L 5 R 2720/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 3451/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 2720/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.05.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der Kläger ist 1967 in I. geboren. Er war seit seinem Zuzug nach St. im Jahr 1985 als Packer, Kellner und zuletzt als Staplerfahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Einen Beruf hat der Kläger nicht erlernt. Der Kläger war ab November 2002 arbeitslos und bezieht Arbeitslosengeld II.

Am 22.10.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab er an, unter Depressionen, einem Zustand nach Magenoperation, einem Zustand nach einem Unfall betreffend das linke Bein und den linken Arm, an Kreislaufstörungen, Migräne, Schüttelfrost und Untergewicht zu leiden.

Die Beklagte holte ein ärztliches Gutachten bei Dr. Dr. B., Facharzt für Innere Medizin, ein. Der Gutachter führte am 21.12.2010 aus, dass der Kläger angegeben habe, seit fünf Jahren unter Kreuzschmerzen mit Ausstrahlung ins linke Bein zu leiden. Die Ursache der Beschwerden sei jedoch unklar. Kernspintomographisch habe sich im Mai 2010 ein vollständig unauffälliger Befund ergeben. Die Wirbelsäulenfunktion sei in allen Etagen frei gewesen. Der Kläger befinde sich wegen psychischer Beschwerden nicht in einer Behandlung. Der Kläger sei bewusstseinsklar und voll orientiert gewesen. Es hab eine unauffällige Stimmungslage bestanden. Der Kläger habe etwas angespannt oder nervös gewirkt, inhaltlich hätten jedoch keine Denkstörungen festgestellt werden können. Auch Störungen des Gedächtnis, der Aufmerksamkeit und der Konzentration seien nicht zu erheben gewesen. Die geklagten Beschwerden seien am ehesten im Rahmen einer Anpassungsstörung zu sehen. Der Kläger sei mit einem BMI von 18 untergewichtig, aber nicht kachektisch. In der Jugend habe der Kläger Drogen konsumiert. Das durchgeführte Drogenscreening habe keinen auffälligen Befund ergeben, was die Angabe des Klägers bestätige, dass er mit Ausnahme eines gelegentlichen THC-Konsums keinerlei Drogen mehr konsumiere. Der Gutachter nennt die Diagnosen: Lendenwirbelsäulenbeschwerden ohne Funktionsminderung, Untergewicht, Anpassungsstörung. Dem Kläger seien zusammenfassend noch leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Heben und Tragen und Bewegen von schweren Lasten und ohne einseitige Körperhaltung oder häufiges Bücken sechs Stunden und mehr pro Arbeitstag möglich.

Mit Bescheid vom 04.01.2011 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag des Klägers ab. Zur Begründung bezog sie sich auf das Ergebnis der Begutachtung. Der Kläger sei noch in der Lage, sechs Stunden pro Arbeitstag unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein (Bl. 12 Verw.-Akte).

Hiergegen richtete sich der am 26.01.2011 erhobene Widerspruch des Klägers. Er gab an, krankheitsbedingt sei ihm das Arbeiten nicht mehr möglich. Seine behandelnde Ärztin, Frau B., sei ebenfalls dieser Auffassung. Auch das Jobcenter teile diese Auffassung.

Im ärztlichen Befundbericht der Ärztin für Allgemeinmedizin B. vom 17.02.2011 sind die Diagnosen Hyperlipidämie, Z.n. Schulterprellung links und Z.n. Fraktur Ringfinger rechts genannt. Es bestünden Kreuz-, Knie- und Fingerschmerzen. Es würden keine Therapien und Medikationen durchgeführt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.05.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Weiterhin ergäben sich aus ihren Unterlagen lediglich folgende bedeutsame Gesundheitsstörungen: Lendenwirbelsäulenbeschwerden ohne Funktionsminderung, leichtes Untergewicht, Anpassungsstörung. Unter Berücksichtigung aller dieser Gesundheitsstörungen und der sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung von Erwerbstätigkeiten, seien keine Auswirkungen feststellbar, die das zeitliche Leistungsvermögens des Klägers für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes einschränken würden. Dem Kläger seien noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten zumutbar. Eine Berufsunfähigkeitsrente komme nur für Versicherte in Betracht, die vor dem 02.01.1961 geboren seien. Dies sei beim Kläger nicht der Fall (vgl. Bl. 16 Verw.-Akte).

