwendungen für die Wohnung lägen nicht vor, weil er die Unterkunftskosten nicht gezahlt habe und auch keine Erstattung hierfür verlangt wurde. Er sei auch keiner wirksamen und dauerhaften Mietzinsforderung ausgesetzt. Eine wirksame Zahlungsverpflichtung des Beigeladenen zur Zahlung der Kosten der Unterkunft und Heizung lasse sich weder aus dem Zivilrecht noch aus dem öffentlichen Recht herleiten. Weder Mitarbeiter vom Haus Segenborn, noch der Träger des Hauses Segenborn hätten gegenüber dem Beigeladenen eine Mietzinsforderung oder anderweitige schuldrechtliche Forderungen geltend gemacht. Es existierten auch keine Heimverträge, Mietverträge oder andere schuldrechtliche Verträge, die den Beigeladenen verpflichteten, ein Entgelt für die Unterbringung im Haus Segenborn zu zahlen. Die Zeugin X habe gegenüber dem Beigeladenen selbst bekundet, keine schuldrechtlichen Verträge zu wollen, damit die Bewohner nicht dem Schutz des Mietvertragsrechts unterlägen und man den Bewohner ohne Weiteres bei Zuwiderhandlung gegen die Hausordnung aus dem Heim verweisen könne.

Der Beigeladene weist darauf hin, dass das Haus Segenborn unterstützende Maßnahmen biete, die Teilnahme der Bewohner hieran allerdings freiwillig sei. Es handele sich lediglich um Angebote. Eine Gesamtverantwortung des Hauses Segenborn werde für den Beigeladenen nicht übernommen. Es bestünden auch keine Pflichten der Bewohner, an den Angeboten des Hauses Segenborn teilzunehmen. Es handelte sich hierbei nicht um eine geschlossene Einrichtung.

Die Beteiligten haben das Rahmenkonzept des Gesamthilfesystems Oberberg sowie das Konzept des Hauses Segenborn ferner auch die Leistung und Prüfungsvereinbarung für die Einrichtung Haus Segenborn zwischen der Diakonie Michaelshoven e.V. und dem Kläger vorgelegt.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das Gericht die Leiterin des Hauses Segenborn, die Zeugin X vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift zum Termin vom 20.03.2015 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger konnte nicht erfolgreich die Feststellung der Kosten der Unterkunft als erstattungsberechtigter Träger nach § 95 SGB XII i.V.m. § 104 SGB X betreiben. Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 SGB X vorliegen, ist gemäß § 104 Absatz 1 S. 1 SGB X der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Gemäß § 104 Absatz 1 S. 2 SGB X ist nachrangig verpflichtet ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Da es im Verhältnis der SGB II Träger und der SGB XII Träger zueinander kein Vorrang-Nachrang-Verhältnis in diesem Sinne gibt, bestimmt § 104 Absatz 1 S. 4 1. Halbsatz SGB X, dass S. 1 entsprechend gilt, wenn von den Trägern der Sozialhilfe ein Aufwendungsersatz geltend gemacht oder ein Kostenbeitrag erhoben werden kann (vergleiche BSG Urteil vom 05.06.2014 Aktenzeichen B 4 AS 2 30/13 R, abrufbar unter juris).

Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz des Klägers in Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung des Beigeladenen würde einen entsprechenden Anspruch des Beigeladenen auf der Grundlage von § 22 SGB II voraussetzen. Nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenzen nach § 7a noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.

Der Beigeladene zu 1 ist am X geboren und hat damit im maßgeblichen Zeitpunkt das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7 a SGB II noch nicht erreicht. Die Erwerbsfähigkeit des Beigeladenen liegt vor. Der Beigeladene verfügt auch ansonsten weder über Einkommen noch Vermögen, wie aus seinen entsprechenden Angaben im Weiterbewilligungsantrag ersichtlich ist. Er ist damit hilfebedürftig. Seine Erwerbsfähigkeit wurde festgestellt. Insbesondere ist der Beigeladene nicht erwerbstätig. Er hat auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, da er sich seit längerem nunmehr schon im Haus Segenborn tatsächlich aufhält.

Der Beigeladene zu 1 war auch nicht gemäß § 7 Abs. 4 SGB II von den Leistungen ausgeschlossen. Danach erhält Leistungen nach dem SGB II nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist.

