Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 208 KR 640/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 257/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beigeladenen wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Mai 2012 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Die Klägerin hat den Beigeladenen die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) seit dem 1. April 2009 der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliegt.
Die Beigeladene zu 1) arbeitet seit dem 1. April 2000 als Kauffrau im Einzelhandel im Betrieb der Beigeladenen zu 2). Dessen alleiniger Inhaber ist ihr Ehemann, mit dem die Beigeladene zu 1) im gesetzlichen Güterstand lebt.
Seit dem 1. April 2004 war die Beigeladene zu 1) bei der BKK FTE krankenversichert, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist. Auf der Grundlage von Angaben auf einem "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen (Ehegatten, Lebenspartner) im Rahmen eines Anfrageverfahrens gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV" entschied die BKK FTE durch Bescheid vom 4. April 2006, dass ab dem 1. April 2004 keine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliege. Die Beigeladene zu 1) unterliege keinem Weisungsrecht, könne ihre Tätigkeit frei bestimmen, die zudem aufgrund familiärer Rücksichtnahmen durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt sei, und habe weder Urlaubsanspruch noch eine Kündigungsfrist.
Diesen Bescheid der BKK FTE legte die Beigeladene zu 1) der AOK Pforzheim vor, bei der sie in der Zeit vom 1. April 2000 bis zum 31. März 2004 versichert war, und bat für diesen Zeitraum um eine gleichlautende Entscheidung. Daraufhin leitete die AOK Pforzheim die ihr vorliegenden Unterlagen einschließlich einer Kopie des Bescheides der BKK FTE vom 4. April 2006 an die Klägerin weiter, wo sie am 27. Juli 2006 eingingen. Die Klägerin wies die BKK FTE durch Schreiben vom 3. August 2008 zunächst darauf hin, dass die Entscheidung über das Bestehen von Versicherungs- und Beitragspflicht nach Punkt 8 der Niederschrift der Besprechung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 5. und 6. Juli 2005 mit ihr abzusprechen gewesen wäre. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2006, bei der Klägerin eingegangen am 6. Oktober 2006, erklärte die BKK FTE gegenüber der Klägerin, dass sie bei ihrer Auffassung bleibe, es handele sich aufgrund familienhafter Mitarbeit nicht um ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Die Beklagte erklärte dazu schriftlich am 17. Oktober 2006, dass sie die Auffassung der BKK FTE nicht teile und bat um Aufhebung des Bescheides vom 4. April 2006. Durch Bescheid vom 26. Oktober 2006 nahm die BKK FTE gegenüber der Beigeladenen zu 1) ihren Bescheid vom 4. April 2006 "aufgrund der Anweisung der deutschen Rentenversicherung" zurück. Die Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 2) sei als versicherungspflichtig anzusehen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die BKK FTE durch Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2007 zurück.
Gegen den Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 26. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2007 erhoben die Beigeladenen am 15. März 2007 Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe. Die Klägerin wurde vom Sozialgericht Karlsruhe durch Beschluss vom 12. Juni 2007 zum dortigen Verfahren beigeladen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Karlsruhe am 17. Juni 2008 wies die Kammervorsitzende die BKK FTE darauf hin, dass es Zweifel am Vorliegen einer Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung des Bescheides vom 4. April 2006 gebe. Denn dieser Bescheid sei teilweise ein begünstigender Bescheid gewesen, so dass er wohl nur unter den Voraussetzungen des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) oder des § 49 SGB X zurückgenommen werden könne. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften lägen aber nicht vor. Insbesondere habe die Beigeladene zu 1) keine unvollständigen oder nicht wahrheitsgemäßen Angaben gemacht. Die Klägerin habe auch keine Anfechtungsklage erhoben. Daraufhin erklärte der Vertreter der BKK FTE das Anerkenntnis, dass er den Bescheid vom 26. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2007 aufhebe. Die Beigeladenen nahmen das Anerkenntnis an und erklärten den dortigen Rechtsstreit für erledigt. Die Klägerin erhielt am 4. Juli 2008 eine Abschrift des Sitzungsprotokolls.
Mit der am 15. April 2009 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat die Klägerin die Aufhebung des Bescheides vom 4. April 2006 begehrt, der mit dem Anerkenntnis der BKK FTE vom 17. Juni 2008 als rechtmäßig anerkannt worden sei. Nach § 49 SGB X sei eine Aufhebung des Bescheides durch die Beklagte noch möglich. Die BKK FTE hat gegenüber dem Sozialgericht erklärt, dass sie ihr Anerkenntnis nicht durch einen Ausführungsbescheid umgesetzt habe.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 11. Mai 2012 den Bescheid vom 4. April 2006 in der Gestalt des Anerkenntnisses vom 17. Juni 2008 in Bezug auf die Feststellung der Versicherungsfreiheit zur Rentenversicherung aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt. Die Klage sei zulässig und begründet. Die Klägerin könne den Bescheid vom 4. April 2006 in der Gestalt des Anerkenntnisses vom 17. Juni 2008 anfechten, weil sie durch ihn beschwert sei. Soweit die Rechtsvorgängerin der Beklagten über die Rentenversicherungspflicht entschieden habe, habe sie über Rechte der Klägerin verfügt. Eines Vorverfahrens habe es nicht bedurft. Da weder der Bescheid vom 4. April 2006 noch der in dem Anerkenntnis vom 17. Juni 2008 enthaltene Verwaltungsakt eine Rechtsmittelbelehrung enthielten, gelte für die Klageerhebung die Jahresfrist. Diese habe die Klägerin mit der am 15. April 2009 erhobenen Klage gewahrt, da ihr das Anerkenntnis am 4. Juli 2008 zugestellt worden sei. Das von der Beklagten ausgesprochene Anerkenntnis binde die Klägerin nicht. Den Beigeladenen stehe auch kein Vertrauensschutz zu. Aus § 49 SGB X ergebe sich, dass § 45 SGB X nicht gelte, wenn ein die Beigeladenen begünstigender Verwaltungsakt, der von der Klägerin angefochten werde, während des sozialgerichtlichen Verfahrens aufgehoben und dadurch der Klage stattgegeben wird. Die Klägerin habe ihr Klagerecht auch nicht verwirkt. Das dafür erforderliche Zeit- und Umstandsmoment seien beide nicht gegeben. Im Hinblick auf die im Sozialgerichtsgesetz (SGG) festgeschriebene Jahresfrist für die Klageerhebung könne im Regelfall nicht schon vorher eine Verwirkung angenommen werden. Das Umstandsmoment fehle, weil die Klägerin nur untätig gewesen sei. Außerdem sei jedenfalls für die rechtskundigen Bevollmächtigten der Beigeladenen erkennbar gewesen, dass die Klägerin sich die Verfolgung ihrer Rechte noch vorbehalten wollte. Die Klage sei auch begründet, weil die Beklagte zu Unrecht festgestellt habe, dass die Beigeladene zu 1) mit ihrer Tätigkeit für den Beigeladenen zu 2) seit dem 1. April 2004 nicht der Rentenversicherungspflicht unterliege. Es handele sich nämlich um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Auch wenn kein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen wurde, sei angesichts des Fehlens einer Beteiligung der Beigeladenen zu 1) an dem Unternehmen und des Bezugs eines konstanten monatlichen Festgehalts, das als Betriebsausgabe verbucht und als lohnsteuerpflichtig behandelt worden sei, auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zu schließen. Zudem sei die Beigeladene zu 1) fest in die Betriebsorganisation eingebunden gewesen. Auf die tatsächliche Ausübung des vertraglich begründeten Weisungsrechts komme es nicht an. Auch wenn die Beigeladene zu 1) die Filiale in Bad W eigenverantwortlich leite, würden die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Gründe überwiegen. Die Beigeladene zu 1) sei am Unternehmen nicht beteiligt, weswegen ihr die formale Unternehmereigenschaft und die entsprechende Rechtsmacht fehle. Sie trage auch kein Unternehmerrisiko. Um die Beigeladene zu 1) dann gleichwohl als "Kopf und Seele" des Betriebs ansehen zu können, brauche es mehr als ein gleichberechtigtes Nebeneinander mit dem Inhaber der Beigeladenen zu 2). Die Beigeladene zu 1) ersetze auch eine andere Arbeitskraft, auf die Höhe des an sie gezahlten Lohnes komme es dafür nicht an. Es liege auch keine Ehegatteninnengesellschaft vor. Die tatsächlichen Gegebenheiten sprächen dagegen. Eine Mitunternehmerschaft der Beigeladenen zu 1) werde ausschließlich im Zusammenhang mit der sozialversicherungsrechtlichen Statusfrage geltend gemacht und nicht auch im Übrigen, etwa gegenüber dem Finanzamt angegeben. Es stehe aber nicht zur Disposition der Beteiligten, die Wirkungen eines Vertrags auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken.
