Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 211 KR 1086/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 18/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die elektronische Gesundheitskarte verstößt in ihrer derzeitigen Anwendung nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wehrt sich gegen die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK). Er sieht sich in der Pflicht zur Benutzung der Karte in Grundrechten verletzt, vor allem wegen fehlender gesetzlicher Detailregelungen des Datenschutzes.
Er ist bei der Beklagten pflichtversichert. Nachdem diese – nach seinem Vortrag – auf sein Schreiben mit dem Begehren eines rechtsmittelfähigen Bescheides vom 13. März 2013 nicht reagiert hatte, hat er am 17. Juni 2013 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben.
Er hat vorgebracht, die einschlägigen §§ 291a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 bis Satz 6, Abs. 7 und 291b Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) seien verfassungswidrig. Es werde rechtswidrig in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und auch Art. 2 Abs. 2 GG eingegriffen. Es fehle insbesondere an der erforderlichen Regelungsdichte. Der Gesetzgeber habe die Regelung wichtiger Fragen nicht auf die "Gesellschaft für Telematik" und die Spitzenverbände "abschieben" dürfen. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) zur Vorratsdatenspeicherung (Urteil vom 2. März 2010 – 1 BvR 256/08) seien nicht eingehalten. Die Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung seien unverhältnismäßig, da es weniger eingreifende Alternativen gäbe. Auch wenn er sich gegen alle freiwilligen Anwendungen der eGK entscheide, werde er de facto gezwungen werden, sich von Ärzten und sonstigen Dienstleistern behandeln zu lassen, die seine Krankheiten und Behandlungen in Computern dokumentierten, welche an die Telematik-Infrastruktur angeschlossen seien. Denn nach Einführung der Telematik-Infrastruktur aufgrund der §§ 291a, 291b SGB V hätten die Ärzte keine Kontrolle mehr darüber, welche Daten sie aus ihren Praxissystemen an die Kassenärztlichen Vereinigungen weiterleiteten. Mit der eGK werde eine Infrastruktur in Betrieb genommen, die keine technischen Grenzen für neue Funktionalitäten enthalte. Sie lasse laufende Erweiterungen zu, auch wenn die Anwendung bislang auf das sogenannte Versichertenstammdatenmanagement beschränkt sei. Die vorgesehene Architektur sei auch nicht sicher, sondern durch die Nutzung des Internets von außen verletzbar. Besonders unsicher sei die zentrale Speicherung anstelle der Verwendung eigener Speichermedien des Versicherten.
Die vorgesehene technische Normierung schränke allein dadurch, dass für den Arzt die Eingabe von Freitext unterbunden werde und nur die Auswahl von Klassifizierungselementen zulässig sei, die ärztliche Behandlungsfreiheit ein. Den Ärzten sei bislang nicht vorgeschrieben, wie sie ihre Patientengespräche und Diagnosen aufzeichneten. Daran ändere sich nur theoretisch nichts. Denn künftig würden es alle Ärzte vermeiden, ihre Patientenakten doppelt führen zu müssen diese nachträglich für die Zwecke der Gematik umzuschreiben.
Zuletzt verstoße die bereits praktizierte Fachanwendung Versichertenstammdatenmanagement gegen das Datenschutzrecht. Ob z.B. der Versicherte an Disease-Management-Programmen, also an "strukturierten Behandlungsprogrammen bei chronischen Krankheiten" gemäß § 137f, 137g SGB V) teilnehme, gehe nicht betroffene Behandler mit Kartelesegerät nichts an.
Das SG hat dem Vorbringen den Antrag entnommen, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Kläger ohne eGK mit Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherungen zu versorgen. Es hat diese Klage mit Gerichtsbescheid vom 7. Januar 2014 abgewiesen: Soweit sich der Kläger gegen die in § 291a Abs. 3 Satz 1 SGB V vorgesehenen Anwendungsmöglichkeiten der eGK wende, sei eine Rechtsverletzung nicht erkennbar und die Klage daher bereits unzulässig. Insoweit sehe das Gesetz nämlich nur die Möglichkeit vor, auf freiwilliger Basis über die Pflichtfunktion der eGK hinaus Datenanwendungsmöglichkeiten zu nutzen. Eine Einwilligung zur Nutzung von Daten mittels der eGK habe der Kläger gerade nicht erteilt. Mit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten der Versicherten nach § 291a Abs. 3 SGB V dürfe zudem erst begonnen werden, wenn die Versicherten dann jeweils gegenüber dem Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeuten oder Apotheker ihre Einwilligung dazu erklärt hätten. Dies entspreche den datenschutzrechtlichen Bestimmungen bezüglich der besonderen Arten personenbezogener (Gesundheits)Daten im Sinne des qualifizierten Einwilligungserfordernisses nach § 67a Abs. 1 Satz 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und damit dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Klägers (Bezugnahme auf u. a. Hessisches LSG, Urteil vom 26. September 2013 – L 1 KR 50/13). Eine Rechtsverletzung liege auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Vertrauensverlustes in den Beziehungen des Klägers zu den Leistungserbringern vor. Dass es zu einem solchen käme, falls tatsächlich die Einwilligung zur erweiterten Nutzung der eGK nicht erteilt werde, sei nicht ersichtlich. Gleiches gelte für Anhaltspunkte dafür, dass durch die Einführung der eGK und der damit verbundenen Anpassung der ärztlichen Datenverarbeitungssysteme unzulässig oder missbräuchlich Patientendaten preisgegeben würden. Soweit der Kläger darüber hinaus feststellen lassen wolle, dass er einen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung auch ohne Lichtbild auf seiner Versichertenkarte habe, sei die Klage zulässig, jedoch unbegründet. Zwar sei das Recht auf informationelle Selbstbestimmung betroffen. Dieser Eingriff sei jedoch gerechtfertigt. Der Einzelne müsse Einschränkungen bei überwiegendem Allgemeininteresse hinnehmen (Bezugnahme auf Bundesverfassungsgericht -BVerfG, Beschluss vom 13. Februar 2006 – 1 BvR 1184/04 – juris Rdnr. 65). Es überwiege das Allgemeininteresse an der Vermeidung von Missbrauch, dem die Aufdrucke von Lichtbild und Unterschrift dienten. Nur ein Lichtbild ermögliche in Verbindung mit den Personaldaten und der Unterschrift des Versicherten eine eindeutige Zuordnung der Krankenversichertenkarte zum jeweiligen Karteninhaber und verhindere Missbrauch zu Lasten der Versichertengemeinschaft. Dies gelte, selbst wenn die Beklagte nicht geprüft habe, ob der auf der Versichertenkarte abgebildete mit dem Versicherten identisch sei. Die Eignung des Lichtbildes zur Identitätsprüfung fehle nicht deshalb, weil ohne diese Prüfung nicht das Höchstmaß an Missbrauchsabwehr gewährleistet werde. Durch das Lichtbild werde jedenfalls ein Mindestmaß an Identitätskontrolle sichergestellt.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 14. Januar 2014.