Bei dem Haus Segenborn handelt es sich um eine Einrichtung im Sinne des § 13 Abs. 2 SGB XII. Danach sind Einrichtungen alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach dem SGB XII zu deckenden Bedarf oder der Erziehung dienen. Eine Einrichtung ist daher bei einer auf Dauer angelegten Kombination von sächlichen und personellen Mitteln anzunehmen, die zu einem besonderen Zweck unter der Verantwortung eines Trägers zusammengefasst wird und die für einen größeren wechselnden Personenkreis bestimmt ist (BSG Urteil vom 05.06.2014, Aktenzeichen B 4 AS 2 30/13 R mit weiteren Nachweisen. Bei dem Haus Segenborn handelt es sich unstreitig um eine entsprechende Einrichtung, da dieses die oben genannten Anforderungen erfüllt.

An den Beigeladenen wurden im Haus Segenborn auch stationär die Leistungen erbracht. Gemäß § 13 Abs. 1 SGB XII sind stationäre Einrichtungen solche, in denen Leistungsberechtigte leben und die erforderlichen Hilfen erhalten. Von einer stationären Leistungserbringung ist auszugehen, da der Beigeladene formell in das Haus Segenborn aufgenommen wurde. Durch den Kläger hat er ausdrücklich am 27.07.2012 einen Bescheid erhalten, wonach die Kosten seines Aufenthaltes durch den Kläger übernommen werden. Die Aufnahme in dem Haus Segenborn ist Teil der Leistungserbringung.

Vorliegend ist der Beigeladene allerdings nicht im Haus Segenborn im Sinne von § 7 Abs. 4 SGB II untergebracht. Ein geringes Maß an Unterbringung im Sinne einer formellen Aufnahme genügt nämlich nicht. Von einer Unterbringung ist nur auszugehen, wenn der Träger der Einrichtung nach Maßgabe seines Konzeptes die Gesamtverantwortung für die tägliche Lebensführung und die Integration des Hilfebedürftigen übernimmt (vergleiche BSG Urteil vom 05.06.2014 Aktenzeichen B 4 AS 32/13 R mit weiteren Nachweisen). Nur wenn der Untergebrachte aufgrund einer Gesamtverantwortung des Trägers der Einrichtung für dessen tägliche Lebensführung und seine Integration dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht, ist er dem Regelungsbereich des SGB XII zuzuordnen. Besteht keine derart umfassende Verantwortung mit der Folge, dass der Leistungsberechtigte in den Arbeitsmarkt integriert werden kann, ist er – vorbehaltlich einer Leistungsberechtigung nach dem § 7 Abs. 1 SGB II – entsprechend dem mit dem SGB II verfolgten Leitbild einer auf dem Grundsatz der Eigenverantwortung beruhenden Eingliederung in den Arbeitsmarkt diesem Leistungssystem zuzuordnen.

Zur Feststellung, ob eine Gesamtverantwortung vorliegt, bedarf es über die Auslegung des Trägerkonzepts hinaus weiterer Feststellungen bezüglich der konkret angewandten Maßnahmen und dem Maß der Verantwortung, die der Träger der Einrichtung für den Beigeladenen übernommen hat.

Dem Trägerkonzept für das Haus Segenborn ist keine derartige Gesamtverantwortung zu entnehmen. Dem Konzept ist lediglich zu entnehmen, dass Ziel der Betreuung die Überwindung der besonderen sozialen Schwierigkeiten der jeweiligen Bewohner ist. Die Bewohner erhalten vielfältige Betreuung und Beratung, Hilfe und Unterstützung sowie die Vermittlung zu psychosozialen und medizinischen Fachdiensten und Einrichtungen. Sie werden zur Aufnahme beruflicher und schulischer Maßnahme motiviert und erhalten auch Hilfestellungen bei hauswirtschaftlichen Tätigkeiten. Sie werden sogar bei einer sinnvollen Freizeitgestaltung unterstützt. In dem Konzept befindet sich jedoch keine Verpflichtung der Bewohner, an diesen Angeboten und Hilfestellungen bzw. an einem Teil dieser Angebote und Hilfestellungen auch verbindlich teilzunehmen. Dies hängt lediglich von ihrer eigenen Verantwortung und Motivation ab.