Am 09.06.2011 erhob der Kläger zum Sozialgericht Stuttgart Klage. Er gab an, sein Gesundheitszustand sei nicht angemessen berücksichtigt worden. Er habe gesundheitliche Einschränkungen auch auf orthopädischem und psychiatrisch-neurologischem Fachgebiet.

Das Sozialgericht hörte daraufhin die Hausärztin des Klägers, Dr. B., als sachverständige Zeugin. Diese teilte am 05.08.2011 mit, dass bei dem Kläger folgende Diagnosen gestellt worden seien: arterielle Hypertonie, Nikotinabusus, periphere arterielle Verschlusskrankheit, Thrombosen Bein rechts, Tibiakopffraktur. Die behandelnde Ärztin wurde befragt, ob sie dem Gutachten und der Leistungsbeurteilung des ärztlichen Gutachtens für die gesetzliche Rentenversicherung, Dr. Dr. B., zustimme. Dies beantwortete die behandelnde Ärztin dahin, dass sie dem Gutachten zustimme. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausführen. Er sei seit Behandlungsbeginn durch sie nicht arbeitsunfähig geschrieben worden.

Am 18.08.2011 wurde der Kläger wegen eines Herzinfarktes ins Krankenhaus eingeliefert. Das Sozialgericht Stuttgart zog den Entlassungsbericht des S.-Gesundheitszentrums Bad W. vom 07.10.2011 bei (Bl. 54 SG-Akte). Hierin sind folgende Diagnosen mitgeteilt: Koronare Zwei-Gefäßerkrankung, STEMI der Vorderwand, PTCA/Stent-Implantation, RIVA, verblieben 75% distale RCA-Stenose, pAVK, arterielle Hypertonie ohne hypertensive Krise. Im Bericht vom 07.10.2011 wird weiter ausgeführt, der Kläger könne nach vollständiger Rekonvaleszenz aus kardiologischer Sicht wieder leichte bis mittelschwere Arbeiten wie Heben und Tragen und Bewegen von Lasten bis 15 kg mit normaler psychischer Belastung verrichten. Eine Funktionsminderung ergebe sich auf Grund des Oberschenkeldefizites. Der Kläger sei mit Unterarmgehstützen gut mobil gewesen. Die Arbeitsfähigkeit sei voraussichtlich fünf bis sechs Monate nach der Operation wieder gegeben.