Seinen parallel hierzu gestellten Eilantrag hat der Senat mit Beschluss vom 6. März 2014 (L 1 KR 23/14 ER) zurückgewiesen.
Der Senat hat die Beklagte mit Verfügung vom 3. Juni 2014 um Auskunft zur gegenwärtigen Praxis der Speicherung von Angaben nach § 291 Abs. 2 Satz 1 SGB V aufgefordert. Diese hat daraufhin mitgeteilt, dass der Zuzahlungsstatus derzeit unverschlüsselt auf der eGK nur in der Form ablesbar sei, dass keine Zuzahlungsbefreiung bestehe. Dieselbe Information - also auch nur die Information "nicht zuzahlungsbefreit"- sei heute auch bereits verschlüsselt auf der Karte enthalten. An diesem Sachverhalt werde sich erst etwas ändern, wenn das Online-Verfahren eingeführt werde. Derzeit müsse der Versicherte, der keine Zuzahlung leisten wolle entweder – ohne dass der Arzt eingeschaltet werde – in der Apotheke seinen Befreiungsbescheid vorzeige oder er lege diesen dem Arzt vor. Dieser pflege die entsprechende Information dann manuell in sein System ein, so dass der Zuzahlungsstatus auf der Arzneimittelverordnung mit ausgedruckt werden könne.
Die Beklagte hat weiter klargestellt, dass die Daten nach § 291 Abs. 2 Nr. 7 (Versicherungsstatus für Versichertengruppen nach § 267 Abs. 2 Satz 4 in einer verschlüsselten Form) nur im verschlüsselten Teil gespeichert seien. Derzeit laufe die Vorschrift der Nr. 7 des § 291 Abs. 2 SGB V abgesehen vom Versichertenstatus ins Leere.
Zur Berufungsbegründung hat der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt.
Er hat schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Leistungen nach dem SGB V zur Verfügung zu stellen, ohne dass er die elektronischen Gesundheitskarte benutzen müsse.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Über die zulässige Berufung konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis mit einem solchen Verfahren erklärt haben (§§ 153 Abs. 1 i. V. m. 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).
Der Berufung -gerichtet sachgerecht ausgelegt auf das bereits erstinstanzlich verfolgte Klagebegehren unter Aufhebung der entgegenstehenden erstinstanzlichen Entscheidung - muss Erfolg versagt bleiben.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Es hat sie richtig als Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG angesehen. Der Kläger formuliert zwar ein Leistungsbegehren (Versorgung ohne Verwendung der eGK). Allerdings muss ein Leistungsantrag hinreichend bestimmt sein (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer-Keller, SGG 11. A. 2014 § 54 Rdnr. 40a unter Bezugnahme auf Bundessozialgericht -BSG-, Urt. v. 10.11.2005 -B 3 KR 38/04). Der Antrag hier ist aber zu unbestimmt für eine Verurteilung zur Leistungserbringung. Eine Verurteilung zur Leistung müsste nämlich ohne die Notwendigkeit eines weiteren gerichtlichen Verfahrens vollstreckbar sein. Dies wäre hier nicht der Fall: Eine Handlungspflicht (Leistungserbringung) bestünde immer nur unter den weiteren Voraussetzungen, welche die einzelnen Leistungen voraussetzen. Soweit das Hessische LSG im angeführten Urteil vom 26. September 2013 (L 1 KR 50/13), welches vom BSG bestätigt wurde (Urt. vom 18. November 2014 -B 1 KR 35/13 R) den gleichen Antrag als Leistungsklage behandelt, gerichtet darauf, dem Kläger Leistungen nach dem SGB V zur Verfügung zu stellen, ohne dass dieser die elektronischen Gesundheitskarte benutzen müsse, hat es dies nicht weiter problematisiert. Vor dem BSG hat der dortige Kläger einen gegenüber dem im Berufungsverfahren geänderten - nämlich bestimmteren - Antrag gestellt, die beklagte Krankenkasse zu verpflichten, ihm den Nachweis seiner Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen durch ein anderes, für die Dauer des Versicherungsverhältnisses geltendes Nachweisdokument als die elektronische Gesundheitskarte ohne Lichtbild und ohne Chip zu ermöglichen (BSG, a. a. O. Rdnr. 4).
