Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 12 SB 4035/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 433/15 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 22.01.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Wege einer Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes streitig, ob bei der Antragstellerin die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung "Merkzeichens aG") festzustellen sind.
Bei der 1958 geborenen Antragstellerin, deutschen Staatsangehörigen, wurde mit (Teilabhilfe-)Bescheid des Versorgungsamts U. vom 28.03.1995 ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 seit 28.11.1994 (Blatt 15 der Akte der Antragsgegnerin) festgestellt (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: chronische Bronchitis (Einzel-GdB 20); Wirbelsäulen- und Schulter-Arm-Syndrom bei degenerativen Veränderungen (Einzel-GdB 20)). Später stellte das Versorgungsamt U. mit (Teilabhilfe-)Bescheid vom 06.04.2001 (Blatt 74/77 der Akte der Antragsgegnerin) einen GdB von 60 seit 10.02.2000 fest (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung beider Schultergelenke, chronisches Schmerzsyndrom (Einzel-GdB 30); Funktionsbehinderung beider Kniegelenke (Einzel-GdB 30); chronische Bronchitis (Einzel-GdB 20); Harninkontinenz (Einzel-GdB 10); zum Gutachten Dr. Schr. vgl. Blatt 70/73 der Akte der Antragsgegnerin) und das Landratsamt H. (LRA) auf der Grundlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.09.2012 von Dr. Z. (Blatt 118/119 der Akte der Antragsgegnerin; Funktionsbehinderungen: Chronische Bronchitis, Lungenfunktionseinschränkung, respiratorische Insuffizienz, Schlafapnoe-Syndrom (Einzel-GdB 50); Funktionsbehinderung beider Kniegelenke (Einzel-GdB 30); Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung beider Schultergelenke, chronisches Schmerzsyndrom (Einzel-GdB 30); Refluxkrankheit der Speiseröhre, Heiserkeit (Einzel-GdB 20); Depression (Einzel-GdB 20); Harninkontinenz (Einzel-GdB 10)) einen GdB von 80 seit 27.06.2012 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" (Bescheid vom 30.10.2012, Blatt 120/122 der Akte der Antragsgegnerin). Die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen zur Inanspruchnahme des Nachteilsaugleichs "aG" wurde abgelehnt.
Am 19.08.2013 beantragte die Antragstellerin erneut die höhere (Neu-)Feststellung des GdB und die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen zur Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "aG" (Blatt 134/135 der Akte der Antragsgegnerin). Nun verwies die Antragstellerin auf eine COPD (Gold V). Gestützt auf eine Auskunft von Dr. Gr. vom 03.09.2013 (Blatt 138/144 der Akte der Antragsgegnerin), nach der die Antragstellerin an einer schwergradigen chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung mit häufigen Exazerbationen mit Kortison-Bedarf und einem Schlafapnoe-Syndrom mit CPAP-Pflicht leide und sich die Beschwerden trotz regelmäßiger Medikation nicht wesentlich verändert hätten, sowie einer Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. Go. vom 08.10.2013 (Blatt 145/146 der Akte der Antragsgegnerin), der den GdB auf 90 einschätzte (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Chronische Bronchitis, Lungenfunktionseinschränkung, respiratorische Insuffizienz, Schlafapnoe-Syndrom (Einzel-GdB 60); Funktionsbehinderung beider Kniegelenke (Einzel-GdB 30); Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung beider Schultergelenke, chronisches Schmerzsyndrom (Einzel-GdB 30); Refluxkrankheit der Speiseröhre, Heiserkeit (Einzel-GdB 20); Depression (Einzel-GdB 20); Harninkontinenz (Einzel-GdB 10)) und der ausführte, es bestehe keine Atemnot in Ruhe, Atemnot bestehe beim Bergaufgehen und Treppensteigen, weshalb "aG" nicht gewährt werden könne, stellte das LRA mit Bescheid vom 31.10.2013 (Blatt 147/149 der Akte der Antragsgegnerin) den GdB seit 19.08.2013 mit 90 fest und lehnte die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "aG" ab.
Zuletzt beantragte die Antragstellerin unter Hinweis auf eine Lungenfunktionseinschränkung und eine dauernde Beatmung am 25.09.2014 (Blatt 152/153 der Akte der Antragsgegnerin) die höhere (Neu-)Feststellung des GdB und die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen zur Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "aG". Sie legte vor ein Attest von Dr. V. (zwischen Blatt 152 und 154 der Akte der Antragsgegnerin), der eine Gehstrecke von 50 m angab, einen vorläufigen Arztbrief der Kliniken Landkreis H. vom 19.09.2014 (Blatt 154/157 der Akte der Antragsgegnerin), in dem eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (Gold IV), eine laufende Langzeit-Sauerstoff-Therapie, eine respiratorische Partialinsuffizienz, ein Schlafapnoe-Syndrom mit CPAP ("Patientin nutzt das Gerät nicht") und eine arterielle Hypertonie berichtet wird.
