Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 4 KR 312/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 13/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur Bedeutung einer Eingliederungsvereinbarung nach § 38 SGB III für die Feststellung der AU eines Arbeitslosen in der KVdA.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 08. Dezember 2014 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 08. Dezember 2014 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet. Denn die Antragstellerin hat weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund für die Gewährung von Krankengeld über den 08. November 2014 hinaus mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht (§ 86b Abs. 2 Sätze 2 und 4 i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Vielmehr ist auf der Grundlage der derzeit bekannten Tatsachen ein Anspruch der Antragstellerin auf Krankengeld in dem streitigen Zeitraum ausgeschlossen, weil sich nicht feststellen lässt, dass sie arbeitsunfähig war und ist und dass sie vor Durchführung des schon begonnenen Hauptsacheverfahrens dringend auf die vorläufige Gewährung des Krankengeldes angewiesen ist.
1.) Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte u.a. Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Der Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit ergibt sich aus dem Umfang des Versicherungsschutzes im jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis (BSG, Urteil vom 04. April 2006 – B 1 KR 21/05 R –, SozR 4-2500 § 44 Nr. 9, BSGE 96, 182-190). Dies ist bei Personen, die Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld nach dem Sozialgesetzbuch/Drittes Buch (SGB III) beziehen, deren Versicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA). Hingegen ist die Versicherung auf Grund einer früheren Beschäftigung für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ohne Bedeutung, wenn die zur behaupteten Arbeitsunfähigkeit führende Leistungseinschränkung erst nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses während des Bezuges der genannten Leistungen der Bundesagentur für Arbeit eingetreten ist. So liegt der Fall hier. Die Antragstellerin bezog seit dem 09. Oktober 2013 von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld und erkrankte erst am 10. September 2014 bzw. 22. September 2014 arbeitsunfähig.
2.) Ein nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der KVdA versicherter Arbeitsloser ist in diesem Sinne arbeitsunfähig, wenn er auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, Arbeiten zu verrichten, für die er sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat. Das Krankengeld stellt sich in der KVdA nicht als Ersatz für den Ausfall des früher auf Grund einer Beschäftigung bezogenen Arbeitsentgelts dar, sondern als Ersatz für eine entgehende Leistung wegen Arbeitslosigkeit (BSG, Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 20/11 R –, BSGE 111, 18-24, SozR 4-2500 § 46 Nr. 4, SozR 4-2500 § 44 Nr. 16, SozR 4-2500 § 49 Nr. 5). Entscheidend für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsloser sind im Grundsatz alle Arbeiten, die dem Versicherten arbeitslosenversicherungsrechtlich zumutbar sind; die Zumutbarkeit ist insoweit auch krankenversicherungsrechtlich an § 140 SGB III zu messen (BSG a.a.O.). Dem Arbeitslosen sind insoweit "alle seiner Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen" zumutbar, soweit "allgemeine oder persönliche Gründe der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nicht entgegenstehen" (vgl. § 140 Abs. 1 SGB III). Eine Beschäftigung ist gemäß § 140 Abs. 5 SGB III insbesondere nicht deshalb unzumutbar, weil sie "nicht zum Kreis der Beschäftigungen gehört, für die der Arbeitnehmer ausgebildet ist oder die er bisher ausgeübt hat". Deshalb gehören von Anfang an alle leichten Arbeiten des Arbeitsmarktes zu den zumutbaren Beschäftigungen. Den von der Antragstellerin geforderten "Berufsschutz" dergestalt, nur auf Beschäftigungen als Chefsekretärin, Sekretärin oder gleichartige Tätigkeiten verwiesen werden zu können, konnte und kann sie weder arbeitslosenversicherungsrechtlich noch krankenversicherungsrechtlich beanspruchen (BSG, Urteil vom 04. April 2006 – B 1 KR 21/05 R –, SozR 4-2500 § 44 Nr. 9, BSGE 96, 182-190).