Die Klage ist – unabhängig von der Klageart – insgesamt zulässig. Es fehlt entgegen der Auffassung des SG nicht an der Klagebefugnis. Für die Geltendmachung der Klagebefugnis reicht es nämlich aus, eine mögliche Rechtsverletzung zu behaupten. Der Kläger hat hier ausführlich dargelegt, weshalb aus seiner Sicht bereits jetzt – ohne Einführung des Online-Verfahrens und ohne seine Einwilligung nach § 291a SGB V – das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG verletzt sein soll. Ein solcher ist hier nicht von vornherein gänzlich ausgeschlossen. Dies reicht zur Bejahung an der Klagebefugnis aus.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte in ihrer jetzigen Form und die derzeitigen Gesetze verletzen den Kläger jedenfalls aktuell nicht in seinen Rechten. Der Senat folgt insoweit dem BSG im Urteil vom 18. November 2014.
Der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmungsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. 2 Abs. 1 GG, welcher in der Pflicht zur Angabe bzw. zur Verfügung Stellung von Lichtbild und Unterschriftsleistung sowie der zur Identifikation dienenden Angaben von Namen, Geburtsdatum, Geschlecht, Anschrift, und Versichertennummer nach §§ 291 Abs. 2, 291a Abs. 2 S. 1 SGB V zu sehen ist, ist gerechtfertigt. Davon ist bereits das SG zutreffend ausgegangen. Der Kläger muss es nach der Gesetzeslage auch dulden, dass die Beklagte als Krankenkasse verpflichtet ist, Dienste anzubieten, mit denen die Leistungserbringer die Gültigkeit und die Aktualität der Versichertenstammdaten (Daten nach § 291 Abs. 1 und 2 SGB V) bei den Krankenkassen online überprüfen und auf der eGK aktualisieren können. Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen und Zahnärzte prüfen bei der erstmaligen Inanspruchnahme ihrer Leistungen durch einen Versicherten im Quartal die Leistungspflicht der KK durch Nutzung der Dienste. Dazu ermöglichen sie den Online-Abgleich und die -Aktualisierung der auf der eGK gespeicherten Daten nach § 291 Abs. 1 und 2 SGB V mit den bei der Krankenkasse vorliegenden aktuellen Daten. Die Prüfungspflicht besteht ab dem Zeitpunkt, ab dem die Dienste nach § 291 Abs. 2b S 1 SGB V sowie die Anbindung an die Telematikinfrastruktur zur Verfügung stehen und die Vereinbarungen nach § 291a Abs. 7a und 7b SGB V geschlossen sind. § 15 Abs. 5 SGB V ist entsprechend anzuwenden (Online-Versichertenstammdatendienst oder Versichertenstammdatenmanagement; so - weitgehend wörtlich - BSG, a. a. O. Rdnr. 21)
Zwar wurzelt das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Bürgers im allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem Grundrecht auf Menschenwürde und gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Der Einzelne hat jedoch kein Recht im Sinne einer absoluten, uneinschränkbaren Herrschaft über "seine" Daten. Er ist vielmehr eine sich innerhalb der sozialen Gemeinschaft entfaltende, auf Kommunikation angewiesene Persönlichkeit. Informationen, auch soweit sie personenbezogen sind, stellen ein Abbild sozialer Realität dar, das nicht ausschließlich den Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verlangt insoweit, dass die Einschränkung des Rechts von hinreichenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt wird, das gewählte Mittel zur Erreichung des Zwecks geeignet und erforderlich ist und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist (so zutreffend weitgehend wörtlich LSG Hessen, a. a. O.- Rdnr. 26ff mit Bezugnahme auf BVerfGE 65, 1, 41 f.; 56, 37, 41 ff. u. a.; bestätigt vom BSG, a. a. O. Rdnr. 20). Hier überwiegt das Allgemeininteresse an einer Funktionsfähigkeit des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung im Verhältnis zur rechtlichen Betroffenheit des Klägers überwiegt. Die Identifikationsfunktion des Lichtbilds auf der Karte wird benötigt, um eine missbräuchliche Verwendung möglichst einzuschränken (vgl. zur Funktion und rechtlichen Wirkung der Verwendung genauer: LSG Hessen, a. a.O. Rdnr. 24). Dies kann im Rahmen der Massenverwaltung nur funktionieren, wenn die in § 15 Abs. 2 SGB V vorgesehene Verfahrensweise ("Versicherte, die ärztliche oder zahnärztliche Behandlung in Anspruch nehmen, haben dem Arzt [Zahnarzt] vor Beginn der Behandlung ihre Krankenversichertenkarte zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen [ ] auszuhändigen") auch von allen Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung befolgt wird. Entsprechendes gilt für den Onlineabgleich der Versichertenstammdaten (vgl. BSG, a. a. O Rdnr.27).
Soweit der Kläger sich schon heute durch die künftigen in § 291a Abs. 2 Satz 1 2. HS SGB V und § 291a Abs. 3 Satz 1 SGB V vorgesehenen Anwendungsmöglichkeiten der eGK in eigenen Rechten verletzt sieht, teilt der Senat dies nicht. Hierbei handelt es sich nicht um die Pflichtangaben der eGK, sondern um eine vom Gesetz vorgesehene Möglichkeit, auf freiwilliger Basis über die rein administrative Funktion der eGK Datenanwendungsmöglichkeiten zu nutzen. Bereits das Erheben als auch das Verarbeiten und Nutzen von Daten mittels der eGK ist in den Fällen des § 291a Abs. 3 Satz 1 SGB V nur mit dem Einverständnis der Versicherten zulässig, § 291a Abs. 5 Satz 1 SGB V. Auf die zutreffenden Ausführungen des SG in diesem Zusammenhang wird ergänzend verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Dafür, dass trotz Fehlens seines Einverständnisses mit seiner eGK fakultative Daten erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, ist nichts ersichtlich. "Eine Rechtsverletzung des Klägers ist diesbezüglich ausgeschlossen, eine verfassungsrechtliche Überprüfung erübrigt sich. Selbst wenn bei fehlender Einwilligung im Einzelfall medizinische Daten rechtswidrig gespeichert würden, könnten Ärzte oder Dritte hiervon weitgehend keinen Gebrauch machen." (so BSG, a. a. O. Rdnr. 22).