Das LRA zog den Entlassbericht der Kliniken Landkreis H. vom 07.10.2014 (Blatt 159/162 der Akte der Antragsgegnerin) bei und lehnte unter Berücksichtigung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Go. vom 02.11.2014 (Blatt 154/155 der Akte der Antragsgegnerin) die beantragte Feststellung mit Bescheid vom 24.11.2014 (Blatt 156/158 der Akte der Antragsgegnerin) ab. Eine wesentliche Verschlimmerung des Gesundheitszustandes sei nicht eingetreten, auch seien die Voraussetzungen zur Feststellung des Merkzeichens "aG" nicht erfüllt.
Den am 16.12.2014 erhobenen Widerspruch der Antragstellerin (Blatt 161/162 der Akte der Antragsgegnerin), mit dem sie einen GdB von 100 sowie die Merkzeichen "aG", "B" und "H" festzustellen begehrte, wies der Antragsgegner durch das Regierungspräsidium S. – Landesversorgungsamt – mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2015 zurück (Blatt 167/169 der Akte der Antragsgegnerin); eine dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades nach B Nr. 8.3 VG liege nicht vor. Mit Bescheid vom 17.02.2015 lehnte das LRA auch die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen der Merkzeichen "B" und "H" ab (Blatt 173 der Akte der Antragsgegnerin).
Am 16.12.2014 hat die Antragstellerin parallel zur Einlegung des Widerspruchs gegen den Bescheid des LRA vom 24.11.2014 beim Sozialgericht (SG) Ulm die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz beantragt. Sie leide an einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung, einer exazerbierten COPD im vierten Stadium und sei Tag und Nacht auf ein Sauerstoffgerät angewiesen. Sie sei auf eine Vielzahl von Arztbesuchen angewiesen. Aus diesem Grunde sei es erforderlich, dass sie kurze Wege in Anspruch nehmen könne, mithin auf extra hierfür vorgesehenen Behindertenparkplätzen auch eine Parkmöglichkeit eingeräumt bekomme. Die Angelegenheit sei äußerst dringend, da ständig ärztliche Besuche erforderlich seien. Die Antragstellerin legte den aktenkundigen Entlassungsbericht der Kliniken Landkreis H. vom 07.10.2014 über den stationären Aufenthalt vom 15.09.2014 bis 20.09.2014 vor (Blatt 3/6 der SG-Akte).
Das SG hat mit Beschluss vom 22.01.2015 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Antragstellerin habe weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Denn allein aus den anstehenden Arztterminen, ohne weitere Anhaltspunkte dafür, dass diese nur bei Nutzung eines speziellen Behindertenparkplatzes wahrgenommen werden können, ergebe sich noch keine besondere Eilbedürftigkeit. Auch eine Erfolgsaussicht in der Hauptsache sei nicht glaubhaft gemacht. Darüber hinaus nähme eine vorläufige Entscheidung über die Feststellung des Merkzeichens "aG" die endgültige Entscheidung vorweg. Denn die Antragstellerin könne die Vorteile des Merkzeichens "aG" in vollem Umfang nutzen, obwohl noch nicht feststehe, ob ihr ein derartiger Anspruch zustehe.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 29.01.2015 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 06.02.2015 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Beschwerde eingelegt. Am 13.02.2015 hat die Antragstellerin beim SG Klage auf Feststellung von Merkzeichen u.a. "aG" erhoben (S 2 SB 445/15).
Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Antragstellerin unter Vorlage des Berichts der Kliniken Landkreis H. vom 07.10.2014 (Blatt 15/18 der Senatsakte) u.a. ausgeführt, sie leide an einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung, exazerbierte COPD im höchsten Stadium und sei auf ein Sauerstoffgerät angewiesen. Aus diesem Grunde sei es ihr, die sie auch einen Rollator benutze, nicht mehr möglich, sich ohne Schwierigkeiten und ohne Gefahr für sich selbst im Straßenverkehr zu bewegen. Entgegen der Auffassung des SG sei der Anordnungsgrund der besonderen Eilbedürftigkeit sehr wohl dargelegt. Sie habe eine Vielzahl von Arztterminen wahrzunehmen, ihr sei es daher auch nicht zumutbar längere Wegstrecken zu Fuß zurückzulegen. Ihr Vortrag sei auch nicht dahingehend zu verstehen, dass die Arzttermine lediglich dann wahrgenommen werden können, wenn ein spezieller Behindertenparkplatz benutzt werden kann. Vielmehr sei es geboten, ihr mit dem Sauerstoffgerät ohnehin schon sehr beschwerliches Leben zu erleichtern, insbesondere dann, wenn sie nicht unbedingt zu Fuß eine längere Wegstrecke zurücklegen müsse. Auch sei die Erfolgsaussicht in der Hauptsache glaubhaft gemacht. Der beigefügte Bericht des Klinikums H. vom 07.10.2014 bestätige dies. Bei einer Diagnose des vorliegenden Ausmaßes sei es in jedem Falle geboten das Merkzeichen "aG" zuzusprechen. Auch sehe sie keine Vorwegnahme der Hauptsache. Sie habe eben einen Anspruch auf die Erteilung des Merkzeichens "aG", was von der Antragsgegnerin seit langem hinausgezögert werde.
Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 22.01.2015 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verurteilen, bei ihr die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "aG" festzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuwiesen.
Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Nach summarischer Prüfung der aktenkundigen medizinischen Unterlagen entspreche der für das Funktionssystem Atmung, d.h. die Funktionsbeeinträchtigungen chronische Bronchitis, Lungenfunktionseinschränkung, respiratorische Insuffizienz und Schlafapnoe zuerkannte Einzel-GdB von 60 der Vorgaben der VG. Die Messwerte der Lungenfunktionsprüfung dokumentierten keine Lungenfunktionseinschränkung schweren Grades i.S. von B Ziff. 8.3 der VG. Dies sei nach D Ziff. 3 c der VG jedoch erforderlich, um eine Gleichstellung mit dem in § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG i.V.m Absch. II Nr. 1 S.2 der zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO erlassenen Verwaltungsvorschriften (VwV-StVO) genannten Personenkreis begründen zu können. Darüber hinaus habe das SG zutreffend ausgeführt, dass sich eine besondere Eilbedürftigkeit nicht bereits aus der Vielzahl der anstehenden Arzttermine ergeben könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft (§ 172 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 und § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Abs. 2 Satz 2).
Vorliegend kommt für das Begehren auf vorläufige Feststellung eines Merkzeichens nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweilige Anordnung verlangt grundsätzlich die – summarische – Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen – insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz – wiegen.
Der Senat hat den Beschwerdeantrag der Antragstellerin sachdienlich verstanden. Denn die beantragte Verurteilung zur Feststellung ist im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes unzulässig. Im Rahmen eines solchen Verfahrens können grds. nämlich nur vorübergehende ("einstweilige") Regelungen getroffen werden, die keinen endgültigen, nicht wieder beseitigbaren Zustand herbeiführen und in ihrer Gültigkeitsdauer befristet sind bis zur Rechtskraft einer Hauptsacheentscheidung. Der Senat hat daher – auch wenn die Antragstellerin anwaltlich vertreten ist - den ausdrücklich gestellten Antrag sachdienlich dahingehend ausgelegt, dass jedenfalls nicht eine endgültige Feststellung begehrt würde sondern lediglich eine vorübergehende, nämlich bis zur Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung.
Zwar ist die vorläufige Feststellung von Merkzeichen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht schon grds. ausgeschlossen (so LSG Niedersachsen-Bremen 16.05.2012 – L 13 SB 56/12 B ER – juris; s. auch Senatsbeschluss 23.11.2012 – L 8 SB 3897/12 ER-B – juris), was jedenfalls in der Rechtsprechung und der Literatur durchaus ernsthaft erwogen wird (so Bayerisches LSG 24.03.2009 – L 15 SB 40/09 B ER – juris RdNr. 8 unter Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg 11.07.2006 – L 13 B 71/06 SB ER – juris und LSG Schleswig-Holstein 18.02.2008 – L 2 B 315/08 SB ER - juris; Bayerisches LSG 04.03.2009 – L 15 SB 26/09 B ER - juris; Löbner, Sozialrecht aktuell 2015 S. 5, 10; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86b RdNr. 35g). Doch kann ein Anordnungsgrund auch in einem auf bloß vorläufige Feststellung von gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen gerichteten Verfahren nach dem SGB IX nur in eng begrenzten Ausnahmefällen angenommen werden (LSG Niedersachsen-Bremen 16.05.2012 – L 13 SB 56/12 B ER – juris). Denn in der Sache handelt es sich bei auch bei der bloß vorläufigen Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen um eine Entscheidung, die nicht mehr rückabgewickelt werden kann und somit zumindest zeitweise die Hauptsache vorwegnimmt; so können z.B. aus dem Merkzeichen "aG" gezogene Parkplatznutzungen nicht mehr zurückgegeben werden, wenn der Antragsteller/die Antragstellerin in der Hauptsache unterliegen sollte. Insoweit begründet Art 19 Abs. 4 GG aber nur dann besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (Senatsbeschluss 23.11.2012 – L 8 SB 3897/12 ER-B – juris RdNr. 31).
Vorliegend sind aber existenzsichernde oder andere grundrechtlich geschützte Rechte nicht betroffen. Gerade in der Beschwerdebegründung hat die Antragstellerin ausgeführt, ihr Vortrag sei "nicht dahingehend zu verstehen, dass die Arzttermine lediglich dann wahrgenommen werden können, wenn ein spezieller Behindertenparkplatz benutzt werden kann." Damit hat die Antragstellerin ausgeführt, sie kann Arzttermine mit dem Rollator auch dann wahrnehmen, wenn sie nicht einen den "aG"-Berechtigten vorbehaltenen Parkplatz nutzt. Damit hat sie Zugang zur ärztlichen Versorgung und auch ihr Existenzminimum wird nicht beeinträchtigt. Damit sind grundrechtlich relevante Sachverhalte aber gerade nicht betroffen.