Gegen das ihnen am 25. Mai 2012 zugestellte Urteil des Sozialgerichts richtet sich die am 25. Juni 2012 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Beigeladenen zu 1) und 2). Die Klägerin habe den in dem Anerkenntnis vom 17. Juni 2008 enthaltenen Verwaltungsakt nicht anfechten können, da das Anerkenntnis den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt habe. Die Klage sei insoweit bereits unzulässig. Auch habe der Bescheid vom 4. April 2006 sehr wohl eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung enthalten. Die Klägerin müsse sich die Rechtshandlungen der Rechtsvorgängerin der Beklagten zurechnen lassen, was auch für die Rechtsmittelbelehrung gelte. Das gelte ebenso für den im Anerkenntnis vom 17. Juni 2008 enthaltenen Verwaltungsakt. Die Klägerin hätte innerhalb eines Monats nach Zugang Klage erheben können. Das angenommene Anerkenntnis sei auch für die Klägerin wirksam. Das Urteil des Sozialgerichts sei ebenso in der Sache fehlerhaft, weil die Beigeladene zu 1) eine selbständige Tätigkeit ausübe. Sie sei an keine Weisungen gebunden, ihre Tätigkeit sei durch familienhafte Rücksichtnahme und ein gleichberechtigtes Nebeneinander geprägt. Auch bestehe eine Ehegatteninnengesellschaft, die bewirke, dass die Beigeladene zu 1) gleichberechtigt und auf Augenhöhe ihres Ehemannes für das Unternehmen handele. Bereits die eigenständige Leitung eines Betriebssegments sei geeignet, eine Weisungsunabhängigkeit zu begründen (Hinweis auf SG München, Urt. v. 28. September 2005). Auch der weit über das für ein Arbeitsverhältnis Übliche hinausgehende Arbeitseinsatz der Beigeladenen zu 1) belege, dass sie kein "fremder" Arbeitnehmer sei. Die Beigeladene zu 1) trage auch Personalverantwortung. Dagegen würden einzelne für ein Arbeitsverhältnis sprechende Indizien wie der Bezug eines regelmäßigen Gehalts, dessen Verbuchung als Betriebsausgabe und die Anmeldung zur Sozialversicherung überbewertet. Soweit die Klägerin sich eines Anfechtungsrechtes berühme, übersehe sie, dass sie trotz bestehender Möglichkeit keine Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 4. April 2006 erhoben habe. Auch ergebe sich aus dem Urteil des BSG vom 3. Juli 2013 – B 12 KR 8/11 R, dass die Berufung auf die Jahresfrist dann nicht möglich ist, wenn dem Sozialversicherungsträger die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung entgegen zu halten ist. Die Klägerin träfe in mehrerer Hinsicht ein Verschulden, nämlich, weil sie nicht an der mündlichen Verhandlung am 17. Juni 2008 teilgenommen und auch die Monatsfrist für die Erhebung der Anfechtungsklage versäumt habe.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Mai 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil für zutreffend. Als drittbetroffenem Rentenversicherungsträger stehe ihr ein Anfechtungsrecht gegen ein ohne ihre Beteiligung zustande gekommenes Anerkenntnis zu. Das Anerkenntnis müsse sie nicht gegen sich gelten lassen (Hinweis auf BSG v. 30. Juni 1977 – 12/3 RK 91/75 und v. 28. April 2004 – B 6 KA 8/03 R). Durch das Anerkenntnis habe der Bescheid vom 4. April 2006 wieder Geltung gewonnen. Von diesem sei die Beklagte zunächst abgerückt, so dass für sie – die Klägerin – damals keine Veranlassung zum weiteren Vorgehen bestand. Ihr sei keine adressatenbezogene Rechtsmittelbelehrung erteilt worden, deswegen gelte nach ständiger Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf BSG v. 1. Juli 1999 – B 12 KR 2/99 R) für die Klageerhebung eine Jahresfrist. Das Urteil des BSG v. 3. Juli 2013 – B 12 KR 8/11 R betreffe einen anderen Sachverhalt. Sie – die Klägerin – sei durch das von der Beklagten abgegebene Anerkenntnis vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Die Beklagte habe durch ihre Vorgehensweise verdeutlicht, dass sie sich nicht an den Inhalt der "Gemeinsamen Verlautbarung zur Behandlung von Verwaltungsakten (Beitragsbescheiden) durch die am gemeinsamen Beitragseinzug beteiligten Versicherungsträger vom 21. November 2006" halten wollte, so dass die Entscheidung des BSG v. 1. Juli 2013 nicht einschlägig sei. Im Übrigen handele es sich bei dem Anerkenntnis vom 17. Juni 2008 um eine Prozesshandlung und nicht um einen anfechtbaren Verwaltungsakt.