Jedenfalls derzeit wird der Kläger demnach nicht in Rechten verletzt. Zur Datensicherheit führt das BSG aus (a. a. O. Rdnr. 34:)
Soweit der Kläger die Datensicherheit bezweifelt, begründet dies keine Grundrechtsverletzung. Die Rechtsordnung schützt bereits die betroffenen Daten vor unbefugtem Zugriff Dritter und vor missbräuchlicher Nutzung. So regelt § 291a Abs 6 SGB V - wie dargelegt - neben der Löschung das Gebot technischer Vorkehrungen für Zwecke der Datenschutzkontrolle. Er gebietet, die Protokolldaten durch geeignete Vorkehrungen gegen zweckfremde Verwendung und sonstigen Missbrauch zu schützen (vgl. § 291a Abs 6 S 5 SGB V). Das Gesetz erlegt - als institutionelle Sicherung - den einbezogenen Verbänden die Pflicht auf, die für die Einführung und Anwendung der eGK, insbesondere des elektronischen Rezeptes und der elektronischen Patientenakte, erforderliche interoperable und kompatible Informations-, Kommunikations- und Sicherheitsinfrastruktur (Telematikinfrastruktur) zu schaffen (vgl. § 291a Abs 7 S 1 SGB V). Sie nehmen diese Aufgabe durch eine Gesellschaft für Telematik nach Maßgabe des § 291b SGB V wahr (vgl § 291a Abs 7 S 2 SGB V). Die Rechtsordnung stellt zudem unberechtigte Zugriffe auf die Sozialdaten auf der elektronischen Gesundheitskarte nach § 291a SGB V unter Strafe (§ 307b SGB V). Dies schützt zusammen mit dem Bußgeldtatbestand in § 307 Abs 1 SGB V das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Ungeachtet aller Vorkehrungen trifft den Gesetzgeber eine Beobachtungspflicht, um auf sich künftig zeigende Sicherheitslücken zu reagieren. Der Kläger macht aber selbst nicht geltend, dass die derzeit noch gar nicht voll entwickelte, über das Teststadium nicht hinausreichende Telematikinfrastruktur Sicherheitslücken zeigt. Der bisherige Stand der Einführung der eGK ("Basis-Rollout") geht - abgesehen vom Lichtbild und der Angabe des Geschlechts bei den administrativen Versichertenstammdaten und gemessen an derzeit möglichen, mangels Telematikinfrastruktur aber noch nicht realisierbaren Funktionalitäten der eGK - nicht über die Anwendungsbreite der Krankenversichertenkarte hinaus ( )Die konkrete technische Entwicklung der Telematikinfrastruktur ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Die Online-Anwendungen befinden sich noch in der Vorbereitungsphase.
Soweit der Kläger speziell vorbringt, dass nach der aktuellen Gesetzeslage schon jetzt auf der Karte Angaben über den Zuzahlungsstatus sowie in verschlüsselter Form der Versicherungsstatus für Versichertengruppen nach § 267 Abs. 2 Satz 4 SGB V enthalten sein soll, was gegen geltendes Verfassungsrecht verstoße (in diese Richtung auch: Hornung in LPK-SGB V § 291 Rdnr. 4), kann er sich zwar auf die Forderungen des BVerfG stützen, dass -vereinfacht formuliert - die Gesetze nicht nur die Datenerhebung, sondern auch den Umfang des Datenzugriffs selbst präzise umgrenzen müssten, um das Gebot der Zweckbindung der erhobenen Informationen sicherzustellen (BVerfG, Beschluss v. 24. Januar 2012 -1 BvR 1299/05 - Rdnr. 169). Allerdings ist rein faktisch jedenfalls aktuell eine Rechtsverletzung des Klägers ausgeschlossen.
Soweit es den Zuzahlungsstatus betrifft, wird nämlich diese einschlägige genannte gesetzliche Anordnung derzeit schlicht nicht befolgt: Wie die Beklagte im Erörterungstermin am 22. Dezember 2014 ausgeführt hat, an dem sie im Beistand sachkundiger Vertreter des GKV-Spitzenverbandes teilgenommen hat, ist der Zuzahlungsstatus derzeit unverschlüsselt auf der Karte nur in der Form ablesbar, dass keine Zuzahlungsbefreiung bestehe. Der Kläger muss also ebenso wenig wie andere Versicherte ohne Not offenbaren, zuzahlungsbedürftig zu sein. Er muss dies auch nicht dem behandelnden Arzt mitteilen, sondern kann seinen Befreiungsbescheid (erst) in der Apotheke vorlegen. Soweit der Befreiungsbescheid in Papier künftig durch die entsprechende Information im verschlüsselten Teil ersetzt wird, ändert sich hieran nichts (so auch BSG, a. a. O. Rdnr. 33).
Die Beklagte hat weiter klargestellt, dass die Daten nach § 291 Abs. 2 Nr. 7 SGB V derzeit nur im verschlüsselten Teil der Karte gespeichert sind. Den unverschlüsselten Daten kann also aktuell nicht - auch nicht indirekt (dadurch, dass ein Feld belegt wäre, das ansonsten leer bliebe) entnommen werden, dass es überhaupt irgendeine Teilnahme an einem DMS-Programm gibt. Auch der Arzt kann dies derzeit der eGK nicht entnehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Nr. 1 oder 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Der Kläger wehrt sich gegen die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK). Er sieht sich in der Pflicht zur Benutzung der Karte in Grundrechten verletzt, vor allem wegen fehlender gesetzlicher Detailregelungen des Datenschutzes.