Dies hat auch die Zeugenvernehmung der Leiterin des Hauses Segenborn, der Zeugin X bestätigt. Die Zeugin hat ausgeführt, dass die gesamten von der Einrichtung ermöglichten Angebote der Tagesstruktur freiwillig von den Bewohnern wahrgenommen werden können und kein Zwang und keine Pflicht besteht, an diesen Angeboten oder einem Teil der Angebote teilzunehmen. Eine Nichtteilnahme an den Angeboten hat auch zunächst einmal lediglich weitere Rückfragen und Gespräche zur Folge, nicht jedoch den Abbruch des Aufenthaltes im Haus Segenborn von Seiten der Einrichtung. Die Zeugin hat deutlich gemacht, dass die Bewohner sowohl freiwillig entscheiden können, ob sie an der zentralen Versorgungstruktur teilnehmen, das heißt die Mahlzeiten Anspruch nehmen und die Beschäftigungsangebote nutzen oder aber auswärtigen Beschäftigungen oder sonstigen Tätigkeiten und Terminen nachgehen. Es ist lediglich von miteinander Reden und vom Versuch der Motivation die Rede, nicht von Verpflichtungen mit entsprechenden Sanktionsmaßnahmen. Die Zeugin hat deutlich hervorgehoben, dass insbesondere für den Fall, dass eine Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt möglich wäre oder auch nur Maßnahmen durch das Jobcenter befolgt werden müssen, problemlos dem nachgekommen werden kann, da keine verpflichtende Anwesenheit an den Terminen und tagestrukturierenden Maßnahmen gilt. Es besteht keine Verpflichtung, Beschäftigungshilfen, wie das von dem Beigeladene ausgeübte Kehren des Hofes wahrzunehmen oder an den Mahlzeiten verpflichtend teilzunehmen. Für den Beigeladenen gilt dies insbesondere, da er bereits in einer Verselbständigungsgruppe ist und insofern selbst die Möglichkeit hat, aufgrund eines eigenen Küchenbereichs sich Mahlzeiten zuzubereiten und auch seine Wäsche selbst waschen kann.

Nichts anderes ergibt sich aus den Hilfeplänen für den Beigeladenen. Den Hilfeplänen ist lediglich zu entnehmen, welche Ziele und Maßnahmen mit dem Beigeladenen vereinbart und angestrebt wurden. Konkret soll der Beigeladene zu 1 nach dem Hilfeplan - Fortschreibung vom 29.12.2013 die bestehende Vereinbarung fortführen und sich darum bemühen, ein eigenes Konto wieder zu bekommen. Unterstützende Angebote und Hilfen werden seitens der Einrichtung aufrechterhalten. Es soll gemeinsam nach Lösungen und geeigneten Wegen gesucht werden. Auf Schreiben von Gläubigern soll der Beigeladene zeitnah reagieren und abklären, ob er ein eigenes Konto bekommen kann. Er soll Ämter- und Behördengänge eigenständig wahrnehmen und seine vereinbarten Arzttermine verbindlich einhalten. Anträge soll er zunächst selbst ausfüllen und diese anschließend gemeinsam ergänzen lassen. Er soll sich weiter stabilisieren. Zudem soll er die Angebote des Jobcenters wahrnehmen und an der Tagesstruktur teilnehmen. Er soll im Arbeitsbereich verbindlich mitarbeiten. Bei Auftreten einer Inkontinenz soll er umgehend Bettwäsche wechseln und waschen, auch soll er die Zahnbehandlung zum Abschluss bringen. Er soll zu einer veränderten Haltung im Konsum legaler/illegaler Drogen motiviert werden. Er soll motiviert werden, so weit wie möglich drogenfrei zu leben. Es wird eine weitere Stabilisierung und die Suche nach einer eigenen Wohnung angestrebt.

Kein einziges dieser Ziele ist mit einer konkreten Sanktionsmaßnahme verbunden. Es ist nicht von einer Verpflichtung die Rede. Es handelt sich jeweils um freiwillige Angebote und Ziele, die der Beigeladene sich gleichsam selber setzt. Wurden die Ziele aus vorherigen Hilfeplänen nicht erreicht, hat dies ebenfalls keine Sanktionen zur Folge.

Weiterhin ist auch zu beachten, dass insgesamt im Haus Segenborn nach Angaben der Zeugin seinerzeit neben der Leiterin, dem Koch, der 1,5 Vollzeitkräfte Hauswirtschaft und der Vollzeitkraft Nachtdienst und den 1,25 Vollzeitkräften in der Verwaltung nur 5,5 Vollzeitkräfte Sozialarbeiter und 2 Vollzeitkräfte Arbeitsanleiter für die insgesamt 65 Bewohner zuständig waren. Auch dies schließt eine engmaschige Strukturierung und Kontrolle innerhalb der Einrichtung weit gehend aus. Der Tagesablauf des Beigeladenen ist nicht in einer Weise geregelt, dass von einer Unterbringung in der Einrichtung im Sinne des § 7 Abs. 4 SGB II zu sprechen ist. Der Beigeladene wäre sehr wohl im Stande, trotz seines Aufenthaltes im Haus Segenborn eine mindestens 15 stündige wöchentliche Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erbringen.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG Urteil vom 05.06.2014, Aktenzeichen B 4 AS 32/13 R) ist allerdings auch im Falle einer möglichen Leistungsberechtigung des Beigeladenen darüber hinaus im Rahmen des § 22 SGB II zu prüfen, ob der Beigeladene einem ernsthaften Zahlungsbegehren ausgesetzt war. Gemäß § 22 SGB II werden die Leistungen für die Unterkunft grundsätzlich nur in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Gemeint sind die Aufwendungen, die der Leistungsberechtigte in der Bedarfszeit für die Nutzung/Gebrauchsüberlassung einer bestimmten Unterkunft Dritten gegenüber kraft bürgerlichen oder öffentlichen Rechts aufzubringen hat (BSG Urteil vom 19.10.2010 Aktenzeichen B 14 AS /10 R).