Soll eine Vorwegnahme der Hauptsache vorliegend gerechtfertigt sein, hätte die Antragstellerin zumindest eine besondere Härte glaubhaft machen müssen (Senatsbeschluss 23.11.2012 – L 8 SB 3897/12 ER-B – juris; LSG Niedersachsen-Bremen 16.05.2012 – L 13 SB 56/12 B ER – juris). Das ist aber nicht der Fall. Denn schwere und unzumutbare Nachteile, die der Antragstellerin drohen würden, wenn sie bis zur Entscheidung in dem Hauptsacheverfahren zunächst weiterhin auf die Inanspruchnahme von dem Kreis der "aG"-Berechtigten vorbehaltenen Parkplätzen verzichten müsste, sind weder vorgetragen noch für den Senat erkennbar. Etwaige Erschwernisse und Belastungen an sich begründen noch keinen Anspruch auf die begehrte einstweilige Regelung vor einer abschließenden Sachaufklärung (LSG Niedersachsen-Bremen 16.05.2012 – L 13 SB 56/12 B ER – juris). Dabei ist nicht zuletzt zu berücksichtigen, dass der durch das Merkzeichen "aG" begünstigte Personenkreis eng zu fassen ist, gerade weil die Bereitstellung und Ausweitung besonderer Parkmöglichkeiten für behinderte Menschen - vor allem in städtischen Gebieten - an bauliche Grenzen stößt und zwangsläufig zu einer Verknappung des "normalen" ortsnahen Parkraums führt (LSG Niedersachsen-Bremen 16.05.2012 – L 13 SB 56/12 B ER – juris). Außer dem mit der Ablehnung des Antrags üblicherweise verbundenen Nachteil, derzeit diese speziellen Parkplätze nicht nutzen zu dürfen, sind dem Vorbringen der Antragstellerin keine weiteren Umstände zu entnehmen, wonach sie nahezu unerlässlich auf die mit dem Merkzeichen "aG" verbundenen Vorteile angewiesen sein könnte; sie steht im Verhältnis zu einer Vielzahl von Antragstellern und Klägern nicht anders als jene, die auch wegen einer Gehbehinderung in den Genuss von Parkerleichterungen kommen möchten (LSG Niedersachsen-Bremen 16.05.2012 – L 13 SB 56/12 B ER – juris). Auch andere Antragsteller müssen regelmäßig den Ausgang des von ihnen betriebenen Klageverfahrens abwarten, wenn sie wegen der Versagung des Merkzeichens "aG" gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen (LSG Nordrhein-Westfalen 28.01.2010 – L 6 B 36/09 SB ER – juris RdNr. 19). Hierauf ist auch die Antragstellerin zu verweisen.
Die Antragstellerin hat eine besondere Härte nicht vorgetragen. So sie hat (s.o.) weder dargelegt, dass sie nur von einem dem Personenkreis der "aG"-Berechtigten zustehenden Parkplatz aus ihre Arzttermine wahrnehmen kann, noch dass sie sonst nur unter unzumutbaren Anstrengungen Arzttermine wahrnehmen kann. Vielmehr begehrt sie die vorläufige Feststellung des Merkzeichens um ihr "ohnehin schon sehr beschwerliche[s] Leben [ ] zu erleichtern, insbesondere dann, wenn sie nicht unbedingt zu Fuß eine längere Wegstrecke zurücklegen muss." Das genügt aber vorliegend nicht als besondere Rechtfertigung der Eilbedürftigkeit. Denn die Antragstellerin kann auch nach dem eigenen Vortrag mit dem Rollator die Ärzte aufsuchen. So konnte der Senat dem von der Antragstellerin mehrfach vorgelegten Entlassbericht vom 07.10.2014 entnehmen, dass diese in der Lage ist, mit dem Rollator und einem Beatmungsgerät problemlos umherzugehen (Seite 3 des Berichts). Auch im Übrigen hat die Antragstellerin einen Anordnungsgrund i.S. einer Eilbedürftigkeit nicht glaubhaft dargelegt. Insoweit hat sie nämlich nicht glaubhaft gemacht, weshalb es ihr – anders als anderen Antragstellern/Klägern - nicht zuzumuten ist, abzuwarten, bis in der Hauptsache entschieden ist. Der bloße Vortrag, viele Arzttermine zu haben, genügt insoweit nicht, zumal die Antragstellerin gerade nicht geltend machen konnte, die Arzttermine nicht anders wahrnehmen zu können.
Darüber hinaus dürfte auch ein Anordnungsanspruch bei summarischer und vorläufiger Prüfung nicht gegeben sein. Denn insoweit ist dem Bericht des Klinikums Landkreis H. vom 07.10.2014 zu entnehmen, dass die Antragstellerin zum Einen die ärztlich für erforderlich gehaltene CPAP-Beatmung nicht nutzt – was darauf hindeuten könnte, dass das Schlafapnoe-Syndrom nicht so gravierend sein könnte, wie von der Antragstellerin angegeben, – und zum Anderen mit dem Sauerstoffgerät häufig auf dem Flur unterwegs angetroffen wurde (Seite 3 des Berichts), wobei sie Schmerzen beim Atmen nicht beklagt hatte - was darauf hindeuten könnte, dass die Antragstellerin, die nicht zum Personenkreis der "aG"-berechtigten Katalogfälle gehört, noch in der Lage ist, sich ohne fremde Hilfe und nicht nur mit großer Anstrengung praktisch von den ersten Schritten außerhalb ihres Kraftfahrzeuges an aus eigener Kraft fortzubewegen. Nachdem jedoch bereits die Eilbedürftigkeit i.S. eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht ist, konnte die Frage des Anordnungsanspruchs offen bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Wege einer Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes streitig, ob bei der Antragstellerin die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung "Merkzeichens aG") festzustellen sind.