Er ist bei der Beklagten pflichtversichert. Nachdem diese – nach seinem Vortrag – auf sein Schreiben mit dem Begehren eines rechtsmittelfähigen Bescheides vom 13. März 2013 nicht reagiert hatte, hat er am 17. Juni 2013 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben.
Er hat vorgebracht, die einschlägigen §§ 291a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 bis Satz 6, Abs. 7 und 291b Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) seien verfassungswidrig. Es werde rechtswidrig in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und auch Art. 2 Abs. 2 GG eingegriffen. Es fehle insbesondere an der erforderlichen Regelungsdichte. Der Gesetzgeber habe die Regelung wichtiger Fragen nicht auf die "Gesellschaft für Telematik" und die Spitzenverbände "abschieben" dürfen. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) zur Vorratsdatenspeicherung (Urteil vom 2. März 2010 – 1 BvR 256/08) seien nicht eingehalten. Die Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung seien unverhältnismäßig, da es weniger eingreifende Alternativen gäbe. Auch wenn er sich gegen alle freiwilligen Anwendungen der eGK entscheide, werde er de facto gezwungen werden, sich von Ärzten und sonstigen Dienstleistern behandeln zu lassen, die seine Krankheiten und Behandlungen in Computern dokumentierten, welche an die Telematik-Infrastruktur angeschlossen seien. Denn nach Einführung der Telematik-Infrastruktur aufgrund der §§ 291a, 291b SGB V hätten die Ärzte keine Kontrolle mehr darüber, welche Daten sie aus ihren Praxissystemen an die Kassenärztlichen Vereinigungen weiterleiteten. Mit der eGK werde eine Infrastruktur in Betrieb genommen, die keine technischen Grenzen für neue Funktionalitäten enthalte. Sie lasse laufende Erweiterungen zu, auch wenn die Anwendung bislang auf das sogenannte Versichertenstammdatenmanagement beschränkt sei. Die vorgesehene Architektur sei auch nicht sicher, sondern durch die Nutzung des Internets von außen verletzbar. Besonders unsicher sei die zentrale Speicherung anstelle der Verwendung eigener Speichermedien des Versicherten.
Die vorgesehene technische Normierung schränke allein dadurch, dass für den Arzt die Eingabe von Freitext unterbunden werde und nur die Auswahl von Klassifizierungselementen zulässig sei, die ärztliche Behandlungsfreiheit ein. Den Ärzten sei bislang nicht vorgeschrieben, wie sie ihre Patientengespräche und Diagnosen aufzeichneten. Daran ändere sich nur theoretisch nichts. Denn künftig würden es alle Ärzte vermeiden, ihre Patientenakten doppelt führen zu müssen diese nachträglich für die Zwecke der Gematik umzuschreiben.
Zuletzt verstoße die bereits praktizierte Fachanwendung Versichertenstammdatenmanagement gegen das Datenschutzrecht. Ob z.B. der Versicherte an Disease-Management-Programmen, also an "strukturierten Behandlungsprogrammen bei chronischen Krankheiten" gemäß § 137f, 137g SGB V) teilnehme, gehe nicht betroffene Behandler mit Kartelesegerät nichts an.
Das SG hat dem Vorbringen den Antrag entnommen, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Kläger ohne eGK mit Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherungen zu versorgen. Es hat diese Klage mit Gerichtsbescheid vom 7. Januar 2014 abgewiesen: Soweit sich der Kläger gegen die in § 291a Abs. 3 Satz 1 SGB V vorgesehenen Anwendungsmöglichkeiten der eGK wende, sei eine Rechtsverletzung nicht erkennbar und die Klage daher bereits unzulässig. Insoweit sehe das Gesetz nämlich nur die Möglichkeit vor, auf freiwilliger Basis über die Pflichtfunktion der eGK hinaus Datenanwendungsmöglichkeiten zu nutzen. Eine Einwilligung zur Nutzung von Daten mittels der eGK habe der Kläger gerade nicht erteilt. Mit der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten der Versicherten nach § 291a Abs. 3 SGB V dürfe zudem erst begonnen werden, wenn die Versicherten dann jeweils gegenüber dem Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeuten oder Apotheker ihre Einwilligung dazu erklärt hätten. Dies entspreche den datenschutzrechtlichen Bestimmungen bezüglich der besonderen Arten personenbezogener (Gesundheits)Daten im Sinne des qualifizierten Einwilligungserfordernisses nach § 67a Abs. 1 Satz 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und damit dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Klägers (Bezugnahme auf u. a. Hessisches LSG, Urteil vom 26. September 2013 – L 1 KR 50/13). Eine Rechtsverletzung liege auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Vertrauensverlustes in den Beziehungen des Klägers zu den Leistungserbringern vor. Dass es zu einem solchen käme, falls tatsächlich die Einwilligung zur erweiterten Nutzung der eGK nicht erteilt werde, sei nicht ersichtlich. Gleiches gelte für Anhaltspunkte dafür, dass durch die Einführung der eGK und der damit verbundenen Anpassung der ärztlichen Datenverarbeitungssysteme unzulässig oder missbräuchlich Patientendaten preisgegeben würden. Soweit der Kläger darüber hinaus feststellen lassen wolle, dass er einen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung auch ohne Lichtbild auf seiner Versichertenkarte habe, sei die Klage zulässig, jedoch unbegründet. Zwar sei das Recht auf informationelle Selbstbestimmung betroffen. Dieser Eingriff sei jedoch gerechtfertigt. Der Einzelne müsse Einschränkungen bei überwiegendem Allgemeininteresse hinnehmen (Bezugnahme auf Bundesverfassungsgericht -BVerfG, Beschluss vom 13. Februar 2006 – 1 BvR 1184/04 – juris Rdnr. 65). Es überwiege das Allgemeininteresse an der Vermeidung von Missbrauch, dem die Aufdrucke von Lichtbild und Unterschrift dienten. Nur ein Lichtbild ermögliche in Verbindung mit den Personaldaten und der Unterschrift des Versicherten eine eindeutige Zuordnung der Krankenversichertenkarte zum jeweiligen Karteninhaber und verhindere Missbrauch zu Lasten der Versichertengemeinschaft. Dies gelte, selbst wenn die Beklagte nicht geprüft habe, ob der auf der Versichertenkarte abgebildete mit dem Versicherten identisch sei. Die Eignung des Lichtbildes zur Identitätsprüfung fehle nicht deshalb, weil ohne diese Prüfung nicht das Höchstmaß an Missbrauchsabwehr gewährleistet werde. Durch das Lichtbild werde jedenfalls ein Mindestmaß an Identitätskontrolle sichergestellt.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 14. Januar 2014.