Eine derartige Verpflichtung des Beigeladenen ist vorliegend nicht ersichtlich. Der Beigeladene hat mit dem Haus Segenborn bzw. dessen Träger keinen zivilrechtlichen Mietvertrag oder dergleichen abgeschlossen. Auch darüber hinaus wurde von keiner Seite mit dem Beigeladenen eine entsprechende Vereinbarung über Nutzungsentgelte oder dergleichen getroffen. Der Beigeladene hat auch keinen Leistungsbescheid oder eine Kostenrechnung erhalten.

Auch nach dem Flyer im Haus Segenborn heißt es, dass der Aufenthalt gemäß §§ 67-69 SGB XII finanziert wird. Eine Aufnahme könne kurzfristig ohne vorheriges Kostenanerkenntnis erfolgen. Auch hieraus ist ersichtlich, dass für die Kosten der Unterkunft und Heizung nicht aufzukommen ist und eine schuldrechtliche Verpflichtung nicht begründet wird, sondern diese Kosten über das SGB XII finanziert werden.

Dass der Beigeladene keinem ernsthaften Zahlungsbegehren bezüglich der Kosten der Unterkunft ausgesetzt war, ergibt sich insbesondere auch aus dem Bescheid der Klägerin vom 27.07.2012 worin es heißt: "Die Kosten Ihres Aufenthaltes werden ab dem 18.07.2012 jeweils monatlich von mir als zuständigem Leistungsträger übernommen." Im weiteren Verlauf heißt es, dass der Leistungsempfänger sich mit seinem Einkommen und Vermögen bis zur Höhe der Kosten des Lebensunterhaltes an der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten zu beteiligen habe. Zu den Kosten des Lebensunterhaltes nach § 20 SGB II gehören die Kosten der Unterkunft und Heizung gerade nicht. Im Übrigen wäre der Bescheid, insofern darin eine konkrete Forderung bezüglich der Kosten der Unterkunft liegen sollte, auch wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit unwirksam. Dem Bescheid ist gerade nicht zu entnehmen, in welcher Höhe die Kosten des monatlichen Aufenthaltes geltend gemacht werden sollen. Bereits durch die Tatsache, dass sich die Klägerin als zuständiger Leistungsträger selbst bezeichnet, ist auch nicht ersichtlich, dass der Beigeladene sich bezüglich dieses Bedarfes noch selbst an einen weiteren Leistungsträger zu wenden hat und hier einen Anspruch zu verfolgen hat.

Soweit im Hilfeplan davon die Rede ist, dass die Leistung an den Beigeladenen vom Jobcenter als Heimkostenbeitrag an den Kläger abzuführen sind, ergibt sich hieraus nichts Gegenteiliges. Denn hierunter sind nur an den Beigeladenen auch tatsächlich gewährte Leistungen vom Jobcenter zu verstehen und nicht etwa ein darüber hinausgehender Anteil.

Ebenso wenig kann der Kläger aus dem Schreiben der Diakonie Michaelshoven vom 16.02.2014 an den Beklagten ein ernsthaftes Zahlungsbegehren gegen den Beigeladenen herleiten. In diesem Schreiben heißt es, dass ergänzend zu dem Antrag auf Arbeitslosengeld II für den Beigeladenen mitgeteilt werde, dass die monatliche Mietbelastung für ihn 287 EUR beträgt und von dem Kläger festgelegt wurde. Die Kosten der Unterkunft seien nicht Gegenstand der stationären Betreuungsleistungen nach § 67 SGB XII und würden deshalb nicht durch den Kläger finanziert.

Hierbei handelt es sich lediglich um ein Schreiben des Trägers an das Jobcenter, das nicht ausreicht, um einen konkreten Zahlungsanspruch gegenüber dem Beigeladenen herzuleiten. Selbst wenn der Beigeladenen dieses Schreiben seinen Anträgen auf SGB II beifügte, bestätigte er dadurch in keiner Weise ein irgendwie geartetes Schuldanerkenntnis bezüglich der Kosten der Unterkunft und seiner Bereitschaft, diese an den Träger des Hauses Segenborn oder an den Kläger zu erbringen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG
Rechtskraft
Aus
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