Die Beklagte stellt keinen Antrag und hat sich zum Berufungsverfahren nicht weiter geäußert.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Beklagten und der Klägerin verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Bescheid vom 4. April 2006 und den in dem Anerkenntnis liegenden Bescheid vom 17. Juni 2008 aufgehoben. Soweit die Klage auf Aufhebung des Bescheides vom 4. April 2006 gerichtet ist, ist sie schon unzulässig. Soweit die Klage sich gegen den in dem Anerkenntnis liegenden Bescheid vom 17. Juni 2008 richtet, ist sie unbegründet. Denn dieser Bescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die gegen den Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 4. April 2006 von der Klägerin am 15. April 2009 erhobene Anfechtungsklage ist unzulässig. Denn sie wurde nach Ablauf der Klagefrist erhoben. Nach § 87 Abs. 1 SGG ist die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben, wenn – wie hier wegen § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG – ein Vorverfahren nicht stattzufinden hat. Der Senat kann offen lassen, ob entsprechend dem Urteil des BSG vom 3. Juli 2013 (B 12 KR 8/11 R – juris Rn 22) die Bekanntgabe des Bescheides vom 4. April 2006 auch gegenüber der Beklagten bereits wegen dessen Absendung an die Beigeladenen als bewirkt zu gelten hat, weil die Klägerin an der "Gemeinsamen Verlautbarung zur Behandlung von Beitragsbescheiden durch die am gemeinsamen Beitragseinzug beteiligten Versicherungsträger vom 29. März 2001" mitgewirkt hat, nach der ein Bescheid über die Versicherungspflicht den anderen Versicherungsträgern grundsätzlich nicht bekannt zu geben ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Zuleitung des Bescheides über die AOK Pforzheim der BKK FTE als Bekanntgabe zuzurechnen ist. Der Bescheid vom 4. April 2006 ist der Klägerin nämlich jedenfalls zu dem Zeitpunkt bekannt gegeben worden, als die BKK FTE ihr gegenüber mit dem am 6. Oktober 2006 eingegangenen Schreiben erklärte, an ihrer in diesem Bescheid getroffenen Entscheidung festhalten zu wollen. Für die Bekanntgabe eines Bescheides, der Rechtswirkungen über seinen eigentlichen Adressaten hinaus entfaltet, an einen auch betroffenen Dritten reicht nämlich aus, den Regelungsinhalt des Bescheides dem Dritten in der Absicht zuzuleiten, dass er davon Kenntnis nimmt. Die Übergabe einer förmlichen Ausfertigung des Bescheides ist nicht erforderlich (BSG v. 17. September 2008 – B 6 KA 28/07 R - juris Rn 24).
Für die Versäumung der Klagefrist ist nicht entscheidend, ob nach der jedenfalls am 6. Oktober 2006 erfolgten Bekanntgabe des Bescheides vom 4. April 2006 statt der Monatsfrist wegen einer fehlenden Rechtsmittelbelehrung nach § 66 Abs. 2 SGG eine Klagefrist von einem Jahr galt. Gegenüber der Klägerin hat die BKK FTE nie eine Rechtsmittelbelehrung erteilt. Die dem Bescheid vom 4. April 2006 anhängende Rechtsbehelfsbelehrung war gegenüber der Klägerin deswegen unzutreffend, weil sie allein auf die Möglichkeit eines Widerspruchs hinwies, die Klägerin wegen § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG aber unmittelbar Klage hätte erheben können. Viel spricht aber dafür, dass die Klägerin sich entsprechend den Grundsätzen des Urteils des BSG vom 3. Juli 2013 – B 12 KR 8/11 R nicht auf das Fehlen einer auf sie zugeschnittenen Rechtsbehelfsbelehrung berufen darf. Das kann aber dahingestellt bleiben, weil die Klägerin Anfechtungsklage erst am 15. April 2009 und damit auch weit nach Ablauf einer erst mit Bekanntgabe des Bescheides vom 4. April 2006 am 6. Oktober 2006 einsetzenden Jahresfrist erhoben hat. Die Klagefrist verlängert sich auch nicht dadurch, dass die Klägerin die Rechtsvorgängerin der Beklagten zeitnah zur Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 aufgefordert hat. Für einen solchen Verlängerungstatbestand fehlt jede Rechtsgrundlage.
Allerdings war die Klägerin wegen der während der noch offenen Klagefrist erfolgten Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 durch den Bescheid vom 26. Oktober 2006 zunächst daran gehindert, Anfechtungsklage zu erheben. Denn eine Anfechtungsklage gegen einen bereits zurückgenommenen Bescheid ist unzulässig (Keller im Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl., § 54 Rn 8a). Dieses Hindernis ist aber objektiv zu dem Zeitpunkt weggefallen, als die BKK FTE am 17. Juni 2008 in ihrem vor dem Sozialgericht Karlsruhe abgegebenen Anerkenntnis den Bescheid vom 26. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2007 wieder aufhob. Subjektiv hatte die Klägerin Kenntnis von dem Wegfall des Hindernisses seit dem Erhalt des Sitzungsprotokolls am 4. Juli 2008. Auch unter dem Gesichtspunkt einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann die Klagefrist gegen den Bescheid vom 4. April 2006 dann nicht als gewahrt angesehen werden. Ein förmlicher Antrag auf Wiedereinsetzung ist nie gestellt worden. Die Erhebung der Anfechtungsklage als versäumte Rechtshandlung wurde von der Klägerin erst am 15. April 2009 und damit nicht, wie § 67 Abs. 2 SGG voraussetzt, innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses nachgeholt.
Zulässig ist dagegen die erhobene Anfechtungsklage, soweit sie sich gegen das Anerkenntnis der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 17. Juni 2008 richtet. Die Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Möglichkeit SGG ist hier statthafte Klageart, weil die Klägerin mit ihrer gegen das Anerkenntnis gerichteten Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt. Ein Anerkenntnis hat eine Doppelnatur (Leitherer im Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl., § 101 Rn 21). Zum einen ist es Prozesshandlung, die sich auf den geltend gemachten prozessualen Anspruch bezieht. Zum anderen ist sein Inhalt aber auch geeignet, auf die materielle Rechtslage einzuwirken. Die Beklagte hat in ihrem am 17. Juni 2008 vor dem Sozialgericht Karlsruhe abgegebenen Anerkenntnis erklärt, dass sie den Bescheid vom 26. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2007 aufhebe. Diese Willenserklärung erfüllt alle Merkmale eines Verwaltungsaktes im Sinne des § 31 SGB X. Insbesondere enthält sie schon eine Regelung, weil die Willenserklärung die Aufhebung der Bescheide nicht erst für die Zukunft in Aussicht stellt, sondern die Aufhebung unmittelbar vornimmt. Die Wirksamkeit dieses Verwaltungsaktes hängt nach §§ 9, 33 Abs. 2 SGB X nicht von der Einhaltung irgendwelcher Formerfordernisse ab. Zudem ist das Anerkenntnis gerichtlich protokolliert worden. Dass nach dem Anerkenntnis kein weiterer Ausführungsbescheid ergangen ist, nimmt dem in dem Anerkenntnis liegenden Verwaltungsakt nicht seine Rechtswirksamkeit (vgl. BSG, Urt. v. 28. April 2004 – B 6 KA 8/03 R – juris Rn 37).
Die Anfechtungsklage ist nicht deswegen unzulässig, weil sie die prozessbeendende Wirkung des Anerkenntnisses in Frage stellt. Nach § 101 Abs. 2 SGG erledigt ein angenommenes Anerkenntnis zwar den Rechtsstreit in der Hauptsache. Dies gilt auch, wenn ein notwendig Beigeladener dem Anerkenntnis (bzw. seiner Annahme) nicht zugestimmt hat. In diesem Fall entfaltet das Anerkenntnis dann aber keine Bindungswirkung gegenüber dem Beigeladenen, so dass dieser nicht gehindert ist, die in dem Anerkenntnis liegende Regelung seinerseits mit Rechtsmitteln anzugreifen (BSG, Urt. v. 30. Juni 1977 – 12/3 RK 91/75 – juris Rn 14; Urt. v. 28. April 2004 – B 6 KA 8/03 R – juris Rn 37). So liegt es auch hier. Die Klägerin war an der Abgabe des Anerkenntnisses durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht beteiligt und hat auch weder zugestimmt noch genehmigt. Entsprechend wird sie durch das Anerkenntnis nicht gebunden.