Seinen parallel hierzu gestellten Eilantrag hat der Senat mit Beschluss vom 6. März 2014 (L 1 KR 23/14 ER) zurückgewiesen.
Der Senat hat die Beklagte mit Verfügung vom 3. Juni 2014 um Auskunft zur gegenwärtigen Praxis der Speicherung von Angaben nach § 291 Abs. 2 Satz 1 SGB V aufgefordert. Diese hat daraufhin mitgeteilt, dass der Zuzahlungsstatus derzeit unverschlüsselt auf der eGK nur in der Form ablesbar sei, dass keine Zuzahlungsbefreiung bestehe. Dieselbe Information - also auch nur die Information "nicht zuzahlungsbefreit"- sei heute auch bereits verschlüsselt auf der Karte enthalten. An diesem Sachverhalt werde sich erst etwas ändern, wenn das Online-Verfahren eingeführt werde. Derzeit müsse der Versicherte, der keine Zuzahlung leisten wolle entweder – ohne dass der Arzt eingeschaltet werde – in der Apotheke seinen Befreiungsbescheid vorzeige oder er lege diesen dem Arzt vor. Dieser pflege die entsprechende Information dann manuell in sein System ein, so dass der Zuzahlungsstatus auf der Arzneimittelverordnung mit ausgedruckt werden könne.
Die Beklagte hat weiter klargestellt, dass die Daten nach § 291 Abs. 2 Nr. 7 (Versicherungsstatus für Versichertengruppen nach § 267 Abs. 2 Satz 4 in einer verschlüsselten Form) nur im verschlüsselten Teil gespeichert seien. Derzeit laufe die Vorschrift der Nr. 7 des § 291 Abs. 2 SGB V abgesehen vom Versichertenstatus ins Leere.
Zur Berufungsbegründung hat der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt.
Er hat schriftsätzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Leistungen nach dem SGB V zur Verfügung zu stellen, ohne dass er die elektronischen Gesundheitskarte benutzen müsse.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Über die zulässige Berufung konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis mit einem solchen Verfahren erklärt haben (§§ 153 Abs. 1 i. V. m. 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).
Der Berufung -gerichtet sachgerecht ausgelegt auf das bereits erstinstanzlich verfolgte Klagebegehren unter Aufhebung der entgegenstehenden erstinstanzlichen Entscheidung - muss Erfolg versagt bleiben.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Es hat sie richtig als Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG angesehen. Der Kläger formuliert zwar ein Leistungsbegehren (Versorgung ohne Verwendung der eGK). Allerdings muss ein Leistungsantrag hinreichend bestimmt sein (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer-Keller, SGG 11. A. 2014 § 54 Rdnr. 40a unter Bezugnahme auf Bundessozialgericht -BSG-, Urt. v. 10.11.2005 -B 3 KR 38/04). Der Antrag hier ist aber zu unbestimmt für eine Verurteilung zur Leistungserbringung. Eine Verurteilung zur Leistung müsste nämlich ohne die Notwendigkeit eines weiteren gerichtlichen Verfahrens vollstreckbar sein. Dies wäre hier nicht der Fall: Eine Handlungspflicht (Leistungserbringung) bestünde immer nur unter den weiteren Voraussetzungen, welche die einzelnen Leistungen voraussetzen. Soweit das Hessische LSG im angeführten Urteil vom 26. September 2013 (L 1 KR 50/13), welches vom BSG bestätigt wurde (Urt. vom 18. November 2014 -B 1 KR 35/13 R) den gleichen Antrag als Leistungsklage behandelt, gerichtet darauf, dem Kläger Leistungen nach dem SGB V zur Verfügung zu stellen, ohne dass dieser die elektronischen Gesundheitskarte benutzen müsse, hat es dies nicht weiter problematisiert. Vor dem BSG hat der dortige Kläger einen gegenüber dem im Berufungsverfahren geänderten - nämlich bestimmteren - Antrag gestellt, die beklagte Krankenkasse zu verpflichten, ihm den Nachweis seiner Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen durch ein anderes, für die Dauer des Versicherungsverhältnisses geltendes Nachweisdokument als die elektronische Gesundheitskarte ohne Lichtbild und ohne Chip zu ermöglichen (BSG, a. a. O. Rdnr. 4).