Bei der 1958 geborenen Antragstellerin, deutschen Staatsangehörigen, wurde mit (Teilabhilfe-)Bescheid des Versorgungsamts U. vom 28.03.1995 ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 seit 28.11.1994 (Blatt 15 der Akte der Antragsgegnerin) festgestellt (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: chronische Bronchitis (Einzel-GdB 20); Wirbelsäulen- und Schulter-Arm-Syndrom bei degenerativen Veränderungen (Einzel-GdB 20)). Später stellte das Versorgungsamt U. mit (Teilabhilfe-)Bescheid vom 06.04.2001 (Blatt 74/77 der Akte der Antragsgegnerin) einen GdB von 60 seit 10.02.2000 fest (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung beider Schultergelenke, chronisches Schmerzsyndrom (Einzel-GdB 30); Funktionsbehinderung beider Kniegelenke (Einzel-GdB 30); chronische Bronchitis (Einzel-GdB 20); Harninkontinenz (Einzel-GdB 10); zum Gutachten Dr. Schr. vgl. Blatt 70/73 der Akte der Antragsgegnerin) und das Landratsamt H. (LRA) auf der Grundlage einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.09.2012 von Dr. Z. (Blatt 118/119 der Akte der Antragsgegnerin; Funktionsbehinderungen: Chronische Bronchitis, Lungenfunktionseinschränkung, respiratorische Insuffizienz, Schlafapnoe-Syndrom (Einzel-GdB 50); Funktionsbehinderung beider Kniegelenke (Einzel-GdB 30); Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung beider Schultergelenke, chronisches Schmerzsyndrom (Einzel-GdB 30); Refluxkrankheit der Speiseröhre, Heiserkeit (Einzel-GdB 20); Depression (Einzel-GdB 20); Harninkontinenz (Einzel-GdB 10)) einen GdB von 80 seit 27.06.2012 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" (Bescheid vom 30.10.2012, Blatt 120/122 der Akte der Antragsgegnerin). Die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen zur Inanspruchnahme des Nachteilsaugleichs "aG" wurde abgelehnt.
Am 19.08.2013 beantragte die Antragstellerin erneut die höhere (Neu-)Feststellung des GdB und die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen zur Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "aG" (Blatt 134/135 der Akte der Antragsgegnerin). Nun verwies die Antragstellerin auf eine COPD (Gold V). Gestützt auf eine Auskunft von Dr. Gr. vom 03.09.2013 (Blatt 138/144 der Akte der Antragsgegnerin), nach der die Antragstellerin an einer schwergradigen chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung mit häufigen Exazerbationen mit Kortison-Bedarf und einem Schlafapnoe-Syndrom mit CPAP-Pflicht leide und sich die Beschwerden trotz regelmäßiger Medikation nicht wesentlich verändert hätten, sowie einer Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. Go. vom 08.10.2013 (Blatt 145/146 der Akte der Antragsgegnerin), der den GdB auf 90 einschätzte (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Chronische Bronchitis, Lungenfunktionseinschränkung, respiratorische Insuffizienz, Schlafapnoe-Syndrom (Einzel-GdB 60); Funktionsbehinderung beider Kniegelenke (Einzel-GdB 30); Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung beider Schultergelenke, chronisches Schmerzsyndrom (Einzel-GdB 30); Refluxkrankheit der Speiseröhre, Heiserkeit (Einzel-GdB 20); Depression (Einzel-GdB 20); Harninkontinenz (Einzel-GdB 10)) und der ausführte, es bestehe keine Atemnot in Ruhe, Atemnot bestehe beim Bergaufgehen und Treppensteigen, weshalb "aG" nicht gewährt werden könne, stellte das LRA mit Bescheid vom 31.10.2013 (Blatt 147/149 der Akte der Antragsgegnerin) den GdB seit 19.08.2013 mit 90 fest und lehnte die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "aG" ab.
Zuletzt beantragte die Antragstellerin unter Hinweis auf eine Lungenfunktionseinschränkung und eine dauernde Beatmung am 25.09.2014 (Blatt 152/153 der Akte der Antragsgegnerin) die höhere (Neu-)Feststellung des GdB und die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen zur Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "aG". Sie legte vor ein Attest von Dr. V. (zwischen Blatt 152 und 154 der Akte der Antragsgegnerin), der eine Gehstrecke von 50 m angab, einen vorläufigen Arztbrief der Kliniken Landkreis H. vom 19.09.2014 (Blatt 154/157 der Akte der Antragsgegnerin), in dem eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (Gold IV), eine laufende Langzeit-Sauerstoff-Therapie, eine respiratorische Partialinsuffizienz, ein Schlafapnoe-Syndrom mit CPAP ("Patientin nutzt das Gerät nicht") und eine arterielle Hypertonie berichtet wird.
Das LRA zog den Entlassbericht der Kliniken Landkreis H. vom 07.10.2014 (Blatt 159/162 der Akte der Antragsgegnerin) bei und lehnte unter Berücksichtigung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Go. vom 02.11.2014 (Blatt 154/155 der Akte der Antragsgegnerin) die beantragte Feststellung mit Bescheid vom 24.11.2014 (Blatt 156/158 der Akte der Antragsgegnerin) ab. Eine wesentliche Verschlimmerung des Gesundheitszustandes sei nicht eingetreten, auch seien die Voraussetzungen zur Feststellung des Merkzeichens "aG" nicht erfüllt.