Die Anfechtungsklage gegen das Anerkenntnis ist auch nicht verspätet erhoben worden. Nach § 66 Abs. 2 SGG gilt eine Klagefrist von einem Jahr nach Bekanntgabe der Entscheidung, da dem Anerkenntnis keinerlei Rechtsmittelbelehrung beigefügt war. Auch nach den Grundsätzen der Entscheidung des BSG vom 3. Juli 2013 – B 12 KR 8/11 R ist hier nicht von einer Verwirkung des Klagerechts auszugehen. Das BSG hatte dem drittbetroffenen Versicherten in einer an sich mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbaren Konstellation Vertrauensschutz gewährt, weil der Rentenversicherungsträger durch sein Mitwirken an der "Gemeinsamen Verlautbarung zur Behandlung von Beitragsbescheiden durch die am gemeinsamen Beitragseinzug beteiligten Versicherungsträger vom 29. März 2001" seinen Anteil an dem Entstehen einer Verwaltungspraxis habe, welche entgegen den gesetzlichen Vorgaben gerade nicht darauf angelegt sei, dass die von Entscheidungen der Einzugsstellen betroffenen Versicherungsträger zeitnah von den mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheiden Kenntnis erlangten (BSG, Urt. v. 3. Juli 2013 – B 12 KR 8/11 R – juris Rn 29/30, dem folgend LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 22. Juli 2014 – L 11 KR 2105/12 – juris Rn 64). In dem vorliegenden Fall ist die Aufhebung des Beitragsbescheides aber als Anerkenntnis im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens und damit außerhalb des Regelungsgegenstandes der gemeinsamen Verlautbarung erfolgt. Auch konnte ein schutzwürdiges Vertrauen der Beigeladenen darauf, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Klägerin zeitnah einen mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehenen Rücknahmebescheid bekannt geben würde bereits deswegen nicht entstehen, weil die Beigeladenen selbst einen entsprechenden Bescheid nicht erhalten haben. Die Beklagte hat ihr Anerkenntnis nicht durch einen Ausführungsbescheid nochmals umgesetzt, sondern es bei der vor dem Sozialgericht Karlsruhe abgegebenen Erklärung belassen. Diese enthielt – auch für die Beigeladenen ersichtlich – keine Rechtsmittelbelehrung. Die Vorgehensweise der Beklagten konnte daher bei den Beigeladenen nicht die Erwartung erwecken, dass auch der Klägerin zeitnah ein mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehender Bescheid erteilt wird. Lag demnach offen zu Tage, dass keine den Verfahrensvorschriften des SGB X entsprechende Bescheiderteilung erfolgt, konnte sich bei den Beigeladenen kein schutzwürdiges Vertrauen auf das Gegenteil bilden.
Die Anfechtungsklage ist indessen nicht begründet, weil der in dem Anerkenntnis liegende Rücknahmebescheid der Beklagten nicht rechtswidrig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Beklagte war nämlich nach § 44 SGB X gehalten, den Bescheid vom 26. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2007 zurückzunehmen. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sich ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt worden ist und deshalb Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Der Bescheid vom 26. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2007 stellte unter Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) zu den Zweigen der Sozialversicherung fest und ist demnach Grundlage für die Erhebung von Beiträgen. Er war rechtswidrig, weil der gegenteilige Bescheid vom 4. April 2006 nicht mehr zurückgenommen werden durfte.
Dem Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2007 lässt sich entnehmen, dass sich die Rechtvorgängerin der Beklagten zur Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 für berechtigt gehalten hat, weil dieser ein nicht begünstigender und zudem rechtswidriger Bescheid gewesen sei. Die Annahme, es liege ein nicht begünstigender Bescheid vor, weil er die Beigeladene zu 1) von den Leistungen der Sozialversicherung ausschließe, ist indessen unrichtig. Denn der Bescheid vom 4. April 2006 war insoweit rechtlich vorteilhaft, wie er die Beigeladenen von der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung befreite. Bescheide, welche sowohl begünstigende als auch belastende Regelungen enthalten, unterfallen bei Unteilbarkeit der Regelungen insgesamt den für begünstigende Verwaltungsakte geltenden Vertrauensschutzregelungen (Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 45 Rn 23). Unteilbarkeit liegt hier vor, weil die Versicherungspflicht gleichermaßen Pflichten und Rechte, nämlich Beitragspflichten und Leistungsansprüche begründet. Nur unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X war daher die Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 mit Wirkung für die Vergangenheit möglich.
Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden, soweit er rechtswidrig ist, allerdings nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 des § 45 SGB X. Indessen gilt § 45 SGB X nach § 49 SGB X dann nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen oder der Klage stattgegeben wird. Da die Voraussetzungen des § 49 SGB X aber vorliegend nicht erfüllt sind, bestimmt sich die Rechtmäßigkeit der Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 allein nach § 45 SGB X.
Die Voraussetzungen des § 49 SGB X lagen bei der Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 nicht vor, weil die Klägerin gegen den Bescheid vom 4. April 2006 erst am 15. April 2009 Klage erhoben hat. Dieses Datum liegt weit nach dem Rücknahmebescheid vom 26. Oktober 2006 und dem dazu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2007. Das Fehlen einer Anfechtungsklage zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung kann auch nicht nachträglich dadurch "geheilt" werden, dass die Anfechtungsklage dann später erhoben worden ist. Dagegen spricht hier schon, dass die Rechtswirkungen des § 49 SGB X nur eintreten, wenn die erhobene Klage zulässig ist (BSG, Urt. v. 3. Juli 2013 – B 12 KR 8/11 R – juris Rn 17). Die von der Klägerin noch erhobene Klage gegen den Bescheid vom 4. April 2006 ist aber – wie oben bereits ausgeführt wurde – unzulässig.
Die Rechtswidrigkeit der Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 mit Wirkung für die Vergangenheit ergibt sich daraus, dass nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X eine solche Rücknahme nur möglich ist, wenn der Begünstigte den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat, der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, oder wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen gibt es keinen Anhaltspunkt, sie sind auch von der Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht geprüft worden. Die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes nach § 45 SGB X ist zudem eine Ermessensentscheidung, deren Rechtmäßigkeit voraussetzt, dass alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles erkannt werden (Schütze in v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 45 Rn 89). Da die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu Unrecht aber bereits von dem Vorliegen eines nicht begünstigenden Verwaltungsaktes ausging, hat sie schon im Ausgangspunkt die für die Ermessensausübung maßgeblichen Gesichtspunkte verkannt. Es liegt damit jedenfalls ein Ermessensfehler vor, der auch die Rechtmäßigkeit einer nur für die Zukunft wirkenden Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 ausschließt.
Nach alledem war auf die Berufung der Beigeladenen das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren beruht auf § 197a SGG, die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren auf § 193 SGG. Die Beigeladene zu 1) hat als kostenprivilegierte Versicherte das Rechtsmittel (mit-) eingelegt.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) seit dem 1. April 2009 der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliegt.