3.) Daran ändert auch der Abschluss der Eingliederungsvereinbarung mit der Agentur für Arbeit Bad Freienwalde im September 2014 nichts. Diese auf § 37 Abs. 2 SGB III basierende Vereinbarung hat nach § 138 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 SGB III nur Einfluss auf die von der Antragstellerin zu leistenden Eigenbemühungen zur Beendigung ihrer Beschäftigungslosigkeit, begründet aber – weder nach dem SGB III noch nach dem SGB V – keine neuen Rechte über die durch das Gesetz geschaffenen hinaus (Peters-Lange, in: Gagel, SGB II / SGB III, § 37Rd. 7). Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht gemäß § 138 Abs. 5 SGB III nur zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung (i.S.d. § 140 Abs. 3 SGB III) unter den üblichen Bedingungen des für sie in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf (Nr. 1 ), den Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann (Nr. 2), bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nr. 1 anzunehmen und auszuüben (Nr. 3) und bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen (Nr. 4). Nur wer diese Anforderungen erfüllt, ist verfügbar im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB III und hat Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 136 Abs. 1 SGB III. Eine Beschränkung der Arbeiten, für die sich die Antragstellerin der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat, kann der Eingliederungsvereinbarung nicht entnommen werden. Für die Praxis folgt hieraus: Hat die Arbeitsverwaltung dem Arbeitslosen ein konkretes Arbeitsangebot nicht unterbreitet, liegt krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vor, wenn der Arbeitslose gesundheitlich nicht (mehr) in der Lage ist, auch leichte Arbeiten in einem Umfang (z.B. vollschichtig) zu verrichten, für die er sich zuvor zwecks Erlangung des Arbeitslosengeld-Anspruchs der Arbeitsverwaltung zur Verfügung gestellt hat. Die Krankenkasse darf deshalb im Regelfall davon ausgehen, dass sich der Arbeitslose der Arbeitsverwaltung auch für leichte Arbeiten zur Verfügung gestellt hat (in diesem Sinne BSG, Urteil vom 04. April 2006 – B 1 KR 21/05 R –, SozR 4-2500 § 44 Nr. 9, BSGE 96, 182-190), um seine Verfügbarkeit sicherzustellen und Arbeitslosengeld zu erhalten.
4.) Darüber hinaus kann sich die Antragstellerin zur Begründung des von ihr erstrebten Berufsschutzes nicht auf die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesauschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie - AU-RL -) berufen. Zwar bestimmt § 2 Abs. 1 Satz 1 AU-RL, dass Arbeitsunfähigkeit vorliegt, wenn Versicherte auf Grund von Krankheit ihre zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen können. Aus § 2 Abs. 3 AU-RL ergibt sich aber, dass Versicherte, die arbeitslos sind, arbeitsunfähig sind, wenn sie krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage sind, leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang zu verrichten, für den sie sich bei der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestellt haben. Die AU-RL setzen damit die oben dargestellte Rechtsprechung des BSG um und schaffen keine für die Antragstellerin günstigere Rechtslage. Im Übrigen gilt, dass unbeschadet des § 91 Abs. 6 SGB V die Regelungen in den AU-RL über Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit den leistungsrechtlichen Krankengeld-Tatbestand des SGB V nicht ausgestalten können (BSG, Urteil vom 10. Mai 2012, B 1 KR 20/11 R, BSGE 111, 18-24, SozR 4-2500 § 46 Nr. 4, SozR 4-2500 § 44 Nr. 16, SozR 4-2500 § 49 Nr. 5).