Den am 16.12.2014 erhobenen Widerspruch der Antragstellerin (Blatt 161/162 der Akte der Antragsgegnerin), mit dem sie einen GdB von 100 sowie die Merkzeichen "aG", "B" und "H" festzustellen begehrte, wies der Antragsgegner durch das Regierungspräsidium S. – Landesversorgungsamt – mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2015 zurück (Blatt 167/169 der Akte der Antragsgegnerin); eine dauerhafte Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades nach B Nr. 8.3 VG liege nicht vor. Mit Bescheid vom 17.02.2015 lehnte das LRA auch die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen der Merkzeichen "B" und "H" ab (Blatt 173 der Akte der Antragsgegnerin).
Am 16.12.2014 hat die Antragstellerin parallel zur Einlegung des Widerspruchs gegen den Bescheid des LRA vom 24.11.2014 beim Sozialgericht (SG) Ulm die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz beantragt. Sie leide an einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung, einer exazerbierten COPD im vierten Stadium und sei Tag und Nacht auf ein Sauerstoffgerät angewiesen. Sie sei auf eine Vielzahl von Arztbesuchen angewiesen. Aus diesem Grunde sei es erforderlich, dass sie kurze Wege in Anspruch nehmen könne, mithin auf extra hierfür vorgesehenen Behindertenparkplätzen auch eine Parkmöglichkeit eingeräumt bekomme. Die Angelegenheit sei äußerst dringend, da ständig ärztliche Besuche erforderlich seien. Die Antragstellerin legte den aktenkundigen Entlassungsbericht der Kliniken Landkreis H. vom 07.10.2014 über den stationären Aufenthalt vom 15.09.2014 bis 20.09.2014 vor (Blatt 3/6 der SG-Akte).
Das SG hat mit Beschluss vom 22.01.2015 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Antragstellerin habe weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Denn allein aus den anstehenden Arztterminen, ohne weitere Anhaltspunkte dafür, dass diese nur bei Nutzung eines speziellen Behindertenparkplatzes wahrgenommen werden können, ergebe sich noch keine besondere Eilbedürftigkeit. Auch eine Erfolgsaussicht in der Hauptsache sei nicht glaubhaft gemacht. Darüber hinaus nähme eine vorläufige Entscheidung über die Feststellung des Merkzeichens "aG" die endgültige Entscheidung vorweg. Denn die Antragstellerin könne die Vorteile des Merkzeichens "aG" in vollem Umfang nutzen, obwohl noch nicht feststehe, ob ihr ein derartiger Anspruch zustehe.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 29.01.2015 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 06.02.2015 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Beschwerde eingelegt. Am 13.02.2015 hat die Antragstellerin beim SG Klage auf Feststellung von Merkzeichen u.a. "aG" erhoben (S 2 SB 445/15).
Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Antragstellerin unter Vorlage des Berichts der Kliniken Landkreis H. vom 07.10.2014 (Blatt 15/18 der Senatsakte) u.a. ausgeführt, sie leide an einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung, exazerbierte COPD im höchsten Stadium und sei auf ein Sauerstoffgerät angewiesen. Aus diesem Grunde sei es ihr, die sie auch einen Rollator benutze, nicht mehr möglich, sich ohne Schwierigkeiten und ohne Gefahr für sich selbst im Straßenverkehr zu bewegen. Entgegen der Auffassung des SG sei der Anordnungsgrund der besonderen Eilbedürftigkeit sehr wohl dargelegt. Sie habe eine Vielzahl von Arztterminen wahrzunehmen, ihr sei es daher auch nicht zumutbar längere Wegstrecken zu Fuß zurückzulegen. Ihr Vortrag sei auch nicht dahingehend zu verstehen, dass die Arzttermine lediglich dann wahrgenommen werden können, wenn ein spezieller Behindertenparkplatz benutzt werden kann. Vielmehr sei es geboten, ihr mit dem Sauerstoffgerät ohnehin schon sehr beschwerliches Leben zu erleichtern, insbesondere dann, wenn sie nicht unbedingt zu Fuß eine längere Wegstrecke zurücklegen müsse. Auch sei die Erfolgsaussicht in der Hauptsache glaubhaft gemacht. Der beigefügte Bericht des Klinikums H. vom 07.10.2014 bestätige dies. Bei einer Diagnose des vorliegenden Ausmaßes sei es in jedem Falle geboten das Merkzeichen "aG" zuzusprechen. Auch sehe sie keine Vorwegnahme der Hauptsache. Sie habe eben einen Anspruch auf die Erteilung des Merkzeichens "aG", was von der Antragsgegnerin seit langem hinausgezögert werde.
Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 22.01.2015 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verurteilen, bei ihr die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "aG" festzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuwiesen.