Die Beigeladene zu 1) arbeitet seit dem 1. April 2000 als Kauffrau im Einzelhandel im Betrieb der Beigeladenen zu 2). Dessen alleiniger Inhaber ist ihr Ehemann, mit dem die Beigeladene zu 1) im gesetzlichen Güterstand lebt.
Seit dem 1. April 2004 war die Beigeladene zu 1) bei der BKK FTE krankenversichert, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist. Auf der Grundlage von Angaben auf einem "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen (Ehegatten, Lebenspartner) im Rahmen eines Anfrageverfahrens gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV" entschied die BKK FTE durch Bescheid vom 4. April 2006, dass ab dem 1. April 2004 keine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliege. Die Beigeladene zu 1) unterliege keinem Weisungsrecht, könne ihre Tätigkeit frei bestimmen, die zudem aufgrund familiärer Rücksichtnahmen durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander zum Betriebsinhaber geprägt sei, und habe weder Urlaubsanspruch noch eine Kündigungsfrist.
Diesen Bescheid der BKK FTE legte die Beigeladene zu 1) der AOK Pforzheim vor, bei der sie in der Zeit vom 1. April 2000 bis zum 31. März 2004 versichert war, und bat für diesen Zeitraum um eine gleichlautende Entscheidung. Daraufhin leitete die AOK Pforzheim die ihr vorliegenden Unterlagen einschließlich einer Kopie des Bescheides der BKK FTE vom 4. April 2006 an die Klägerin weiter, wo sie am 27. Juli 2006 eingingen. Die Klägerin wies die BKK FTE durch Schreiben vom 3. August 2008 zunächst darauf hin, dass die Entscheidung über das Bestehen von Versicherungs- und Beitragspflicht nach Punkt 8 der Niederschrift der Besprechung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 5. und 6. Juli 2005 mit ihr abzusprechen gewesen wäre. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2006, bei der Klägerin eingegangen am 6. Oktober 2006, erklärte die BKK FTE gegenüber der Klägerin, dass sie bei ihrer Auffassung bleibe, es handele sich aufgrund familienhafter Mitarbeit nicht um ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Die Beklagte erklärte dazu schriftlich am 17. Oktober 2006, dass sie die Auffassung der BKK FTE nicht teile und bat um Aufhebung des Bescheides vom 4. April 2006. Durch Bescheid vom 26. Oktober 2006 nahm die BKK FTE gegenüber der Beigeladenen zu 1) ihren Bescheid vom 4. April 2006 "aufgrund der Anweisung der deutschen Rentenversicherung" zurück. Die Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 2) sei als versicherungspflichtig anzusehen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die BKK FTE durch Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2007 zurück.
Gegen den Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 26. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2007 erhoben die Beigeladenen am 15. März 2007 Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe. Die Klägerin wurde vom Sozialgericht Karlsruhe durch Beschluss vom 12. Juni 2007 zum dortigen Verfahren beigeladen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Karlsruhe am 17. Juni 2008 wies die Kammervorsitzende die BKK FTE darauf hin, dass es Zweifel am Vorliegen einer Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung des Bescheides vom 4. April 2006 gebe. Denn dieser Bescheid sei teilweise ein begünstigender Bescheid gewesen, so dass er wohl nur unter den Voraussetzungen des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) oder des § 49 SGB X zurückgenommen werden könne. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften lägen aber nicht vor. Insbesondere habe die Beigeladene zu 1) keine unvollständigen oder nicht wahrheitsgemäßen Angaben gemacht. Die Klägerin habe auch keine Anfechtungsklage erhoben. Daraufhin erklärte der Vertreter der BKK FTE das Anerkenntnis, dass er den Bescheid vom 26. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2007 aufhebe. Die Beigeladenen nahmen das Anerkenntnis an und erklärten den dortigen Rechtsstreit für erledigt. Die Klägerin erhielt am 4. Juli 2008 eine Abschrift des Sitzungsprotokolls.
Mit der am 15. April 2009 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat die Klägerin die Aufhebung des Bescheides vom 4. April 2006 begehrt, der mit dem Anerkenntnis der BKK FTE vom 17. Juni 2008 als rechtmäßig anerkannt worden sei. Nach § 49 SGB X sei eine Aufhebung des Bescheides durch die Beklagte noch möglich. Die BKK FTE hat gegenüber dem Sozialgericht erklärt, dass sie ihr Anerkenntnis nicht durch einen Ausführungsbescheid umgesetzt habe.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 11. Mai 2012 den Bescheid vom 4. April 2006 in der Gestalt des Anerkenntnisses vom 17. Juni 2008 in Bezug auf die Feststellung der Versicherungsfreiheit zur Rentenversicherung aufgehoben und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt. Die Klage sei zulässig und begründet. Die Klägerin könne den Bescheid vom 4. April 2006 in der Gestalt des Anerkenntnisses vom 17. Juni 2008 anfechten, weil sie durch ihn beschwert sei. Soweit die Rechtsvorgängerin der Beklagten über die Rentenversicherungspflicht entschieden habe, habe sie über Rechte der Klägerin verfügt. Eines Vorverfahrens habe es nicht bedurft. Da weder der Bescheid vom 4. April 2006 noch der in dem Anerkenntnis vom 17. Juni 2008 enthaltene Verwaltungsakt eine Rechtsmittelbelehrung enthielten, gelte für die Klageerhebung die Jahresfrist. Diese habe die Klägerin mit der am 15. April 2009 erhobenen Klage gewahrt, da ihr das Anerkenntnis am 4. Juli 2008 zugestellt worden sei. Das von der Beklagten ausgesprochene Anerkenntnis binde die Klägerin nicht. Den Beigeladenen stehe auch kein Vertrauensschutz zu. Aus § 49 SGB X ergebe sich, dass § 45 SGB X nicht gelte, wenn ein die Beigeladenen begünstigender Verwaltungsakt, der von der Klägerin angefochten werde, während des sozialgerichtlichen Verfahrens aufgehoben und dadurch der Klage stattgegeben wird. Die Klägerin habe ihr Klagerecht auch nicht verwirkt. Das dafür erforderliche Zeit- und Umstandsmoment seien beide nicht gegeben. Im Hinblick auf die im Sozialgerichtsgesetz (SGG) festgeschriebene Jahresfrist für die Klageerhebung könne im Regelfall nicht schon vorher eine Verwirkung angenommen werden. Das Umstandsmoment fehle, weil die Klägerin nur untätig gewesen sei. Außerdem sei jedenfalls für die rechtskundigen Bevollmächtigten der Beigeladenen erkennbar gewesen, dass die Klägerin sich die Verfolgung ihrer Rechte noch vorbehalten wollte. Die Klage sei auch begründet, weil die Beklagte zu Unrecht festgestellt habe, dass die Beigeladene zu 1) mit ihrer Tätigkeit für den Beigeladenen zu 2) seit dem 1. April 2004 nicht der Rentenversicherungspflicht unterliege. Es handele sich nämlich um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Auch wenn kein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen wurde, sei angesichts des Fehlens einer Beteiligung der Beigeladenen zu 1) an dem Unternehmen und des Bezugs eines konstanten monatlichen Festgehalts, das als Betriebsausgabe verbucht und als lohnsteuerpflichtig behandelt worden sei, auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zu schließen. Zudem sei die Beigeladene zu 1) fest in die Betriebsorganisation eingebunden gewesen. Auf die tatsächliche Ausübung des vertraglich begründeten Weisungsrechts komme es nicht an. Auch wenn die Beigeladene zu 1) die Filiale in Bad W eigenverantwortlich leite, würden die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Gründe überwiegen. Die Beigeladene zu 1) sei am Unternehmen nicht beteiligt, weswegen ihr die formale Unternehmereigenschaft und die entsprechende Rechtsmacht fehle. Sie trage auch kein Unternehmerrisiko. Um die Beigeladene zu 1) dann gleichwohl als "Kopf und Seele" des Betriebs ansehen zu können, brauche es mehr als ein gleichberechtigtes Nebeneinander mit dem Inhaber der Beigeladenen zu 2). Die Beigeladene zu 1) ersetze auch eine andere Arbeitskraft, auf die Höhe des an sie gezahlten Lohnes komme es dafür nicht an. Es liege auch keine Ehegatteninnengesellschaft vor. Die tatsächlichen Gegebenheiten sprächen dagegen. Eine Mitunternehmerschaft der Beigeladenen zu 1) werde ausschließlich im Zusammenhang mit der sozialversicherungsrechtlichen Statusfrage geltend gemacht und nicht auch im Übrigen, etwa gegenüber dem Finanzamt angegeben. Es stehe aber nicht zur Disposition der Beteiligten, die Wirkungen eines Vertrags auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken.