Das Sozialgericht Stuttgart wies hierauf nach Hinweis des Klägers auf die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 109 SGG und Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 30.05.2013 die Klage ab. Der Bescheid der Beklagten vom 04.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.05.2011 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung erfülle der Kläger. Zur Überzeugung der Kammer sei der Kläger jedoch nicht erwerbsgemindert. Er sei vielmehr in der Lage, täglich wenigstens sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Hierbei stütze sich die Kammer auf das Ergebnis der von ihr durchgeführten Ermittlungen. Maßgeblich sei insbesondere die Auskunft der behandelnden Hausärztin des Klägers gewesen. Ebenso sei der im Wege des Urkundsbeweises verwertete Reha-Entlassungsberichts des Gesundheitszentrums Bad W. berücksichtigt worden. Weiter sei das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten des Internisten Dr. Dr. B. entscheidend. Danach stehe fest, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers durch Erkrankungen auf internistischem und auf orthopädischem Gebiet zwar beeinträchtigt sei. Der Kläger leide an Lendenwirbelsäulenbeschwerden mit Funktionsminderung, auf internistischem Gebiet leide er unter leichtem Untergewicht, arterieller Verschlusskrankheit, koronarer Zwei-Gefäßerkrankung, Stent-Implantation und an einer Anpassungsstörung. Das Rückenleiden führe jedoch nicht zu einer teilweisen oder gar vollständigen Erwerbsunfähigkeit. Die Begutachtung habe ergeben, dass noch eine gute Beweglichkeit der Wirbelsäule bestehe. Auch die Kernspintomographie sei 2010 unauffällig gewesen. Wegen Rückenbeschwerden habe sich der Kläger auch nicht in orthopädischer Behandlung befunden. Die verminderte Beugefähigkeit des rechten Knies habe sich während des Reha-Aufenthalts, wie sich aus der Stellungnahme des Gesundheitszentrums Bad W. vom 07.10.2011 ergebe, gebessert. Eine stärker behindernde psychische Störung des Klägers finde sich nicht. Dr. Dr. B. bewerte in seinem Gutachten die Psyche als ohne Auffälligkeiten. Auch durch die Hausärztin des Klägers werde keine auf psychiatrischem Fachgebiet liegende Diagnose gestellt. Eine Verweisung an einen entsprechenden Facharzt sei nicht vorgenommen worden. Der Kläger habe auch nichts konkretes dazu vorgetragen, dass ihn erheblich beeinträchtigende psychische Störungen vorlägen. Auch die internistischen Beschwerden führten zu keiner zeitlichen Einschränkung des Leistungsvermögens. Ausweislich des Reha-Entlassungsberichts sei der Kläger nach vierwöchiger Behandlung in kardiologischer Hinsicht vollständig genesen gewesen. Insoweit habe sich auch durch den Herzinfarkt, den der Kläger während des Verfahrens erlitten habe, keine auf Dauer bestehende Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens ergeben. Auch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische Leistungsbehinderung lägen nicht vor. Somit bedürfe es auch nicht der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit. Nachdem der Kläger am 02.10.1967 geboren sei und nicht vor dem 02.01.1961, habe er keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Gegen den ihm am 06.06.2013 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung des Klägers vom 03.07.2013.

Der Kläger wendet ein, man hätte seinen Gesundheitszustand neutral begutachten müssen. Das Sozialgericht sei nicht auf seine Beschwerden eingegangen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.05.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 04.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.05.2011 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Der Senat hat die Hausärztin B. als sachverständige Zeugin gehört. Sie teilte am 27.11.2013 mit, es bestünden die Dauerdiagnosen arterielle Hypertonie, Nikotinabusus, Z.n. periphere arterielle Verschlusskrankheit, Z.n. Hämatom linkes Knie. Der Kläger habe im linken Bein starke Schmerzen. Er habe auch über Schmerzen am rechten Knie geklagt. Sie habe ihn zum Orthopäden überwiesen. Es lägen ihr aber keine Berichte vor.

Der Senat hat bei Prof. Dr. H., K.-O.-Krankenhaus (Kardiologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin) nachgefragt, ob dort nach dem 20.03.2012 weitere kardiale Untersuchungen des Klägers stattgefunden hätten. Dies wurde verneint.

Der Kläger wurde weiter um Benennung seines behandelnden Orthopäden gebeten. Nachdem er schriftlich nicht auf die Anfrage des Gerichts reagierte, führte die Berichterstatterin am 22.08.2014 einen Erörterungstermin durch. Im Termin gab der Kläger an, bei Dr. M., Bad C., in kardiologischer Behandlung zu sein. Der Name seines Orthopäden falle ihm nicht ein. Er werde eine Liste mit den Namen aller behandelnden Ärzte zur Akte reichen.