5.) Nach den Feststellungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 29. Oktober 2014 war die Antragstellerin zwar als Sekretärin nicht arbeitsfähig, aber ausreichend belastbar für eine leichte angemessene Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Diese Feststellungen des MDK fußen auf einer Untersuchung durch den ärztlichen Gutachter K, die dieser in seiner gutachtlichen Stellungnahme schlüssig näher begründet hat. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in dem sozialgerichtlichen Beschluss Bezug (vgl. hierzu § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Dem ist die Antragstellerin - mit Ausnahme der oben widerlegten rechtlichen Argumente - weder mit einem nachvollziehbaren und nachprüfbaren tatsächlichen Vorbringen entgegengetreten noch hat sie entsprechende ärztliche Atteste ihrer behandelnden Ärzte vorgelegt, obwohl sie aus dem angefochtenen sozialgerichtlichen Beschluss wusste, dass es hierauf ankommen konnte. Vielmehr hat sie sich bis heute auf die Richtigkeit ihres Rechtsstandpunktes verlassen und daraus die Folgerung abgeleitet, dass die weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ihrer Ärzte in jedem Fall ausreichen. Das ist aber nicht der Fall, weil aus diesen Bescheinigungen nicht erkennbar ist, dass die behandelnden Ärzte der Antragstellerin bei der Feststellung ihrer Arbeitsunfähigkeit den zutreffenden Maßstab angelegt haben. Da die Antragstellerin die für sie aus dem vorangegangen behördlichen und gerichtlichen Verfahren ohne weiteres erkennbare Obliegenheit trifft, eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen, die ihre Arbeitsunfähigkeit auf der Grundlage des richtigen Maßstabes zweifelsfrei feststellt, muss sie auch die für sie nachteiligen Folgen tragen. Weder die Krankenkasse noch die Sozialgerichte sind in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren verpflichtet, weiter Ermittlungen zum Bestehen der Arbeitsunfähigkeit "ins Blaue" anzustellen, wenn die betroffene Antragstellerin nicht einmal selbst entsprechende und durch ein Sachverständigengutachten aufklärbare Tatsachen vorträgt. Dies bleibt jedenfalls in einem solchen Fall dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
6.) Aus der zwischenzeitlichen Beantragung einer Rente kann die Antragstellerin ebenfalls keine weitergehenden Rechte auf das begehrte Krankengeld herleiten, weil sie gemäß § 189 Abs.1 SGB V als Rentenantragstellerin zwar als versicherungspflichtig gilt, aber nicht mit Anspruch auf Krankengeld versichert ist (Urteil des Senats vom 04. August 2004, L 9 KR 114/02; juris).
7.) Schließlich hat die Antragstellerin nicht einmal ansatzweise ein eiliges Regelungsbedürfnis dahingehend behauptet, dass sie vor dem Abschluss des Hauptsacheverfahrens auf die vorläufige Gewährung des Krankengeldes zwingend angewiesen sei und ihren Lebensbedarf nicht aus Ersparnissen oder Unterhaltsleistungen ihres Ehemannes vorübergehend decken könne. Auch darauf ist sie in dem angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts hingewiesen worden, so dass sie die Folgen des unterlassenen Vorbringens tragen muss. Aus diesem Grund scheidet auch eine Interessenabwägung zu ihren Gunsten ohne Berücksichtigung des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens zwingend aus.
8.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 08. Dezember 2014 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet. Denn die Antragstellerin hat weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund für die Gewährung von Krankengeld über den 08. November 2014 hinaus mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht (§ 86b Abs. 2 Sätze 2 und 4 i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Vielmehr ist auf der Grundlage der derzeit bekannten Tatsachen ein Anspruch der Antragstellerin auf Krankengeld in dem streitigen Zeitraum ausgeschlossen, weil sich nicht feststellen lässt, dass sie arbeitsunfähig war und ist und dass sie vor Durchführung des schon begonnenen Hauptsacheverfahrens dringend auf die vorläufige Gewährung des Krankengeldes angewiesen ist.
1.) Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte u.a. Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Der Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit ergibt sich aus dem Umfang des Versicherungsschutzes im jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis (BSG, Urteil vom 04. April 2006 – B 1 KR 21/05 R –, SozR 4-2500 § 44 Nr. 9, BSGE 96, 182-190). Dies ist bei Personen, die Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld nach dem Sozialgesetzbuch/Drittes Buch (SGB III) beziehen, deren Versicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA). Hingegen ist die Versicherung auf Grund einer früheren Beschäftigung für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ohne Bedeutung, wenn die zur behaupteten Arbeitsunfähigkeit führende Leistungseinschränkung erst nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses während des Bezuges der genannten Leistungen der Bundesagentur für Arbeit eingetreten ist. So liegt der Fall hier. Die Antragstellerin bezog seit dem 09. Oktober 2013 von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld und erkrankte erst am 10. September 2014 bzw. 22. September 2014 arbeitsunfähig.