Gegen das ihnen am 25. Mai 2012 zugestellte Urteil des Sozialgerichts richtet sich die am 25. Juni 2012 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Beigeladenen zu 1) und 2). Die Klägerin habe den in dem Anerkenntnis vom 17. Juni 2008 enthaltenen Verwaltungsakt nicht anfechten können, da das Anerkenntnis den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt habe. Die Klage sei insoweit bereits unzulässig. Auch habe der Bescheid vom 4. April 2006 sehr wohl eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung enthalten. Die Klägerin müsse sich die Rechtshandlungen der Rechtsvorgängerin der Beklagten zurechnen lassen, was auch für die Rechtsmittelbelehrung gelte. Das gelte ebenso für den im Anerkenntnis vom 17. Juni 2008 enthaltenen Verwaltungsakt. Die Klägerin hätte innerhalb eines Monats nach Zugang Klage erheben können. Das angenommene Anerkenntnis sei auch für die Klägerin wirksam. Das Urteil des Sozialgerichts sei ebenso in der Sache fehlerhaft, weil die Beigeladene zu 1) eine selbständige Tätigkeit ausübe. Sie sei an keine Weisungen gebunden, ihre Tätigkeit sei durch familienhafte Rücksichtnahme und ein gleichberechtigtes Nebeneinander geprägt. Auch bestehe eine Ehegatteninnengesellschaft, die bewirke, dass die Beigeladene zu 1) gleichberechtigt und auf Augenhöhe ihres Ehemannes für das Unternehmen handele. Bereits die eigenständige Leitung eines Betriebssegments sei geeignet, eine Weisungsunabhängigkeit zu begründen (Hinweis auf SG München, Urt. v. 28. September 2005). Auch der weit über das für ein Arbeitsverhältnis Übliche hinausgehende Arbeitseinsatz der Beigeladenen zu 1) belege, dass sie kein "fremder" Arbeitnehmer sei. Die Beigeladene zu 1) trage auch Personalverantwortung. Dagegen würden einzelne für ein Arbeitsverhältnis sprechende Indizien wie der Bezug eines regelmäßigen Gehalts, dessen Verbuchung als Betriebsausgabe und die Anmeldung zur Sozialversicherung überbewertet. Soweit die Klägerin sich eines Anfechtungsrechtes berühme, übersehe sie, dass sie trotz bestehender Möglichkeit keine Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 4. April 2006 erhoben habe. Auch ergebe sich aus dem Urteil des BSG vom 3. Juli 2013 – B 12 KR 8/11 R, dass die Berufung auf die Jahresfrist dann nicht möglich ist, wenn dem Sozialversicherungsträger die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung entgegen zu halten ist. Die Klägerin träfe in mehrerer Hinsicht ein Verschulden, nämlich, weil sie nicht an der mündlichen Verhandlung am 17. Juni 2008 teilgenommen und auch die Monatsfrist für die Erhebung der Anfechtungsklage versäumt habe.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Mai 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil für zutreffend. Als drittbetroffenem Rentenversicherungsträger stehe ihr ein Anfechtungsrecht gegen ein ohne ihre Beteiligung zustande gekommenes Anerkenntnis zu. Das Anerkenntnis müsse sie nicht gegen sich gelten lassen (Hinweis auf BSG v. 30. Juni 1977 – 12/3 RK 91/75 und v. 28. April 2004 – B 6 KA 8/03 R). Durch das Anerkenntnis habe der Bescheid vom 4. April 2006 wieder Geltung gewonnen. Von diesem sei die Beklagte zunächst abgerückt, so dass für sie – die Klägerin – damals keine Veranlassung zum weiteren Vorgehen bestand. Ihr sei keine adressatenbezogene Rechtsmittelbelehrung erteilt worden, deswegen gelte nach ständiger Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf BSG v. 1. Juli 1999 – B 12 KR 2/99 R) für die Klageerhebung eine Jahresfrist. Das Urteil des BSG v. 3. Juli 2013 – B 12 KR 8/11 R betreffe einen anderen Sachverhalt. Sie – die Klägerin – sei durch das von der Beklagten abgegebene Anerkenntnis vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Die Beklagte habe durch ihre Vorgehensweise verdeutlicht, dass sie sich nicht an den Inhalt der "Gemeinsamen Verlautbarung zur Behandlung von Verwaltungsakten (Beitragsbescheiden) durch die am gemeinsamen Beitragseinzug beteiligten Versicherungsträger vom 21. November 2006" halten wollte, so dass die Entscheidung des BSG v. 1. Juli 2013 nicht einschlägig sei. Im Übrigen handele es sich bei dem Anerkenntnis vom 17. Juni 2008 um eine Prozesshandlung und nicht um einen anfechtbaren Verwaltungsakt.