Die Klage ist – unabhängig von der Klageart – insgesamt zulässig. Es fehlt entgegen der Auffassung des SG nicht an der Klagebefugnis. Für die Geltendmachung der Klagebefugnis reicht es nämlich aus, eine mögliche Rechtsverletzung zu behaupten. Der Kläger hat hier ausführlich dargelegt, weshalb aus seiner Sicht bereits jetzt – ohne Einführung des Online-Verfahrens und ohne seine Einwilligung nach § 291a SGB V – das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG verletzt sein soll. Ein solcher ist hier nicht von vornherein gänzlich ausgeschlossen. Dies reicht zur Bejahung an der Klagebefugnis aus.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte in ihrer jetzigen Form und die derzeitigen Gesetze verletzen den Kläger jedenfalls aktuell nicht in seinen Rechten. Der Senat folgt insoweit dem BSG im Urteil vom 18. November 2014.
Der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmungsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. 2 Abs. 1 GG, welcher in der Pflicht zur Angabe bzw. zur Verfügung Stellung von Lichtbild und Unterschriftsleistung sowie der zur Identifikation dienenden Angaben von Namen, Geburtsdatum, Geschlecht, Anschrift, und Versichertennummer nach §§ 291 Abs. 2, 291a Abs. 2 S. 1 SGB V zu sehen ist, ist gerechtfertigt. Davon ist bereits das SG zutreffend ausgegangen. Der Kläger muss es nach der Gesetzeslage auch dulden, dass die Beklagte als Krankenkasse verpflichtet ist, Dienste anzubieten, mit denen die Leistungserbringer die Gültigkeit und die Aktualität der Versichertenstammdaten (Daten nach § 291 Abs. 1 und 2 SGB V) bei den Krankenkassen online überprüfen und auf der eGK aktualisieren können. Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen und Zahnärzte prüfen bei der erstmaligen Inanspruchnahme ihrer Leistungen durch einen Versicherten im Quartal die Leistungspflicht der KK durch Nutzung der Dienste. Dazu ermöglichen sie den Online-Abgleich und die -Aktualisierung der auf der eGK gespeicherten Daten nach § 291 Abs. 1 und 2 SGB V mit den bei der Krankenkasse vorliegenden aktuellen Daten. Die Prüfungspflicht besteht ab dem Zeitpunkt, ab dem die Dienste nach § 291 Abs. 2b S 1 SGB V sowie die Anbindung an die Telematikinfrastruktur zur Verfügung stehen und die Vereinbarungen nach § 291a Abs. 7a und 7b SGB V geschlossen sind. § 15 Abs. 5 SGB V ist entsprechend anzuwenden (Online-Versichertenstammdatendienst oder Versichertenstammdatenmanagement; so - weitgehend wörtlich - BSG, a. a. O. Rdnr. 21)
Zwar wurzelt das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Bürgers im allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem Grundrecht auf Menschenwürde und gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Der Einzelne hat jedoch kein Recht im Sinne einer absoluten, uneinschränkbaren Herrschaft über "seine" Daten. Er ist vielmehr eine sich innerhalb der sozialen Gemeinschaft entfaltende, auf Kommunikation angewiesene Persönlichkeit. Informationen, auch soweit sie personenbezogen sind, stellen ein Abbild sozialer Realität dar, das nicht ausschließlich den Betroffenen allein zugeordnet werden kann. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verlangt insoweit, dass die Einschränkung des Rechts von hinreichenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt wird, das gewählte Mittel zur Erreichung des Zwecks geeignet und erforderlich ist und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist (so zutreffend weitgehend wörtlich LSG Hessen, a. a. O.- Rdnr. 26ff mit Bezugnahme auf BVerfGE 65, 1, 41 f.; 56, 37, 41 ff. u. a.; bestätigt vom BSG, a. a. O. Rdnr. 20). Hier überwiegt das Allgemeininteresse an einer Funktionsfähigkeit des Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung im Verhältnis zur rechtlichen Betroffenheit des Klägers überwiegt. Die Identifikationsfunktion des Lichtbilds auf der Karte wird benötigt, um eine missbräuchliche Verwendung möglichst einzuschränken (vgl. zur Funktion und rechtlichen Wirkung der Verwendung genauer: LSG Hessen, a. a.O. Rdnr. 24). Dies kann im Rahmen der Massenverwaltung nur funktionieren, wenn die in § 15 Abs. 2 SGB V vorgesehene Verfahrensweise ("Versicherte, die ärztliche oder zahnärztliche Behandlung in Anspruch nehmen, haben dem Arzt [Zahnarzt] vor Beginn der Behandlung ihre Krankenversichertenkarte zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen [ ] auszuhändigen") auch von allen Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung befolgt wird. Entsprechendes gilt für den Onlineabgleich der Versichertenstammdaten (vgl. BSG, a. a. O Rdnr.27).
Soweit der Kläger sich schon heute durch die künftigen in § 291a Abs. 2 Satz 1 2. HS SGB V und § 291a Abs. 3 Satz 1 SGB V vorgesehenen Anwendungsmöglichkeiten der eGK in eigenen Rechten verletzt sieht, teilt der Senat dies nicht. Hierbei handelt es sich nicht um die Pflichtangaben der eGK, sondern um eine vom Gesetz vorgesehene Möglichkeit, auf freiwilliger Basis über die rein administrative Funktion der eGK Datenanwendungsmöglichkeiten zu nutzen. Bereits das Erheben als auch das Verarbeiten und Nutzen von Daten mittels der eGK ist in den Fällen des § 291a Abs. 3 Satz 1 SGB V nur mit dem Einverständnis der Versicherten zulässig, § 291a Abs. 5 Satz 1 SGB V. Auf die zutreffenden Ausführungen des SG in diesem Zusammenhang wird ergänzend verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Dafür, dass trotz Fehlens seines Einverständnisses mit seiner eGK fakultative Daten erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, ist nichts ersichtlich. "Eine Rechtsverletzung des Klägers ist diesbezüglich ausgeschlossen, eine verfassungsrechtliche Überprüfung erübrigt sich. Selbst wenn bei fehlender Einwilligung im Einzelfall medizinische Daten rechtswidrig gespeichert würden, könnten Ärzte oder Dritte hiervon weitgehend keinen Gebrauch machen." (so BSG, a. a. O. Rdnr. 22).