Das Gericht hat daraufhin den Kardiologen Dr. M. als sachverständigen Zeugen zum Gesundheitszustand des Klägers gehört und dazu, welche Untersuchungen seit 2011 durchgeführt worden seien. Der Kardiologe Mayer führt in seiner Stellungnahme vom 26.08.2014 aus, im Wesentlichen bestehe ein Zustand nach Vorderwandinfarkt mit noch erhaltener ungestörter linksventrikulärer Pumpfunktion. Zusätzlich bestehe noch ein Zustand nach Beinvenenthrombose rechts 7/2011. Kardial zeige sich keine Befundänderung seit Februar 2012. Ihm sei lediglich bekannt, dass der Kläger sich wegen orthopädischer Befunde im K.-O.-Krankenhaus vorgestellt habe. In seinem Arztbrief vom 26.05.2014 gab der behandelnde Kardiologe an, dass sich echokardiographisch ein normal großer linker Ventrikel mit guter systolischer Pumpfunktion ohne verbliebene regionale Wandbewegungsstörung nach akutem Koronarsyndrom 2011 zeige. Pektanginöse Beschwerden würden nicht angegeben. Im Ruhe-EKG zeige sich ein unveränderter Befund. Bei durchgeführter Ergometrie sei der Patient beschwerdefrei belastbar gewesen bis 100 W ohne Hinweise für eine aktuelle kardiale Ischämie. Eine Metallentfernung des im rechten Knie einliegenden Metalls nach einer Tibiakopfimpressionsfraktur könne aus kardiologischer Sicht durchgeführt werden. Die Clopidogrel-Pause könne für fünf Tage erfolgen. Eine weitere Verlaufskontrolle werde in ca. einem Jahr empfohlen.

Weiter hat der Senat auf die Mitteilung des Klägers vom 24.08.2014, dass er sich bei Dr. Sch.-W., Psychiatrische Institutsambulanz, in Behandlung befinde, von diesem eine sachverständige Zeugenaussage eingeholt. Am 29.09.2014 berichtete Dr. Sch.-W. vom Klinikum für Spezielle Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, dass der Kläger dort am 17.02.2011, am 10.03.2011 und am 27.03.2012 aus Anlass von Alpträumen und Schlafstörungen in der Psychiatrischen Institutsambulanz behandelt worden sei. Es sei die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung gestellt worden.

Die Chirurgische Gemeinschaftspraxis Dr. W. äußerte sich am 20.10.2014 auf die Anfrage des Senats wie folgt: Der Kläger habe sich am 14.07.2011 nach der operativen Behandlung einer Tibiakopftrümmerfraktur vorgestellt. Am 24.11.2011 sei er dort in Behandlung gewesen, nachdem er die Treppe heruntergefallen sei; am 09.02.2012 habe er sich noch einmal zur Kontrolle vorgestellt. Am 07.03.2014 habe sich der Kläger wegen Beschwerden im linken Schultergelenk vorgestellt. Eine Röntgenaufnahme sei veranlasst worden. Sodann sei Physiotherapie verordnet worden. Die Frage einer Metallentfernung des Osteosynthesematerials sei diskutiert worden, diese sei aber zunächst zurückgestellt worden. Am 28.05.2014 sei der Kläger wegen anhaltender Schulterprobleme zum MRT überwiesen worden und habe ein Folgerezept für Physiotherapie erhalten. Nach der Tibiakopftrümmerfraktur rechts bestehe eine deutliche Bewegungseinschränkung des rechten Knies bzw. eine präarthrotische Deformität. Der Befund der linken Schulter zeige eine leichte Besserung unter Physiotherapie. Im beigefügten Arztbrief des Klinikum St. (Prof. Dr. K.) vom 28.03.2014 wird ausgeführt, dass das Metall (Osteosynthesematerial) regelgerecht einliege und die Beweglichkeit des rechten Kniegelenks 110/0/0 Grad betrage.