Die Beklagte stellt keinen Antrag und hat sich zum Berufungsverfahren nicht weiter geäußert.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Beklagten und der Klägerin verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Bescheid vom 4. April 2006 und den in dem Anerkenntnis liegenden Bescheid vom 17. Juni 2008 aufgehoben. Soweit die Klage auf Aufhebung des Bescheides vom 4. April 2006 gerichtet ist, ist sie schon unzulässig. Soweit die Klage sich gegen den in dem Anerkenntnis liegenden Bescheid vom 17. Juni 2008 richtet, ist sie unbegründet. Denn dieser Bescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die gegen den Bescheid der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 4. April 2006 von der Klägerin am 15. April 2009 erhobene Anfechtungsklage ist unzulässig. Denn sie wurde nach Ablauf der Klagefrist erhoben. Nach § 87 Abs. 1 SGG ist die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben, wenn – wie hier wegen § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG – ein Vorverfahren nicht stattzufinden hat. Der Senat kann offen lassen, ob entsprechend dem Urteil des BSG vom 3. Juli 2013 (B 12 KR 8/11 R – juris Rn 22) die Bekanntgabe des Bescheides vom 4. April 2006 auch gegenüber der Beklagten bereits wegen dessen Absendung an die Beigeladenen als bewirkt zu gelten hat, weil die Klägerin an der "Gemeinsamen Verlautbarung zur Behandlung von Beitragsbescheiden durch die am gemeinsamen Beitragseinzug beteiligten Versicherungsträger vom 29. März 2001" mitgewirkt hat, nach der ein Bescheid über die Versicherungspflicht den anderen Versicherungsträgern grundsätzlich nicht bekannt zu geben ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Zuleitung des Bescheides über die AOK Pforzheim der BKK FTE als Bekanntgabe zuzurechnen ist. Der Bescheid vom 4. April 2006 ist der Klägerin nämlich jedenfalls zu dem Zeitpunkt bekannt gegeben worden, als die BKK FTE ihr gegenüber mit dem am 6. Oktober 2006 eingegangenen Schreiben erklärte, an ihrer in diesem Bescheid getroffenen Entscheidung festhalten zu wollen. Für die Bekanntgabe eines Bescheides, der Rechtswirkungen über seinen eigentlichen Adressaten hinaus entfaltet, an einen auch betroffenen Dritten reicht nämlich aus, den Regelungsinhalt des Bescheides dem Dritten in der Absicht zuzuleiten, dass er davon Kenntnis nimmt. Die Übergabe einer förmlichen Ausfertigung des Bescheides ist nicht erforderlich (BSG v. 17. September 2008 – B 6 KA 28/07 R - juris Rn 24).
Für die Versäumung der Klagefrist ist nicht entscheidend, ob nach der jedenfalls am 6. Oktober 2006 erfolgten Bekanntgabe des Bescheides vom 4. April 2006 statt der Monatsfrist wegen einer fehlenden Rechtsmittelbelehrung nach § 66 Abs. 2 SGG eine Klagefrist von einem Jahr galt. Gegenüber der Klägerin hat die BKK FTE nie eine Rechtsmittelbelehrung erteilt. Die dem Bescheid vom 4. April 2006 anhängende Rechtsbehelfsbelehrung war gegenüber der Klägerin deswegen unzutreffend, weil sie allein auf die Möglichkeit eines Widerspruchs hinwies, die Klägerin wegen § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG aber unmittelbar Klage hätte erheben können. Viel spricht aber dafür, dass die Klägerin sich entsprechend den Grundsätzen des Urteils des BSG vom 3. Juli 2013 – B 12 KR 8/11 R nicht auf das Fehlen einer auf sie zugeschnittenen Rechtsbehelfsbelehrung berufen darf. Das kann aber dahingestellt bleiben, weil die Klägerin Anfechtungsklage erst am 15. April 2009 und damit auch weit nach Ablauf einer erst mit Bekanntgabe des Bescheides vom 4. April 2006 am 6. Oktober 2006 einsetzenden Jahresfrist erhoben hat. Die Klagefrist verlängert sich auch nicht dadurch, dass die Klägerin die Rechtsvorgängerin der Beklagten zeitnah zur Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 aufgefordert hat. Für einen solchen Verlängerungstatbestand fehlt jede Rechtsgrundlage.
Allerdings war die Klägerin wegen der während der noch offenen Klagefrist erfolgten Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 durch den Bescheid vom 26. Oktober 2006 zunächst daran gehindert, Anfechtungsklage zu erheben. Denn eine Anfechtungsklage gegen einen bereits zurückgenommenen Bescheid ist unzulässig (Keller im Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl., § 54 Rn 8a). Dieses Hindernis ist aber objektiv zu dem Zeitpunkt weggefallen, als die BKK FTE am 17. Juni 2008 in ihrem vor dem Sozialgericht Karlsruhe abgegebenen Anerkenntnis den Bescheid vom 26. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2007 wieder aufhob. Subjektiv hatte die Klägerin Kenntnis von dem Wegfall des Hindernisses seit dem Erhalt des Sitzungsprotokolls am 4. Juli 2008. Auch unter dem Gesichtspunkt einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann die Klagefrist gegen den Bescheid vom 4. April 2006 dann nicht als gewahrt angesehen werden. Ein förmlicher Antrag auf Wiedereinsetzung ist nie gestellt worden. Die Erhebung der Anfechtungsklage als versäumte Rechtshandlung wurde von der Klägerin erst am 15. April 2009 und damit nicht, wie § 67 Abs. 2 SGG voraussetzt, innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses nachgeholt.
Zulässig ist dagegen die erhobene Anfechtungsklage, soweit sie sich gegen das Anerkenntnis der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 17. Juni 2008 richtet. Die Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Möglichkeit SGG ist hier statthafte Klageart, weil die Klägerin mit ihrer gegen das Anerkenntnis gerichteten Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt. Ein Anerkenntnis hat eine Doppelnatur (Leitherer im Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl., § 101 Rn 21). Zum einen ist es Prozesshandlung, die sich auf den geltend gemachten prozessualen Anspruch bezieht. Zum anderen ist sein Inhalt aber auch geeignet, auf die materielle Rechtslage einzuwirken. Die Beklagte hat in ihrem am 17. Juni 2008 vor dem Sozialgericht Karlsruhe abgegebenen Anerkenntnis erklärt, dass sie den Bescheid vom 26. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2007 aufhebe. Diese Willenserklärung erfüllt alle Merkmale eines Verwaltungsaktes im Sinne des § 31 SGB X. Insbesondere enthält sie schon eine Regelung, weil die Willenserklärung die Aufhebung der Bescheide nicht erst für die Zukunft in Aussicht stellt, sondern die Aufhebung unmittelbar vornimmt. Die Wirksamkeit dieses Verwaltungsaktes hängt nach §§ 9, 33 Abs. 2 SGB X nicht von der Einhaltung irgendwelcher Formerfordernisse ab. Zudem ist das Anerkenntnis gerichtlich protokolliert worden. Dass nach dem Anerkenntnis kein weiterer Ausführungsbescheid ergangen ist, nimmt dem in dem Anerkenntnis liegenden Verwaltungsakt nicht seine Rechtswirksamkeit (vgl. BSG, Urt. v. 28. April 2004 – B 6 KA 8/03 R – juris Rn 37).
Die Anfechtungsklage ist nicht deswegen unzulässig, weil sie die prozessbeendende Wirkung des Anerkenntnisses in Frage stellt. Nach § 101 Abs. 2 SGG erledigt ein angenommenes Anerkenntnis zwar den Rechtsstreit in der Hauptsache. Dies gilt auch, wenn ein notwendig Beigeladener dem Anerkenntnis (bzw. seiner Annahme) nicht zugestimmt hat. In diesem Fall entfaltet das Anerkenntnis dann aber keine Bindungswirkung gegenüber dem Beigeladenen, so dass dieser nicht gehindert ist, die in dem Anerkenntnis liegende Regelung seinerseits mit Rechtsmitteln anzugreifen (BSG, Urt. v. 30. Juni 1977 – 12/3 RK 91/75 – juris Rn 14; Urt. v. 28. April 2004 – B 6 KA 8/03 R – juris Rn 37). So liegt es auch hier. Die Klägerin war an der Abgabe des Anerkenntnisses durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht beteiligt und hat auch weder zugestimmt noch genehmigt. Entsprechend wird sie durch das Anerkenntnis nicht gebunden.