Jedenfalls derzeit wird der Kläger demnach nicht in Rechten verletzt. Zur Datensicherheit führt das BSG aus (a. a. O. Rdnr. 34:)
Soweit der Kläger die Datensicherheit bezweifelt, begründet dies keine Grundrechtsverletzung. Die Rechtsordnung schützt bereits die betroffenen Daten vor unbefugtem Zugriff Dritter und vor missbräuchlicher Nutzung. So regelt § 291a Abs 6 SGB V - wie dargelegt - neben der Löschung das Gebot technischer Vorkehrungen für Zwecke der Datenschutzkontrolle. Er gebietet, die Protokolldaten durch geeignete Vorkehrungen gegen zweckfremde Verwendung und sonstigen Missbrauch zu schützen (vgl. § 291a Abs 6 S 5 SGB V). Das Gesetz erlegt - als institutionelle Sicherung - den einbezogenen Verbänden die Pflicht auf, die für die Einführung und Anwendung der eGK, insbesondere des elektronischen Rezeptes und der elektronischen Patientenakte, erforderliche interoperable und kompatible Informations-, Kommunikations- und Sicherheitsinfrastruktur (Telematikinfrastruktur) zu schaffen (vgl. § 291a Abs 7 S 1 SGB V). Sie nehmen diese Aufgabe durch eine Gesellschaft für Telematik nach Maßgabe des § 291b SGB V wahr (vgl § 291a Abs 7 S 2 SGB V). Die Rechtsordnung stellt zudem unberechtigte Zugriffe auf die Sozialdaten auf der elektronischen Gesundheitskarte nach § 291a SGB V unter Strafe (§ 307b SGB V). Dies schützt zusammen mit dem Bußgeldtatbestand in § 307 Abs 1 SGB V das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Ungeachtet aller Vorkehrungen trifft den Gesetzgeber eine Beobachtungspflicht, um auf sich künftig zeigende Sicherheitslücken zu reagieren. Der Kläger macht aber selbst nicht geltend, dass die derzeit noch gar nicht voll entwickelte, über das Teststadium nicht hinausreichende Telematikinfrastruktur Sicherheitslücken zeigt. Der bisherige Stand der Einführung der eGK ("Basis-Rollout") geht - abgesehen vom Lichtbild und der Angabe des Geschlechts bei den administrativen Versichertenstammdaten und gemessen an derzeit möglichen, mangels Telematikinfrastruktur aber noch nicht realisierbaren Funktionalitäten der eGK - nicht über die Anwendungsbreite der Krankenversichertenkarte hinaus ( )Die konkrete technische Entwicklung der Telematikinfrastruktur ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Die Online-Anwendungen befinden sich noch in der Vorbereitungsphase.
Soweit der Kläger speziell vorbringt, dass nach der aktuellen Gesetzeslage schon jetzt auf der Karte Angaben über den Zuzahlungsstatus sowie in verschlüsselter Form der Versicherungsstatus für Versichertengruppen nach § 267 Abs. 2 Satz 4 SGB V enthalten sein soll, was gegen geltendes Verfassungsrecht verstoße (in diese Richtung auch: Hornung in LPK-SGB V § 291 Rdnr. 4), kann er sich zwar auf die Forderungen des BVerfG stützen, dass -vereinfacht formuliert - die Gesetze nicht nur die Datenerhebung, sondern auch den Umfang des Datenzugriffs selbst präzise umgrenzen müssten, um das Gebot der Zweckbindung der erhobenen Informationen sicherzustellen (BVerfG, Beschluss v. 24. Januar 2012 -1 BvR 1299/05 - Rdnr. 169). Allerdings ist rein faktisch jedenfalls aktuell eine Rechtsverletzung des Klägers ausgeschlossen.
Soweit es den Zuzahlungsstatus betrifft, wird nämlich diese einschlägige genannte gesetzliche Anordnung derzeit schlicht nicht befolgt: Wie die Beklagte im Erörterungstermin am 22. Dezember 2014 ausgeführt hat, an dem sie im Beistand sachkundiger Vertreter des GKV-Spitzenverbandes teilgenommen hat, ist der Zuzahlungsstatus derzeit unverschlüsselt auf der Karte nur in der Form ablesbar, dass keine Zuzahlungsbefreiung bestehe. Der Kläger muss also ebenso wenig wie andere Versicherte ohne Not offenbaren, zuzahlungsbedürftig zu sein. Er muss dies auch nicht dem behandelnden Arzt mitteilen, sondern kann seinen Befreiungsbescheid (erst) in der Apotheke vorlegen. Soweit der Befreiungsbescheid in Papier künftig durch die entsprechende Information im verschlüsselten Teil ersetzt wird, ändert sich hieran nichts (so auch BSG, a. a. O. Rdnr. 33).
Die Beklagte hat weiter klargestellt, dass die Daten nach § 291 Abs. 2 Nr. 7 SGB V derzeit nur im verschlüsselten Teil der Karte gespeichert sind. Den unverschlüsselten Daten kann also aktuell nicht - auch nicht indirekt (dadurch, dass ein Feld belegt wäre, das ansonsten leer bliebe) entnommen werden, dass es überhaupt irgendeine Teilnahme an einem DMS-Programm gibt. Auch der Arzt kann dies derzeit der eGK nicht entnehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Nr. 1 oder 2 SGG sind nicht ersichtlich.
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Aus
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