Dr. B. (Facharzt für Innere Medizin, Sozialmedizin) vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten nahm am 03.11.2014 zu den ärztlichen Unterlagen Stellung. Er führt aus, dass eine quantitative Leistungseinschränkung hinsichtlich leichter Tätigkeiten sich den Ausführungen des behandelnden Kardiologen insgesamt nicht entnehmen lasse. Der Psychiater Dr. Sch.-W. vom Bürgerhospital C. berichte lediglich über drei Vorstellungen, die lange zurückliegen. Eine weitere Betreuung sei wohl nicht für erforderlich gehalten worden. Der Orthopäde Dr. W. beschreibe zwar einen "Zustand nach versorgtem Schienbeintrümmerkopfbruch", einen "Zustand nach Beinvenenarthrose" sowie eine "schmerzhafte Veränderung im Bereich der linken Schulter". Im beigelegten Bericht des K. St. vom 28.03.2014 (Bl. 104 GA) werde die Beweglichkeit des rechten Kniegelenks mit 110/0/0 Grad angegeben. Eine (gravierende) Einschränkung sei hieraus nicht abzuleiten. Der behandelnde Kardiologe habe Hinderungsgründe einer Metallentfernung nicht genannt. Eine quantitative Leistungseinschränkung hinsichtlich leichter Tätigkeiten lasse sich den Ausführungen des behandelnden Chirurgen ebenfalls nicht nachvollziehbar entnehmen.

Der Senat hat beim Kläger nachgefragt, ob er sich aktuell in psychotherapeutischer oder psychiatrischer Behandlung befinde oder ob er sich bei weiteren Fachärzten in Behandlung befinde. Hierauf ist keine Reaktion des Klägers erfolgt. Ihm ist mitgeteilt worden, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht beabsichtigt sind.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats die Akte des Sozialgerichts Stuttgart S 17 R 3451/11 sowie die vorgelegte Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Er hat darauf keinen Anspruch.

Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§ 43 SGB VI) das Rentenbegehren des Klägers zu beurteilen ist, und weshalb ihm danach Rente nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten und die Ergebnisse der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren anzumerken:

Auch der Senat ist der Auffassung, dass der Kläger jedenfalls leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter qualitativen Einschränkungen mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann, weshalb Erwerbsminderung nicht vorliegt (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Das geht aus der sachverständigen Zeugenaussage der behandelnden Hausärztin des Klägers, Dr. B., gegenüber dem Sozialgericht Stuttgart sowie dem im Verwaltungsverfahren eingeholten ausführlichen Gutachten des Internisten Dr. Dr. B. hervor. Auch der im Oktober 2011 erstellte Reha-Entlassungsbericht des Gesundheitszentrums Bad W. bestätigt diese Leistungseinschätzung unter Berücksichtigung der Folgen der Tibeakopffraktur rechts und etwaiger kardiologischen Einschränkungen nach dem im August 2011 erlittenen Herzinfarkt. Stichhaltige Einwendungen gegen die Leistungseinschätzung des Gutachtens im Verwaltungsverfahren und des Reha-Entlassungsberichts sind auch im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden und ergeben sich insbesondere auch nicht aus etwaigen hiervon abweichenden Auffassungen behandelnder Ärzte oder Gutachter.

Der Senat hat im Hinblick auf etwaige verbliebene Leistungseinschränkungen auf kardialem Gebiet oder mögliche Verschlechterungen den behandelnden Kardiologen des Klägers gehört. Dessen Befunde lassen jedoch keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes gegenüber dem im Reha-Entlassungsberichts des Gesundheitszentrums Bad W. beschriebenen Zustand erkennen. Der jüngste vorliegende kardiologische Befundbericht vom 26.05.2014 aus Anlass einer Kontrolluntersuchung (Bl. 69 d.A.) beschreibt vielmehr eine gute systolische Pumpfunktion ohne verbliebene regionale Wandbewegungsstörung nach akutem Koronarsyndrom 2011. Pectanginöse Beschwerden wurden nicht geklagt. Der Kläger wird als beschwerdefrei belastbar bis 2 min bei 100 W ohne Hinweise für eine aktuelle kardiale Ischämie angesehen. Der behandelnde Facharzt empfiehlt eine Verlaufskontrolle (erst wieder) in circa einem Jahr. Dies belegt, dass die kardiologische Behandlung mit einem guten Ergebnis durchgeführt wurde und eine überdauernde qualitative Leistungsminderung des Klägers für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht anzunehmen ist.