2.) Ein nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der KVdA versicherter Arbeitsloser ist in diesem Sinne arbeitsunfähig, wenn er auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, Arbeiten zu verrichten, für die er sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat. Das Krankengeld stellt sich in der KVdA nicht als Ersatz für den Ausfall des früher auf Grund einer Beschäftigung bezogenen Arbeitsentgelts dar, sondern als Ersatz für eine entgehende Leistung wegen Arbeitslosigkeit (BSG, Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 20/11 R –, BSGE 111, 18-24, SozR 4-2500 § 46 Nr. 4, SozR 4-2500 § 44 Nr. 16, SozR 4-2500 § 49 Nr. 5). Entscheidend für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsloser sind im Grundsatz alle Arbeiten, die dem Versicherten arbeitslosenversicherungsrechtlich zumutbar sind; die Zumutbarkeit ist insoweit auch krankenversicherungsrechtlich an § 140 SGB III zu messen (BSG a.a.O.). Dem Arbeitslosen sind insoweit "alle seiner Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen" zumutbar, soweit "allgemeine oder persönliche Gründe der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nicht entgegenstehen" (vgl. § 140 Abs. 1 SGB III). Eine Beschäftigung ist gemäß § 140 Abs. 5 SGB III insbesondere nicht deshalb unzumutbar, weil sie "nicht zum Kreis der Beschäftigungen gehört, für die der Arbeitnehmer ausgebildet ist oder die er bisher ausgeübt hat". Deshalb gehören von Anfang an alle leichten Arbeiten des Arbeitsmarktes zu den zumutbaren Beschäftigungen. Den von der Antragstellerin geforderten "Berufsschutz" dergestalt, nur auf Beschäftigungen als Chefsekretärin, Sekretärin oder gleichartige Tätigkeiten verwiesen werden zu können, konnte und kann sie weder arbeitslosenversicherungsrechtlich noch krankenversicherungsrechtlich beanspruchen (BSG, Urteil vom 04. April 2006 – B 1 KR 21/05 R –, SozR 4-2500 § 44 Nr. 9, BSGE 96, 182-190).
3.) Daran ändert auch der Abschluss der Eingliederungsvereinbarung mit der Agentur für Arbeit Bad Freienwalde im September 2014 nichts. Diese auf § 37 Abs. 2 SGB III basierende Vereinbarung hat nach § 138 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 SGB III nur Einfluss auf die von der Antragstellerin zu leistenden Eigenbemühungen zur Beendigung ihrer Beschäftigungslosigkeit, begründet aber – weder nach dem SGB III noch nach dem SGB V – keine neuen Rechte über die durch das Gesetz geschaffenen hinaus (Peters-Lange, in: Gagel, SGB II / SGB III, § 37Rd. 7). Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht gemäß § 138 Abs. 5 SGB III nur zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung (i.S.d. § 140 Abs. 3 SGB III) unter den üblichen Bedingungen des für sie in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf (Nr. 1 ), den Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann (Nr. 2), bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nr. 1 anzunehmen und auszuüben (Nr. 3) und bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen (Nr. 4). Nur wer diese Anforderungen erfüllt, ist verfügbar im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB III und hat Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 136 Abs. 1 SGB III. Eine Beschränkung der Arbeiten, für die sich die Antragstellerin der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat, kann der Eingliederungsvereinbarung nicht entnommen werden. Für die Praxis folgt hieraus: Hat die Arbeitsverwaltung dem Arbeitslosen ein konkretes Arbeitsangebot nicht unterbreitet, liegt krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vor, wenn der Arbeitslose gesundheitlich nicht (mehr) in der Lage ist, auch leichte Arbeiten in einem Umfang (z.B. vollschichtig) zu verrichten, für die er sich zuvor zwecks Erlangung des Arbeitslosengeld-Anspruchs der Arbeitsverwaltung zur Verfügung gestellt hat. Die Krankenkasse darf deshalb im Regelfall davon ausgehen, dass sich der Arbeitslose der Arbeitsverwaltung auch für leichte Arbeiten zur Verfügung gestellt hat (in diesem Sinne BSG, Urteil vom 04. April 2006 – B 1 KR 21/05 R –, SozR 4-2500 § 44 Nr. 9, BSGE 96, 182-190), um seine Verfügbarkeit sicherzustellen und Arbeitslosengeld zu erhalten.