Die Antragsgegnerin ist der Beschwerde entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Nach summarischer Prüfung der aktenkundigen medizinischen Unterlagen entspreche der für das Funktionssystem Atmung, d.h. die Funktionsbeeinträchtigungen chronische Bronchitis, Lungenfunktionseinschränkung, respiratorische Insuffizienz und Schlafapnoe zuerkannte Einzel-GdB von 60 der Vorgaben der VG. Die Messwerte der Lungenfunktionsprüfung dokumentierten keine Lungenfunktionseinschränkung schweren Grades i.S. von B Ziff. 8.3 der VG. Dies sei nach D Ziff. 3 c der VG jedoch erforderlich, um eine Gleichstellung mit dem in § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG i.V.m Absch. II Nr. 1 S.2 der zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO erlassenen Verwaltungsvorschriften (VwV-StVO) genannten Personenkreis begründen zu können. Darüber hinaus habe das SG zutreffend ausgeführt, dass sich eine besondere Eilbedürftigkeit nicht bereits aus der Vielzahl der anstehenden Arzttermine ergeben könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft (§ 172 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 und § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Abs. 2 Satz 2).
Vorliegend kommt für das Begehren auf vorläufige Feststellung eines Merkzeichens nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweilige Anordnung verlangt grundsätzlich die – summarische – Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen – insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz – wiegen.
Der Senat hat den Beschwerdeantrag der Antragstellerin sachdienlich verstanden. Denn die beantragte Verurteilung zur Feststellung ist im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes unzulässig. Im Rahmen eines solchen Verfahrens können grds. nämlich nur vorübergehende ("einstweilige") Regelungen getroffen werden, die keinen endgültigen, nicht wieder beseitigbaren Zustand herbeiführen und in ihrer Gültigkeitsdauer befristet sind bis zur Rechtskraft einer Hauptsacheentscheidung. Der Senat hat daher – auch wenn die Antragstellerin anwaltlich vertreten ist - den ausdrücklich gestellten Antrag sachdienlich dahingehend ausgelegt, dass jedenfalls nicht eine endgültige Feststellung begehrt würde sondern lediglich eine vorübergehende, nämlich bis zur Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung.
Zwar ist die vorläufige Feststellung von Merkzeichen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht schon grds. ausgeschlossen (so LSG Niedersachsen-Bremen 16.05.2012 – L 13 SB 56/12 B ER – juris; s. auch Senatsbeschluss 23.11.2012 – L 8 SB 3897/12 ER-B – juris), was jedenfalls in der Rechtsprechung und der Literatur durchaus ernsthaft erwogen wird (so Bayerisches LSG 24.03.2009 – L 15 SB 40/09 B ER – juris RdNr. 8 unter Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg 11.07.2006 – L 13 B 71/06 SB ER – juris und LSG Schleswig-Holstein 18.02.2008 – L 2 B 315/08 SB ER - juris; Bayerisches LSG 04.03.2009 – L 15 SB 26/09 B ER - juris; Löbner, Sozialrecht aktuell 2015 S. 5, 10; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86b RdNr. 35g). Doch kann ein Anordnungsgrund auch in einem auf bloß vorläufige Feststellung von gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen gerichteten Verfahren nach dem SGB IX nur in eng begrenzten Ausnahmefällen angenommen werden (LSG Niedersachsen-Bremen 16.05.2012 – L 13 SB 56/12 B ER – juris). Denn in der Sache handelt es sich bei auch bei der bloß vorläufigen Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen um eine Entscheidung, die nicht mehr rückabgewickelt werden kann und somit zumindest zeitweise die Hauptsache vorwegnimmt; so können z.B. aus dem Merkzeichen "aG" gezogene Parkplatznutzungen nicht mehr zurückgegeben werden, wenn der Antragsteller/die Antragstellerin in der Hauptsache unterliegen sollte. Insoweit begründet Art 19 Abs. 4 GG aber nur dann besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (Senatsbeschluss 23.11.2012 – L 8 SB 3897/12 ER-B – juris RdNr. 31).
Vorliegend sind aber existenzsichernde oder andere grundrechtlich geschützte Rechte nicht betroffen. Gerade in der Beschwerdebegründung hat die Antragstellerin ausgeführt, ihr Vortrag sei "nicht dahingehend zu verstehen, dass die Arzttermine lediglich dann wahrgenommen werden können, wenn ein spezieller Behindertenparkplatz benutzt werden kann." Damit hat die Antragstellerin ausgeführt, sie kann Arzttermine mit dem Rollator auch dann wahrnehmen, wenn sie nicht einen den "aG"-Berechtigten vorbehaltenen Parkplatz nutzt. Damit hat sie Zugang zur ärztlichen Versorgung und auch ihr Existenzminimum wird nicht beeinträchtigt. Damit sind grundrechtlich relevante Sachverhalte aber gerade nicht betroffen.