Die Anfechtungsklage gegen das Anerkenntnis ist auch nicht verspätet erhoben worden. Nach § 66 Abs. 2 SGG gilt eine Klagefrist von einem Jahr nach Bekanntgabe der Entscheidung, da dem Anerkenntnis keinerlei Rechtsmittelbelehrung beigefügt war. Auch nach den Grundsätzen der Entscheidung des BSG vom 3. Juli 2013 – B 12 KR 8/11 R ist hier nicht von einer Verwirkung des Klagerechts auszugehen. Das BSG hatte dem drittbetroffenen Versicherten in einer an sich mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbaren Konstellation Vertrauensschutz gewährt, weil der Rentenversicherungsträger durch sein Mitwirken an der "Gemeinsamen Verlautbarung zur Behandlung von Beitragsbescheiden durch die am gemeinsamen Beitragseinzug beteiligten Versicherungsträger vom 29. März 2001" seinen Anteil an dem Entstehen einer Verwaltungspraxis habe, welche entgegen den gesetzlichen Vorgaben gerade nicht darauf angelegt sei, dass die von Entscheidungen der Einzugsstellen betroffenen Versicherungsträger zeitnah von den mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheiden Kenntnis erlangten (BSG, Urt. v. 3. Juli 2013 – B 12 KR 8/11 R – juris Rn 29/30, dem folgend LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 22. Juli 2014 – L 11 KR 2105/12 – juris Rn 64). In dem vorliegenden Fall ist die Aufhebung des Beitragsbescheides aber als Anerkenntnis im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens und damit außerhalb des Regelungsgegenstandes der gemeinsamen Verlautbarung erfolgt. Auch konnte ein schutzwürdiges Vertrauen der Beigeladenen darauf, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten der Klägerin zeitnah einen mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehenen Rücknahmebescheid bekannt geben würde bereits deswegen nicht entstehen, weil die Beigeladenen selbst einen entsprechenden Bescheid nicht erhalten haben. Die Beklagte hat ihr Anerkenntnis nicht durch einen Ausführungsbescheid nochmals umgesetzt, sondern es bei der vor dem Sozialgericht Karlsruhe abgegebenen Erklärung belassen. Diese enthielt – auch für die Beigeladenen ersichtlich – keine Rechtsmittelbelehrung. Die Vorgehensweise der Beklagten konnte daher bei den Beigeladenen nicht die Erwartung erwecken, dass auch der Klägerin zeitnah ein mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehender Bescheid erteilt wird. Lag demnach offen zu Tage, dass keine den Verfahrensvorschriften des SGB X entsprechende Bescheiderteilung erfolgt, konnte sich bei den Beigeladenen kein schutzwürdiges Vertrauen auf das Gegenteil bilden.
Die Anfechtungsklage ist indessen nicht begründet, weil der in dem Anerkenntnis liegende Rücknahmebescheid der Beklagten nicht rechtswidrig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Beklagte war nämlich nach § 44 SGB X gehalten, den Bescheid vom 26. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2007 zurückzunehmen. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sich ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt worden ist und deshalb Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Der Bescheid vom 26. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2007 stellte unter Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) zu den Zweigen der Sozialversicherung fest und ist demnach Grundlage für die Erhebung von Beiträgen. Er war rechtswidrig, weil der gegenteilige Bescheid vom 4. April 2006 nicht mehr zurückgenommen werden durfte.
Dem Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2007 lässt sich entnehmen, dass sich die Rechtvorgängerin der Beklagten zur Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 für berechtigt gehalten hat, weil dieser ein nicht begünstigender und zudem rechtswidriger Bescheid gewesen sei. Die Annahme, es liege ein nicht begünstigender Bescheid vor, weil er die Beigeladene zu 1) von den Leistungen der Sozialversicherung ausschließe, ist indessen unrichtig. Denn der Bescheid vom 4. April 2006 war insoweit rechtlich vorteilhaft, wie er die Beigeladenen von der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung befreite. Bescheide, welche sowohl begünstigende als auch belastende Regelungen enthalten, unterfallen bei Unteilbarkeit der Regelungen insgesamt den für begünstigende Verwaltungsakte geltenden Vertrauensschutzregelungen (Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 45 Rn 23). Unteilbarkeit liegt hier vor, weil die Versicherungspflicht gleichermaßen Pflichten und Rechte, nämlich Beitragspflichten und Leistungsansprüche begründet. Nur unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X war daher die Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 mit Wirkung für die Vergangenheit möglich.
Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden, soweit er rechtswidrig ist, allerdings nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 des § 45 SGB X. Indessen gilt § 45 SGB X nach § 49 SGB X dann nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen oder der Klage stattgegeben wird. Da die Voraussetzungen des § 49 SGB X aber vorliegend nicht erfüllt sind, bestimmt sich die Rechtmäßigkeit der Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 allein nach § 45 SGB X.
Die Voraussetzungen des § 49 SGB X lagen bei der Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 nicht vor, weil die Klägerin gegen den Bescheid vom 4. April 2006 erst am 15. April 2009 Klage erhoben hat. Dieses Datum liegt weit nach dem Rücknahmebescheid vom 26. Oktober 2006 und dem dazu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2007. Das Fehlen einer Anfechtungsklage zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung kann auch nicht nachträglich dadurch "geheilt" werden, dass die Anfechtungsklage dann später erhoben worden ist. Dagegen spricht hier schon, dass die Rechtswirkungen des § 49 SGB X nur eintreten, wenn die erhobene Klage zulässig ist (BSG, Urt. v. 3. Juli 2013 – B 12 KR 8/11 R – juris Rn 17). Die von der Klägerin noch erhobene Klage gegen den Bescheid vom 4. April 2006 ist aber – wie oben bereits ausgeführt wurde – unzulässig.
Die Rechtswidrigkeit der Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 mit Wirkung für die Vergangenheit ergibt sich daraus, dass nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X eine solche Rücknahme nur möglich ist, wenn der Begünstigte den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat, der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, oder wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen gibt es keinen Anhaltspunkt, sie sind auch von der Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht geprüft worden. Die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes nach § 45 SGB X ist zudem eine Ermessensentscheidung, deren Rechtmäßigkeit voraussetzt, dass alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles erkannt werden (Schütze in v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 45 Rn 89). Da die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu Unrecht aber bereits von dem Vorliegen eines nicht begünstigenden Verwaltungsaktes ausging, hat sie schon im Ausgangspunkt die für die Ermessensausübung maßgeblichen Gesichtspunkte verkannt. Es liegt damit jedenfalls ein Ermessensfehler vor, der auch die Rechtmäßigkeit einer nur für die Zukunft wirkenden Rücknahme des Bescheides vom 4. April 2006 ausschließt.
Nach alledem war auf die Berufung der Beigeladenen das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren beruht auf § 197a SGG, die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren auf § 193 SGG. Die Beigeladene zu 1) hat als kostenprivilegierte Versicherte das Rechtsmittel (mit-) eingelegt.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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