Orthopädische Beschwerden bedingen ebenfalls keine zeitliche Leistungsminderung oder eine Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers. Bezüglich der geklagten LWS-Beschwerden ergibt sich das bereits schlüssig aus dem Gutachten des Dr. Dr. B ... Die im Juni 2011 hinzugetretene Tibiakopffraktur wurde mittels Plattenosteosynthese operativ versorgt. Die Nachbehandlung erfolgte in der chirurgischen Gemeinschaftspraxis Drs. W ... Das Klinikum St., Prof. Dr. K., teilt in seinem Arztbrief vom 28.03.2014 an den Behandler Dr. W. mit, dass das Metall regelgerecht einliege und die Beweglichkeit des Kniegelenks 110/0/0 Grad betrage. Sie hat sich damit gegenüber der Angabe vom März 2012 (90/0/0) und erst recht gegenüber der Angabe im Reha-Entlassungsbericht des Gesundheitszentrums Bad W. vom 07.10.2011 (0/0/20) deutlich verbessert. Eine Arthroskopie bei sekundärer Gonarthrose im Zuge der Metallentfernung wurde im März 2013 erwogen. Kardiologische Beschwerden stehen dem nicht entgegen. Selbst wenn jedoch der aktuelle Zustand einer schmerzhaften Einschränkung der Belastbarkeit des rechten Kniegelenks dauerhaft fortbestünde, könnte dem bereits durch qualitative Anforderungen an die Tätigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Rechnung getragen werden. Der Kläger sollte dann kniebelastende Tätigkeiten, v.a. Tätigkeiten im Knien sowie langes Gehen und Stehen vermeiden. Die Schulterbeschwerden des Klägers besserten sich nach Angaben des Behandlers durch Krankengymnastik. Insoweit ist schon kein Anhalt für eine hierdurch begründete überdauernde Leistungseinschränkung ersichtlich.

Anhaltspunkte für das Vorliegen einer sozialmedizinisch (rentenrechtlich) beachtlichen Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet ergaben sich auch im Berufungsverfahren nicht. Eine bei Rentenantragstellung angegebene Depression wird insbesondere von der Hausärztin nicht aufgeführt. Auch die von Dr. Dr. B. im Gutachten für die Rentenversicherung gefundene Anpassungsstörung wird nicht behandelt. Nach Auffassung der behandelnden Hausärztin Dr. B. stand eine psychische Erkrankung nicht im Vordergrund, vielmehr wird der Schwerpunkt der Einschränkungen auf orthopädischen und gefäßchirurgischen Gebiet gesehen. Der Kläger hat sich zwar laut Auskunft der Psychiatrischen Institutsambulanz vom 29.09.2014 dorthin am 17.02.2011, am 10.03.2011 und am 27.03.2012 zur Behandlung begeben, wo er über Alpträume geklagt hatte. Ihm wurde daraufhin eine distanzierende und schlaffördernde Medikation verschrieben. Seit März 2012 ist der Kläger aber offenbar nicht (mehr) in einer psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlung. Eine gravierende Beeinträchtigung des Klägers und ein Behandlungsdruck bestand nach den drei weit zurückliegenden Vorstellungen offensichtlich nicht mehr. Es drängt sich daher nicht auf, dass eine überdauernde psychische Erkrankung die Leistungsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beeinträchtigt.

Vor diesem Hintergrund sieht der Senat keine Notwendigkeit weiterer medizinischer Ermittlungen; vielmehr hieße dies, ins Blaue hinein nach etwaigen Leistungseinschränkungen zu suchen.

II. Das Sozialgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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