Soll eine Vorwegnahme der Hauptsache vorliegend gerechtfertigt sein, hätte die Antragstellerin zumindest eine besondere Härte glaubhaft machen müssen (Senatsbeschluss 23.11.2012 – L 8 SB 3897/12 ER-B – juris; LSG Niedersachsen-Bremen 16.05.2012 – L 13 SB 56/12 B ER – juris). Das ist aber nicht der Fall. Denn schwere und unzumutbare Nachteile, die der Antragstellerin drohen würden, wenn sie bis zur Entscheidung in dem Hauptsacheverfahren zunächst weiterhin auf die Inanspruchnahme von dem Kreis der "aG"-Berechtigten vorbehaltenen Parkplätzen verzichten müsste, sind weder vorgetragen noch für den Senat erkennbar. Etwaige Erschwernisse und Belastungen an sich begründen noch keinen Anspruch auf die begehrte einstweilige Regelung vor einer abschließenden Sachaufklärung (LSG Niedersachsen-Bremen 16.05.2012 – L 13 SB 56/12 B ER – juris). Dabei ist nicht zuletzt zu berücksichtigen, dass der durch das Merkzeichen "aG" begünstigte Personenkreis eng zu fassen ist, gerade weil die Bereitstellung und Ausweitung besonderer Parkmöglichkeiten für behinderte Menschen - vor allem in städtischen Gebieten - an bauliche Grenzen stößt und zwangsläufig zu einer Verknappung des "normalen" ortsnahen Parkraums führt (LSG Niedersachsen-Bremen 16.05.2012 – L 13 SB 56/12 B ER – juris). Außer dem mit der Ablehnung des Antrags üblicherweise verbundenen Nachteil, derzeit diese speziellen Parkplätze nicht nutzen zu dürfen, sind dem Vorbringen der Antragstellerin keine weiteren Umstände zu entnehmen, wonach sie nahezu unerlässlich auf die mit dem Merkzeichen "aG" verbundenen Vorteile angewiesen sein könnte; sie steht im Verhältnis zu einer Vielzahl von Antragstellern und Klägern nicht anders als jene, die auch wegen einer Gehbehinderung in den Genuss von Parkerleichterungen kommen möchten (LSG Niedersachsen-Bremen 16.05.2012 – L 13 SB 56/12 B ER – juris). Auch andere Antragsteller müssen regelmäßig den Ausgang des von ihnen betriebenen Klageverfahrens abwarten, wenn sie wegen der Versagung des Merkzeichens "aG" gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen (LSG Nordrhein-Westfalen 28.01.2010 – L 6 B 36/09 SB ER – juris RdNr. 19). Hierauf ist auch die Antragstellerin zu verweisen.
Die Antragstellerin hat eine besondere Härte nicht vorgetragen. So sie hat (s.o.) weder dargelegt, dass sie nur von einem dem Personenkreis der "aG"-Berechtigten zustehenden Parkplatz aus ihre Arzttermine wahrnehmen kann, noch dass sie sonst nur unter unzumutbaren Anstrengungen Arzttermine wahrnehmen kann. Vielmehr begehrt sie die vorläufige Feststellung des Merkzeichens um ihr "ohnehin schon sehr beschwerliche[s] Leben [ ] zu erleichtern, insbesondere dann, wenn sie nicht unbedingt zu Fuß eine längere Wegstrecke zurücklegen muss." Das genügt aber vorliegend nicht als besondere Rechtfertigung der Eilbedürftigkeit. Denn die Antragstellerin kann auch nach dem eigenen Vortrag mit dem Rollator die Ärzte aufsuchen. So konnte der Senat dem von der Antragstellerin mehrfach vorgelegten Entlassbericht vom 07.10.2014 entnehmen, dass diese in der Lage ist, mit dem Rollator und einem Beatmungsgerät problemlos umherzugehen (Seite 3 des Berichts). Auch im Übrigen hat die Antragstellerin einen Anordnungsgrund i.S. einer Eilbedürftigkeit nicht glaubhaft dargelegt. Insoweit hat sie nämlich nicht glaubhaft gemacht, weshalb es ihr – anders als anderen Antragstellern/Klägern - nicht zuzumuten ist, abzuwarten, bis in der Hauptsache entschieden ist. Der bloße Vortrag, viele Arzttermine zu haben, genügt insoweit nicht, zumal die Antragstellerin gerade nicht geltend machen konnte, die Arzttermine nicht anders wahrnehmen zu können.
Darüber hinaus dürfte auch ein Anordnungsanspruch bei summarischer und vorläufiger Prüfung nicht gegeben sein. Denn insoweit ist dem Bericht des Klinikums Landkreis H. vom 07.10.2014 zu entnehmen, dass die Antragstellerin zum Einen die ärztlich für erforderlich gehaltene CPAP-Beatmung nicht nutzt – was darauf hindeuten könnte, dass das Schlafapnoe-Syndrom nicht so gravierend sein könnte, wie von der Antragstellerin angegeben, – und zum Anderen mit dem Sauerstoffgerät häufig auf dem Flur unterwegs angetroffen wurde (Seite 3 des Berichts), wobei sie Schmerzen beim Atmen nicht beklagt hatte - was darauf hindeuten könnte, dass die Antragstellerin, die nicht zum Personenkreis der "aG"-berechtigten Katalogfälle gehört, noch in der Lage ist, sich ohne fremde Hilfe und nicht nur mit großer Anstrengung praktisch von den ersten Schritten außerhalb ihres Kraftfahrzeuges an aus eigener Kraft fortzubewegen. Nachdem jedoch bereits die Eilbedürftigkeit i.S. eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht ist, konnte die Frage des Anordnungsanspruchs offen bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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