4.) Darüber hinaus kann sich die Antragstellerin zur Begründung des von ihr erstrebten Berufsschutzes nicht auf die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesauschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie - AU-RL -) berufen. Zwar bestimmt § 2 Abs. 1 Satz 1 AU-RL, dass Arbeitsunfähigkeit vorliegt, wenn Versicherte auf Grund von Krankheit ihre zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen können. Aus § 2 Abs. 3 AU-RL ergibt sich aber, dass Versicherte, die arbeitslos sind, arbeitsunfähig sind, wenn sie krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage sind, leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang zu verrichten, für den sie sich bei der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestellt haben. Die AU-RL setzen damit die oben dargestellte Rechtsprechung des BSG um und schaffen keine für die Antragstellerin günstigere Rechtslage. Im Übrigen gilt, dass unbeschadet des § 91 Abs. 6 SGB V die Regelungen in den AU-RL über Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit den leistungsrechtlichen Krankengeld-Tatbestand des SGB V nicht ausgestalten können (BSG, Urteil vom 10. Mai 2012, B 1 KR 20/11 R, BSGE 111, 18-24, SozR 4-2500 § 46 Nr. 4, SozR 4-2500 § 44 Nr. 16, SozR 4-2500 § 49 Nr. 5).
5.) Nach den Feststellungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 29. Oktober 2014 war die Antragstellerin zwar als Sekretärin nicht arbeitsfähig, aber ausreichend belastbar für eine leichte angemessene Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Diese Feststellungen des MDK fußen auf einer Untersuchung durch den ärztlichen Gutachter K, die dieser in seiner gutachtlichen Stellungnahme schlüssig näher begründet hat. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in dem sozialgerichtlichen Beschluss Bezug (vgl. hierzu § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Dem ist die Antragstellerin - mit Ausnahme der oben widerlegten rechtlichen Argumente - weder mit einem nachvollziehbaren und nachprüfbaren tatsächlichen Vorbringen entgegengetreten noch hat sie entsprechende ärztliche Atteste ihrer behandelnden Ärzte vorgelegt, obwohl sie aus dem angefochtenen sozialgerichtlichen Beschluss wusste, dass es hierauf ankommen konnte. Vielmehr hat sie sich bis heute auf die Richtigkeit ihres Rechtsstandpunktes verlassen und daraus die Folgerung abgeleitet, dass die weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ihrer Ärzte in jedem Fall ausreichen. Das ist aber nicht der Fall, weil aus diesen Bescheinigungen nicht erkennbar ist, dass die behandelnden Ärzte der Antragstellerin bei der Feststellung ihrer Arbeitsunfähigkeit den zutreffenden Maßstab angelegt haben. Da die Antragstellerin die für sie aus dem vorangegangen behördlichen und gerichtlichen Verfahren ohne weiteres erkennbare Obliegenheit trifft, eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen, die ihre Arbeitsunfähigkeit auf der Grundlage des richtigen Maßstabes zweifelsfrei feststellt, muss sie auch die für sie nachteiligen Folgen tragen. Weder die Krankenkasse noch die Sozialgerichte sind in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren verpflichtet, weiter Ermittlungen zum Bestehen der Arbeitsunfähigkeit "ins Blaue" anzustellen, wenn die betroffene Antragstellerin nicht einmal selbst entsprechende und durch ein Sachverständigengutachten aufklärbare Tatsachen vorträgt. Dies bleibt jedenfalls in einem solchen Fall dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
6.) Aus der zwischenzeitlichen Beantragung einer Rente kann die Antragstellerin ebenfalls keine weitergehenden Rechte auf das begehrte Krankengeld herleiten, weil sie gemäß § 189 Abs.1 SGB V als Rentenantragstellerin zwar als versicherungspflichtig gilt, aber nicht mit Anspruch auf Krankengeld versichert ist (Urteil des Senats vom 04. August 2004, L 9 KR 114/02; juris).
7.) Schließlich hat die Antragstellerin nicht einmal ansatzweise ein eiliges Regelungsbedürfnis dahingehend behauptet, dass sie vor dem Abschluss des Hauptsacheverfahrens auf die vorläufige Gewährung des Krankengeldes zwingend angewiesen sei und ihren Lebensbedarf nicht aus Ersparnissen oder Unterhaltsleistungen ihres Ehemannes vorübergehend decken könne. Auch darauf ist sie in dem angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts hingewiesen worden, so dass sie die Folgen des unterlassenen Vorbringens tragen muss. Aus diesem Grund scheidet auch eine Interessenabwägung zu ihren Gunsten ohne Berücksichtigung des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens zwingend aus.
8.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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